Liebe Leserinnen, liebe Leser,

wenn es ein astronomisches Objekt gibt, über dessen wundervolle Schönheit sich alle Sternfreunde einig sind, dann ist es der Große Orionnebel M 42. Nachdem wir in interstellarum 5 bereits ausführlich auf die großartigen Nebeldetails und ihre Beobach- tungsgeschichte eingegangen sind, widmen wir uns diesmal den vielen schwachen Sternen in M 42 (Seite 38). Wie tief können Sie vordringen? Der zweite Höhepunkt dieses Heftes ist der große Vergleich von Minus-Violett- und Kontrastfiltern für die Mond- und Planetenbeobachtung. Dabei stieß Sternfreund Harald Ryfisch auf eine ungeahnte Überraschung (Seite 56).

Das interstellarum-Planetenjahr wird von Jupiter eröffnet, nachdem der Beitrag über Saturn im letzten Heft viele von Ihnen zu positiven Reaktionen animiert hat. Im nächsten Heft werden wir uns ausführlich dem Merkur-Durchgang vom 7.5. widmen. Endlich Abendstimmung auf dem Calar Alto (Foto: Jürgen Michelberger) haben Planetenbeobachter wieder eine Heimat: interstellarum! nen werden. Dabei wird die bisherige »Hardware« Besonders geprägt wird dieses Heft aber von den nicht zu kurz kommen: drei Testvergleiche von Teles- Neuerungen, mit denen wir dem Wunsch nach mehr kopen, Okularen und Montierungen werden derzeit praktischen Anleitungen entgegen kommen: »Tech- von der Redaktion für die nächsten Hefte vorbereitet. nik« nennt sich die große neue Rubrik, in der ab jetzt Erweitert haben wir auch die Inhalte der Sternhim- in jedem Heft Beiträge zur Praxis der Astrofotografie, mel-Seiten. Die informative Zusammenstellung von CCD-Technik, Videoastronomie und PC-Steuerung selbstrecherchierten Texten, praktischen Grafiken so- erscheinen werden. Den Anfang macht Wolfgang wie der einzigartigen Rubrik »Kosmische Begegnun- Kienreichs Praxistest des Star2000-Nachführsystems. gen» finden Sie in keiner anderen Astrozeitschrift! Neu ist auch die Rubrik »Selbstbau«, in der wech- selweise Beiträge aus der deutschen ATM-Szene und Damit der Neuerungen noch nicht genug: Mit An- die beliebte Serie »Meine Gartensternwarte« erschei- dré Wulff können wir einen kompetenten Mitarbeiter für die Kometenseite begrüßen. Und im Einsteigerteil beginnen wir einen Workshop für alle, die jetzt in die preiswerte Webcam-Technik einsteigen wollen – da-

fokussiert mit Sie rechtzeitig zur Mars-Opposition auch beste Erfolgschancen bei unserem großen Fotowettbewerb haben. Preise und Bedingungen dazu finden Sie im nächsten Heft.

klare kalte Winternächte wünschen Titelbild: NGC 2237-39/44 (Rosettenne- bel) von Andreas Masche. LRGB-Aufnah- me auf dem Schauinsland mit der Bath- Astrokamera (250mm, f/4,2). Es wurde dreimal auf Royal Gold 400 belichtet,

Belichtungszeit jeweils 75min (Deep- Dieses Dokument ist urheberrechtlich geschützt. Nutzung nur zu privaten Zwecken. Die Weiterverbreitung ist untersagt. Sky-Filter). Nachführung mit ST-4. Die Negative wurden eingescannt und mit MIRA zu einem Komposit zusam- mengefügt. Die weitere Bearbeitung erfolgte in Photoshop. Für das LRGB-Bild wurde eine TP 2415-Aufnahme von K.-L. Bath (1997) als Luminanzkanal verwendet.

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Inhalt Februar 2003

8 Beobachterforum Erde Astroszene 24 Zodiakallicht, Lichtbrücke und Gegenschein Jetzt ist die feine Lichtpyramide wieder am Abendhimmel zu 10 Die 21. Bochumer Herbsttagung sehen. Eine Einführung für visuelle und digitale Beobachter. Alle Jahre wieder – die Bochumer Herbsttagung (BoHeTa) ist von Stefan Binnewies eine Institution in der deutschen Astroszene. von Manfred Holl Sonne 12 Schlagzeilen 28 Dem Schatten entgegen Eindrucksvolle Bildergebnisse hat eine Gruppe von Finternis- Saturn im Visier • Wie groß ist Proxima Centauri? • NGC 6240: jägern von der Totalen Sonnenfinsternis am 4.12.2002 in doppelt aktiv • Jupitermond Amalthea durchlöchert wie ein Südafrika im Gepäck. von Michael Karrer Schweizer Käse? • Neuer Satellit für Gamma-Astronomie • Das frühe Universum im Infrarot-Licht • Wasserstoffwolken über der 30 Sonne aktuell Milchstraße Planeten 14 Aktueller Sternhimmel 31 Dem Gasriesen auf der Spur Einsteiger Jupiter erreicht Anfang Februar seine Oppositionsstellung. Wer mehr als nur zwei dunkle Bänder im Teleskop erkennen will, 20 Webcam-Workshop (1) findet Hinweise und Tipps zur systematischen Beobachtung. Unsere Einsteiger-Serie 2003: Anleitung zur Webcam-Astrofoto- von Ronald Stoyan grafie vom Kamerakauf bis zur Bildbearbeitung. Im ersten Teil 35 Saturn aktuell geht es um die richtige Kamerawahl. von Dirk van Uden Kometen Dieses Dokument ist urheberrechtlich geschützt. Nutzung nur zu privaten Zwecken. Die Weiterverbreitung ist untersagt. 23 Astronomie mit dem Fernglas: 36 Die Kometenseite Offene Sternhaufen in Puppis Milchstraße 38 Das Trapez und sein Sternhaufen Fokussiert ...... 1 Bezugsbedingungen...... 6 Impressum ...... 6 Termine ...... 80 Wie tief können Amateure in M 42 vordringen? Der große Autoren/-Inserenten Verzeichnis . . . . . 6 Kleinanzeigen...... 80 Orionnebel bietet mehr als leuchtendes Gas. Leserhinweise ...... 6 Vorschau ...... 80 von Ronald Stoyan

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www. .de 26

41 Veränderlicher aktuell: Veränderliche im Orion-Trapez 60 Produktspiegel (Neuigkeiten direkt vom Hersteller) 42 Eine Sternhaufen-Tour im Einhorn Mehr als zwei dutzend lohnende Ziele findet der Sterhaufen- Technik Freund im Sternbild Monoceros. von Stefan Korth 62 Das Star2000-System 44 NGC 2440 – ein polypolarer Planetarischer Nebel Vom englischen Hersteller Starlight gibt es eine Nachführ- Die Aussagekraft einer Astrofotografie hängt entscheidend davon Alternative zu Dual-Chip-Kameras. Wir erklären die Funktion ab, wie man sie auswertet. Detektiv Diederich auf den Spuren und nennen Vor- und Nachteile in der Praxis. eines ungewöhnlichen Winterobjektes. von Wolfgang Kienreich von Hans-Günter Diederich Selbstbau Universum 66 Ein Zubehör-Koffer-System 47 Die sphäroiden Zwerggalaxien der Milchstraße (2) Kabelsalat, Zubehör vergessen, Okular verloren? Mit diesem Der Theorieteil befasst sich mit den physikalischen Grundgrößen selbstgebauten Koffersystem gehören diese Sorgen der der Zwerggalaxien. von Peter Riepe und Harald Tomsik Vergangenheit an! 49 Deep-Sky-Herausforderung: Markarian 231 von Ulrich Beinert Geschichte Software 51 Der NGC und seine Beobachter (3) – Albert Marth 69 Software im Fokus: WinStars Albert Marth war ein zurückhaltender Mensch, sein Leben war Galerie von Rückschlägen gezeichnet. Trotzdem wurde er der erfolgreichste deutsche Deep-Sky-Beobachter aller Zeiten. 70 Astrofotos von Ralf Raab

von Wolfgang Steinicke Dieses Dokument ist urheberrechtlich geschützt. Nutzung nur zu privaten Zwecken. Die Weiterverbreitung ist untersagt. 73 Objekte der Saison 53 Verschollenes Sternbild: Honores Fridericii IC 443: Galaktischer Nebel Hardware Ein Supernovarest, der viele Beobachter an eine kleine Ausgabe des Cirrus-Nebels denken lässt. 56 Preiswerte Wunderwaffen gegen Farbfehler? NGC 2301: Offener Sternhaufen Was bringen Kontrastfilter für Refraktoren wirklich? Wir haben Dieser Geheimtipp am Winterhimmel im Sternbild Monoceros sechs Filter im direkten Vergleich untersucht. von Harald Ryfisch ist bereits mit dem Sucher zu sehen.

interstellarum 26 3 Dieses Dokument ist urheberrechtlich geschützt. Nutzung nur zu privaten Zwecken. Die Weiterverbreitung ist untersagt. Dieses Dokument ist urheberrechtlich geschützt. Nutzung nur zu privaten Zwecken. Die Weiterverbreitung ist untersagt. Service

Autorenverzeichnis Ulrich Beinert Eichenstr. 31, 61476 Kronberg [email protected] Stefan Binnewies Kutzbach 20, 53804 Much [email protected] Verlag Bernd Brinkmann [email protected] Oculum-Verlag Ronald Stoyan, Erlangen Radek Chromik Schaufelweg 109, CH-3098 Schliern [email protected] Anschrift Hans-Günter Diederich Inselstr. 16, 64287 Darmstadt [email protected] Luitpoldstraße 3, D-91054 Erlangen Wolfgang Düskau Troppauer Str. 11, 84478 Waldkraiburg Abo-Service Susanne Friedrich [email protected] bitte immer die Kunden-Nummer angeben; Christian Fuchs Laub, Zeitlarnerstr. 29, 93197 Zeitlarn [email protected] schriftlich, per Fax: 09131/978596 oder per Bernd Gährken Am Holzbach 41, 33378 Reda-Wiedenbrück [email protected] E-Mail: [email protected] Ed Grafton 15411 Greanleaf, Houston Tx, 77062 USA [email protected] Redaktion Béla Hassforther Ringstr. 27, 69115 Heidelberg [email protected] Ronald Stoyan (-rcs), Stephan Schurig (-ssg), Manfred Holl Friedrich-Ebert-Damm 12a, 22049 Hamburg [email protected] Matthias Gräter (-mg), schriftlich oder per Michael Karrer [email protected] E-Mail: [email protected] Philipp Keller Mangoldingerstr. 5, 93073 Neutraubling [email protected] Mitarbeit Wolfgang Kienreich Tyroltgasse 18a/55, A-8020 Graz [email protected] Peter Friedrich, Susanne Friedrich, Béla Hass- Erich Kopowski Tempelhofer Str. 81, 45661 Recklinghausen forther, Manfred Holl, Thomas Jäger, André Stefan Korth Pollerweg 8a, 40670 Meerbusch [email protected] Knöfel, Jürgen Lamprecht, Peter Riepe, Wolf- gang Steinicke, Rainer Töpler, Klaus Wenzel Burkhard Kowatsch Hainbuchenstr. 34, 71149 Bondorf [email protected] André Knöfel Saarbrücker Str. 8, 40476 Düsseldorf [email protected] Herstellung Ronald Stoyan (Redaktionelle Bearbeitung), Jürgen Lamprecht Am Bauernwald 50, 90411 Nürnberg [email protected] Stephan Schurig (Satz und Layout), Andreas Masche Stürtzelstr. 3, 79106 Freiburg [email protected] Matthias Gräter (Bildbearbeitung, Anzeigen) Dirk Panczyk Halverscheid 16b, 58553 Halver [email protected] Internet Ralf Raab [email protected] www.interstellarum.de, Peter Riepe Lortzingstr. 5, 44789 Bochum www.interstellarum.com, Harald Ryfisch Georg-Eberlein-Str. 1, 90408 Nürnberg [email protected] [email protected] Norbert Span Trinserstr. 80, A-6150 Steinach [email protected] Erscheinungsweise Wolfgang Steinicke Gottenheimer Str. 18, 79224 Umkirch [email protected] zweimonatlich; jeweils im Februar, April, Juni, Harald Tomsik Haselnussweg 15, 45770 Marl [email protected] August, Oktober, Dezember Rainer Töpler Zaisenweg 6, 73614 Schorndorf Private Kleinanzeigen Norbert Tschierske Vogelherd 6, 90542 Eckental kostenloser Service; Stephan Schurig, Äußere Dirk van Uden [email protected] Bayreuther Straße 73a, D-90409 Nürnberg, Klaus Wenzel Hamoirstr. 8, 63762 Großostheim [email protected] Cai-Uso Wohler Wilhelm-Busch-Str. 27, 21423 Winsen/Luhe [email protected] Anzeigenleitung André Wulff Gluckstr. 18a, 22081 Hamburg [email protected] es gilt die aktuelle Preisliste; schriftlich oder per E-Mail: [email protected] Inserentenverzeichnis Bezug Jahresbezugspreise 2003: 3rd Planet ...... 60 Astrooptik Keller ...... 34 Engel EDV ...... 68 MEADE ...... U4 Deutschland 33 Euro APM Markus Ludes ...... 7 Astrooptik Meier ...... 43 Fernrohrland ...... 22 Oculum Verlag ...... 19 Ausland 40 Euro Astro Optik Bock ...... 37 Astroshop.biz ...... 37 Gerd Neumann ...... 53 Scopeequipment ...... 46 Mitarbeit Astro Shop ...... U2 Baader Planetarium . . . . 18 Grab Astrotech ...... 80 Tele-Optic ...... 72 Achten Sie bitte auf die Mitarbeitskästen mit dem is- Astrocom GmbH ...... U3 Berlebach Stativtechnik . . 50 Intercon Spacetec . . . . . 4/5 Teleskop Service ...... 69 Logo in diesem Heft. Wir freuen uns auf Ihre Einsen- Astronomie.de ...... 21 Bauer Kuppeln ...... 23 Kosmos Verlag ...... 34 Vehrenberg KG ...... 61 dungen! Detailierte Hinweise für Autoren finden Sie im Internet auf www.interstellarum.de. Rechtliches: Für alle an interstellarum eingesandten Bei- Leserhinweise träge, sowohl Texte als auch Bilder, hat der Oculum-Ver- Bildorientierung: Allgemein: Norden oben, Osten links; lag Ronald Stoyan ein ausschließliches Nutzungsrecht Mond und Planeten: Süden oben, vorangehender Rand links für den Zeitraum eines Jahres, das danach in ein einfa- Datenquellen: Sonnensystem: Himmelsjahr, Ahnert, Cartes du Ciel; Deep-Sky: Deep Sky Reiseführer, ches Nutzungsrecht übergeht (Standardregelung nach NGC/IC W. Steinicke, Deep Sky Field Guide § 38-1 UrhG). Nebenrechte, wie der Abdruck in Büchern oder CDs, sind nicht automatisch gegeben und bedür- R.A., Dekl.: äquatoriale Koordinatenangaben, Äquinoktium 2000.0 fen der ausdrücklichen Genehmigung durch den Autor. Helligkeiten: sofern nicht anders angegeben V-Helligkeit Ausgenommen davon ist der Abdruck ausgewählter Bil- Kürzel für Deep-Sky-Objekte: DS (Doppelstern), OC (Offener Sternhaufen), PN (Planetarischer Nebel), der in der Vorschau für die nächste interstellarum-Aus- GN (Galaktischer Nebel), GC (Kugelsternhaufen), Gx (Galaxie), Qs (Quasar) gabe und auf den interstellarum Internet-Seiten. Wir ver- Uranometria: es gelten die Seitenzahlen der alten Ausgabe öffentlichen nur bisher unveröffentliches Material. Für die Dauer des ausschließlichen Nutzungsrechts (ein Jahr ab Abdruck) sind weitere Verwertungen der Materialien Bezugsbedingungen

durch andere Unternehmen nicht zulässig (»Enthal- Dieses Dokument ist urheberrechtlich geschützt. Nutzung nur zu privaten Zwecken. Die Weiterverbreitung ist untersagt. Abonnement – umfasst die Lieferung der Zeitschrift interstellarum zur Fortsetzung (sechs Hefte/Jahr einschließlich Porto/Versand). Das tungspflicht« des Autors nach § 2-1 VerlG). Wir behalten Abonnement beginnt mit der nächstmöglichen Ausgabe, ein rückwirkendes Abonnement ist nicht möglich. Es verlängert sich auto- uns vor, bei der Bearbeitung am Bildschirm Randpartien einer Aufnahme abzuschneiden und diese zu verklei- matisch um ein weiteres Jahr, wenn nicht bis spätestens sechs Wochen vor Ende des Bezugszeitraumes schriftlich gekündigt wird. Ei- nern/vergrößern, sowie orthografische und sprachliche ne frühere Kündigung führt nicht zum vorzeitigen Abbruch des Abonnements. Bezahlung – per Überweisung, Lastschrift (nur Inland), Korrekturen vorzunehmen. Eingesandte Beiträge werden Verrechnungsscheck (nur Ausland) oder Bargeld. Konto 98634, Stadtsparkasse Erlangen, BLZ 76350000 oder Postkonto 40-612427-7, nicht sinnentstellend verändert bzw. gekürzt ohne Ein- Ronald Stoyan (nur für Kunden aus der Schweiz). Die Bankspesen müssen gedeckt sein, nur deutsche Schecks werden angenommen. verständnis des Autors. Der Oculum-Verlag Ronald Stoy- Adressenänderung – sofort an den Aboservice mitteilen! Für aufgrund falscher Anschrift nicht zugestellter Hefte wird nicht gehaftet, an übernimmt keine Haftung für unverlangt eingesand- fehlende Hefte müssen kostenpflichtig nachbestellt werden. tes Material.

6 interstellarum 26 Dieses Dokument ist urheberrechtlich geschützt. Nutzung nur zu privaten Zwecken. Die Weiterverbreitung ist untersagt. Beobachterforum

Hubbles Veränderlicher Nebel

Um die Entwicklung des bekannten veränderlichen Nebels NGC 2261 (siehe auch interstellarum 6) zu dokumentieren, habe Vollmond und Nebel ich eine Auswahl meiner Bilder zusammengestellt: jede Zeile ent- spricht einer Beobachtungsperiode 1999, 2000, 2001, 2002; jede zum Trotz: 150 Leoniden Spalte einem Monat September bis April. Alle Aufnahmen sind mit der CCD-Kamera 14sc von OES ge- in 15 Minuten macht, als Objektiv die große Russentonne 100/1000. Jedes Bild besteht im Mittel aus 85 Rohbildern zu je 30 Sekunden und eben- so vielen Dunkelbildern. Die Bilder sind zum Vergleich normiert: gleiche Hintergrundhelligkeit und gleiche Helligkeit des Nachbar- sterns. Für den Druck habe ich die Pixelzahl erhöht: aus einem neun gemacht; sonst keine Bildmanipulation. Norbert Tschierske 1999 2000 2001 2002 Sep. Okt. Nov. Dez. Jan. Feb. Mär. Apr.

NGC 604 visuell

Die in interstellarum 25 angesprochene HII-Region in M 33 konnte ich im Oktober letzten Jahres mit meinem 36cm-Newton In der Nacht vom 18. auf den 19. November ausführlich beobachten und zeichnen. Bei einer Grenzgröße von 2002, gegen 2:30 Uhr,… etwa 5m, 5 war das Objekt recht hell zu sehen und ließ sich gut auf über 200fach ohne Filter und etwa 100× mit Schmalbandfilter ver- größern. Auf letzteren spricht der Gasnebel auch gut an. Im Inne- …war der Himmel über unserem Wohnort von einer dichten ren waren einige deutliche Strukturen in Form von Bögen und Hochnebeldecke verhüllt. Der fast volle Mond zeigte sich nur Knoten zu erkennen. Besonders auffällig war eine dunkle Ein- kurzzeitig. Nach einem Anruf bei unserem Verein, der Volks- buchtung an der NO- sternwarte in Hagen, stellte sich heraus, dass es dort ebenfalls neb- Seite des Nebels, wel- lig war. So beschlossen wir, uns per Auto in eine Gegend aufzu- che auch direkt auf machen, wo es der Wettergott besser mit uns meinen sollte. Wohl den Fotos im ange- ein aussichtsloses Unterfangen, wie wir zunächst vermuteten. sprochenen Artikel Doch weit gefehlt. Nur knapp 25km entfernt fanden wir ein ins Auge springt. Da- nebelfreies Gebiet östlich der Stadt Meinerzhagen. Hier war es gegen verschmierten jedoch bewölkt. Die Wolken zogen allerdings schnell dahin und etliche – auf den Fo- zeigten Lücken, die zunehmend größer wurden. Die ersten tos einzeln stehende Sternbilder wurden sichtbar. Das ließ uns hoffen. Wir legten uns – Knoten zu Bögen. auf Isoliermatten auf eine Wiese mit guter Rundumsicht. Das Eine bessere Him- helle Mondlicht blendeten wir in Ermangelung natürlicher Hin- melsdurchsicht und dernisse mit einem hochgestellten Rucksack ab. Die Wolken ris- vor allem besseres sen tatsächlich immer weiter auf, bis es schließlich komplett klar Seeing hätten hier wurde. Schon huschten die ersten Meteore über den Himmel. vielleicht noch feine-

re Details enthüllt. Der Schmalbandfilter zeigte noch schwächere Unsere Ergebnisse: 19.11.2002 (alle Zeiten MEZ): Dieses Dokument ist urheberrechtlich geschützt. Nutzung nur zu privaten Zwecken. Die Weiterverbreitung ist untersagt. äußere Ausläufer von NGC 604, diese aber nur sehr diffus. e 4:00–4:45 Uhr: 65 Leoniden Ich bin überzeugt, dass auch eine kleinere Öffnung hier einige e 4:45–5:00 Uhr: 66 Leoniden Einzelheiten sichtbar machen kann, da das Objekt hell ist und e 5:00–5:15 Uhr: 146 Leoniden (im Schnitt alle 6 Sekunden immerhin die Ausdehnung eines anständigen Planetarischen Ne- eine Schnuppe!) bels besitzt (ca. 60"). Aufgefallen ist es mir jedenfalls schon im e 5:15–5:30 Uhr: 85 Leoniden 11cm-Newton. e 5:30–5:35 Uhr: 4 Leoniden (bei wieder rasch zunehmender Rainer Töpler Bewölkung)

8 interstellarum 26 Beobachterforum

Visuelle Beobachtung des Lichtechos um V838 Mon

Nachdem in interstellarum 25 schon erste Fotos dieses Er- eignisses dokumentiert wurden, war klar, dass wir unbedingt einen visuellen Versuch starten mussten. In der Nacht am 10.12.2002 war es dann soweit. Das verwendete Gerät war ein 317mm f/5-Dobson. Die visuelle Grenzgröße betrug im Zielge- biet 6m, 5, also beste Voraussetzungen, das Lichtecho zu sehen. Ausgehend von 19 Mon (4m, 97) war das in Frage kommen- de Gebiet schnell lokalisiert, aber im 31mm-Übersichtsoku- lar waren dermaßen viele Sterne zu sehen, dass eine eindeu- tige Identifizierung des Gebietes um V838 Mon fehlschlug. Mit dem Wechsel auf ein 16mm-Okular konnte die Stelle dann auch sofort lokalisiert werden. Auffallend war, dass mit dieser Vergrößerung das Lichtecho indirekt schon sehr leicht als runder, diffuser Schimmer wahrgenommen werden konnte. Norbert konnte meine Sichtung bestätigen, und wir vergrößerten jetzt auf ca. 180×, um dem Lichtecho genau auf den Zahn zu fühlen. Die erste Überraschung war die Leich- tigkeit dieses Objektes, das beinahe an der Grenze zum di- rekten Schauen erschien. Unsere Bewertung nach fast ein- stündiger Beobachtung fällt wie folgt aus: »Kreisrund und hell mit scharf definierten Kanten; meh- rere Sterne konnten im Halo des Lichtechos erkannt werden; ebenso konnten zwei Kondensationen an der äußeren Hülle erkannt werden, wobei sich bei der nordöstlich gelegenen aufgrund des bescheidenen Seeings nicht eindeutig sagen ließ, ob es sich nicht um einen schwachen Stern handelt; die etwas nordwestlich gelegene Kondensation war deutlich flä- chig und auch wesentlich auffälliger im Okular; keinen Fil- ter verwendet.« Norbert Span und Thomas Engl Foto: Stefan BinnewiesFoto:

Dann war der Himmel wieder komplett bewölkt. Wir konnten somit 366 Leoniden in 1,5 Stunden sehen. Das sind im Schnitt 244 pro Stunde, bzw. 4 pro Minute. So viele haben wir noch nie in ei- nem so kurzen Zeitraum zu Gesicht bekommen! Es waren viele hellere Meteore mit nachleuchtender Spur da- bei, sowie eine Feuerkugel, die Schatten warf. Auch traten auffäl- lig viele in unmittelbarer Radiantennähe, mit dementsprechend kurzen Spuren, auf. Vor allem in der »heißen Phase« zwischen 5:00 und 5:15 Uhr konnte man des Öfteren zwei Meteore gleich- zeitig aufleuchten sehen. Einige davon huschten in geringem Ab- stand zueinander in die gleiche Richtung, andere traten an unter- schiedlichen Stellen und mit unterschiedlichen Flugrichtungen auf. Während dieses Zeitraums traten auch viele Meteore in Ab- CCD-Aufnahme von Josch Hambsch mit einem 400/3200-Hypergraph; ständen von nur 2–3 Sekunden und weniger (!) auf. So konnte 5×5min mit ST-10XME belichtet. man einen recht guten Eindruck von dem vorhergesagten »Stern- schnuppen-Sturm« bekommen. Wir hatten auch große Mühe beim Zählen! Saturn trifft Der Mond störte allerdings sehr. Wie viele Meteore hätten wir Krebsnebel

wohl bei Neumond sehen können? Ich wage kaum, daran zu den- Dieses Dokument ist urheberrechtlich geschützt. Nutzung nur zu privaten Zwecken. Die Weiterverbreitung ist untersagt. ken. Die Grenzgröße war natürlich nicht berauschend. Wir haben Messier 1 und Saturn am sie nicht genau bestimmt, da wir viel zu aufgeregt waren. Nur so- 3./4.1.2003 um Mitternacht. viel: Von den Wintersternbildern waren nur die allerhellsten Ster- 80% von 1035 Mintron-Auf- ne sichtbar. Man konnte so gerade eben ihre Formen erkennen. nahmen mit je 2,52s, 300/ Auf der Rückfahrt hüllte uns wieder der rund um Lüdenscheid lie- 1200mm f/4-Newton. Auf- gende zähe Nebel ein. Das war uns dann aber ziemlich egal. nahme von Bernd Gährken. Anja Krause und Dirk Panczyk

interstellarum 26 9 Astroszene

Die 21. Bochumer Herbsttagung

von Manfred Holl

essierten Mitgliedern bei der Bearbeitung eigener Arbeiten Unterstützung gewährt werden. In ein Spezialgebiet der CCD-Fotografie führte anschließend Peter Bresseler ein: »Objekte des Atlas of the Peculiar im Amateurfokus«. Er zeigte anhand vieler mit einem C8 bzw. einem C14 und CCD- Kameras entstandener Aufnahmen, wie faszinierend die Galaxien des Arp-Katalo- ges sind. Und dann kam es zu einem der Höhe- punkte der diesjährigen BoHeTa, der Ver- leihung der VdS-Medaille, die seit 1999 vergeben wird. Bisherige Preisträger sind Michael Jäger, Walter Kutschera und Wolf- gang Lille. Als 4. Preisträger wurde Bernd Flach-Wilken gekürt, der überrascht die Urkunde und die Medaille entgegennahm. s war ein wolkenverhangener Mor- Im ersten Beitrag stellte André Knöfel in Das Preisgeld in Höhe von 500 Euro stifte- gen, der im Westen nur ab und zu seinem Referat »Feuerwerk in der Voll- te er der VdS, die diesen Geldbetrag zur Eden fast vollen Mond durch die mondnacht – Leoniden 2002« die Vorher- Verfügung gestellt hatte. In der Laudatio Bäume blinzeln ließ, und es war 4:45 Uhr, sagen für die letzte gute Sichtbarkeit dieses berichtete Wolfgang Steinicke über den als mich der Wecker unerbittlich aus dem Meteoritenschwarms vor und verglich die- astrofotografischen Werdegang Bernd viel zu kurzen Schlaf riss. Und das am Wo- se mit den Prognosen früherer Ereignisse. Flach-Wilkens, dessen Aufnahmen auch chenende. Dennoch fiel das Aufstehen Bernd Gährken war als nächster an der schon so manches Titelbild und viele Bild- nicht schwer, denn eine große Astrotour Reihe. Sein Thema lautete: »Jupiterfotogra- seiten in den verschiedensten Astrozeit- stand bevor: die Fahrt zur Bochumer fie mit Webcam und kleiner Optik«. Ab- schriften zierten. Herbsttagung. Eigentlich ein Pflichttermin weichend davon führte er mit dem Rücken Als nächstes war eine längere Pause an- für jeden interessierten Sternfreund, aber zum Publikum per Laptop die Aufnahmen gesagt. Zwar ging es nach 10 Minuten mit auch einer, der für Norddeutsche mit nicht vor, die er auch auf seiner Homepage im dem Festvortrag von Prof. Dr. J.V. Feitzin- unerheblichem Zeitaufwand verbunden ist. Internet veröffentlicht hat. ger, dem Direktor der Sternwarte Bochum Wie in jedem Jahr, so hatte auch 2002 Thomas Payer präsentierte die Ergeb- weiter, der über die »Astronomie im 21. wieder die Vereinigung der Sternfreunde nisse der »Beobachtungen des Kleinplane- Jahrhundert« informierte, doch muss man (VdS) zusammen mit der Ruhr-Universität ten 2002 NY40« der Essener Sternfreunde irgendwo Abstriche beim Programm ma- Bochum zu dem beliebten Sternfreunde- und Dr. Eberhard Bredner berichtete in chen, wenn man nebenher auch mit ande- treff eingeladen. Leider erst wenige Wochen amüsanter Form über die »Bedeckung des ren Sternfreunden Kontakt aufnehmen vor dem Termin – Gerüchte gingen schon Sterns 43 Tauri durch den Kleinplaneten möchte. Und da ich mich für Astronomie- um, dass es in diesem Jahr gar keine BoHe- (345) Tercidina«. Kurz vor der Mittagspau- Ta gäbe – wurde das Programm im Internet se waren dann Otto Guthier und Dr. Wer- (www.boheta.de) veröffentlicht. Und das ner Celnik mit ihrem Beitrag über »Das versprach in diesem Jahr spannend zu wer- VdS-Journal: 10 Ausgaben« an der Reihe. den, was die Entscheidung, ins Ruhrgebiet Ab 14 Uhr berichtete Dr. Werner Celnik zu fahren, erheblich erleichterte. Hinzu über seine »Leoniden-Expedition ins Out- kam die immer wieder gern genutzte Mög- back«. Er machte durch zahlreiche Mittel-

lichkeit, andere Sternfreunde zu treffen, die formataufnahmen der australischen Land- Dieses Dokument ist urheberrechtlich geschützt. Nutzung nur zu privaten Zwecken. Die Weiterverbreitung ist untersagt. man sonst nur von Artikeln aus Astrozeit- schaften und viele Astrofotos Lust auf ei- schriften oder Mailinglisten kennt. nen Besuch des 5. Kontinents. Um 10 Uhr war es soweit: Peter Riepe er- Die wiederbelebte VdS-Fachgruppe öffnete die 21. Bochumer Herbsttagung, »Geschichte der Astronomie« erlebte ihre Grußworte an das Plenum richteten Prof. Präsentation durch Wolfgang Steinicke. Er Schlosser von der Ruhr-Universität und stellte ihre Aufgaben und Ziele vor. Neben Otto Guthier, der Vorsitzende der VdS. der Verfolgung eigener Projekte soll inter-

10 interstellarum 26 Astroszene und Raumfahrtgeschichte interessiere, traf ich mich mit Wolfgang Steinicke und Frank Richardsen. Gemeinsam diskutierten wir u.a. »Sternfreund« und »Magellan« eingestellt über die Interpretation der Sternscheibe von Nebra und deren astronomische Deutung. Auch dem nachfolgenden Vortrag von Mit dem »Sternfreund« und »Magellan« wurden zum Hans-Günter Diederich über »CCD-Aufnahmen auswerten – Jahresende 2002 zwei der populärsten Amateurzeitschrif- Identifizieren, Erkennen von Strukturen, Arbeiten mit Filtern« ten eingestellt. Als Grund für diese Konsequenz wurde in blieb ich fern. beiden Fällen mangelndes Engagement und fehlende per- Dass es auch bei der BoHeTa Traditionen gibt, wurde mit den sonelle Unterstützung der ehrenamtlichen Redakteure ge- letzten beiden Beiträgen bewiesen, denn wie immer klingt diese nannt. Veranstaltung mit erheiternden Beiträgen und Astroaufnahmen Der »Sternfreund« wurde 1994 als »Informationen von der Spitzenklasse aus. Oliver Jahreis zeigte ein Video über »Das her- Sternwarten und astronomischen Vereinigungen in Ost- be Astrocamp« der VdS-Jugend, das für sehr viel Amüsement und sachsen und Niederschlesien« gegründet. Die Zeitschrift Heiterkeit sorgte und mit stürmischem Applaus bedacht wurde. entwickelte sich rasch zu einer der lesenswertesten Ver- Rainer Sparenberg und Volker Robering führten dann, sozusagen einszeitschriften im Astrobereich und war als Organ für als »Rausschmeißer«, einen Film über ihre Namibiareise vor, der den »Astronomischen Freundeskreis Ostsachsen« ein sehr informativ war und im Stile einer guten Dokumentation, die ja wichtiges Medium, die nach der Wende aufgelösten regio- heute sehr selten geworden ist, den Besucher nicht nur durch die nalen Strukturen im Dresdener Raum zu reaktivieren. Zu- Farm Tivoli und die Astronächte unter einem klaren Südhimmel letzt gaben 17 Vereine und Sternwarten den sechs Mal im führte, sondern auch viel von Land und Leuten zeigte. Jahr erscheinenden »Sternfreund« gemeinsam heraus. Schließlich war es Zeit für das Schlusswort, das aber viele Besu- »Magellan« war 1999 als kopiertes Heftchen im A5-For- cher nicht mehr abwarten wollten. Peter Riepe bedankte sich bei mat von Daniel Restemeier und Giovanni Donelasci gegrün- den noch Anwesenden für ihr Kommen und lud auch für 2003 wie- det worden. Der formlose, unbekümmerte Stil und der ohne der zur BoHeTa ein. Bearbeitung erfolgende Abdruck aller Berichte ohne inhalt- So etwa gegen 18:45 Uhr kehrten wir dem ungastlich wirken- liche oder qualitative Beschränkungen brachten »Magellan« den Univiertel den Rücken und kehrten wieder nach Hamburg bald einen wachsenden Erfolg unter Besuchern von Starpar- zurück. Unterwegs konnten wir den fast vollen Mond, Mondhalos ties und Teleskoptreffen. Besonders Einsteiger griffen die und streckenweise dicke Regentropfen auf der Windschutzschei- Möglichkeit auf, direkt ihre Erlebnisse mitzuteilen. Anfang be bewundern. Gute drei Stunden später war ich am Ende eines 2000 wechselte man zum Farbcover und steigerte die Seiten- langen, aber erlebnisreichen und sehr informativen Tages wieder zahl auf 80 bei vier erscheinenden Heften pro Jahr. zu Hause. Dieses Dokument ist urheberrechtlich geschützt. Nutzung nur zu privaten Zwecken. Die Weiterverbreitung ist untersagt.

interstellarum 26 11 Schlagzeilen

zusammengestellt von Peter und Susanne Friedrich

Saturn im Visier NGC 6240: doppelt aktiv

Zwanzig Monate vor der Schon die Morphologie von NGC 6240 ist auffällig: zwei Ankunft der Planetensonde Galaxien im fortgeschrittenen Stadium der Verschmel- Cassini-Huygens am Saturn zung. In den 80er Jahren konnte man mit dem Infrarot-Sa- hat diese ihre Kamera auf telliten IRAS erkennen, dass NGC 6240 ein ungewöhnlich den Ringplaneten ausge- starker Infrarot-Strahler ist – man spricht von einer »ultra- richtet. Aus einer Entfer- luminous infrared « (ULIRG). Später konnte mit nung von 285 Millionen Ki- ROSAT auch Röntgenstrahlung nachgewiesen werden. Die lometern sind erwartungs- Vermutung lag nahe, dass Infrarot- und Röntgenstrahlung gemäß noch nicht viele De- auf eine stark erhöhte Sternentstehungsrate – einen sog. tails zu erkennen, die Auf- Starburst – zurückgehen, der wiederum von dem Ver- nahme entspricht etwa dem schmelzungsprozess der beiden Galaxien ausgelöst wurde. Anblick in einem Teleskop Allerdings zeigte genaue Beobachtung auch, dass ein Teil unter sehr guten Sichtbe- der Infrarotstrahlung aus zwei kleinen hellen Flecken im dingungen. Cassini wird Sa- Cassini-Huygens hat sein Ziel im Visier: Saturn Zentrum von NGC 6240 stammt. turn am 1. Juli 2004 errei- Hochauflösende Röntgenbeobachtungen mit Chandra chen und die zur Zeit huckepack mitfliegende Sonde Huygens freigeben, ergeben nun eine überraschende Übereinstimmung der die am 14. Januar 2005 durch die dichte Atmosphäre Titans zur Oberflä- hochenergetischen Röntgen-Emission mit diesen hellen che absinken soll. [Quelle: JPL, press release #2002-202] Flecken. Eine Analyse der Röntgen-Spektren zeigt für bei- de die typischen Merkmale eines aktiven Galaxienkerns, in dem (nach vorherrschender Ansicht) Materie auf ein sehr Wie groß ist Proxima Centauri? massereiches Schwarzes Loch akkretiert und vor dem Ver- schwinden hochenergetische Strahlung aussendet. Ein Teil Der uns nächste Stern ist ein schwacher Begleiter des hellen Toli- dieser Strahlung wird aber offenbar von einhüllendem Gas man (Alpha Centauri) am Südhimmel und trägt den Namen Proxima verschluckt und als Infrarot-Strahlung reemittiert. NGC Centauri. Bei den ersten Tests mit dem VLT-Interferometer wurden 6240 ist damit die erste bekannte Galaxie, die zwei aktive einige Zwergsterne untersucht, darunter auch Proxima. Die Auswer- Kerne beherbergt. Es liegt nahe, dass dieses Phänomen auf tung der Daten lässt nun auf einen Sterndurchmesser von etwa die Galaxien-Verschmelzung zurückzuführen ist. Über- 200000km schließen, was den theoretischen Erwartungen entspricht. dies lässt sich voraussagen, dass die beiden Schwarzen Lö- Das ist nur 1/7 des Sonnendurchmessers und wenig mehr als der cher, welche die aktiven Kerne bilden, sich innerhalb von Durchmesser des Planeten Jupiter, der allerdings 150mal weniger etlichen 100 Millionen Jahren annähern und verschmelzen Masse besitzt. Der innere Aufbau von Jupiter muss sich also stark von werden. [Quelle: MPE Pressemitteilung] dem eines Zwergsterns wie Proxima unterscheiden; irgendwo zwi- schen beiden verläuft offenbar eine deutliche Trennungslinie. [Quel- le: ESO Press Release 22/02]

Jupitermond Amalthea durchlöchert wie ein Schweizer Käse?

