Plenarprotokoll 931

BUNDESRAT Stenografischer Bericht 931. Sitzung

Berlin, Freitag, den 6. März 2015

Inhalt:

Zur Tagesordnung ...... 65 A sammengefasst werden – Antrag des Landes Baden-Württemberg gemäß § 36 Begrüßung des Präsidenten des Senats der Absatz 2 GO BR – (Drucksache 64/15) . 73 A Französischen Republik, Gérard Larcher, Peter Friedrich (Baden-Württem- und einer Delegation ...... 76 B berg) ...... 91*D Mitteilung: Überweisung an die zustän- 1. Gesetz zur Modernisierung der Finanz- digen Ausschüsse ...... 73 A aufsicht über Versicherungen (Drucksa- che 46/15) ...... 65 C 5. Entwurf eines Gesetzes zur Änderung Beschluss: Zustimmung gemäß Artikel 80 des Agrar- und Fischereifonds-Informa- Absatz 2 GG ...... 91*A tionen-Gesetzes und des Betäubungsmit- telgesetzes (Drucksache 27/15) .... 65 C Teilumsetzung der Energie- 2. Gesetz zur Beschluss: Keine Einwendungen gemäß effizienzrichtlinie und zur Verschiebung Artikel 76 Absatz 2 GG ...... 91*A des Außerkrafttretens des § 47g Absatz 2 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbe- 6. Entwurf eines Gesetzes zur Änderung schränkungen (Drucksache 47/15, zu des Personalausweisgesetzes zur Einfüh- Drucksache 47/15) ...... 65 D rung eines Ersatz-Personalausweises und Beschluss: Kein Antrag gemäß Artikel 77 zur Änderung des Passgesetzes (Druck- Absatz 2 GG – Annahme einer Ent- sache 21/15, zu Drucksache 21/15) .. 73 A schließung ...... 65 D, 66 A Beschluss: Stellungnahme gemäß Arti- kel 76 Absatz 2 GG ...... 73 B 3. Entwurf eines ... Strafrechtsänderungsge- setzes betreffend den Wohnungsein- 7. Entwurf eines Gesetzes zur Änderung bruchdiebstahl (... StrÄndG) – gemäß Ar- des Aktiengesetzes (Aktienrechtsno- tikel 76 Absatz 1 GG – Antrag des velle 2014) (Drucksache 22/15) .... 73 B Freistaates Bayern gemäß § 23 Absatz 3 i.V.m. § 15 Absatz 1 und § 36 Absatz 2 Beschluss: Stellungnahme gemäß Arti- GO BR – (Drucksache 30/15) ..... 71 A kel 76 Absatz 2 GG ...... 73 C Prof. Dr. Winfried Bausback (Bayern) 71 A 8. Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung Mitteilung: Überweisung an den Rechts- der Richtlinie 2013/34/EU des Europäi- ausschuss ...... 71 D schen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über den Jahresabschluss, 4. Entschließung des Bundesrates für ein den konsolidierten Abschluss und damit einheitliches Freiwilligendienstgesetz, verbundene Berichte von Unternehmen in dem der Bundesfreiwilligendienst, die bestimmter Rechtsformen und zur Ände- Jugendfreiwilligendienste FSJ und FÖJ rung der Richtlinie 2006/43/EG des Euro- sowie sonstige Freiwilligendienste zu- päischen Parlaments und des Rates und

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zur Aufhebung der Richtlinien 78/660/ 14. Vorschlag für eine Verordnung des Euro- EWG und 83/349/EWG des Rates (Bi- päischen Parlaments und des Rates über lanzrichtlinie-Umsetzungsgesetz – Bil- den Europäischen Fonds für strategische RUG) – gemäß Artikel 76 Absatz 2 Satz 4 Investitionen und zur Änderung der Ver- GG – (Drucksache 23/15) ...... 73 C ordnungen (EU) Nr. 1291/2013 und (EU) Beschluss: Stellungnahme gemäß Arti- Nr. 1316/2013 COM(2015) 10 final; Ratsdok. 5112/15 kel 76 Absatz 2 GG ...... 73 D – gemäß Artikel 12 Buchstabe b EUV und §§ 3 und 5 EUZBLG – 9. Entwurf eines Gesetzes zur Verbesse- (Drucksache 15/15, zu Drucksache 15/15) 85 B rung der internationalen Rechtshilfe bei der Vollstreckung von freiheitsentziehen- Peter Friedrich (Baden-Württem- den Sanktionen und bei der Überwa- berg) ...... 92*C chung von Bewährungsmaßnahmen (Drucksache 24/15) ...... 65 C Beschluss: Stellungnahme gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG ...... 86 B Beschluss: Stellungnahme gemäß Arti- kel 76 Absatz 2 GG ...... 91*B 15. Mitteilung der Kommission an das Euro- 10. Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung päische Parlament, den Rat, die Europäi- der Korruption (Drucksache 25/15) .. 73 D sche Zentralbank, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss, den Beschluss: Stellungnahme gemäß Arti- Ausschuss der Regionen und die Euro- kel 76 Absatz 2 GG ...... 73 D päische Investitionsbank: Optimale Nut- zung der im Stabilitäts- und Wachstums- 11. Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Än- pakt vorgesehenen Flexibilität derung des Gesetzes gegen den unlaute- COM(2015) 12 final ren Wettbewerb (Drucksache 26/15) .. 73 D – gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG – Beschluss: Stellungnahme gemäß Arti- (Drucksache 19/15) ...... 86 B kel 76 Absatz 2 GG ...... 74 A Prof. Dr. Winfried Bausback (Bayern) 93*D

12. Entwurf eines Gesetzes zur Änderung Beschluss: Stellungnahme ...... 86 C der Verfolgung der Vorbereitung von schweren staatsgefährdenden Gewaltta- 16. Verordnung zur Durchführung eines ten (GVVG-Änderungsgesetz – GVVG- Monitorings zur atypischen BSE, zur Än- ÄndG) (Drucksache 36/15) ...... 74 A derung der TSE-Überwachungsverord- Eva Kühne-Hörmann (Hessen) .. 74 B nung und zur Aufhebung der BSE-Unter- suchungsverordnung (Drucksache 5/15) 86 C Prof. Dr. Winfried Bausback (Bayern) 75 B Prof. Dr. Benjamin-Immanuel Hoff Beschluss: Zustimmung gemäß Artikel 80 (Thüringen) ...... 77 B Absatz 2 GG nach Maßgabe der ange- Christian Lange, Parl. Staatssekre- nommenen Änderungen ...... 86 D tär beim Bundesminister der Justiz und für Verbraucherschutz ... 78 A 17. Verordnung über den kollektiven Teil der Rückstellung für Beitragsrückerstattung Beschluss: Stellungnahme gemäß Arti- (RfB-Verordnung – RfBV) (Drucksache kel 76 Absatz 2 GG ...... 79 A 549/14) ...... 86 D 13. Mitteilung der Kommission an das Euro- Monika Heinold (Schleswig-Hol- päische Parlament, den Rat, den Europäi- stein) ...... 86 D schen Wirtschafts- und Sozialausschuss Dr. Michael Meister, Parl. Staats- und den Ausschuss der Regionen: Ar- sekretär beim Bundesminister der beitsprogramm der Kommission 2015 – Finanzen ...... 87 D, 94*C Ein neuer Start COM(2014) 910 final Beschluss: Zustimmung gemäß Artikel 80 – gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG – Absatz 2 GG nach Maßgabe der ange- (Drucksache 628/14, zu Drucksache 628/ nommenen Änderungen ...... 88 C 14 [neu]) ...... 79 A Dr. Helmuth Markov () 79 B 18. Verordnung zur Festsetzung der Erhö- Lucia Puttrich (Hessen) ..... 80 C hungszahl für die Gewerbesteuerumlage Dr. Angelica Schwall-Düren (Nord- nach § 6 Absatz 5 des Gemeindefinanzre- rhein-Westfalen) ...... 82 C formgesetzes im Jahr 2015 (Drucksache 3/15) ...... Prof. Dr. Benjamin-Immanuel Hoff 65 C (Thüringen) ...... 83 D Beschluss: Zustimmung gemäß Artikel 80 Beschluss: Stellungnahme ...... 85 B Absatz 2 GG ...... 91*B Bundesrat – 931. Sitzung – 6. März 2015 III

19. Vierzehnte Verordnung zur Änderung blik Deutschland und der Republik der Arzneimittelverschreibungsverord- Polen zum Export besonderer Leistun- nung (Drucksache 28/15) ...... 88 C gen für berechtigte Personen, die im Ho- heitsgebiet der Republik Polen wohnhaft Beschluss: Zustimmung gemäß Artikel 80 sind (Drucksache 66/15) ...... 65 C Absatz 2 GG nach Maßgabe der ange- nommenen Änderungen ...... 88 C Beschluss: Zustimmung gemäß Artikel 84 Absatz 1 Satz 5 und 6 GG ..... 91*A 20. Verordnung über die Benennung weite- rer zur Teilnahme an der Antiterrordatei 26. Entwurf eines Gesetzes zur Einstufung sowie zur Teilnahme an der Rechtsextre- weiterer Staaten als sichere Herkunfts- mismus-Datei berechtigter Polizeivoll- staaten – gemäß Artikel 76 Absatz 1 GG – zugsbehörden (Drucksache 17/15) ... 65 C Antrag des Freistaates Bayern gemäß § 36 Absatz 2 GO BR – (Drucksache 65/ Beschluss: Zustimmung gemäß Artikel 80 15) ...... 71 D Absatz 2 GG ...... 91*B Prof. Dr. Winfried Bausback (Bayern) 72 A 21. Verordnung zur Aussetzung der Erhe- Mitteilung: Überweisung an den Aus- bung nach § 9 Absatz 4 des Umweltsta- schuss für Innere Angelegenheiten .. 73 A tistikgesetzes (Drucksache 14/15) ... 65 C Beschluss: Zustimmung gemäß Artikel 80 27. Entschließung des Bundesrates „Einwan- Absatz 2 GG ...... 91*B derung gestalten – Einwanderungsge- setz schaffen“ – Antrag der Länder 22. Vierte Verordnung zur Änderung der Rheinland-Pfalz und Niedersachsen, Transeuropäische-Eisenbahn-Interopera- Schleswig-Holstein gemäß § 36 Absatz 2 bilitätsverordnung (Drucksache 18/15) . 65 C GO BR – (Drucksache 70/15) ..... 66 A (Rheinland-Pfalz) .. 66 A Beschluss: Zustimmung gemäß Artikel 80 Absatz 2 GG ...... 91*B (Hessen) ..... 67 A Anja Siegesmund (Thüringen) ... 69 A 23. a) Benennung von Beauftragten des Bun- desrates in Beratungsgremien der Eu- Mitteilung: Überweisung an die zustän- ropäischen Union für den Beratenden digen Ausschüsse ...... 69 D Ausschuss der Kommission für die Berufsbildung – gemäß § 6 Absatz 1 28. Verordnung zur Umsetzung von Arti- EUZBLG i.V.m. Abschnitt I der Bund- kel 14 der Richtlinie zur Energieeffi- Länder-Vereinbarung – (Drucksache zienz und zur Änderung weiterer um- 582/14) weltrechtlicher Vorschriften – Antrag des Landes Nordrhein-Westfalen – (Drucksa- b) Benennung von Beauftragten des Bun- che 538/14) ...... 88 C desrates in Beratungsgremien der Europäischen Union für die Experten- Beschluss: Zustimmung gemäß Artikel 80 Arbeitsgruppen „Partizipatorische Absatz 2 GG nach Maßgabe der ange- Verwaltung des kulturellen Erbes“ nommenen Änderungen – Annahme ei- und „Förderung des Zugangs zur Kul- ner Entschließung ...... 88 D tur über digitale Medien“ im Rahmen des EU-Arbeitsplans Kultur (2015 bis 29. Entschließung des Bundesrates „An- 2018) – gemäß § 6 Absatz 1 EUZBLG strengungen im Kampf gegen den Miss- i.V.m. Abschnitt I der Bund-Länder- brauch von Werkverträgen verstärken“ Vereinbarung – (Drucksache 29/15) . 65 C – Antrag des Landes Niedersachsen ge- mäß § 36 Absatz 2 GO BR – (Drucksache Beschluss zu a): Zustimmung zu der 87/15) ...... 69 D Empfehlung in Drucksache 582/1/14 . 91*C (Niedersachsen) ... 70 A Beschluss zu b): Zustimmung zu der Mitteilung: Empfehlung in Drucksache 29/1/15 . 91*C Überweisung an die zustän- digen Ausschüsse ...... 71 A 24. Verfahren vor dem Bundesverfassungs- gericht (Drucksache 49/15) ...... 65 C Nächste Sitzung ...... 88 D Beschluss: Von einer Äußerung und ei- nem Beitritt wird abgesehen .... 91*D Beschluss im vereinfachten Verfahren gemäß § 35 GO BR ...... 89 A/C 25. Gesetz zu dem Abkommen vom 5. De- zember 2014 zwischen der Bundesrepu- Feststellung gemäß § 34 GO BR .....89 A/C IV Bundesrat – 931. Sitzung – 6. März 2015

Verzeichnis der Anwesenden

Vorsitz: Berlin:

Präsident Volker Bouffier, Ministerprä- Michael Müller, Regierender Bürgermeister sident des Landes Hessen Dilek Kolat, Bürgermeisterin und Senatorin für Amtierender Präsident Dr. Reiner Arbeit, Integration und Frauen Haseloff, Ministerpräsident des Landes Sachsen-Anhalt – zeitweise – Thomas Heilmann, Senator für Justiz und Ver- braucherschutz Vizepräsident Stephan Weil, Minister- präsident des Landes Niedersachsen – zeit- weise – Brandenburg: Amtierende Präsidentin Dr. Angelica Schwall-Düren, Ministerin für Bun- Dr. , Ministerpräsident desangelegenheiten, Europa und Medien und Bevollmächtigte des Landes Nordrhein-West- Dr. Helmuth Markov, Minister der Justiz und für falen beim Bund – zeitweise – Europa und Verbraucherschutz

Bremen: Schriftführer: Karoline Linnert, Bürgermeisterin, Senatorin für Prof. Dr. Winfried Bausback (Bayern) Finanzen

Ulrike Hiller, Staatsrätin für Bundes- und Euro- paangelegenheiten und Integration, Bevoll- Schriftführerin: mächtigte der Freien Hansestadt beim Bund und für Europa Prof. Dr. Angela Kolb (Sachsen-Anhalt)

Hamburg:

Baden-Württemberg: Olaf Scholz, Präsident des Senats, Erster Bürger- meister , Ministerpräsident Cornelia Prüfer-Storcks, Senatorin, Präses der Peter Friedrich, Minister für Bundesrat, Europa Behörde für Gesundheit und Verbraucher- und internationale Angelegenheiten und schutz Bevollmächtigter des Landes Baden-Württem- berg beim Bund Hessen: Winfried Hermann, Minister für Verkehr und Infrastruktur Volker Bouffier, Ministerpräsident Alexander Bonde, Minister für Ländlichen Raum Lucia Puttrich, Ministerin für Bundes- und Euro- und Verbraucherschutz paangelegenheiten und Bevollmächtigte des Landes Hessen beim Bund

Tarek Al-Wazir, Minister für Wirtschaft, Energie, Bayern: Verkehr und Landesentwicklung

Horst Seehofer, Ministerpräsident Priska Hinz, Ministerin für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Prof. Dr. Winfried Bausback, Staatsminister der Justiz Eva Kühne-Hörmann, Ministerin der Justiz Bundesrat – 931. Sitzung – 6. März 2015 V

Mecklenburg-Vorpommern: Sachsen:

Erwin Sellering, Ministerpräsident , Ministerpräsident Harry Glawe, Minister für Wirtschaft, Bau und Tourismus Martin Dulig, Staatsminister für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr

Dr. Fritz Jaeckel, Staatsminister für Bundes- und Niedersachsen: Europaangelegenheiten und Chef der Staats- kanzlei Stephan Weil, Ministerpräsident

Cornelia Rundt, Ministerin für Soziales, Frauen, Familie, Gesundheit und Integration

Antje Niewisch-Lennartz, Justizministerin Sachsen-Anhalt:

Dr. , Ministerpräsident

Nordrhein-Westfalen: Prof. Dr. Angela Kolb, Ministerin für Justiz und Gleichstellung , Ministerpräsidentin

Johannes Remmel, Minister für Klimaschutz, Jens Bullerjahn, Minister der Finanzen Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbrau- cherschutz

Dr. Angelica Schwall-Düren, Ministerin für Bun- desangelegenheiten, Europa und Medien und Bevollmächtigte des Landes Nordrhein-West- Schleswig-Holstein: falen beim Bund Torsten Albig, Ministerpräsident Sylvia Löhrmann, Ministerin für Schule und Wei- terbildung Dr. Robert Habeck, Minister für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume

Rheinland-Pfalz: Stefan Studt, Minister für Inneres und Bundes- angelegenheiten Malu Dreyer, Ministerpräsidentin Monika Heinold, Finanzministerin Irene Alt, Ministerin für Integration, Familie, Kinder, Jugend und Frauen

Thüringen: : , Ministerpräsident Annegret Kramp-Karrenbauer, Ministerpräsi- dentin Heike Taubert, Finanzministerin

Anke Rehlinger, Ministerin für Wirtschaft, Anja Siegesmund, Ministerin für Umwelt, Ener- Arbeit, Energie und Verkehr gie und Naturschutz

Jürgen Lennartz, Staatssekretär, Chef der Prof. Dr. Benjamin-Immanuel Hoff, Minister für Staatskanzlei und Bevollmächtigter des Saar- Kultur, Bundes- und Europaangelegenheiten landes beim Bund und Chef der Staatskanzlei VI Bundesrat – 931. Sitzung – 6. März 2015

Von der Bundesregierung: Christian Lange, Parl. Staatssekretär beim Bun- desminister der Justiz und für Verbraucher- Dr. Helge Braun, Staatsminister bei der Bundes- schutz kanzlerin Dr. Michael Meister, Parl. Staatssekretär beim Michael Roth, Staatsminister im Auswärtigen Bundesminister der Finanzen Amt Gabriele Lösekrug-Möller, Parl. Staatssekretä- Dr. Ole Schröder, Parl. Staatssekretär beim Bun- rin bei der Bundesministerin für Arbeit und desminister des Innern Soziales Bundesrat – 931. Sitzung – 6. März 2015 65

(A) (C) Redetext

931. Sitzung

Berlin, den 6. März 2015

Beginn: 9.34 Uhr Insbesondere Kollege Weil hat mich dringlich gebe- ten, diesen „versammelten“ Wunsch zu vermitteln. Ich weiß, dass nicht nur niedersächsische Berlin-Be- Präsident Volker Bouffier: Meine sehr verehrten sucher dieses Problem haben, ich kann das aus Hes- Damen und Herren, ich eröffne die 931. Sitzung des sen bestätigen. Ich kann das gelegentlich von oben Bundesrates. beobachten. Die Menschen laufen nicht bis nach Die Tagesordnung liegt Ihnen mit 29 Punkten vor. ganz vorne, wo es gefahrlos möglich ist. Wir haben uns in der Vorbesprechung verständigt: Vom Kleinen zum Großen: Meine Damen und Her- Nach Punkt 2 werden die Punkte 27 und 29 behan- ren, wir beginnen mit unserer Sitzung. delt. Nach Punkt 3 wird Punkt 26 aufgerufen. Im Übrigen bleibt die Reihenfolge unverändert. Ich rufe zur gemeinsamen Abstimmung nach § 29 Absatz 2 der Geschäftsordnung die in dem Umdruck Gibt es Wortmeldungen zur Tagesordnung? – Das 2/2015*) zusammengefassten Beratungsgegenstände ist nicht der Fall. auf. Es sind dies die Tagesordnungspunkte: (B) (D) Dann werden wir so verfahren. 1, 5, 9, 18 und 20 bis 25. Ich darf Sie darüber unterrichten, dass wir heute Wer den Empfehlungen und Vorschlägen zu den die Freude haben, den Präsidenten des Französi- vorgenannten Tagesordnungspunkten beitreten schen Senats, Herrn Kollegen Gérard Larcher, mit ei- möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke ner hochrangigen Delegation bei uns zu begrüßen. schön. Wir werden ihn nachher willkommen heißen. Es wird Gelegenheit sein, sich mit seiner Delegation zu tref- Dann haben wir so beschlossen. fen. Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 2: Ich darf Sie sodann um Ihre Aufmerksamkeit bitten für die Mitteilung, dass unser Direktor, Herr Schmitt, Gesetz zur Teilumsetzung der Energieeffizi- zum 31. März dieses Jahres in den wohlverdienten enzrichtlinie und zur Verschiebung des Außer- Ruhestand treten wird. Wir haben uns verständigt: krafttretens des § 47g Absatz 2 des Gesetzes Herr Schmitt wird am 26. März eine offizielle Verab- gegen Wettbewerbsbeschränkungen (Drucksa- schiedung im Hause haben. Das passt deshalb gut, che 47/15, zu Drucksache 47/15) weil am gleichen Tage ebenfalls hier eine Minister- präsidentenkonferenz stattfindet. Die Mitglieder des Wortmeldungen liegen nicht vor. Bundesrates und die Kolleginnen und Kollegen ha- ben damit Gelegenheit – so es ihre Zeit erlaubt –, da- Eine Empfehlung oder ein Antrag auf Einberufung ran teilzunehmen. Wir werden natürlich noch offiziell des Vermittlungsausschusses liegen nicht vor. einladen. Nur damit Sie sich den Termin heute schon Ich stelle daher fest, dass der Bundesrat den Ver- vormerken können! mittlungsausschuss nicht anruft. Zum Dritten! Auf vielfachen Wunsch bitte ich den Es bleibt abzustimmen über die vom Wirtschafts- Regierenden Bürgermeister von Berlin, dafür Sorge zu tragen, wenn es möglich wäre, zur Vermeidung ausschuss empfohlene Entschließung. Ein Land hat von Gefahren für Fußgängerinnen und Fußgänger darum gebeten, über Ziffer 2 Buchstabe b getrennt eine Fußgängerampel vor dem Haus zu installie- abzustimmen. ren.

