Sächsische Staatskapelle Dresden Do 15.11.2018
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SÄCHSISCHE STAATSKAPELLE DRESDEN DO 15.11.2018 KONZERTHAUS DORTMUND Brückstraße 21 / 44135 Dortmund T 0231–22 696 200 / F 0231–22 696 222 [email protected] www .konzerthaus-dortmund.de SO KLINGT NUR DORTMUND SAISON 2 0 18 / 1 9 SÄCHSISCHE STAATSKAPELLE DRESDEN HERBERT BLOMSTEDT DIRIGENT LEIF OVE ANDSNES KLAVIER Abo: Orchesterzyklus I – Meisterkonzerte In unserem Haus hören Sie auf allen Plätzen gleich gut – leider auch Husten, Niesen und Handy- klingeln. Ebenfalls aus Rücksicht auf die Künstler bitten wir Sie, von Bild- und Tonaufnahmen während der Vorstellung abzusehen. Wir danken für Ihr Verständnis! 2,50 E 4 / 5 JOHANNES BRAHMS (1833 – 1897) Konzert für Klavier und Orchester Nr. 1 d-moll op. 15 (1857) Maestoso Adagio Rondo. Allegro non troppo – Pause ca. 20.55 Uhr – JOHANNES BRAHMS Sinfonie Nr. 1 c-moll op. 68 (1876) Un poco sostenuto – Allegro Andante sostenuto Un poco Allegretto e grazioso Allegro non troppo ma con brio – Ende ca. 22.10 Uhr – Livestream: Dieses Konzert wird online im Video-Stream übertragen und kann auf www.takt1.de auch nachträglich noch abgerufen werden. 6 / 7 PROGRAMM 8 / 9 AUF UMWEGEN beirren. »Trotz alledem wird das Konzert noch einmal gefallen, wenn ich seinen Körperbau Johannes Brahms Konzert für Klavier und Orchester Nr. 1 d-moll op. 15 gebessert habe«, glaubt er. Nur der Hamburger Musikkritiker G. P. Grädener wird Brahms’ Werk nicht verunglimpfen. 1859 schreibt er: »Seit Beethoven ist jedes ächte Konzert eine Symphonie Als »so zart, so fantasievoll, so frei, so feurig« beschrieb der Geiger Joseph Joachim das Klavier- mit obligatem Piano, ein Symphonie-Concert.« spiel seines Freundes Johannes Brahms. Und auch Robert Schumann war fasziniert von dem jungen Mann aus Hamburg. »Es ist hier ein junger Mann erschienen«, schrieb er im Sommer In der Tat erinnert das musikalische Klima im ersten Satz an Beethoven: ein alle üblichen 1853 aus Düsseldorf an den Verlag Breitkopf und Härtel, »der uns mit seiner wunderbaren Dimensionen sprengender Satz. Allein die Orchesterintroduktion umfasst neunzig Takte. »Dös Musik auf das allertiefste ergriffen hat und, wie ich überzeugt bin, die größte Bewegung in is a Sinfoniethema«, beschrieb Anton Bruckner das wild auffahrende Hauptthema, das wie der musikalischen Welt hervorrufen wird«. In einem Essay in der »Neuen Zeitschrift für Musik« ein verzweifelter Aufschrei wirkt und zunächst nur im Orchester erklingt. Ruhe bringt ein vom fügte er hinzu: »Er heißt Johannes Brahms, kam von Hamburg, dort in dunkler Stille schaffend. Klavier angestimmtes gesanglich-nobles zweites Thema, das im Verlauf der Komposition in Er trägt, auch im Äußeren, alle Anzeichen an sich: Das ist ein Berufener. Am Klavier sitzend, fing eine leidenschaftliche Auseinandersetzung mit einem weiteren Seitenthema gerät. er an, wunderbare Regionen zu enthüllen. Wir wurden in immer zauberischere Kreise hineinge- zogen. Dazu kam ein ganz geniales Spiel, das aus dem Klavier ein Orchester von wehklagenden Es folgt ein inniges, beinahe andächtiges Adagio. »Benedictus, qui venit in nomine Domini« und laut jubelnden Stimmen machte.