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Richard Strauss Daphne Premieren-Livemitschnitt 1950 Semperoper Edition Vol. 4 Gottlob Frick · Helena Rott · Gudrun Wuestemann Werner Liebing · Helmut Schindler · Arno Schellenberg Karl-Heinz Thomann · Kurt Legner · Theo Adam Elisabeth Reichelt · Ruth Lange Chor der Staatsoper Dresden Staatskapelle Dresden · Dirigent: Rudolf Kempe Historisches Archiv der Sächsischen Staatstheater Dresden, Foto: Werner Frost Werner Foto: Dresden, der Sächsischen Staatstheater Historisches Archiv Szenenfoto mit Gudrun Wuestemann als Daphne, 1950 Stage photo with Gudrun Wuestemann as Daphne, 1950 RICHARD STRAUSS DAPHNE „Daphne“ und keine leichte Entscheidung Ein weiteres Veto schien uns geboten aufgrund Massive Übersteuerungen an lauten Stellen Technisch problematisch für eine gute Aufnahme- hörbar klanglicher Verzerrungen bei hohen waren ebenso die Folge wie Untersteuerungen in qualität sollte sich damals aber auch die mangelnde Ein einzigartiges dokumentarisches Dresdner Lautstärken sowie Gleichlaufschwankungen , die lyrischen Passagen. Dem ursprünglichen Klang- Bereitstellung von Magnetbändern erweisen: Zeitzeugnis liegt wohlverwahrt im Deutschen aufgrund von Verwerfungen der fragilen Rund- bild der Übertragung nach zu urteilen, hatte Per Befehl der sowjetischen Militäradministration Rundfunkarchiv: Es ist der Mitschnitt zur „Daph- funk-Tonbänder auftreten. Wendland auch in Fragen der Mikrofonierung den war die Filmfabrik als Reparation in sowjetisches ne“-Premiere 1950, die gleichzeitig als Gedenkver- Doch die „Daphne“-Bänder ließen uns ein Jahr- Weg des geringsten Aufwandes gewählt, wo- Eigentum übergegangen mit der Folge, dass die anstaltung „IN MEMORIAM RICHARD STRAUSS“ zehnt lang nicht los. Sie forderten zu immer tief- durch zwar das Orchester sehr präsent klang, das Hälfte der Produktionsanlagen demontiert und in für den ein Jahr zuvor verstorbenen Hausgott von gründigeren Recherchen heraus. Und die führten Geschehen auf der Bühne aber zu entfernt und die Sowjetunion verbracht worden waren. Dresdner Staatskapelle und Staatsoper diente. uns zurück in das Aufnahmejahr 1950: diffus abgebildet wurde. Unbespielte Frischbänder waren damit von AGFA Eigentlich wäre das Vorhandensein dieser Trouvaille Ein Jahr nach Gründung der Deutschen Demokra- Wie sich Wendland die Programmgestaltung des Wolfen selbst für Rundfunkzwecke nur sporadisch in jeder Hinsicht ein Grund zum Jubeln, solange tischen Republik war für den Rundfunk eine neue Dresdner Senders vorstellte und wie er fordernd lieferbar, so dass der Sender verstärkt auf mehr- man nicht in die Aufnahme hineingehört hat. Situation eingetreten: Die Sender unterstanden argumentierte, wird aus einer von ihm verfassten fach bespielte Altbänder zurückgreifen musste. Ursprünglich hielten wir den überlieferten jetzt den Weisungen des Staatlichen Rundfunk- „Resolution der Betriebsgewerkschaftsleitung“ Und das erst recht in dem Fall einer Liveüber- „Daphne“-Livemitschnitt aus aufnahme- und komitees der DDR, die einhergingen mit großan- deutlich: Danach seien den am „raschen Neuauf- tragung, die wohl ohnehin nur aus Kontrollgrün- klangtechnischer Sicht nicht für veröffent- gelegten