(Heiterkeit und Beifall) *) Anlage 1 66 Bundesrat – 931. Sitzung – 6. März 2015 Präsident Volker Bouffier (A) (C) Ich beginne mit Ziffer 2 Buchstaben a und c. Wer derungswillige. Es erhöht die Attraktivität unseres zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzei- Landes. Dafür legen wir mit unserem Entschließungs- chen. – Das ist die Mehrheit. antrag heute Vorschläge vor. Buchstabe b! – Auch das ist die Mehrheit. Ziel ist es, bessere Rahmenbedingungen für die Einwanderung von Fachkräften aus dem Ausland zu Ich stelle fest, dass der Bundesrat eine Entschlie- schaffen. Zugleich wollen wir die in Deutschland le- ßung gefasst hat. benden Arbeitskräfte besser mobilisieren und qualifi- Ich rufe Tagesordnungspunkt 27 auf: zieren. Beides ist notwendig und möglich. Entschließung des Bundesrates „Einwande- Dazu soll am Anfang breite Verständigung mit al- rung gestalten – Einwanderungsgesetz schaf- len Beteiligten stehen: Bund, Ländern, Wirtschaft, fen“ – Antrag des Landes Rheinland-Pfalz ge- Gewerkschaften, aber auch Migrantenorganisatio- mäß § 36 Absatz 2 GO BR – (Drucksache 70/15) nen und Universitäten. Wir müssen alle mitnehmen bei der Frage, in welchen Bereichen Bedarf an Ein- Dem Antrag des Landes Rheinland-Pfalz sind die wanderung besteht und mit welchen kriteriengeleite- Länder Niedersachsen und Schleswig-Holstein bei- ten Steuerungsmodellen wir die Einwanderung aus getreten. Drittstaaten langfristig bedarfsgerecht steuern. Ich erteile Frau Kollegin Dreyer, Ministerpräsiden- Klar ist, dass ein Einwanderungsgesetz vorhandene tin des Landes Rheinland-Pfalz, das Wort. Qualifikationen von Einwanderungswilligen honorie- ( V o r s i t z : Amtierender Präsident Dr. Reiner ren muss. Es gilt, bestehende Hürden auf das not- Haseloff) wendige Maß weiter abzusenken. So ist zu prüfen, unter welchen Bedingungen qualifizierten Fachkräf- ten aus Drittstaaten eine zeitlich befristete Aufent- Malu Dreyer (Rheinland-Pfalz): Guten Morgen, haltsmöglichkeit zum Zweck der Arbeitsplatzsuche Herr Präsident, liebe Kollegen, liebe Kolleginnen! Er- eingeräumt werden kann. Auch sollte sich ein Ein- freulicherweise gibt es in einer Reihe von Fragen wanderungsgesetz nicht nur an Hochqualifizierte breite Übereinstimmung in diesem Haus. So stellt richten. Gerade das Handwerk braucht auch andere heute niemand mehr in Frage, dass Deutschland tat- Qualifikationsniveaus. sächlich ein Einwanderungsland ist. Das war nicht immer so. Mit einer weiteren Öffnung des Arbeitsmarktes müssen auch die Informations- und Beratungsange- Deutschland ist heute das wichtigste Einwande- bote im In- und Ausland ausgebaut und vorgehalten rungsland in Europa und das weltweit zweitbelieb- werden. Auch dazu machen wir konkrete Vor- teste nach den USA. Einwanderung findet – neben schläge. (B) Zuwanderung aus humanitären Gründen – bisher (D) überwiegend aus den Mitgliedstaaten der EU statt. Wir Länder sind zurzeit auf Grund der vielen Flüchtlinge, die zu uns kommen, sehr stark gefordert. In der teilweise sehr aufgeladenen Debatte über Es ist ein eigentlich unerträglicher Zustand, dass zum Einwanderung geht es häufig um die Frage, woher Beispiel Menschen aus Syrien oder dem Irak viele jemand zu uns kommt. Das ist bei politischer Verfol- Monate lang auf ihre Verfahren warten und nichts gung auch relevant. In der heutigen Debatte steht tun dürfen, obwohl wir sie brauchen und obwohl sie aber etwas anderes im Vordergrund: Es geht viel- gerne bleiben und sich ausbilden lassen wollen. Ein mehr darum, welche Menschen zu uns kommen und Einwanderungsgesetz sollte es also auch Asylbewer- was sie können. bern und Duldungsinhabern mit mindestens qualifi- Niemand bezweifelt die demografische Entwick- zierter Berufsausbildung ermöglichen, im Inland ein lung in unserem Land. Auch wenn die Zahl der Kin- Aufenthaltsrecht zu erhalten, wenn auch vom Aus- der weniger zurückgeht als erwartet, nimmt die Be- land aus die Zulassung zu unserem Arbeitsmarkt völkerung im erwerbsfähigen Alter ab. Gleichzeitig möglich wäre. Das Gleiche gilt für die Zeit der be- benötigen wir dringend mehr Fachkräfte, um trotz trieblichen Ausbildung – bei positivem Abschluss der beschriebenen demografischen Entwicklung den selbstverständlich auch danach. Im Rahmen gesteu- Wohlstand unseres Landes zu erhalten. Dies ist nach erter Einwanderung könnten wir dadurch auch das unserer Einschätzung aktuell die größte Herausfor- im Moment sehr beanspruchte Asylsystem stark ent- derung für unsere Volkswirtschaft. lasten. Erfreulicherweise gibt es daher breite Übereinstim- Verehrte Kollegen und Kolleginnen, ich bin mir si- mung darüber, dass wir Einwanderung brauchen. cher, wir alle wollen, dass Einwanderung künftig so Wir diskutieren lediglich über unterschiedliche gestaltet wird, dass die derzeitige demografische Wege, wie wir sie gestalten wollen. Entwicklung sinnvoll aufgefangen wird und die Menschen in unserem Land nicht überfordert wer- Ein Gesetz, in dem sämtliche Regelungen für die den. Lassen Sie uns also gemeinsam daran arbeiten, arbeitsmarktbezogene Einwanderung enthalten sind, auf diesem Weg möglichst viele Menschen mitzuneh- ist nach unserer Überzeugung das bessere Instru- men! Je früher wir gestalten, umso besser können wir ment. Einwanderung kann so transparenter gestaltet steuern. werden als mit mehr als 50 Einzelregelungen. Ein klares, transparentes und leicht verständliches Ein- Und natürlich geht es bei einem Einwanderungs- wanderungsgesetz schafft einen Anreiz für Einwan- gesetz nicht nur um die Frage, wer zu uns kommt, Bundesrat – 931. Sitzung – 6. März 2015 67 Malu Dreyer (Rheinland-Pfalz) (A) (C) sondern vor allem darum, wie wir die Einwanderung uns gemeinsam unsere Zukunft gestalten. Der alte sinnvoll steuern und den Menschen, die etwas zu Satz von Max F r i s c h „Wir haben Arbeitskräfte bieten haben und bei uns bleiben wollen, sinnvolle gerufen, aber es kamen Menschen“ gilt immer noch. Optionen für die Zukunft geben. Der Ruf, der insbesondere von der Wirtschaft im- Unser Entschließungsantrag soll dazu beitragen, mer wieder kommt, ist häufig zu kurzsichtig, greift zu dem Ziel, Einwanderung aktiv und positiv zu gestal- kurz. Wir müssen aufpassen, dass wir nicht die glei- ten, einen Schritt näher zu kommen. Es würde mich chen Fehler machen, die wir schon einmal gemacht sehr freuen, wenn wir die Zeit in den Ausschüssen haben. Deshalb ist ein breiter Ansatz notwendig. Das miteinander nutzen könnten, die Debatte weiter zu erwähnen Sie auch. befruchten und hoffentlich die Bundesregierung dazu zu bewegen, an einem Einwanderungsgesetz Meine Damen und Herren, liebe Kollegin, in die- im Sinne der Menschen in unserem Land und der Zu- sem Punkt müssen wir aber noch einen zweiten kunft unserer Volkswirtschaft zu arbeiten. – Herzli- Sachverhalt bedenken. Wenn Sie Nichtqualifizierte chen Dank. ebenfalls in größerer Anzahl ins Land holen wollen, müssen wir aufpassen, dass wir die Arbeitslosen und die Menschen ohne Berufsabschluss, die schon in un- Amtierender Präsident Dr. Reiner Haseloff: Herzli- serem Land sind, nicht vergessen. Um sie müssen wir chen Dank, Kollegin Dreyer! uns zuerst kümmern, und zwar so, dass Zuwande- Als Nächster spricht Ministerpräsident Bouffier zu rung insbesondere von Nichtqualifizierten am Ende - uns. nicht dazu führt, dass es einen Verdrängungswettbe werb zu Lasten der Schwächsten in unserem Lande gibt. Wir brauchen also eine klare Priorität. Volker Bouffier (Hessen): Sehr geehrter Herr Präsi- dent! Meine Damen, meine Herren! Liebe Kollegin- Auch und gerade zur Gewinnung mehr und besser nen und Kollegen! Liebe Kollegin Dreyer, ich möchte qualifizierter Fachkräfte müssen wir aus meiner Sicht einige Bemerkungen zu dem Entschließungsantrag deutlich machen, dass wir uns zuerst um diejenigen machen. Sie fordern ein Einwanderungsgesetz. Wir kümmern müssen, die hier sind. Dazu gibt es eine haben Einwanderung, und wir haben ein Gesetz. Sie Menge zu tun. Dazu existiert auch eine Menge von haben beides erwähnt. Wir sind im Moment eines der Vorschlägen. Sie haben in Ihrem Entschließungs- größten Einwanderungszielländer auf der ganzen antrag beides zusammengeführt. Ich bin der Auffas- Welt. Wir haben also beides. Einwanderung haben sung, dass wir hier trennen müssen – gerade im Hin- wir schon. Ein Gesetz haben wir auch; es nennt sich blick auf die Einwanderung unqualifizierter Kräfte. Aufenthaltsgesetz. Diese Aufgabe ist anspruchsvoll. Darüber haben (B) Ich will vorab sagen: Wir müssen nicht über Be- wir oft gesprochen. In diesem Land leben nach wie (D) grifflichkeiten streiten. Wir müssen auch nicht vor viele Menschen, die keine Arbeit haben. Wir darüber streiten, dass es zum Erhalt unseres Wohl- haben eine ganze Reihe von Menschen ohne qualifi- standes notwendig sein wird, die Folgen der demo- zierten Berufsabschluss, die bei jeder konjunkturel- grafischen Entwicklung auch durch Zuwanderung len Eintrübung besonders gefährdet sind. Um sie nach Möglichkeit aufzufangen. Darüber gibt es kei- wollen wir uns zunächst einmal kümmern. nen Streit, glaube ich. Ich will noch einen anderen Punkt ansprechen. Sie Ihr Entschließungsantrag umfasst neben der Einlei- fordern in Ihrem Entschließungsantrag häufig Dinge, tung insgesamt zwölf Punkte. Einer ganzen Reihe Ih- die nach dem geltenden Recht allesamt möglich sind. rer Überlegungen kann ich mich anschließen, eini- Dafür brauchen wir kein neues Gesetz. Lassen Sie gen aber jedenfalls so nicht. Das hat mehrere mich ein Beispiel nennen! Gründe. Sie fordern unter Ziffer 3 die Definition von Eng- Zum einen werden viele Punkte doch recht undiffe- passberufen, also von solchen Berufen, die wir mit in- renziert angesprochen und behandelt. Sie müssen ländischem Potenzial nicht mehr abdecken können. aber nach meiner festen Überzeugung differenziert Dabei soll dann die Vorrangprüfung entfallen, also betrachtet werden. Ich will das an einigen Beispielen die Prüfung, ob anderweitige inländische Kräfte oder kurz erläutern. EU-Bewerber zur Verfügung stehen. Das gibt es aber alles schon. Wir haben zurzeit 70 Berufe, die als so- Sie sprechen davon, dass wir im Rahmen einer ge- genannte Engpass- oder Mangelberufe qualifiziert setzlichen Lösung die Gewinnung von Fachkräften sind. Dort erfolgt auch keine Vorrangprüfung. besser gestalten müssen. Darüber können wir reden. Sie sprechen aber auch davon, dass Sie insbesondere Das heißt: Diesen Bereich können wir vielleicht Fachkräfte, die nicht zum qualifizierten Spitzenbe- noch intensiver, vielleicht noch klüger regeln. Das reich gehören, mit in dieses Einwanderungskonstrukt geltende Recht gibt das alles aber her. Das nutzen aufnehmen wollen. Dazu will ich zwei Bemerkungen wir auch. Es genügt hier, sich schlicht zu melden. machen, die mir sehr wichtig sind. Man braucht keine weiteren Voraussetzungen. Wir suchen nicht Fachkräfte. Was wir suchen müs- Nun komme ich zu einem anderen Beispiel. In Zif- sen, sind zukünftige Mitbürger, Menschen, die, wenn fer 10 sprechen Sie sich für Initiativen im Ausland sie hierher kommen, nicht nur an einer Maschine ste- aus, für Werbung, gezielte Anwerbung und Vermitt- hen oder einen Computer bedienen, sondern die mit lungsbemühungen. Ich halte das für durchaus ziel- 68 Bundesrat – 931. Sitzung – 6. März 2015 Volker Bouffier (Hessen) (A) (C) führend. Das haben wir aber ebenfalls. Wir haben politische und kulturelle Unterstützungsangebote nahezu an jeder Botschaft einen Sozialreferenten. erfolgen.“ Wer wollte dem widersprechen! Die Frage Wir haben nahezu in jedem Land eine Außenwirt- ist nur: welche Angebote? Was ist denn konkret ziel- schaftskammer. Im Zusammenwirken von Arbeits- führend? Darüber muss man einmal sehr grundle- ministerium, Wirtschaftsministerium, Außenministe- gend reden. rium und Wirtschaft können wir – darüber brauchen wir nicht zu streiten – sicherlich eine ganze Menge Es ist auch nicht kleinkariert, sondern notwendig, tun. Dafür braucht man aber kein völlig neues Ge- den von allen erbetenen und richtigerweise ange- setz. strebten Konsens in der Gesellschaft zu finden.

Generell betrachten möchte ich, dass in dem Ent- Man muss auch darüber reden, wer das bezahlen schließungsantrag sehr viele Sachverhalte zusam- soll. Meine Kolleginnen und Kollegen, Sie wie ich mengetragen worden sind und auch zusammen werden insbesondere von unseren Kommunen zu stehen, die aus meiner Sicht eine differenzierte Be- Recht ständig darauf hingewiesen, dass ihre finan- trachtung brauchen. ziellen Belastungen alleine im Bereich der Unterbrin- gung der Asylbewerber schon heute erheblich sind. Ich will das am Beispiel des Asylrechts deutlich Von dem, der jetzt noch viel mehr fordert, muss er- machen. Die faktische Einwanderung unter Berufung wartet werden, dass er das konkretisiert und darauf auf das Asylrecht hat mit gestaltender Einwande- auch eine Antwort gibt. rungspolitik gar nichts zu tun. Das Asylrecht ist ein individuelles, verfassungsrechtlich geschütztes Recht, Im Ergebnis halte ich deshalb die in dem Entschlie- ein Schutzrecht, das sich einer grundlegenden Neu- ßungsantrag enthaltene Vermischung von humanitä- gestaltung schlicht entzieht. Dort geht es um unsere ren Aspekten, ökonomischen Aspekten und Beiträ- humanitäre Verpflichtung, die wir erfüllen wollen gen zur Lösung der demografischen Entwicklung für und erfüllen müssen und die in unserem Lande auch nicht wirklich zielführend. Bevor man ein neues Ein- breit erfüllt wird. Wir alle können dankbar sein für wanderungsgesetz fordert und gegebenenfalls auch die große Hilfsbereitschaft in unserer Bevölkerung. schafft, muss man sich doch klar darüber werden, was wir brauchen und was wir wollen – sowohl im In- Richtig ist, dass unter Berufung auf das Asylrecht teresse unseres Landes als auch im Interesse derer, viele Menschen in unser Land kommen, für deren die zu uns kommen sollen. Herkunftsländer die Anerkennungsquote zum Teil bei 1 oder 0 Prozent liegt. Diese Probleme sind bisher Da reicht es meines Erachtens nicht aus, wenn wir nicht gelöst. eine Formel nach dem Motto „Aus dem Aufenthalts- gesetz machen wir ein Einwanderungsgesetz“ fin- Ich will aber keinen Zweifel daran lassen, dass wir (B) den. Es reicht auch nicht aus, wenn wir alles – Asyl- (D) immer deutlich machen müssen: Das Asylrecht ist recht, Bleiberecht, Zuwanderung, demografische eine verfassungsrechtliche Verpflichtung und den Entwicklung – in eine große Waschtrommel werfen. Schutzbedürftigen eine Verheißung. Das soll so sein, Die Dinge sind zu kompliziert, sie sind zu differen- und aus meiner Sicht muss das auch so sein. Deshalb ziert. Aus meiner Sicht ist es für eine kluge Lösung warne ich davor zu glauben, dass man dort Grundle- angezeigt, dass wir sie ein wenig intensiver und ge- gendes unter dem Aspekt einer gesteuerten Einwan- trennt betrachten. derung erreichen kann. Ich bin sehr bei Ihnen, wenn es darum geht, die Wir haben eine hohe Hilfsbereitschaft. Wir haben Schwächen des bisherigen Rechts zu vermeiden und allen Anlass, unserer Bevölkerung dafür Dank zu sa- das eine oder andere vielleicht noch besser zu ma- gen. In diesem Zusammenhang muss man auch sa- chen. Darüber brauchen wir nicht zu streiten. Ich gen: Zum Erhalt dieser Hilfsbereitschaft ist es not- finde allerdings auch: Bevor wir gänzlich neue Wege wendig, bei denjenigen, die kein Asylrecht und kein gehen, müssen wir uns darum bemühen, dass ge- humanitäres Bleiberecht haben, den Aufenthalt zu währleistet ist, dass das Neue nicht nur neu, sondern beenden. wirklich besser ist. Nun will ich auf die Ziffer 4, Familiennachzug, ver- weisen. Was Sie dort formuliert haben, ist aus meiner Meine Damen und Herren, deshalb werbe ich da- Sicht höchst problematisch. Es ist eine sehr undiffe- rum, dass wir uns für diese Diskussion, für die Ziel- renzierte Verheißung, die sehr, sehr weit geht. Ich führung und die Zielfindung die notwendige Zeit glaube, dass sie zu weit geht. Darüber muss man nehmen und gesellschaftlichen Konsens anstreben. aber im Einzelnen sprechen. Ich bin davon überzeugt, dass wir hier noch eine Menge sehr intensiver Debatten führen müssen. Wir Meine Damen und Herren, abschließend möchte haben ein Instrumentarium, mit dem wir viele Punkte ich zwei Bemerkungen machen. Ich glaube, dass wir lösen können, die jetzt in der Debatte sind. in mancherlei Hinsicht viel näher beieinander sind, als manche glauben. Soweit es darüber hinaus Neues zu gestalten gibt, werden wir mit Sicherheit die Aufgabe haben, dies so Zunächst will ich auf eine Passage am Beginn Ihres zu machen, dass die Aufnahmebereitschaft der hei- Entschließungsantrages hinweisen. Im vierten Ab- mischen Bevölkerung und eine gute Zukunftsper- satz schreiben Sie: „Die Steuerung von Einwande- spektive derer, die zu uns kommen sollen, erhalten rung muss heute auch über wirtschaftliche, sozial- bleiben. – Vielen Dank. Bundesrat – 931. Sitzung – 6. März 2015 69

(A) (C) Amtierender Präsident Dr. Reiner Haseloff: Danke, nicht –, sondern dass es vor allem um humanitäre Ge- Kollege Bouffier! sichtspunkte gehen muss. Das sollten wir nicht aus dem Blick verlieren. Als Nächste spricht Ministerin Siegesmund aus Thüringen zu uns. Zweitens. Wir müssen darüber nachdenken, wie die Potenziale der Menschen, die bereits in der Bun- desrepublik sind – wie ausländische Studierende und Anja Siegesmund (Thüringen): Herr Präsident! Auszubildende, Asylbewerberinnen und Asylbewer- Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Frei- ber oder Geduldete –, besser genutzt werden können. staat Thüringen begrüßt den Entschließungsantrag Denn das gehört zu einer Willkommenskultur. Man aus Rheinland-Pfalz unter anderem deswegen, weil muss sagen, wie das Ankommen funktionieren soll. sein Ziel darin besteht, ein modernes und zeitgemä- Sofern diese Menschen die Einwanderungskriterien ßes Einwanderungsgesetz auf den Weg zu bringen. erfüllen, sollten sie ihren aufenthaltsrechtlichen Sta- Ja, Herr Bouffier, wir haben ein Einwanderungsge- tus wechseln können. Darüber müssen wir diskutie- setz. Wenn man den Dialog für ein modernes und ren. zeitgemäßes Einwanderungsgesetz anstoßen will, Drittens. Einwanderung ist ein gesamtpolitisches muss man aber miteinander reden. Ich verstehe den und -gesellschaftliches Anliegen, das auf eine lang- Antrag aus Rheinland-Pfalz so, dass das ermöglicht fristige Perspektive angelegt ist. Ein starres System werden soll. mit einem unbeweglichen Kriterienkatalog wäre hin- Die dringlichste Frage möchte ich zuerst beantwor- derlich. Aus diesem Grunde befürwortet Thüringen ten: Brauchen wir ein solches Gesetz, und was sind ein sogenanntes lernendes Punktesystem. Das heißt, die Vorbedingungen? Die Antwort liegt auf der dass ein parteiübergreifendes Gremium jedes Jahr Hand, wenn man bedenkt, dass die Bewertungen der Auswahlkriterien und Gewichtung der Punkte des derzeitigen Gesetzeslage fast durchweg negativ aus- Kriterienkatalogs für Zuwanderung überprüfen und fallen. So urteilt beispielsweise die OECD in ihrem gegebenenfalls nachbessern soll. Bericht zur Arbeitsmigration, das deutsche Zuwande- Herr Bouffier, ich stimme Ihnen bei dem Satz sehr rungssystem sei wegen der bürokratischen Hürden zu: Wir suchen nicht Einwanderer, sondern Mitbür- ein „Anwerbestopp mit Ausnahmen“. ger. Vielleicht kommt aus dem Land Bayern, von Es besteht also Handlungsbedarf. Er ist dringlich, Herrn Seehofer, bald ein ähnlicher Satz. da die Bundesrepublik – vor allem das Land Thürin- Meine sehr geehrten Damen und Herren, Zuwan- gen – auf Grund der schrumpfenden Bevölkerung derung bedarf der Gestaltung, nicht der Verwaltung. verstärkt auf Zuwanderung angewiesen ist. Wir wol- Dies bringt der Entschließungsantrag aus Rheinland- len darüber reden. (B) Pfalz in allen zwölf Ziffern auf den Punkt. Ich hoffe (D) Es ist also an der Zeit, einen Gesetzentwurf auf den sehr, dass der Entschließungsantrag in den Aus- Weg zu bringen, der für potenzielle Einwanderinnen schüssen und in der nächsten Sitzung des Bundes- und Einwanderer sowie für potenzielle Arbeitgebe- ratsplenums eine Mehrheit findet und alle Länder die rinnen und Arbeitgeber umfassende und klar ver- Bundesregierung mit vereinter Kraft auffordern, ei- ständliche Regeln bietet. nen Gesetzentwurf mit klaren Botschaften pro Ein- wanderung vorzulegen. Wichtig ist, dass es einen ( V o r s i t z : Präsident Volker Bouffier) Schritt vorwärtsgeht und dass die Debatte geführt Meine sehr geehrten Damen und Herren, die bis- wird. herigen Einwanderungsregelungen, die zumindest Danke an das Land Rheinland-Pfalz! Thüringen auf den Arbeitsmarkt bezogen bereits existieren, sind unterstützt das Anliegen sehr. – Vielen Dank. überladen. Sie sind kompliziert, sie haben die Be- dürfnisse der Menschen aus den Augen verloren, in- dem sie kaum zu durchdringende und kaum ver- Präsident Volker Bouffier: Vielen Dank, Frau Kol- ständliche Voraussetzungen für eine Einwanderung legin Siegesmund! normieren. Richtigerweise müsste die Botschaft lau- ten: Einwanderinnen und Einwanderer sind in Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Deutschland willkommen! Mehr als das: Sie werden Ich weise die Vorlage dem Ausschuss für Innere gebraucht! Angelegenheiten – federführend – sowie dem Aus- Der Entschließungsantrag aus Rheinland-Pfalz be- schuss für Arbeit und Sozialpolitik und dem Wirt- nennt die wesentlichen Eckpunkte für ein Zuwande- schaftsausschuss – mitberatend – zu. rungsgesetz. Einzelne Aspekte möchte ich hervorhe- Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 29: ben. Denn es geht nicht um das Ob, sondern um das Wie. Deswegen ist die Debatte über ein modernes Entschließung des Bundesrates „Anstrengun- Einwanderungsgesetz nötig. gen im Kampf gegen den Missbrauch von Werkverträgen verstärken“ – Antrag des Lan- Erstens. Der Freistaat Thüringen befürwortet ein des Niedersachsen gemäß § 36 Absatz 2 GO BR – kriteriengeleitetes Steuerungsmodell, das sich an ei- (Drucksache 87/15) nem Punktesystem orientiert. Wichtig ist zu betonen, dass sich die Kriterien für Zuwanderung nicht an Ich erteile dem Ministerpräsidenten von Nieder- Nützlichkeitsaspekten ausrichten – ausdrücklich sachsen, Herrn Kollegen Weil, das Wort. 70 Bundesrat – 931. Sitzung – 6. März 2015