Untersuchungen des Jupiter-Mondes Amalthea gungen von Wassereis bestehen. Allerdings müssen Dieses Dokument ist urheberrechtlich geschützt. Nutzung nur zu privaten Zwecken. Die Weiterverbreitung ist untersagt. durch die Raumsonde Galileo haben ergeben, dass dann im Inneren größere Hohlräume existieren, um die Dichte des Mondes sehr gering ist und nur etwa die geringe Dichte zu erklären. Nach 30 nahen Vor- der von Wassereis entspricht. Allerdings glauben beiflügen an den vier größten Monden des Jupiters Wissenschaftler nicht, dass Almathea vollkommen war der Vorbeiflug an Amalthea der letzte für Gali- aus Eis besteht, da nichts im Jupitersystem auf eine leo: Am 21. September 2003 wird Galileo in die Jupi- Foto: NASA solche Zusammensetzung schließen lässt. Der teratmosphäre eindringen und dabei zerstört wer- Mond soll zum größten Teil aus Stein mit Beimen- den. [Quelle: JPL Press Release 021209a] Jupitermond Amalthea.

12 interstellarum 26 Schlagzeilen

Das frühe Universum im Infrarot-Licht

Mehr als hundert Stunden unter optimalen Beobachtungs- bedingungen wurde das VLT ANTU auf das »Hubble Deep Field South« (HDF-S) gerichtet, um Bilder mit drei verschie- denen Filtern im nahen infraroten Spektralbereich aufzuneh- men. Dabei wurden weit entfernte Galaxien entdeckt, die in den optischen Bildern des kaum zu erkennen sind. Die Galaxien sind so weit entfernt, dass ihr op- tisches Licht in den infraroten Spektralbereich rotverschoben ist. Wegen der endlichen Geschwindigkeit des Lichtes stammt das Licht aus einer Zeit als das Universum erst etwa 2 Milliar- den Jahre alt war. Im Gegensatz zu Galaxien in der Entste- hungsphase des Universums, die man bei optischen Untersu- chungen fand, weisen die Galaxien im Infraroten keine sehr aktive Sternentstehung auf. Sie scheinen die meisten Sterne bereits gebildet zu haben. Einige der Galaxien zeigen sogar schon eine Spiralstruktur, was im Rahmen bestehender Theo- rien zur Galaxienentstehung in dieser frühen Phase des Uni- versums nicht leicht zu erklären ist. [Quelle: ESO Press Release 23/02]

Wasserstoffwolken über der Neuer Satellit für Milchstraße Gamma-Astronomie Mit dem neuen Green Bank Telescope (GBT) wurden im Am 17 Oktober 2002 wurde das europäische Gammastrah- Radiobereich Wasserstoffwolken im gasförmigen Halo gefun- lungs-Observatorium Integral erfolgreich in eine Erdumlauf- den, der die Milchstraße umgibt. Diese Wolken befinden sich bahn gebracht. Es erreichte in den folgenden Tagen seine end- etwa 5000 Lichtjahre oberhalb der galaktischen Ebene, besit- gültige exzentrische Bahn und absolvierte inzwischen erfolg- zen eine Masse zwischen 50 und 100 Sonnenmassen und ei- reich den Test-Betrieb. Am 18. Dezember wurden auf einer nen Durchmesser von etwa 100 Lichtjahren. Die Wolken fol- Pressekonferenz in Paris die ersten »Bilder« präsentiert und be- gen der Rotation der Milchstraße, woraus man schließen kanntgegeben, dass der Satellit voll einsatzbereit ist. Als ersten kann, dass diese Objekte in der Galaxis entstanden sind. Ob- Test beobachtete Integral die Cygnus-Region und insbesondere wohl der Ursprung unbekannt ist, könnte Gas durch Superno- Cygnus X-1, von dem angenommen wird, dass es sich um ein va-Explosionen in den Halo gehoben worden sein. Dort wür- Schwarzes Loch handelt. Ein Gamma-Ray Burst wurde eben- de das einige Millionen Grad heiße Gas abkühlen und als falls bereits beobachtet. [Quelle: ESA INFO 10-2002] Wasserstoff-Wolken kondensieren, die schließlich wie »Re- gentropfen« auf die Milchstraße zurückfallen. Eine andere Möglichkeit wäre, dass das Gas den Einflussbereich der Gala- xis als Wind verlässt. [Quelle: NRAO Pressemitteilung vom 18. Oktober 2002] Dieses Dokument ist urheberrechtlich geschützt. Nutzung nur zu privaten Zwecken. Die Weiterverbreitung ist untersagt.

Ein Gamma-Ray Burst, aufgenommen mit Integral.

interstellarum 26 13 Aktueller Sternhimmel Februar/März 2003

Sonne und Mond des 3m, 7-Sterns κ Gem durch den zuneh- menden Mond. Die Bedeckung ist nörd- Die Sonne steht Anfang Februar im lich der Linie Sylt–Cottbus sichtbar. Sternbild Steinbock; sie wechselt am 16.2. in den Wassermann und am 12.3. in Planeten die Fische. Die Tageslängen nehmen nun wieder zu; am 21.3. sind Tag und Nacht Merkur hat Anfang Februar eine be- gleich lang – das Frühlingsäquinoktium ist scheidene Morgensichtbarkeit. Am 4.2. erreicht. steht der 0m, 0 helle Planet 25° 21' westlich Der Mond bietet im Februar und März der Sonne in größter Elongation. Dabei für Freunde hauchfeiner Sicheln zwei gu- geht er um 6:33 MEZ auf, die Sonne folgt te Gelegenheiten, solche zu erhaschen. um 7:45 MEZ. Wegen seiner südlichen Am Abendhimmel des 3.2. und 4.3. Stellung im Tierkreis ist er kaum mit blo- taucht die Mondsichel jeweils nur wenig ßem Auge sichtbar. mehr als 24 Stunden nach Neumond Venus durchschreitet im Februar und knapp über dem Horizont auf. Die Sicht- März südliche Ekliptikregionen und büßt barkeit ist stark von der Horizontsicht ab- etwas in ihrer Morgensichtbarkeit ein. Am hängig und dauert nur wenige Minuten; 28.2. steht sie morgens nur 3' nördlich ein vorher exakt scharf eingestelltes Fern- von Uranus. glas ist auf jeden Fall hilfreich. Mars wird am Morgenhimmel besser Am Abend des 13.3. erscheint der sichtbar, obwohl er wie Venus die süd- Mond mit »Goldenem Henkel«. Dieselbe lichsten Bereiche des Tierkreises durch- Nacht bringt eine streifende Bedeckung läuft. Dabei kommt es zu zwei engen Be- Der Goldene Henkel tritt kurz nach Halbmond auf: Das helle Juragebirge des Mondes ragt in die dunkle Nachtseite.

Astronomische Ereignisse

2.2. Jupiter in Opposition 4.2. Merkur in größter westlicher Elongation 14.3. 0:26 MEZ Mond bedeckt κ Gem 27.3. Vesta in Opposition

Mondphasen

Neumond 1.2. 3.3.

Erstes Viertel 9.2. 11.3.

Vollmond 17.2. 18.3.

Letztes Viertel 23.2. 25.3. Dieses Dokument ist urheberrechtlich geschützt. Nutzung nur zu privaten Zwecken. Die Weiterverbreitung ist untersagt. Aktuelle Rubriken

»Sonne aktuell« S. 30 »Saturn aktuell« S. 35 »Die Kometenseite« S. 36 »Veränderlicher aktuell« S. 41

14 interstellarum 26 Dieses Dokument ist urheberrechtlich geschützt. Nutzung nur zu privaten Zwecken. Die Weiterverbreitung ist untersagt.

interstellarum 26 15 Sternhimmel

gegnungen des 1m hellen Planeten mit Sternen: Saturn am 11.1.2003, Camcorder-Aufnahme von ω Oph wird am 1.2. 3' südlich passiert, 11 Sgr am Ralf Gerstheimer mit einem 12,5"-Newton. 9.3. 8' nördlich. Ende März hat das Marsscheib- chen einen Durchmesser von 7". Jupiter steht am 2.2. in Opposition zur Sonne. Dabei erreicht er eine Helligkeit von –2m, 6 und einen scheinbaren Durchmesser von 45,6"× 42,6". Die Erdnähe tritt bereits am 1.2. ein, zu diesem Zeitpunkt ist der Riesenplanet 647 Mio. km entfernt. Ende März hält sich der Planet nahe M 44 auf. Hinweise zur Jupiterbeobachtung gibt der Beitrag auf Seite 31. Saturn ist zunächst die ganze Nacht, später dann am Abendhimmel zu sehen. Am 1.2. pas- siert der Ringplanet den Stern 114 Tau 6' nördlich. Jupiter mit doppeltem Mondschatten am Uranus steht am 17.2. in Konjunktion mit der 17.1.2003. Webcam-Aufnahme von Bur- Sonne und ist wie Neptun und Pluto unsichtbar. khard Kowatsch mit einem 16"-Newton.

Thema: Vesta mit bloßem Auge

Von den Kleinen Plane- Vesta 2003 ten oder Planetoiden ist Vesta das Objekt, das für irdische Beobachter am hellsten werden kann. Dabei ist dieser Felsbrok- ken mit 500km Durch- messer wesentlich kleiner als der größte Planetoid des inneren Sonnensy- stems, die Ceres (920km). Verantwortlich für diese Diskrepanz ist die große Albedo der Ve- sta mit 0,38 im Vergleich zu Ceres mit 0,11. Vesta ist der einzige Kleinpla- net, der heller als 6m wer- den kann – in günstigen Oppositionen werden es bis zu 5m, 4, in ungünstigen © interstellarum Sichtbarkeiten nur 6m,6. Zusätzlich kommt es zu einem Lichtwechsel mit Die Bahn des Planetoiden Vesta vom 15.3 bis 1.5.2003 im Gebiet des Sternbilds Jungfrau. der maximalen Amplitude von 0m, 12, der auf die Rotation der Vesta Vesta erreicht zur Opposition eine Hel- siert sie den 6m, 5-Stern 20 Vir in 10' süd- mit 5h 21min zurückzuführen ist. ligkeit von 5m, 9 und ist damit an dunklen lichem Abstand, im Mai hält sie sich na- Vesta wurde am 19. März 1807 von Standorten ohne weiteres auszumachen. he ο Vir auf. Heinrich Wilhelm Olbers in Bremen auf- Die diesjährige Sichtbarkeit ist be- Die geringe Entfernung von 192 Milli- gefunden – und zwar fast in derselben sonders günstig, weil sich der Planet onen km am 31.3. bietet noch eine Stellung, wie sie 2003 für den Planeten nicht wie bei den besonders hellen Op- teleskopische Herausforderung: Das wiederkehrt. Sie erreicht dieses Jahr am positionsstellungen tief am Horizont und Scheibchen der Vesta misst zu diesem

27. März ihre Opposition zur Sonne und inmitten der sommerlichen Milchstra- Zeitpunkt stattliche 0,57" Durchmesser Dieses Dokument ist urheberrechtlich geschützt. Nutzung nur zu privaten Zwecken. Die Weiterverbreitung ist untersagt. steht dabei im westlichen Teil des Stern- ßenfelder befindet. (vgl. Saturnmond Titan 0,83"). Dies kann bilds Jungfrau vor dem südlichen Virgo- Vestas Sichtbarkeit beginnt am 26.1. in einem Teleskop ab 200mm Öffnung haufen. Dieses sternarme Gebiet und die mit einer sehr engen Passage am 3m,7- bei gutem Seeing direkt gesehen wer- relativ nördliche Position sind für ein be- Stern δ Vir; der Abstand beträgt nur 12"! den. Nützlich ist der Vergleich mit einem sonderes Projekt vorteilhaft, das die Ve- Vesta steigert ihre Helligkeit von 7m,0 An- etwa gleichhellen Stern im Okular, wie sta-Opposition 2003 bietet: Die Sichtung fang Februar auf 6m, 4 zum Monatswech- es sich mit 20 Vir Ende März/Anfang eines Kleinplaneten mit bloßem Auge. sel und 5m, 9 zur Opposition. Am 5.4. pas- April anbietet.

16 interstellarum 26 Sternhimmel

Kosmische Begegnungen:

von André Knöfel

Begegnungen von Kleinplaneten, heller 11m mit Deep-Sky-Objekten

Datum Kleinplanet Helligkeit Abstand Deep-Sky-Objekt Helligkeit

21.2. 37 Fides 10m, 5 45' nördlich M 95 (Gx) 10m,6 17.3. 11 Parthenope 10m, 3 10' östlich M 105 (Gx) 10m,5 17.3. 11 Parthenope 10m, 3 4' südlich NGC 3371 (Gx) 10m,9 18.3. 11 Parthenope 10m, 3 2,5' nördlich M 105 (Gx) 10m,5 18.3. 11 Parthenope 10m, 3 8' westlich NGC 3371 (Gx) 10m,9 26.3. 78 Diana 10m, 9 30' südlich NGC 3521 (Gx) 10m,0

Mögliche, in Mitteleuropa beobachtbare Sternbedeckungen durch Kleinplaneten

Datum Zeit Kleinplanet Helligkeit Dauer Stern Helligkeit Abfall

1.2. 17:38,0 MEZ 170 Maria 13m, 96 3,1s TYC 2339-00472-1 11m,02 3m,0 5.2. 23:34,6 MEZ 426 Hippo 12m,13 10,6s TYC 0245-00558-1 11m,22 1m,3 12.2. 03:01,3 MEZ 366 Vincentia 14m, 09 17,4s TYC 2411-00003-1 11m,61 2m,6 27.2. 00:57,2 MEZ 275 Sapientia 12m, 27 15,3s TYC 1396-00339-1 11m,72 1m,1 8.3. 22:47,9 MEZ 528 Rezia 14m, 99 16,4s TYC 2448-00236-1 11m,57 3m,5

Weitere Informationen und kurzfristige Vorhersagen: sorry.vse.cz/~ludek/mp/2002/ sowie astro1.physik.uni-siegen.de/uastro/occult/

Im Monat März kommt es zu einer sehr nahen Begegnung eines Kleinplaneten mit einer Gruppe von Galaxien. In der Nacht vom 16./17. und 17./18. März 2003 bewegt sich der von de Gasparis im Jahre 1850 ent- deckte Kleinplanet 11 Parthe- nope zwischen dem Galaxien- triplett M 105, NGC 3371 und NGC 3373 hindurch. Das Tri- plett und der Kleinplanet kul- minieren gegen 23:30 MEZ in rund 50° Höhe, so dass opti- male Beobachtungsbedingun- gen herrschen. Noch interes- santer dürfte es für amerikani- © interstellarum schen Beobachter werden, Parthenope bei M 105 am 17.3.2003 wenn sich 11 Parthenope am 17.3. genau zwischen M 105 und NGC 3371 befindet. Bahn von 11 Parthenope vom 16.–18. März 2003 in der Nähe von M 105, NGC 3371 und NGC 3373.

Im Februar und März sind nur zwei Me- Aktivität, da sich der Apex – der scheinba- der Punkt, aus dem die meisten sporadi- teorströme aktiv, die zudem noch eine re Punkt der Bewegungsrichtung der Erde schen Meteore zu kommen scheinen –

geringe Aktivität aufweisen. Daher zählen in ihrer Bahn um die Sonne und damit sehr tief über dem Horizont liegt. Dieses Dokument ist urheberrechtlich geschützt. Nutzung nur zu privaten Zwecken. Die Weiterverbreitung ist untersagt. diese Monate unter den Meteorbeobach- tern zu den unattraktivsten – das stun- Meteorströme zusammengestellt von André Knöfel denlange Ausharren in kalter Winternacht wird nur durch sehr wenige Meteore be- Strom Aktivität Maximum Radiant ZHR max. sichtbar lohnt. Neben dem Fehlen von aktiven Delta-Leoniden (DLE) 15.2.-10.3. 24.2. 11h 12 min, +16° 2 2 Strömen haben auch die sporadischen h min Meteore in diesen Monaten ihre geringste Virginiden (VIR) 25.1.-15.4. 25.3. 13 00 , –4° 5 2

interstellarum 26 17 Dieses Dokument ist urheberrechtlich geschützt. Nutzung nur zu privaten Zwecken. Die Weiterverbreitung ist untersagt. Dieses Dokument ist urheberrechtlich geschützt. Nutzung nur zu privaten Zwecken. Die Weiterverbreitung ist untersagt. Einsteiger

Webcam-Workshop

Digitale Astrofotografie für Einsteiger (1)

von Dirk van Uden

eit etwa zwei Jahren haben sich neben besten Aufnahmen heraussuchen können. Was muss ich beim Kauf beachten? den semiprofessionellen (und leider Damit lässt sich die immer vorhandene Ssehr teuren) CCD-Kameras die Digi- Luftunruhe gut ausschalten. Die einzelnen 1. Rechner: Besteht die Möglichkeit mit talkameras, Überwachungskameras und Bilder liegen sofort in digitaler Form vor, meinem Computer das Haus zu verlassen? die Webcams fest in der Astroszene als womit sich alle Möglichkeiten Aufnahmen an einem Fenster aus einem Aufnahmegeräte etabliert. Nach meinen der digitalen Verarbei- beheizten Raum heraus sind zwar Recherchen hat der Siegeszug dieser Gerä- tung ergeben. Die Fä- grundsätzlich machbar, diese wer- te, hier vor allem der Webcams, in Frank- higkeit, Videos mit den aber nicht wirklich Freude reich seinen Anfang genommen. Die ersten sehr vielen Bildern machen (Seeing!). Hat man Versuche in dieser Richtung begannen aufzunehmen, ist nur einen Balkon, kann man Mitte der 90er Jahre, den Anfang machte auch ein Vorteil die Kabel zur Webcam ver- die Schwarz-Weiß-Kamera von Connectix. gegenüber Digital- längern und durch ein Fen- In dieser Kamera wurde ein recht brauch- kameras, die fak- ster legen. Wenn man hier barer Chip der Firma Texas Instruments tisch nur mit Ein- allerdings alleine tätig sein verbaut, welcher auch als Nachführchip in zelbildern genutzt muss, kann die Astrofoto- teureren CCD-Kameras enthalten ist. werden, und de- grafie zum Geduldsspiel Die Ergebnisse, die damit an Mond und ren Objektiv fast werden, da ein ständiges Planeten möglich waren, kamen an die be- nie abnehmbar ist. Wechseln zwischen Bild- sten chemischen Fotos heran. Mit den Grundsätzlich eig- schirm und Teleskop unum- heute erhältlichen CCD-Chips in Web- net sich jede gänglich ist. cams und digitalen Kameras werden Meine ersten Versu- bessere Bilder che habe ich mit ei- erreicht, als es nem normalen PC mit chemischen und einem al- Filmen jemals ten 14"-Moni- möglich war und sein tor gemacht. wird. Auf die Gründe wird später noch Die ToUCam Pro 740K von Später habe eingegangen. Philips, eine der beliebte- ich mir einen In einem kleinen, sechsteiligen Work- sten Webcams für die zweiten Rech- shop möchten wir den Einsatz von digita- Astrofotografie. ner in einem len Kameras mit dem Schwerpunkt Web- Desktopgehäuse zusammengebaut. Der cams einsteigergerecht behandeln. Prozessor muss nicht der schnellste sein; Webcam zum Anschluss an ein Rechner ab 300 MHz und 128MB RAM Was ist eine Webcam? ein Teleskop. In der Praxis haben sich die ist geeignet. Reichlich Festplattenplatz ist Kameras der Firmen Philips und Logitech zu empfehlen (ab10GB). Optimal ist ein Im Zeitalter der schnellen Computer bewährt. Die Philips Webcams sind hier Notebook. Hiermit ist man Dank Akku und des Internet kam der Wunsch auf, besonders hervorzuheben, da diese auch auch vom Netz unabhängig und kann di- auch in der virtuellen Welt Bilder in für den Einsatz in der Deep-Sky-Fotografie rekt am Teleskop arbeiten. »Echtzeit« am Bildschirm zu sehen. Es umgebaut werden können und am besten 2. Anschluss: Anschluss finden Web- wurden Kamerasysteme benötigt, die klei- dokumentiert sind. Wenn man sich auf cams über die parallele Schnittstelle (Dru- ne Bilder in brauchbarer Qualität mög- Mond, Sonne und Planeten beschränken ckeranschluss) oder über den USB-Port ei- lichst unkompliziert in das Internet trans- möchte, steht das gesamte Sortiment des

portieren können. Die Idee der Webcam Fachhandels offen. Von Billigangeboten Dieses Dokument ist urheberrechtlich geschützt. Nutzung nur zu privaten Zwecken. Die Weiterverbreitung ist untersagt. (engl. »Netzkamera«, also Internet-Kame- mit No-Name-Produkten, Lebensmitteldis- Surftipps ra) war geboren. countern oder sog. Pencams wird abgera- Der große Vorteil von Webcams gegen- ten und ausschließlich Kameras der Mar- www.quickastro.de • Homepage von Dirk van über der konventionellen Fotografie ist, kenhersteller empfohlen. Hier ist stabile Uden mit Online-Giotto-Workshop dass kostenlos Videos mit enorm vielen Treibersoftware enthalten, die auch ge- www.mondatlas.de • mit Anleitung für Bildern aufgenommen werden können, pflegt wird und eine weitreichende Steue- Besitzer von Webcams und Digitalkameras aus denen dann einfache Programme die rung der Webcam erlaubt.

20 interstellarum 26 Einsteiger nes gewöhnlichen PC. Aktuelle Web- Preise für diese Kameras liegen im cams werden praktisch nur noch mit Bereich von 25 bis 100 Euro. USB-Anschluss geliefert. Wenn kein USB-Anschluss vorhanden ist, sollte Welche Alternativen zu eine Nachrüstung geprüft werden. Webcams gibt es? Ohne USB ist man auf Kameras mit paralleler Schnittstelle angewiesen. Zu nennen sind die Digitalkame- Hier gibt es nur noch wenige Modelle ras. Wenn eine Anschaffung ange- im Fachhandel. Eine gute Quelle ist dacht ist, sollte man darauf achten, hier das Internet-Auktionshaus Ebay. dass die Kamera über ein Filtergewin- Wenn der Computer über USB de verfügt. Eine Adaption an das Te- verfügt und ein gängiges Betriebssy- leskop ist dann einfacher und teil- stem installiert ist, steht das komplet- weise sind fertige Adapter bei ein- te Kamera-Angebot zur Verfügung. schlägigen Teleskophändlern bereits Achtung! Windows95 kann erst in der verfügbar. letzten Version mit USB umgehen, Ebenfalls möglich ist der Einsatz ein Hinweis dazu steht auf der Origi- einer digitalen Videokamera. In vie- nal-CD (Windows95 mit USB-Unter- len Haushalten sind aber auch analo- stützung). ge Videokameras vorhanden. Auch 3. Chiptyp: Grundsätzlich sollte diese können am Teleskop eingesetzt man darauf achten, dass die Kamera werden. Eine Anschlussmöglichkeit einen rauscharmen CCD-Sensor und muss aber selber gebaut werden. Ein nicht einen CMOS-Chip als Aufnah- Besuch im Baumarkt (Sanitärabtei- mechip hat. Damit scheiden be- lung) kann hier sehr inspirieren. stimmte Modelle wie z.B. die Logitech Auch Überwachungskameras kom- QuickCam Express und die Philips men in Frage. Ähnlich wie diese ar- ToUCam Fun aus. Ein Hinweis, wel- beiten auch neuartige »elektronische cher Chiptyp verbaut ist, steht bei den Okulare«, die ein Videosignal direkt Markenherstellern immer außen auf auf ein Fernsehgerät spielen können. der Verpackung. Alle zuletzt genannten Systeme haben Man sollte darauf achten, dass die einen Videoausgang und setzen eine WebCam die VGA-Farbauflösung entsprechende Schnittstelle am Com- von 640×480 Pixel liefert. Da ein ein- puter voraus, wenn man einzelne zelnes 24Bit-Farbbild in dieser Auflö- Aufnahmen bearbeiten will. sung ca. 900kB groß ist und der USB- Bus nur 12 MBit/s übertragen kann, Im nächsten Teil: Der Anbau/Um- werden alle Bilder (mit Verlust) kom- bau der Webcam an das Teleskop und primiert, um die oft beworbenen erste Ergebnisse. Bildraten von 30–60 Bildern pro Se- kunde zu erreichen. Dass sich diese Komprimierung negativ auf die De- Einsteigeraktion 2002 tailschärfe auswirkt, wird noch zu be- sprechen sein. Kleinere Bilder sind Die Einsteigeraktion 2002 zu Ju- möglich, aber bei den langen Brenn- piter und M 27 ist abgeschlos- weiten, mit denen man Planetenauf- sen. Insgesamt konnten wir Er- nahmen macht, kann das Auffinden gebnisse von 69 Sternfreunden eines defokussierten Jupiter abend- veröffentlichen. Für diese Teil- füllend werden. nehmer gab es Preise zu gewin- Empfehlenswerte Parallelport-Ka- nen: Eine Eye & Telescope-Vollver- meras sind die Modelle von Logitech, sion geht an Daniel Marquardt. Intel und 3COM. Als USB-Kameras Je ein interstellarum-Freiabo für seien hier nur die Modelle der Firma 2003 gewinnen Jörg Meyer, Mi- Philips und Logitech erwähnt. Die chael Suchodolski und Thomas Paul. Herzlichen Glückwunsch! Dieses Dokument ist urheberrechtlich geschützt. Nutzung nur zu privaten Zwecken. Die Weiterverbreitung ist untersagt. Senden Sie uns Ihre Web- Wir setzen die Einsteigeraktion cam-Aufnahmen zur Bebil- auch 2003 fort; diesmal mit ei- derung des Workshops. Wir druck- nem Fotowettbewerb zum The- en eine passende Auswahl der ein- ma Mars. Näheres lesen Sie an gehenden Bilder in den kommen- dieser Stelle in der kommenden den Ausgaben ab. Ausgabe.

interstellarum 26 21 Dieses Dokument ist urheberrechtlich geschützt. Nutzung nur zu privaten Zwecken. Die Weiterverbreitung ist untersagt. Einsteiger

Astronomie mit dem Fernglas: Offene Sternhaufen in Puppis von Rainer Töpler

ief am winterlichen Dies ist M 46, unser Fernglas TSternenhimmel, im kann ihn leider noch nicht Sternbild Hinterdeck des auflösen, erst mit einem Schiffes (Puppis), befindet Teleskop werden seine vie- sich der offene Sternhaufen len Sterne zum Augen- M 46. Da er in die Milch- schmaus. Dafür gleicht di- straßenwolken dieser Re- rekt westlich neben M 46 der gion eingebettet liegt, ist Offene Sternhaufen M 47 auch seine Umgebung reich dieses Manko aus. Schön an interessanten Objekten. aufgelöst in einige Sterne, Nicht nur Teleskope, son- bildet er einen beeindruk- dern auch Ferngläser finden kenden Kontrast zu M 46. hier lohnende Ziele auf en- Interessant auch die Überle- gem Raum beieinander. Da gung, dass M 47 auf ein Al- die Objekte recht weit süd- ter von 20 Millionen Jahren lich stehen, ist es wichtig ei- geschätzt wird, wohingegen M 46, 47 und NGC 2423 im 8×32-Fernglas. Zeichnung von Rainer Töpler. ne möglichst dunstfreie Ho- man bei M 46 300 Millionen rizontsicht zu haben, um in Jahre annimmt. An die den vollen Beobachtungsge- Nordgrenze von M 47 stößt nuss zu kommen. ein kleines, von Nebel um- Um die richtige Stelle zu gebenes Sterngrüppchen. finden, braucht man eine Ein weiterer, für unser Karte und etwas Zielwasser, Fernglas aber wenig spekta- da sich in der näheren Um- kulärer Offener Stern- gebung keine mit dem blo- haufen mit der Katalog- ßen Auge sichtbaren hellen nummer NGC 2423 haust Sterne befinden. Startpunkt an dieser Stelle. Gemeinsam der Suche soll der hellste mit den anderen beiden Stern des Himmels, Sirius, Sternhaufen ergibt er je- sein. Ein kleiner Schwenk doch ein wirkungsvolles mit dem Fernglas um 4,5° Gesamtbild, welches sich nach Osten bringt uns Gam- der Fernglasfreund nicht ma im Großen Hund in die entgehen lassen sollte. © interstellarum Mitte des Gesichtsfeldes. Nun folgt ein weiterer Fernglas-Sternhaufen in Puppis Schwenk in dieselbe Rich- tung, nur um die doppelte Name Typ R.A. Dekl. Hell. Größe Strecke. Haben wir richtig M 46 OC 7h 41,8 min –14° 49' 6m,1 20'×15' gepeilt, sehen wir jetzt einen M 47 OC 7h 36,6min –14° 30' 4m, 4 30'×20' verwaschenen runden Ne- NGC 2423 OC 7h 37,1min –13° 52' 6m,7 15' belfleck mitten im Okular. Dieses Dokument ist urheberrechtlich geschützt. Nutzung nur zu privaten Zwecken. Die Weiterverbreitung ist untersagt.

interstellarum 26 23 Zodiakallicht, Lichtbrücke

von Stefan Binnewies

Abb. 1: Die Zodiakallichtpyramide am Morgenhimmel regierte im Sommer 2001 die strahlende Venus. Horizont- nah steht der dagegen unscheinbare Saturn zwischen den Plejaden und Hy- aden auf dieser von der Südhalbkugel gewonnenen Fotografie. 10 Minuten Belichtung am 20.6.2001 ab 4:10 UT von der Farm Tivoli/Namibia auf Roll- film Kodak E 200 mit 55mm Objektiv, Blende 4. Diese, wie auch die folgen- den Aufnahmen von Stefan Binnewies.

Der Raum zwischen den Pla- ereits im Altertum bekannt, erhielt diese neten ist nicht leer, sondern Erscheinung die Bezeichnung Zodiakal- licht, nachdem der griechische Philosoph die Heimat zahlloser Asteroi- B Aristoteles für die Ekliptik den Namen Tierkreis den und Kometen. Deren bzw. Zodiakalkreis geprägt hatte. Der römische Trümmer, bis hinab zur Größe Schriftsteller Seneca beschrieb das Phänomen im von Staubkörnern, bevölkern ersten nachchristlichen Jahrhundert als »Streu- licht verborgener Feuer«. Andere gingen von scheibenförmig konzentriert Vulkanausdünstungen aus, die bis hinauf in die auf die Ebene der Planeten- Sphären des Himmels gelangt seien [1]. Erst Gio- bahnen das Sonnensystem. vanni Domenico Cassini, Direktor an der Pariser Von der Erde aus ist dieser Sternwarte Ende des 17. Jahrhunderts, lieferte die heute akzeptierte Erklärung [2]. Seit dem wird Staub als schwacher Lichtke- das Zodiakallicht als an interplanetarem Staub gel entlang der Ekliptik am vorwiegend gestreutes, weniger reflektiertes Son-

deutlichsten in Sonnennähe nenlicht angesehen. Dieses Dokument ist urheberrechtlich geschützt. Nutzung nur zu privaten Zwecken. Die Weiterverbreitung ist untersagt. zu beobachten, jeweils zu Be- Zodiakallicht ginn oder Ende der astrono- mischen Dämmerung. Von unseren Breiten ist das Zodiakallicht am besten im Herbst am Morgenhimmel und im Frühjahr am Abendhimmel erkennbar. Dann er- reicht der Winkel zwischen der Ekliptik und dem

24 interstellarum 26 Abb. 2: All-Sky-Aufnahme mit einem Fisheye- Objektiv auf Rollfilm Kodak E 200 am 19.6.2001 und Gegenschein ab 2:35 UT durch ein 16mm-Objektiv, Blende 2,8. Belichtung 50 Minuten von der Farm Tivo- li/Namibia. Im Osten ist gerade die Venus auf- gegangen. Von hier ziehen sich das Zodiakal- licht und die Lichtbrücke fast durch den Zenit bis hinüber zur im Westen unter den Horizont sinkenden Milchstraße. Dort überdeckt der Tu- bus eines Celestron 14 auf der auch die Fis- heye-Optik tragenden Montierung das galakti- sche Zentrum. Fast genau in der Bildmitte steht Formalhaut im Südlichen Fisch. Tief im Süden nähert sich die Kleine Magellansche Wolke ih- rer oberen Kulmination, während ihre größere Schwester noch im Airglow und Dunst hängt. In der oberen linken Bildecke ist das Sommer- dreieck zu erkennen, rechts sinken Alpha und Beta Centauri zum Horizont. Dieses Dokument ist urheberrechtlich geschützt. Nutzung nur zu privaten Zwecken. Die Weiterverbreitung ist untersagt. Abb. 3: Die Lichtbrücke und die Milchstraße kreuzen sich ähnlich einer geöffneten Schere auf dieser Aufnahme vom 7.3.1989, gewonnen vom Boden der Europäischen Südsternwarte in La Silla/Chile. Die hellen roten Lichter am Horizont drangen während der 60 Minuten andauernden Belichtung durch die ge- öffneten Kuppelspalten der umstehenden Großteleskope in die dunkle Nacht. Das schwache rotbraune Licht entlang des Horizonts entspricht dem zu die- ser Zeit besonders kräftigen Airglow. 16mm Fisheye-Objektiv, Blende 2,8 und Rollfilm Agfachrome 1000 RS ab 8:10 UT.