Personalüberprüfungen. Zunehmend bau unserer Friedenswirtschaft schaffenden“ den parallel zur Ausstrahlung aufgezeichnet lichungswürdig, entsprach jener doch so ganz und bekamen politisch zuverlässige Rundfunkmitar- (Hörern) „erst einmal diese oberflächlichen Senti- worden war. Jedenfalls ließ sich bislang kein gar nicht unseren Vorstellungen eines vertret- beiter die Verantwortung bei Liveausstrahlungen mentalitäten systematisch abzugewöhnen und Programmaustausch an andere Sender wie im Fall baren und bislang von uns angestrebten Klang- übertragen und nicht – wie bisher – die kom- dafür leichte (...) Musikdarbietungen zu ver- der „Fidelio“-Übertragung nachweisen. DEUTSCH bildes. Und das erst recht nicht, wenn man die petenten Fachleute und erfahrenen „Tüftler“, wie mitteln.“ Und jener Mann saß nun im Über- Dennoch: Trotz mancher – selbst durch akri- zwei Jahre ältere Liveaufnahme des „Fidelio“ Gerhard Steinke. tragungswagen, in seinen Händen die Steu- bischste Restaurierungsleistung nicht korrigier- durch den Tonmeister Gerhard Steinke als So nennen die Namen auf den Bandkartons der erungsinstrumente für die Rundfunkausstrahlung bare – Qualitätsmängel wie Übersteuerungs- Referenzaufnahme für Opern-Wiedergaben aus „Daphne“-Übertragung einen Rudolf Wendland einer bukolischen Strauss-Opern-Tragödie, die verzerrungen ist der Livemitschnitt unserer dem Dresdner Haus zu Rate zieht. (Semperoper als „Tonmeister und Aufnahmeleiter“, von dem mit „sozialistischem Realismus“ nun nicht das Meinung nach ein so einzigartiges historisches DEUTSCH Edition Vol. 3) Steinke zu berichten weiß, dass der als linientreu- Geringste zu tun hatte ... Zeitdokument, sowohl künstlerisch als auch poli- Damals (1948) hatte sich Steinke für eine beispiel- er „Hardliner“ geltende Gewerkschaftsvorsitzende tisch, dass wir diesen Mitschnitt nun in die gebende Mikrofonierung mit vier Mikrofonen ent- des Dresdner Senders zwar politisch als höchst SEMPEROPER EDITION den Opernfreunden offe- schieden: Zwei Mikrofone waren im Orchester- zuverlässig galt, allerdings mangels Noten- ge- rieren möchten. graben und als Hängemikrofon von der Saaldecke schweige denn Partiturkenntnissen sowohl tech- Bestärkt in unserer Entscheidung hat uns Klaus eingerichtet, zwei weitere wurden für Sänger, nisch als auch musikalisch-künstlerisch mit einer Heinze, langjähriges Kapellmitglied und als Szene und Chor vorn auf der Bühne zu Füßen der hochaufwändigen Opernübertragung hoffnungs- Herausgeber der Staatskapellen-Diskographie Solisten höchst aufwändig installiert. los überfordert war. bester Kenner aller Aufnahmen seiner Orchesters. 4 5 RICHARD STRAUSS DAPHNE Wenn auch die stimmliche Verfassung von Die Restaurierung Helmut Schindler als Apoll an diesem lampenfie- ber-durchzogenen Liveübertragungs-Abend nicht Die Restauration dieser Aufnahme erfolgte mit seiner sonstigen Leistung entsprach, sind es doch modernsten digtialen Werkzeugen, wie psycho- die Ensembleleistungen, die eindrucksvoll über- akustischen Algorithmen um die Diffusität des Steinke Gerhard Foto: zeugen können. Überdies und völlig zurecht hat Bühnenklanges zu verringern und die Sprachver- es allemal die von Rudolf Kempe entdeckte ständlichkeit des Bühnengeschehens