(A) (C) Stephan Weil (Niedersachsen): Herr Präsident! die schlimme Praxis solcher Arbeitsverhältnisse ge- Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Zu den tragenden geben haben. Säulen unserer Arbeits- und Sozialordnung zählt der Schutz von unselbstständig Beschäftigten. Wir wis- Einer solchen Entwicklung müssen wir entschlos- sen, dass sich beim Abschluss eines Arbeitsvertrages sen entgegentreten. Der Bundesrat hat hierzu bereits typischerweise Beteiligte mit sehr unterschiedlichen im September 2013 Vorschläge gemacht. Die Bun- Möglichkeiten gegenüberstehen. Auf der Grundlage desregierung hat angekündigt, im Laufe des ersten dieser Überlegung hat sich in Deutschland nach und Halbjahres einen Gesetzentwurf vorlegen zu wollen. nach ein Arbeitsrecht etabliert, das in den Einzelhei- Gerade im Vorfeld eines solchen Gesetzentwurfs ist ten durchaus immer wieder strittig ist, in seinen es gut und richtig, wenn der Bundesrat ein weiteres Grundzügen meines Erachtens aber Konsens in unse- Mal mit Nachdruck auf diese Problematik aufmerk- rer Gesellschaft ist. Es ist Ausdruck unseres Sozial- sam macht und die Bundesregierung dabei unter- staatsprinzips, wenn wir uns darum bemühen, un- stützt, wirksame Maßnahmen zu etablieren. selbstständig Beschäftigte in gebotener Weise zu schützen. Der Mindestlohn dürfte dabei eine große Rolle spielen. Eine konsequente Umsetzung und eine wirk- Quasi unbemerkt von der Öffentlichkeit hat sich same Kontrolle des Mindestlohns dürfte vielen dieser aber über eine Reihe von Jahren hinweg eine Ent- Geschäftsmodelle die Basis entziehen. wicklung etabliert, die genau in die entgegenge- setzte Richtung geht. Ich rede von der gezielten An- Aber das allein wird noch nicht reichen. Ich denke werbung ausländischer Arbeitskräfte insbesondere in zum Beispiel an eine Stärkung der Stellung der be- Mitgliedstaaten der EU in Südosteuropa. trieblichen Interessenvertretungen, der Betriebsräte, die heute in den allermeisten Fällen überhaupt kei- Diese Menschen, die keinerlei Kenntnisse von un- nen Überblick darüber haben, ob und welche dieser serem Land und seinem Rechtssystem haben und un- Scheinselbstständigen innerhalb ihrer Unternehmen sere Sprache nicht sprechen, werden dazu gebracht, arbeiten. Denn dabei handelt es sich nun einmal for- Verträge zu unterschreiben, die suggerieren, sie mal um Sachkosten, nicht um Personalkosten. Wir seien tatsächlich selbstständige Unternehmer. Das müssen dahin kommen, dass Betriebsräte eine voll- hat mit den Werkverträgen, die jeder von uns ab- ständige Information in dieser Hinsicht erhalten. schließt, wenn er zum Beispiel zu Hause etwas repa- rieren lässt, überhaupt nichts mehr zu tun. Das ist Wir brauchen mehr Beratung. Auch das ist ein Er- eine glatte Umgehung. Das ist Scheinselbstständig- gebnis der ersten Erfahrungen. Meines Erachtens ist keit. es dringend geboten, dass sich auch der Bund dafür engagiert, dass Betroffene tatsächlich die Möglich- Auf dieser Grundlage werden die Betreffenden zu- (B) (D) nächst einmal vollständig in den betrieblichen Ablauf keit zur Hilfe erhalten. eingegliedert, und zwar unter Bedingungen, die Entscheidend wird auch eine wirksame Kontrolle nicht akzeptabel sind. Das betrifft in vielen Fällen die dessen sein, was wir uns politisch vornehmen. Dabei Vergütung, die Arbeitszeit und Sanktionen bei der geht es insbesondere um eine Aufstockung notwen- Wahrnehmung von Rechten. diger Personalkapazitäten bei den Zollbehörden, die Obendrein wird in diesen Verträgen in nicht weni- für die Kontrolle zuständig sind. Die Zollbehörden gen Fällen eine Verbindung zur Unterkunft herge- haben schon mit dem Mindestlohn eine erhebliche stellt, die seitens des Arbeitgebers gestellt wird, zu weitere Aufgabe hinzubekommen. Es wird darauf horrenden Preisen, die einer dauerhaften Beherber- ankommen, die Ausstattung an dieser Stelle so zu ge- gung wirklich unwürdig sind. stalten, dass Fehlentwicklungen, wie ich sie geschil- dert habe, mit Nachdruck und konsequent verfolgt Ich glaube, man geht nicht zu weit, wenn man sagt, werden. dass sich auf dieser Grundlage so etwas wie ein Krebsgeschwür auf unserem Arbeitsmarkt entwickelt Liebe Kolleginnen und Kollegen, zum Teil sind es hat. Man muss auch darauf hinweisen, dass solche schlimme Zustände. Darüber habe ich mich auch per- Arbeitsplätze typischerweise reguläre sozialversiche- sönlich in zahlreichen Gesprächen unterrichten las- rungspflichtige Arbeitsplätze ersetzen. sen. Wir dürfen die Augen davor nicht verschließen. Das ist über viele Jahre hinweg geschehen; das darf Wie groß dieses Problem ist, weiß niemand ganz nicht weiter geschehen. Der Bundesrat sollte sein an- genau. Aus Niedersachsen kann ich berichten, dass haltendes Engagement in dieser Frage nachdrücklich allein in der Ernährungsindustrie in unserem Nord- zum Ausdruck bringen. westen über 10 000 Fälle nachweisbar sind. Wir re- den aber, wie wir inzwischen wissen, über eine Viel- Auf dieser Grundlage freue ich mich auf die Aus- zahl von Branchen. Wir reden über die Bauwirtschaft schussberatung und auf eine hoffentlich baldige Ent- und die Landwirtschaft, die Gebäudereinigung und schließung des Bundesrates. – Herzlichen Dank. die Logistik, den Einzelhandel und die Gastronomie, die Pflege – ein ganz schwieriges Thema – und die Hauswirtschaft. All diese Kenntnisse haben wir ins- Präsident Volker Bouffier: Vielen Dank, Herr Kol- besondere von mobilen Beratungsstellen, die wir in lege Weil! Niedersachsen, aber auch in anderen Ländern eta- bliert haben und die uns einen tieferen Einblick in Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Bundesrat – 931. Sitzung – 6. März 2015 71 Präsident Volker Bouffier (A) (C) Ich weise die Vorlage folgenden Ausschüssen zu: diebstahl ist das Ergebnis dieser Überlegungen. Er dem Ausschuss für Arbeit und Sozialpolitik – feder- wird von zwei Eckpfeilern getragen: führend – und dem Wirtschaftsausschuss – mitbera- tend. Erstens sollen Fälle des Wohnungseinbruchdieb- stahls künftig nicht mehr als minder schwere Fälle Ich rufe Tagesordnungspunkt 3 auf: behandelt werden können. Entscheidend ist, dass diese bislang vorgesehene gesetzliche Privilegierung Entwurf eines … Strafrechtsänderungsgesetzes mit Blick auf die regelmäßig gravierenden individu- betreffend den Wohnungseinbruchdiebstahl ellen und gesamtgesellschaftlichen Folgen von Woh- (… StrÄndG) – Antrag des Freistaates Bayern nungseinbrüchen nicht gerechtfertigt ist. Wir müssen gemäß § 23 Absatz 3 i.V.m. § 15 Absatz 1 und hier eine Wertungsunwucht beseitigen und für die § 36 Absatz 2 GO BR – (Drucksache 30/15) Bürger ein klares Signal setzen, dass wir die Be- Hierzu hat Herr Staatsminister Professor kämpfung dieser Kriminalität nicht auf die leichte Dr. Bausback (Bayern) das Wort. Schulter nehmen; denn für die Opfer ist ein Woh- nungseinbruchdiebstahl nie ein minder schwerer Fall. Prof. Dr. Winfried Bausback (Bayern): Herr Präsi- dent! Kolleginnen und Kollegen! Das Strafrecht und Zum Zweiten sollen die Verfolgungsmöglichkeiten sein Vollzug haben maßgeblich dazu beizutragen, von Staatsanwaltschaft und Polizei verbessert dass die Menschen in Sicherheit leben können. Als werden. Ich will daher den Kreis der im Falle des Gesetzgebungsorgan tragen wir besondere Verant- Wohnungseinbruchs zulässigen verdeckten Ermitt- wortung dafür, dass dies in Deutschland gewährleis- lungsmaßnahmen erweitern. Namentlich die Telefon- tet ist. überwachung ist in den Fällen des Wohnungsein- bruchdiebstahls bislang nur dann zulässig, wenn Es ist nicht nur die Angst vor grausamen Terrorak- Banden am Werk waren. Aber dieses Ergebnis – dass ten, die die Menschen heute in ihrem Sicherheits- Banden am Werk waren – steht oft erst am Ende der empfinden erschüttern kann. Gerade auch die Fälle Ermittlungen fest. Zu dem Zeitpunkt, zu dem uns die alltäglich vorkommender, gleichwohl gravierender Telefonüberwachung bei den Ermittlungen helfen Kriminalität wie der Wohnungseinbruchdiebstahl würde, ist sie häufig nicht zulässig. Das soll und muss können hier erhebliche Auswirkungen haben. geändert werden. Künftig soll daher gelten: Jeder Die Diskussion über die innere Sicherheit darf da- Wohnungseinbruchdiebstahl kann Anlass für eine her in diesen Zeiten nicht auf die Bedrohung durch Telefonüberwachung sein. Terrorismus reduziert werden. Wir müssen auch Meine Damen und Herren, selbstverständlich bin schauen, wo tagtäglich körperliche Unversehrtheit ich nicht so naiv zu glauben, dass allein mit den vor- und Eigentum in unserer Gesellschaft angegriffen (B) geschlagenen gesetzlichen Änderungen der Kampf (D) werden, und, wo nötig, an den rechtspolitischen gegen die Einbrecher schon gewonnen sei. Hierzu Stellschrauben drehen, um dem bestmöglich zu be- müssen vielmehr vielfältige sich ergänzende präven- gegnen. Denn eines ist klar, meine sehr verehrten tive und repressive Maßnahmen ergriffen und um- Damen und Herren: Wenn unsere Bürger das Gefühl gesetzt werden. Dabei bedarf es auch einer engen bekommen, dass der Staat ihre Sicherheit nicht mehr Vernetzung und Zusammenarbeit aller beteiligten gewährleisten kann, und sich etwa private Schutzpa- Kräfte. Der Gesetzesantrag stellt aber einen wichti- trouillen gründen, dann nimmt der Rechtsstaat Scha- gen Baustein im Kampf gegen die grassierende Woh- den. nungseinbruchkriminalität dar. Er soll ein Zeichen Gerade beim Wohnungseinbruchdiebstahl be- setzen für unsere Entschlossenheit und unseren Wil- obachten wir seit Jahren eine bedenkliche Entwick- len, die notwendigen strafgesetzgeberischen Verbes- lung: steigende Kriminalität, höhere Schäden und serungen auf den Weg zu bringen. verängstigte Opfer, die durch das Eindringen einer Ich hoffe auf eine zustimmende Mehrheit in der fremden Person in ihren ureigenen Bereich auch psy- weiteren Diskussion und bedanke mich für die Auf- chisch leiden. merksamkeit. Diese Entwicklung ist auch am allgemeinen Sicher- heitsempfinden der Bevölkerung nicht spurlos vorü- Präsident Volker Bouffier: Vielen Dank, Herr bergegangen. Das Bild von der Wohnung als Schutz- Staatsminister Professor Dr. Bausback! burg, Ort des Rückzugs und der Geborgenheit hat Risse bekommen. Es ist daher richtig und notwendig, Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. dass in letzter Zeit quer durch die Republik Bemü- hungen zur Zurückdrängung dieser Form der Krimi- Ich verweise die Vorlage an den Rechtsausschuss. nalität intensiviert worden sind. Dazu gehört bei- Ich rufe Tagesordnungspunkt 26 auf: spielsweise die Einrichtung einer Bund-Länder- Projektgruppe, die an einem abgestimmten Konzept Entwurf eines Gesetzes zur Einstufung weite- zur Bekämpfung mobiler Einbrecherbanden arbeitet. rer Staaten als sichere Herkunftsstaaten – An- trag des Freistaates Bayern gemäß § 36 Ab- Gleichzeitig stelle ich aber fest, dass unsere An- satz 2 GO BR – (Drucksache 65/15) strengungen zusätzlich auf gesetzgeberische Verbes- serungen im Strafrecht gerichtet werden müssen. Der Herr Staatsminister Professor Dr. Bausback, Sie ha- vorliegende Gesetzesantrag zum Wohnungseinbruch- ben erneut das Wort. 72 Bundesrat – 931. Sitzung – 6. März 2015

(A) (C) Prof. Dr. Winfried Bausback (Bayern): Herr Präsi- Für sichere Herkunftsstaaten wird kraft Gesetzes dent! Kolleginnen und Kollegen! Unter dem Tages- vermutet, dass keine politische Verfolgung droht. Da- ordnungspunkt, zu dem die erste Debatte stattfand, durch sollen aussichtslose Asylanträge rascher bear- haben wir zu Recht den hohen Wert des Rechts auf beitet werden, und der Aufenthalt soll schneller be- Asyl herausgestellt. Das Recht auf Asyl hat einen ho- endet werden können. Diese gesetzliche Vermutung hen Stellenwert. Es ist Ausdruck des historisch und ist jedoch widerlegbar. Jeder Asylbewerber hat wei- humanitär geprägten Willens der Bundesrepublik terhin die Möglichkeit darzulegen, dass er – abwei- Deutschland, Flüchtlinge aufzunehmen. chend von der allgemeinen Lage im Herkunftsstaat – in seinem konkreten Fall mit politischer Verfolgung Eine verantwortungsvolle Asylpolitik muss aber rechnen muss. auch darauf gerichtet sein, die Akzeptanz des Asyl- rechts in unserer Gesellschaft zu erhalten. Ange- Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir machen uns sichts der aktuellen Entwicklung der Asylbewerber- die Einstufung von Albanien, Kosovo und Montene- zahlen gilt dies umso mehr. Deshalb ist es aus gro als sichere Herkunftsstaaten nicht leicht. Wir unserer Sicht ein zentraler Punkt, nur wirklich haben uns mit Blick auf die Rechtslage, die Rechts- Schutzbedürftige aufzunehmen. anwendung und die allgemeinen politischen Verhält- nisse in diesen drei Staaten ein Gesamturteil über die Im vergangenen Jahr haben über 200 000 Men- dortigen Verhältnisse gebildet. In der Begründung schen in Deutschland Asyl beantragt. Der Anstieg des Gesetzentwurfs werden die Erwägungen für je- gegenüber dem Vorjahr betrug damit fast 60 Prozent. des Land detailliert dargelegt.

Am Beispiel Syriens sehen wir, dass Deutschland Für alle drei Länder gilt: Nach der Berichter- unter den Ländern außerhalb des Krisengebiets mit stattung des Auswärtigen Amtes einschließlich der Abstand die meisten Asylbewerber von dort auf- entsprechenden Asyllageberichte sowie unter Be- nimmt. Die Bürgerinnen und Bürger in unserem Land rücksichtigung der Erkenntnisse lokaler Menschen- zeigen dafür großes Verständnis. Ihre Hilfsbereit- rechtsgruppen, vor Ort vertretener Nichtregierungs- schaft ist ungebrochen groß. organisationen sowie internationaler Organisationen, zum Beispiel des UNHCR oder des Internationalen Auf der anderen Seite stellen wir fest, dass mittler- Komitees vom Roten Kreuz, können diese Länder als weile etwa ein Drittel aller Asylbewerber aus den sichere Herkunftsstaaten angesehen werden. Westbalkanstaaten allein aus wirtschaftlichen Grün- den zu uns kommt. Sie missbrauchen unser Asylsys- Mit der Einstufung dieser Staaten als sichere Her- tem, um zumindest einige Monate in Deutschland kunftsländer im Sinne des Asylrechts verkennen wir bleiben zu können. Dafür haben die Menschen bei nicht die dort bestehenden Defizite im Hinblick auf (B) uns kein Verständnis. den Umgang mit Minderheiten. Die Bundesrepublik (D) Deutschland setzt sich zum Beispiel durch ihre Ent- Im November letzten Jahres wurde vor diesem wicklungszusammenarbeit kontinuierlich dafür ein, Hintergrund ein erster wichtiger Schritt getan: Ser- die Lebenssituation der Menschen vor Ort zu verbes- bien, Mazedonien und Bosnien-Herzegowina wurden sern. So gehören Kosovo und Albanien zu den soge- als sichere Herkunftsstaaten eingestuft. nannten Kooperationsländern, mit denen die Bundes- republik Deutschland auf der Basis zwischenstaatlich Seit Ende letzten Jahres sehen wir eine regelrechte vereinbarter Verträge eng zusammenarbeitet. Massenzuwanderung aus dem Kosovo. Allein zwi- schen Anfang Januar und Mitte Februar haben fast Schwerpunkte der Kooperation mit dem Kosovo 25 000 Kosovaren in Deutschland um Asyl nachge- sind unter anderem die Wirtschafts- und Beschäfti- sucht. Das Kosovo steht bereits auf Platz zwei der gungsförderung, die Stärkung von Demokratie und Hauptherkunftsländer mit 14 Prozent der bundesweit die Reform der öffentlichen Verwaltung. gestellten Asylanträge. Die Gesamtschutzquote hin- Schwerpunkt der Kooperation mit Albanien ist die gegen betrug im Januar 2015 lediglich 0,3 Prozent. nachhaltige Wirtschaftsentwicklung mit dem Ziel der Armutsbekämpfung. Seit Aufhebung der Visumpflicht für Albanien und Montenegro ist zudem die Zahl der Asylanträge aus Auch mit Montenegro besteht eine langjährige diesen Ländern in Deutschland stark gestiegen. Zum Entwicklungszusammenarbeit. Vergleich: Aus Albanien kamen 2010, dem letzten Jahr vor Aufhebung der Visumpflicht, nur 39 Asyl- Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bitte Sie um erstantragsteller. 2014 waren es bereits 7 865 bei ei- Unterstützung des Gesetzentwurfs. Die Aufnahme in ner Gesamtschutzquote von 2,2 Prozent. Für Monte- die Liste der sicheren Herkunftsstaaten ist nicht das negro erfolgte ein Anstieg von 57 Asylanträgen im einzige, aber eines von mehreren Mitteln, um unser Jahr 2009, dem letzten Jahr vor Aufhebung der Vi- Asylsystem vor offensichtlich asylfremder Migration sumpflicht, auf 935 im Jahr 2014 bei einer Gesamt- zu schützen. Wenn wir die Akzeptanz unseres Asyl- schutzquote von 0 Prozent. systems in der Bevölkerung erhalten wollen, müssen wir unterscheiden zwischen Menschen, die tatsäch- Der Gesetzentwurf, den Bayern heute einbringt, lich schutzbedürftig und damit asylberechtigt sind, sieht deshalb vor, auch Albanien, Kosovo und Monte- und Menschen, die aus Ländern kommen, in denen negro als sichere Herkunftsstaaten nach dem Asyl- es keine politische Verfolgung gibt. In Albanien, im verfahrensgesetz einzustufen. Kosovo und in Montenegro ist das allgemein der Fall. Bundesrat – 931. Sitzung – 6. März 2015 73