Horizont ein Maximum und das Zodiakal- In den Alpen sieht es besser aus. Nicht nur pen geradezu auffällig, eine riesige Pyrami- licht wird weniger als sonst im Jahr durch ist im Hochgebirge die Atmosphäre häufi- de mit einer Basis von 50° und einer Höhe die trüben Schichten in Horizontnähe ab- ger von ausgezeichneter Transparenz, auch von mehr als 70°. Voraussetzung für die

sorbiert. Zur Beobachtung ist allerdings im- liegen die Alpen etwas weiter südlich, so Sichtung ist aber immer ein dunkler und Dieses Dokument ist urheberrechtlich geschützt. Nutzung nur zu privaten Zwecken. Die Weiterverbreitung ist untersagt. mer ein sehr dunkler Himmel erforderlich. dass die Ekliptik steiler über dem Horizont klarer Himmel (Abb. 1). Helles Mondlicht oder Stadtlicht vereiteln steht und sich das Zodiakallicht besser ge- Das Zodiakallicht hört entlang der jegliche Sichtung. Nur die dünn besiedelt- gen die Atmosphäre durchsetzen kann. Je Ekliptik nicht auf, sondern zieht sich als sten Regionen Deutschlands, am besten bei weiter nach Süden die Reise geht, desto ein- schwache Lichtbrücke durch den Tierkreis Inversionswetterlage mit im Tal liegendem facher wird es, das Zodiakallicht zu beob- bis hinunter zum gegenüber liegenden Ho- Nebel, der das künstliche Licht dämpft, er- achten. Vom Mittelmeerraum ist es das rizont (Abb. 2). Mit der Milchstraße kon- lauben noch die zweifelsfreie Beobachtung. ganze Jahr über auffindbar und in den Tro- kurriert dieses Phänomen um den ersten

26 interstellarum 26 Erde

Platz bezüglich der Ausdehnung am nächt- anders herum [5]. Eine Erklärung für die- die Kamera nachgeführt werden, denn nur lichen Firmament (Abb. 3). Die Helligkeit sen Tatbestand gibt es meines Wissens die hellsten Teile der Zodiakallichtpyrami- der Lichtbrücke ist allerdings so gering, noch nicht. Nur weitere Aufnahmen des de sind der Strichspurfotografie zugäng- dass nur die wenigsten Astronomen sie je- Gegenscheins würden hier Licht in das lich. Der wesentliche Faktor ist aber die mals bewusst gesehen haben dürften. Ich Dunkel bringen. Besser verstanden ist da- Standortwahl. Ein sehr dunkler und trans- selbst habe sie erstmals 1984 von der spani- gegen die Tatsache, dass die Lichtbrücke parenter Himmel ist für die Beobachtung schen Sierra Nevada, später nur noch von aus einem Bündel weitgehend paralleler und Fotografie unabdingbar. Leider wird Chile und Namibia aus beobachtet und be- Staubbänder besteht. Nach Auswertung der ein solcher Himmel zunehmend selten. Ein haupte, die Sichtung der Lichtbrücke ist Beobachtungen des Infrared Astronomical Blick in interstellarum 23 auf die Karten der ultimative Ausdruck eines wirklich Satellite IRAS 1983 entstehen diese Staub- der Lichtverschmutzung verrät aber, wo dunklen und transparenten Himmels. bänder durch Kollisionen innerhalb ver- das Zodiakallicht noch erfolgreich beob- schiedener Asteroidenfamilien zwischen achtet werden kann [7]. Ab dem Mittel- Gegenschein Mars und Jupiter [6]. Aufnahmen davon meerraum und weiter südlich ist ein guter gibt es aber kaum, und vielleicht ist die Ab- Landhimmel, grün codiert, ausreichend. 180° zur Sonne versetzt, weist die Licht- bildung 4 sogar die einzige je gedruckte Nach Norden hin sind strengere Maßstäbe brücke ein flaches Helligkeitsmaximum von der Erde aus gewonnene Fotografie anzulegen, den Farben blau und dunkel- auf, den Gegenschein (Abb. 4). Er ist Aus- dieser Bänder in der Lichtbrücke. Neuere grau entsprechend. Obligat ist ein solcher druck der maximalen Rückwärtsstreuung Untersuchungen der Lichtbrücke und des Himmel für die Beobachtung des Gegen- des Sonnenlichts an den interplanetaren Gegenscheins wären jedenfalls notwendig, scheins und der Lichtbrücke, egal, von wo Staubpartikeln. Eine seiner frühesten Be- um zu klären, welche zeitliche und örtliche auf der Welt aus diese aufgefunden werden schreibungen geht auf den Naturforscher Varianz die oben geschilderten subtilen sollen. Alexander von Humboldt zurück, der den Phänomene aufweisen. Es wird spekuliert, Gegenschein vom Schiff aus zwischen Peru dass die wechselnde Sonnenaktivität Ver- [1] O’Meara, S. J.: Observing the Zodiakal Light, und Mexiko 1803 beobachtete [3]. Mit ei- änderungen innerhalb der Zodiakallichter- Sky & Telescope 4/2000, 108 ner Ausdehnung von etwa 10°×15° ist die- scheinungen zur Folge haben könnte. [2] Cassini, G. D.: Découvert de la lumière cé- ses Phänomen als sehr schwacher, diffuser lèste qui paroist dans le Zodiaque, Mem. Lichtfleck auf der Ekliptik bereits von den Fotografie Ac. ad. Roy. Sci. Tom VIII (1666–1699); Alpen aus erkennbar. Der Gegenschein Paris: Comp. Libraires 1730, 119 kommt im Winter hoch über unseren Ho- Die Fotografie des Zodiakallichts bis hin [3] de Humboldt, A., Bonpland, A.: Voyage aux rizont, wird dann aber von der Milchstraße zum Gegenschein ist einfach geworden. Je- régions équinoxiales du Nouveau Conti- in den Zwillingen überdeckt. Sechs Monate der moderne, empfindliche Farbnegativ- nent, fait en 1799, 1800, 1801, 1802, später gilt das gleiche für die Südhalbkugel oder Diafilm ist in der Lage, nach Ausbe- 1803 et 1804, Paris 1805–1834 und die Milchstraße im Schützen. Die be- lichtung, Digitalisierung und Kontrastan- [4] Klawuhn, L.: Räumliche und zeitliche Varia- ste Sichtbarkeit erlauben die Monate Okt- hebung auch sehr schwache Strukturen tion des Gegenscheins, Ruhr-Universität ober/November und Februar/März. Zu preiszugeben. Viel wichtiger ist es, auf eine Bochum, Fachbereich Astronomie, April diesen Zeiten konnte ich den Gegenschein gute Optik mit möglichst geringer Randab- 1991 mehrfach vom Gornergrat in der Schweiz schattung und ausreichend großem Feld zu [5] O’Meara, S. J.: Seeking the Elusive Gegen- beobachten, die meisten Aufnahmen habe achten. Bewährt haben sich lichtstarke schein, Sky & Telescope 10/2000, 116 ich allerdings schon früher von Chile aus Weitwinkelobjektive, beim Kleinbildfor- [6] Sykes, M. V.: Astrophys. J. 334, L55 (1988) gewonnen. Diese Bilder wurden 1991 im mat mit einer maximalen Brennweite von [7] Stoyan, R.: Globaler Grauschleier, Ein Welt- Astronomischen Institut der Ruhr-Univer- 35mm, die noch ein bis zwei Blenden ab- atlas der Lichtverschmutzung, interstellarum sität Bochum ausgewertet und bestätigten blendbar sind und trotzdem eine Ausbe- 23, 30 (2002) die schon ältere Vermutung, dass das Hel- lichtung des Films erlauben. Dabei sollte ligkeitsmaximum des Gegenscheins nicht exakt mit dem antisolaren Punkt zusam- men fällt. Vielmehr war es im September 1987 nördlich, im März 1986 und März 1989 südlich der Ekliptik lokalisiert [4]. Ja- panische Untersuchungen von Masateru Ishiguro von der Universität in Kobe zeig- ten die Verhältnisse 1995 und 1997 genau

Abb. 4: Falschfarbendarstellung der Lichtbrücke mit dem Gegenschein in der Bildmitte. Die starke

Aufhellung entlang des unteren Bildrandes ent- Dieses Dokument ist urheberrechtlich geschützt. Nutzung nur zu privaten Zwecken. Die Weiterverbreitung ist untersagt. spricht wieder dem Airglow. Bei genauem Hinse- hen entpuppt sich die Lichtbrücke als doppelt, wie Straßenbahnschienen ziehen zwei Bänder durch die Abbildung. Eine Erklärung liefert der Text. 60 Minuten Belichtung am 14.3.1989 ab 6:03 UT durch ein 16mm-Fisheye-Objektiv, Blende 4 auf Kodak T-Max 400, La Silla/Chile.

interstellarum 26 27 Dem Schatten entgegen

Die Sonnenfinsternis vom 4.12.2002

von Michael Karrer, mit Fotos von Bernd Brinkmann

Abb. 1: Während der Totalität entstand diese Fisheyeaufnahme mit einem 8mm-Objektiv bei Blende 5,6. Belichtungszeit 1 Sekunde. Man sieht, dass einige Wolken am Himmel waren, die aber zum Glück nicht die Sonne verdeckten. Am westlichen Himmel (im Bild links unten) sind Dämmerungsfarben zu er- kennen. Bildautor: Bernd Brinkmann.

Juni 2001 – Lusaka/Sambia. Unter Es ist ungewohnt still. Kein aufgeregtes Köpfen zu bestaunen. Merkur steht blass großem Jubel tausender Afrikaner geht mit Geplauder, wie ich es in der Vergangenheit über der Silhouette des Baobab. Der Hori- dem Diamantring meine »Jubiläums-Sofi« von Hunderten von Menschen ringsum ge- zont gelblich verfärbt, die Wolken blaugrau. zu Ende. Es war meine zehnte erfolgreiche wohnt war. Nur vereinzelte Kommentare Die Korona bricht jetzt durch die abziehen- Beobachtung. Die nächste lasse ich aus – be- meiner Kollegen. Das Licht ist bereits stark de Wolke. Zart verwirbelt, ein flüchtiger stimmt! Afrika und Regenzeit – nein danke! gedämpft. Noch wenige Minuten. Meine Di- Moment, ein Wunder. Drei Fotos, nicht gitalkamera ist ausgerichtet. Baobab mit mehr! Es wird heller, jetzt schon?! Ein glei- Dezember 2002 – Messina/Südafri- Sonne. Nur eine einzige Szene, nicht mehr. ßender Tropfen beendet die Nacht. Die in- ka. Der Sonnenfinsternis (Sofi)-Bazillus hat Ich habe aufgehört, mich zu versklaven, nere Anspannung bricht zusammen. Freude mich wieder heimgesucht. Ich sitze im mich auf die Kameratechnik konzentrieren über den Erfolg. trockenen, afrikanischen Buschland. Vor zu müssen. Ich möchte diesen so spannen- mir ein knorriger Baobab, über ihm die be- den, so ästhetischen Augenblick voll genie- November 2003 – Antarktis. Die las-

reits zur Sichel geschrumpfte Sonne. Die ßen. Ohne Belichtungszeit. Ohne Fotowett- se ich aber wirklich aus! Dieses Dokument ist urheberrechtlich geschützt. Nutzung nur zu privaten Zwecken. Die Weiterverbreitung ist untersagt. Flucht mit den Autos scheint sich gelohnt zu bewerb. Die Dunkelheit bricht über uns her- haben, die kompakte Wolkenbank bleibt im ein – lautlos. In meinem kleinen Refraktor Osten. Die kleinen Cumuluswolken sind fast ein visueller Hochgenuss: Die Bailys Beads Abb. 2: Am Beobachtungsort ca. 10km westlich willkommen, angesichts der trüben Stim- funkeln sekundenlang. Protuberanzen rund von Messina (Musina) in Südafrika, geringe Be- mung noch vor einer Stunde. Ich habe mich um die schwarze Scheibe. Ein Cumulus wölkung ca. 1/2 Stunde vor Totalität. Digitalka- einer kleinen Gruppe deutscher Sofi-Fans, nimmt uns die Sicht, zieht aber schnell. Zeit, mera Casio QV 4000. Im Bild der Bildautor Mi- geführt von Daniel Fischer, angeschlossen. die funkelnde Venus hoch über unseren chael Karrer.

28 interstellarum 26 Sonne

ab

cd

Abb. 3: Aufnahmeserie mit einem 105/1100-Maksutov auf Fujichrome Sensia 100. Bildautor Bernd Brinkmann. a) Während der Totalität ist bei 1 Sekunde Belichtungszeit der mittlere Teil der Korona zu sehen. b) Mitte der Finsternis. Belichtungszeit 1/125 Sekunde. Sehr schön treten die Protuberanzen hervor. c) Kurz vor Ende der Totalität, die 74 Sekunden gedauert hat, wird die äu- ßere Hülle der Sonne, die Chromosphäre, freigegeben. Darüber erhebt sich eine kleine baumförmige Protuberanz. Bei der kurzen Belichtungszeit von 1/125 Sekunde ist nur der innerste Teil der Sonnenkorona zu erkennen. d) Kurz nach dem Ende der Totalität bricht die Sonne schlagartig durch eine Reihe von Mondtälern und erzeugt so diesen mehrfachen Diamantring. Be- lichtungszeit ebenfalls 1/125 Sekunde.

Abb. 4: Sonnenfinsternis-Szenerie. Digitalkamera Casio QV 4000, Automa- tikeinstellung (f/2, 1/8s), Brennweite 35mm (analog Kleinbild). Bildautor: Mi- chael Karrer. Dieses Dokument ist urheberrechtlich geschützt. Nutzung nur zu privaten Zwecken. Die Weiterverbreitung ist untersagt.

29 Sonne

Sonne aktuell:

von Manfred Holl

ie Sonnenaktivität hat sich in den zurücklie- Dgenden Monaten September und Oktober weiter auf hohem Niveau bewegt. Ausdruck dieser war nicht nur eine weiter große Anzahl an Flecken- gruppen, sondern auch damit einhergehend eine hohe Aktivität in anderen Spektralbereichen, wie der Hα-Linie, oder bei den Protuberanzen. Der schon in den Vormonaten zu verzeichnende Trend, dass die Häufigkeit der großen Waldmeier- klassen E und F zu Gunsten der geringer entwickel- ten A bis D zurückgegangen ist, ist auch im Be- richtszeitraum deutlich zu verzeichnen. Und so täuschen hohe Relativzahlen über das wahre Aus- Abb. 1: Die Weißlicht- und H-alpha-Sonne am 11.10.2002. Aufnahme von Erich Ko- maß der solaren Aktivität ein wenig hinweg. Schuld powski mit einem 127/1100-Refraktor, Okularprojektion 25mm oder 30mm, Herschel- daran ist die Wolfsche Relativzahl, bei der eine gro- prisma (Weißlicht) und Protuberanzenansatz 0,21nm H-alpha-Filter, Olympus C-4040Z ße Gruppe ähnlich stark gewichtet wird wie eine Digitalkamera. kleine, da hier in erster Linie die Anzahl der Grup- pen eine Rolle spielt (deren Zahl man in der Formel Relativzahl und Flecken mit bloßem Auge verzehnfacht), und erst danach die einzelnen Flecken berücksichtigt werden. Im Detail betrachtet startete der September zu- nächst mit hohen Relativzahlen, diese fielen dann bis zum Monatsende immer weiter ab und wurden da sogar zweistellig. Gegenüber dem Vormonat Au- gust lag die Sonnenaktivtität mit einem Durch- schnittswert von 109,3 höher. Von wenigen Tagen abgesehen, dominierte auch im September wieder die südliche Hemisphäre der Sonne. Der Oktober wies mit einer durchschnittlichen Relativzahl von 97,5 eine etwas geringere Aktivität auf, allerdings war hier erstmals wieder die Nord- halbkugel der Sonne aktiver. Der genaue Verlauf der Sonnenaktivität ist der Grafik zu entnehmen, hierbei wurden allerdings der Aktualität wegen die provisorischen Relativzah- len des Sunspot Influences Data Center zugrunde gelegt. Die Grafik zeigt dabei sehr schön, wie sich Abb. 3: Protuberanz am die Fleckentätigkeit seit 2001 entwickelt hat: Seit 13.10.2002 um 12:06 MEZ. Auf- September 2001 geht sie, von Unterbrechungen ab- nahme mit einem 200/2000- gesehen, ganz allmählich zurück. Aber bis zum SCT mit Okularprojektion nächsten Minimum, das in einigen Prognosen für (21mm), 0,07nm H-alpha-Filter, etwa 2005 erwartet wird, ist es noch ein wenig hin. Canon Ixus Digitalkamera, 1/2s belichtet. Bildautoren: Achim [1] sidc.oma.be/current/ri_hemispheric.html Schaller, Gunter Petersen. Dieses Dokument ist urheberrechtlich geschützt. Nutzung nur zu privaten Zwecken. Die Weiterverbreitung ist untersagt.

Abb. 2: Protuberanzenerscheinung vom 11.10.2002 um 10:21, 13:28 und 15:10 MEZ. Daten wie Abb. 1, H-alpha-Auszug. Bildautor: Erich Kopowski.

30 interstellarum 26 Planeten

Dem Gasriesen auf der Spur

Jupiter 2003 beobachten von Ronald Stoyan

Für ein kleines Fernrohr ist Jupiter der beeindruckendste aller Planeten, denn er zeigt neben dem Spiel der Monde auch schon relativ einfach Strukturen seiner Wolkenoberfläche. Wer bereit ist, dem König der Planeten mehr als nur ein paar Sekunden zu huldigen und genauer in die Jupiterbeobachtung einsteigt, wird mit großartigen Anblicken und wissenschaftlich spannenden Ergebnissen belohnt. Pünktlich zum Höhepunkt der Jupitersaison geben wir Tipps zur Beobachtung.

m 2.2.2003 steht der größte Planet beiden Äquatorbänder. Diese zwei dun- netenbeobachtung geeignet sind die (meist des Sonnensystems in Opposition klen Bänder sind meistens vorhanden, nicht mehr so klaren) mittleren Tage eines Aund ist damit optimal zu beobach- aber nicht immer; von Zeit zu Zeit kommt winterlichen Hochdruckgebietes. ten. Der an diesem Tag 4,43AE entfernte es zu einem »SEB-Fading« (letztmalig Geduld ist nötig, weil die Planetenbeob- Jupiter erreicht dabei einen scheinbaren 1989–90 und 1993), dann ist nur noch das achtung die schwierigste Ausprägung des Durchmesser von 45,6"×42,6" und steht 14 NEB zu sehen. teleskopischen Sehens darstellt und erlernt Stunden über dem Horizont. Das –2m, 6 hel- Wer genau beobachten möchte, sollte werden muss – die Erfahrungsunterschiede le Gestirn befindet sich währenddessen im zwei Dinge mitbringen: gutes Seeing, und sind wesentlich größer als in allen anderen Sternbild Krebs südöstlich des Offenen Geduld. Besonders wenig Turbulenzen ru- visuellen Beobachtungszweigen. Wenn Sternhaufens M 44. fen Beobachtungsplätze abseits von Ort- man mehr als nur zwei Bänder sehen schaften auf grasigem Untergrund hervor, möchte, sind 100× als Mindestvergröße- Tipps zum Anfang vor allem wenn die Blickrichtung über gro- rung und 200–250× als Maximalvergröße- ße bewachsene Ackerflächen oder Waldge- rung anzusetzen; der Autor beobachtet mit In einem kleinen Fernrohr betrachtet, biete führt. Nebel ist ein gutes Zeichen für dem 4,7"-Refraktor bei 170× und mit dem entsteht der Eindruck eines ovalen ruhige bodennahe Luftschichten, während 14"-Newton bei 200×. Die Optimalvergrö- Scheibchens mit zwei dunklen Querbän- Cirren und die Szintillation unruhige Hö- ßerung ist erreicht, wenn die Jupiterstruk- dern. Dies sind das NEB und das SEB, die henströmungen anzeigen. Gut für die Pla- turen noch scharf definiert, und trotzdem

ab Dieses Dokument ist urheberrechtlich geschützt. Nutzung nur zu privaten Zwecken. Die Weiterverbreitung ist untersagt.

Abb. 1: Die derzeit weltbesten Amateuraufnahmen von Jupiter werden von Ed Grafton gemacht. Der texanische Sternfreund arbeitet mit einem 14"-SCT bei 9500mm Äquivalentbrennweite und einer ST-5c-CCD-Kamera. Die Samplingrate beträgt dabei 0,21" pro Pixel, belichtet wird ein LRGB mit IR-Sperrfilter bei 0,11s/0,33s/0,33s/0,33s. a) 20.11.2002, 10:58 UT. NEB und SEB zeigen deutliche Farbunterschiede. Rechts der Mond Ganymed mit Detail. Dieses Bild zeigt etwa soviel, wie visuell von den besten Beobachtern mit großen Instrumenten gesehen wird. b) 23.11.2002, 10:40 UT. Der Große Rote Fleck ist im ZM, auf- fallend ist der folgende chaotische Bereich im SEB.

interstellarum 26 31 Planeten

Abb. 2: Gesamtkarte von Jupiter über den Zeitraum vom 13.–17.10.2001 von Cai-Uso Wohler aus fünf Einzelzeichnungen an einem 200/1475-Newton mit 184facher Vergrößerung.

so hoch wie möglich herausvergrößert sind. Geübte Beobachter können schon mit nicht mehr als 10 Minuten in eine ge- Viele Beobachter benutzen zu hohe Vergrö- Fernrohren von nur 80mm Öffnung Ergeb- normte Schablone. Hilfsmittel ist ein ßerungen, die nur noch flaue Bilder geben. nisse erhalten, die zu interessanten und Bleistift. Der erste Blick in das Okular zeigt meist neuen Erkenntnissen führen können. Ziel e Intensitätsschätzungen: Der Beobach- nicht allzu viel. Es gilt die wenigen Momen- der Amateurbeobachtung ist es vor allem, ter schätzt die relative Dunkelintensität te perfekten Seeings abzuwarten. In durch- Geschwindigkeiten von Flecken (Wolken) der Bänder und Zonen Jupiters auf ei- schnittlichen Nächten benötigt man 10–15 auf Jupiter zu dokumentieren, sie mit Wer- ner Skala von 0 (weiß) bis 10 (schwarz). Minuten Beobachtungszeit, damit sich in ten früherer Jahre zu vergleichen und mög- Mehrere Längenpositionen eines Objek- diesen Augenblicken zeigendes Detail zu ei- liche Korrelationen zum Aussehen der Ju- tes kann man zu einer Driftstudie verbin- nem Gesamtbild zusammensetzt. Jupiter- piteratmosphäre zu erhalten. Für den vi- den. Die entsprechende Bewegung des Ob- beobachter versuchen dann, die einzelnen suellen Planetenbeobachter sind drei Betä- jektes kann linear (Driftgerade) sein oder Eindrücke im Kurzzeitgedächtnis zu spei- tigungsfelder wichtig: aus verschiedenen kürzeren Driftgeraden chern, damit der gewünschte Gesamtein- e Schätzen von Zentralmeridianpassa- unterschiedlicher Geschwindigkeit zu- druck entsteht. Bei gutem Seeing kann auch gen: Der Beobachter schätzt am Okular sammengesetzt sein. Diese Geschwindig- das Gegenteil passieren, und es ist zuviel die Zeit, zu der die Mitte eines be- keiten werden in Grad pro Tag gegen das sichtbares Detail vorhanden, um alles auf stimmten Objektes in der Mitte der Pla- jeweilige Rotationssystem angegeben. Beim einmal zu registrieren. In jedem Fall erfor- netenscheibe (also »im Zentralmeridi- Vergleich der eigenen Längenpositionen dert die Jupiterbeobachtung viel Übung. an« = ZM) steht. Mit Hilfe der Tabellen mit denen anderer Beobachter muss man in einem astronomischen Jahrbuch aufpassen, denn ZM-Schätzungen sind mit Systematische Beobachtung kann dann die jovigraphische Längen- starken beobachterspezifischen Fehlern be- position eines Objekts berechnet wer- haftet und können bis zu 10 Minuten (=6°) Auch im Zeitalter der Raumsonden und den. Hilfsmittel ist eine genau gehende voneinander abweichen. Sind die eigenen des Weltraumteleskopes ist es wichtig, die Uhr (Funkuhr). Schätzungen aber in sich konsistent, wer- stetige Überwachung, die allein durch e Zeichnungen: Der Beobachter zeichnet den doch dieselben Driftraten das Ergebnis Amateure geschieht, aufrecht zu erhalten. eine Ansicht des gesamten Planeten in sein. Dieses Dokument ist urheberrechtlich geschützt. Nutzung nur zu privaten Zwecken. Die Weiterverbreitung ist untersagt.

Abb. 3: Veranschaulichung einer ZM-Schätzung anhand eines Schattendurchgangs auf dem Planeten. Der Mondschatten steht auf dem ersten Bild deutlich vor dem ZM, auf dem zweiten Bild möglicherweise schon im ZM und auf dem letzten Bild deutlich nach dem ZM. Fotosequenz von Ed Grafton am 25.2.2002, Aufnahmedaten wie Abb. 1.

32 interstellarum 26 Planeten

Wissen für Jupiterbeobachter

Orientierung: Da bei Angaben wie schreibt man SEB(N) (= Nordkompo- ristisch sind. Driften (ω) werden gegeben »Westen« oder »östlich« niemals klar ist, nente des SEB); will man den Rand eines in Grad pro Tag (°/d), Positionen (λ) gel- ob die astronomische oder astronauti- Bandes bezeichnen, so heißt es SEBn (= ten nur zu einem bestimmten angegebe- sche Orientierung gemeint ist, benutzen Nordrand des SEB). Im Amateur- und nen Datum. Driften mit positivem Vorzei- Planetenbeobachter die Rotationsrich- Profigebrauch gilt streng diese Nomen- chen nennt man retrograd (= »langsam«; tung des Planeten zur Orientierung. Es klatur; die deutschen Ausformulierungen von kleinen zu großen Längen), mit nega- gilt: Im umkehrenden Fernrohr rotiert der Nomenklatur (z. B. Südliches Gemä- tivem Vorzeichen prograd (= »schnell«; Jupiter von rechts nach links, bei ausge- ßigtes Band für STB) sind nicht ge- von großen zu kleinen Längen). schalteter Nachführung verlässt Jupiter bräuchlich. den linken Okularrand. Diese Seite wird Einzelobjekte: Einige langlebige Ob- als vorangehend bezeichnet (p, von pre- Rotationssysteme: Zwei festgelegte jekte tragen gesonderte Bezeichnungen ceding) im Unterschied zur nachfolgen- Rotationssysteme gelten für Jupiter; für in der Nomenklatur: den Seite (f, von following). Wenn also die EZ und die angrenzenden Ränder e GRF = Großer Roter Fleck ein Objekt 20° p GRF steht, so bedeutet von SEB und NEB sowie für den Südrand e WOS = ehemals die drei langlebigen das, dass es um 20° dem GRF vorangeht des NTB gilt System I mit 9h 50min weißen Ovale im STB, heute ver- oder 20° eher als der GRF im Zentralm- 30,0s; für alle anderen Breiten gilt System schmolzen zu WOS-BA eridian (ZM) steht. In den Diagrammen II mit 9h 55min 40,6s. e Projektionen = bläuliche dunkle und Abbildungen ist p immer links und Flecke in der EZ(N) Norden unten, so wie man den Planeten Strömungszonen: Bänder und Zonen e NEBn-Barren = längliche Dunkel- im umkehrenden Fernrohr sieht. sind rein phänomenologischer Natur, sie flecke am NEB-Nordrand müssen nicht unbedingt mit Regionen e Störungen (-D) sind Veränderungen Nomenklatur: Die Jupiteratmosphäre gleicher Drift (Eigenbewegung gegen ein der üblichen Band/Zonen-Abfolge: Ist ist in Streifen gegliedert, die dunklen Rotationssystem), also Strömungszonen, die sonst helle STrZ plötzlich dunkel, nennt man Bänder (-B), die hellen Zo- übereinstimmen. Breite Strömungszonen so liegt eine STrD (Südtropische Stö- nen (-Z). Die halbdunklen Polargebiete mit großer Bandbreite an möglichen rung) vor, unterläuft einem vorher heißen Regionen (-R). Alle Bänder und Driften heißen Currents (-C); Strömun- (anormal) hellen SEB ein dunkles tur- Zonen haben eine feste Nomenklatur, die gen mit starken Driften auf enger Brei- bulentes Wiedererscheinen (Revival), die genaue Breitenlage auf dem Planeten tenausdehnung heißen Jetstreams (-Jet). so spricht man von einer SEBD. Eini- angibt. N- steht dabei für die Nordhemis- Die Nomenklatur zur Einordnung in eine ge Störungen verschieben die übliche phäre, S- für die Südhemisphäre. Die Ab- bestimmte Breite ist dieselbe wie bei den Bänder/Zonen-Abfolge, man spricht folge der Breitenlagen vom Äquator weg Bändern und Zonen. dann von einer Dislocation. Tritt die- wird mit -E-, -Tr-, -T- angegeben. Bänder se Störung in der Breite von STB, STZ in höheren Breiten als -T- bekommen Driften: Sämtliche Einzelobjekte auf und SSTB auf, so heißt sie STe-Disloc zwei oder mehr Präfixe, wie zum Beispiel Jupiter haben mehr oder weniger starke oder ausgesprochen Südtemperierte NNTB oder S3TZ (=SSSTZ). Spaltet sich Driften gegen ihr Rotationssystem, die für Dislocation, kommt auch die STrZ ein Band in Komponenten auf, so eine bestimmte Strömungszone charakte- hinzu, wird aus ihr eine STr-Disloc.

S S

Rotationssysteme Bänder Zonen

II SPR WOS STB STrZ GRF SEB

I EZ Projektion NEB NTrZ NTB Barren NTZ II NNTB Dieses Dokument ist urheberrechtlich geschützt. Nutzung nur zu privaten Zwecken. Die Weiterverbreitung ist untersagt. NPR

N N p f Bewegung im Okular

interstellarum 26 33 Dieses Dokument ist urheberrechtlich geschützt. Nutzung nur zu privaten Zwecken. Die Weiterverbreitung ist untersagt. Planeten

Zeichnungen werden nicht zur Posi- Zuerst sollte dazu ein kleiner und möglichst samtkarten der Zeichnungen helfen dabei, tionsbestimmung verwendet, dafür sind sie auffälliger Fleck beobachtet werden. Als die Objekte zu identifizieren. Mit der Inter- viel zu ungenau. Sie dienen als Unterma- Hilfsmittel kann man sich zum Zeitpunkt pretation sollte man vorsichtig sein, denn lung und Interpretationshilfe der ZM- der Passage für ca. 15 Minuten jede volle die Geschehnisse auf Jupiter lassen sich Schätzungen. Liegen Zeichnungen vor, die Minute notieren, ob der Fleck noch deutlich nicht vorhersagen. Zwar gehorchen einzel- den gesamten Globus abdecken, kann man vor, möglicherweise im, oder deutlich nach ne Strömungszonen gewissen Regeln, doch eine Gesamtkarte in Merkatorprojektion dem ZM-Durchgang steht. Die Auswertung ist es oft nicht möglich, mit einfachen An- zeichnen. Wichtig ist, dass alle dazu ver- ergibt dann den genauen Zeitpunkt der nahmen größere Schlechtwetter-Daten- wendeten Zeichnungen innerhalb eines 3- ZM-Passage. lücken zu überbrücken. Deshalb heißt es Tage-Zeitraumes liegen müssen, denn sonst Lohnenswerte Objekte für die Positions- für den systematischen Jupiterbeobachter: wird die Verschiebung zwischen den bei- überwachung sind der Große Rote Fleck Möglichst wöchentlich am Ball bleiben. den Haupt-Rotationssystemen zu groß. (GRF), das WOS-BA und die dunklen läng- Für diejenigen, die dazu nicht die nötige Intensitätsschätzungen sind nur sinnvoll, lichen Barren am NEB-Nordrand. Diese Zeit haben, bieten Internetseiten eine Mög- wenn sie über einen längeren Zeitraum Objekte sind stabil und ändern ihre Form lichkeit, sich zu informieren (siehe Surf- durchgeführt werden. Dabei ist wichtig, und Intensität nur langsam, so dass sie bei tipps). JUPOS gibt aktuelle GRF-Positionen dass stets dasselbe Teleskop bei identischer wiederholter Beobachtung wiedererkannt und Driftdiagramme, auf der Jupiterwatch- Vergrößerung benutzt wird. werden können. Die geringste Positionsver- Seite sind immer aktuelle Bilder des Plane- änderung wird der GRF zeigen, während ten (fast nur von Amateuren) zu sehen. Beobachtungsprojekte WOS-BA mit ca. –4°/d gegen System II ro- Sehr empfehlenswert ist die gedruckte Ein- tiert und bei den NEBn-Barren Geschwin- führung für Jupiterbeobachter von André Erst geduldige Beobachtung wird mit digkeiten von –1°/d bis +2°/d vorkommen. Nikolai. kleineren Fernrohren von 60–150mm ein- Intensitätsschätzungen sind vor allem zelne Details in den beiden Hauptbändern bei SEB und GRF sinnvoll. Als Referenz zeigen. Dies können dunkle Flecken oder kann man die relativ konstante Intensität Surftipps Ausbuchtungen der Bänder sein. Beobach- des NEB verwenden. Bisherige Beobach- tet man über einen Zeitraum von minde- tungen haben gezeigt, dass sich SEB und www.jupos.org • JUPOS: aktuelle Positionen, stens 10 Minuten, kann man schön die Ro- GRF oft genau gegensätzlich verhalten; Driftkarten, Ephemeriden tation des Fleckes verfolgen. Mehrere, nach- während eines SEB-Fadings ist der Fleck oft www.naa.net/akp/jupiter.html • Schablonen: einander gemachte Zeichnungen sind gut besonders rot und dunkel. Zeichenschablonen zum Download geeignet, die Rotation zu dokumentieren. Erst wenn zu Ende der Sichtbarkeit (die- atmos.nmsu.edu/jiw • Jupiterwatch: Ein zeitlicher Abstand der Zeichnungen ses Jahr im Juni) genug Zeichnungen und aktuelle Amateurbilder zwischen 30 und 60 Minuten hat sich be- ZM-Positionen vorliegen, kann man mit ei- www.be.schule.de/schulen/wfs/constpages/ währt. ner Auswertung beginnen. Dazu entwirft AGPlaneten/JUPITER/JUPBEO.HTM • Gelingt es, die Rotation nachzuverfolgen, man aus den ZM-Positionen Driftdiagram- Einführung in die Jupiterbeobachtung kann man zu ZM-Schätzungen übergehen. me der untersuchten Strömungszonen; Ge-

