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30. November 2017 Für Objektverzeichnis Ausgewählte Objekte 280 bitte aufklappen Object index on reverse of flap Ausgewählte Objekte Auktion Nr. 280 Berlin, Donnerstag, 30. November 2017 um 11 Uhr Herbst 2017 Ausgewählte Objekte ORANGERIE ORANGERIE. Selected Objects, Auction No. 280 Berlin, Thursday, 30 November 2017 at 11 a.m. grisebach.com Emil Lettré 250 - 312 315 323 331 339 346 354 362 369 376 250 316 324 332 340 347 355 363 A-I 370 A 377 255 317 325 333 341 348 356 364 370 B 378 264 318 326 334 342 349 357 365 A 371 379 267 319 327 335 343 350 358 365 B 372 380 300 320 328 A 336 344 351 359 366 373 381 313 321 328 B 337 345 A 352 360 367 374 382 Alexis Poitevin, Detail, Los 325 314 322 329 338 345 B 353 361 368 375 383 ALL ART HAS BEEN CONTEMPORARY Maurizio Nannucci, 2005 Ausgewählte Objekte 30. November 2017, 11 Uhr Selected Objects 30 November 2017, 11 a.m. Experten Specialists Dr. Stefan Körner +49 30 885 915 64 [email protected] Patrick Golenia +49 30 885 915 4414 [email protected] Zustandsberichte Condition reports [email protected] Grisebach — Herbst 2017 Vorbesichtigung der Werke Sale Preview Berlin 24. bis 28. November 2017 Grisebach Fasanenstraße 25, 27 und 73 10719 Berlin Freitag bis Montag 10 bis 18 Uhr Dienstag 10 bis 15 Uhr Stefan Körner Emil Lettré. Die Wiederentdeckung des Artisans der Poeten und Goldschmieds der Goldenen Zwanzigerjahre Er hatte Rilke den Kopf verdreht, dieser junge Goldschmied aus Hanau, der mit seinem Handwerk kurz nach 1900 die Welt erobern wollte. Emil Lettré besuchte damals die Münchner Kunstgewerbeschule und beschwor diese Zeit später: „es waren glückliche Jahre – die sich wie ein Segen auf mich auswirkten – von da ab wusste ich – um was es sich auf der Erde handelt [...], ich hatte Freundschaft mit Rainer Maria Rilke und las Nietzsche“.1 Der Poet wiederum war ergriffen von Lettrés brennender Hingabe an das Metall, an Gold, Silber und Edelsteine. Sein Leben lang trug er die Man- schettenknöpfe, die ihm Lettré in diesen Jahren gefertigt und geschenkt hatte und die bis heute in der Familie wie Heiligtümer von Generation zu Generation weitervererbt werden. Es heißt, dass Rilke sich damals sogar fast selbst entschlossen hätte, Goldschmied zu werden. Doch stattdessen schrieb der Poet 1906 das Gedicht „Der Goldschmied“, in dem die Schöpferkraft des Handwerkers und die Urkraft der edlen Materialien beschworen wurden. Vorbild war sein Freund Lettré, den Rilke einen „artisan“ nannte, denn Lettré wurde der Goldschmied der Poeten der Goldenen Zwanziger. Drängend von Hanau in die Welt Lettrés Hingabe an das Material war erotisch, wie er selbst sag- te. Das Goldschmiedehandwerk war Teil seiner DNA, stammte er doch aus dem deutschen Goldschmiede- und Schmuckzentrum Hanau. Trotzdem war der Weg für den 1876 Geborenen keines- wegs vorgezeichnet: Von einer hugenottischen Handwerkerfa- milie abstammend, kam er „aus der Gosse“, wie er kokett bemerkt haben soll.2 In Hanau stand damals vieles im Zeichen von Historismus und Serienanfertigung. Es war sein vorwärts- drängendes Temperament, das Lettré nach Lehrjahren an der Larissa Hofmann: Lettré cross over, Fotografie, 2017 dortigen Königlichen Zeichenakademie in die Welt zog: Über Wien, Budapest, Zürich