(A) (C) Präsident Volker Bouffier: Vielen Dank, Herr Pro- Wir kommen zur Abstimmung über die Ausschuss- fessor Dr. Bausback! empfehlungen. Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich rufe zur Einzelabstimmung zunächst Ziffer 1 der Empfehlungen auf. Wer zustimmt, den bitte ich Ich weise die Vorlage dem Ausschuss für Innere um das Handzeichen. – Das ist die Mehrheit. Angelegenheiten zu. Damit entfällt Ziffer 2. Ich rufe Tagesordnungspunkt 4 auf: Wir kommen zu Ziffer 3. Wer Ziffer 3 zustimmt, den Entschließung des Bundesrates für ein einheit- bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die Mehrheit. liches Freiwilligendienstgesetz, in dem der Damit entfällt Ziffer 4. Bundesfreiwilligendienst, die Jugendfreiwilli- gendienste FSJ und FÖJ sowie sonstige Freiwil- Wir stimmen jetzt über sämtliche weiteren Ziffern ligendienste zusammengefasst werden – An- der Ausschussempfehlungen zum Gesetzentwurf trag des Landes Baden-Württemberg gemäß zum Aktienrecht ab. Wer zustimmt, den bitte ich um § 36 Absatz 2 GO BR – (Drucksache 64/15) das Handzeichen. – Danke schön. Wortmeldungen liegen nicht vor. – Eine Erklärung Damit hat der Bundesrat zu dem Gesetzentwurf zu Protokoll*) gibt Minister Friedrich (Baden-Würt- zum Aktienrecht entsprechend Stellung genommen. temberg) ab. Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 8: Ich weise die Vorlage dem Ausschuss für Frauen Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der und Jugend – federführend – sowie dem Ausschuss Richtlinie 2013/34/EU des Europäischen Parla- für Arbeit und Sozialpolitik, dem Ausschuss für In- ments und des Rates vom 26. Juni 2013 über nere Angelegenheiten, dem Ausschuss für Kulturfra- den Jahresabschluss, den konsolidierten Ab- gen und dem Ausschuss für Umwelt, Naturschutz schluss und damit verbundene Berichte von und Reaktorsicherheit – mitberatend – zu. Unternehmen bestimmter Rechtsformen und zur Änderung der Richtlinie 2006/43/EG des Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 6: Europäischen Parlaments und des Rates und Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Per- zur Aufhebung der Richtlinien 78/660/EWG sonalausweisgesetzes zur Einführung eines Er- und 83/349/EWG des Rates (Bilanzrichtlinie- satz-Personalausweises und zur Änderung des Umsetzungsgesetz – BilRUG) (Drucksache 23/ Passgesetzes (Drucksache 21/15, zu Drucksa- 15) che 21/15) Wortmeldungen liegen nicht vor. (B) Wortmeldungen liegen nicht vor. Wir kommen zur Abstimmung über die Ausschuss- (D) empfehlungen. Wir kommen zur Abstimmung. Dazu liegen Ihnen die Ausschussempfehlungen vor. Ich bitte um Handzeichen für Ziffer 1 der Empfeh- lungen. – Das ist eine Minderheit. Wir stimmen zunächst über Ziffer 1 der Empfehlun- gen ab. Wer zustimmt, den bitte ich um das Handzei- Wir kommen zur Abstimmung über Ziffer 2. – Das chen. – Das ist eine Minderheit. ist die Mehrheit. (Zuruf: Mehrheit!) Damit hat der Bundesrat entsprechend Stellung genommen. – Entschuldigung! Ich bitte um Nachsicht. Bitte noch Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 10: einmal! – Das ist die Mehrheit. Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung der Ziffer 2! – Das ist die Mehrheit. Korruption (Drucksache 25/15) Wir kommen zu den noch nicht erledigten Ziffern Keine Wortmeldungen. der Ausschussempfehlungen. Wer sich dazu zustim- mend äußern möchte, den bitte ich um das Handzei- Wir kommen zur Abstimmung. Ich rufe Ziffer 1 der chen. – Das ist die Mehrheit. Ausschussempfehlungen auf. Wer stimmt zu? – Das ist die Mehrheit. Damit hat der Bundesrat zu dem Entwurf zur Ände- rung des Personalausweis- und des Passgesetzes ent- Damit hat der Bundesrat entsprechend Stellung sprechend Stellung genommen. genommen. Punkt 11 unserer Tagesordnung: Tagesordnungspunkt 7: Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Ak- des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbe- tiengesetzes (Aktienrechtsnovelle 2014) werb (Drucksache 26/15) (Drucksache 22/15) Zur Einzelabstimmung über die Ausschussempfeh- Wortmeldungen liegen nicht vor. lungen rufe ich auf: Ziffer 2! – Mehrheit. *) Anlage 2 Ziffer 5! – Minderheit. 74 Bundesrat – 931. Sitzung – 6. März 2015 Präsident Volker Bouffier (A) (C) Bitte Ihr Handzeichen für Ziffer 6! – Minderheit. die Justizvollzugsanstalten. Sie dürfen keinen Nähr- boden für radikales Gedankengut bilden. Ziffer 7! – Mehrheit. Heute liegt nach langem Hin und Her endlich ein Ziffer 8! – Mehrheit. Gesetzentwurf des Bundesjustizministers vor. Nun Ziffer 9! – Mehrheit. können auch in Deutschland endlich die Forderun- gen aus der völkerrechtlich bindenden UN-Resolu- Damit entfällt Ziffer 10. tion vom 24. September letzten Jahres umgesetzt werden. Ich sage „endlich“, weil das Problem, dass Wir kommen zu den Ziffern 12, 13, 14. Bestehen junge Menschen von Deutschland aus in den Dschi- Bedenken, dass wir darüber gemeinsam abstimmen? had ziehen wollen, um im Ausland Terroranschläge (Widerspruch) zu verüben oder um sich zu Terroristen ausbilden zu lassen, seit geraumer Zeit bekannt ist. Die Zahl der – Es bestehen Bedenken. Dann stimmen wir getrennt Ausreisenden steigt ständig, so dass dringender ab. Handlungsbedarf besteht. Ziffer 12! – Mehrheit. Ich begrüße es daher ausdrücklich, dass mit diesem Ziffer 13! – Mehrheit. schon lange geforderten Gesetzentwurf Reisen in ter- roristischer Absicht sowie der Versuch und die Finan- Ziffer 14! – Mehrheit. zierung entsprechender Reisen zukünftig unter Strafe gestellt werden sollen und damit dem sich aus Bitte das Handzeichen für alle noch nicht erledig- der UN-Resolution ergebenden Umsetzungsbedarf ten Ziffern der Ausschussempfehlungen! – Das ist die nachgekommen wird. Der Gesetzentwurf schließt Mehrheit. also zwei bestehende Lücken in unserem Terroris- Damit hat der Bundesrat entsprechend Stellung musstrafrecht, nämlich bei der Ausreise in terroristi- genommen. scher Absicht und bei der Finanzierung des Terroris- mus. Ich rufe Tagesordnungspunkt 12 auf: ( V o r s i t z : Vizepräsident Stephan Weil) Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Ver- folgung der Vorbereitung von schweren staats- Ich bin aber der Auffassung, dass damit noch nicht gefährdenden Gewalttaten (GVVG-Änderungs- genug getan ist und wir nicht auf halbem Weg stehen gesetz – GVVG-ÄndG) (Drucksache 36/15) bleiben sollten. Wir brauchen ein ganzheitliches Konzept, das sowohl repressive als auch präventive Es liegen Wortmeldungen vor. Ich erteile zunächst Ansätze umfasst. (B) Frau Staatsministerin Kühne-Hörmann aus Hessen (D) das Wort. Ein wichtigerer Weg ist es meiner Ansicht nach, zu- sätzliche Präventionsangebote zu machen, insbeson- dere für junge Straftäter in den Justizvollzugsanstal- Eva Kühne-Hörmann (Hessen): Sehr geehrter Herr ten, aber auch in den Schulen und Familien. Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Gräuel- und Gewalttaten des sogenannten Is- Wir in Hessen haben bereits im letzten Jahr die Zu- lamischen Staats sind abscheulich und menschen- sammenarbeit mit Violence Prevention Network auf- verachtend. Sie schockieren uns alle zutiefst. Die genommen, um unsere ohnehin vorhandenen Maß- rücksichtslose Brutalität, die von diesen Terroristen nahmen im Vollzug, etwa Anti-Gewalttrainings, ausgeübt wird – man denke nur an die massenweisen durch zusätzliche Deradikalisierungsmaßnahmen zu Enthauptungen oder die Verbrennungen von Gei- flankieren. Unsere ersten Erfahrungen machen Mut, seln –, sprengt jede Grenze. diesen Schritt weiterzugehen und auszubauen. Ich mache daher den Vorschlag, die Maßnahmen zu ver- Besonders perfide ist es, wenn diese Terroristen stetigen und ein bundesweites Netzwerk zur Deradi- junge Männer – übrigens auch einige junge Frauen – kalisierung im Vollzug aufzubauen. in Deutschland anwerben, um im sogenannten Heili- gen Krieg zu kämpfen. Aus diesem Grund fordere ich Ähnlich wie es zum Beispiel bei der Bekämpfung seit langem, dass wir auch – ich sage bewusst von Kinderpornografie mit dem Projekt „Kein Täter „auch“ – mit strafrechtlichen Mitteln verhindern, werden“ gelungen ist, eine bundesweite Sockelfi- dass sich junge Menschen in Kriegsregionen aufma- nanzierung sicherzustellen, könnte man das auch in chen, um dort entweder als Kanonenfutter zu dienen diesem Bereich vornehmen. oder – für den Fall, dass sie überleben – als „tickende Zeitbomben“ wieder nach Deutschland zurückzu- Natürlich fällt der Strafvollzug in die Zuständigkeit kehren. der Länder. Aber bei der Bekämpfung solcher gesell- schaftlicher Tendenzen sind wir alle gemeinsam ge- Gleichzeitig müssen wir bundesweit stärker im Be- fordert. Die Anschläge in Paris haben gezeigt, dass reich der Prävention tätig werden. Wir in Hessen ha- gerade für diese Tätergruppe zusätzliche Maßnah- ben bereits erfolgreich mit der Präventionsarbeit be- men der Deradikalisierung schon in den Justizvoll- gonnen. Denn vor jeder Ausreise zum Dschihad steht zugsanstalten erforderlich sind. Wir sollten deshalb die Radikalisierung. Und wir müssen auch diejenigen versuchen, die Zeit im Vollzug intensiv zu nutzen, um in den Blick nehmen, die ihre Mission in Deutschland bei den Personen ein Umdenken einzuleiten. Das umsetzen wollen. Im besonderen Fokus stehen dabei sind wir nicht nur den Bürgerinnen und Bürgern Bundesrat – 931. Sitzung – 6. März 2015 75 Eva Kühne-Hörmann (Hessen) (A) (C) schuldig, die sich um die Sicherheit in Deutschland schlichtweg nicht hinnehmbar, dass in Deutschland sorgen, sondern auch den zumeist sehr jungen Tä- straflos für die Ziele in- und ausländischer Terroror- tern, die eine Chance auf ein straffreies Leben erhal- ganisationen und krimineller Vereinigungen gewor- ten sollen. ben werden darf. Dass das Strafrecht kein ausrei- chendes Instrument für eine gegenüber größeren Ein bundesweites Netzwerk hätte zudem den Vor- Menschenmengen erfolgende Propaganda hat, die teil, einen umfassenden Erfahrungsaustausch in darauf abzielt, sich mit den Zielen derartiger Verei- Gang zu setzen. Denn an einem zentralen Standort nigungen zu identifizieren und zu solidarisieren, be- könnten Informationen zusammenfließen und Best- reitet doch erst den Nährboden für terroristische Practice-Methoden wissenschaftlich evaluiert wer- Gewalt, meine Damen und Herren. Schon bevor den. Nur wenn sich Bund und Länder intensiv aus- Menschen durch terroristische Aktivitäten zu Scha- tauschen und so den Ländern passgenaue Angebote den kommen, muss mit den Mitteln des Strafrechts gemacht werden können, stellen wir die Wirksamkeit gegen die „Anbieter terroristischen Gedankenguts“ solcher Maßnahmen dauerhaft und in der Fläche si- vorgegangen werden können. cher. Hinzu kommt: Wenn Sympathiewerbung wieder Diese zielgerichtete Deradikalisierungsarbeit scheint strafbar ist, bekommen die Strafverfolgungsbehörden mir ein sehr guter Ansatz zu sein, um gefährdeten weitere Ermittlungsansätze geboten, um in die terro- Menschen einen Ausweg aus extremistischen Ideolo- ristischen Netzwerke eindringen zu können. Das ist gien zu zeigen. Solchen Projekten sollten wir uns in ein ganz wichtiger Punkt. Zukunft noch stärker widmen, und zwar nicht nur mit Worten, sondern auch mit Taten. Meine sehr geehrten Damen und Herren, gerade bei dieser sensiblen Materie dürfen wir nicht auf hal- Ich will zu dem soeben vorgelegten Antrag des bem Wege stehen bleiben. Das beste materielle Freistaates Thüringen Folgendes anmerken: Die UN- Strafrecht ist sinnlos, wenn Verstöße dagegen nicht Resolution fordert ausdrücklich Strafnormen und die aufgeklärt und gerichtsfest nachgewiesen werden Ausschöpfung aller im jeweiligen Staat zur Verfü- können. Wer die strafrechtlichen Mittel zur Bekämp- gung stehenden Ermittlungsinstrumente, so dass das fung von Terrorismus wirklich verbessern will, der ausschließliche Anknüpfen an passrechtliche Vor- kommt an der Einführung der Verkehrsdatenspeiche- schriften nicht ausreichend wäre. rung nicht vorbei. Alles andere ist Augenwischerei. Im Übrigen finde ich es bemerkenswert, dass der Thüringer Antrag unter Beteiligung der SPD den An- Wir können nicht auf der einen Seite neue Straftat- satz des Bundesjustizministers in Frage stellt. bestände einführen und gleichzeitig unseren Staats- anwältinnen und Staatsanwälten bei der Ermittlung der Taten die Augen verbinden. Genau das ist mit (B) Vizepräsident Stephan Weil: Vielen Dank! dem Wegfall der Verkehrsdatenspeicherung in ge- (D) wisser Weise passiert. Wer Terrornetzwerke aufklä- Das Wort hat nun Staatsminister Professor Dr. ren will, um Täter zu bestrafen und weitere Taten zu Bausback aus Bayern. verhindern, muss die Möglichkeit haben, auf der Grundlage eines richterlichen Beschlusses in Erfah- Prof. Dr. Winfried Bausback (Bayern): Herr Präsi- rung zu bringen, mit wem sie kommuniziert haben. dent! Kolleginnen und Kollegen! Der Gesetzentwurf, Es ist doch gar keine Frage: Der Wegfall der Ver- über den wir heute entscheiden, ist ein erster und kehrsdatenspeicherung nach dem Urteil des Bundes- wichtiger Schritt auf dem Weg zu einer besseren Be- kämpfung des weltweiten Terrorismus. verfassungsgerichts vom 2. März 2010 hat die Arbeit unserer Polizistinnen und Polizisten, unserer Staats- Endlich werden unsere Strafverfolgungsbehörden anwältinnen und Staatsanwälte erschwert. Wertvolle eine Handhabe zum Vorgehen gegen „Dschihad- Ermittlungsansätze sind verlorengegangen. In der Touristen“ bekommen, die in die Krisengebiete etwa Tat: Nicht nur Justitia, sondern auch ihre Vorarbeiter in Syrien und im Irak reisen wollen, um sich dort dem tragen nun in gewisser Weise eine Augenbinde, Herr barbarischen und menschenverachtenden IS anzu- Staatssekretär Lange. Wer das nicht einsehen will, schließen. dem kann ich nur raten, sich einmal mit den Staats- anwältinnen und Staatsanwälten, mit den Polizistin- Gegen Terrorsympathisanten, die ins Ausland rei- nen und Polizisten, die mit der Aufklärung schwers- sen, können wir nun also besser einschreiten. ter Straftaten befasst sind, über dieses Thema zu Gegen Terrorsympathisanten in Deutschland, die unterhalten. Die Antworten, die wir bekommen, sind vor unserer eigenen Haustür durch Aufzüge, Plakate, eindeutig, meine Damen und Herren. Flaggen und Symbole ihre Unterstützung solch mör- Natürlich: Die Verkehrsdatenspeicherung, die in derischer Ideologien bekunden, können wir das in al- Frankreich gegeben ist, konnte die entsetzlichen An- ler Regel nicht. Sie ahnen es: Ich spreche von der schläge von Paris nicht verhindern. Das aber als Ge- fehlenden, aber meines Erachtens dringend erforder- genargument heranzuziehen, ist bewusste Irrefüh- lichen Strafbarkeit der Sympathiewerbung. rung. Denn die Verkehrsdatenspeicherung kann Ich habe mich schon vielfach zu diesem Thema ge- auch unverzichtbare Dienste leisten, wenn es darum äußert und werde das auch weiterhin öffentlich tun, geht, nach einem terroristischen Anschlag oder einer und zwar so lange, bis die Strafbarkeit der Sympa- anderen schweren Straftat etwaige Gehilfen, Unter- thiewerbung endlich wieder eingeführt wird. Es ist stützer oder Hintermänner zu ermitteln. Es ist doch 76 Bundesrat – 931. Sitzung – 6. März 2015 Prof. Dr. Winfried Bausback (Bayern) (A) (C) gar keine Frage, dass es darauf ankommt zu wissen, zösischen Republik, Seine Exzellenz Herr Gérard mit wem der Täter zuvor über das Internet oder das L a r c h e r , zu uns gekommen ist. Er wird begleitet Telefon kommuniziert hat. Wer bestehende Netz- von einer hochrangigen Delegation. werke nicht aufdecken kann, hat ein Problem, wei- Ich möchte Sie, sehr geehrter Herr Präsident, lieber tere Verantwortliche für die Tat zu ermitteln und zu- Herr Kollege, Exzellenz, im Namen des ganzen Hau- künftige Taten zu verhindern. ses mit Ihrer Delegation sehr herzlich willkommen ( V o r s i t z : Präsident Volker Bouffier) heißen. Ein weiterer Punkt, der von den Gegnern der Ver- (Beifall) kehrsdatenspeicherung gern ins Feld geführt wird, verfängt nicht. Ich spreche von der pauschalen Be- Mit Ihnen ist die langjährige Vorsitzende der hauptung, das Bundesverfassungsgericht und der deutsch-französischen Freundschaftsgruppe des fran- Europäische Gerichtshof hätten der Verkehrsdaten- zösischen Senats, Madame Catherine T r o e n d l é , speicherung ein für alle Mal eine Absage erteilt. nach Berlin gekommen. Sie möchte ich ebenso herz- Meine Damen und Herren, das ist falsch. Beide Ge- lich begrüßen. Ich möchte ihr und allen Kollegen in richte haben in ihren vielzitierten Entscheidungen der Freundschaftsgruppe für ihre Arbeit herzlichen zur Verkehrsdatenspeicherung klar gesagt, dass sie Dank sagen. mit dem Grundgesetz beziehungsweise der Grund- (Beifall) rechtecharta durchaus im Einklang stehen kann, wenn nur besondere verfassungsrechtliche, europa- Exzellenz! Ihr Besuch setzt eine lange Tradition der rechtliche Anforderungen eingehalten werden, etwa politischen Kontakte fort. Viele Ihrer Amtsvorgänger zur Datensicherheit, zum Umfang der Datenverwen- und auch Sie selbst haben uns bereits besucht. Sie dung, zur Transparenz und zum Rechtsschutz. kennen uns und unsere Arbeit. Auch Ihr Amtsvor- gänger, Exzellenz Jean-Pierre B e l , hat uns be- Ein weiteres Gegenargument lasse ich nicht gelten: sucht, und zwar aus einem ganz besonderen Anlass. Es geht bei der Verkehrsdatenspeicherung nicht um Es war der Festakt zum 50. Jahrestag des Élysée-Ver- ein „Abhören“ der Gesprächspartner. Die Verkehrs- trages. datenspeicherung bezieht sich nicht auf die kommu- nizierten Inhalte. Es geht ausschließlich um die zeit- Dieser Vertrag und die Feierlichkeiten dazu waren lich begrenzte Speicherung der Verkehrsdaten durch wichtiger und – davon bin ich überzeugt – für beide Provider und Telefonunternehmen, also lediglich um Nationen tiefgreifender Ausdruck unserer Verbun- blankes Zahlenmaterial, zum Beispiel: Welche Tele- denheit. Als 1963 die Staatsmänner Charles fonnummer stand wann mit welcher anderen Num- d e Ga u l l e und Konrad A d e n a u e r ihn mer in Kontakt? Es geht nicht darum: Was wurde da- schlossen, um die jahrhundertealte, häufig auch krie- (B) bei gesprochen? gerische Auseinandersetzung zwischen Deutschland (D) und Frankreich zu beenden und in eine Phase des Wie bei allen anderen Maßnahmen der Telekom- Friedens und der Freundschaft überzuleiten, war das munikationsüberwachung auch ist klar: Zugriff für ein Jahrhundertvertrag. Man kann zu Recht sagen: den Staatsanwalt gibt es nur auf richterlichen Be- Er war wirklich revolutionär. schluss und wenn der konkrete Verdacht einer schweren Straftat besteht. Aus diesem ersten Schritt – wenn man so will – ist eine Freundschaft geworden, die im besten Sinne des Ich sage: Wir brauchen in Deutschland keine Dis- Wortes selbstverständlich ist. Wir betrachten sie je- kussion über das Ob einer Verkehrsdatenspeiche- doch nicht als selbstverständlich und sind dankbar rung – diese Frage ist nach meiner festen Überzeu- dafür, dass sie so unkompliziert ist. Sie wird getragen gung eindeutig mit Ja zu beantworten –, wir von vielen Kontakten, Austausch- und Begegnungs- brauchen endlich eine ernsthafte und konstruktive programmen, nicht zuletzt von 2 200 Städtepartner- Debatte über das Wie der Verkehrsdatenspeiche- schaften, die den Kontakt unserer Bürgerinnen und rung. Darauf sollten wir uns konzentrieren. Bürger in besonderer Weise vertiefen. Sie wird vor Reden wir endlich über eine verfassungs- und allen Dingen getragen von gegenseitigem Respekt rechtsstaatskonforme Ausgestaltung mit Augenmaß! und Vertrauen. Diese Debatte ist überfällig. Das sind wir unseren Auch die Zusammenarbeit unserer Häuser vertieft Bürgerinnen und Bürgern schuldig. Die jetzt vorge- sich seit vielen Jahren ständig. Wir haben einen in- schlagenen gesetzlichen Maßnahmen sind nur ein tensiven Austausch nicht zuletzt durch unsere ge- Viertel wert, wenn wir bei dieser Debatte nicht auch meinsame Arbeit im Rahmen der Europäischen endlich weiterkommen. – Vielen Dank. Union. Ich will das Haus daran erinnern: Die Subsi- diaritätsrüge, die der Senat in Frankreich und unser Präsident Volker Bouffier: Vielen Dank, Herr Pro- Haus gemeinsam im Hinblick auf die Subsidiaritäts- fessor Dr. Bausback! kontrolle in der EU erhoben haben, ist bisher europa- weit die einzige zweier Kammern überhaupt. Meine Damen und Herren, bevor ich für die Bun- desregierung Herrn Parlamentarischen Staatssekre- Auch auf Präsidentenebene treffen wir uns regel- tär beim Bundesminister der Justiz, Herrn Kollegen mäßig. Auch haben wir einen Austausch unter unse- Lange, das Wort erteile, möchte ich Ihre Aufmerk- ren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern vereinbart. samkeit auf die Ehrentribüne lenken. Wir haben die Wir pflegen also einen engen und vertrauensvollen Freude, dass der Präsident des Senats der Fran- Kontakt. Bundesrat – 931. Sitzung – 6. März 2015 77 Präsident Volker Bouffier (A) (C) Meine Damen und Herren, sehr geehrte Exzellenz Antrags darauf hin, dass der Gesetzentwurf Bundes- Larcher, wir sind heute gleichberechtigte Partner und ratsdrucksache 36/15 auf die Evaluation des Geset- Freunde, die auch in schweren Zeiten zueinander- zes zur Verfolgung der Vorbereitung von schweren stehen. Das gilt international. Das gilt und galt nicht staatsgefährdenden Gewalttaten eingeht. Es wird zuletzt im Hinblick auf den schrecklichen Terror- deutlich, dass viele Überlegungen, die sich im Ge- anschlag in Paris, als Mörder Mitarbeiter des Sati- setzentwurf oder dann auch im Gesetz niederschla- reblatts „Charlie Hebdo“ hinrichteten. Das hat uns gen, in der Praxis durchaus schwer umzusetzen sind. alle nicht nur entsetzt, das hat uns in besonderer Wenn wir, diese Diskussion aufgreifend, mit dem An- Weise verbunden. Ganz Deutschland hat mit Frank- trag um nicht mehr und nicht weniger als um Prü- reich und mit den Angehörigen getrauert. Nicht zu- fung im Gesetzgebungsverfahren bitten, dann ist das letzt die gemeinsame Trauer des französischen keine Infragestellung der auch von unserer Landes- Staatspräsidenten H o l l a n d e und der Bundes- regierung wertgeschätzten Arbeit des Bundesjustiz- kanzlerin mit zahlreichen Persönlichkeiten aus vielen ministers, sondern es ist die Intervention in einen Ländern hat das zum Ausdruck gebracht. Ich spreche Diskurs, der auch innerhalb des Bundes und der Län- Ihnen auch heute unsere Anteilnahme und unser der stattfindet und in dem Herr Bausback eine Posi- Mitgefühl aus. Das muss insbesondere für die Ange- tion geäußert hat. hörigen auch dann gelten, wenn die Fernsehbilder nicht mehr täglich über den Bildschirm gehen. Dazu führen wir in unserer Begründung aus, dass sich die tatbestandliche Unrechtsvertypung unter der Meine Damen, meine Herren, Sie, Exzellenz, und Geltung des Artikels 103 Absatz 2 des Grundgesetzes Ihre Delegation haben in diesen Tagen Gelegenheit nicht ausschließlich aus inneren Absichten oder Mo- zum Erfahrungs- und Meinungsaustausch mit Kolle- tiven einer Person ergeben darf und sich vor diesem ginnen und Kollegen auf höchster Ebene. Ich wün- Hintergrund die Frage stellt, ob das Anknüpfen an sche Ihnen konstruktive und erfolgreiche Gespräche. den Umstand, unmittelbar zur Ausreise anzusetzen, Ich wünsche vor allen Dingen, dass Sie sich bei uns eine hinreichend objektive Grundlage für eine Un- wohl- und gut aufgenommen fühlen. rechtsvermutung darstellt. Die Anknüpfungspunkte Sie haben mir berichtet, dass Sie gestern in mei- sind aus unserer Sicht hier objektiv eher belanglose nem Land, in Hessen, zu Gast waren und dort natür- und wertneutrale Handlungen, zum Beispiel das Be- lich vorzüglich aufgenommen wurden. Ich darf Ihnen steigen eines Flugzeuges, so dass sich eine innere versichern, das würde für die Kolleginnen und Kolle- Anbindung an terroristische Aktivitäten noch nicht gen aus jedem Land genauso gelten. objektiv erkennen lässt. Der im neuen Absatz 2a um- schriebenen Tathandlung fehlt mithin eine Begren- Wir freuen uns, dass Sie da sind. Seien Sie herzlich zungsfunktion. Zudem enthält der neue Absatz 2a willkommen! Einen angenehmen Aufenthalt! eine bedenkliche Kumulierung unbestimmter Rechts- (B) (D) begriffe auf mehreren Ebenen, was zu einer Einbuße (Beifall) an Bestimmtheit führt. Meine Damen, meine Herren, wir fahren in der Be- Wir führen abschließend aus, dass wir die Gefahr ratung des Tagesordnungspunktes 12 fort. sehen, dass die Regelung des § 89a Absatz 2a Straf- Herr Minister Professor Dr. Hoff aus Thüringen hat gesetzbuch-Entwurf unter diesem Gesichtspunkt als sich gemeldet. Herr Staatssekretär Lange, ich bitte Polizeirecht im Gewand des Strafrechts und damit als damit einverstanden zu sein, dass entsprechend der möglicher Schritt zur „Verpolizeilichung des Straf- Regel zunächst Minister Professor Dr. Hoff das Wort prozesses“ daherkommt. erhält. Wir haben mit dem Antrag, den wir eingebracht haben, nicht mehr als eine Anregung zur Diskussion Prof. Dr. Benjamin-Immanuel Hoff (Thüringen): gegeben. Dies in dem Verfahren, in dem wir uns be- Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! finden, zu tun halte ich für richtig. Insofern haben Frau Ministerin Kühne-Hörmann, Sie waren so Professor Bausback und ich hier zwei Seiten einer freundlich, den Blick des Plenums auf den Thüringer Diskussion dargestellt. Ich denke, dass das in Ord- Antrag zu diesem Tagesordnungspunkt zu lenken. nung ist. Ich bin Ihnen dafür dankbar, auch wenn mich das Ende Ihrer Einlassung etwas überrascht hat. Frau Kollegin Kühne-Hörmann, zu Ihrem Hinweis, die SPD in Thüringen stelle hier die Handlungen des Professor Bausback, der hier gesprochen hat und Bundesjustizministers in Frage: Ganz im Gegenteil! dessen Partei ebenso wie der Freistaat, glaube ich, Wir greifen eine Diskussion auf, die auch der Bun- deutlich stärker als die drei Parteien der Thüringer desjustizminister gerne führen wird, denke ich. Wir Landesregierung in der Bundesregierung verankert sind gespannt. sind, hat sich durchaus kritisch zum Gesetzentwurf geäußert, indem er deutlich gemacht hat, was aus seiner Sicht noch fehlt. Präsident Volker Bouffier: Vielen Dank, Herr Pro- fessor Dr. Hoff! Wir haben auf eine andere Stelle in der Diskussion aufmerksam gemacht, die im Bundesjustizministe- Jetzt hat Herr Parlamentarischer Staatssekretär rium geführt wurde und, ich glaube, weiterhin ge- beim Bundesminister der Justiz und für Verbraucher- führt wird. Wir weisen in der Begründung unseres schutz Kollege Lange das Wort. 78 Bundesrat – 931. Sitzung – 6. März 2015