Saturn aktuell:

von Ronald Stoyan

m 29.9.2002 wurde in der Saturnat- Amosphäre einer der seltenen, auch mit Amateurteleskopen sichtbaren wei- ßen Flecke entdeckt. Der helle Fleck von ca. 1" scheinbarer Ausdehnung und run- der Gestalt erschien bei –42° in relativ hohen südlichen Breiten. Eine Bewegung von etwa 0,33°/d gegen System III konn- te festgestellt werden. Die abgedruckten kontrastverstärkten Bilder von interstel- larum-Leser Ed Grafton zeigen die Rota-

tion des Objektes. Visuelle Beobachtun- Saturn am 29.9.2002, 10:40–11:28 UT, 14"-SCT bei 9601mm Brennweite, ST-5 CCD-Kamera. Ed Dieses Dokument ist urheberrechtlich geschützt. Nutzung nur zu privaten Zwecken. Die Weiterverbreitung ist untersagt. gen wurden aus den USA mit nur 11" Grafton. Öffnung berichtet. Dieser über ca. 14 Tage zu verfolgende sind (letztmalig 1990). Trotzdem sollten reszeitlich hohen Sonneneinstrahlung Fleck hat nichts mit den großen weißen Planetenbeobachter dieses und nächstes auf die Südhemisphäre sind kleinere Flecken zu tun, die ca. alle 30 Jahre in der Jahr besonders auf Strukturen in den Fleckenerscheinungen 2003 häufiger Nordhemisphäre des Planeten zu sehen Wolkenbändern achten. Wegen der jah- möglich als in anderen Jahren.

interstellarum 26 35 Kometen

Die Kometenseite:

zusammengestellt von André Wulff

ometen sind ja immer für eine Überraschung gut, was sich Kauch kurz nach dem Erscheinen des letzten Heftes wieder einmal ganz deutlich zeigte. Am 14.12. wurde von den zwei japa- nischen Amateuren Kudo und Fujikawa unabhängig voneinan- der ein neuer Komet entdeckt. Es zeigte sich sehr schnell, dass dieser Schweifstern durchaus recht hell werden könnte. Kurz nach der Entdeckung gab es fast täglich im Internet neue Bahn- elemente für C/2002 X5 (Kudo-Fujikawa). Der beobachtete Bahnbogen wurde immer größer und die Genauigkeit der Bahn- elemente wuchs dann auch entsprechend an. Schnell wurden hierbei zwei Dinge klar: Der Komet nähert sich der Sonne sehr schnell an, und er wird der Sonne bei seiner Perihelpassage mit etwas weniger als 0,2AE recht nahe kommen. Eine große Son- nennähe beim Periheldurchgang bedeutet fast immer auch eine große Kometenhelligkeit. So könnte der Komet Mitte Januar eventuell mit bloßem Auge sichtbar werden. Anschließend kann man die Perihelpassage am 29.1. im Internet auf den Seiten der SOHO-Sonde weiterverfolgen. Die Beobachter auf der Südhalb- kugel können die weitere Entwicklung des Kometen dann gut be- obachten. Wir auf der Nordhalbkugel müssen uns bis Anfang März gedulden. Der Komet könnte dann eventuell mit Felds- Ein weiterer Komet demonstriert zur Zeit die mitunter gro- techerhelligkeit wieder am Abendhimmel auftauchen. Allerdings ße Unberechenbarkeit des Helligkeitsverhaltens eines Kome- sollte man eine solche Helligkeitsprognose mit größter Vorsicht ten. Der Komet C/2002 V1 (NEAT) wurde bereits im Novem- genießen, da zunächst einmal das Verhalten nach der Perihel- ber entdeckt und wies eine sehr geringe absolute Helligkeit auf. passage abgewartet werden muss. Viele Kometen haben diese Auch er soll der Sonne bei seinem Periheldurchgang sehr nahe nicht überlebt und entschwanden danach sofort von der Bildflä- kommen, sogar deutlich näher als der Komet Kudo-Fujikawa. che. Sollte es tatsächlich zu einer weiteren Beobachtungsperiode Die Periheldistanz beträgt weniger als 0,1AE. Die Berechnun- kommen, dann wird der Komet aber rasch schwächer werden gen ergaben, dass dieser Komet bis kurz vor seinem Perihel- und auch ungünstig am Himmel platziert sein. Er entfernt sich durchgang nur ein Beobachtungsobjekt für das Teleskop sein dann von uns, leider von der Erde aus gesehen hinter der Sonne. würde. Doch im Laufe des Dezembers gab es eine faustdicke Überraschung: Die Helligkeit lag teilweise schon bei ca. 8m und der Komadurchmesser wuchs auf respektable 20'. Der zuneh- mende Mond erschwerte danach die Beobachtung sehr und die große Frage ist jetzt, ob ein Helligkeitsausbruch stattfand oder ob das Helligkeitsverhalten tatsächlich so positiv für den Beob- achter sein wird. Die Bahnelemente des Kometen deuten dar- auf hin, dass der Komet seine Perihelpassage am 18.2. nicht überleben wird. Insofern ist eine Beobachtung zum jetzigen Zeitpunkt ratsam. Der Komet wird im Laufe des Januars gut am Abendhimmel postiert sein und nähert sich der Sonne immer mehr an. Mitte Februar kann dieser Komet dann ebenfalls im Internet auf den Seiten der SOHO-Sonde weiter verfolgt wer- den. Danach wird er für uns unsichtbar am Taghimmel ver- bleiben. Der periodische Komet P/1992 Q1 Brewington ist schwächer als erwartet und war Anfang Januar 2003 bei nur 13m zu beob- achten. Dieses Dokument ist urheberrechtlich geschützt. Nutzung nur zu privaten Zwecken. Die Weiterverbreitung ist untersagt. Surftipps

© interstellarum sohowww.nascom.nasa.gov/data/realtime-images.html • SOHO www.fg-kometen.de • Fachgruppe Kometen Abb. 1: Die Bahn von C/2002 X5 (Kudo-Fujikawa) im März 2003 am www.andrewulff.de • Homepage von André Wulff Abendhimmel.

36 interstellarum 26 Kometen

Abb. 2: Komet Kudo-Fujikawa am 1.1.2003; 250/450-Schmidtkamera, 10,5min auf TP2415 hyp. belichtet, Michael Jäger.

Abb. 3 : C/2002 X5 (Kudo-Fujikawa) am 4.1.2003; Aufnahme mit einer Min- tron-Videokamera mit einem 13"-Teleskop, Bernd Gährken. Dieses Dokument ist urheberrechtlich geschützt. Nutzung nur zu privaten Zwecken. Die Weiterverbreitung ist untersagt.

Senden Sie uns Ihre Aufnahmen und Zeichnungen der aktuellen Kometen. interstellarum-Mitarbeiter André Wulff freut sich über Ihre Einsendungen an Gluckstr. 18a, 22081 Hamburg oder [email protected] (<1 MB).

interstellarum 26 37 Das Trapez und sein Sternhaufen

Wie tief können Amateure in M 42 vordringen?

von Ronald Stoyan

Der Orionnebel ist für viele das schönste Himmelsobjekt schlechthin. Während sich Amateurbeobachter im allgemeinen an den Nebelstrukturen erfreuen, war- tet eine besondere Herausforderung im Herzen von M 42: Das Trapez mit sei- nen schwachen Begleitern und der dichteste und jüngste bekannte Sternhau- fen des Himmels.

Das Trapez Beobachter wie Porro, Secchi und South In kleinen Instrumenten erscheint die- glaubten, bis zu sechs weitere Sterne aus- ser Zentralbereich bis auf das Trapez stern- Das Trapez im Zentrum des Orionne- machen zu können. Burnham zeigte 1888, los. Tatsächlich beobachtet man hier aber bels ist als vierfaches System schon im dass alle diese Sichtungen fehlerhaft waren. den mit Abstand dichtesten und jüngsten Zweizöller zu sehen. Durch die Veränder- Erst in diesem Jahr wurden mit dem neuen Sternhaufen des Himmels, den Trapez- lichkeit der Trapezsterne A und B (siehe 36"-Refraktor der Washingtoner Sternwar- Haufen. 300 Sterne bis 17m stehen auf ei- »Veränderlicher aktuell«) kann sich der te neue Sternchen gefunden: G durch den nem Durchmesser von nur 5'. Sie entstam- Anblick deutlich ändern, wenn einer oder Fernrohrerbauer A.G. Clark, sowie das Pär- men der großen Geburtsstätte für Sterne in beide Sterne im Minimum sind. Weithin chen H und der extrem schwache Stern I M 42 und sind zu großen Teilen noch im bekannt sind die fünfte und sechste Tra- durch den wohl besten visuellen Beobach- Nebel eingehüllt. Eine Extinktion von über pezkomponente; beide 11m-Sternchen sind ter aller Zeiten, E. E. Barnard. Diese drei 10m im visuellen Spektralbereich verhin- etwa gleich gut zu sehen und mit Fernroh- Sterne sind wahre Extremobjekte für vi- dert, dass der Sternhaufen im Teleskop ren ab 100mm Öffnung erreichbar, wenn suelle Beobachter und erfordern ein großes sichtbar wird – ein übriges tut die hohe Flä- mindestens 150× vergrößert wird. Es ist Gerät; es sind noch keine Amateursichtun- chenhelligkeit des Hintergrunds. lange spekuliert worden, warum die Ent- gen bekannt geworden. Viele der nur 100000 Jahre alten Sterne deckung dieser Sterne Öffnungen von 10" sind noch nicht auf der Hauptreihe im und 18" und Beobachter vom Format eines Die Sterne der Huyghensregion Hertzsprung-Russell-Diagramm angekom- Otto Struve und John Herschel erforderte. men. Ihre Planetensysteme entstehen gera-

Die Ursache liegt wohl darin, dass dem Als Huyghensregion bezeichnet man de, wie die Hubble-Aufnahmen gezeigt ha- Dieses Dokument ist urheberrechtlich geschützt. Nutzung nur zu privaten Zwecken. Die Weiterverbreitung ist untersagt. Trapez vorher kaum Aufmerksamkeit ge- den scharf begrenzten Zentralteil des ben. Mehr als 50 der Sterne im Trapezhau- widmet worden war und die Beobachtun- Orionnebels. Sie wird nach Süden durch fen sind veränderlich, die Dunkelziffer gen von Wilhelm Herschel und Johann die gut definierte Frons und den im rech- liegt wahrscheinlich noch weit höher. Es Hieronymus Schröter bei kleineren Ver- ten Winkel dazu liegenden Occiput abge- handelt sich um unregelmäßige »Nebel- größerungen durchgeführt wurden. schlossen. Von Osten dringt das »Fisch- Veränderliche« der Typen T Tau, FU Ori In der Mitte des 19. Jahrhunderts waren maul« oder der Sinus Magnus (»Große und UV Cet. Bei letzteren handelt es sich die schwachen Trapezsterne vieldiskutiert. Bucht«) bis nahe an das Trapez vor. um Flare-Sterne, die innerhalb von Minu-

38 interstellarum 26 Milchstraße

Abb. 1: Das Trapez im Orionnebel. Aufnahme von Philipp Keller, Bernd Schröter, Bernd Wallner und Christian Fuchs mit einem 400/3200mm- Hypergraph. ten mehrere Größenklassen heller oder schwächer werden können. Von den 25 hellsten Sternen der Huyg- hensregion tragen viele eine Veränder- lichen-Bezeichnung. Der Stern mit der größten bekannten Amplitude ist ein recht schwaches Objekt und wurde von Otto Struve in John Herschels Aufzeichnungen gefunden, er heißt deshalb auch »Herschel- scher Veränderlicher«. Im Maximum ist der als AF Ori bezeichnete Veränderliche einer der hellsten Sterne des Zentralberei- ches; im Minimum ist er auch mit den größten Fernrohren visuell unerreichbar.

Den Trapezhaufen beobachten

Die Schwierigkeit der visuellen Beob- achtung der Sterne im Orionnebel liegt in der hohen Hintergrundhelligkeit. Nach Er- fahrungen von Andreas Alzner sind mit ei- nem 14"-Newton, mit dem sich normaler- Abb. 2: Die Huyghensregion im Orionnebel, kurz belichtet mit einer Digitalkamera. Aufnahme von Ra- weise 16m, 5 erreichen läßt, in der Huyg- dek Chromik. hensregion nur 13m, 5 Grenzgröße möglich. Dabei ist ein oranger Kantenfilter hilfreich, Abb. 3: Diese hochaufgelöste Aufnahme der Huyghensregion zeigt zahlreiche Sterne. Philipp Keller, der das Nebellicht aus [OIII] und H-beta Christian Fuchs, 800/8000-Cassegrain.

AE

MR

AD 642

MT

V348 AF 612 686

648 636 V494 671 608 AC

688 625 595 631 LQ 621 LV

602 Dieses Dokument ist urheberrechtlich geschützt. Nutzung nur zu privaten Zwecken. Die Weiterverbreitung ist untersagt.

interstellarum 26 39 Milchstraße

abblockt. Besonders CCD-Beobachter schwinden und dann erst wieder mit haben es hier wesentlich einfacher, weil 300–500× zu sehen sind. Entscheidend er Orionnebel hat für jeden Beobachter, die Kameras das Infrarotlicht der Ster- ist aber der Einfluss des Seeings. Für Dfür jedes Instrument, für jede Technik et- ne detektieren – in diesem Spektralbe- detailreiche Beobachtungen ist exzel- was zu bieten, selbstverständlich auch für Ver- reich ist die Extinktion des Sternlichts lente Luftruhe noch mehr eine Voraus- änderlichenbeobachter. Vier Sterne dominieren wesentlich geringer. Damit kann auf setzung als ein sehr klarer Himmel. den zentralen Sternhaufen, das berühmte Tra- Fotos, die nicht zu lange, aber auch pez – jedenfalls meistens. Schon länger bekannt θ nicht zu kurz belichtet worden sind, [1] Holden, E. S.: Monograph of the Cen- ist die Veränderlichkeit von BM Ori (auch als 1 schon der Eindruck eines Sternhaufens tral Parts of the of Orion, Was- Ori B bezeichnet). Mit einer Normalhelligkeit entstehen. hington (1882) von 7m, 95 ist dies der schwächste der vier Sterne. Am einfachsten zu erreichen sind [2] Bond, G. P.: Observations upon the Es ist ein typischer Bedeckungsveränderlicher die Sterne mit Veränderlichen-Kür- Great Nebula of Orion, Cambridge mit einer Periode von 6,47 Tagen und einer zeln. Schwächere Objekte werden mit (1867) deutlich sichtbaren Amplitude von 0m, 6. Ist er der Nummer aus G. P. Bonds Katalog [3] Stoyan, R.: Der große Orionnebel vi- im Minimum, hat das Trapez einen ganz ande- bezeichnet, der 1857–65 den Orionne- suell, interstellarum 5, 16 (1995) ren Charakter: Schaut man mit kleinerer Öff- bel ausführlich mit einem 15"-Refrak- [4] Alzner, A.: Visuelle Beobachtungen am nung bei weniger optimalen Bedingungen, tor beobachtete und zeichnete und Orionnebel – ein Rückblick, interstella- dann sieht man oft nur noch drei Sterne. Die 1100 Sterne visuell katalogisierte. Bond rum 5, 19 (1995) Dauer der Bedeckung ist mit 18 Stunden (von 671 ist mit 4" ein Grenzobjekt, MT Ori [5] MacRobert, A.: Action in the Orion Ne- denen 6 Stunden nahezu konstant im Minimum folgt für sechs- bis achtzöllige Telesko- bula, S&T 2/1993, 70 verbracht werden) verhältnismäßig lang im pe. Mit Kantenfilter und viel Geduld [6] Herbig, G. H., Terndrup, D. M.: The Tra- Vergleich zur Periode, so dass sicher schon vie- konnte Andreas Alzner mit dem 14- pezium Cluster of the Orion Nebula, le Beobachter ein Minimum von BM Ori gese- Zöller 15 Sterne (ohne Trapez) in der Astrophys. J. 307, 609 (1986) hen haben, ohne sich vielleicht den leicht irri- Huyghensregion beobachten. Dabei [7] Burnham, S. W.: The Trapezium of tierenden Eindruck erklären zu können. BM kommt es zu dem Effekt, dass schwa- Orion, MemRAS 49, 352 (1889) Ori gehört zu den Programmsternen der BAV, che Sterne mit Vergrößerungen von ca. [8] Parkhurst, J. A.: Faint near the Tra- über deren Webseiten Vorhersagen und weitere 80× aufblitzen, während sie bei höhe- pezium in the Orion Nebula, Astro- Daten zu ermitteln sind. ren Vergrößerungen wieder ver- phys. J. 20, 136 (1904) Da der Orionnebel und das Trapez sicherlich zu den meistbeobachteten Schaustücken am Die Sterne der Huyghensregion in M 42 Himmel gehören, ist es kein Wunder, dass die Entdeckung des zweiten hellen Bedeckungs- * Bezeichnung Helligkeit veränderlichen im Trapez eine kleine Sensation GCVS Struve Bond Herbig Bond Herbig Yerkes Obs. war. Als Eckmar Lohsen in der Wintersaison MR Ori 70 635 1885 10m,5 10m,5 10m, 3–12m,0 1973/74 eine Beobachtungsserie an BM Ori θ MT Ori 75 647 1910 12 m,1 12m,0 11m, 2(–13m,0) durchführte, fand er zufällig 1 Orionis A um genau eine Größenklasse schwächer: Statt 6m,75 88 671 1961 11m,5 12m,3 11m,7 hatte der Stern nur noch 7m, 8 zu bieten, und das LQ Ori 57 575 1771 11m,9 13m,5 11m, 8–13m,0 Trapez bestand plötzlich aus zwei helleren und m m m m AF Ori 78 654 1927 12,3 15,7 11, 9–16,1 zwei schwächeren Sternen. Heute wäre solch ei- AC Ori 622 1869 12m,7 13m,8 12m, 0–12m,9 ne Beobachtung am selben Abend eine Mel- LV Ori 589 1784 12m,7 12m,4 12m,1–13m,3 dung in einer der Mailinglisten wert, Lohsen AE Ori 641 1884 14m,8 13m,0 12m, 3–13m,3 musste damals aber erst abwarten, bis er ein AD Ori 651 1925 13m,1 13m,4 12m, 6(–15m) zweites Minimum nachweisen konnte, was V494 Ori 676 1973 13m,1 13m,4 12m,7 ziemlich genau 13 Monate dauerte. Am 14. April 1975 teilte er dann im Information Bulle- V348 Ori 618 1862 13m,1 13m,0 (12m, 6–)13m,3 tin on Variable Stars seine Beobachtungen mit 612 1842 13 m,5 13m,2 13m,3 und erzeugte damit reichlich Wirbel in der m m 636 1893 13,1 – 13,6 Veränderlichenszene. Bis 1976 dauerte es, bis m m m m 648 1913 14 ,3 13,9 13, 6–14,7 die genaue Periode (65,43 Tage) bekannt war. 642 1909 15m,6 14m,7 14m, 0–16m,6 Die wesentlichen Systemeigenschaften des nun 631 1896 14m,3 13m,6 14m,1 als V1016 Ori bekannten Veränderlichen sind 602 1826 14 m,3 13m,9 14m,2 inzwischen bekannt, allerdings ist es bis heute 608 1844 14m,3 14m,6 14m, 4–15m,2 nicht gelungen, das Nebenminimum nachzu- 595 1807 13m,9 12m,8 15m,0 weisen. Die Kenntnis der Lage und genauen

Amplitude dieses Nebenminimums ist grund- Dieses Dokument ist urheberrechtlich geschützt. Nutzung nur zu privaten Zwecken. Die Weiterverbreitung ist untersagt. 625 1870 15m,6 14m,5 15m, 2–16m,5 legend für die Entscheidung zwischen zwei 621 1871 15m,6 14m,5 15m,8 Modellen, mit denen man das System gleicher- m m 686 2008 15,6 14,2 – maßen gut beschreiben kann. Sicher ist, dass 688 1992 15m,6 13m,9 – der Hauptstern ein heißer und massereicher Hauptreihenstern vom Spektraltyp B0 bis B2 *) Helligkeitswerte ermittelt visuell (Bond), photographisch (Herbig) und photometrisch (Yerkes). ist. Der Begleiter ist nach jetzigem Kenntnis-

40 interstellarum 26 Milchstraße

Veränderlicher aktuell: Veränderliche im Orionnebel-Trapez von Béla Hassforther stand ein Stern vom Spektraltyp A0, der die Hauptreihe noch nicht er- reicht hat. Es ist keineswegs ungewöhnlich, dass zwei Sterne ein Sy- stem bilden, die sich in einem unterschiedlichen Entwicklungssta- dium befinden. Die Geschwindigkeit, mit der die einzelnen Phasen der Sternentwicklung durchlaufen werden, ist eng an die Masse ge- koppelt: Je massereicher der Stern, desto schneller geht alles. Der Hauptstern von V1016 Ori ist wesentlich massereicher und hat die Hauptreihe schon erreicht, der leichtere Begleiter befindet sich dage- gen noch in der Kontraktionsphase. Warum hat die Entdeckung so lange auf sich warten lassen? Zu- nächst ist es ein bekanntes Phänomen, dass die meisten Beobachter die nicht ganz so augenfälligen Objekte nur dann sehen, wenn sie von deren Existenz etwas wissen. Und zudem ist die Dauer des Minimums im Vergleich zur Periode des Sterns kurz: zwanzig Stunden für die Ge- samtdauer bei einer Periode von 65 Tagen – das macht rund 1% aus. Kein Wunder also, dass die genaue Lage des Nebenminimums, das je nach Modell nur einige wenige Zehntel Größenklassen Amplitude hat, auch heute noch unbekannt ist. Folgende Hauptminima von V1016 Ori sind 2003 beobachtbar: 27.2., 11.9., 15.11.2003. Auch V1016 Ori ist ein BAV-Programmstern.

[1] Burnham, R. Jr.: Burnham’s Celestial Handbook, Dover Publications (1978) © interstellarum [2] Levy, D. H., J. AAVSO 12, 2, 66 (1983) [3] Lloyd, C., Stickland, D. J.: The Nature of the Bright Early-Type Eclipsing Binary Theta 1 Ori A = V1016 Orionis, IBVS 4809, 26.11.1999 [4] Baldwin, M. E.: The Strange Case of Theta-1 Orionis A, in AAVSO Eclip- Neuigkeiten von aktuellen Sternen sing Binary Update 11 (2001) [5] Shevchenko, V. S. et al.: Proto-Algols and quasi-Algols, Pis’ma Astron. Zh. Goldilocks Veränderlicher in M 27 (interstella- 19, 334 (1993) rum 23): Leser Frank Schneider macht in regelmä- ßigen Abständen Aufnahmen von M 27. Demnach lag der Veränderliche Ende Juli 2002 bei 15m, 4, hat bis Mitte August auf 15m, 9 abgenommen und ging dann steil nach unten: Mitte und Ende September kaum noch messbare 17m, 5, Ende Oktober fast un- sichtbar.

V838 Mon (interstellarum 24) zeigt immer noch ein leicht nachweisbares Lichtecho (siehe auch den aktuellen Beitrag im Beobachterforum).

Surftipps

www.bav-astro.de • Bundesdeutsche Arbeitsgemeinschaft für

Veränderliche Sterne (BAV) Dieses Dokument ist urheberrechtlich geschützt. Nutzung nur zu privaten Zwecken. Die Weiterverbreitung ist untersagt. www.bela1996.de/astronomy/orion-vars.html • Orion-Veränderliche

Das Trapez im Orionnebel auf einer Aufnahme des Hubble Space Telescope. STScI.

interstellarum 26 41 Milchstraße

Eine Sternhaufen-Tour im Einhorn

von Stefan Korth

tarhopping macht Spaß, keine Frage. e M 50: Ungefähr 70 Sterne 9. bis 13. 15 Haufenmitglieder sehr locker grup- Außerdem schult es jeden Beobach- Größe. Der Umriss des Sternhaufens piert, er besitzt ein auffälliges Stern- Ster enorm, sich immer wieder von ist wie ein Haus, dessen Spitze nach dreieck am Südwest-Rand mit Sternen Stern zu Stern zu hangeln, um dann Süden zeigt. Ziemlich lose gruppiert, 8. bis 9. Größe. Frappierend ist der schließlich beim gewünschten Deep-Sky- voll von schönen optischen Doppel- Mangel an schwächeren Sternen. Objekt zu landen. Aber trotzdem: Wenn sternen. e NGC 2286: Ungefähr 25 sehr lose sor- man das jahrelang gemacht hat, dann hat e NGC 2215: Ziemlich kompakt und tierte Einzelsterne 9. bis 13. Größe. man sich auch das Beobachten per GoTo- mäßig zum Zentrum hin konzentriert. Wirklich langweiliges Objekt. Steuerung verdient. Denn eines ist klar: Knapp 20 Sterne, die etwa 10. bis 13. e NGC 2301: Nach dem »Augenpulver« Mit einem funktionierenden Fernrohr- Größe hell sind und gut in dem relativ endlich wieder ein richtig schöner Computer kann der Beobachtungsspaß sternarmen Feld auffallen. Sternhaufen! Ungefähr 60 Sterne 8. bis deutlich gesteigert werden. Aus meiner e NGC 2236: Ein markantes Objekt, ich 13. Größe werden geboten. Auffällig ei- Sicht kommt der Spaßfaktor nicht unbe- nenne ihn »Seepferdchen«. Er besteht ne in Ost-West-Richtung angeordnete dingt von der höheren Schlagzahl, mit der aus etwa 25 Sternen 11. bis 13. Größe, Sternkette, im Südteil ein markanter man Objekte abgrast. Was mich begei- die eine schwungvolle Sternenkette bil- Sternbogen. Im Zentrum fällt ein schö- stert, ist der Umstand, ganz spontan per den. ner Doppelstern auf (HJ 740), der aus Tastendruck neue Objekte aufzusuchen, e NGC 2259: Unauffälliges Objekt mit zwei Komponenten 9. Größe besteht. an die man vorher gar nicht gedacht hat. 10 Einzelsternen 11. Größe und schwä- e NGC 2302: 15 Sterne 10. bis 13. Größe, Und so entstand meine Sternhaufen-Tour cher, die sehr locker angeordnet sind. der Nordteil wird von einer Sternen- im Einhorn. e NGC 2262: Sehr unauffällige Stern- kette umringt. Im vergangenen Winter ergab sich für gruppe mit etwa 6 Einzelsternen 12. e NGC 2309: Hübsche kompakte, kleine mich die Möglichkeit, mehrere Nächte ei- bis 13. Größe. Gruppe von Sternen 12. bis 13. Größe. nen Vixen VMC200L-Field-Maksutov zu e NGC 2264: Dieser Sternhaufen wird Etwa 12 Einzelsterne sind sichtbar, die testen (200/1950mm). Montiert war dieses natürlich dominiert vom 4m, 7 hellen Form erinnert an einen Kelch. Gerät auf meiner GP DX-Montierung, die Veränderlichen S Monocerotis, der e NGC 2311: Ca. 13 Sterne 11. bis 13. mit einer Computersteuerung ausgestattet gleißend hell nahe des Haufenzen- Größe, die einen löffelartigen Bogen ist. Als Okular habe ich ein 16mm-Nagler- trums steht. Ansonsten sind die etwa beschreiben, hübsches Objekt. Okular verwendet, das am 8"-Cassegrain eine Vergrößerung von 121× liefert. Sternhaufen in Monoceros Der relativ dunkle Garten hinter mei- nem Haus profitiert von der guten Ab- Name R.A. Dekl. Größe Helligkeit Uran. schirmung gegen Straßenlaternen und die M 50 7h 02,1min –08° 23' 16' 5m,9 273 zahlreichen elektrischen Rollläden mei- NGC 2215 6h 20,8min –07° 17' 11' 8m,4 273 ner Nachbarn, die meist pünktlich gegen NGC 2236 6h 29,7min +06° 50' 7' 8m,5 182 21:00 Uhr heruntergefahren werden. NGC 2259 6h 38,4min +10° 53' 4,5' 10m,8 182 Die Nacht war klar genug, um in mei- NGC 2262 6h 39,6min +01° 09' 3,5' 11m, 3 227 nem Lichtloch sogar ansatzweise die NGC 2264 6h 41,1 min +09° 53' 20' 3m,9 182 Wintermilchstraße auszumachen – und h min m das nur 17 Kilometer westlich von Düs- NGC 2286 6 47,7 –03° 09' 15' 7, 5 228 h min m seldorf! NGC 2301 6 51,8 +00° 28' 12' 6, 0 228 NGC 2302 6h 51,9 min –00° 05' 5' 8m,9 273 Als erstes ist der Doppelstern Epsilon NGC 2309 6h 56,1min –07° 10' 3' 10m,5 273 Arietis an der Reihe. Mein Kollege Mi- NGC 2311 6h 57,8min –04° 37' 7' 9m, 6 228 chael Breite hat saubere Justierarbeit gelei- NGC 2324 7h 04,1min +01° 03' 8' 8m, 4 228 stet, das 1,5"-Doppel ist bei 217× locker NGC 2335 7h 06,8min –10° 02' 12' 7m,2 273

getrennt. Das mäßige Seeing macht aber NGC 2343 7h 08,1min –10° 37' 7' 6m,7 273 Dieses Dokument ist urheberrechtlich geschützt. Nutzung nur zu privaten Zwecken. Die Weiterverbreitung ist untersagt. keine Laune auf weitere beugungsbe- NGC 2345 7h 08,3min –13° 12' 12' 7m,7 273* grenzte Feinarbeit. NGC 2353 7h 14,5min –10° 16' 20' 7m,1 274 Im Einhorn bietet sich dem Sternhau- h min m fen-Fan ein Wechselbad der Gefühle. Die NGC 2368 7 21,1 –10° 22' 5' 11,8 274 19 beobachteten Objekte sind dabei nur NGC 2374 7h 23,9min –13° 15' 19' 8m,0 274* ein Ausschnitt aus dem Reichtum dieses *) Objekt im Sternbild Canis Major Sternbilds.

42 interstellarum 26 Milchstraße

Abb. 1: M 50. CCD-Bild, 4"-Maksutov, 640mm Brennweite, ST-7, 600s. Abb. 2: NGC 2343. CCD-Bild, 10"-SCT, 1625mm Brennweite, ST-7 mit AO7, Harald Strauß. 300s. Harald Strauß. e NGC 2324: Eine Ansammlung von ca. nente 12. Größe steht. Insgesamt ein haufen, der nach besserer Durchsicht 15 Sternen 10. bis 13. Größe, Ausdeh- hübsches Objekt! und vielleicht auch mehr Öffnung ver- nung in Ost-West-Richtung, ziemlich e NGC 2345: Sehr tragische, traurige langt. unauffälliges Objekt. Sterngruppe, bestehend aus 13 Sternen e NGC 2374: Sehr ausgedehnter Haufen e NGC 2335: Knapp 20 sehr lose ange- 11. bis 12. Größe, erinnert mich ein we- mit ca. 30 Einzelsternen. Auffällig die ordnete Sterne 11. bis 13. Größe, läng- nig an einen aufgespannten Drachen. Ansammlung von Sternen 9. Größe im lich in Ost-West-Richtung, sehr offen e NGC 2353: Lose Gruppe mit Stern 6. Ostteil, im Westteil eine kompakte An- und nicht besonders auffällige Stern- Größe am Südrand und einigen opti- sammlung von Sternen 12. Größe, die gruppe. schen Doppelsternen im Haufenzen- schon fast wie ein eigener Sternhaufen e NGC 2343: Rund 25 kompakt sortierte trum. aussieht. Sterne bis etwa 13. Größe, den Rahmen e NGC 2368: Ca. 10 bis 12 Sterne 13. e NGC 2396: Sehr zerstreut, mit Sternen bildet ein Dreieck aus Sternen 9. Größe, Größe, ein schwieriges Objekt am heu- 9. bis 10. Größe, die zickzackförmig an- wobei an der Südwestspitze ein mar- tigen Abend, der Horizontdunst stört geordnet sind. Nicht sehr aufregendes kanter Doppelstern mit einer Kompo- doch etwas. Ein sehr kompakter Stern- Objekt. Dieses Dokument ist urheberrechtlich geschützt. Nutzung nur zu privaten Zwecken. Die Weiterverbreitung ist untersagt.

interstellarum 26 43 Milchstraße

NGC 2440 – ein polypolarer Planetarischer Nebel

von Hans G. Diederich

NGC 2440 im Sternbild Puppis ist ein interessanter Planetarischer Nebel (PN), der sich in einer Entfer- nung von 3600 Lichtjahren befindet. Es gibt viele andere, der Beobachtung ebenso zugängliche PN, bei denen der Sternfreund Strukturen erkennen und auch das ein oder andere für sich persönlich entdek- ken kann. Mich lockte bei NGC 2440 aber sein Zentralstern, der eine Temperatur (Zanstra-Temperatur) von 200 000K oder mehr aufweist [1] und einer der heißesten Zentralsterne ist. Bekannte Abbildungen stammen vom Hubble Space Telescope (Abb. 1).

entralsterne Planetarischer Nebel pünktchen, von denen entstehen im Zuge der normalen mit einer Ausnahme alle ZSternentwicklung aus nicht zu mas- Sterne sind, verändert sereichen Sternen, die ihre äußeren Schalen sich mit einem abblasen und dadurch den inneren heißen [OIII]-Filter gravierend: Kern, in dem früher Energie durch Kernfu- Alle Sterne werden sion entstand, freilegen. Und diesen hei- schwächer, ein einziges ßesten mir bekannten Zentralstern wollte Lichtpünktchen aber ich aufnehmen und in einem CCD-Bild nicht: Das ist der PN. identifizieren. Die Beobachtung der leuchtenden Gasmassen Aufnahmetechnik eines PN hat ihre eige- nen Reize. Auch hier Heute weiß ich, das dies nicht gelingen hilft der [OIII]-Filter konnte. Durch seine hohe Temperatur über die Identifizierung emittiert der Zentralstern überwiegend im hinaus und lässt anson- UV-Bereich und erscheint uns daher nur sten unsichtbare Struk- mit einer Helligkeit von 17m, 7. Seine »har- turen erkennbar werden. te« Strahlung aber ionisiert die Gasmassen Aber es ist ebenso reiz- in seiner engsten Umgebung, die als Folge voll, teilweise sogar eine sehr hell leuchten und den Stern im für echte Herausforderung, uns sichtbaren Spektralbereich (gleiches den teilweise im Visuel- gilt auch für den rotempfindlichen Chip len sehr schwachen Zen- Abb. 1: NGC 2440, fotografiert mit dem HST. (STScI/AURA/NASA). der CCD-Kamera) überstrahlen. Das tralstern in der Mitte ei- schreckte mich seinerzeit aber nicht ab. nes PN zu erkennen. Hier hilft es sehr, die Bildauswertung Ich hatte einen»Zentralsternfilter« und jetzt störende [OIII]-Strahlung wegzufil- wollte es damit probieren. Dieser Filter ist tern und alle anderen Bereiche des Stern- Die Aufnahme erfolgte mit einem das genaue Gegenteil eines [OIII]-Filters. spektrums hindurch zu lassen. Die Beob- 16"-SCT und dem Zentralsternfilter (Abb. Ein [OIII]-Filter lässt ausschließlich achtung von Zentralsternen könnte so ein 2), mehrere Monate später dann die Bild- das Licht der beiden grünen [OIII]-Linien Projekt für den visuell beobachtenden bearbeitung und -auswertung. Unter den passieren. Der visuell beobachtende Stern- Sternfreund sein, der durchaus auch mit Strukturen fielen mir in der Mitte des PN freund setzt ihn unter anderem ein, um einem kleinen Teleskop auf Erfolgserleb- zwei diffuse, kleine und sehr helle Fleck- sehr kleine stellar erscheinende PN als nisse hoffen kann (siehe Kasten). chen (siehe Abb. 4) und zwei schwache solche zu identifizieren. Sterne strahlen Der Zentralstern von NGC 2440 emit- große äußere Bögen auf, die mich an von überwiegend ein kontinuierliches Spek- tiert durch seine hohe Temperatur über- der Seite betrachtete, perspektivisch zu El-

trum ab. Durch einen [OIII]-Filter beob- wiegend im UV-Bereich, worauf oben be- lipsen verzerrte Ringe erinnerten. Dieses Dokument ist urheberrechtlich geschützt. Nutzung nur zu privaten Zwecken. Die Weiterverbreitung ist untersagt. achtet werden sie folglich schwächer, da reits hingewiesen wurde. Ich überlegte mir nur ein sehr kleiner Anteil ihres Lichtes folgende Taktik, um ihn nachzuweisen: Die Aufnahme zeigt (Abb. 5): im Bereich der [OIII]-Linien liegt. Bei ei- e durch die Mittelpunkte der zwei Ellip- nem (überwiegend) in [OIII] emittieren- 1. Aufsuchen des PN ohne Filter sen (gelb) verläuft eine der Achsen, die den PN ändert sich nicht viel: Was vorher 2. Nachweis des PN mit [OIII]-Filter auch zwei rundliche Gebilde unmittel- durchkam, wird auch jetzt noch durchge- 3. Identifizierung seines Zentralsternes bar senkrecht zum hellen Zentralgebiet lassen. Ein Gesichtsfeld mit vielen Licht- mit dem Zentralsternfilter verbindet (rot),

44 interstellarum 26 Milchstraße

e eine andere Achse endet beidseitig in Unter der Annahme, dass die Kamera rundlichen hellen Gebieten, die weiter exakt in R.A./Dekl. ausgerichtet war, maß außen auf den Ringen liegen (grün), ich sodann mit einem Geodreieck die Posi- e beide Achsen schließen einen Winkel tionswinkel: Es ergaben sich die Werte 81°, von ca. 25° ein (rot-grün), 65° und 40°. In [4] sind die folgenden Wer- e ein ovaler innerer sehr heller Bereich te angegeben: 85°, 60° und 35°. enthält zwei »Nuklei« senkrecht zur rot gekennzeichneten Achse, Dieser komplexe bipolare PN (darum e der Zentralstern ist nicht zu erkennen, auch als »polypolar« bezeichnet) besteht vermutlich weil zu schwach und meine aus den folgenden Strukturen, die ich hier Filter-Chip-Kombination im blauen aus [4] kurz zusammengefasst und anhand Spektralbereich zu unempfindlich. der Abb. 6 wiedergebe: Abb. 2: NGC 2440, aufgenommen mit einem 16"- e Die Knoten NK und SK (blau) befinden SCT bei 2540mm Brennweite (mit Fokalreduktor) Internetrecherche sich an der Spitze der 35°-Lobes (grün). und Zentralsternfilter. ST-9E Kamera, 4×280s. Sie sind offenbar durch einen bipolaren Bei einer ersten Internetrecherche fand Ausfluss senkrecht zur Sichtlinie zu er- sich lediglich die HST-Aufnahme. Aufnah- klären. me und Zeichnung, in der diese ringförmi- e Die westliche Seite der 85°-Lobes (oran- gen Strukturen in Ansätzen erkennbar ge) entfernt sich von uns, die östliche sind, waren nur im Bildatlas Planetarischer Seite kommt auf uns zu. Der Öffnungs- Nebel in interstellarum enthalten[3]. winkel beträgt ca. 80°. Der am weitesten Eine erneute und intensivere Suche mit entfernte Rand des östlichen und der dem Ziel der Bestätigung meiner Inter- nahestehendste Rand des westlichen pretation der Achsen, Winkel und insbe- Lobe liegen in der Himmelsebene. Da- sondere der beiden gleichartigen äußeren mit ist die Achse dieses Ausflusses ca. »Ringe« führte zur Arbeit von Lopez et al. 40° zur Himmelsebene geneigt. [4]. Und dann gingen mir die Augen e Die Filamente der 60°-Lobes (blau) Abb. 3: Pseudofarben-Auszug zur Kontrastver- über: Alle Strukturen waren hier be- scheinen das Ergebnis des letzten Aus- stärkung von Abb. 2. schrieben und erklärt. Und ich erkannte, dass ausschließlich durch die Verwen- dung des Zentralsternfilters, welches das Der Zentralstern-Filter Licht der in [OIII] hellen Strukturen weg- gefiltert hatte, die großen äußeren »Rin- Dieser Filter funktioniert genau gegensätzlich zu einem UHC-Filter: Die [OI- ge« erkennbar geworden waren, da sie in II]- und H-beta-Linien werden gesperrt. Alle anderen Wellenlängen können den [NII] besonders deutlich sind, in [OIII] Filter passieren. Er eignet sich besonders für die Beobachtung schwacher Sterne, dagegen nicht. Hätte ich nicht nach dem die innerhalb eines Gasnebels liegen. Das Licht des Gasnebels wird unterdrückt, Zentralstern gesucht, wäre der Zentral- ohne dass das Sternenlicht eine wesentliche Schwächung erfährt, und der Hinter- sternfilter nicht eingeschraubt worden, grund erscheint schwarz. wären mir diese beiden Strukturen nicht Technische Daten: Durchmesser 25mm, Dicke 2mm, optisch nutzbarer Durch- aufgefallen, ich hätte in meine Aufnahme messer 22mm, Glas-Interferenzfilter in Metallfassung, kein Gewinde. Bezugsquel- keine Ellipsen eingezeichnet und auch le: Fa. Astro-Electronic, Herzberg. nicht im Internet nach einer Erklärung gesucht. Genau das ist es, was mich Astronomie immer wieder als Abenteuer erleben lässt.

