Zeidler: Geschichte Der Philosophie I
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Kurt Walter Zeidler – Philosophie der Antike Geschichte der Philosophie I Philosophie der Antike Kurt Walter Zeidler – Philosophie der Antike Literatur: F. Ricken, Philosophie der Antike (Grundkurs Philosophie 6), Stuttgart 1988 (Urban-Tb. 350). W. Röd, Der Weg der Philosophie, Bd. 1, München (C.H. Beck) 1994. Quellen: Hermann Diels, Walther Kranz (Hrsg. und Übers.), Die Fragmente der Vorsokratiker, 3 Bde, Berlin 1912 (= DK) Diogenes Laertius, Leben und Meinungen berühmter Philosophen (= Diog. Laert.) Verpflichtende Lektüre: Platon, Euthyphron. Antike I 01 Kurt Walter Zeidler – Philosophie der Antike Die Sieben Weisen Kurze denkwürdige Sprüche aus dem 7. und 6. Jahrhundert Der Lakedämonier „schießt […] ein tüchtiges, ganz kurzes zusammengedrängtes Wort wie ein gewaltiger Bogenschütze, so daß, wer mit ihm spricht, nicht besser als ein Kind gegen ihn erscheint. Eben dieses nun haben sowohl von den Neueren einige eingesehen als auch von den Alten, daß das Lakonisieren weit mehr in der Liebe zur Weisheit besteht als in der Liebe zu den Leibesübungen, wohl wissend, daß solche Sprüche reden zu können [343a] nur dem vollkommen Unterrichteten gegeben ist. Unter diesen nun waren auch Thales von Miletos, Pittakos von Mytilene, Bias von Priene, unser Solon, Kleobulos von Lindos, Myson von Chenä, und als der siebente wurde zu diesen gezählt der Die Muse Kalliope (die Muse der epischen Dichtung, Lakedaimonier Chilon. Alle diese waren Nacheiferer, Philosophie und Wissenschaft) umgeben von Verehrer und Lehrlinge der Lakedaimonischen Künste. Denn Sokrates und den Sieben Weisen (im Uhrzeigersinn): jeder kann ihre Weisheit wissen, daß sie von dieser Art ist, Chilon aus Sparta, Pittakos von Mytilene, Periander kurze denkwürdige Sprüche, die ein jeder geredet hat. aus Korinth, Kleobulos aus Lindos, Bias von Priene, Platon, Protagoras 342e-342a Thales von Milet und Solon von Athen. Mosaik aus Baalbek (3. Jhd. n. Chr.) Antike I 02 Kurt Walter Zeidler – Philosophie der Antike Die Sieben Weisen Delphis Solonem scripse fama est Atticum: In Delphi, heißt's, schrieb Solon von Athen γνῶθι σεαυτόν, quod Latinum est: nosce te. γνῶθι σεαυτόν, zu deutsch: erkenne dich. multi hoc Laconis esse Chilonis putant. Doch manche meinen, dies sei Chilons Wort. Spartaner Chilon, auch wird drum gestritten, Spartane Chilon, sit tuum necne ambigunt, Ob dein der andre Spruch sei: ὅρα τέλος quod iuxta fertur: ὅρα τέλος μακροῦ βίου, μακροῦ βίου, den man dir zuschreibt, da du finem intueri longae vitae qui iubes. Befiehlst, das Ende eines langen Lebens multi hoc Solonem dixe Croeso existimant. Erst abzuwarten. Viele meinen auch, Daß Solon dies zu Kroisos einst gesagt. et Pittacum dixisse fama est Lesbium: Doch Pittakos von Lesbos, heißt es, habe γίγνωσκε καιρόν; tempus ut noris iubet. Gesagt: γίγνωσκε καιρόν und ermahnt: sed καιρός iste tempestivum tempus est. Erkenn die Zeit, — καιρός ist 'rechte Zeit'. Bias Prieneus dixit: οἱ πλεῖστοι κακοί, Und Bias von Priene sprach: οἱ πλεῖστοι κακοί, das heißt auf deutsch: die meisten Menschen quod est Latinum: plures hominum sunt mali: Sind schlecht; — versteh', die Toren nennt er schlecht. — sed inperitos scito, quos dixit malos. Und Periander aus Korinth: μελέτη μελέτη τὸ πᾶν, Periandri id est Corinthii: τὸ πᾶν; Bedacht, meint er, vermöge alles. meditationem posse totum