(A) (C) Christian Lange, Parl. Staatssekretär beim Bundes- Meine Damen und Herren, Sie haben den Gesetz- minister der Justiz und für Verbraucherschutz: Herr entwurf in den Ausschüssen des Bundesrates einge- Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! hend beraten und keine grundlegenden Bedenken Sie beraten heute den von der Bundesregierung vor- erhoben. Für diese bisherige Unterstützung und ver- gelegten Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der trauensvolle Zusammenarbeit möchte ich Ihnen allen Verfolgung der Vorbereitung von schweren staatsge- herzlich danken. fährdenden Gewalttaten. In den Ausschussberatungen wurde auch die be- Mit dem Gesetzentwurf wollen wir aktuellen Ent- kannte Frage nach der Wiedereinführung der soge- wicklungen im Bereich des Terrorismus mit den Mit- nannten Sympathiewerbung für terroristische Verei- teln des Strafrechts wirksam begegnen. Wir setzen nigungen erneut aufgebracht; Sie, Herr Minister hiermit gleichzeitig internationale Vorgaben um. Bausback, haben es soeben angesprochen. Die Aus- schüsse haben die entsprechenden Anträge abge- Kernstück sind zwei neue Straftatbestände: lehnt. Insoweit will ich nur anfügen, dass eine einfa- che Lösung damit sicher nicht verbunden wäre; denn Zukünftig macht sich derjenige strafbar, der in Kri- die notwendige Abgrenzung organisationsbezoge- sengebiete reist oder zu reisen versucht, um dort ein ner und deshalb strafbarer Meinungsäußerungen von terroristisches Ausbildungslager zu besuchen oder an politisch motivierten Bekundungen dürfte bei auslän- Kampfhandlungen teilzunehmen. Vorgesehen ist dischen Organisationen so einfach nicht zu realisie- eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn ren sein. Deshalb will ich Ihnen für die Ablehnung Jahren. ausdrücklich danken.

Hiermit setzen wir die UN-Resolution „Foreign Zu zwei Punkten hat der Innenausschuss des Bun- Terrorist Fighters“ in nationales Recht um. Der desrates Änderungen des Gesetzentwurfs im Detail Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hat die Resolu- vorgeschlagen. Die Bundesregierung hat den Vor- tion am 24. September 2014 verabschiedet. Die schlag geprüft, möchte ihn indes nicht aufgreifen. Bundesregierung hat den Inhalt der Resolution ein- Die vorgeschlagenen Änderungen zielen darauf gehend geprüft. Ergebnis der Prüfung ist, dass ab, durch eine Änderung des Gesetzeswortlauts bei Deutschland im Bereich der Terrorismusbekämpfung dem neu geschaffenen eigenständigen Tatbestand im Grundsatz bereits nach geltender Rechtslage gut der Terrorismusfinanzierung sowie bei der Bildung aufgestellt ist. einer terroristischen Vereinigung nach § 129a Straf- gesetzbuch das Ziel der Einschüchterung eines Teils Anpassungsbedarf ergibt sich indes im Hinblick der Bevölkerung für die Erfüllung des Tatbestandes auf die Ziffer 6 der UN-Resolution. Sie enthält straf- genügen zu lassen. Das war der Antrag Bremens. rechtliche Regelungen, nach denen unter anderem Dies ist jedoch bereits nach dem bisherigen Wortlaut (B) (D) das Reisen und der Versuch des Reisens in terroristi- der Fall, wie auch der Bundesgerichtshof in einer scher Absicht, die Finanzierung derartiger Reisen so- Grundsatzentscheidung aus dem Jahr 2006 – Frei- wie die vorsätzliche Organisation oder sonstige Er- korps Havelland – entschieden hat. leichterung derartiger Reisen unter Strafe zu stellen sind. Diesen Inhalt der UN-Resolution möchten wir Auch der heute gestellte Plenarantrag Thüringens nun zügig umsetzen. ist aus unserer Sicht abzulehnen, sehr geehrter Herr Minister Hoff. Der vorgeschlagene Weg über pass- Der zweite Straftatbestand betrifft die Terrorismus- rechtliche Sanktionen ist nicht sachgerecht; denn die finanzierung. Wir kommen hierdurch Forderungen bestehende Strafbarkeit nach § 24 Passgesetz wird der bei der OECD angesiedelten Financial Action dem hier zu erfassenden Unrecht ersichtlich nicht ge- Task Force nach und schließen bisher bestehende recht. Mit § 24 Passgesetz wird lediglich an die Aus- Strafbarkeitslücken bei der Finanzierung terroristi- reise ohne gültigen Pass angeknüpft. Die neue Rege- scher Aktivitäten. Das heißt, auch bei kleinen Beträ- lung des § 89a Absatz 2a soll demgegenüber das gen, die in die Unterstützung des Terrorismus fließen, Reisen zu terroristischen Zwecken unter Strafe stel- werden wir in Zukunft lückenlos mit den Mitteln des len. Strafrechts vorgehen können. Für die Strafbarkeit Auch kann das Strafmaß des § 24 Passgesetz – Frei- wegen Finanzierung des Terrorismus ist es auch nicht heitsstrafe bis zu einem Jahr – der besonderen Ge- länger erforderlich, dass die geplante Tat tatsächlich fährlichkeit derartiger Reisen für die innere Sicher- versucht wird. Das erspart schwierige oder praktisch heit der Bundesrepublik Deutschland nicht gerecht unmögliche Ermittlungen im Ausland, um festzustel- werden. len, ob die geplante terroristische Tat auch ausge- führt worden ist. Meine Damen und Herren, der Gesetzentwurf der Bundesregierung ändert das Strafrecht, soweit dies Zudem ist eine erhöhte Mindeststrafe für die Terro- zur wirksamen Reaktion auf aktuelle Entwicklungen rismusfinanzierung vorgesehen. Das Strafrecht ent- des internationalen Terrorismus erforderlich ist. hält damit die unmissverständliche Botschaft, dass Gleichzeitig wahrt er die Balance zwischen Freiheit derjenige, der den Terrorismus finanziell unterstützt, und innerer Sicherheit. Ich bin mir sicher: Mit dem mit einer Freiheitsstrafe zu rechnen hat. Zur Wah- seitens der Bundesregierung vorgelegten Gesetzent- rung des Verfassungsgrundsatzes der Verhältnis- wurf ist Deutschland bei der Bekämpfung des Terro- mäßigkeit sieht der Entwurf aber auch reduzierte rismus auch im internationalen Vergleich hervorra- Strafen für den Fall geringer Schuld und bei gering- gend aufgestellt. – Ich bedanke mich für Ihre wertigen Beträgen vor. Aufmerksamkeit. Bundesrat – 931. Sitzung – 6. März 2015 79