Interpretation

Ich überarbeitete erneut die Abb. 2, be- mühte mich dabei um einen hohen Kontrastumfang und druckte dieses Bild formatfüllend auf einem DIN-A4-Blatt aus. Erneut wurden die Achsen der zwei bi- polaren Strukturen eingezeichnet. Zusätz-

lich erfolgte die genaue Bestimmung der Dieses Dokument ist urheberrechtlich geschützt. Nutzung nur zu privaten Zwecken. Die Weiterverbreitung ist untersagt. Mittelpunkte der beiden schwachen gro- ßen Bögen. Diese Mittelpunkte verbunden ergaben eine Achse, die ebenfalls einge- zeichnet nicht deckungsgleich mit einer der beiden ersten Achsen war. Also liegen bei NGC 2440 nicht zwei sondern sogar drei bipolare Strukturen vor.

interstellarum 26 45 Milchstraße

Fazit

Offenbar haben sich in diesem PN mehrmals bipolare Ausbrüche ereignet, zwischen denen die Orientierung der Symmetrieachse des PN jeweils Ände- rungen unterworfen war. NGC 2440 ist also ein sehr interessantes Objekt und mit seinen Strukturen auch Amateuren zugänglich. In all meiner »Entdecker- freude« bleibt aber ein kleiner Wehmuts- tropfen: Den Zentralstern habe ich im- mer noch nicht gesehen… Abb. 5: Die beobachteten Strukturen in NGC 2440. Erläuterungen im Text. Abb. 4: Der Kernbereich von NGC 2440. Bear- Hinweis zu den Abbildungen: auf allen beitung von Abb. 2. Aufnahmen ist Norden unten und Osten rechts flusses zu sein, der ursprünglich die 35°-Lobes erzeugte und sich dann [1] Kaler, J. B.: Sterne und ihre Spektren, weiter drehte. Die mit C und D be- Astronomische Signale aus Licht, Spek- zeichneten Bereiche würden dann die trum Verlag, 284 zu einander entgegengesetzt gerichte- [2] heritage.stsci.edu/public/99oct7/ ten Teile dieser bipolaren Struktur ngc2440/displayngc2440.html darstellen. Die entsprechende Achse [3] Reus, G., Stoyan, R.: Bildatlas heller Pla- liegt senkrecht zur Ebene des zentra- netarischer Nebel, Teil 1, interstellarum 6, len Torus. 16 (1996) e Im Zentrum des PN befindet sich ein [4] Lopez, J. A. et al.: The Morphology and Ring (Torus), dessen tangential gese- Kinematics of the Complex Polypolar Pla- henen Ränder mit A und B bezeich- netary Nebula NGC 2440, Astrophys. J. Abb. 6: Interpretationsskizze der Details in NGC 2440 net sind. 493, 803L (1998) nach Lopez at. al. Dieses Dokument ist urheberrechtlich geschützt. Nutzung nur zu privaten Zwecken. Die Weiterverbreitung ist untersagt.

46 interstellarum 26 Universum

Die sphäroiden Zwerggalaxien der Milchstraße – ein unscheinbares Völkchen

Teil 2 – Theorie von Peter Riepe und Harald Tomsik

Das Farbenhelligkeitsdiagramm

Um Aussagen über den Entwicklungszu- stand einer zusammengehörigen stellaren Gruppe zu erhalten, setzt die Astrophysik ein bewährtes Mittel ein: das »Farbenhel- ligkeitsdiagramm« (FHD). Das FHD zeigt als eine grafische Übersicht, wie die Hellig- keiten der Einzelsterne über ihre »Farben« verteilt sind. Allerdings wird der Begriff »Farbe« nicht als Sinneseindruck »rot« oder »blau« erfasst, sondern in Form einer Zahl, des sog. »Farbindex«. Zur Angabe des Farbindex eines Sterns wird seine schein- bare Helligkeit in unterschiedlichen Spek- tralbereichen gemessen, als erstes in einem Bereich kürzerer Wellenlänge (z.B. die Blauhelligkeit), als zweites in einem Be- reich längerer Wellenlänge (z.B. die visuelle Helligkeit). Der Farbindex ist dann die Dif- ferenz Blauhelligkeit – visuelle Helligkeit (kurz: B – V). Beispiel: Ein Stern habe 8m,4v und 7m, 2b. Damit ist er gelb, denn im Blau- en ist er lichtschwächer als im Visuellen. Abb. 1: Farbenhelligkeitsdiagramm der Plejaden. Als gelblicher Stern hat er einen positiven Farbindex, B – V = 1m, 2. Bläuliche Sterne hingegen (z.B. 4m, 9v und 5m, 2b, also B – V = –0m, 3) können sogar auf negative Farbindi- zes kommen (siehe Tabelle). Ein FHD entsteht nun so, dass man in ein zweiachsiges Koordinatensystem für je- den vermessenen Stern einen Punkt ein- trägt. Dabei wählt man auf der horizonta- len Achse den Farbindex, auf der vertikalen Achse die scheinbare visuelle Helligkeit (kürzer: V). Trotz der sinnvolleren Quanti- fizierung der Sternfarbe über den Farbin- dex hat sich die traditionelle Bezeichnung »Farbe« hartnäckig gehalten. Anstelle des Farbindex B – V werden heute auch gern

andere Farbschwerpunkte gewählt, z.B. der Dieses Dokument ist urheberrechtlich geschützt. Nutzung nur zu privaten Zwecken. Die Weiterverbreitung ist untersagt. rote V – R (Visuell und Rot) oder V – I (Vi- suell und nahes Infrarot). Was kann man aus dem FHD lernen? Betrachten wir dazu unterschiedliche Fälle. Ein Offener Sternhaufen wie die Plejaden besitzt viele helle blaue Sterne. Mit einem Alter von 20 Millionen Jahren ist er sehr Abb. 2: Farbenhelligkeitsdiagramm des Kugelsternhaufens M 3.

interstellarum 26 47 Universum

Abb. 3: Im Farbenhelligkeitsdiagramm von Leo II, das bis 21m, 5 reicht, werden im Grunde nur Sterne des roten Riesenastes erkennbar (in Anlehnung an [3]). Abb. 4: Das Farbenhelligkeitsdiagramm von Fornax jung, folglich hat noch keine wesentliche den kann. Hauptreihensterne größe- Dwarf zeigt eine reichhaltige Strukturierung (in Anleh- Sternentwicklung stattgefunden. Die Ein- rer Masse wandern nach einer länge- nung an [1]). Astrophysiker können hiermit die Stern- zelsterne ordnen sich im FHD in einer ty- ren Verweilzeit im Hauptreihensta- entstehungsgeschichte nachzeichnen. pisch diagonalen Weise an. Der Astronom dium im FHD allmählich in den ro- sagt, sie bilden die sog. »Hauptreihe«. Im ten Riesenast weiter. Je massereicher sie Zwerggalaxien auch schon leuchtschwä- Vergleich zu einem gewöhnlichen weißen sind, desto eher geschieht das. Noch eine chere Hauptreihensterne als unsere Sonne Hauptreihenstern des Spektraltyps A0 sind Besonderheit ist den Kugelsternhaufen zu aufgespürt und fotometriert werden, so die blaueren Sterne leuchtkräftiger und hel- eigen: Sie formen einen »Horizontalast«, dass nun für Fornax Dwarf als typische ler, die rötlicheren lichtschwächer (Abb. 1). oft mit einer auffälligen Lücke. Die Sterne dSph-Galaxie ein wesentlich erweitertes Im FHD des Kugelsternhaufens M 3 fällt in dieser Lücke sind veränderlich, es sind FHD erkennbar wird (Abb. 4). Im oberen auf, dass die untere Hauptreihe zwar noch die sog. »Haufenveränderlichen« oder RR Bereich ist die Analogie zu einem Kugel- vorhanden ist, dass aber die obere Haupt- Lyrae-Sterne. sternhaufen-FHD klar erkennbar, im un- reihe verformt ist und den sog. »roten Rie- Das FHD einer sphäroiden Zwerggala- teren Bereich gibt es aber doch schon er- senast« bildet (Abb. 2). M 3 ist etwa 13 xie ist zunächst ein Problem. Hauptreihen- hebliche Abweichungen. In der Morpholo- Milliarden Jahre alt. In dieser Zeit sind die sterne wie unsere Sonne kommen in der gie fallen auf: der Riesenast, dann der Ho- hellen, Energie verschwendenden Sterne Entfernung von Leo I auf scheinbare Hel- rizontalast (wie bei den Kugelsternhau- aus der oberen Hauptreihe verschwunden. ligkeiten um 27m, 5 und sind mit erdgebun- fen), weiterhin am unteren Riesenast an- Sie haben sich aufgebläht und zu Riesen- denen Teleskopen nicht wahrnehmbar. liegend ein »roter Klumpen« älterer Sterne sternen weiter entwickelt, was mit Hilfe der Kein Wunder, dass selbst Großteleskope und schließlich noch ein diffuser Bereich, Theorie der Sternentwicklung erklärt wer- nur die hellsten Sterne einer dSph-Galaxie den man als den untersten Teil der Haupt- erfassen. Lange Zeit – bis zum Einsatz des reihe ansehen könnte. Insgesamt ist das Abb.5: Das schematische Farbenhelligkeitsdia- Hubble Space Telescope oder bis zur Inbe- dSph-FHD erheblich detailreicher, aber gramm (FHD) einer dSph-Galaxie. Es bedeuten: triebnahme des Very Large Teleskop auch komplizierter als das FHD eines Ku- RGB = Roter Riesenast, HB = Horizontalast, RC = (VLT) der ESO in Chile – mussten sich die gelsternhaufens. Das weist schon darauf »roter Klumpen«, MS = (mögliche) Hauptreihe. Astronomen damit zufrieden geben, dass hin, dass die Sternentwicklung in den Ferner ist noch eingezeichnet, wo im FHD die RR die Erreichbarkeit schwächster Einzelster- sphäroiden Zwerggalaxien anders verlau- Lyrae-Sterne zu finden sind. ne in Zwerggalaxien auf etwa 23m begrenzt fen sein muss als in den Kugelsternhaufen. blieb (Abb. 3). Das war der Grund, wes- Abb. 5 zeigt alle Merkmale des FHDs einer halb damals aus den fotometrischen Daten dSph-Galaxie. einer sphäroiden Zwerggalaxie in der Re- Astrophysiker sind sich inzwischen klar gel auch nur der rote Riesenast erfasst wer- darüber, dass in den dSph-Galaxien seit ih- den konnte. Mit dem HST und auch dem rer Entstehung unterschiedliche Phasen VLT verschob sich die Grenze der der Sternentwicklung stattgefunden haben. schwächsten erreichbaren Sterne auf Ihr dynamisches Verhalten beim Umlauf m

26–26, 5. Damit können in nahegelegenen um die Milchstraße – in Teil 1 unseres Be- Dieses Dokument ist urheberrechtlich geschützt. Nutzung nur zu privaten Zwecken. Die Weiterverbreitung ist untersagt.

Spektralklassen und Farbindex der Sterne

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Deep-Sky-Herausforderung: Markarian 231 – der versteckte Quasar von Klaus Wenzel

as Objekt, das ich heute Dvorstellen möchte, er- füllt mit einer Absolut- helligkeit von –22M, 3 das Quasarkriterium (–23M) ei- gentlich nicht. Das Objekt erscheint vielmehr in sämt- lichen gängigen Katalogen als AGN, also als aktiver extragalaktischer Kern (Seyfertgalaxie) [1]. Es gibt aber verschiedene Gründe, die dafür sprechen, dass diese Galaxie, die vermut- lich von Zwicky (7ZW 490) in den 60er Jahren entdeckt wurde, trotzdem einen Qua- sar in ihrem Zentrum be- herbergt. Bei einer Rotver- schiebung von z = 0,041 dürfte die Entfernung bei etwa 520 Mio. Lichtjahren anzusetzen sein. Wir haben CCD-Bild. 5"-Refraktor, ST-7, Wolfgang Düskau. es hier also mit einem kos- mologisch gesehen relativ nahen Objekt Hinweis, der auf eine starke Wechselwir- 170facher Vergrößerung, fällt das Objekt dieser Klasse zu tun. kung hindeutet. durch seine flächige Erscheinung sofort Bei Mrk 231 scheinen wir einen Qua- auf. Bei gesteigerter Vergrößerung ist Galaxienkollision sar zu beobachten, dessen Licht von den schließlich ein punktförmiger stellarer Staubwolken, die ihn umgeben, stark ab- Kernbereich zu erkennen, um diesen Auf tiefbelichteten Aufnahmen [2] geschwächt wird. Der QSO ist sozusagen Kern erstreckt sich ein kleiner diffuser von Mrk 231 sind eindeutig zwei bereits hinter den Staubschwaden der Galaxien- Minihalo von etwa 2' Durchmesser. Die miteinander verschmolzene Kerne zu er- kollision versteckt. Wären diese Wolken visuelle Helligkeit des Kerns schätzte ich kennen – ein Hinweis dafür, dass hier nicht dem QSO vorgelagert, würde das auf etwa 13m, 5. Wenige Bogenminuten vermutlich eine Galaxienkollision statt- Objekt das Quasarkriterium sicherlich nordwestlich ist ein schwacher (etwa 15m) gefunden hat. erfüllen. Ein weiteres Indiz hierfür ist die Vordergrundstern sichtbar. Die Folge dieser Kollision ist eine ho- Tatsache, dass Mrk 231 eine der hellsten he Sternentstehungsrate (Starburst). Galaxien im Infrarotbereich darstellt [3]. [1] Wenzel, K.: Seyfert-Galaxien, interstella- Außerdem wird das schwarze Loch im Ein vergleichbares Objekt ist die Galaxie rum 17, 32 (2001) Zentrum verstärkt mit interstellarem IC 4553 (Arp 220), die ich bereits früher [2] Boroson, T. et al.: Optical Imaging of Material gefüttert, was zur Folge hat, beschrieben hatte [4, 5]. Auch hier kön- Markarian Galaxies with multiple Nuclei, dass der Quasar (das schwarze Loch) zu nen wir ein leuchtkräftiges zentrales Ob- Astrophys. J. Suppl. 85, 27 (1993) neuem Leben – Aktivität – erwacht. Eine jekt im Infrarotbereich beobachten. [3] Hutchings, J., Neff, S.: Morphology and weitere Folge von solchen Galaxienkolli- nuclear spectroscopy of Mrk 231, Astron. sionen sind große Staubwolken, die sich Visuelle Beobachtung J. 92, 14 (1987) in der verschmolzenen Galaxie ausbrei- [4] Wenzel, K.: Quasare – Objekte für den ten. Und genau dies scheint bei Mrk 231 Bedingt durch die Tatsache, dass die visuell beobachtenden Amateur,

passiert zu sein. Markarian und Zwicky Galaxie etwa 1° nordöstlich von Epsilon interstellarum 10, 24 (1997) Dieses Dokument ist urheberrechtlich geschützt. Nutzung nur zu privaten Zwecken. Die Weiterverbreitung ist untersagt. beschreiben beide eine eruptive und un- Ursa Major postiert ist, ist das Objekt [5] Bertola, F.: IC 4553 – Spaziergang im regelmäßige Erscheinung der kompak- durch die Starhopping-Methode be- Kosmos, SuW 5/1985, 265 ten Galaxie: Ebenfalls ein eindeutiger sonders einfach aufzufinden. Schon bei

Name R.A. Dekl. Sternbild Helligkeit Größe Rotverschiebung Entfernung Uran. Mrk 231 (UGC 8058) 12h 56,1min +56° 52' UMa 13m, 6 1,6'×1,0' z = 0,041 520 Mio. Lj 48

interstellarum 26 49 Universum

richtes bereits angesprochen – ist damit be- Da aber mit dem POSS bereits eine tiefe, schwacher dSph-Galaxien gedacht haben. stens vereinbar. Die alte Vorstellung, dSph- umfangreiche Durchmusterung existiert, Nach dem Projekt wird es mit Sicherheit Galaxien seien uralte Systeme mit ausent- verwenden die Astronomen bevorzugt die interessante Bildresultate geben! Dann wickelten Sternen, muss wohl verworfen digitalisierten Vorlagen dieses Standard- wird dieser einführende Bericht Zug um werden [1]. Vielmehr legt die Sternentste- werkes. Sind verdächtige Flecken gefunden, Zug ergänzt, indem die sphäroiden Zwerge hungsgeschichte nahe, dass sphäroide so werden diese mit langbrennweitigen Te- unserer Milchstraße der Reihe nach im De- Zwerggalaxien tatsächlich aus irregulären leskopen großer Öffnung »unter die Lupe« tail vorgestellt werden. Dwarfs entstehen, wobei auch Übergangs- genommen. Das Ziel der Berufsastrono- typen durchlaufen werden [2]. Solche men ist es, die dSphs in Einzelsterne aufzu- [1] Gallart, C. et al.: Using color-magnitude dia- Übergangstypen (z.B. Phoenix Dwarf oder lösen. Dann können über Photometrie und grams and spectroscopy to derive for- LGS 3) werden in der Lokalen Galaxien- Spektrografie Aussagen zu den physikali- mation histories: VLT observations of For- gruppe vielfach beobachtet. schen Eigenschaften, Entwicklungen und nax; The ESO Messenger, 108, 16 (2002) Entfernungen der Zwerggalaxien getroffen [2] Grebel, E. K.: Star formation histories of ne- Suchkampagnen werden. Die als letzte gefundene sphäroide arby dwarf galaxies; Astrophys. Sp. Sc. Zwerggalaxie der Lokalen Gruppe – Cetus Suppl. 277, 231 (2001) Das Aufspüren neuer sphäroider Zwerg- Dwarf – wurde im Jahre 1999 entdeckt [4], [3] Demers, S., Irwin, M. J., Gambu, I.: Deep galaxien ist extrem schwierig – die hellsten wie nicht anders zu erwarten über die Su- CCD photometry of the dwarf spheroidal Vertreter sind alle schon bekannt. Den- che im POSS. galaxy Leo I; MNRAS 266, 7 (1994) noch geht die Suche nach schwachen dSphs [4] Whiting, A.B., Hau, G.K.T., Irwin, M.: A New weiter. Bis zum heutigen Tag gelangen Ausblick Local Group Galaxy in Cetus; Astron. J. Neuentdeckungen immer nur professionel- 118, 2767 (1999) len Astronomen, obwohl auch gut ausgerü- Wer sich für die Beobachtung und/oder [5] Riepe, P., Steinicke, W.: Zwerggalaxien – Ein stete Amateure dazu in der Lage wären. Fotografie dieser schwierigen Objektklasse Projekt der VdS-Fachgruppen Astrofotogra- Das werden wir demnächst an Hand der interessiert, sei noch einmal herzlich zur fie und Visuelle Deep-Sky-Beobachtung; jüngsten Andromeda Dwarfs zeigen, die Teilnahme an dem »Projekt Zwerggala- VdS-Journal II/2001, 40 Ende der 90er Jahre entdeckt wurden. Zu- xien« eingeladen [5, 6]. Dass zur Zeit noch [6] Webseiten der Fachgruppen Astrofotografie nächst gilt es, mit lichtstarken Optiken po- keine aussagekräftigen eigenen Aufnah- und Deep-Sky: www.vds-astro.de/fg- tenzielle Kandidaten aufzuspüren. Dies men vorliegen, soll nicht stören. Die we- astrofotografie und www.fachgruppe- kann grundsätzlich im Bereich des visuel- nigsten unter den Astrofotografen werden deepsky.de len Spektrums erfolgen, also fotografisch. bisher an die Aufnahme extrem licht- Dieses Dokument ist urheberrechtlich geschützt. Nutzung nur zu privaten Zwecken. Die Weiterverbreitung ist untersagt.

50 interstellarum 26 Geschichte

Der (NGC) und seine Beobachter

Albert Marth (3) von Wolfgang Steinicke

Es gibt einige Personen der Astronomiegeschichte [1], die man gerne sprachlich – einem allge- meinen Trend folgend – dem angloamerikanischen Raum zuordnet. So etwa Stephan, Entdecker der bekannten Galaxiengruppe »Stephans Quintett« im Pegasus. Einige sprechen den Namen eng- lisch aus, wie in »Stephen King«, dabei war Edouard Stephan (1837–1923) Franzose und von 1866 bis 1907 Direktor des Observatoriums in Marseille. Ein anderer Fall ist Albert Marth (Abb. 1): Das sieht schon sehr britisch aus und man wird zum klassisch-englischen »th« (wie in »earth«) verleitet. Der Name ist aber deutsch und reimt sich daher auf »zart«. Wer war Albert Marth und was hat er zum NGC beigetragen?

arth war eine Art »astronomi- Bereits ein Jahr später (1853) bekam er sehen durch seine zahlreichen Entdeckun- scher Gastarbeiter«. Als Deut- einen Ruf nach London. Dort hatte der rei- gen, darunter 10 Kleinplaneten, 3 Kometen Mscher zog er – zeitlebens unver- che Weinhändler und Gönner der Astrono- und bedeutende Veränderliche Sterne wie heiratet – kreuz und quer durch England, mie George Bishop neben seiner feudalen R Leporis (»Hind’s Crimson Star«), U Ge- um sich als Astronom zu verdingen – im- »South Villa« im Regent’s Park eine beacht- minorum (erste Zwergnova) und T Tauri. mer auf der Suche nach dem perfekten In- liche Sternwarte errichtet. Von 1844 Neben diesem Stern fand Hind am strument am optimalen Standort. Er hatte bis 1854 war John Russell Hind 11. Oktober 1852 den Refle- einen sensiblen Charakter und war körper- dort Chefastronom. Bezahlte xionsnebel NGC 1555 (»Hin- lich nicht sehr robust. Bis auf eine Ausnah- Stellen in der Astronomie d’s Variable Nebula«), der me blieb seine rastlose Suche erfolglos, was waren damals noch höchst großes Aufsehen erregte ihn deprimierte. Diese Ausnahme war sein selten. Staatliche bzw. [5]. Sein Instrument war zweijähriger Aufenthalt in Malta. Hier Universitätsobservato- der 7-Zoll f/18,4 Dol- konnte er mit einem der größten Spiegelte- rien gab es erst wenige land-Refraktor (Abb. 2). leskope seiner Zeit beobachten, dem 48- (Greenwich, Cambrid- Hind entdeckte noch Zöller des Liverpooler Amateurastrono- ge, Oxford) und die drei weitere NGC Ob- men William Lassell. Marth ist im NGC [2] meisten Astronomen jekte: die Galaxie NGC mit 600 Objekten vertreten. Wie viele da- waren (reiche) Amateu- 4125 im Drachen sowie von Neuentdeckungen bzw. nicht-stellar re [4]. Die Liste bedeu- die Kugelsternhaufen sind, werden wir später klären. tender Beobachter an NGC 6535 in der Bishops Sternwarte ist Schlange und NGC 6760 Mr. Bishop und seine lang: Neben Hind waren im Adler. astronomischen Angestellten dort William Dawes, Nor- Marth wurde, nach dem man Pogson, Eduard Vogel Ausscheiden von Vogel, zu- Marth wurde am 5. Mai 1828 in Kolberg und George Talmage. Die mei- nächst Assistent von Hind und (Pommern) geboren und wurde früh zur sten blieben allerdings nur rela- trat 1854 dessen Nachfolge als Waise [3]. Er studierte zunächst Theologie tiv kurze Zeit – vielleicht wegen Leiter der Sternwarte an. Er an der Berliner Universität. Sein Interesse der eigenwilligen Art des Besit- Abb. 1: Albert Marth blieb zwei Jahre. Am 1. März an Mathematik und Astronomie war aber zers. Dawes, besonders durch (1828–1897). 1854 entdeckte er den Kleinpla-

stärker und er begann ein Astronomiestu- seine Doppelsternbeobachtun- neten (29) Amphitrite. Wichti- Dieses Dokument ist urheberrechtlich geschützt. Nutzung nur zu privaten Zwecken. Die Weiterverbreitung ist untersagt. dium bei Christian August Friedrich Peters gen bekannt, schrieb später zornig: »Mr. B. ges Hilfsmittel waren die von Hind erstell- in Königsberg, der Wirkungsstätte von beobachtete niemals selbst. Er konnte noch ten »Ecliptical Charts«. Es gab zu dieser Friedrich Wilhelm Bessel. Marth beobach- nicht einmal eine Meridianpassage bestim- Zeit keinen vollständigen Himmelsatlas tete dort Kometen und Kleinplaneten. Mit men. Aber als ich die Sternwarte verließ, mit einer für visuelle Beobachtungen aus- 24 publizierte er seine erste Arbeit in den setzte er seinen Namen unter all meine Be- reichenden Grenzgröße, sondern nur ein Astronomischen Nachrichten, mittlerweile obachtungen!«. Hind, der Nachfolger von Sammelsurium von Sternkatalogen und von Peters herausgegeben. Dawes, brachte der Sternwarte großes An- Karten, die Himmelsausschnitte bis ca. 11.

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oder 12. Größe wiedergaben, angefertigt In Lassells Diensten von verschiedenen europäischen Stern- ber den deutschen Astronomen warten. William Lassell, ein reicher Kaufmann, ÜJohann Elert Bode (1747–1826) gä- Nach dem Aufenthalt in London, der hatte nahe Liverpool eine Privatsternwarte be es viel zu berichten – wir wollen uns ihm einiges Ansehen brachte, ging Marths errichtet: »Starfield«. Lassell war nicht nur diesmal allein um die von ihm geschaf- Weg weiter zum Durham Observatory, Pot- ein begnadeter Beobachter und Zeichner, fenen fünf Sternbilder kümmern, von ters Bank, als Nachfolger von George Rüm- sondern auch Konstrukteur von Telesko- denen keines bis heute überlebt hat. ker. Als Assistent von Tempel Chevallier pen, nebst der Herstellung von Metallspie- Bode wurde am 19.1.1747 in Hamburg blieb er dort von 1855–62, machte Beob- geln. Er stand darin dem großen Lord Ros- als Sohn des Handelsschulleiters Jacob achtungen von Planeten und Monden am se III (William Parsons) [6] in nichts nach. Bode geboren. Schon früh erwachte sein 6,75"-Fraunhofer-Refraktor und beschäf- Sein erstes großes Instrument war ein 24"- Interesse für Mathematik und Geogra- tigte sich mit mathematischen und him- Reflektor, im Gegensatz zu den Teleskopen phie. Als Heranwachsender beobachtete melsmechanischen Problemen. Aufsehen in Birr Castle aber bereits parallaktisch er vom Dach des elterlichen Hauses mit erregte seine kritische Analyse der Green- montiert. Die Industriestadt Liverpool be- einem chromatischen Fernrohr von 14 wicher Meridiankreis-Beobachtungen. Ai- reitete Lassell wegen zunehmender Luft- Fuß (=4m!) Länge. Ein Zufall gab Bode ry, Astronomer Royal in Greenwich und ein und Lichtverschmutzung aber keine Freude die Möglichkeit, seine Passion zum Be- äußerst pedantischer Mensch, war von der und er verlegte das Teleskop nach Malta. ruf zu machen: Der Hausarzt entdeckte Kritik (eines Deutschen) überhaupt nicht Aufgrund der guten Erfahrungen ent- die Aufzeichnungen des 9jährigen Jun- begeistert. schloss er sich zum Bau eines doppelt so gen und empfahl diesen einem einfluss- großen Reflektors mit 48" Öff- reichen Professor. Dieser förderte Bode nung und 11,5m Brennweite, und ließ ihn mit besseren Teleskopen ebenfalls auf parallaktischer beobachten. 1768 erschien die erste von Montierung – ein gewaltiges Pro- vielen Auflagen der »Anleitung zur jekt. Das Teleskop wurde in Li- Kenntnis des gestirnten Himmels«, eine verpool gebaut, umgehend nach populäre Einführung in die Astrono- Malta verschifft und dort 1862 mie. Bode war stadtbekannt und führte aufgestellt (Abb. 3). Lassell inter- essierte sich hauptsächlich für Planeten und Monde – er ist der Entdecker des Neptunmonds Triton, gefunden am 10. Oktober 1846. Ihn interessierten aber auch Nebel, die er mit großer Sorgfalt zeichnete [7]. Um den 48-Zöller optimal zu nutzen, en- gagierte er Marth. Sein Assistent sollte dann, wenn er aus irgendei- nem Grund nicht beobachten konnte, den Himmel nach Nebel- Abb. 2: Bishops 7"-Refraktor, mit dem Marth Amphitrite flecken absuchen. entdeckte. Marth fand zwischen 1863 und 1865 nahezu 600 neue Ob- jekte – nach Herschel die größte Abb. 1: Johann Elert Bode, erster preußischer Zahl von Neuentdeckungen! Astronom. Zwar wurde das Ergebnis von Lassell publiziert [8], dieser gab aber ausdrücklich die Lorbeeren Sonst wäre er vielleicht Asaph Hall zuvor- an Marth weiter (was Bishop gekommen [9]. wohl nie eingefallen wäre). Die Positionen und Beschreibungen Marth in London und Irland der Nebel sind durchweg von be- merkenswerter Qualität, so dass Nach seinem Aufenthalt in Malta ließ die Identifikation keine Probleme Marth sich in London nieder. Mit Unter- bereitet – angesichts der schwie- brechungen blieb er dort bis 1883. Gele-

rigen Handhabung des sperrigen gentlich arbeitete er für Warren de la Rue, Dieses Dokument ist urheberrechtlich geschützt. Nutzung nur zu privaten Zwecken. Die Weiterverbreitung ist untersagt. Instruments eine beachtliche Lei- um bei der Auswertung von Sonnenbeob- stung. Marth hätte auch gerne achtungen zu helfen. Wenig erbaulich war nach Marsmonden gesucht, trau- sein Engagement in Gateshead. 1868 plan- te sich aber nicht, Lassells Plane- te dort Robert Sterling Newall die Errich- tenbeobachtungen zu unterbre- tung eines massiven 25"-Refraktors. Das chen. Er war ein zurückhalten- Gerät war vor allem eines: schwer – man Abb. 3: Lassells 48"-Reflektor in Malta. der, ja bisweilen ängstlicher Typ. hat dafür den Ausdruck »battleship refrac-

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Verschollenes Sternbild: Honores Fridericii von Ronald Stoyan

Freundschaften mit den Romantikern Claudius und Klopstock, deren Himmels- bewunderung wohl nicht wenig von Bode initiiert wurde. Am 3.6.1769 beobachtete er den Venusdurchgang vom Kirchturm St. Georgs in Hamburg, im selben Jahr ent- deckte er vom elterlichen Garten aus den ersten Komet. 1772 ruft Lambert den po- pulären Autor an die Berliner Sternwarte, deren Leitung Bode 1787 übernimmt und bis 1825 innehat. 1782 erscheint Bodes kleiner Atlas »Die Gestirne«. Darin finden sich die Sternbil- der »Szeptrum Brandenburgicum« (Bran- denburgisches Szepter, vgl. interstellarum 19), »Quadrans Muralis« (Mauerqua- drant) und »Honores Fridericii« (Frie- drichsehre). Bode bemerkt zu letzterem: »Dieses Sternendenkmal setzte ich dem Andenken unseres unsterblichen Königs Friedrichs II. zwischen dem Pegasus, Schwan, Cepheus, Cassiopeia und Andro- meda. Einige der vornehmsten Sterne des- selben gehörten sonst der Kette und nörd- lichen Hand der Andromeda an.« Das Bild zeigt Schwert, Feder, Lorbeerzweig und ei- Abb. 2: Die Friedrichsehre auf Bodes großem Sternatlas »Uranographia« von 1801. ne Krone. Außerhalb Preußens kam weithin Unmut auf ob dieser An- terer Sternbildschöpfungen, andererseits auch zur pauschalen maßung Bodes. So schrieb der Bremer Astronom Friedrich Wil- Ablehnung aller von Bode neu geschaffenen Sternbilder. Der helm Olbers: »Um der Friedrichsehre am Himmel Platz zu ma- Atlas von 1801 enthielt zusätzlich »Lochium Funis« (Logleine chen, musste die Andromeda ihren rechten Arm an eine andere des Schiffes, heute im Gebiet von »Pyxis«), »Officina Typogra- Stelle legen, als dieser seit 3000 Jahren eingenommen hatte.« Die phica« (Druckerpresse, Puppis) und »Machina Electrica« (Elek- Karte aus Bodes großem Atlas von 1801, der »Uranographia«, trische Maschine, Sculptor). Sie alle gerieten nach Bode bald zeigt die Situation (Abb. 2). wieder in Vergessenheit. Allein an das Sternbild Quadrant Die offene Huldigung eines (noch lebenden) Herrschers (nördlich Bootes) erinnert heute noch der Name des Meteor- führte einerseits zu zahlreichen Nachahmungen in punkto wei- stroms der Quadrantiden. Dieses Dokument ist urheberrechtlich geschützt. Nutzung nur zu privaten Zwecken. Die Weiterverbreitung ist untersagt.