« (Gesegnet, der im Namen des Herrn kommt) stand ursprünglich über dem Satz – eine verschlei- erte Huldigung an Robert Schumann, den Brahms mit »Mynheer Domine« anzureden pflegte. Nach einem solchen Kompliment ist es nicht leicht zu verstehen, warum Brahms mit seinem Vielleicht war damit aber auch Schumanns Witwe Clara gemeint. Ende 1856 hatte ihr Brahms ersten Klavierkonzert op. 15 so hadert. Verzweifelt verbrennt er alles, was er bis zu seinem geschrieben: »Ich schreibe dieser Tage den ersten Satz des Konzerts ins Reine... Auch male ich 20. Lebensjahr, also vor 1852, geschrieben hat und vernichtet auch Skizzen späterer Meister- an einem sanften Porträt von dir, das dann das Adagio werden soll.« werke. Seine Selbstkritik ist schonungslos, unerbittlich, geradezu pathologisch. Das Konzert entsteht in mühevoller Arbeit zwischen 1855 und 1857. Zunächst soll es eine Sonate für zwei Der dritte Satz, den Brahms ursprünglich für dieses Konzert geschrieben hatte, wurde durch Klaviere in d-moll werden, dann fühlt er, dass der Kopfsatz nach einer Orchestrierung verlangt ein Rondo ersetzt. Es rankt sich um ein trotzig markantes Hauptthema. Fugierende Stellen und vollendet dessen Instrumentierung. 1856 beschließt er: Aus den vorhandenen Skizzen soll sorgen für kontrapunktisches Gewicht. Dennoch kann sich dieser Satz weder mit dem ersten vorerst keine Sinfonie, sondern ein Klavierkonzert entstehen. noch mit dem zweiten Satz messen. Noch im November 1857 steht in einem Brief von Brahms an den ihn stets beratenden Freund Joachim: »Du glaubst nicht, was mir der erste Satz viel Kummer macht. Er ist eben durch NEUES LEBEN FÜR DIE SINFONIE und durch verpfuscht, das ist der Stempel des Dilettantismus; wer kommt jetzt darüber hinaus? Johannes Brahms Sinfonie Nr. 1 c-moll op. 68 Ich reiße ihn jetzt ordentlich herum, und was ich nicht will, das lasse ich. Aber es soll endlich zu Ende sein.« Im Frühjahr 1858 rät Joachim zu einer Probe, darauf folgen neue Verbesserungen. Noch schwerer als mit dem Klavierkonzert tut sich Brahms mit seiner ersten Sinfonie op. 68. Er leidet unter dem selbstauferlegten Gebot, wonach man die Sinfonie nach Beethoven quasi neu Erst ein Jahr später, am 22. Januar 1859, wird es zur Uraufführung in Hannover kommen erfinden müsse. 1854 hatte er dessen Neunte zum ersten Mal gehört; seitdem sehnt er sich da- mit dem Komponisten am Klavier und dem treuen Joachim am Dirigentenpult. Die Aufnahme ist nach, sich auch auf das »große Abenteuer« einzulassen. Fast schon masochistisch lässt er die lau, das Publikum steht ratlos vor diesem sperrigen Werk, das gar nichts mit dem gewohnten Entwürfe unter seinen Freunden zirkulieren, auf dass sie sie beurteilen. 1862 schickt er Clara brillanten Virtuosenkonzert gemein zu haben scheint. »Unverständlich, sogar trocken und in Schumann ein Manuskript, das Motive des ersten Satzes in c-moll enthält – allerdings noch hohem Grad ermüdend«, meint ein Teil der Presse. Fünf Tage später dann in Leipzig die Katas- ohne die langsame Sostenuto-Einleitung. Begeistert schreibt diese am 1. Juli 1862 an Joseph trophe. Brahms schildert sie selbst: »Ohne irgendeine Regung wurde der erste Satz und der Joachim: »Johannes schickte mir neulich – denken Sie, welche Überraschung – einen 1. Sinfo- zweite angehört. Zum Schluss versuchten drei Hände langsam ineinander zu fallen, worauf von niesatz mit folgendem kühnen Anfang. Das ist nun wohl etwas stark, aber ich habe mich sehr allen Seiten ein klares Zischen solche Demonstrationen verbot.