(A) (C) Präsident Volker Bouffier: Vielen Dank, Herr Die Strategie „Europa 2020“ ist 2010 aufgestellt Staatssekretär! worden. Wenn Sie so wollen, ist die Hälfte dieser Pe- riode erreicht. Es ist zum Beispiel festgelegt worden, Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. dass die Beschäftigungsquote im Jahre 2020 75 Pro- Wir kommen zur Abstimmung. Dazu liegen Ihnen zent sein soll. Davon sind wir meilenweit entfernt. die Ausschussempfehlungen und ein Antrag des Lan- Herr J u n c k e r hat, was mich als Dunkelroten des Thüringen vor. sehr erstaunt hat, während seiner Europawahlkampf- Ich bitte zunächst um Ihr Handzeichen zu dem An- reisen gefragt – womit er Recht hat –, warum die Eu- trag des Landes Thüringen. – Das ist eine Minder- ropäische Union bei ihren Bürgern kein Ansehen hat. heit. Weil wir die Dimension des sozialen Europas verges- sen! Der Bürger fragt: Welchen Mehrwert bringt die Wir kommen zu den Ausschussempfehlungen. Ich Europäische Union für mich? Wie sichert sie meinen rufe auf: Lebensstandard? Er hat immer auf das soziale Europa Ziffer 1! – Mehrheit. abgehoben. Ziffer 2! – Mehrheit. Das erste Mal in der Geschichte wird ein Arbeits- programm für ein einziges Jahr vorgelegt, für 2015. Damit hat der Bundesrat zu dem Gesetzentwurf der An dem Arbeitsprogramm finde ich akzeptabel und Bundesregierung entsprechend Stellung genommen. gut, dass die neue Kommission evaluiert hat: Die alte Kommission hat 450 Gesetzgebungsverfahren im Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 13: Prozess; sie sind nicht abgeschlossen. Sie hat darauf- Mitteilung der Kommission an das Europäische hin gesagt: 80 der noch nicht abgeschlossenen Geset- Parlament, den Rat, den Europäischen Wirt- zesinitiativen ziehen wir aus dem Verkehr. – Dass schafts- und Sozialausschuss und den Aus- dies im Europäischen Parlament zu riesigen Debatten schuss der Regionen: Arbeitsprogramm der geführt hat, weil Dinge aus dem Verkehr gezogen Kommission 2015 – Ein neuer Start worden sind, die eigentlich unbedingt notwendig COM(2014) 910 final sind, darüber will ich jetzt nicht sprechen. (Drucksache 628/14, zu Drucksache 628/14 Es ist auch in Ordnung, dass die Kommission zehn [neu]) Themenfelder vorgeschlagen hat. Das untersetzt sie, Ich erteile zunächst Herrn Minister Dr. Markov aus indem sie gesagt hat: Wir machen 23 konkrete neue Brandenburg das Wort. Gesetzesinitiativen. Sie hat von vornherein eine höhere Effizienz vorge- (B) Dr. Helmuth Markov (Brandenburg): Herr Präsi- geben. Sie hat sich nicht einen ganzen Bauchladen (D) dent! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wie vorgenommen, sondern weniger, was man natürlich stellt sich die sozioökonomische Situation in den Mit- besser kontrollieren kann. Von den 23 neuen Geset- gliedstaaten der Europäischen Union gegenwärtig zesinitiativen hat sie fünf mit dem Status „besonders dar? notwendig, besonders wichtig“ versehen. Das betrifft das Investitionspaket, den digitalen Binnenmarkt, Die Zahl der Arbeitslosen beträgt fast 25 Millionen. eine europäische Energieunion, eine neue Migra- In elf Ländern liegt die Arbeitslosenquote bei über tionspolitik und gerechtere steuerliche Rahmenbe- 10 Prozent. Spitzenreiter sind Griechenland mit dingungen. knapp über 25 Prozent und Spanien mit knapp unter 24 Prozent. Ich möchte von den fünf Punkten einen herausgrei- fen – er berührt nämlich auch den nächsten Tages- Wir haben eine durchschnittliche Jugendarbeitslo- ordnungspunkt –: das Investitionsprogramm. sigkeit in Höhe von 22 Prozent. In acht von 28 Mit- gliedstaaten liegt sie zwischen 25 und 50 Prozent. Es wird vorgeschlagen, dass aus den Mitteln des europäischen Haushalts insgesamt 16 Milliarden Wir haben in den Mitgliedstaaten ein durchschnitt- Euro zur Verfügung gestellt werden. Man nimmt das lich sehr niedriges Wachstum. Geld im Übrigen aus anderen, vorhergehenden Pro- Wir haben eine hohe Staatsverschuldung. grammen und schichtet nur um. Die Europäische In- vestitionsbank „packt“ 5 Milliarden Euro zusätzlich. Wir haben eine absolut unzureichende Investitions- Mit diesen 21 Milliarden Euro will man einen Hebel tätigkeit. von 315 Milliarden Euro erreichen. Das sind Bürg- schaften. Wenn man das als Maßstab nimmt, hätte man er- warten können, dass die Kommission eine Strategie Gleichzeitig wird gesagt, man wolle ausschließlich vorlegt, in der sie aufzeigt, wo sie zum Ende ihrer Le- nach wirtschaftlichen Kriterien verfahren. Deswegen gislaturperiode stehen will. Das ist übrigens ganz wird ein Beirat berufen, der aus sechs Wissenschaft- normal. Das tut jede Landesregierung, wenn sie an lern besteht, die die vorgeschlagenen Projekte aus- die Macht kommt. Ist es eine Koalition, wird ein Ko- schließlich nach wirtschaftlichen Kriterien bewerten alitionsvertrag vorgelegt. Jeder Ministerpräsident werden. Sie können sicher sein, dass dann Aufträge nennt in seiner Antrittsrede die Schwerpunktaufga- an Unternehmen aus Ländern vergeben werden, die ben der Legislaturperiode. Die Kommission hat das eine hohe Bonität haben, weil damit das Ausfallrisiko mitnichten getan. entschieden geringer ist. 80 Bundesrat – 931. Sitzung – 6. März 2015 Dr. Helmuth Markov (Brandenburg) (A) (C) Was ist der eigentliche Hintergrund dieses Investi- Letzte Bemerkung – man soll immer mit etwas Posi- tionspaketes? Die öffentlichen Investitionen sind tivem abschließen –: heute im Durchschnitt der Europäischen Union um 10 Prozent niedriger als noch 2007. In einigen Län- ( [Bayern]: Ja, es wird Zeit!) dern liegen sie um 50 Prozent unter denen von 2007. – Sie beurteilen das möglicherweise anders als ich. Wenn die Kommission insbesondere im Infrastruktur- Dafür sind wir in unterschiedlichen Parteien. Wenn bereich investieren will – nicht nur in Straßen, son- Sie bei den Dunkelroten wären oder ich in Ihrer CSU dern auch in Bildung, Gesundheitsvorsorge etc. pp. –, und das ausschließlich mit privatem Kapital, muss wäre, wäre das für beide nicht gut, glaube ich. man, ob man das will oder nicht, den privaten Unter- Positiv ist, dass sich die Kommission das Ziel ge- nehmen selbstverständlich eine ordentliche Rendite setzt hat, effizienter zu arbeiten. Deswegen hat sie gewähren. Das heißt, über diesen Umweg geht man auch ein neues sogenanntes REFIT-Programm einge- den Weg der Privatisierung öffentlicher Daseinsvor- führt, das im Übrigen – jetzt komme ich noch einmal sorge. zu Bayern – auf der Basis dessen erfolgt, was Herr Ich glaube nicht – um das klar und deutlich zu sa- S t o i b e r mit seiner Kommission angestoßen hat. gen –, dass das der richtige Weg für die Europäische Das soll weitergeführt werden. Union ist, zumal die Erfolgswahrscheinlichkeit nicht übermäßig groß ist. Ich finde es dringend notwendig für die Bürger, dass aus der Europäischen Union höhere Qualität Herr Draghi hat, wie man nachlesen kann, ein Pa- kommt und weniger Masse. – Danke schön. ket von 60 Milliarden Euro pro Monat aufgelegt. So viele Anleihen will er von Banken aufkaufen. Was werden Ihre mittelständischen und kleinen Unter- Präsident Volker Bouffier: Vielen Dank, Herr Kol- nehmen tun? Sie werden sich selbstverständlich zu lege Dr. Markov! ihren Banken begeben, um sich zu einem ganz gerin- gen Zinssatz notwendiges Kapital zu besorgen. Sie Frau Staatsministerin Puttrich aus Hessen hat das werden nicht den irrsinnig komplizierten Weg der Wort. Antragstellung auf Bürgschaften in Brüssel gehen. Fragen Sie sich auch selber, ob Sie als Landesre- Lucia Puttrich (Hessen): Herr Präsident! Sehr ge- gierung dann, wenn Sie nicht mitreden und nicht ehrte Damen und Herren! Seit inzwischen vier Mo- Einfluss nehmen dürfen, welche Projekte für Sie in naten ist die neue Europäische Kommission unter Ihren Ländern wichtig sind, Interesse daran haben, Präsident Jean-Claude Juncker im Amt. Die Auswir- zusätzlich Geld aus dem Haushalt zur Verfügung zu kungen im positiven Sinne sind schon spürbar. stellen! Ich schaue mir dann die Haushalte einmal an (B) (D) und bin mir ziemlich sicher, dass man da nichts fin- So sind die Tagesordnungen des EU-Ausschusses den wird. beträchtlich kürzer geworden. Man muss sich dort mit weniger Vorlagen beschäftigen. Die inhaltliche Deswegen ist das Arbeitsprogramm der Europäi- Diskussion dreht sich statt um kleinere Dinge wie schen Kommission für 2015 ein Programm für ein Olivenölkännchen auf Restauranttischen – um es Jahr, das keinerlei Absicherung bietet, dass die Ziele, überspitzt zu sagen – um wesentliche Fragen der Eu- die sie sich ursprünglich gesetzt hat, im Jahre 2020 ropäischen Union: mehr Wachstum, Investitionen erreicht werden können. Ich gehe natürlich davon und Beschäftigung. aus, dass die Europäische Kommission entgegen ih- rer anfänglichen Absicht ein neues strategisches Pa- Wir alle miteinander wissen, dass eine wirtschaft- pier dazu vorlegt, wie sie „Europe 2020“ umarbeiten lich starke Europäische Union nicht nur den Wohl- will. Dann kann man sehen, mit welchen zusätzli- stand der Bürgerinnen und Bürger nach innen si- chen Mitteln das geschehen soll. chert. Die Wirtschaftskraft sichert nach außen das In dem Arbeitsprogramm sind wichtige Punkte ver- Gewicht der Europäischen Union auf der internatio- ankert – das muss man ehrlich sagen –, die bisher nalen ökonomischen und politischen Bühne. nicht bearbeitet worden, aber absolut notwendig Sehr geehrte Damen und Herren, mir scheint, dass sind. Ich meine die gesamte Agenda des digitalen die Kommission die Zeichen der Zeit erkannt hat. Binnenmarktes. Das ist ein Zukunftsmarkt ohneglei- Deshalb fällt mein Beitrag auch etwas positiver aus. chen. Es ist gut, dass das gemacht wird. Sie hat ihrem Arbeitsprogramm den Titel „Ein neuer Gleichzeitig muss man sich vergegenwärtigen, Start“ gegeben. Dies verstehe ich nicht als Lyrik, dass das Europäische Parlament eine wichtige Geset- sondern in der Tat als Programmatik. zesinitiative, bei der es um den Urheberrechtsschutz ging, abgelehnt hat, weil sie falsch war: ACTA. Die Die neue Kommission ist mutig genug, alte Zöpfe Agenda eines digitalen Binnenmarktes kann ich abzuschneiden. Technisch formuliert, könnte man doch nur machen, wenn ich die individuellen Rechte auch sagen, sie wendet das Prinzip der politischen des Bürgers auf seine Daten und die Unversehrtheit Diskontinuität an. Ganze 80 Legislativvorschläge hat seiner Daten mit absichere. Man darf das nicht aus- sie inzwischen zurückgezogen oder auf den Prüf- schließlich unter wirtschaftspolitischen Prämissen ar- stand gestellt. Gleichzeitig will sie das REFIT-Pro- tikulieren. Auch darüber findet man in dem Arbeits- gramm, mit dem die Eignung und bürokratische Last programm der Europäischen Kommission leider weiterer Regelungen überprüft werden soll, weiter- nichts. führen. Bundesrat – 931. Sitzung – 6. März 2015 81 Lucia Puttrich (Hessen) (A) (C) Die Hessische Landesregierung begrüßt dies aus- gitalen europäischen Binnenmarktes, um die Schaf- drücklich. Es kann nicht sein, dass über Jahre Vor- fung einer Energieunion, um ein gemeinsames schläge der Kommission im Gesetzgebungsprozess Konzept gegen Steuerbetrug, um eine Migrations- wie totes Holz vor sich hin treiben, teils weil sie nicht agenda oder um die weiterlaufenden Arbeiten an der die erforderlichen Mehrheiten finden, teils weil die Vertiefung der Wirtschafts- und Währungsunion. Die fachliche und technische Realität in der Zwischenzeit Liste ließe sich fortsetzen. Angesichts dieser dicken an der Vorlage vorbeigezogen ist oder weil es be- Bretter, die es zu bohren gilt, kann die Kommission es gründete Kritik und Bedenken gibt. sich gar nicht leisten, sich weiterhin im Klein-Klein zu verlieren. Ich möchte an dieser Stelle als Beispiel den Vor- schlag der Kommission zu einer weiteren Liberalisie- Die EU darf aber auch keine Nabelschau betreiben. rung der Bodenverkehrsdienste an europäischen Sie muss über den Tellerrand hinausschauen und Flughäfen nennen. Das Land Hessen ist mit dem sich international wieder selbstbewusster aufstellen. Frankfurter Flughafen in diesem Bereich natürlich Ich denke, dass zum Beispiel der aktuelle Krieg in besonders betroffen. Die Hessische Landesregierung der Ukraine und die Herausforderungen, die damit hatte von vornherein Bedenken gegen den Vorschlag verbunden sind, die EU im Rahmen der Außenpolitik formuliert. Das hat sie ausdrücklich nicht getan, weil notgedrungen wieder einen wichtigen Schritt nach der Vorschlag aus Brüssel kam, sondern weil er zum vorn machen lassen und die Wichtigkeit des gemein- Schaden des Frankfurter Flughafens gewesen wäre. samen Auftretens unter Beweis stellen. Ich darf ergänzen, dass für die Hessische Landesre- Die EU besitzt außerhalb ihrer Grenzen nach wie gierung – wie sicherlich für alle anderen Landesre- vor Strahlkraft. Diese kann sie nutzen, um Werte wie gierungen – Europapolitik nicht Abwehrpolitik heißt, Demokratie und Rechtsstaat weiterzuverbreiten. Sie sondern Gestaltungspolitik. Es ist wichtig, dass wir kann diese Strahlkraft auch dazu nutzen, um für ihr mit Brüssel an einem Strang ziehen und die Verhält- Modell einer nachhaltigen Wachstumspolitik zu wer- nisse der Menschen verbessern. ben. Dieses Modell wird für andere Länder aber nur dann nachahmenswert sein, wenn es durch seinen Am Beispiel des Frankfurter Flughafens konnten Erfolg in der EU überzeugen kann. wir die Kommission inhaltlich-argumentativ davon überzeugen, dass eine weitere Liberalisierung der Ich bin zuversichtlich, dass die Kommission mit ih- Bodenverkehrsdienste sowohl sicherheitstechnische rem Investitionsprogramm, gekoppelt mit einem am- Probleme als auch sozialpolitische Verwerfungen zur bitionierten Umweltaktionsprogramm, die Grundla- Folge gehabt hätte. Der Vorschlag befindet sich des- gen für nachhaltiges Wachstum in der Europäischen halb unter denen, die die Kommission zurückgezo- Union legen kann. Sie hat im Vorfeld der UN-Klima- gen hat. Das ist auch gut so. konferenz in Paris mit ihrem aktuellen Paket zur (B) Energie- und Klimapolitik den Anspruch der EU (D) Die Kommission schneidet nicht nur alte Zöpfe ab, deutlich gemacht, im Kampf gegen die globale Er- sie baut auch neue Brücken. Das in der Krise deutlich wärmung eine Vorreiterrolle zu übernehmen. Zu angekratzte Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger Recht wollen wir über Jahrzehnte erreichte Schutz- in die Gestaltungskraft der Europäischen Union zu- standards erhalten; denn diese sind auch Ausdruck rückzugewinnen beschreibt sie selbst in ihrem Ar- unserer Werte. Aber dafür müssen wir am eigenen beitsprogramm als ihre erste Priorität. Beispiel dann auch erfolgreich beweisen, dass sich Die Bürgerinnen und Bürger haben die EU bereits Wachstum und hohe Standards nicht nur im Umwelt-, vor der Krise zunehmend als Bürokratie- oder Regu- sondern auch im Sozial- und Verbraucherschutz nicht lierungsmaschine wahrgenommen. Sie hatten den gegenseitig behindern oder ausschließen, sondern Eindruck, dass Europa den Alltag bis ins Klein-Klein sich sogar verstärken können. Ökonomie und Ökolo- regelt. In der Krise selbst wiederum vermissten die gie müssen kein Widerspruch sein, sondern sich er- Menschen den aktiven Beitrag der EU zur Förderung gänzen. von Wachstum und Beschäftigung. Dies zusammen Dies sage ich nicht nur im Hinblick auf das Emis- war eine gefährliche Mischung, die sich europapopu- sionshandelssystem, sondern ausdrücklich auch in listische Parteien zunutze gemacht haben. Bezug auf die Freihandelsabkommen CETA und Die neue Kommission will dieser Entwicklung ent- TTIP. CETA und TTIP sind Chancen für die Europäi- gegentreten. Sie scheint zunächst zum Kern der eu- sche Union, wirtschaftlich neue Märkte zu erschlie- ropäischen Gesetzgebung zurückzukehren, dem ßen und damit nicht nur Arbeitsplätze zu sichern, Prinzip der Subsidiarität. Allen, die hier sitzen, ist be- sondern auch neue zu schaffen, unseren bestehen- kannt, was Subsidiarität bedeutet. Für den Bürger den Standards und damit auch einem Teil unseres auf der Straße ist es ein nebulöses Wort. gemeinsamen Wertesystems de facto zu beinahe weltweiter Geltung zu verhelfen. Das Prinzip ist den Bürgerinnen und Bürgern ge- rade im föderal aufgebauten Deutschland aber sehr Die Chancen liegen bei uns, die Alternativen bei gut verständlich zu machen, nämlich dass nur das eu- den USA und Kanada. Sowohl die USA als auch Ka- ropäisch geregelt werden soll, was auch europäisch nada haben selbstverständlich die Wahl, auch mit an- geregelt werden muss, wofür europäisches Handeln deren Partnern entsprechende Abkommen zu schlie- notwendig ist. Es sind schon einige Beispiele genannt ßen. Deshalb müssen wir uns bewusst sein, dass die worden. So geht es um die Umsetzung eines Investi- Europäer starkes Interesse daran haben, Abkommen tionsprogramms für Europa, um die Stärkung des di- zu schließen, was aber für uns nicht Selbstaufgabe 82 Bundesrat – 931. Sitzung – 6. März 2015 Lucia Puttrich (Hessen) (A) (C) bedeuten darf. Kein Abkommen kann bedingungslos verständlichen Sprache, nicht im Fachvokabular von abgeschlossen werden. Volkswirten. Für die Menschen auf der Straße ist es relativ schwierig, wenn man von EFSI, OMT oder Für die Akzeptanz und das Vertrauen der Bürgerin- GAP spricht. Wir brauchen eine Sprache, die die nen und Bürger ist der Dialog ein zentrales Mittel. Menschen verstehen, damit sie wissen, was in Eu- Dies hat auch die neue Kommission erkannt. Bereits ropa passiert. Nur dann wird Europa für die Bürge- bei der Erarbeitung ihres Arbeitsprogramms hat sie rinnen und Bürger zu dem, was es ist: kein kurzzeiti- sich mit dem Europäischen Rat und dem Europäi- ges Projekt, sondern ein Projekt der Zukunft. – schen Parlament eng abgestimmt. Zudem sucht sie Besten Dank für Ihre Aufmerksamkeit. aktiv den Dialog mit den nationalen Parlamenten so- wie der regionalen und kommunalen Ebene. Präsident Volker Bouffier: Vielen Dank, Frau Kol- Dieses Dialogangebot nehmen die deutschen Län- legin! der gern an. Unsere heutige Stellungnahme zum Ar- beitsprogramm ist hierfür ein sichtbares Zeichen. Frau Ministerin Dr. Schwall-Düren aus Nordrhein- Westfalen hat das Wort. Das Angebot zum Dialog stimmt mich ausdrücklich zuversichtlich, dass wir mit der Kommission zu einer Einigung hinsichtlich der Herausnahme der deut- Dr. Angelica Schwall-Düren (Nordrhein-Westfalen): schen Länder aus dem Anwendungsbereich des so- Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! genannten Transparenzregisters kommen. Meine beiden Vorredner haben schon darauf hinge- wiesen: Die neue Kommission leitet mit ihrem Ar- Auch im Rahmen der Europaministerkonferenz, beitsprogramm in gewisser Weise einen Paradigmen- deren Vorsitz Hessen zum 1. Juli dieses Jahres über- wechsel ein. nimmt, werden wir den aktiven Dialog und nach ge- meinsamen Lösungen mit der Kommission sowie dem Sie kündigt an, künftig weniger Vorhaben auf den Europäischen Parlament suchen. Weg zu bringen und sich den für Europa wirklich wichtigen Themen zu widmen. Dass sie sich auf Ar- Sehr geehrte Damen und Herren, ein neuer Start – beitsplätze, Wachstum und Investitionen konzen- damit ist auch der Anspruch verbunden, Europa für triert, begrüße ich sehr. Auf diese Notwendigkeit hat die jüngere Generation begreifbar und erlebbar zu Herr Dr. Markov ausführlich hingewiesen. Das gilt machen. Ich hatte vor kurzem die Freude, im Bundes- für mich insbesondere für den geplanten Europäi- rat im Rahmen des „Modells Europa Parlament“ schen Fonds für strategische Investitionen, zu dessen Schülerinnen und Schüler begrüßen zu dürfen. Rechtsgrundlage wir heute auch Stellung nehmen. Wenn man mit jungen Menschen spricht, stellt man In einigen wichtigen Bereichen allerdings lässt die (B) fest, dass für sie Europa ein Stück anders besetzt ist Europäische Kommission leider Ehrgeiz deutlich ver- (D) als für die ältere Generation, die es aus der Ge- missen. Ich möchte auf drei Bereiche näher einge- schichte heraus als Friedensunion begreift. Wenn Sie hen. mit jüngeren Menschen sprechen, werden Sie schon Erstens. Die soziale Dimension findet im Arbeits- groß angeschaut, wenn Sie von „neuen Bundeslän- dern“ sprechen. Für die Generation der 18-Jährigen programm kaum Berücksichtigung. Seit Beginn der gibt es keine neuen Bundesländer. Mit dem Begriff Wirtschaftskrise stieg die Arbeitslosigkeit in Europa auf 25 Millionen Menschen; Herr Dr. Markov hat das „neue Mitgliedstaaten“ können sie ebenso wenig an- fangen wie mit dem Namen Jacques D e l o r s . ausgeführt. Armut und soziale Ausgrenzung treffen vor allem die schwächsten Menschen immer stärker. Oder: Heute wird mit dem Euro bezahlt. Diese Gene- ration kennt keinen 50-Mark-Schein mehr. Innerhalb Wir haben aber über Staatsgrenzen hinweg die Ver- Europas ohne Ausweis reisen zu können ist für sie antwortung, die soziale Ausgrenzung ganzer Grup- selbstverständlich. Sie kennen dort keine Hinder- pen in der Gesellschaft zu verhindern. Die Bürgerin- nisse. nen und Bürger erwarten zu Recht, dass sich die Europäische Union ihrer Probleme annimmt. Europa ist für junge Menschen Realität. Umso Jean-Claude Juncker hat in seinen politischen Leit- wichtiger ist es, ihnen die Bedeutung Europas als be- linien für die neue Kommission versprochen, die so- sonderes Projekt nahezubringen. Es soll nicht zynisch ziale Dimension Europas nie aus den Augen zu ver- klingen, aber das, was im Moment in der Ukraine ge- lieren. Leider ist dem Arbeitsprogramm nicht zu schieht, ist eine Möglichkeit, jungen Menschen zu entnehmen, dass Juncker diesen warmen Worten zeigen, dass Europa ein Friedensprojekt ist, dass konkrete Vorschläge folgen lässt. Frieden keine Selbstverständlichkeit ist, dass wir ge- meinsam dafür arbeiten müssen, Frieden zu erhalten. Nach meiner Überzeugung sollte die Kommission Das ist zugegebenermaßen eine etwas tragische den Fokus ihrer Arbeit in diesem Jahr auf Themen Weise, jungen Menschen Europa näherzubringen. richten, die sich direkt positiv auf die Lebenssituation der Europäerinnen und Europäer auswirken. Damit Sehr geehrte Damen und Herren, nicht nur die meine ich beispielsweise die Stärkung von Arbeit- Kommission, sondern wir alle müssen uns täglich nehmerrechten, den Gesundheitsschutz am Arbeits- aufs Neue der Herausforderung stellen, den Bürge- platz und faire Löhne. rinnen und Bürgern den Wert Europas über alle fach- lichen Scharmützel hinweg, die von Zeit zu Zeit statt- Der Blick allein auf die Zahl der geschaffenen Ar- finden, zu vermitteln, und zwar in einer beitsplätze reicht nicht aus. Entscheidend ist die Bundesrat – 931. Sitzung – 6. März 2015 83 Dr. Angelica Schwall-Düren (Nordrhein-Westfalen) (A) (C) Qualität der Arbeitsplätze. Die Menschen müssen einer einheitlichen europäischen Position zu koordi- von der Arbeit leben können. Die Arbeitsbedingun- nieren, damit Europa in den Pariser Verhandlungen gen müssen fair sein. Eine Abwärtsspirale bei Ar- eine Vorreiterrolle einnimmt. beits- und Sozialstandards zu Lasten der europäi- schen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer darf es Die im Arbeitsprogramm angekündigte und schon nicht geben. in der vergangenen Woche umgesetzte Rücknahme des Abfallprogramms durch die Kommission wurde Hier kritisiere ich insbesondere, dass die Kommis- vom Europäischen Parlament fraktionsübergreifend sion zwar die grenzüberschreitende Arbeitnehmer- hinlänglich kritisiert. Auch wenn wir im Bundesrat mobilität zu fördern beabsichtigt, sich aber nicht um einige Punkte des ursprünglichen Vorschlags abge- die sozialen Leitplanken kümmert. Ich bedauere es, lehnt haben, so hat eine solche Initiative grundsätz- dass das Ziel der „zielgerichteten Überprüfung der lich positives Potenzial sowohl zum Schutz der Um- Entsenderichtlinie“, wie es im Arbeitsprogramm welt als auch zur Schaffung von Arbeitsplätzen. heißt, nicht eindeutiger formuliert ist; denn wichtig Schätzungen gehen von bis zu 500 000 Jobs und von ist es, Sozialdumping in Europa, das unter dem Deck- Investitionen in umweltfreundliche Technologien in mantel der Entsendung stattfindet, wirksam zu be- Höhe von 70 Milliarden Euro aus. Darauf kann Eu- kämpfen. Vor allem ist eine soziale Revision der Ent- ropa gerade jetzt nicht verzichten. Ich möchte daher senderichtlinie dringend erforderlich, nicht nur eine die Kommission beim Wort nehmen, zeitnah einen „zielgerichtete Überprüfung“. neuen, ehrgeizigen Vorschlag vorlegen zu wollen.

Zweitens. Die Kommission kündigt an, im Laufe Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen, liebe dieses Monats einen Aktionsplan zur Bekämpfung Kollegen, ich hätte mir gewünscht, dass die vom Eu- von Steuerhinterziehung und Steuervermeidung von ropaausschuss empfohlene Stellungnahme, über die Unternehmen vorzulegen. Das begrüße ich sehr. wir heute abstimmen, in den genannten Punkten Nach den Enthüllungen der Luxleaks sind die An- deutlicher ausfällt. Mir ist es aber wichtig, dass wir sprüche an Jean-Claude Juncker sicherlich höher, als Länder gemeinsam Stellung nehmen, um Einfluss zu sie es bei jedem anderen Kommissionspräsidenten haben. Deshalb ist es sinnvoll, dass wir einen Kom- wären. Insofern hoffe ich, dass der Aktionsplan ambi- promiss gefunden haben. Wir sollten diesen Be- tioniert ausfällt und das in seinem Titel formulierte schluss einstimmig fassen und der Kommission über- Versprechen einlöst. mitteln.