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Abb. 5: CCD-Aufnahme von Bernd Koch und Stefan Binnewies mit einem 14"-SCT.

6727

6726

6729

Abb. 4: Der westliche Teil des Rosettenebels mit NGC 2238 (Stern in Nebelwolke). Ausschnitt aus CCD-Aufnahme von Andreas Ma- sche mit 25 cm-Astrokamera.

tor« geprägt. Astronomisch war das Teles- 600 NGC-Objekte weise zusammen mit der Nachbargalaxie kop ein totaler Flop: Es wurde innerhalb NGC 7604 (m567). von 15 Jahren nur für eine einzige Beob- Marths Liste [8] enthält exakt 600 Ob- Für Marth verbleiben also 587 Objekte achtung genutzt. Marth, von dieser negati- jekte, die alle von Dreyer in den NGC auf- (viele davon wurden unabhängig, aber et- ven Erfahrung stark mitgenommen, suchte genommen worden sind (dort mit m1 bis was später, auch von Wilhelm Tempel oder einen neuen Job. Aber seine etwas seltsame m600 bezeichnet [2]). Bevor ich ein paar Lewis Swift [10] gefunden): 558 Galaxien, 6 Art befremdete viele und trug nicht unbe- interessante Fälle herausgreife, zunächst Galaktische Nebel und 4 Planetarische Ne- dingt zum Erfolg bei. So bewarb er sich bei ein wenig Statistik, insbesondere die Frage bel. 13 Objekte entpuppen sich als einfache Lord Rosse IV (Lawrence Parsons) in Birr nach der Zahl der Neuentdeckungen bzw. Sterne oder Sternmuster, 6 Objekte sind auf- Castle, der sich ausgerechnet bei Airy nach der Existenz der Objekte – keine einfache grund von Koordinaten- oder Beobach- den Qualitäten des Bewerbers erkundigte. Aufgabe. tungsfehlern nicht mehr auffindbar. Insge- Auch seine Absicht nach Melbourne (mit Die erste Beobachtung fand am 6. Juni samt erzielt Marth in Bezug auf reale, nicht- seinem 48"-Reflektor) zu gehen, scheiterte. 1863, die letzte am 25. März 1865 statt. Es stellare Neuentdeckungen eine sehr hohe 1882 war er Teilnehmer der erfolgreichen wurde ein Bereich zwischen –35° und +37° Trefferquote von über 95%. Venustransit-Expedition zum Kap der Gu- Deklination abgesucht, hauptsächlich ab- Nun zu einigen besonderen Objekten. ten Hoffnung. seits der Milchstraße. Von den 600 Objekten Marth ist der Entdecker des zweiten Plane- Erst 1883 bekam Marth wieder eine feste wurden zwei in Malta von Lassell selbst ent- tarischen Nebels in der Leier: NGC 6765 – Anstellung: an Colonel Edward Henry deckt: NGC 2620 (m125) und NGC 7489 leider gegenüber M 57 etwas vernachlässigt, Coopers Sternwarte auf Markree Castle bei (m523). Weitere 11 sind nicht neu. Vier aber nicht weniger interessant. Marth Sligo/Irland – es sollte seine letzte Station wurden bereits früher von Heinrich d’Arrest schreibt »schwach, klein, ziemlich gestreckt sein. Dort berechnete er Ephemeriden und in Kopenhagen gefunden. Eines, NGC 5538 oder strahlförmig«, was die bipolare Struk- beobachtete Planeten mit dem 13,3"-Re- (m275), geht auf Lord Rosse III zurück. Die tur gut wiedergibt (siehe die Zeichnung in fraktor. 1831 von Edwards Vater Edward restlichen sechs Objekte müssen Marth auf- [11]). Bei den Galaktischen Nebeln fällt Joshua Cooper aufgestellt, war das Gerät in grund von Identitäten im NGC aberkannt NGC 2238 auf. Dies ist ein 1' großer, heller die Jahre gekommen. Komplett aus Eisen, werden. So ist NGC 3119 (m194) identisch Teilbereich im Rosettenebel, den Marth als stand es ständig ohne Kuppel im Freien mit NGC 3121, von Lassell 1848 mit dem »small star in nebulosity« beschreibt. Der und hatte Rost angesetzt. Immerhin wur- 24-Zöller in Liverpool gefunden. Drei weite- Stern ist nur auf wenigen Aufnahmen zu se- den mit diesem Gerät der Markree-Katalog re fanden bereits William bzw. John Her- hen (Abb. 4). mit über 60000 ekliptiknahen Sternen bis schel: NGC 5100 (m255) = NGC 5106 (II22), Die südlichsten Objekte sind ebenfalls 12m erstellt (1848–56) und am 26. April NGC 6052 (m302) = NGC 6064 galaktische Nebel: NGC 6726, 6727 und 1848 der Kleinplanet (9) Metis entdeckt. In (III140) und NGC 6778 (m399) = NGC 6785 6729 in Corona Australis. NGC 6726/27 ge-

Coopers Katalog finden sich übrigens auch (h2038). Für die beiden fehlenden Identitä- hören zusammen und werden von TY CrA Dieses Dokument ist urheberrechtlich geschützt. Nutzung nur zu privaten Zwecken. Die Weiterverbreitung ist untersagt. acht nebelhafte Objekte, von denen Dreyer ten ist Marth selbst verantwortlich: NGC beleuchtet. 5' südöstlich steht NGC 6729, ein sieben im NGC aufgenommen hat. Leider 6467 (m352) = NGC 6468 (m353), hier will kometarischer Nebel [12] ausgehend von R sind dies allesamt nur schwache Sterne. er zwei Objekte dicht benachbart gesehen CrA (Abb. 5). Nach der langen Zeit in England ver- haben, aber nur eines ist vorhanden, bzw. Bei den Galaxien ist NGC 6908 im Stein- brachte Marth seine letzten Jahre in NGC 7583 (m555) = NGC 7605 (m568), hier bock ein interessanter Fall. Marth schreibt Deutschland. Er starb am 5. August 1897 in hat er das erste Objekt drei Monate später »extrem schwach, sehr klein, stark gestreckt, Heidelberg an Krebs. noch einmal gefunden, dann interessanter- nahe bei h 2076«. Die Koordinaten deuten

54 interstellarum 26 Geschichte

7835

4 7840

7837 7838 7834 3

Abb. 6: NGC 6907 mit der Hintergrundgalaxie NGC 6908. Abb. 7: Die NGC 7840-Gruppe. Zeichnung des Autors mit einem 20"-Dobson. auf eine ovale Region im nordöstlichen Spir- NGC 6276? Dreyer erläutert die Situation in [1] VdS-Fachgruppe Geschichte der alarm von NGC 6907 (John Herschels h den Notizen zum NGC (»note added in Astronomie: www.vds-astro.de/ 2076), ca. 1' vom Zentrum (Abb. 6). Das ist press«). Beteiligt sind noch NGC 6277 (im fg-geschichte aber keine HII-Region, sondern eine schwa- Katalog als m328 bezeichnet), sowie Willi- [2] Dreyer, J. L. E.: New General Catalogue, che Hintergrundgalaxie. Im 20-Zöller konn- am Herschels NGC 6278 (III124). Neben Index Catalog, Second Index Catalogue, te ich NGC 6908 als separates, längliches Marth hat auch etwas später Stephan das Reprint: Royal Astronomical Society, Objekt neben dem Kern von NGC 6907 aus- Feld beobachtet und gibt drei Objekte an. London (1962) machen. Sie sieht aus wie eine schwache Hier streiten sich also 7 Positionen (inner- [3] Nachrufe: Dreyer, J. L. E., Astron. Nachr. Version von NGC 4485/90. halb von 5') um zwei tatsächlich vorhande- 144, 223 (1897); Knobel, E. B., MNRAS Marth ist auch für den letzten NGC-Ein- ne Galaxien – ein Drama im Herkules! Un- 56, 139 (1898) trag verantwortlich: NGC 7840, Mitglied ei- zweifelhaft ist Herschels Objekt (Stephans [4] Chapman, A.: The Victorian Amateur ner kleinen Galaxiengruppe in den Fischen drittes Objekt). Dreyer verlor dann aber den Astronomer, John Wiley & Sons (1998) (Durchmesser ca. 15'), bestehend aus NGC Überblick und fragte bei Marth nach. Dieser [5] Bertout, C.: T Tauri – ein Portrait, Sterne 7834, 7835, 7837, 7838, 7840 sowie NGC 3 und schickte seine Aufzeichnungen und Dreyer und Weltraum 6/1980, 205 4 (Abb. 7). Die ersten 5 fand Marth am kam zu dem Schluss, dass Stephans erstes [6] Steinicke, W.: Besuch in Birr Castle, 28.11.1864, die letzten beiden bereits am Objekt (NGC 6276) mit m328 identisch ist. interstellarum 19, 58 (2001) 29.10.1864. NGC 7837/38 ist ein wechselwir- NGC 6277 (Stephans zweites Objekt) und [7] Lassell, W.: Observations with the kendes Paar (Arp 246). m327 sind dann offenbar zwei weitere Ob- Four-foot Equatorial at Malta, MemRAS 36, Nun noch zu einem interessanten Pro- jekte. Da der NGC bereits fertig war, legte 40 (1867) blem mitten im Sternhaufen Praesepe (M Dreyer m327 zunächst auf Halde, um das [8] Lassell, W.: A Catalogue of new nebulae 44). Es geht um die Objekte NGC 2624, Objekt später im IC unterzubringen. Zu al- discovered at Malta with the Four-foot 2625, 2637, 2643 und 2647, alle von Marth lem Überfluss kam noch Bigourdan mit ei- Equatoreal in 1863 to 1865, MemRAS 36, am 29.10.1864 (in der gleichen Nacht wie nem weiteren Objekt: IC 1239. Nach heutiger 53 (1867) NGC 3 und 4) entdeckt. Während NGC Analyse zeigt sich (vgl. die Arbeit des [9] Steinicke, W.: Asaph Hall und die Entdek- 2624, 2625 und 2647 gut identifizierbare Ga- NGC/IC Projekts [14]): NGC 6276 ist die kung der Marsmonde, VdS-Journal I/2003 laxien (Positionen sind präzise) im Hinter- zweite Feldgalaxie und identisch mit IC [10] Steinicke, W.: Der NGC und seine grund von M 44 sind [13], bereiten NGC 1239, NGC 6277 ist ein Stern, IC 1238 ist ein Beobachter – Lewis Swift, interstellarum 2637 und 2643 Probleme: Dort gibt es keine Doppelstern. Die benachbarte Galaxie UGC 22, 56 (2002) Objekte. Die Identifikation von NGC 2643 10650 kommt als Kandidat wegen zu gerin- [11] Reus, G., Stoyan, R.: Bildatlas heller Plane- mit Bigourdans IC 2390 scheint sehr un- ger Helligkeit nicht in Frage. Geht es noch tarischer Nebel – Teil 2, interstellarum 8, wahrscheinlich (Differenz über 10'). vertrackter? 11 (1996) Eine besondere Kuriosität zum Ab- Wenn wir Galaxien am Himmel betrach- [12] Stoyan, R.: Bipolare Nebel visuell, interstel- schluss. Bisher war nur vom NGC die Rede. ten, so ist sicher auch bisweilen ein Objekt larum 6, 18 (1996)

Zu Recht, denn der erste IC erschien 1895, von Albert Marth dabei und wir erinnern [13] Houston, W. S.: Deep-Sky Wonders, Sky & Dieses Dokument ist urheberrechtlich geschützt. Nutzung nur zu privaten Zwecken. Die Weiterverbreitung ist untersagt. da war Marth schon einige Zeit im Ruhe- uns an einen der erfolgreichsten deutschen Telescope 2/1983, 188 (siehe dazu stand. Trotzdem, und hier zunächst unter- Beobachter des 19. Jahrhunderts – ausgerü- auch: deepsky.astroinfo.org/Cnc/m44) schlagen, gibt es ein IC-Objekt, bei dem stet mit britischen Instrumenten, die lange [13] NGC/IC Projekt: www.ngcic.org (vgl. Dreyer Marth als Entdecker nennt: IC 1238 die Szene beherrschten. Bis Edouard Ste- auch meine Homepage: www.klima- (m327) im Herkules. Wie kommt das? Er- phan den ersten Reflektor mit einem Glas- luft.de/steinicke) staunlicherweise verweist Dreyer auch bei spiegel benutzte, das 80cm-Foucault-Teles- NGC 6276 auf m327. Ist demnach IC 1238 = kop. Doch das ist eine andere Geschichte…

interstellarum 26 55 Hardware

Preiswerte Wunderwaffen gegen Farbfehler?

Erfahrungsbericht: Minus-Violett- und Kontrastfilter im Vergleich

von Harald Ryfisch

Lohnt sich die Anschaffung eines Minus-Violett-Filters zur Korrektur des Farbfehlers für achromati- sche Refraktoren? Seit einigen Jahren besitze ich zwei Refraktoren der unteren Preisklasse von Bres- ser (Fraunhofer-Achromate mit 102/1000mm und mit 80/400mm). Den 102/1000mm-Refraktor erstand ich im Kaufhaus, mit einem Öffnungsverhältnis von f/10 verfügt er über einen erträglichen Farbfehler, der sich erst bei höheren Vergrößerungen (ab 100×) bemerkbar macht. Den 80/400mm- Refraktor bezog ich als Reisegerät günstig über das Internet. Mit einem Öffnungsverhältnis von f/5 ist der Farbfehler schon deutlicher.

ie Auskünfte, die ich zu meiner wendung von preiswerteren Refraktoren pe genommen. Ein Filterschieber der Firma eingangs gestellten Frage bekom- (Achromaten) muss man daher mit den Astrocom wurde verwendet, um die Filter Dmen hatte, waren zu unterschied- störenden Farbanteilen leben. Genau hier direkt nacheinander visuell beurteilen zu lich, um eine Kaufentscheidung zu treffen. setzen die ebenfalls verhältnismäßig preis- können. Dieses Zubehör war sehr hilfreich Von »ultimativer Wunderwaffe« bis zu werten Minus-Violett-Filter an, die diese und zeitsparend, und ersparte mir zahlrei- »völlig überbewertet und zu teuer« reich- Refraktor-immanenten Fehler herausfil- che Filterwechsel bei Kälte und Dunkelheit. ten die Aussagen. Ich musste mir also selbst tern und unterdrücken sollen. Fotografi- Er nimmt gleichzeitig fünf Filter auf und ein Urteil bilden und beschloss eine Reihe sche Minus-Violett-Filter (für Teleobjekti- ist unkompliziert zu handhaben. Die Filter von Kontrastfiltern für achromatische Re- ve) gibt es bereits seit den 90er Jahren von sitzen dabei ungeschützt auf einer geraden fraktoren zu vergleichen. Lumicon, die visuellen Filter sind erst pa- Schiene, was mich einerseits zu besonderer rallel zu den Billigrefraktoren aus China in Vorsicht veranlasste, andererseits sehr Farbfehler den letzten 2–3 Jahren aufgekommen. übersichtlich ist. Durch die offene Kon- struktion beschlugen die Filter häufig Grund für die Entwicklung und den Die Filter durch den Atem. Die Verlängerung des Einsatz der Minus-Violett-Filter ist die so Strahlengangs erlaubt nur eine Verwen- genannte chromatische Aberration, die bei Bei den betrachteten Minus-Violett-Fil- dung ohne Zenit- bzw.- Amiciprisma. Be- Linsenteleskopen auftritt. Hierbei handelt tern handelt es sich um die 1¼"-Modelle obachtungen im Zenit werden hierdurch es sich um einen Abbildungsfehler, der von Sirius-Optics (MV-1 und MV-20), den erschwert. Die Arretierung der Filterposi- durch die unterschiedliche Brechung des Minus-Violett-Filter von William Optics tionen war recht schwach, was bei größe- Lichts verschiedener Wellenlängen hervor- (VR-1), sowie den neuen »Kontrast-Boo- ren Teleskopschwenks gelegentlich zu ei- gerufen wird. Die Brennweite des langwel- ster« von Baader. Die Preise der 1¼"-Mo- nem unfreiwilligen Durchrutschen der Fil- ligen roten Lichts ist größer als die des delle liegen zwischen ca. 50 Euro (Baader) terschiene führte. kurzwelligen blauen Lichts. Hierdurch er- und 125 Euro (Sirius Optics). Eine deutli- Alle Filter waren in einer durchsichtigen, geben sich bei der Beobachtung astronomi- che Verbesserung des Farbfehlers sollte in gepolsterten Kunststoffbox verpackt und scher Objekte störende (meist blaue) Farb- allen drei Fällen zu erwarten sein. Als Ver- machten einen guten Eindruck. Etwas ed- säume, die als »sekundäres Spektrum« be- gleich diente ein normaler und preiswerter ler war die Verpackung des William-Fil- zeichnet werden, da sie ein helles Objekt gelber Farbfilter, wie er vor Aufkommen ters, der zusätzlich in einem roten Leinen-

wie einen kleinen Regenbogen aussehen der modernen Minus-Violett-Filter zur karton mit Goldaufdruck steckte. Aller- Dieses Dokument ist urheberrechtlich geschützt. Nutzung nur zu privaten Zwecken. Die Weiterverbreitung ist untersagt. lassen. Unterdrückung des sekundären Spektrums dings fehlte bei diesem im Gegensatz zu al- Dieser Abbildungsfehler kann zwar verwendet wurde. len anderen Filtern eine Beschreibung. durch Korrekturlinsen und aufwendigere Zusätzlich wurden mit dem Planetary- Auch ein Blick auf die Homepage von Wil- Objektivkonstruktionen (apochromatische Contrast-Filter (PC 1), ebenfalls von Si- liam Optics brachte keine zusätzliche In- Objektive) weitgehend beseitigt werden, rius-Optics, sowie dem Mond- und Sky- formationen. Keine Blöße gaben sich in allerdings werden Refraktoren dadurch Glow-Filter von Baader zwei Kontrastfilter diesem Punkt die übrigen Filter, deren Be- auch unverhältnismäßig teuer. Bei der Ver- für die Planetenbeobachtung unter die Lu- gleittext sogar ein Diagramm mit Trans-

56 interstellarum 26 Hardware missionskurve enthielt. Die knappe englischsprachige Beschrei- bung der Sirius-Filter bereitete keine Probleme. Vorbildlich zeigte sich der Skyglow-Filter von Baader, dessen deutscher Text keine Fragen offen ließ.

Wirkungsweise

Ein Blick auf die Transmissionskurven verdeutlicht die Wir- kungsweise der Filter (Abb. 2). Das Prinzip ist einfach: Störende Lichtanteile werden durch die Absenkung der Transmission bei bestimmten Wellenlängen ausgeblendet. Bei den Minus-Violett- Filtern ist dies im wesentlichen der Blauanteil zwischen 400 und a 450nm, in dessen Bereich sich der visuell sichtbare Farbfehler von Achromaten bewegt. Der MV-1 von Sirius zeigt bei 400nm ein Transmissionsfenster von 75% Durchlass, während das Nach- folgemodell MV-20 hier über 90% abblockt. Die Kurve von Baa- ders »Kontrast-Booster« steigt erst nach 460nm stark an und sollte so die beste Unterdrückung des unerwünschten blauen Lichts ergeben. Allerdings bekommt die Abbildung durch den fehlenden Blau- anteil einen nicht unerheblichen Gelbstich. Vor Entwicklung die- ser High-Tech-Filter verwendete man auch einfache gelbe Band- passfilter zur Unterdrückung des Farbfehlers. Hier werden die ro- ten und blauen Enden des Spektrums auf Kosten der Gesamt- transmission unterdrückt. Dafür sind gelbe Farbfilter wesentlich preiswerter als die neuartigen Interferenzfiltermodelle. Die Transmissionskurve des PC 1-Filters von Sirius weist drei Spitzen bei 500nm, 625nm und 720nm auf, während Baaders Sky- b glow-Filter sich bis auf den blauen Bereich mit der Kurve des »Kontrast-Boosters« nahezu deckt. Die geringe Transmission bei 570–590nm soll atmosphärisches Streulicht unterdrücken.

Erster Eindruck

Die erste Begutachtung der Filter war zufriedenstellend. Bis auf den gelben Vergleichsfilter verfügten alle Filter über eine ausrei- chend breite Fassung, was bei nächtlichem Filterwechsel mit klam- men Fingern von nicht unerheblicher Bedeutung ist. Die Baader- Filter waren durch eine zusätzliche Riffelung an der Fassung einen Tick besser zu handhaben. Sowohl die Baader-Filter als auch die Sirius-Filter verfügten zusätzlich über ein zweites Gewinde, was die Kombination von Filtern untereinander ermöglicht. Beim Wil- liam-Filter fehlte das zweite Gewinde. Das Einschrauben in ein Okular war bei allen problemlos. Skyglow-Filter und »Kontrast- c Booster« schraubten schon nach einer guten Umdrehung fest, was einen schnellen Wechsel am Okular ermöglichte. Beim freien Durchblick zeigten die Minus-Violett-Filter alle ei- Abb. 1: Die untersuchten Filter und der benutzte Filterschieber. a) Sirius Op- ne gelbliche Färbung, die beim MV-1 am stärksten und beim MV- tics PC-1 und MV-1 (mit zerstörter Oberfläche), b) Sirius Optics MV-20, Baa- 20 am schwächsten ausgeprägt war. Der VR-1 bewegte sich dazwi- der Skyglow und William Optics VR-1, c) Der Filterschieber von Astrocom. schen. Der PC-1 spiegelte gelblich-silbern und der Skyglow-Filter war in erhabenem Grau gefärbt. Bei letzterem war schon jetzt gut obachtungen wurden an Planeten, hellen Sternen sowie am zu erkennen, wie sich Blau- und Rottöne verstärkten. Der Mond durchgeführt. Als Referenzobjekt für helle Sterne diente »Kontrast-Booster« zeigte eine intensive gelbliche Färbung. Die mir immer wieder Wega. Bei der kurzen Brennweite Glasflächen waren bei allen einwandfrei und wiesen weder Kratzer (80/400mm) benutzte ich Vergrößerungen zwischen 32× und

noch Spuren auf. 80×, bei der langen Brennweite (102/1000mm) Vergrößerungen Dieses Dokument ist urheberrechtlich geschützt. Nutzung nur zu privaten Zwecken. Die Weiterverbreitung ist untersagt. zwischen 80× und 208×. Visuelle Beobachtungen Beim 80/400mm-Refraktor war bei fast allen Filtern praktisch keine Vignettierung feststellbar. Beim 102/1000mm-Refraktor Die visuellen Beobachtungen konzentrierten sich im wesent- machte sich bei allen Filtern eine mehr oder weniger leichte, je- lichen auf fünf Nächte, zwei beobachtete ich aus der Nürnberger doch nicht störende Abschattung am äußersten Rand bemerkbar. City heraus, die dritte in Südtirol, die vierte und fünfte im Besonders schön waren die Vignettierungen an der Mondsichel mittelfränkischen Kreben bzw. in der Fränkischen Schweiz. Be- feststellbar.

interstellarum 26 57 Hardware

Fast alle Filter steigerten den Kontrast, Transmissionskurven was nicht zuletzt auf den eintretenden Lichtverlust zurückzuführen ist. Gerade bei den sehr hellen Sternen (Wega) erfuhr das helle Strahlen eine angenehme Dämp- fung. Beim 80/400mm schnitten der MV- 20 und der »Kontrast-Booster« am besten ab, die einen sehr guten blendfreien Kontrast herstellten, gefolgt vom ebenfalls blendfreien Skyglow. Nicht ganz blendfrei, aber immer noch deutlich besser als ohne Filter folgten VR-1, MV-1 und PC-1. Völlig abgeschlagen lag der Gelbfilter auf dem letzten Platz. Bei der langen Brennweite holte der VR- 1 überraschend auf und lieferte zusammen mit dem MV-20 und dem »Kontrast-Boo- ster« den besten Kontrast. Der Gelbfilter konnte etwas an Boden gut machen und überraschenderweise lag der PC-1 ganz hinten. Abb. 2: Transmissionskurven der Filter nach Angaben der Hersteller. Für den Filter von William Optics Beim Mond gab es nur den Skyglow- waren auch auf Nachfrage keine Daten erhältlich. Filter als klaren Favoriten. Was er noch an Graustufen hervorzauberte, war wirklich störender Rest an Blausaum. Zwischen die- doch der VR-1 klar vorne, wiederum dicht beeindruckend. Auch kleinste Nuancen sen beiden bewegte sich der VR-1 mit einer gefolgt vom MV-20 und vom »Kontrast- traten deutlicher hervor als ohne Filter. leicht gelblichen Färbung und erträglichem Booster«. Diese Reihung wurde auch bei Der »Kontrast-Booster« und die beiden Farbfehler. Überrascht hat mich hier der Vergrößerungen knapp über 200× einge- MV-Filter von Sirius schnitten ebenfalls PC-1 mit weißlich-grüner Färbung und halten. sehr gut ab, gleich dahinter rangierte der deutlich reduziertem Farbfehler. Damit Im weiteren Verlauf lieferten PC-1 und VR-1. Den Kontrast regelrecht ver- hatte ich nicht gerechnet. Ein ähnliches Er- MV-1 von Sirius-Optics keine brauchbaren schlechtert hat der gelbe Farbfilter. Er lie- gebnis präsentierte der Skyglow-Filter, wo- Bilder mehr. Die Beschichtung der Filter ferte ein grelles und praktisch unbrauch- bei sich der Farbfehler noch etwas deut- war zerstört und in ein Netz feiner Risse bares Bild. An Jupiter und Saturn brach- licher bemerkbar machte als beim PC-1. aufgelöst worden. Nähere Recherche im ten praktisch alle Filter eine gewisse Angenehmer war beim Skyglow-Filter je- Internet ergab ähnlich lautende Erfahrun- Kontraststeigerung, was die Wahrnehm- doch die graue Grundfärbung des Bildes. gen amerikanischer Sternfreunde mit Ne- barkeit von Details verbesserte, der Sky- Auch der Gelbfilter brachte eine klare Ver- belfiltern von Sirius. Auf Nachfrage bei Si- glow-Filter dunkelte aber schon recht besserung, konnte aber aufgrund der in- rius-Optics wurde mitgeteilt, dass die älte- stark ab. Der PC-1 und der »Kontrast- tensiven Farbgebung mit den Mitstreitern ren Modelle keine ausreichende Vergütung Booster« brachten hier eindeutig am mei- nicht konkurrieren. der Filterschichten auf der Okularseite des sten, so wurde z.B. die plastische Darstel- Bei der Schärfezeichnung – beobachtet Filters besitzen, und deshalb durch Feuch- lung von Saturn regelrecht unterstrichen am Mond mit der kurzen Brennweite – tigkeit angegriffen werden können. Sirius und Jupiters Wolkenbänder waren eben- schnitt der PC-1 zunächst am besten ab, empfiehlt, die Filter nicht vom Okular zu falls deutlicher zu erkennen. dicht gefolgt vom MV-20. Bei der Beobach- nehmen bzw. aufgeschraubt zu lassen, Beim wichtigsten Testkriterium Farbe tung von hellen Sternen und auch des wenn sie vom kalten Beobachtungsplatz in sollte sich zeigen, was die Filter wirklich Mondes mit der langen Brennweite lag je- einen warmen Raum gebracht werden. Der können. Vorneweg lässt sich sagen, dass ei- gentlich alle Filter eine Verbesserung Die Daten der Minus-Violett- und Kontrastfilter brachten. Zeigten sich ohne Filter deutlich Blausäume um die Sterne und den Mond- Hersteller Filter Listenpreis 1¼" Listenpreis 2" rand, so meisterten alle Filter diese Aufga- Sirius Optics MV-1 122,– € 195,– € be recht souverän. Der »Kontrast-Booster« Sirius Optics MV-20 99,– € 149,– € ließ den unerwünschten Saum vollständig € € und der MV-1 nahezu vollständig ver- William Optics VR-1 69,– 99,– schwinden, wofür der Betrachter jedoch Baader Planetarium Skyglow 30,– € 64,– € € € eine deutlich gelbliche Färbung in Kauf Baader Planetarium Kontrast-Booster 49,– 79,– Dieses Dokument ist urheberrechtlich geschützt. Nutzung nur zu privaten Zwecken. Die Weiterverbreitung ist untersagt. nehmen muss. Der MV-20 lieferte hier sub- Sirius Optics PC-1 122,– € 195,– € jektiv das beste, weil farblich neutralste Sirius Optics VFS 429,– € – Bild. Dafür verblieb jedoch ein nicht sehr

Die Produkte wurden zur Verfügung gestellt von Scopequipment, Forbach, APM Teleskope, Saarbücken, Baader Planetarium, Mammendorf und Astrocom, München

58 interstellarum 26 Hardware neue MV-20 Filter sei mit einer besseren Vergütung ausgestat- Filtervergütungen tet, die »auch heißes Wasser« aushalten würde. Filter sind nicht gleich Filter – dies hat uns Aus der Herstellung von Vergütungen für die mangelnde Vergütung einiger Filter in die- Kunststoffbrillen sind neue Vergütungsme- Fazit sem Erfahrungsbericht gezeigt. Es kommt eben thoden hervorgegangen, die mit Ionenbe- nicht nur auf die Transmission an. schuss arbeiten. Dabei wird die Vergütung Nicht zu tolerieren ist das Filter mit »weichen Schichten«, wie sie von hart mit dem Trägermaterial verbunden, ohne Fehlen einer harten Vergü- Sirius Optics und auch in H-alpha-Sonnenfil- dass das Glas sich durch hohe Prozesstempe- tung der MV-1 und PC-1 Filter tern verwendet werden, sind durch Wasser che- raturen verformen kann. Eine chemische Re- von Sirius Optics. Durch ein misch angreifbar. Deshalb ist üblicherweise ein aktion ist hier nicht mehr möglich. Diese festes Verbleiben am Okular Einschluss der Filterschichten in zwei Gläser Technik wendet Baader für seinen neuen wird die nächtliche Beobach- üblich – hierauf wurde bei den Modellen MV-1 »Kontrast-Booster« an. tung behindert, die Gefahr ei- und PC-1 von Sirius Optics verzichtet. nes Zerstörens des Filters bleibt dennoch. Kaufinteres- senten sollten sich hier wenig- Ein variables Filtersystem stens ein Rückgaberecht ein- räumen lassen. Beim neueren Ein Traum schien wahr zu werden, als Sirius Modell MV-20 scheint dieses Optics Ende 2002 das »Variable Filtersystem« Problem behoben worden zu (VFS) auf den Markt brachte: Ohne auf eine be- sein. stimmte Linie festgelegt zu sein, würden Ne- Wunder bewirken Minus- belbeobachtungen eine ganz neue Erfahrung Violett-Filter nicht, da ein Fil- werden. Man könnte selbst feststellen, in wel- ter einen Achromaten nicht in cher Wellenlänge das Objekt emittiert und die einen reinrassigen Apochro- morphologischen Unterschiede zwischen ver- maten verwandeln kann. Sie schiedenen Spektralbereichen untersuchen. sind jedoch eine preiswerte Die Firma Scopequipment stellte mir Möglichkeit, die Abbildungs- freundlicherweise das erste nach Deutschland eigenschaften von achromati- exportierte Gerät zur Verfügung. Es enthält ei- schen Refraktoren zu verbes- ne drehbare Filterscheibe in einem Gehäuse sern. Einem herkömmlichen mit 1¼"-Anschlüssen; eine Skala von 0 bis 300 Gelbfilter sind sie in fast jeder ist an der Drehfassung angebracht. Im Prinzip Das variable Filtersystem in seine Einzelteile zerlegt. Disziplin überlegen. Inwieweit handelt es sich um eine verschieden farbige Deutlich zu sehen die Scheibe mit den unterschied- die Unterdrückung der Farb- Glasplatte, die senkrecht zwischen Okular und lichen Filterbereichen. fehler mit einer mehr oder we- Teleskop gedreht wird. Dadurch ergibt sich, niger intensiven Gelbfärbung dass jeweils nur ein relativ kleines, nicht homo- deutlich größeren Ring verändern. Um die des Bildes erkauft werden, ist genes Teil des Filters zur Beobachtung genutzt Beobachtungen auswerten zu können, ist die letztlich eine Frage des persön- wird. Kenntnis der Transmission bei verschiede- lichen Geschmacks. Mein per- In der Praxis begeisterte mich der Filter zu- nen Filterstellungen unerlässlich. Doch hier sönlicher Favorit ist hier der nächst: Der Ringnebel ließ sich visuell von ei- liegt der Hund begraben: Man beobachtet ei- MV-20, da er das farblich neu- ner kleinen homogenen Scheibe bis zu einem ne Mischung aus drei Transmissionsspitzen, tralste Bild lieferte. Wer Wert die sich je nach Filterstellung über das auf eine vollständige Unter- Spektrum verschieben (siehe Grafik). drückung des Farbfehlers legt, Dabei verschiebt sich Peak 1 von ist mit dem »Kontrast-Boo- 508nm (74% Transmission) zu 430nm ster« am besten bedient. Die- (74%), Peak 2 von 589nm (79%) zu ser stellt bereits rein preislich 496nm (79%), Peak 3 von 727nm (65%) eine interessante Alternative zu 609nm (68%). Die Transmissions- zu den Minus-Violett-Filtern werte liegen im visuellen nicht über dar. Bei der Planetenbeobach- 80% und fallen nicht unter 13%, die tung bringt er deutliche Ver- Bandbreiten sind größer als 20nm. Mit besserungen, er lässt sich auch diesen schlechten Filtereigenschaften fotografisch einsetzen, wenn und der nicht trennbaren Mischung

man ihn mit einem Infrarotfil- aus drei Strahlungsbereichen wird das Dieses Dokument ist urheberrechtlich geschützt. Nutzung nur zu privaten Zwecken. Die Weiterverbreitung ist untersagt. ter kombiniert. variable Filtersystem für die systemati- Ungeschlagen für Mondbe- sche Nebelbeobachtung nutzlos, da ei- obachtungen ist der Skyglow- ne einfache Zuordnung von Filterstel- Filter, der eine hervorragende Transmissionskurven des Variablen Filtersystems in den lungen zu Wellenlängenbereichen nicht Kontraststeigerung bewirkte, Stellungen 0=300 und 150 nach spektrographischen Mes- möglich ist. zudem überzeugte mich seine sungen am Chemischen Institut der Universität Erlangen. Ronald Stoyan neutrale graue Farbgebung.

interstellarum 26 59 Hardware

Produktspiegel Neuigkeiten direkt vom Hersteller

Coronado: Sonnen-Fernglas einem 8×50-Sucher auf und werden mit Tragekoffer geliefert. Gegen Aufpreis sind Sitall-Spiegel erhältlich. Die Transmission »Binomite« ist eine neue Entwicklung des Filterherstellers des Gesamtsystems wird mit 88% angegeben. Der Tubus des 6"- Coronado: Ein Sonnenbeobachtungsinstrument, das man im- Modells wiegt 11kg und wird damit noch von kleineren Mon- mer dabei haben kann. Ein 10×25-Fernglas ist mit einem inter- tierungen getragen. nen Weißlichtfilter bestückt. Die Filterung weist UV- und IR- Strahlung zurück und filtert 1/100000 des Sonnenlichtes aus. Lomo: kleinster Maksutov der Welt Das Fernglas wiegt nur 250g und misst 120×70×48mm3. Eine Dioptrieneinstellung am rechten Okular und besondere Augen- Mit einem neuartigen optischen Design produziert der rus- muscheln gehören zum Standardumfang. Coronado gibt zu- sische Hersteller Lomo ein Mini-Maksutov-Teleskop: Mit dem sätzlich 5 Jahre Garantie auf das Produkt. Maksutov-Gregorian lassen sich Aufrichtungslinsen vermei- den, da das System ein aufrechtes und seitenrichtiges Bild lie- Wolter: gefaltete Teleskope fert. Das 10×30-Instrument mit fester Vergrößerung wiegt nur 116g und passt mit 11cm Länge in jede Jackentasche. Etwas Dr. Heino Wolter aus Halle bietet erstmals wieder in mehr Öffnung als das »Little Mak« hat das »Captain« genannte Deutschland hergestellte Schiefspiegler an. Das System beruht Instrument mit 40mm Öffnung bei 14facher Vergrößerung. auf einer Faltung des Strahlengangs mittels dreier Spiegel, da- Beide Instrumente sind gummiarmiert und kommen mit einer mit wird die Baulänge des Teleskops gegenüber einem Newton Tasche. um 40% verkürzt. Die Umlenkspiegel sind sphärisch geschlif- Lomo bietet darüber hinaus auch Kleinmaksutovs mit fen, der Hauptspiegel weist eine parabolische Form auf. Wechselokularen an: Die »Astele«-Reihe beginnt mit einem Wolterscope bietet drei Geräte mit den Werten 150/1650, 70mm- und einem 95mm-Gerät auf Tischstativen, die beide 180/1800 und 200/2200 an. Die Spiegel werden aus Pyrex gefer- ideale Reiseteleskope abgeben. tigt; alle Geräte weisen geschlossene Tuben mit 2"-Auszug und Dieses Dokument ist urheberrechtlich geschützt. Nutzung nur zu privaten Zwecken. Die Weiterverbreitung ist untersagt.