qui putat. ἄριστον μέτρον lehrte Kleobulos aus Lindos, — deutsch: das Beste ist das Maß. ἄριστον μέτρον esse dicit Lindius Und Thales sprach: ἐγγύα, πάρα δ᾽ ἄτα; Cleobulus; hoc est: optimus cunctis modus. Er warnt vor Bürgschaft, da sie Schaden bringt. Thales sed ἐγγύα, πάρα δ᾽ ἄτα protulit. Dem, der entleiht, mißfällt zwar diese Mahnung. Spondere qui nos, noxa quia praes est, vetat. Ich hab' gesprochen, trete ab; und Solon, Der die Gesetze gab, tritt auf. hoc nos monere faeneratis non placet. Dixi, recedam, legifer venit Solon. B. Snell, Leben und Meinungen der Sieben Weisen. Griechische Ausonius, Ludus Septem Sapientum (4. Jhd.) und lateinische Quellen, München 1952. Antike I 03 Kurt Walter Zeidler – Philosophie der Antike Philosophie der Antike Sonnenfinsternis vom 28. Mai 585 v. Chr. von Thales vorhergesagt 524 n.Chr. Boethius hingerichtet Antike I 04 529 n. Chr. Akademie geschlossen/Gründung von Monte Cassino Kurt Walter Zeidler – Philosophie der Antike Antike I 05 Kurt Walter Zeidler – Philosophie der Antike Ionischer Aufstand 500-494 Kalliasfriede 448/449 PELOPONNESISCHER KRIEG 431-404 Schlacht von Chaironeia 338 Korinthischer Bund 337 MAKEDONISCHE HEGEMONIE Antike I 06 Kurt Walter Zeidler – Philosophie der Antike Thales als Musterbild des Philosophen Der weltfremde Philosoph (Platon) Thales und die thrakische Magd SOKRATES: So laß uns denn, da es dir so gefällt, von denen reden, welche an der Spitze stehen. Denn was sollte man auch von denen sagen, welche sich nur auf eine schlechte Art mit der Philosophie beschäftigen? Jene nun wissen von Jugend auf [173d] nicht einmal den Weg auf den Markt, noch wo das Gerichtshaus, noch wo das Versammlungshaus des Rates ist, noch wo irgendeine andere Staatsgewalt ihre Sitzung hält. Gesetze aber und Volksbeschlüsse, geschriebene oder ungeschriebene, sehen sie weder noch hören sie. Das Bewerben der Verbrüderungen um die obrigkeitlichen Ämter und die beratschlagenden Zusammenkünfte und die Feste mit Flötenspielerinnen, dergleichen zu besuchen fällt ihnen auch im Traume nicht ein. Ob ferner jemand edel oder unedel geboren ist in der Stadt, oder was einem von seinen Vorfahren her Übles anhängt von väterlicher oder mütterlicher Seite; davon weiß er weniger, wie man sagt, als wieviel es Sand am Meere gibt. [173e] Und von dem allen weiß er nicht einmal, daß er es nicht weiß. Denn er enthält sich dessen nicht, etwa um sich einen Ruf damit zu machen, sondern in der Tat wohnt nur sein Körper im Staate und hält sich darin auf; seine Seele aber, dieses alles für gering haltend und für nichtig, schweift […] überall umher, was auf der Erde und was in ihren Tiefen ist messend, und am Himmel die Sterne verteilend, [174a] und überall jegliche Natur alles dessen, was ist, im ganzen erforschend, zu nichts aber von dem, was in der Nähe ist, sich herablassend. THEODOROS: Wie meinst du dies, Sokrates? SOKRATES: Wie auch den Thales, o Theodoros, als er, um die Sterne zu beschauen, den Blick nach oben gerichtet in den Brunnen fiel, eine artige und witzige thrakische Magd soll verspottet haben, daß er, was am Himmel wäre, wohl strebte zu erfahren, was aber vor ihm läge und zu seinen Füßen, ihm unbekannt bliebe. Mit diesem nämlichen Spotte nun reicht man noch immer aus gegen alle, [174b] welche in der Philosophie leben. Denn in der Tat, ein solcher weiß nichts von seinem Nächsten und Nachbar, nicht nur nicht, was er betreibt, sondern kaum