So muss der Grundsatz gelten, dass Gewinne in je- Nordrhein-Westfalen wird der Stellungnahme zu- nem Mitgliedstaat versteuert werden, in dem sie er- stimmen. – Herzlichen Dank. zielt wurden. Steueroasen müssen ausgetrocknet, Steuerhinterziehung muss in allen Mitgliedstaaten (B) wirkungsvoll bekämpft werden. Präsident Volker Bouffier: Vielen Dank, Frau Kol- (D) legin Dr. Schwall-Düren! Dazu gehört ein gegenseitiger Informationsaus- tausch der Mitgliedstaaten über die sogenannten Tax Das Wort hat Minister Professor Dr. Hoff aus Thü- Rulings, damit wir nicht weiterhin von Woche zu Wo- ringen. che von einer neuen, bis dato geheimen Absprache zwischen Finanzbehörden und Unternehmen über- rascht werden. Prof. Dr. Benjamin-Immanuel Hoff (Thüringen): Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Dazu gehört die Vereinheitlichung der Bemes- Uns in Thüringen steht seit einer Reihe von Jahren sungsgrundlage für die Körperschaftsteuer, damit die ein ziemlich wichtiges Instrument zur Verfügung, der besonders lukrativen Abschreibungsmöglichkeiten in sogenannte Thüringen-Monitor. Das ist eine reprä- einzelnen europäischen Mitgliedstaaten beendet sentative Befragung, die die Landesregierung bei der werden. Universität Jena in Auftrag gibt. Das hat schon die Vorgängerregierung getan. Gegenstand des vor kur- Dazu gehört die Festlegung eines europaweiten zem veröffentlichten Thüringen-Monitors 2014 war Mindeststeuersatzes auf Unternehmensgewinne, da- – auch im Hinblick auf die Wahl zum Europäischen mit Wirtschaftsstandorte nicht gegeneinander ausge- Parlament – die Frage nach dem Europabewusstsein spielt werden. der Thüringerinnen und Thüringer. Meine Damen und Herren, ich bin mir durchaus bewusst, dass der Lissabon-Vertrag für die Steuerge- Trotz aller Unzulänglichkeit, von der insbesondere setzgebung nach wie vor Einstimmigkeit im Rat vor- Kollege Markov und Kollegin Schwall-Düren gespro- sieht, was eine Einigung erschwert. Dennoch glaube chen haben, formuliert die Kommission in ihrem Ar- ich, dass der richtige Zeitpunkt gekommen ist, im beitsprogramm den Anspruch eines Neustarts für Eu- Sinne einer gemeinsamen Steuerpolitik voranzukom- ropa, eines politischen Neuanfangs. Das ist ein men. Maßstab, an dem wir die Kommission messen wollen. Sie nennt das Wort „Subsidiarität“ zwar nur einmal Drittens wünsche ich mir stärkeres Engagement in im Anhang, aber man kann durchaus positiv zur der Umwelt- und Klimapolitik. Im Vorfeld der so Kenntnis nehmen, dass sich der Subsidiaritätsge- wichtigen Weltklimakonferenz in Paris sehe ich es als danke in dem Arbeitsprogramm stärker nieder- Aufgabe der Kommission an, die unterschiedlichen schlägt, als dies bei früheren Kommissionen der Fall Interessen der Mitgliedstaaten im Gesamtinteresse war. 84 Bundesrat – 931. Sitzung – 6. März 2015 Prof. Dr. Benjamin-Immanuel Hoff (Thüringen) (A) (C) Das finden wir durchaus begrüßenswert; denn ein Daneben geht es um die Frage, wie nachhaltig die Ergebnis des jüngsten Thüringen-Monitors ist, dass Projekte sind, die dort angemeldet werden. Wir Län- die Bürgerinnen und Bürger grundsätzlich ein hohes der sagen, es müssen neben den bereits laufenden positives Bewusstsein hinsichtlich der Europäischen Projekten nicht neue initiiert werden, nur weil es den Union haben. Sie ist aus ihrem Leben nicht mehr EFSI gibt. Wir wollen, dass auch bestehende Projekte wegzudenken. Es gibt einen positiven Bezug darauf, darüber finanziert werden können. Wir brauchen durchaus auch in einer emotionalen Weise, wie Frau keine Förderprogrammprojekte, sondern wir wollen, Puttrich es beschrieben hat. Aber je stärker die regio- dass sinnvolle, nachhaltige Investitionen getätigt nale und die lokale Ebene thematisiert werden, umso werden. kritischer stehen Bürgerinnen und Bürger der direk- Frau Schwall-Düren bin ich ausgesprochen dank- ten Einflussnahme auf die Kommune gegenüber. bar für die Klarstellung, die sie im Hinblick auf das Die Kommission formuliert als Wandel der Arbeits- durchaus begrüßenswerte Ziel Bekämpfung von weise auf EU-Ebene entschiedenes Handeln bei den Steuerhinterziehung und Steuerumgehung genannt großen wirtschaftlichen und sozialen Herausforde- hat. Den Ausführungen, die Sie dazu gemacht haben, rungen, aber weniger Einmischung bei den Themen, schließe ich mich ausdrücklich an. Sie vertreten aus auf die die Mitgliedstaaten selbst die richtigen Ant- nordrhein-westfälischer Sicht eine Haltung, die der Freistaat Thüringen teilen kann. worten finden können. Das ist ein positiver, regiona- listischer Gedanke, den wir richtig finden. Genauso Frau Kollegin Schwall-Düren, Sie haben auch das begrüßen wir die dritte Ebene: mehr Transparenz Ziel der Kommission Fairness im Hinblick auf die und Rechenschaft darüber, was die Kommission Entwicklung der europäischen Sozialunion ange- macht. sprochen, auch wenn sich die Kommission scheut, diesen Begriff so zu verwenden. Ich denke, hier im Wenn eine Selbstverpflichtung auf diese drei Hause gibt es eine ganze Reihe von Kolleginnen und Grundprinzipien das politische Handeln der Kommis- Kollegen, die mit dem Begriff „europäische Sozial- sion bestimmen würde, könnte dies aus unserer Sicht union“ durchaus positive Assoziationen verbinden. durchaus dazu beitragen, konkrete Ergebnisse stär- Die Diskussion in dieser Weise zu führen ist richtig. ker im Bewusstsein der Bürgerinnen und Bürger im Alltag zu verankern, vielleicht verlorengegangenes Wir müssen zur Kenntnis nehmen und deutlich sa- Vertrauen zurückzugewinnen. Insofern werden wir gen, dass mehr Fairness allein nicht ausreichen wird. die Tätigkeit der Kommission an der Umsetzung des Das soziale Europa kommt aus unserer Sicht im Ar- im Arbeitsprogramm formulierten Subsidiaritätsge- beitsprogramm der Kommission zu kurz. Hier ist dankens messen. Nacharbeit gefordert. Insbesondere fehlen konkrete Anhaltspunkte, wie sich die Kommission die Arbeits- (B) (D) Die Kommission hat vorerst das klare Signal gege- teilung zwischen EU und Mitgliedstaaten bei der Ge- ben, ihren Schwerpunkt auf die Verwirklichung der währleistung effizienter, fairer und zukunftsfähiger wirtschaftlichen Potenziale der EU zu legen. Die In- Sozialschutzsysteme vorstellt. Es wäre schön gewe- novationsoffensive und die Einrichtung des Europäi- sen, wenn die Kommission das in dem Arbeitspro- schen Fonds für strategische Investitionen – EFSI – gramm konkreter ausgeführt hätte. Hier sehen wir sind Ausdruck davon. Die damit verbundene makro- eine zwingend erforderliche Aufgabe der Kommis- ökonomische Aussage finden wir richtig: Europa sion, die in der weiteren Erarbeitung benannt wer- braucht Investitionen. Europa braucht öffentliche In- den muss. vestitionen, um Wachstum gewährleisten zu können. Zum Thema „Migrationspolitik“ ist heute unter Ta- Aus diesen öffentlichen Investitionen muss das Po- gesordnungspunkt 27 schon gesprochen worden. Ich tenzial für Beschäftigung entstehen. glaube, das ist deutlich geworden. Wir lesen es jeden Wir werden unter dem nachfolgenden Tagesord- Tag in den Zeitungen. Das zeigen auch die Diskus- nungspunkt die Haltung der Länder zum EFSI durch sionen um Erstaufnahmestellen, ob es um die dritte Beschluss verdeutlichen. Daraus geht hervor, welche Thüringer Erstaufnahmestelle geht oder um die Fra- Erwartungen wir an die Bundesregierung richten, gen, wie dezentrale Unterbringung und Integration wenn es um die Einbeziehung der Länder in die kon- in den Alltag erfolgen. Hierzu hat Kollegin Sieges- krete Konstruktion geht und um die Maßnahmen, die mund aus Thüringen heute schon gesprochen. beim EFSI angemeldet werden. Ich möchte dazu Die europäische Migrationspolitik ist in den Kom- nicht länger ausführen; denn Kollege Markov hat munen angekommen. Sie ist eine große Herausforde- ganz in meinem Sinne gesprochen. rung für uns. Die Gestaltung der europäischen Migrationspolitik ist eine Aufgabe, die die Mitglied- Die Zielrichtungen des EFSI auf der makroökono- staaten und die Kommission gemeinsam meistern mischen Seite sind grundsätzlich richtig; das habe ich müssen. ausgeführt. Trotzdem ist unserer Auffassung nach in dem EFSI eine Ambivalenz enthalten, die zwischen Im EU-Ausschuss des Bundesrates fand am 5. Fe- öffentlichen Investitionen auf der einen Seite und der bruar eine Expertenanhörung zu CETA und TTIP und Privatisierung öffentlicher Daseinsvorsorge auf der der Position des Bundesrates statt. Wir haben eine in- anderen Seite changiert. Genau diese Ambivalenz teressante Diskussion geführt, angenehmerweise mit bereitet uns Sorge, wenn es um die konkrete Umset- kontroversen Zugängen. Eine Haltung seitens des zung geht. Kommissionsvertreters hat mich zumindest nachdenk- Bundesrat – 931. Sitzung – 6. März 2015 85 Prof. Dr. Benjamin-Immanuel Hoff (Thüringen) (A) (C) lich gemacht. Handelskommissarin M a l m s t r ö m Dann können wir zur Abstimmung über die Aus- hat sich mittlerweile positioniert, die Geheimhaltung schussempfehlungen kommen. Zur Einzelabstim- von TTIP und CETA sei ein Problem, weil sie auf der mung rufe ich auf: einen Seite Verschwörungstheorien Vorschub leiste, Ziffer 1! Bitte Handzeichen! – Minderheit. auf der anderen Seite eine tatsächlich kritische und notwendige Diskussion über diese Handelsabkom- Ziffer 2! – Minderheit. men erschwere. Dann ist es schwierig, wenn der Ziffer 3! – Minderheit. Kommissionsvertreter im Ausschuss sagt: Der Bun- desrat kann die Position äußern, dass er mitbestim- Ziffer 4! – Mehrheit. men will, aber ändern wird sich nichts. – Das ist eine Damit entfällt Ziffer 5. Haltung im Umgang mit diesen Freihandelsabkom- men, die nicht auf der inhaltlichen Ebene ansetzt, die Ziffer 11! – Minderheit. der Kollege aus im Ausschuss angespro- chen hat, sondern dadurch wird gegenüber den Mit- Ziffer 14! – Mehrheit. gliedstaaten eine Debatte aufgemacht, die unter dem Ziffer 15! – Minderheit. Begriff „Friss oder stirb“ zusammengefasst werden kann. Das ist ein schwieriger Ausgangspunkt. Das Ziffer 18! – Mehrheit. wäre auch ein unwürdiges Ergebnis einer angestreb- Damit entfallen Ziffern 20 und 21. ten konstruktiven Diskussion. Wir kommen zu Ziffer 19, die auf Wunsch eines Der Bundesrat – damit will ich schließen – wird die Landes getrennt abgestimmt werden soll. Taten der Kommission an ihren Ankündigungen mes- Zuerst bitte Ihr Handzeichen für die erste Klammer sen. Deshalb ist es gut, wenn wir unsere Erwartun- der Ziffer 19! – Minderheit. gen heute in einem Beschluss zusammenfassen. Frau Schwall-Düren hat völlig zu Recht gesagt, dass wir Nun bitte Ihr Handzeichen für die zweite Klammer uns mehr hätten vorstellen können. Aber es ist auch der Ziffer 19! – Minderheit. notwendig und das Ziel des Bundesrates, gegenüber Ziffer 23! – Mehrheit. der Kommission so weit wie möglich mit einer Stimme zu sprechen. Diesen Versuch machen wir Ziffer 25! – Minderheit. heute. Auch wenn mehr vorstellbar gewesen wäre, wie immer, haben wir Interesse daran, zu einer ge- Ziffer 26! – Mehrheit. meinsamen Entscheidung zu kommen. – Vielen Damit entfällt Ziffer 27. Dank. Ziffer 31! – Mehrheit. (B) Ziffer 33! – Mehrheit. (D) Präsident Volker Bouffier: Vielen Dank, Professor Dr. Hoff! Ziffer 35! – Minderheit. Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ziffer 36! – Mehrheit. Wir kommen zur Abstimmung über die Ausschuss- Ziffer 37! – Minderheit. empfehlungen. Ziffer 38! – Minderheit. Bestehen Bedenken, dass ich die Ziffern 1 bis 24 Ziffer 42! – Minderheit. gemeinsam zur Abstimmung stelle? – Das ist offen- kundig nicht der Fall. Dann bitte Ihr Handzeichen für Ziffer 47! – Mehrheit. die Ziffern 1 bis 24 gemeinsam! – Das ist die Mehr- Damit entfällt Ziffer 48. heit. Ziffer 52! – Minderheit. Damit hat der Bundesrat entsprechend Stellung Dann kommen wir zu Ziffer 52. Wer stimmt zu? genommen. (Widerspruch) Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 14: – Die hatten wir gerade? Ich bitte um Nachsicht. Ich Vorschlag für eine Verordnung des Europäi- hoffe, dass unsere Protokollführer das alles ganz ge- schen Parlaments und des Rates über den Euro- nau übersehen. päischen Fonds für strategische Investitionen und zur Änderung der Verordnungen (EU) Meine Damen und Herren insbesondere auf der Nr. 1291/2013 und (EU) Nr. 1316/2013 Besuchertribüne, das kann ja niemand von Ihnen COM(2015) 10 final; Ratsdok. 5112/15 nachvollziehen. Das geht den Kollegen hier auch so. (Drucksache 15/15, zu Drucksache 15/15) (Heiterkeit) Wortmeldungen liegen nicht vor. – Herr Kollege Deshalb haben wir einen genauen Fahrplan. Er sieht Minister Friedrich (Baden-Württemberg) gibt eine so aus, dass in den Ausschüssen des Bundesrates – im Erklärung zu Protokoll*) ab. Bundesrat gibt es wie im Bundestag Ausschüsse, zum Beispiel für Arbeit und Sozialpolitik, für Innenpolitik, für Europapolitik – eine ganze Fülle von Gesetzes- *) Anlage 3 werken und Verordnungen vorberaten werden. Sie 86 Bundesrat – 931. Sitzung – 6. März 2015 Präsident Volker Bouffier (A) (C) haben manchmal 100 Seiten, und es gibt 57 verschie- Hierzu liegen keine Wortmeldungen vor. – Kollege dene Anträge. Das Ziel ist es, die Diskussion nach Minister Professor Dr. Bausback (Bayern) hat eine Möglichkeit so zusammenzubringen, dass man man- Erklärung zu Protokoll*) abgegeben. ches zusammenfassen und im Block darüber abstim- Wir stimmen über die Ausschussempfehlungen ab. men kann, damit hier nicht zu jedem Thema 16 Län- der unterschiedlich vortragen müssen. Bestehen Bedenken, über Ziffern 1 bis 3 der Aus- schussempfehlungen gemeinsam abzustimmen? – Es gibt aber sehr unterschiedliche Länderinteres- Das ist nicht der Fall. Dann rufe ich auf: Ziffern 1 bis 3 sen. Den Küstenländern sind Fragen des Fischfangs gemeinsam! – Mehrheit. wichtig. Bayern ist alles wichtig. Ziffer 4! – Mehrheit. (Heiterkeit) Ziffer 5! – Mehrheit. Aus der Sicht von Hessen ist das nicht so wichtig. Ziffer 6! – Mehrheit. Länder mit Bergbau sind in entsprechenden Fragen ganz anders engagiert als solche, die keinen Bergbau Ziffer 7! – Mehrheit. haben. Damit hat der Bundesrat entsprechend Stellung Wir haben also sehr unterschiedliche Interessenla- genommen. gen, die wir versuchen müssen zusammenzubringen. Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 16: Das führt dann – wie bei diesem Thema; ich habe es gerade überschlagen – zu 60 Einzelabstimmungen. Verordnung zur Durchführung eines Monito- Da wollen wir gemeinsam hoffen, dass die Abstim- rings zur atypischen BSE, zur Änderung der mungsergebnisse genau notiert werden. Am Ende TSE-Überwachungsverordnung und zur Auf- wird davon eine Gesamtübersicht gemacht, damit hebung der BSE-Untersuchungsverordnung man mit den Dingen umgehen kann. Es kommt aber (Drucksache 5/15) manchmal wirklich – wie Sie selber wissen – aufs Wortmeldungen liegen nicht vor. Wort an. Deshalb müssen wir genau sein. Zur Abstimmung liegen Ihnen die Ausschussemp- Dann fahren wir jetzt mit den Abstimmungen fort: fehlungen vor. Ich rufe auf: Ziffer 54! – Mehrheit. Ziffer 1! – Mehrheit.

Ziffer 57! – Mehrheit. Ziffer 2! – Mehrheit.

(B) Damit entfällt die Ziffer 58. Wir kommen zur Schlussabstimmung: Wer der Ver- (D) ordnung nach Maßgabe der vorherigen Abstimmung Meine Damen und Herren auf der Tribüne, Sie zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzei- wundern sich vielleicht, dass wir hier oben manch- chen. – Das ist die Mehrheit. mal etwas länger brauchen, um festzustellen, ob es Dann ist so beschlossen. eine Minderheit oder die Mehrheit ist. Die einzelnen Länder haben, wie Sie wissen, unterschiedliche Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 17: Stimmgewichte. Deshalb kann man nicht nur die Verordnung über den kollektiven Teil der Handzeichen zählen, sondern man muss immer die Rückstellung für Beitragsrückerstattung (RfB- Zahl der Stimmen addieren, die die jeweiligen Län- Verordnung – RfBV) (Drucksache 549/14) der haben; diese Zahl ist – je nach Land – unter- schiedlich hoch. Hierzu liegen Wortmeldungen vor. Ich darf zu- nächst Frau Ministerin Heinold aus Schleswig-Hol- Bitte Ihr Handzeichen für alle noch nicht erledigten stein bitten. Ziffern der Ausschussempfehlungen! – Mehrheit; so beschlossen. Monika Heinold (Schleswig-Holstein): Herr Präsi- Damit hat der Bundesrat zu dem EU-Verordnungs- dent, meine Damen und Herren! Eine neue Regelung vorschlag für einen Investitionsfonds entsprechend der Rückstellung für Beitragsrückerstattung bei den Stellung genommen. Lebensversicherungen war überfällig. Die 1994 ein- geführte strikte Aufteilung in einen Rückstellungsbe- Wir kommen dann zu Tagesordnungspunkt 15: stand für Verträge vor 1994 und einen zweiten für Neuverträge lief dem Versicherungsprinzip der Ge- Mitteilung der Kommission an das Europäische nerationengerechtigkeit zunehmend entgegen. Parlament, den Rat, die Europäische Zentral- bank, den Europäischen Wirtschafts- und So- Auf der einen Seite standen Rückstellungen in zialausschuss, den Ausschuss der Regionen und zweistelliger Milliardenhöhe, die einem immer wei- die Europäische Investitionsbank: Optimale ter abnehmenden Altkundenstamm zugerechnet Nutzung der im Stabilitäts- und Wachstums- wurden. Auf der anderen Seite standen die vielen pakt vorgesehenen Flexibilität COM(2015) 12 final (Drucksache 19/15) *) Anlage 4 Bundesrat – 931. Sitzung – 6. März 2015 87 Monika Heinold (Schleswig-Holstein) (A) (C) Neukunden, die nur auf Ausschüttungen aus ihrem bestände. Die zweite wesentliche Änderung, von den selbst angelegten Puffer zählen konnten. Ländern angeregt und mit dem Bund geeint, bezieht sich auf freiwillige Rückführungen vor Erreichen der Mit der 2013 erfolgten Änderung des Versiche- Obergrenze. rungsaufsichtsgesetzes wurde eine Lösungsmöglich- keit für dieses Problem geschaffen. Seitdem lassen Im Interesse der Verbraucherinnen und Verbrau- sich neben den beiden getrennten Rückstellungen cher muss eine teilweise Auflösung der kollektiven für Alt- und Neukunden kollektive Rückstellungen Rückführungsbestände jederzeit möglich sein; denn für Beitragsrückerstattung einrichten, die den über- soweit die Versicherungsunternehmen ihre Eigenmit- schussberechtigten Verträgen insgesamt zugeordnet telanforderungen anderweitig erfüllen können, ist sind. Damit wurde ein dringend notwendiger Aus- kein Grund ersichtlich, sie zur Kollektivierung zu gleichsmechanismus zwischen alten und neuen Poli- zwingen. Um negative Auswirkungen von freiwilli- cen geschaffen. gen Rückführungen auf die wirtschaftliche Stabilität einer Versicherung zu verhindern, muss die BaFin ( V o r s i t z : Amtierende Präsidentin der Höhe des Rückführungsbetrages zustimmen. Dr. Angelica Schwall-Düren) Die Versicherten profitieren aber nur dann, wenn Meine Damen und Herren, neben den beiden ge- die in den kollektiven Teil gewanderten Gelder – neu nannten Änderungen gibt es die Übereinkunft mit aufgeteilt – in die Einzeltöpfe zurückgehen; denn dem Bund, die Auswirkungen der neuen Verordnung nach wie vor sind Ausschüttungen zum Jahresende fünf Jahre nach Inkrafttreten evaluieren zu lassen. nur aus diesen beiden Einzelbeständen möglich. Ver- Damit schaffen wir Transparenz und eine Bewer- bleiben die Rückstellungen dagegen im kollektiven tungsgrundlage, ob in Zukunft weitere Anpassungen notwendig sind. Teil, dienen sie an erster Stelle den Versicherungsun- ternehmen als nachweisbare Eigenmittel. Die Bundesregierung hat gut vorgelegt. Die Länder Meine Damen und Herren, wir brauchen daher haben an entscheidender Stelle nachgebessert. Das klare Vorschriften, die die Rückführungen regeln und Ergebnis ist eine durchdachte Verordnung, die die die Belange der Versicherten genauso angemessen Interessen der Versicherer mit denen der Versicher- berücksichtigen wie die Bedürfnisse der Versiche- ten fair austariert. So bleibt das Modell Lebensversi- rungen. Im Versicherungsaufsichtsgesetz ist deshalb cherung attraktiv. – Vielen Dank für Ihre Aufmerk- eine Verordnungsermächtigung normiert, von der die samkeit für dieses etwas komplizierte Themenfeld. Bundesregierung Gebrauch gemacht hat. Der ursprüngliche Verordnungsentwurf der Bun- Amtierende Präsidentin Dr. Angelica Schwall- desregierung zielte in die richtige Richtung. Es gab Düren: Vielen Dank, Frau Ministerin Heinold! (B) (D) aber Nachbesserungsbedarf, den Schleswig-Hol- Ich erteile Herrn Parlamentarischen Staatssekretär stein, Bremen und Hessen frühzeitig erkannt und Dr. Meister (Bundesministerium der Finanzen) das angemeldet haben. Durch die ursprünglichen Rege- Wort. lungen waren Fehlentwicklungen zu Lasten der Ver- sicherungsnehmer absehbar. Dr. Michael Meister, Parl. Staatssekretär beim Bun- In konstruktiven Verhandlungen zwischen Schles- desminister der Finanzen: Frau Präsidentin! Meine wig-Holstein und dem Bundesfinanzministerium sehr verehrten Damen und Herren! In der heutigen konnte eine Verständigung zu zwei wesentlichen Än- Sitzung steht die Verordnung über den kollektiven derungen am Verordnungsentwurf erzielt werden. Teil der Rückstellung für Beitragsrückerstattung als Erstens wird die maximale Obergrenze für den weiterer Baustein der Neuregelung des Versiche- kollektiven Teil der Rückstellung für Beitragsrück- rungsbereichs auf der Tagesordnung. erstattung herabgesetzt. Diese Obergrenze regelt, ab Die Bundesregierung hat zur Stabilisierung dieses wann Beträge aus dem kollektiven Teil wieder in die Sektors bereits Maßnahmen ergriffen. Ich darf nur Teilbestände rückgeführt werden müssen und damit auf das Lebensversicherungsreformgesetz verweisen, für eine Ausschüttung an die Versicherungsnehmer bei dem wir versucht haben, ein zwischen den Versi- zur Verfügung stehen. cherten, der Aufsicht, den Anteilseignern, dem Ver- Im ersten Entwurf der Verordnung sollte die Ober- trieb und den Unternehmen ausgewogenes Maßnah- grenze bei 80 Prozent der benötigten Eigenmittel des menpaket herbeizuführen. Ich darf auch darauf Versicherers liegen – aus unserer Sicht zu hoch; denn hinweisen, dass Sie heute in der „grünen Liste“ der es hätte dazu geführt, dass weniger Geld an die Kun- Umsetzung der sogenannten Solvency-II-Richtlinie den ausgeschüttet wird. Außerdem hätte dies einen zugestimmt haben. Das ist aus meiner Sicht die Anreiz geliefert, zu sehr auf die Rückstellungen aus größte Veränderung des Versicherungsaufsichtsge- den Lebensversicherungen zu setzen statt echte Ei- setzes in den vergangenen Jahrzehnten. Wir hoffen, genmittel aufzubauen. Deshalb haben Schleswig- dass damit eine wettbewerbsneutrale Implementie- Holstein und Bremen beziehungsweise Hessen in rung erfolgt, der Proportionalitätsgrundsatz gewahrt den Ausschüssen eine Herabsetzung der Obergrenze wird und wir auch dadurch zu einer Stärkung der auf 60 Prozent beantragt. Versicherten beitragen. Meine Damen und Herren, das eine ist die Ober- Das dritte Element ist die Verordnung über die grenze für verpflichtende Rückführungen an die Teil- Rückstellung für Beitragsrückerstattung. Wir haben 88 Bundesrat – 931. Sitzung – 6. März 2015 Parl. Staatssekretär Dr. Michael Meister (A) (C) an dieser Stelle Vorgaben an die Lebensversicherer Damit hat der Bundesrat der Verordnung, wie so- bei der Teilkollektivierung der Rückstellungen vor- eben festgelegt, zugestimmt. gesehen. Es geht um die Frage, in welchem Umfang Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 19: wir die Versicherten schützen können. Vierzehnte Verordnung zur Änderung der Arz- Die Teilkollektivierung ist Ausfluss der Neurege- neimittelverschreibungsverordnung (Drucksa- lung der Lebensversicherung im Jahre 1994. Damals che 28/15) gab es eine Marktöffnung und damit verbunden eine Aufteilung der Versichertenbestände in sogenannte Es liegen keine Wortmeldungen vor. Alt- und Neubestände. Wir haben heute im Versiche- Zur Abstimmung liegen Ihnen die Ausschussemp- rungsaufsichtsgesetz die Möglichkeit der Einrichtung fehlungen vor. Hieraus rufe ich auf: eines kollektiven Teils zur Rückstellung für Beitrags- rückerstattung, um einen Ausgleichsmechanismus Ziffer 1! – Mehrheit. zwischen Alt- und Neubeständen zu schaffen. Ziffer 2! – Mehrheit. Frau Kollegin Heinold hat schon angesprochen, Wer nun der Verordnung, wie soeben festgelegt, dass Schleswig-Holstein, Bremen und Hessen Poten- zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzei- zial signalisiert haben, wie die Verordnung noch ver- chen. – Mehrheit. braucherorientierter ausgerichtet werden kann. Wir haben in sehr konstruktiven Gesprächen zwischen Dann ist so beschlossen. insbesondere Schleswig-Holstein und der Bundes- Wir kommen zu Punkt 28: ebene versucht, diese Vorschläge aufzugreifen. Verordnung zur Umsetzung von Artikel 14 der Die beiden Änderungen sind von Frau Kollegin Richtlinie zur Energieeffizienz und zur Ände- Heinold dargestellt worden. Das eine ist die Frage, rung weiterer umweltrechtlicher Vorschriften wie früh Überschüsse an den Alt- beziehungsweise (Drucksache 538/14) Neubestand fließen können. Das ist aus meiner Sicht Auch hierzu haben wir keine Wortmeldungen. ein Beitrag zur Stärkung der Versicherten. Das Zweite ist die Absenkung der Maximalgröße für den Zur Abstimmung liegen Ihnen die Ausschussemp- kollektiven Teil der Rückstellung für Beitragsrücker- fehlungen vor. Daraus rufe ich auf: stattung von 80 auf 60 Prozent. Ziffer 1! – Mehrheit. Ich meine, damit haben wir gute Voraussetzungen Ziffer 2! – Mehrheit. geschaffen, die Verordnung in gemeinschaftlichem Ziffer 3! – Mehrheit. (B) Sinne zu regeln. Die Bundesregierung ist bereit, eine (D) Protokollerklärung abzugeben. Das möchte ich tun. Ziffer 4! – Mehrheit. Die Bundesregierung wird die Verordnung über Damit entfällt Ziffer 5. den kollektiven Teil der Rückstellung für Beitrags- Wir kommen zu Ziffer 6. – Minderheit. rückerstattung innerhalb von fünf Jahren evaluieren. Wird auf Grund der Evaluation Anpassungsbedarf Ziffer 7! – Mehrheit. festgestellt, wird der Verordnungsgeber die erforder- Wir kommen zur Schlussabstimmung: Wer der Ver- lichen Anpassungen vornehmen. ordnung nach Maßgabe der vorherigen Abstimmung Vielen Dank für die konstruktiven Gespräche! Ich zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzei- hoffe auf Ihre Zustimmung. – Danke sehr. chen. – Mehrheit. Dann ist so beschlossen. Amtierende Präsidentin Dr. Angelica Schwall- Es bleibt noch abzustimmen über eine empfohlene Düren: Vielen Dank, Herr Staatssekretär Dr. Meister! Entschließung.