« Doch Brahms lässt sich nicht schnell daran gewöhnt. Der Satz ist voll wunderbarer Schönheiten, mit einer Meisterschaft die 10 / 11 WERKE Motive behandelt, wie sie ihm ja mehr und mehr eigen wird. Alles ist so interessant ineinander verwoben, dabei so schwungvoll wie ein erster Erguss; man genießt so recht in vollen Zügen, ohne an die Arbeit erinnert zu werden. Der Übergang aus dem zweiten Teil wieder in den ersten ist ihm wieder mal herrlich gelungen.« Dennoch werden noch Jahre des Experimentierens vergehen. Um 1870 schreibt Brahms an den Dirigenten Hermann Levi: »Ich werde nie eine Sinfonie komponieren. Du hast keinen Begriff davon, wie es unsereinem zumute ist, wenn er immer so einen Riesen [Beethoven] hinter sich marschieren hört.« Im Sommer 1876 aber reist er nach Rügen und ahnt: Jetzt wird er seine erste Sinfonie endlich vollenden. Am 5. Oktober 1876 schreibt er an den Verleger Fritz Simrock: »An den Wissower Klinken ist eine schöne Sinfonie hängengeblieben.« Fünf Tage später trägt er Clara das komplette Werk auf dem Klavier vor. Doch die Freundin reagiert diesmal distanziert, erinnert sich offenbar nicht mehr an den Sinfoniesatz von 1862 und auch nicht an den Geburts- tagsgruß, den er ihr 1868 mit einem für das Werk relevanten Alphornthema schickte. »Ich kann nicht verhehlen«, schreibt Clara in ihr Tagebuch, »dass ich betrübt, niedergeschlagen war, denn sie will mir neben anderen seiner Sachen [...] nicht gleichbedeutend erscheinen. Es fehlt mir der Melodien-Schwung, so geistreich auch sonst die Arbeit ist. Ich kämpfte viel, ob ich ihm das sagen sollte, aber ich muss sie doch erst mal vollständig vom Orchester hören.« Schließlich – ungeachtet aller Meinungen – ist Brahms wild entschlossen, sein Werk zur Uraufführung zu bringen. Er legt es in die Hände des befreundeten Kapellmeisters Otto Dessoff, der es am 4. November 1876 in Karlsruhe zur Uraufführung bringt. Drei Tage später leitet Brahms die Aufführung in Mannheim. Dann erklingt die Sinfonie in München, Wien, Leipzig und Breslau. Ausgerechnet Brahms’ Förderer Hans von Bülow wird von der »Zehnten Beethovens« sprechen, ein Wort, das nicht nur Brahms verärgert, sondern über Jahrzehnte Stoff für Diskus- sionen unter den Forschern gibt. Manches erinnert in der Tat an den Übervater: der pathetische Gestus, die Instrumentierung, manches melodische und rhythmische Motiv, die Grundtonart c-moll, in der auch Beethoven seine 5. Sinfonie komponierte. Doch Brahms etabliert ein Sie wollte Mozart hören, eigenes, neues Kompositionsprinzip, das Themen nicht mehr gegenüberstellt wie im tradierten klassischen Sonatenhauptsatz, sondern auf dem Prinzip der entwickelnden Variation fußt und für das Brahms die beste Definition gibt: »Mit dem [musikalischen] Gedanken ist’s wie mit dem er Beethoven. Samenkorn: Er keimt unbewusst im Innern fort.« Das Material zeugt sich quasi selbst, aus Vorausgegangenem erwächst das Folgende – konservativ und revolutionär zugleich. Gleich im ersten Satz spielen