60 interstellarum 26 Dieses Dokument ist urheberrechtlich geschützt. Nutzung nur zu privaten Zwecken. Die Weiterverbreitung ist untersagt. Technik

Das Star2000-System

Eine neue Variante der automatischen Aufnahmenachführung

von Wolfgang Kienreich

Technik

Star2000 ist eine neuartige Technik der automatischen Nach- führung von Teleskopmontierungen, die von Starlight Xpress, ei- nem englischen Produzenten von CCD-Kameras [1], entwickelt und patentiert wurde. Das System basiert auf der Verwendung von Interline-Transfer-Chips, wie sie vor allem von Sony angeboten und von Starlight Xpress in verschiedenen Kameramodellen ein- gesetzt werden (vgl. z.B. [2]). Diese Chiparchitektur erlaubt – und Abb. 1: Das Star2000-Steuermodul. erfordert – das getrennte Belichten und Auslesen von geraden und ungeraden Zeilen. Star2000 nutzt dies, um mit einer Hälfte des Chips nachzuführen, während die andere Hälfte belichtet. Damit ist die Verwendung des Systems an das Vorhandensein einer ent- sprechenden Kamera gebunden. Dieser Artikel beruht auf Erfah- rungen und Tests, welche mit einer Starlight Xpress MX7C-Kame- ra gemacht wurden [3]. Das konkrete Produkt Star2000 besteht neben der verwendeten Software aus einer kleinen Steuerbox. Diese dient als Schnittstelle zwischen dem stets benötigten Computer und der zu steuernden Montierung. An die serielle Schnittstelle angeschlossen, stellt dieses Modul zwei Ausgänge für die Steuerung zur Verfügung. Der erste Ausgang dient der Steuerung von Montierungen im Vier-Richtungs-Betrieb. Dabei sind die vier Richtungen durch Lei- tungen repräsentiert, die von Star2000 entsprechend geschaltet wer- den. Der Schaltzustand der Leitungen ist durch Leuchtdioden auf der Oberseite des Steuermoduls ersichtlich. Im nächtlichen Betrieb empfiehlt sich allerdings eine Abdeckung dieser Anzeige, die doch recht hell ausgefallen ist. Besitzer älterer oder selbstgebauter Relais- Abb. 2: M 27, 4 Minuten belichtet, Rohbild, Nachführbelichtung 1 Sekunde. Steuerungen seien gewarnt: Star2000 baut seine Richtungssteuerung auf leistungsschwachen Standard-Transistoren auf, eine direkte An- Form eines kostenlosen Plug-In an. Diese Lösung wartet mit sehr steuerung stärkerer Relais ist ohne Zwischenstufe (Leis- viel mehr Komfort auf und ist wesentlich stabiler. In jedem Fall steu- tungstransistor, Klein-Relais) nicht möglich. Hinweise zum An- ert die Software sowohl Aufnahme als auch Nachführung der Mon- schluss an verschiedene gängige Montierungen finden sich im tierung. Internet [4]. Der zweite Ausgang steuert Montierungen über eine RS232-kom- Handhabung patible Schnittstelle nach dem LX200-Protokoll an. Hier präsentiert sich die Star2000-Steuerbox hauptsächlich als Kopier- und Patent- Nach Anschluss an Computer und Montierung wird die ent- schutz. Bekanntlich ist es alleine durch Verwendung einer seriellen sprechende Software gestartet und die Verbindung zu Montierung Schnittstelle und eines entsprechenden Adapterkabels möglich, eine und Kamera hergestellt. Die Anschlusseinstellungen gestalten sich LX200-kompatible Montierung in ihren Funktionen zu steuern. Um unproblematisch, einzig die Deaktivierung bzw. Umstellung von die Umgehung des Patents zu verhindern fragen jedoch alle erhält- Ports, wie sie bei einigen Laptop-Computern im BIOS-Setup mög- lichen Software-Produkte die Existenz der Steuerbox ab. lich ist, kann zu Schwierigkeiten führen.

Dieses Verhalten weist bereits darauf hin, dass Star2000 großteils Die Einstellung der verschiedenen Parameter der Nachführung Dieses Dokument ist urheberrechtlich geschützt. Nutzung nur zu privaten Zwecken. Die Weiterverbreitung ist untersagt. eine Software-Erfindung ist. In der Tat steckt die eigentliche »Intel- (Geschwindigkeiten, Getriebespiel etc.) kann nach einmaliger Ju- ligenz« des Systems in den steuernden Programmen. Hier hat der stierung und Erprobung immer wieder verwendet werden. Dabei Anwender derzeit die Wahl zwischen zwei Alternativen. Die mitge- ist zu beachten, dass diese Werte für jede Brennweite gesondert zu lieferte Original-Software ist einfach und funktional gehalten, be- ermitteln sind. So richtet sich etwa der Geschwindigkeitswert »pi- sonders das User Interface ist gewöhnungsbedürftig, Abstürze im xel per second« nach dem Gesichtsfeld bzw. nach der Vergröße- Betrieb können durchaus vorkommen. Die ausgereifte Bildbearbei- rung, und die Vertauschung der X- und Y-Achsen hängt von der tungs-Software Astroart [5] bietet Unterstützung für Star2000 in Lage von Montierung und Kamera ab. Ein wichtiges Detail: Der-

62 interstellarum 26 Technik

Abb. 3: Darkframe, 4 Minuten belichtet, Rohbild, Nachführbelichtung Abb. 4: M 27, 4 Minuten belichtet, Resultat nach Darkframe-Abzug. 1 Sekunde.

Abb. 5: Darkframe mit Star2000, 2 Minuten. Abb. 6: Darkframe mit Star2000, 6 Minuten. zeitige Software-Versionen von Star2000 verfügen noch nicht über Anschließend kann die Nachführung aktiviert werden. Die vektorielle Korrekturalgorithmen, daher muss die Kamera in etwa Nachführregion wird mit der gewählten Belichtungszeit kontinu- (±15°) parallel zu Rektaszensions- und Deklinationsachsen im ierlich aufgenommen und am Bildschirm samt Angabe der derzei- Strahlengang liegen. tigen Abweichung dargestellt. Diese optische Kontrolle ist extrem Grobe Fehler an diesen Einstellungen zeigen sich sofort in der vorteilhaft, da Umwelteinflüsse auf die Montierung, aber auch op- Nachführung, wenn das System etwa versucht, eine Abweichung tische Probleme wie Defokussierung oder Vereisung und Tau so- in X-Richtung durch eine Korrektur in Y-Richtung zu kompensie- fort sichtbar werden. ren, und Änderungen an den Einstellungen sind im laufenden Be- Bei laufender Nachführung können nun nach Belieben Bilder trieb möglich und durch die unmittelbare visuelle Kontrolle in ih- belichtet werden, ohne dass weitere Konfigurationsschritte nötig ren Auswirkungen offensichtlich. Daher ist die technische Konfi- wären. Bei Auswahl eines Halbzeilen-Kameramodus (»fast mode«, guration der Nachführung insgesamt als unkritisch anzusehen »interlaced mode«) kann die Nachführung leicht aufrecht erhalten und nach der »trial-and-error«-Methode schnell zu erledigen. werden, da eben die unbenutzte Hälfte der Zeilen zur Bilderstel- Zu Beginn einer Aufnahme mit Star2000 wird ein Probebild mit lung eingesetzt wird. Bei Auswahl von Vollauflösung wird zu- der gewünschten Nachführ-Belichtungszeit belichtet, die in der nächst die gerade Hälfte der Zeilen belichtet. Anschließend schal- Praxis zwischen 0,5 und 3 Sekunden liegt. Sämtliche auf diesem tet die Software automatisch die Zeilenverteilung um. Die Nach- Bild erscheinenden Objekte, also Sterne, aber auch Kometen-Ker- führung erfolgt dabei kontinuierlich, es besteht für den Anwender ne oder Kleinplaneten, können als »Leitsterne« herangezogen wer- kein Interaktionsbedarf. Allerdings verlängert sich durch dieses den. Dabei sollte lediglich darauf geachtet werden, keine saturier- Verfahren bei Aufnahme von Bildern in voller Auflösung die Be- ten Objekte zu verwenden: Extrem helle Sterne scheiden aus. Auch lichtungszeit auf das Doppelte.

sollte das gewählte Objekt alleine stehen bzw. in kleinem Umkreis Keinesfalls vernachlässigt werden darf die abschließende Erstel- Dieses Dokument ist urheberrechtlich geschützt. Nutzung nur zu privaten Zwecken. Die Weiterverbreitung ist untersagt. deutlich als hellstes Objekt erkennbar sein: Ein Stern inmitten ei- lung von Dunkelstrom-Bildern. Das beständige Auslesen der nes Kugelsternhaufens scheidet also ebenfalls aus. Nachführ-Region während der Aufnahme führt zu einem erhöh- Die Auswahl eines Objektes erfolgt durch Definition eines ten Hintergrundrauschen, das sich durch den »amplifier glow«, die Rechtecks um das Objekt, wobei dieses Nachführgebiet genug durch Elektrolumineszenz bedingte Aufhellung des linken Bild- Raum um das Objekt lassen sollte. Bei Auswahl eines Sterns er- randes, bemerkbar macht. Um diesen Effekt zu neutralisieren, weist in der Praxis eine Nachführregion von etwa 20×20 Pixel um muss ein besonderes Dunkelstrombild (»darkframe«) aufgenom- den Stern als ausreichend. men werden. Dazu wird die Aufnahme der Nachführregion fortge-

interstellarum 26 63 Technik

Abb. 7: Medusa-Nebel, 14 Minuten belichtet, Verstärkerrauschen sichtbar. Abb. 8: M 27, 1×15 Minuten belichtet, 180mm-Maksutov bei 1100mm.

setzt, jedoch die Montierungs-Steuerung abgeschaltet und die Op- damit die Anzahl der Auslesevorgänge während der Aufnahme) tik abgedeckt. Anschließend wird entsprechend der Belichtungs- müssen mit den Werten der eigentlichen Aufnahme übereinstim- dauer des Originalbildes das Dunkelbild aufgenommen. Subtrak- men. Im Gegensatz zu normalen Darkframes, bei denen geringe Ab- tion vom Originalbild beseitigt dann den Effekt – theoretisch. weichungen in den thermischen Bedingungen tolerierbar sind, zählt hier jede kleine Abweichung. Aufnahmequalität Generell sollte die Nachführung in möglichst großen Intervallen bzw. mit möglichst langen Belichtungszeiten betrieben werden. Die In der Praxis stellt sich die Frage, ob trotz einer so starken Stör- Grenzen des Möglichen setzt hier die Laufruhe der Montierung: Al- quelle, wie sie das Verstärkerrauschen der Star200-Nachführung le fünf Sekunden eine Nachführkorrektur durchzuführen verlangt darstellt, eine simple Darkframe-Subtraktion ein einwandfreies nach einer Montierung, die in diesem Zeitraum keine großen Ab- Bild gewährleisten kann. Um dieser Frage nachzugehen, wurden weichungen verursacht. Es gilt: Je länger der Belichtungszeitraum Aufnahmen verschiedener Dauer verglichen. Die Abbildungen zei- für die Nachführaufnahmen, desto geringer die Anzahl der entspre- gen den Dunkelstrom bei zwei Minuten und bei sechs Minuten Be- chenden Auslesevorgänge, und desto weniger Verstärkerrauschen. lichtungsdauer und einem Nachführintervall von einer Sekunde. Wenn Nichtlinearitäten bei langen Belichtungszeiten dazu füh- Wie nicht anders zu erwarten, führt eine längere Belichtungs- ren, dass ein Darkframe das Verstärkerrauschen nicht ausgleicht, so dauer zu einer Erhöhung des Verstärkerrauschens, da mehr Nach- kann das Darkframe nachbearbeitet werden. In einem entsprechen- führungsbelichtungen gemacht werden. Um das Ausmaß der den Grafikprogramm wird hierzu ein Bild mit den Abmessungen Kompensation durch die Verwendung eines Darkframes quantifi- des Darkframes erstellt. In diesem Bild wird ein Kreis- oder Ellip- zieren zu können, wurde je ein Profil durch die gezeigte Rohauf- sensegment am linken Bildrand markiert und eine kreisförmige nahme (Bild 2) und durch die korrigierte Fassung (Bild 4) von M Verlaufsfüllung von der Hintergrundhelligkeit zu einem etwas hel- 27 gelegt. Das Diagramm zeigt, dass bei der vorliegenden viermi- leren oder dunkleren Wert vorgenommen. Multiplikation des ent- nütigen Belichtung das Verstärkerrauschen durch das Darkframe stehenden Bildes mit dem Darkframe modifiziert in guter Nähe- vollständig beseitigt werden konnte. rung das Verstärkerrauschen, ohne den grundlegenden Wert des Die Untersuchung länger belichteter Aufnahmen deutet jedoch Dunkelstroms zu stark zu ändern. Vereinfachend kann auch das ge- darauf hin, dass der zeitliche Anstieg des Verstärkerrauschens samte Darkframe mit einem konstanten Wert multipliziert werden, nicht vollkommen linear ist. Bei Belichtungen über 10 Minuten da der Anteil des thermischen Rauschens im Vergleich zum von sind die gewonnenen Dunkelbilder oftmals zu schwach oder zu Star2000 verursachten Rauschen gering ist. stark, kompensieren also den Effekt zu wenig oder im Übermaß. Da das Verstärkerrauschen am linken Bildrand auftritt empfiehlt Bild 9 zeigt eine Aufnahme des Medusa-Nebels, bei der nach 14 es sich, Objekte nicht in diesem Bildbereich zu positionieren und, Minuten Belichtung trotz Abzug eines korrekt erstellten Darkfra- wenn möglich, eine Plazierung im rechten Teil des Bildfeldes vorzu- mes Verstärkerrauschen zurückgeblieben ist. Gerade die bei ei- nehmen. Bild 7 zeigt deutlich, dass zumindest bei kürzeren Belich- nem Objekt derart geringer Flächenhelligkeit nötige Kontrast- tungen das Verstärkerrauschen ab der Bildmitte nur sehr geringen streckung bringt leider auch den ungewünschten Effekt am linken Einfluss hat. Bildrand deutlich zum Vorschein.

Vergleich mit gängigen Nachführvarianten Dieses Dokument ist urheberrechtlich geschützt. Nutzung nur zu privaten Zwecken. Die Weiterverbreitung ist untersagt. Hinweise zur Anwendung Beim Vergleich von Star2000 mit anderen Nachführtechniken Aus den durchgeführten Experimenten ergeben sich verschiede- stellt sich die Frage der zu verwendenden Vergleichsindikatoren. ne Hinweise zur Verwendung von Star2000: In jedem Fall ist das Die Möglichkeit der gleichzeitigen Nachführung und Aufnahme Verstärkerrauschen nur durch ein exakt mit den Aufnahmebedin- durch das selbe optische System stellt wohl die attraktivste Nut- gungen übereinstimmendes Darkframe zu beseitigen. Sowohl die zung von Star2000 dar. Entsprechend wurde diese Variante den Aufnahmedauer als auch die Dauer der Nachführbelichtungen (und beiden bekannten Nachführmöglichkeiten, dem Leitrohr und der

64 interstellarum 26 Technik

Abb. 9: NGC 891, 2×20 Minuten belichtet, 180mm-Maksutov bei 1100mm.

Off-Axis-Nachführung, hinsichtlich deren bekannter Stärken und Schwächen gegenübergestellt. Koch sieht in [6] die Vorteile von Off-Axis-Systemen unter an- derem in der hohen mechanischen Stabilität, dem geringen Zu- satzgewicht und der Möglichkeit zur konstanten Kontrolle der Fo- kallage. Diese Vorteile werden von Star2000 aufgrund der Anord- nung im Primärstrahlengang geteilt. Die Nachteile von Off-Axis- Systemen wie diffuse Sternabbildung aufgrund der außeraxialen Anordnung des Prismas oder besondere Anforderungen an Oku- Abb. 10: Profil durch Rohaufnahme (oben) und Profil durch korrigierte Auf- larauszug oder Fokussierweg belasten Star2000 hingegen nicht. nahme (unten). Damit erweist sich das System auch jeder Leitrohranordnung mit herkömmlicher Autoguider-Bestückung als überlegen, da de- che das Star2000-System verwenden können, nicht möglich. In je- ren Nachteile wie zusätzliche Belastung der Montierung oder er- dem Fall ist der in den SBIG-Modellen verwendete Nachführ-Chip höhte Instabilität durch größere Windangriffsfläche und mechani- TC-211 wesentlich kleiner und weniger empfindlich als die vom sche Verwindung wegfallen. Einen Nachteil weist Star2000 in die- Star2000-System zur Nachführung verwendeten Primär-Chips. sem Vergleich allerdings auf: Da die Nachführbrennweite stets gleich der Aufnahmebrennweite ist, besteht kein Sicherheitsspiel- Resumée raum wie etwa bei der Verwendung eines Leitrohres mit zweifa- cher Aufnahmebrennweite. Jede Abweichung der Nachführung Das Star2000-System stellt eine einfache und kostengünstige wird mit Sicherheit auf der Aufnahme sichtbar sein. Variante der Nachführung für Besitzer kompatibler Kamerasyste- Positiv muss vermerkt werden, dass der von Berry und Burnell me dar. Im Vergleich zu gängigen Nachführmethoden besticht das in [7] beschriebene Zeitverlust, der sowohl bei Off-Axis-Systemen Wegfallen der bekannten optischen und mechanischen Probleme. als auch bei Leitrohren durch die Notwendigkeit der Zentrierung Eine genaue Betrachtung zeigt jedoch, dass der Verringerung me- und Fokussierung eines geeigneten Leitsterns verursacht wird, bei chanischer und optischer Schwierigkeiten ein gesteigerter Auf- Verwendung von Star2000 nicht auftritt. Da sämtliche im CCD- wand in Bearbeitung und Aufnahmetechnik gegenüber steht. Wer Feld sichtbaren Sterne ab einer bestimmten Helligkeit als Leitster- bereit ist, in diese Bereiche Zeit zu investieren und sich intensiv ne in Frage kommen, reduziert sich die Leitsternwahl auf die Aus- mit Methoden der Bildbearbeitung auseinander zu setzen, dem wahl eines Objektes am Bildschirm. Die Verwendung der hoch- steht mit Star2000 eine sehr verlässliche und vor allem kostengün- empfindlichen Primärkamera als Nachführsensor garantiert das stige Lösung zur Verfügung. Vorhandensein von Leitsternen im Feld auch bei extremen Brenn- weiten und Öffnungsverhältnissen. [1] StarlightXpress: www.starlight-xpress.co.uk Das einzige am Markt befindliche System, welches vergleichbar [2] Sony, Datenblatt ICX249AK: www.sel.sony.com/semi/PDF/ positive Eigenschaften aufweist, wird von SBIG mit der ST-Serie ICX249AK.pdf von Dual-Chip-Kameras angeboten. Hier befindet sich ein zur [3] Platt, T., Starlight Xpress, Ltd.: Introducing the MX7C, www.starlight-

Nachführung verwendeter CCD-Chip nahe dem primären CCD- xpress.co.uk/mx7c.htm Dieses Dokument ist urheberrechtlich geschützt. Nutzung nur zu privaten Zwecken. Die Weiterverbreitung ist untersagt. Chip ebenfalls im Primärstrahlengang. Aufgrund des großen [4] Starlight Xpress, Ltd.: Star2000 Interconnections for the Vixen SkySen- Preis- und Lei- sor 2000, www.starlight-xpress.co.uk/star2000.htm stungsunterschie- [5] Astroart – CCD Image Processing Software, www.msb-astroart.com Surftipps des der Aufnah- [6] Koch, B. [Hrsg.]: Handbuch der Astrophotographie, 217, Springer me-Chips ist ein (1995) www.nachthimmel.at • Homepage des Autors direkter Vergleich [7] Berry, R., Burnell, J.: The handbook of astronomical image processing, mit Geräten, wel- 70, Willmann-Bell (2000)

interstellarum 26 65 Selbstbau

Ein Zubehör-Koffer-System

von Ulrich Beinert

ubehörkoffer gibt es viele, doch das System von Helge Schlinzig (www. Zschlinzig.de) ist einmalig. Er macht die Koffer von etwas gewöhnlichem, not- wendigem, zu einem Zubehörteil mit sei- nem eigenen Recht. Sie beinhalten nicht das System, sie sind das System. Seit dem BTM 2000, wo ich zum ersten Mal diese genialen Konstruktionen sah, wollte ich ein ähnliches System schaffen, das nicht nur als sehr edle Form der Stromvertei- lung dient, sondern auch maßgeschnei- dert mein eigenes Zubehör aufnimmt. Da- zu sollte es die Auf- und Abbauarbeiten für meine recht komplexe Ausrüstung so kurz wie möglich machen, für mich der wichtigste Aspekt.

Umsetzung

Das System besteht aus drei Koffern: je Abb. 1: Der selbstgebaute Verteilerkoffer mit der Steuerzentrale und Messgeräten. einen für visuelles und fotografisches Zu- behör, und einen weiteren für Teleskop- ku nur für die ST-4 in den Steuerungskoffer Kunststoffplatte, im Baumarkt als »Hobby- steuerung, Autoguider und Taukappenhei- einzubauen. Leider passte der Akku am glas« erhältlich. Diese lässt sich leicht mit zungskontrolle, der direkt an der Montie- Ende doch nicht mehr in den Koffer, so der Stichsäge auf die richtige Größe zu- rung steht. Die anderen beiden bleiben im dass ich noch einen zusätzlichen Stromein- schneiden und mit normalen Heimwerker- Auto. Die große LKW-Batterie sollte eben- gang einbaute, an den der Akku direkt an- Werkzeugen bearbeiten – im Gegensatz zu falls im Auto bleiben. Das führte allerdings geschlossen wird. Die Stromzufuhr für die einer Konstruktion aus Aluminium. zu einem Problem, nämlich der Stromver- restlichen Verbraucher in diesem Koffer Die Kunststoffplatte wurde mit den sorgung meines Autoguiders. Die ST-4 ver- (2–3A) kommt jetzt über ein starkes Kabel Schaltern, Sicherungshaltern, je einem trägt bekanntlich keine Spannung unter ge- mit 2×4mm2 Querschnitt. Volt- und Amperemeter, sowie einem nau 12V, ohne sich fehlerhaft zu verhalten. Funkuhr- und einem Temperaturmodul Erschwerend kam die Tatsache dazu, Verteilerkoffer bestückt. Anschließend wurde die Platte dass die ST-4 1 Ampere Strom braucht, und rot lackiert, die Komponenten montiert zusammen mit den anderen Verbrauchern, Als Fotograf habe ich mehr Zubehör für und die Lötarbeiten ausgeführt. In der die es leicht auf insgesamt 3–4 Ampere die Fotografie als für die reine Beobach- Konsole verwende ich Schalter, die einge- schaffen, ist der Stromabfall über die tung. Die Stromverteilung sollte also in baute Kontroll-Leuchtdioden haben. 5–10m vom Auto zum Teleskop noch grö- den Koffer mit dem visuellen Zubehör, da Gleichzeitig schütze ich das System mit Si- ßer, als wenn nur 1 Ampere durch die Lei- dort noch Platz war. Als Steckverbindung cherungen, die vor jedem Stromausgang tung fließen würde. Die Lösung war für dienen fast ausschließlich XLR-Stecker aus plaziert sind. Damit die Leuchtdiode in mich, einfach einen separaten, kleinen Ak- dem Musik-Bereich. Diese bieten nicht nur den Schaltern nicht nur den Status des gute Kontakte, sondern sind auch noch Schalters, sondern auch den Zustand der verriegelbar, was ein versehentliches Her- Sicherung anzeigt, habe ich sie hinter die ausziehen verhindert. Die XLR-Stecker Sicherung angelötet, so dass sie nur leuch- stammen ebenso wie die für die dicke Lei- tet, wenn diese intakt ist. Zu den Schaltern

tung zum Teleskop verwendeten Power- führt eine dicke Plusleitung, dann ist zu- Dieses Dokument ist urheberrechtlich geschützt. Nutzung nur zu privaten Zwecken. Die Weiterverbreitung ist untersagt. Con-Stecker von der Firma Neutrik und sammen mit einem Schalter je ein Aus- sind im gut sortierten Elektronik- bzw. gang parallel geschaltet, in meinem Fall Musikfachhandel erhältlich. Die Einbau- gibt es genügend »Steckdosen« für fünf stecker- und Kupplungen wurden direkt Verbraucher. von außen in die Koffer montiert. Ich be- Das ganze wird über einen Hauptschal- Abb. 2: Schaltskizze zur Verpolungswarnung. Er- nutzte für die Kontrollkonsole im Innern ter ein- und ausgeschaltet, vor dem sich läuterung im Text. des Koffers eine 4mm dicke, durchsichtige noch ein kleiner Bonus befindet: eine Ver-

66 interstellarum 26 Selbstbau

unterteilt, um Zubehör aufzunehmen. Die einzelnen Fächer habe ich mit dünnen Sperrholzplatten gemacht, die ich mit Moosgummi überzogen habe. Da in der Regel keine großen Vibrationen beim Transport auftreten, reicht das Moosgum- mi vollkommen aus – es ist kein platzver- schwendender Schaumstoff nötig.

Fotokoffer

Wie der Verteilerkoffer ist auch der Fo- tokoffer mit Sperrholzplatten unterteilt, um Zubehör passgenau aufzunehmen. Es befindet sich in diesem Koffer nur eine kleine Konsole, die zum ein- und ausschal- ten der Fotokofferbeleuchtung dient. Auf der Rückseite des Koffers befindet sich ei- ne einzige Stromeingangsdose (XLR-Ein- baustecker), die mit einem Kabel vom Verteilerkoffer den nötigen Strom bezieht. Abb. 3: Der selbstgebaute Fotokoffer mit Beleuchtung. Teleskopsteuerungskoffer polungswarnung. Einen Verpolungs- (bei den niedrigen Lichtpegeln, die nachts schutz zu bauen, bei dem bei einer Verpo- benötigt werden, ist der Stromverbrauch Eigentlich sollte der Verteilerkoffer das lung einfach gar kein Strom fließt, lag zu vernachlässigen). Zentrum des Systems sein, doch es stellte außerhalb meiner Möglichkeiten, doch ei- Ist der Strom angeschaltet, können ein- sich bald heraus, dass der Koffer am Teles- ne einfache Weise, eine optische und aku- zelne Ausgänge mit Strom versorgt wer- kop der wichtigste sein würde. Darin befin- stische Warnung zu bekommen, falls eine den. Momentan benötige ich nur zwei, ei- det sich nicht nur die FS-2-Steuerung, son- Verpolung vorliegt, wird in Abb. 2 gezeigt. nen für die Beleuchtung in meinem zwei- dern zwei weitere Geräte, die ich am Fern- Dieser kleine Schaltkreis wird parallel zu ten Zubehörkoffer, und einen für die Lei- rohr benötige: den Autoguider (ST-4) und allen anderen Verbrauchern geschaltet. tung zum Fernrohr. Hinweis: Die XLR- eine Kendrick Taukappenheizungssteue- Fließt der Strom in die richtige Richtung, Stecker haben drei Kontakte, davon wird rung. An der ST-4 und FS-2 hat mich vor so blockiert die Diode die Elektronen auf bei unseren üblichen 12V ihrem Weg zum Tongeber, es ertönt kein Kontakt 1 mit +, Kontakt Signal. Gleichzeitig leuchtet die »Duo- 2 mit – (Masse) belegt. Leuchtdiode« (bei Conrad erhältlich) Für alle Steckdosen, an grün. Fließt der Strom in die »falsche« denen eine Spannung an- Richtung, kann er auch durch den Tonge- liegt, werden Kupplungen ber fließen, es ertönt ein furchtbarer, benutzt. Verbraucher hochfrequenter Ton, der nicht zu überhö- oder Kabel, die diesen ren ist. Zur Sicherheit leuchtet aber auch Strom zuführen, bekom- die Duo-LED zur Warnung rot. (Hinweis: men Stecker. Im Prinzip Die Duo-LED ist in Abb. 2 durch zwei ver- ist es wie bei der 220V- schiedene Dioden dargestellt.) Steckdose zu Hause. Der Wird der Hauptschalter eingeschaltet, Grund ist die Verhinde- gibt das Voltmeter die Batteriespannung rung eines versehent- an, das Amperemeter zeigt bei ausge- lichen Kurzschlusses. schalteten Verteilerschaltern keinen Durch die Einhaltung die- Stromfluss. Gleichzeitig leuchten kleine ser beiden Punkte ist jeder Leuchtdioden in den beiden Messgeräten Eigenbau nicht nur mit auf, die das Ablesen im Dunkeln ermög- Helges Koffern, sondern lichen. Die Anzeigen sind zwar für den auch mit den anderen vier Einbau von Glühbirnchen ausgelegt, da mir bekannten Nachbau-

ich aber auf konventionelle Glühlampen ten kompatibel. Dieses Dokument ist urheberrechtlich geschützt. Nutzung nur zu privaten Zwecken. Die Weiterverbreitung ist untersagt. verzichte, baute ich die LEDs an ihrer Zusätzlich sind neben Stelle ein. Diese haben den Vorteil, dass der Stromverteilung noch sie in der Praxis nicht kaputt gehen (ihre ein Uhrenmodul und ein Lebensdauer übersteigt die Lebensdauer Temperaturmodul einge- der Geräte, in denen sie verwendet wer- baut. Der übriggebliebene Abb. 4: Der selbstgebaute Teleskopsteuerungskoffer enthält die FS2- den) und einen deutlich geringeren Platz wurde meinen Be- Steuerung und die Geräte für einen Autoguider und eine beheizte Stromverbrauch haben als Glühlampen dürfnissen entsprechend Taukappe.

interstellarum 26 67 Selbstbau

allem gestört, dass man so viele Kabel ver- binden muss, bis man die Geräte über- Selbstgebaute Stativbeleuchtung haupt benutzen kann. Dieses Problem habe ich jetzt nicht mehr, da durch den festen Wie oft passiert es, dass jemand über das Stativ stolpert, oder dass man etwas fal- Einbau der Geräte in einem Koffer kaum len lässt und nicht sofort findet? Zu oft, fand ich, und beschloss, für mein Stativ ei- noch Verbindungen bleiben, die hergestellt ne Beleuchtungsvorrichtung zu bauen, die nicht nur das Stativ unübersehbar werden müssen. Die beiden Geräte sind so macht, sondern auch den Boden darunter anstrahlt, damit verloren gegangenes eingebaut, dass der CCD-Kopf der ST-4 leicht auffindbar wird. Die Idee stammt ebenfalls von Helge Schlinzig, der in seinen permanent am Steuercomputer befestigt Woodmaster-Stativen auf der Unterseite rote LEDs eingebaut hat, doch wie sollte bleibt, das Korrekturrelais des Nachführ- ein Baader-Stativ so beleuchtet werden? Es ist ein Zufall, dass die Adapterplatte für computers an die FS-2 angeschlossen ist, die Losmandy G11 nicht die vorgebohrten Gewinde des Stativs benötigt, so dass und alle Ausgänge der FS-2 (Motoren, En- diese noch frei waren. Ich säg- coder) zu einer großen, 20-poligen Steck- te also eine passende Sperr- dose laufen. holzplatte zurecht, die ich von Somit muss neben der Stromzufuhr le- unten an diese Gewinde diglich ein Multicore-Kabel angeschlossen schrauben konnte, und in der werden, das am einen Ende am Koffer an- sich vier Leuchtdioden befin- geflanscht wird und am anderen Ende die den, die nach unten leuchten. passenden Stecker für die Motoren und En- Sie sind somit versteckt, kön- coder meiner Montierung hat. Sogar die nen also nicht blenden, be- Stromversorgung des Polsuchers und der leuchten aber sanft von innen Stativbeleuchtung (siehe Kasten) läuft über die Stativbeine, so dass man dieses Kabel! Auch die Handsteuerbox der diese noch leicht erkennen FS-2 muss nicht mehr von der Steuerung kann. Auch die Stativablage entfernt werden, da ich sie auch fest im wird angeleuchtet, so dass Koffer eingebaut habe. Sowohl die FS-2 als man leicht aus einem Buch auch die ST-4 können über einen Compu- (z.B. Karkoschka) lesen kann, ter über die serielle Schnittstelle fernge- das man darauf legt. Den steuert werden. Zum Glück brauchen beide Strom bezieht die Beleuch- Geräte die gleichen drei Pins, so dass ich tungsvorrichtung über eine einfach einen einzigen Eingang an der mit meinen Koffern kompati- Außenseite des Koffers anzubringen ble XLR-Buchse. brauchte. Das ankommende Signal kann mit einem 3-poligen Schalter entweder auf die FS-2 oder die ST-4 gelegt werden. Deckel eingeklebte Fach für dünne Mappen sie genau so funktionieren, wie ich es Im Koffer war noch genügend Platz für und Kugelschreiber gelassen, bei den ande- möchte, und all das können, was ich erwar- ein weiteres Gerät, das in Deutschland ren beiden Koffern wurde es durch Nop- te. Das kann man von wenigen kommer- wirklich nicht fehlen darf: der Steuerung penschaumstoff ersetzt. So ist in den bei- ziellen Produkten behaupten, und ist der für meine Taukappenheizungen. Die Plati- den Zubehörkoffern das Zubehör optimal Grund weshalb der Selbstbau sich immer ne meiner Kendrick Taukappenheizungs- geschützt, während im dritten Koffer Platz wieder lohnt und Spaß macht. steuerung entfernte ich aus ihrem Gehäuse für Literatur und alles andere ist, was man und baute sie in den Teleskopsteuerungs- am Fernrohr braucht. koffer ein. An Stelle der von Kendrick ver- wendeten Cinch-Stecker wollte ich 6,3mm- Feuerprobe Klinkenstecker von Neutrik benutzen, die wie die XLR-Stecker gegen versehentliches Premiere der Koffer war auf dem BTM Herausziehen gesichert sind. Leider passte 2002, und alles funktionierte wie geplant! nur eine 6,3mm-Buchse an die Außenseite Die Auf- und Abbauzeit meiner Ausrü- des Koffers, also baute ich noch eine Ver- stung wird dadurch extrem gekürzt, auch teilerbox für insgesamt vier Taukappenhei- beim Beobachten und Fotografieren ver- zungen. Wird nur visuell beobachtet, also einfacht das übersichtliche System die Ar- mit einem Fernrohr, wird die Verteilerbox beit. Man kann es sich sparen, bei Dunkel- nicht benötigt und kann in einem Zube- heit und Kälte die kleinen Schrauben von hörfach im Koffer untergebracht werden. SUB-D Steckern drehen zu müssen, und es

Da der Kabelsalat im Koffer auf ein un- wird vermieden, unnötig viele Verbindun- Dieses Dokument ist urheberrechtlich geschützt. Nutzung nur zu privaten Zwecken. Die Weiterverbreitung ist untersagt. übersichtliches Maß angestiegen war, sägte gen am Anfang der Beobachtung herzu- ich noch eine Abdeckung zurecht. Diese stellen und am Ende wieder zu trennen. hat an der richtigen Stelle einen Ausschnitt Neben dem Praktischen bietet das System für die Bedienelemente der ST-4, sowie aber noch eine gute Optik, die viele neugie- Schalter für die FS-2, ST-4, Taukappenhei- rige Blicke auf sich zog. Wie jede Sonder- zung und zwei weitere 12V-Ausgänge. Im anfertigung sind diese Koffer genau auf Teleskopsteuerungskoffer habe ich das im meine Bedürfnisse zugeschnitten, so dass

68 interstellarum 26 Software

Software im Fokus: WinStars von André Wulff

as Internet bietet inzwischen eine zunehmende Anzahl Dvon Planetariumsprogrammen an. Dabei ist mir das Pro- gramm WinStars des französischen Autors Frank Richard posi- tiv aufgefallen. Der Autor hat bei der Umsetzung auf eine mög- lichst realitätsnahe Darstellung des Himmels wert gelegt. Dazu gehört ein fotorealistischer Horizont, der durch den Benutzer an verschiedene Themen angepasst werden kann. Für den ge- plagten Windows-User ist es auch sehr erfreulich, dass Win- Stars keinerlei Systemveränderungen vornimmt und bei Bedarf ohne Nebengeräusche wieder vom Rechner verbannt werden von Ephemeriden und die Steuerung von LX200-Teleskopen kann. WinStars wird in verschiedenen Ausbaustufen zum sind ebenfalls implementiert. Abgerundet wird die Leistungs- Download angeboten. fähigkeit durch umfangreiche Such- und Informationsfunk- Die Grundinstallation besteht aus einer 3 MB großen Datei. tionen. Sie beinhaltet das Programm, 10000 Sterne und ca. 10000 Das Programm läuft auch auf betagteren Rechnern und sam- Deep Sky Objekte. Damit kommt man am Anfang schon gut melt dadurch weitere Sympathiepunkte. Als einziger Negativ- zurecht. Der Vollausbau des Programms besteht aus rund 52 punkt muss angemerkt werden, dass dieses Programm nur in MB Datenvolumen zum Download. Damit kann man Sterne einer französischen und einer englischen Sprachversion erhält- bis zur 12. Größenklasse zur Anzeige bringen oder sich Bilder lich ist. Die gute Bedienbarkeit und auch die Darstellung des der Messierobjekte anzeigen lassen. Allein die Sternkataloge Himmels gleichen dieses Manko aber mehr als aus. schlagen dabei mit 47 MB zu Buche. Natürlich kann WinStars Ihnen auch Kometen und Astero- Download: winstars.free.fr iden sowie künstliche Erdsatelliten anzeigen. Die Berechnung Dieses Dokument ist urheberrechtlich geschützt. Nutzung nur zu privaten Zwecken. Die Weiterverbreitung ist untersagt.

interstellarum 26 69 Astrofotos von Ralf Raab

NGC 4945, eine seltener fotografierte Galaxie in Centaurus. Aufgenommen mit einem 5"-Refraktor bei f/8, 45min belichtet auf Kodak Royal 1000.