ob er ein Mensch ist oder etwa irgendein anderes Geschöpf. Was aber der Mensch an sich sein mag, und was einer solchen Natur ziemt anders als alle anderen zu tun und zu leiden, das untersucht er und läßt es sich Mühe kosten es zu erforschen. (Platon, Theaitetos 173c-174b) Antike I 07 Kurt Walter Zeidler – Philosophie der Antike Thales als Musterbild des Philosophen Die unnütze Philosophie (Aristoteles) Als man ihn [Thales] nämlich wegen seiner Armut verspottete, als ob die Philosophie zu nichts nütze sei, so soll er, der auf Grund seiner astronomischen Kenntnisse und Beobachtungen eine ergiebige Olivenernte voraussah, noch im Winter, mit dem wenigen Gelde, das ihm zu Gebote stand, als Handgeld, sämtliche Ölpressen in Milet und Chios für einen geringen Preis gepachtet haben, da niemand ihn überbot. Als aber der rechte Zeitpunkt gekommen war und plötzlich und gleichzeitig viele Pressen verlangt wurden, da habe er sie so teuer verpachtet, als es ihm beliebte, und so einen Haufen Geld verdient zum Beweise, daß es für die Philosophen ein Leichtes wäre, reich zu werden, daß das aber nicht das Ziel sei, dem ihre Bestrebungen gälten. Aristoteles, Politik 1259a (Übers. E. Rolfes) Aus dem Gesagten sieht man also, daß die Weisheit ein Wissen und ein Verstehen derjenigen Dinge ist, die ihrer Natur nach am ehrwürdigsten sind. Daher erklärt man einen Anaxagoras, einen Thales und ihresgleichen für Weise, aber nicht für klug, da man sieht, daß sie sich auf das, was ihnen Vorteil bringt, nicht verstehen, und man sagt ihnen nach, sie wüßten Ungewöhnliches, Wunderbares, Schweres, Übermenschliches, erklärt aber all dieses Wissen für unfruchtbar, weil sie nicht die irdischen Güter suchen. Aristoteles, Eth. Nic. VI, 7 1141b (Übers. E. Rolfes) Antike I 08 Kurt Walter Zeidler – Philosophie der Antike Thales – Astronomische und technische Kenntnisse Totale Sonnenfinsternis vom 28. Mai 585 Als aber der Krieg sich gar nicht entscheiden wollte und sie (Lyder und Meder) im sechsten Jahre wieder aneinander gerieten, begab es sich, daß nach der Eröffnung des Kampfes der Tag plötzlich zur Nacht wurde. Diesen Umbruch des Tages hatte Thales aus Milet den Ioniern vorausgesagt, wobei er als Grenze das Jahr ansetzte, in dem das Ereignis auch wirklich eintrat. Die Lyder und die Meder aber, als sie sahen, daß aus Tag Nacht geworden, ließen ab von dem Kampf und eilten Friede zu machen miteinander. Herodot , Historien 1,74 Umleitung des Halys Und als er an den Fluß Halys kam, führte er (Krösos) sein Heer hinüber über die Brücken, welche zu der Zeit über den Fluß gingen. So sage ich; die Hellenen aber sagen meist alle, daß Thales von Miletos das Heer hinübergeführt. Nämlich da Krösos sich nicht Rats gewußt, wie er sein Heer hinüber brächte, denn die Brücken wären dazumal noch nicht vorhanden gewesen, da habe Thales von Miletos, der sich in seinem Heer befunden, den Fluß, der bis dahin zur Linken floß, nun auch auf die rechte Seite geleitet. […] Er habe einen tiefen Graben gemacht, von oben bei dem Lager an, und derselbe sei mondförmig hinten um das Lager herumgegangen. Da sei nun der Fluß aus seinem alten Bett hineingelaufen und vor dem Lager vorbeigegangen und dann wieder in sein altes Bett gefallen und alsbald, wie der Fluß sich geteilt, habe man beide Arme durchwaten können. Herodot, Historien 1,75 Antike I 09 Kurt Walter Zeidler – Philosophie der Antike Θαλῆς ὁ Μιλήσιος Thales von Milet (ca.