Ich stelle fest, dass Herr Parlamentarischer Staats- Wer ist für Ziffer 9? – Mehrheit. sekretär Dr. Meister (BMF), wie angekündigt, eine Ziffer 10! – Mehrheit. Erklärung zu Protokoll*) abgegeben hat. Damit hat der Bundesrat eine Entschließung ge- Wir kommen zur Abstimmung. Dazu liegen Ihnen fasst. die Ausschussempfehlungen vor. Meine Damen und Herren, nun kann ich Ihnen mit- Wir stimmen über die Ziffern 1 und 2 zusammen teilen, dass wir die Tagesordnung der heutigen Sit- ab. Ich bitte um Ihr Handzeichen. – Mehrheit. zung – erfreulich früh – erledigt haben. Ich berufe die nächste Sitzung des Bundesrates ein Wir kommen zur Schlussabstimmung: Wer stimmt auf Freitag, den 27. März 2015, 9.30 Uhr. der Verordnung nach Maßgabe der soeben erfolgten Abstimmung zu? – Mehrheit. Ich wünsche ein schönes Wochenende. Die Sitzung ist geschlossen.

*) Anlage 5 (Schluss: 12.08 Uhr) Bundesrat – 931. Sitzung – 6. März 2015 89

(A) (C) Beschluss im vereinfachten Verfahren (§ 35 GO BR)

Vorschlag für einen Beschluss des Europäischen Parlaments und des Rates über eine Makrofinanzhilfe für die Ukraine COM(2015) 5 final; Ratsdok. 5093/15 (Drucksache 33/15) Ausschusszuweisung: EU Beschluss: Kenntnisnahme

Feststellung gemäß § 34 GO BR Einspruch gegen den Bericht über die 930. Sitzung ist nicht eingelegt worden. Damit gilt der Bericht ge- mäß § 34 GO BR als genehmigt.

(B) (D)

Bundesrat – 931. Sitzung – 6. März 2015 91*

(A) (C) Anlage 1 Punkt 20 Verordnung über die Benennung weiterer zur Umdruck 2/2015 Teilnahme an der Antiterrordatei sowie zur Teilnahme an der Rechtsextremismus-Datei be- Zu den folgenden Punkten der Tagesordnung der rechtigter Polizeivollzugsbehörden (Drucksache 931. Sitzung des Bundesrates möge der Bundesrat 17/15) gemäß den vorliegenden Empfehlungen und Vor- schlägen beschließen: Punkt 21 Verordnung zur Aussetzung der Erhebung nach § 9 Absatz 4 des Umweltstatistikgesetzes (Druck- sache 14/15) I. Punkt 22 Den Gesetzen zuzustimmen: Vierte Verordnung zur Änderung der Transeuro- päische-Eisenbahn-Interoperabilitätsverordnung Punkt 1 (Drucksache 18/15) Gesetz zur Modernisierung der Finanzaufsicht über Versicherungen (Drucksache 46/15)

Punkt 25 Gesetz zu dem Abkommen vom 5. Dezember 2014 V. zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Entsprechend den Anregungen und Vorschlägen der Republik Polen zum Export besonderer Leis- zu beschließen: tungen für berechtigte Personen, die im Hoheits- gebiet der Republik Polen wohnhaft sind (Druck- Punkt 23 sache 66/15) a) Benennung von Beauftragten des Bundesrates in Beratungsgremien der Europäischen Union für den Beratenden Ausschuss der Kom- mission für die Berufsbildung (Drucksache II. 582/14, Drucksache 582/1/14) b) Benennung von Beauftragten des Bundesrates Gegen den Gesetzentwurf keine Einwendungen in Beratungsgremien der Europäischen Union zu erheben: für die Experten-Arbeitsgruppen „Partizipato- rische Verwaltung des kulturellen Erbes“ und (B) Punkt 5 (D) „Förderung des Zugangs zur Kultur über digi- Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Agrar- tale Medien“ im Rahmen des EU-Arbeitsplans und Fischereifonds-Informationen-Gesetzes und Kultur (2015 bis 2018) (Drucksache 29/15, des Betäubungsmittelgesetzes (Drucksache 27/15) Drucksache 29/1/15)

III. VI. Zu dem Gesetzentwurf die in der zitierten Emp- Zu dem Verfahren, das in der zitierten Druck- fehlungsdrucksache wiedergegebene Stellung- sache bezeichnet ist, von einer Äußerung und einem nahme abzugeben: Beitritt abzusehen:

Punkt 9 Punkt 24 Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht internationalen Rechtshilfe bei der Vollstreckung (Drucksache 49/15) von freiheitsentziehenden Sanktionen und bei der Überwachung von Bewährungsmaßnahmen (Drucksache 24/15, Drucksache 24/1/15)

Anlage 2

Erklärung IV. von Minister Peter Friedrich Den Vorlagen ohne Änderung zuzustimmen: (Baden-Württemberg) zu Punkt 4 der Tagesordnung Punkt 18 Verordnung zur Festsetzung der Erhöhungszahl Anlass der Initiative Baden-Württembergs ist eine für die Gewerbesteuerumlage nach § 6 Absatz 5 eigentlich sehr erfreuliche Entwicklung: Immer mehr des Gemeindefinanzreformgesetzes im Jahr 2015 Menschen engagieren sich freiwillig in verschiede- (Drucksache 3/15) nen Organisationen. 92* Bundesrat – 931. Sitzung – 6. März 2015

(A) (C) Allein in Baden-Württemberg hat sich die Zahl der türlich den Freiwilligen selbst und den Freiwilligen- jungen Menschen, die ein Freiwilliges Soziales Jahr diensten, aber auch der Gesellschaft und dem Staat leisten, in den letzten 10 Jahren weit mehr als ver- insgesamt! doppelt. Aktuell sind es über 12 000 Freiwillige, im Ich bitte Sie daher herzlich, unserer Entschließung Jahr 2005 waren es erst 5 000. Im Bundesfreiwilligen- zuzustimmen. dienst sind weitere 4 800 Menschen im Einsatz. Ähn- liche Entwicklungen sind in den anderen Bundeslän- dern zu beobachten. Wir wollen dazu beitragen, dieses Engagement weiter zu fördern, auszubauen und die unbestritten Anlage 3 notwendigen Regulierungen möglichst einfach aus- zugestalten. Erklärung Wichtige Grundlage unserer Initiative sind Er- kenntnisse, die wir mit dem Beteiligungsprozess zur von Minister Peter Friedrich „Engagementstrategie Baden-Württemberg“ gewon- (Baden-Württemberg) nen haben. Darin haben wir unterschiedlichste Ak- zu Punkt 14 der Tagesordnung teure des bürgerschaftlichen Engagements zusam- Einleitung mengebracht. Viele neue Ideen wurden entwickelt und Handlungsempfehlungen erarbeitet. Die Beratungen über den Europäischen Fonds für strategische Investitionen – EFSI – gehen auf EU- Für die Freiwilligendienste lautet eine Erkenntnis: Ebene rasant voran. Schon beim ECOFIN-Rat am Jugendliches Engagement ist stark von den jeweili- 10. März 2015 sollen sich die Mitgliedstaaten auf gen Umständen abhängig. Das heißt, wenn die Rah- eine allgemeine Ausrichtung zum Verordnungsvor- menbedingungen stimmen, dann engagieren sich die schlag verständigen. Wir haben also im Prinzip nur Jugendlichen. Und da wollen wir ansetzen. noch heute Gelegenheit, unsere Forderungen an die Denn die Vielfalt der bestehenden Angebote ist in Bundesregierung heranzutragen. gewisser Weise auch eine Schwäche. Unterschiedli- Ich begrüße sehr die EU-Investitionsoffensive und che Rechtsgrundlagen mit unterschiedlichen Inhal- ihr Ziel, Investitionen in der EU voranzubringen, um ten bremsen die Bereitschaft, sich einzubringen, eher Arbeitsplätze und Wachstum zu schaffen. als sie zu fördern. Immer noch bestehende Doppel- strukturen führen darüber hinaus zu unnötigen Kos- Die EU-Kommission betrachtet die anhaltende In- ten. vestitionsschwäche in Europa mit großer Sorge. Hier (B) haben wir uns in Europa von den Auswirkungen der (D) Deshalb schlagen wir mit unserer Entschließung weltweiten Finanzkrise 2008 immer noch nicht er- vor, ein einheitliches Freiwilligendienstgesetz zu holt. schaffen. Darin sollen der Bundesfreiwilligendienst, die Jugendfreiwilligendienste des freiwilligen sozia- Die Sorge der Kommission teile ich. So richtig es len Jahres (FSJ) und des freiwilligen ökologischen ist, die öffentlichen Finanzen zu konsolidieren, und Jahres (FÖJ) sowie sonstige Freiwilligendienste zu- so richtig es ist, gute regulatorische Rahmenbedin- sammengefasst werden. Damit können wir nach mei- gungen zu setzen: Wir müssen unser Augenmerk ner Überzeugung einheitliche Grundregeln treffen, noch stärker auf konkrete Wachstumsimpulse in der die dann für alle genannten Freiwilligendienste gel- EU richten. ten. Doppelstrukturen können abgebaut und Syner- Der Kommissionsvorschlag für den EFSI hat aber gieeffekte genutzt werden. leider einen erheblichen Konstruktionsfehler: Zur Die Länder unternehmen zum Teil enorme An- Finanzierung des EFSI sollen 2,7 Milliarden Euro aus strengungen bei der Förderung und beim Ausbau der dem EU-Forschungsrahmenprogramm „Horizont Freiwilligendienste. Sie tun dies, weil es sinnvoll und 2020“ entnommen werden. In den Jahren 2016 und nützlich für den Zusammenhalt der Gesellschaft ist. 2017 werden dadurch fast 10 Prozent der gesamten Forschungsausgaben der EU entfallen. Ich sehe hier aber auch den Bund in der Pflicht, sich verstärkt dieser gesamtgesellschaftlichen Auf- Europa ist stark, weil hier rund 7 Prozent der Welt- gabe anzunehmen. Deshalb fordern die Länder und bevölkerung gut ein Drittel des globalen Wissens die Träger zu Recht seit langem eine nachhaltige hervorbringen. Wir sind ein Kontinent der Innova- finanzielle Förderung des Bundes für den gesamten tion, und nur deswegen hat Europa eine Zukunft. Bereich des bürgerschaftlichen Engagements. Die Mittelkürzungen im Forschungsbereich wer- Regelungsbedarf für die Freiwilligendienste sehe den besonders Hochschulen und Unternehmen aus ich auch in Bezug auf die Arbeitsmarktneutralität der Deutschland treffen. Denn der Forschungsbereich ist Dienste. Hier gibt es – leider – immer wieder Begehr- der einzige Bereich des EU-Haushalts, bei dem die lichkeiten, freiwilliges Engagement auszunutzen. Einzahlungen von und die Rückflüsse nach Deutsch- land annähernd gleich hoch sind. Wenn es uns gelingt, in diesem besonders sen- siblen Bereich einheitliche Regeln und mehr Trans- Auch anderswo sucht man nach Lösungen und in- parenz zu schaffen, können wir einen wichtigen vestiert relativ betrachtet viel mehr in Forschung und Schritt vorankommen. Ein Schritt, der allen nutzt, na- Entwicklung als in Europa. Bundesrat – 931. Sitzung – 6. März 2015 93*

(A) (C) Die vergangenen Jahre haben aber auch europa- Und wir müssen wenigstens dafür sorgen, dass der weit gezeigt, dass jene Staaten, die viel in Forschung EFSI so ausgestaltet wird, dass vor allem innovative und Entwicklung investiert haben, die Krise am bes- und nachhaltige Projekte leichter finanziert werden ten überstehen. Das hat auch die EU-Kommission be- können. Der Verordnungsvorschlag lässt leider bis- griffen, wie man in ihrer Mitteilung zur Innovations- her noch nicht erkennen, wie Forschungs- und Ent- union (vom Juni 2014) nachlesen kann. wicklungsvorhaben vom EFSI angemessen profitie- ren können. Leider kann der EFSI die Schwächung der F&E- Mittel durch die Entnahme aus dem Horizont-2020- Neben Forschungsprojekten brauchen wir die Programm nicht ausgleichen. schnelle Umsetzung innovativer Ideen in marktfä- hige Produkte und Dienstleistungen. Das ist es doch, Ich will an drei Beispielen veranschaulichen, wa- wo Europa gegenüber Amerika und Asien schwä- rum es falsch ist, die EU-Forschungsmittel für den In- chelt: Die schnelle Umsetzung der vorhandenen gu- vestitionsfonds einzusetzen: ten Ideen in neue Geschäftsmodelle, und zwar auch mal unter Inkaufnahme einer ordentlichen Portion Erstens. Die Investitionsoffensive und der EFSI sol- Risiko. len private Investitionen in rentable, aber risikorei- che Vorhaben fördern, also die Kreditaufnahme für Am liebsten würde ich Investitionsprojekte unse- Unternehmen erleichtern. Wichtige Forschungsvor- rer kleineren Unternehmen sehen, die mit EFSI-Mit- haben sind aber selten „Investment Cases“: Sie sind teln neue Märkte erschließen. Ich kann nur dazu auf- in der Regel nicht darlehensfinanziert und auch nicht rufen, liebe Mittelständler: Machen Sie von den unmittelbar profitabel. Möglichkeiten des EFSI regen Gebrauch!

Zweitens. „Horizont 2020“ ist bereits ein Wachs- Ausblick tums- und Innovationsprogramm. Hochschulen, die Wie geht es nun weiter? Ich begrüße es, dass der wesentlichen Treiber von Innovation, werden von der EFSI schnell kommt. Insofern will ich mich an der Investitionsoffensive nicht profitieren können, denn Kritik am schnellen Rechtsetzungsverfahren nicht sie benötigen Zuschüsse, nicht verbesserten Zugang beteiligen. zu Krediten. Diese Zuschüsse gibt es nur in „Horizont 2020“, nicht über den EFSI oder andere Elemente der Meiner Meinung nach macht die Investitionsoffen- Investitionsoffensive. sive trotzdem ein grundsätzliches Dilemma des EU- Finanzrahmens 2014 – 2020 sichtbar: Er setzt nicht Drittens. Durch den Investitionsfonds wird die eu- die richtigen Schwerpunkte. ropäische Forschung um insgesamt 2,7 Milliarden Euro zwischen 2015 und 2021 gekürzt – davon allein Mit Blick auf den Mehrjährigen EU-Finanzrahmen (B) 221 Millionen Euro weniger für den weltweit renom- ist mir daher wichtig, dass der nächste MFR endlich (D) mierten Europäischen Forschungsrat. Dabei ist auf die wirklichen Zukunftsaufgaben der EU ausge- Spitzenforschung vom Anwendungsbereich und den richtet wird. Also weg von der üppigen Agrar- und Zielen der Investitionsoffensive weit entfernt: Kein Strukturförderung hin zu Investitionen in F&E und potenzieller Stipendiat des Europäischen Forschungs- Innovationen; denn nur diese werden langfristig Ar- rats wird ein Forschungsprojekt dem EFSI vorlegen beitsplätze schaffen und die Zukunftsfähigkeit der können. EU sichern!

Wenn der Investitionsfonds so kommt, wie er jetzt angekündigt ist, wird er die Forschungslandschaft Europas schwächen. In einigen Mitgliedstaaten sind die Ausgaben für Forschung und Entwicklung seit 2008 Anlage 4 um zehn oder mehr Prozent gefallen. F&E-Ausgaben 2008 – 2012: Spanien -9,4 Prozent, Frankreich -5,6 Pro- Erklärung zent, Italien -3,9 Prozent, Rumänien -12,2 Prozent, Lettland -14,5 Prozent, Ungarn -5 Prozent, Griechen- von Staatsminister Prof. Dr. Winfried Bausback land -5 Prozent. Und jetzt will auch die EU ihre For- (Bayern) schungsausgaben um 3,5 Prozent kürzen – in 2016 zu Punkt 15 der Tagesordnung und 2017 sogar um fast 10 Prozent. Erstens. Die Bayerische Staatsregierung hält die Kommissionspräsident Juncker selbst spricht le- konsequente Fortsetzung von Haushaltskonsolidie- diglich von „Umwidmung“ der Horizont-Mittel. Das rungsmaßnahmen und wachstumsfördernden Struk- ist verharmlosend und falsch. Denn dieses Geld wird turreformen für unerlässlich. Um Europa auf einen insbesondere in der Grundlagenforschung fehlen. Ich nachhaltigen Wachstumspfad zurückzuführen, ist halte dies für sehr gefährlich. eine konsequente Umsetzung des Stabilitäts- und Wachstumspakts unabdingbar. Wenn diese Entnahme nicht mehr (vom Bund) ver- hindert werden kann, brauchen wir wenigstens eine Zweitens. Die Bayerische Staatsregierung bekräf- sachgerechte Kürzung innerhalb von „Horizont tigt, dass die Vorgaben des Stabilitäts- und Wachs- 2020“. Daher muss die Programmlinie „Risikokapi- tumspakts auch in Zukunft strikt einzuhalten sind. tal“ einen deutlichen Beitrag zur Finanzierung des Die von der EU-Kommission geplanten Flexibilisie- EFSI leisten, da diese die gleiche Zielrichtung hat. rungen in Bezug auf Investitionen, Strukturreformen 94* Bundesrat – 931. Sitzung – 6. März 2015

(A) (C) und die Konjunkturlage lassen in der Gesamtschau Siebtens. Die Bayerische Staatsregierung hält zu- allerdings eine erhebliche Aufweichung des Stabili- dem die von der Kommission am 25. Februar 2015 täts- und Wachstumspakts erkennen. Dadurch wird empfohlene Fristverlängerung für Frankreich zur Re- die Glaubwürdigkeit des Stabilitäts- und Wachstums- duzierung seines Defizits auf unter 3 Prozent des BIP pakts und des Euro-Raums insgesamt beschädigt. um weitere zwei Jahre für ein falsches Signal. Da- durch wird die Glaubwürdigkeit des gerade erst re- Drittens. Die Bayerische Staatsregierung bedauert formierten Stabilitäts- und Wachstumspakts erheb- es, dass die EU-Kommission die Investitionsoffensive lich beschädigt. Mangelnde Reformbereitschaft darf für Europa mit einer Aufweichung des Stabilitäts- nicht noch belohnt werden. Frankreich muss nun und Wachstumspakts verknüpft. Die EU-Kommission konsequent seinen Haushalt konsolidieren und drin- hat angekündigt, dass nationale Beteiligungen am gend Strukturreformen umsetzen. Die EU-Kommis- Europäischen Fonds für strategische Investitionen sion ist aufgerufen, den weiteren Kurs Frankreichs (EFSI) in der präventiven und der korrektiven Kom- streng zu überwachen und Verstöße zu sanktionie- ponente des Stabilitäts- und Wachstumspakts außer ren. Betracht bleiben. Die weitreichende Lockerung des Stabilitäts- und Wachstumspakts in Bezug auf natio- Achtens. Die Bayerische Staatsregierung weist nale Kofinanzierungen für durch den EFSI begüns- auch die von der EU-Kommission am 25. Februar tigte beziehungsweise von der EU kofinanzierte Pro- 2015 im Rahmen des Verfahrens bei makroökonomi- jekte ist abzulehnen. schen Ungleichgewichten geäußerte Kritik am Leis- tungsbilanzüberschuss Deutschlands zurück. Der Viertens. Anders als bisher wird die EU-Kommis- Überschuss ist Ausdruck der starken Wettbewerbsfä- sion die sogenannte Investitionsklausel unabhängig higkeit der deutschen Wirtschaft. von der im gesamten Euro-Raum beziehungsweise in der gesamten EU herrschenden Wirtschaftslage an- wenden. Damit werden die Möglichkeiten, Investitio- nen mildernd im Stabilitäts- und Wachstumspakt zu berücksichtigen, deutlich ausgeweitet. Die Bayeri- sche Staatsregierung sieht darin die Gefahr einer er- Anlage 5 heblichen Schwächung des Stabilitäts- und Wachs- tumspakts. Erklärung

Fünftens. Die Bayerische Staatsregierung sieht die von Parl. Staatssekretär Dr. Michael Meister weitreichende Berücksichtigung von Strukturrefor- (BMF) men (Strukturreformklausel) in der von der EU-Kom- zu Punkt 17 der Tagesordnung mission geplanten Form sehr kritisch, vor allem so- (B) weit bereits die Ankündigung von Strukturreformen Protokollerklärung der Bundesregierung zur Ver- (D) ausreichend sein soll. ordnung über den kollektiven Teil der Rückstellung für Beitragsrückerstattung Sechstens. Die Bayerische Staatsregierung ist der Auffassung, dass die vorgenommenen Präzisierun- Die Bundesregierung wird die Verordnung über gen hinsichtlich der Konjunkturlage überarbeitet den kollektiven Teil der Rückstellung für Beitrags- werden müssen. Dabei ist sicherzustellen, dass in rückerstattung innerhalb von fünf Jahren evaluieren. Zeiten sehr guter wirtschaftlicher Entwicklung noch- Wird auf Grund der Evaluation Anpassungsbedarf mals verstärkte Anpassungsanstrengungen unter- festgestellt, wird der Verordnungsgeber die erforder- nommen werden. lichen Anpassungen vornehmen.