ür die Astronomie interessiere ich mit 5" Öffnung und 1000mm Brennweite, mich schon seit der Kindheit. Mein kaufte ich mir vor ca. 9 Jahren. Dieses Ge- Ferstes Fernrohr war ein 60mm-Lins- rät hatte ich gebraucht von einem Astro- enteleskop von Quelle. Mein zweites Teles- händler erstanden. kop war ein Vixen-Refraktor 102M. Mit Der Refraktor begeisterte mich immer diesem Gerät beobachtete und fotografier- wieder durch seinen Kontrast und sein Das Sternbild Skorpion. Aufnahme mit einem 50mm- te ich viel. Dieses Gerät habe ich schon vor Auflösungsvermögen und die besonders Objektiv bei f/4, 16min belichtet auf Kodak E200. Jahren weiterverkauft und legte mir ein C8 gute Eignung für die Astrofotografie. Be- zu, welches ich auch heute noch habe. Mein sonders diese hat es mir angetan, ich be- Traumteleskop, ein Astrophysics-Refraktor treibe sie schon seit ca.15 Jahren. Seit 10 Jahren bin ich außerdem regelmäßiger Be- sucher des Internationalen Teleskoptref- fens auf dem Vogelsberg (ITV), und nutzte auch schon die guten Bedingungen der Emberger Alm für Astroaufnahmen. Auf La Palma war ich 1998 und hatte dort auch einige schöne Astrofotos ge- schossen. Letztes Jahr reiste ich nach Nami- bia auf die Farm Hakos. Das war wirklich ein unbeschreibliches Erlebnis: Ich war be- geistert von der klaren Luft und wie deut- lich man dort die Milchstraße mit bloßem Auge sieht. Wir waren zwei Wochen dort

und hatten durchgehend nur wolkenlosen Dieses Dokument ist urheberrechtlich geschützt. Nutzung nur zu privaten Zwecken. Die Weiterverbreitung ist untersagt. Himmel. Ich hatte meinen Refraktor dabei und eine ganze Tasche voll Fotoobjektive mit Brennweiten von 16mm bis 500mm. Meine heimischen Beobachtungsplätze be- finden sich im Spessart – der Ziegelberg Die astronomische Ausrüstung von Ralf Raab vor liegt 400m hoch – und an der Herchenhai- M 8 und M 20. Aufgenommen mit einem 5"-Refraktor dem Hintergrund der Emberger Alm. ner Höhe auf dem Vogelsberg mit 700m. bei f/8, 40min belichtet auf Kodak Royal 1000.

70 interstellarum 26 Die Zentralregion der Milchstraße mit den roten Nebelobjekten von M 16 NGC 6231, IC 4628 und NGC 6242 im Skorpionstachel. Aufgenommen bis IC 4628. Aufgenommen mit einem 50mm-Objektiv bei f/5,8, 45min be- mit einem 300mm-Objektiv bei f/4, 16min belichtet auf Kodak E200. lichtet mit Kodak E200. Dieses Dokument ist urheberrechtlich geschützt. Nutzung nur zu privaten Zwecken. Die Weiterverbreitung ist untersagt.

Namibisches Zodiakallicht. Aufgenommen mit einem 16mm-Objektiv bei f/2,8 auf Kodak E200.

interstellarum 26 71 Dieses Dokument ist urheberrechtlich geschützt. Nutzung nur zu privaten Zwecken. Die Weiterverbreitung ist untersagt. OdSObjekte der Saison

IC 443 Galaktischer Nebel NGC 2301 Offener Sternhaufen

Mitbeobachten: Die Objekte der Saison für die nächsten sechs Hefte Foto, Andreas Rörig, 11"-SCT bei f/7, Ko- dak E200, Komposit aus drei Aufnahmen Name Typ Sternbild R.A. Dekl. Helligkeit Größe Uran. mit 60min, 60min und 31min.

interstellarum 27 April–Mai 2003 (Redaktionschluss: 15.1.2003) Das Ziel dieses Leser-Beobach- NGC 4567-8 Gx Vir 12h 36,5min +11° 15' 10m, 8 4,6×2,0' 194 tungsprojektes ist es, visuelle, foto- NGC 4038-9 Gx Crv 12h 01,9 min –18° 52' 10m, 3 3,4×1,7' 327 chemische und digitale Beobachter interstellarum 28 Juni–Juli 2003 (Redaktionsschluss: 15.3.2003) zusammenzuführen. NGC 6309 PN Oph 17h 14,1 min –12° 49' 11m,5 16" 293 Wir geben für jede Ausgabe zwei Deep-Sky-Objekte vor, die am M 14 GC Oph 17h 37,6min –03° 15' 7m, 6 11,7' 249 Abendhimmel beobachtet werden interstellarum 29 August–September 2003 (Redaktionsschluss: 15.5.2003) können (hinterlegt in der Tabelle). NGC 6905 PN Del 20h 22,4min +20° 06' 11m,1 72" 163 Beobachtungsergebnisse wie Be- schreibungen, Zeichnungen, Fotos NGC 7006 GC Del 21h 01,5 min +16° 11' 10m, 6 3,6' 164 und CCD-Bilder können an die Red- interstellarum 30 Oktober–November 2003 (Redaktionsschluss: 15.7.2003) aktion eingesandt werden. Wir ver- NGC 7023 GN Cep 21h 00,5min +68° 10' — 5' 33 öffentlichen die Resultate in der Ausgabe für dieselbe Jahreszeit ein NGC 40 PN Cep 00h 13,0min +72° 32' 12m,4 37" 15 Jahr später. Sie können auch vor

interstellarum 31 Dezember–Januar 2003-4 (Redaktionsschluss: 15.9.2003) Redaktionsschluss am Morgenhim- Dieses Dokument ist urheberrechtlich geschützt. Nutzung nur zu privaten Zwecken. Die Weiterverbreitung ist untersagt. IC 405 GN Aur 05h 16,0min +34° 16' – 48×35' 97 mel beobachten – bitte beachten NGC 1746 OC Tau 05h 04,0min +23° 46' 6m,1 42' 134 Sie die Termine für den Einsende- schluss. interstellarum 32 Februar–März 2004 (Redaktionsschluss: 15.11.2003) Wir veröffentlichen alle eingehen- NGC 2261 GN Mon 06h 39,2min +08° 44' 10,0m 1,5'×1' 182 den Beschreibungen und eine Aus- NGC 2264 OC Mon 06h 41,1 min +09° 53' 3m,9 20' 182 wahl der bildlichen Darstellungen. Jetzt beobachten!

interstellarum 26 73 Objekte der Saison

IC 443

Name IC 443 R.A. 6h 17,8min Dekl. +22° 49' Sternbild Gemini Helligkeit 12m,0 Größe 50'×40' Entfernung 5000 Lj

C 443 gehört zu den vier für mitteleuropäische Beobachter vi- Abb. 1: IC 443 im Röntgenlicht, gesehen vom Chandra-Satelliten. Isuell gut zugänglichen Supernovaresten (die anderen Objekte sind Sharpless 91, der Cirrusnebel und der Crabnebel). Er wurde 443 mit 5000 Lj angegeben. Auch die Morphologie ist ähnlich: um die vorletzte Jahrhundertwende von Max Wolf in Heidelberg Anders als auf den ersten Blick vermutet ist IC 443 ein komple- fotografisch entdeckt. xes Gebilde dreier sphärischer Blasen. Der markanteste und die Es ist nicht falsch, IC 443 als kleine und entferntere Ausgabe IC-Nummer tragende Teil ist nur ein Fragment der mittleren des Cirrusnebels anzusehen. Während die bekannten Nebelbo- Blase mit 33' Durchmesser, während tief belichtete Aufnahmen gen im Schwan ca. 1500 Lj entfernt sind, wird die Distanz bei IC weitere Nebelfetzen nordöstlich zeigen, die einen Ring von 1° Dieses Dokument ist urheberrechtlich geschützt. Nutzung nur zu privaten Zwecken. Die Weiterverbreitung ist untersagt.

© interstellarum

74 interstellarum 26 Objekte der Saison

110/550-Newton: fst 5m, 8; Trotz längerer Beobachtung keine Sichtung; 15,7×, 32× , UHC-Filter. Rainer Töpler

120/1020-Refraktor: Sehr groß, schwach, sehr schwierig, nach genauer Lokalisation kann das hellste Filament an- deutungsweise gesehen werden; eine große nach ONO gekrümmte Sichel. Undeutliche Aufhellung unabhängig voneinander in drei verschiedenen Sichtungen gesehen. UHC. Ronald Stoyan

130/1040-Refraktor: fst 6m, 4; bei 26× und besser bei 35× sehr schwer: [OIII]- und UHC Filter zeigen ein kleines run- des Nebelchen, etwa 3' Durchmesser, das ich bei 6h 17,5min, +22,8° skizziere. 35× ist wegen des kleineren Ge- sichtsfelds besser, da ich Eta Gem aus dem Gesichtsfeld halten kann. Sehr sehr schwach zeigt die Filterbeobach- tung auch einen leuchtenden Bogen, etwa vom Nebel Abb. 2: IC 443 im Infraroten. Bild des 2MASS-Surveys. nach Süden und ca. 25' lang. Der Bogen ist wenig nach Osten gekrümmt, nur ca. 5'. Wolfgang Vollmann Größe andeuten [1]. Als Erklärung dafür wird angenommen, dass die -Schockwelle auf bereits vorhandene sphärische 150/750-Newton: 1987 viele Versuche mit unterschied- Strukturen nahe des Vorgängersterns gestoßen sein muss [2]. Beim lichen Nebelfiltern. Die Grenzgröße wurde nie bestimmt, Cirrusnebel nimmt man heute eine Bildung aus mehreren Super- der Standort war immer mindestens 25km außerhalb der novaereignissen an. nächstgelegenen Stadt, die Wintermilchstraße war hell und Die Nordostseite des Nebels ist deshalb so deutlich sichtbar, weil strukturiert zu sehen. LPR-Filter: kein Nebel zu sehen. Day- die Schockwelle hier auf die Molekülwolken der nahen HII-Region star300-Nebelfilter (dieser Filter entspricht ungefähr UHC, Sharpless 249 trifft. Dabei schiebt sie die »aufgesammelte« Materie ist aber nicht ganz so gut): Nebel nicht zu sehen. UHC- vor sich her und ionisiert sie durch den ram pressure Effekt – mit Filter: Nebel nicht zu sehen. 23× und 31×. Bei allen Versu- dem Ergebnis starker H-alpha- und [OIII]-Emission [3]. Die Ge- chen wurde die fragliche Gegend relativ schnell abgefah- schwindigkeit der Ausdehnung erreicht Werte bis 170km/s – dies ren, telescope swinging eingesetzt. Andreas Alzner entspräche einem Alter von 25000 Jahren [4]. Aufsehen erregte IC 443 jedoch, als im Jahr 2000 eine Gruppe von 16–18jährigen Schü- 200/2000-SCT: fst 5m, 8; Alle Bemühungen enden im lern einer amerikanischen Highschool mit Hilfe der NRAO in den Nichts; 57×. UHC. Rainer Töpler Daten des Röntgensatelliten Chandra Hinweise auf den lange ge- suchten Sternrest im Zentrum des Nebels fand. Dieser Neutronen- 203/800-Newton: fst ca. 6m, 5; Durchsicht wie unter stern zeigt Anomalien, die eine Datierung des Supernovaereignisses 150/750-Newton beschrieben: November 1987: der hell- vor nur 8000 Jahren nahe legen. ste Teil des Nebels sehr schwach mit 38x + UHC- und [OI- Während IC 443 fotografisch ein gerne bearbeitetes Motiv dar- II]-Filter, telescope swinging. Beobachtung aber unbefriedi- stellt, tun sich visuelle Beobachter hart mit der Detailausbeute. Ab gend und nicht ganz sicher. 11. Januar 1988: hervorragen- vier bis fünf Zoll Öffnung kann der nur 5'×1' messende nordöstliche de Durchsicht. IC 443 erstmals sicher und ohne Probleme. Teil des Nebels mit [OIII]-Filter herausgearbeitet werden. Auch mit 38× + UHC: indirekt der hellste, nordöstliche Teil und sehr mittlerer Öffnung bleibt IC 443 ein schwaches und beileibe nicht ein- schwach die schmale, bogenförmige Fortsetzung nach Sü- faches Objekt, ohne Filter ist nichts auszurichten. Mit 14" erreicht das den. 38× + [OIII] etwa gleichwertig. 70× + UHC: bester nordöstliche Nebelteil 16'×3' und zeigt einzelne Filamentansätze. Bis Anblick des hellsten Teils, aber Bogen nicht zu sehen. Oh- dato sind keine verlässlichen Beobachtungen der schwachen Süd- ne Nebelfilter: kein Teil zu sehen. Das Objekt ist nicht groß westsichel oder der extrem schwachen nördlichen Filamente bekannt und diffus, wie man aus Rotaufnahmen schließen könnte, geworden. Nur wenige Bogenminuten nordöstlich des hellsten Teils sondern klein und scharf begrenzt wie ein PN, außerdem befindet sich der Reflexionsnebel IC 444, der schon mit sechs Zoll stehen viele schwache Sterne in der Nähe: telescope swin- Öffnung erreicht werden kann. Weitere Zeichnungen und Fotos von ging ist die falsche Technik! Die einzigen mir bekannten IC 443 sind in interstellarum 2 zu finden [5]. Fotografien, die für visuelle Beobachtung weiterhelfen, –rcs sind die [OIII]- und die H-beta-Aufnahme im Emission-Line Survey of the Milky Way. In dieser exzellenten Nacht habe [1] Minkowski, R.: Cygnus Loop and some related nebulosties, Rev. Mod. ich im 8"-Newton NGC 2024, den Pferdekopfnebel, Bar- Phys. 30, 1048 (1958) nard’s Loop und weitere schwache Gasnebel beobachtet,

[2] Braun, R., Strom, R.G.: The structure and dynamics of evolved superno- hingegen war der SNR Simeis 147 in Taurus weder mit Dieses Dokument ist urheberrechtlich geschützt. Nutzung nur zu privaten Zwecken. Die Weiterverbreitung ist untersagt. va remnants, The IC 443 complex, Astron. Astrophys. 164, 193 (1986) [OIII] noch mit UHC zu sehen. Andreas Alzner [3] Jansen, D.J., van Dishoeck, E.F., Phillips, T.G.: Astron. Astrophys. 279, 541 (1993) 254/1140-Newton: fst 6m, 5; überraschend helles, scharf [4] Lozinskaya, T.A.: Revision of the expansion velocity of IC 443, Pi’sma abgegrenztes Filament bei 6h 17,6min, +22° 53' indirekt sehr Astron. Zh. 1, 25 (1974), Sov. Astron. Lett. 1, 35 (1975) gut zu erkennen, es beginnt knapp östlich eines Sterns [5] Stoyan, R.: Supernovareste visuell, interstellarum 2, 18 (1995) 11m und erstreckt sich ca. 5' nach NW in Richtung des süd- lichen Eckpunktes eines gleichschenkligen, auf dem Kopf

interstellarum 26 75 Objekte der Saison

der im nördlichen Bereich eindeutig am hellsten und besten definiert ist. Nach Süden wird der Lichtstreifen immer licht- schwächer und dünner und verliert sich schließlich im Dunkeln. Im ganzen be- trachtet hat der Nebel die Form einer schwach gekrümmten Sichel. Nördlich des hellsten Nebelteils befindet sich ein kleines markantes Sterndreieck. Klaus Wenzel

317/1520-Newton: fst 6m, 2, 1150m Hö- he; etwa Ost-West verlaufendes, langge- zogenes Filament von ca. 10'×1,5' mit ei- Zeichnung, Klaus Wenzel, 12,5"-Newton, 75×, ner elliptischen, kopfartigen Verdickung [OIII]-Filter. von ca. 4'×2' einseitig (nach Süden) am westlichen Ende des Filaments. Flächen- helligkeit des Filaments gering bis sehr gering, des Kopfes mäßig bis gering, trotz der Verwendung von Nebelfiltern. [OIII]- Filter bringt an diesem Objekt noch et- CCD-Bild, Stefan Lilge, 8"-SCT bei f/4, MX716-Ka- was mehr Kontrast als UHC-Filter. Beim mera, Astronomik UHC-Filter, Mosaik aus zwei Kopf Flächenhelligkeit von außen nach Bildern mit je 35×10min und 12×10min; Bearbei- innen leicht abnehmend. Ohne Nebelfil- tung mit AstroArt. ter ist IC 443 nur erahnbar. Wenig süd- lich des Filamentes umgeben Nebelmas- sen sehr geringer Flächenhelligkeit eine parallel zum Filament verlaufende Kette Zeichnung, Ronald Stoyan, 14"-Newton, 81×, von vier mäßig hellen Sternen und ste- [OIII]-Filter. hen evtl. (Eindruck unsicher) in Verbin- dung mit dem Ost-Ende des Filaments; stehenden Dreiecks (dessen östlicher 63×, 100×. Roland Höfer Eckpunkt der leicht trennbare Doppel- stern POU 1191 ist) – erreicht diesen 403/1830-Newton: Anfangs hatte ich aber nicht, sondern hört abrupt auf hal- noch gedacht: »da ist doch was!«, aber ber Strecke auf; weitere Nebelteile ver- es waren wohl nur typische Hintergrund- mutet, diese sind allerdings wegen des schleier, die man eben bei nicht so guter von Jupiter stammenden Streulichtes Witterung (ca. Bortle 5) schnell für Nebel nicht zweifelsfrei erkennbar; 45× + [OIII]. halten kann. Auch die verschiedensten Matthias Kronberger Filter brachten keine Verbesserung, allen- falls mit dem Meade Schmalbandfilter 317/1500-Newton: fst 5m, 8; östlich von meinte ich eine zum Himmelshinter- Eta Gemini leicht aufzufinden, doch oh- grund gehörende Nebeligkeit erkannt zu ne [OIII]-Filter sieht man zunächst rein haben (bei Teleskopbewegungen), aber gar nichts. Mit [OIII] und 75facher Ver- ich leg mich lieber nicht fest, also: Zeichnung, Dieter Putz, 16"-Newton, 81×, größerung erkennt man dann relativ ein- Nichts! Wilfried Wacker [OIII]-Filter. fach einen extrem diffusen Nebelstreifen, Dieses Dokument ist urheberrechtlich geschützt. Nutzung nur zu privaten Zwecken. Die Weiterverbreitung ist untersagt.

CCD-Bild, R. Schäfer, A. Creutzer, C. Creutzer. 4"-Refraktor bei f/5, OES CCD-Aufnahme, Stephan Messner, 78/624-Refraktor, 2×30min, H-alpha- LcCCD11-Kamera, 90min, Bearbeitung mit MIPS. Filter 3nm, ST-8E

76 interstellarum 26 Objekte der Saison

IC 443 und IC 444. Deutlich treten die schwachen Filamente nördlich des hellsten IC 443 en détail. 15"-Newton bei f/5,2, LRGB aus zwei Aufnahmen auf Bereiches hervor. 14"-Hypergraph bei f/3,3, LRGB aus zwei Aufnahmen auf Ko- Kodak E200 und TP6415 hyp., Volker Wendel, Roland Eberle, Stephan dak E200 und TP6415 hyp., Volker Wendel, Roland Eberle, Stephan Eisenhauer. Eisenhauer. Dieses Dokument ist urheberrechtlich geschützt. Nutzung nur zu privaten Zwecken. Die Weiterverbreitung ist untersagt.

IC 443 und M 35. Foto, Bernd Reitemeier, 4"-Refraktor bei f/5,4, TP2415, Deep-Sky-Filter, 45min.

interstellarum 26 77 Objekte der Saison

NGC 2301

Name NGC 2301 R.A. 6h 51,8 min Dekl. +0° 28' Sternbild Monoceros Helligkeit 6m,0 Größe 20' Mitglieder 100 Sterne Hellste Einzelsterne 8m,0 Entfernung 2800 Lj Foto, Stefan Beck, 5,5"-Schmidtkamera 120/140/225 auf TP 2415hyp + W92 Rotfilter, 60min.

eine Form macht ihn zu einem der interessante- Ssten Sternhaufen des Winterhimmels – und doch besitzt er immer noch den Status eines Ge- heimtipps: Die Rede ist von NGC 2301 im Sternbild Monoceros, fast genau am Schnittpunkt von Galak- tischem- und Himmels-Äquator gelegen. Er taucht bereits 1785 in William Herschels Liste unter dem Eintrag VI27 auf, womit Herschel ihn zu den »very compressed and rich clusters of stars« zählt. Dieser Eindruck mag aber allenfalls für den Anblick des Zentrums in einem großen Teleskop gelten; be- trachtet man den Haufen als Ganzes bei geringer Vergrößerung, entsteht vielmehr der Eindruck ei- ner irregulären, nur mäßig konzentrierten An- sammlung von Sternen. Denn der komplette Hau- CCD-Bild, Konstantin von Poschinger, 5,1"-Refraktor, ST-8 Kamera. fen erstreckt sich über einen Durchmesser von 20' und liegt vor einem mit Feldsternen dicht bevölker- ten Gebiet. Mit einer Gesamthelligkeit von 6m ist der Haufen in nahezu jedem Sucher zu finden – unter außerge- wöhnlichen Bedingungen dürfte er damit vielleicht sogar mit bloßem Auge zu erahnen sein? Eine doku- mentierte positive Sichtung steht allerdings bis dato noch aus. Doch blicken wir näher auf die Verteilung seiner Haufenmitglieder: Drei auffällige Ketten aus Sternen zwischen 8–11m verlassen das deutlich dich- tere Zentrum ungefähr nach Norden, Osten und Sü- den und bilden je nach Betrachtungsweise ein drei- armiges Kreuz oder ein »y«. Die auffällige Form reg- te schon oft die Fantasie der Beobachter an: Am ver- breitetsten dürfte wohl die Beschreibung des be- kannten Deep-Sky-Beobachters Phil Harrington sein: »Great Bird of the Galaxy«. Blickt man auf das Haufenzentrum, sieht man neben vielen schwäche- ren Sternen ein wunderschönes Pärchen aus zwei

etwa gleich hellen Sternen, von denen einer bläulich Dieses Dokument ist urheberrechtlich geschützt. Nutzung nur zu privaten Zwecken. Die Weiterverbreitung ist untersagt. und der andere gelb schimmert. Dass NGC 2301 in einem sternreichen Gebiet der Milchstraße liegt, erschwerte die Bestimmung seiner astrophysikalischen Eigenschaften, durch die hohe »Verunreinigung« der Aufnahmen mit nicht dazu gehörenden Feldsternen. Dies stellt hohe Anforde- CCD-Bild, Thomas Michna, 10"-SCT, OES MegaTEK-Kamera, IR-Sperrfilter.

78 interstellarum 26 Objekte der Saison

8×50-Sucher: ein großer, Nord-Süd ausge- richteter Haufen; die hellsten Sterne sind in spindelartiger Form an einer Kette ange- ordnet. Unaufgelöste Haufensterne erge- ben einen nebligen Hintergrund. Ronald Stoyan

114/900-Newton: fst 5m, 0; mein neuer Lieblingssternhaufen! Sieht aus wie ein kleiner Drache mit drei Augen; vier helle Sterne bilden ein Trapez; am Nordende sind bei 28× noch drei Sterne zu sehen; bei 134× sind im »Kopfbereich« noch eini- ge Sterne erkennbar. Frank Lange

114/900-Newton: fst 4m; der Sternhaufen ist nicht leicht zu finden und kaum als sol- cher erkennbar. Am besten, man geht in CCD-Bild, Harald Strauß. der Mitte der gedachten Linie von Procyon zum linken Gürtelstern von Orion etwa 3° 2301 durchgeführt [10]: Bei neun Ster- Richtung Sirius. Der Sternhaufen hat im nen konnten Helligkeitsvariationen fest- Groben eine Ähnlichkeit mit dem Sternbild gestellt werden, darunter auch zwei Ver- Perseus. Man sieht eine Kette von 7 oder änderliche vom recht seltenen Typ Gam- 8 helleren Sternen, zwischen denen sich ma Dor, deren Untersuchung wichtige einige weniger helle befinden. Von der Aufschlüsse im Bereich der Astroseismik Mitte der Kette steht im rechten Winkel ei- geben können. ne kürzere Sternkette. Der Sternhaufen Jürgen Lamprecht hebt sich kaum von den Sternen der Milchstraße ab. 36×. Andreas Langbein [1] Hoag, A. A. et al: Photometry of stars in galactic cluster fields, Publ. U.S. Naval 120/1020-Refraktor: ein dichter Schwarm Obs. Second Serie 17, 343 (1961) von 15–20 Sternen, 10–13m, 8' im Durch- [2] Grubissich, C., Purgathofer A.: Der galak- messer; drei helle Sterne 7–8m stehen vor Zeichnung, Frank Lange, 4,5"-Newton, 134×. tische Sternhaufen NGC 2301, Zeit. f. dem Haufen und weisen in einer geboge- Astroph. 54, 41 (1962) nen Kette nach Süden; der Haufenkörper rungen an die statistischen Auswerteme- [3] Van Schewick, et al., Veröff. Bonn Nr. 76 besteht aus zwei parallel verlaufenden thoden. Dennoch konnten mittels Photo- (1967) Sternketten; ein helles Nord-Süd ausge- metrie und Astrometrie auf einem Feld [4] Mostafa, A. A. et al: Photometric studies richtetes Pärchen steht im Zentrum, der von etwa 20' schließlich knapp 100 Mit- of the two galactic clusters NGC 2301 helle Stern nördlich davon zeigt einen glieder identifiziert werden [1–7]. Dabei and NGC 2323, J. Astron. Soc. Egypt, 5, schwachen orangen Farbton. wurden in der umfangreichsten Unter- 23 (1983) Ronald Stoyan suchung 900 Sterne im Gebiet des Hau- [5] Aiad, A., Bull. Fac. Sci. Cairo Univ. 54, fens bis zur 17. Größe vermessen, aller- 729 (1986) 130/1040-Refraktor: Nördlich einer Stern- dings kein Mitglied mit einer geringeren [6] Mohan, V., Sagar, R.: Field star contami- kette aus 4 Sternen 9–10m (Nord-Süd an- scheinbaren Helligkeit als 15m gefunden nation in open NGC 2301, geordnet) ist ein kleiner Sternhaufen sicht- [6]. Bei einer Entfernung von etwa 2800 Bull. Astr. Soc. India 16, 159 (1988) bar: über 5' sind mehr als 20 Sterne 10m Lj besitzt er somit eine reale Ausdehnung [7] Marie, M.: Membership in the open clu- bis 11m sichtbar. Wirkt reich und hübsch. von etwa 15 Lj und liegt damit im »loka- ster NGC 2301, Astrophysics and Space Der helle Hauptstern 9m ist weiß und dop- len Arm« unserer Galaxie, also dem Spir- Science 198, 121 (1992) pelt und hat einen Begleiter 10m, etwa 15" alarm, zu dem auch unsere Sonne ge- [8] Baumgardt, H. et al.: Absolute proper entfernt. Das ist h740 bei 6h 51,8min, +0° hört. Damit befindet er sich auch astro- motions of open clusters. I. Observatio- 28'; 35×, 70×. Wolfgang Vollmann metrisch in der Reichweite des Hippar- nal data. Astron. Astrophys., Suppl. Ser. chos-Sateliten: Zwei Veröffentlichungen 146, 251 (2000) 403/1830-Newton: Die seltene Chance zu seiner scheinbaren Bewegung am [9] Dias, W. S. et al.: Proper motions of für mich, einen OC im Sitzen zu beobach-

Himmel sind in [8, 9] zu finden. Über- open clusters within 1 kpc based on the ten (weil recht tief im Südosten). Hier ge- Dieses Dokument ist urheberrechtlich geschützt. Nutzung nur zu privaten Zwecken. Die Weiterverbreitung ist untersagt. einstimmend wird der Haufen von allen TYCHO2 Catalogue, Astron. Astrophys. hört das 27mm Panoptic rein: wunderbar, Autoren als »mittel-alt« bezeichnet, doch 376, 441 (2001) viele Haufensterne zu sehen (40–50), die genauen Angaben schwanken etwa [10] Kim, S.-L. et al.: Search for short-period mehrere Ketten von Sternen ragen wie Ar- zwischen 100–250 Mio. Jahre. Unlängst variable stars in the open cluster NGC me nach außen, vor allem Richtung NO wurde auch eine ausführliche Suche 2301, Astron. Astrophys. 371, 571 und SO, der hellste Stern im Haufenzen- nach Kurzzeit-Veränderlichen in NGC (2001) trum ist deutlich gelb-rötlich. Wilfried Wacker

interstellarum 26 79 Service

Termine

Vorschau interstellarum 27 Februar 22.2.: 3. Astronomie-Treff Hückelhoven (ATH) im Gymnasium Hückelhoven, Hartlepooler derzeit geplant sind unter anderem… Platz, D-41836 Hückelhoven. Referate, Workshops und Verkaufsausstellung astronomischer Geräte. Information: Robert Lebek, Tel.: 02432/81976, E-Mail: [email protected], Internet: www.astroag.de.vu. Produktvergleich Die 8"-Schmidt-Cassegrains in der Praxis März 21.–23.3.: 22. Frühjahrsseminar des Arbeitskreises Meteore e.V. im Schullandheim/Natur- schutzzentrum Annaberg/Erzgebirge. Informationen und Anmeldung: Ina Rendtel, Mehlbee- Transit renweg 5, D-14469 Potsdam, E-Mail: [email protected], Internet: www.meteoros.de. Der Merkurdurchgang vom 7. Mai 14.–15.3.: 2. Radebeuler Beobachtertreffen in der Volkssternwarte Radebeul, Auf den Ebenbergen 10a, D-01445 Radebeul. Information: Astroclub Radebeul e.V., Auf den Ebenber- gen 10a, D-01445 Radebeul, c/o Andreas Krawietz , Tel.: 035203/30059 und 0175/ 2072474, E-Mail: [email protected], Homepage: www.astroclub-radebeul.de.

April 5.4.: 28. Würzburger Frühjahrstagung im Hörsaal des Physiologischen Instituts der Universität, Röntgenring 9, D-97070 Würzburg. Anmeldung: Peter Höbel, Im Föhrenwald 35, D-91054 Erlangen, E-Mail: [email protected]. 11.–13.4.: 5. Deep Sky Tagung (DST 2003) auf dem Eisenberg bei Bad Hersfeld. Anmel- dung: Klaus Veit, Schafhofstr. 6, 90556 Cadolzburg, [email protected]. Informationen unter www.deepsky-tagung.de und auf Seite 11 in diesem Heft. 12.–20.4.: 25. Astronomisches Abenteuer-Camp in Mehr am Niederrhein. Preis: ca. 150,– €. Information und Anmeldung: Felix Kröger, Wiesenweg 31a, D-53121 Bonn, Tel.: 0228/6202667, E-Mail: [email protected], AAC im Internet: Digitalkameras www.sternwarte-moers.de/Leistungen/AAC/aac.html. Technik für die Deep-Sky-Fotografie Weitere Informationen: Teleskoptreffen und Starparties: www.teleskoptreffen.de, www.teleskoptreffen.ch Astronomisches Fernsehprogramm: Manfred Holls TV-Astro Guide unter home.t-online.de/home/m.holl/tvguide.htm Foto- und Kamerabörsen: www.fotoinfo.de/termine/boerse.htm und www.internet-foto.de/deu/termine

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