zu verbes- mädchenhaft lyrische Stimme der jungen Gudrun sern, aber auch den zu direkten Klang des Or- Wuestemann verdient, dokumentarisch gewür- chesters in eine dem Zuhörer nachempfundene digt zu werden. In ihrer Debütvorstellung als Raumakustik einzubetten. Mitglied des Dresdner Opernensembles! Hinzu kam der Aufwand, technische Unzuläng- Ein Weiteres: Wir erleben hier letztmalig in einer lichkeiten wie Brummen, Knistern und viele Liveübertragung mit Gottlob Frick, Helena Rott, Störgeräusche aus dem Orchestergraben zu Arno Schellenberg, Elisabeth Reichelt und Ruth entfernen, als auch den gesamten Dynamik- Lange stimmlich das große Dresdner Solistenen- verlauf authentisch zu korrigieren. semble in seiner langjährigen Besetzung. Es sollte Bewusst haben wir aber den kleinen „Hilferuf“ nur noch eine Frage von Wochen und Monaten des Dirigenten Rudolf Kempe in den Schlusstakten sein, dass politische und kulturelle Engstirnigkeit gelassen - als er den driftenden hohen Streichern DEUTSCH der SED-Oberen nicht nur einen Regisseur wie die „Eins“ zuflüsterte... Live ist eben live. Heinz Arnold oder die namhaften Sängerpersön- Holger Siedler Übertragungstechnisch war die lichkeiten aus Dresden in den Westen vertrieb, Opernausstrahlung aus dem Großen Haus sondern auch zutiefst ehrverletztend und nicht- auch eine Premiere für den Funk: Anders als bei der „Fidelio“- DEUTSCH achtend einen Rudolf Kempe. Ausstrahlung 1948 wurde diesmal Im Nachhinein betrachtet, sollte diese „Daphne“- ein erst kurze Zeit vorher an alle DDR-Sender werkneu ausgelieferter Inszenierung zum Grabgesang werden für das Übertragungswagen eingesetzt. einstmals so großartige Dresdner Opernen- The transmission of this opera broadcast semble. Es wirkt auf uns wie ein letztmaliges, ein from the Large Auditorium endgültiges Emporschwingen zu jener unver- was a radio premiere. Unlike the wechselbaren, traditionsbewussten Größe, die “Fidelio” broadcast of 1948 this one used a brand-new outside das Ensemble über Jahrzehnte lang zusammenge- broadcasting van delivered shortly schmiedet hatte! Steffen Lieberwirth beforehand to all GDR radio stations. 6 7 RICHARD STRAUSS „DAPHNE“ IN DRESDEN Vom Singgedicht „Feuersnot“ zur Bukolischen Uraufführungen feierte er lieber in der säch- Bei den ersten vier Dresdner Uraufführungen lich zur hohen Qualität der Strauss-Uraufführun- Tragödie „Daphne“ sischen Metropole Dresden. So kann Dresden zu im ersten Jahrzehnt des zwanzigsten Jahrhun- gen beigetragen hat, zählten u.a. so hervorragen- Recht die zu Beginn des Reigens der Uraufführun- derts – bei „Feuersnot“ (1901), „Salome“ (1905), de Künstlerinnen und Künstler wie die Sopra- „Feuersnot“ und „Daphne“ sind die beiden Eck- gen von Richard-Strauss-Opern nahezu ahnungs- „Elektra“ (1909) und „Der Rosenkavalier“ (1911) nistinnen Annie Krull, Marie Wittich, Margarethe punkte der neun Dresdner Uraufführungen von voll vorausschauende Bemerkung von Dresden [SEMPEROPER EDITION VOL. 9] stand der hoch- Siems, Minnie Nast, Liesel von Schuch, Elisabeth insgesamt fünfzehn Opern des Komponisten als „Dorado für Uraufführungen“ für sich in An- verdiente Generalmusikdirektor der Königlichen Rethberg, Maria Rajdl, Viorica Ursuleac, Maria Richard