und Nizza nach Paris, in das Goldschmiedezentrum der damaligen Welt. Bild links: Eduard Pfeiffer: In der französischen Hauptstadt begann zu dieser Zeit gerade der Glanz und Katalog-Titel für Emil Lettré, Berlin, um 1910 Rausch des Art Nouveau. Besonders die Kreationen des Goldschmieds René Lalique (1860–1945) machten den neuen Stil auch für den Schmuckbereich legen- där. Im Kontext der großen Pariser Weltausstellung von 1900 arbeitete Lettré in diesem Umkreis und zeigte sich doch von Laliques Entwürfen eher abgestoßen, denn für ihn waren sie nur „romantischer Naturalismus – ein Schwelgen in Email – Goldschmied ohne Handwerk – man spürte nicht das Werkzeug“. Handwerklich wurde Lettré dem französischen Großmeister im deutschen Feuilleton dieser Tage bereits als ebenbürtig betrachtet. Zugleich wurde aber auch schon auf die Individualität des deutschen Jungtalents hingewiesen, das spielerisch historische Vorbilder für neue Kreationen nutzte und dem dabei Materialgerechtigkeit und Klarheit am Herzen lagen.3 Erstmals loderte hier der Wettstreit des jungen deut - schen Goldhandwerkers mit dem großen Ornamentzauberer des französischen Jugendstils auf, der ihn ein Leben lang begleiten sollte. Bald zog es Lettré vom gekünstelten Paris weiter ins – wie er es nannte – „bukoli- sche München“, wo er sich, seinem Credo „Geschmack ist gepflegter Wirklich- keitssinn“ folgend, an der Kunstgewerbeschule weiter ausbilden lassen wollte. Vor allem scheint Lettré in München jedoch der Kontakt zu einer Gruppe von jungen englischen Architekten inspiriert zu haben, für die die wirtschaftlich und kulturell aufblühende Hauptstadt Bayerns reiche Anregung und Beschäftigung bot: Über John A. Campbell (1878-1947), der von der Möbelbaufirma Pössenbacher nach München geholt worden war, kam Lettré in Kontakt zu Schülern von William Mor- ris, den Lettré als „Troubadour des Handwerks“ heiligte. Morris‘ Arts and Crafts- Bewegung, die sich in handwerklicher Könnerschaft gegen die Massenproduktion des Maschinenzeitalters stellte und aus der historischen Verbundenheit zu Mate- rial und klassischem Formenkanon lebte, wurde zur Offenbarung für ihn. Rückbli- ckend schrieb Lettré über Morris, er „verdanke ihm Qualitätssinn und dass ich mich selbst gefunden“ habe. Am elementarsten für den aufstrebenden Gold- schmied war jedoch die Bekanntschaft und Lebensfreundschaft mit dem Archi- tekten Eduard Pfeiffer (1889-1929), dessen gestalterische Fähigkeiten Lettré über alle Maßen schätzte: „wenn ich einem genialen Menschen Kränze flechten darf – dann ihm – er war mein Architekt.“4 Pfeiffers Illustrationen zu Lettrés um 1912 herausgegebenem Katalog mit Silberkunstwerken5 zeigen die innige Verbunden- heit und klare Mission der energisch auftretenden Gruppe: einer Art „Künstler- sekte, die auf eigenen Pfaden hartnäckig und still einem Sehnsuchtsbild nachge- gangen ist, während ringsumher der Tumult der ‚modernen Bewegung’ tobte.“6 Gemeint war damit der sogenannte Amerikanismus, gegen dessen schnörkelige Veräußerlichung auch El Lissitzky in seinem berühmte Essay Sturm lief und gegen den die Münchner Künstlerfreunde die poetische Kraft des reinen Handwerks stellten. In diese Ideen zur Weltverbesserung stimmte auch Rainer Maria Rilke ein, als er Harry Graf Kessler über Lettré anvertraute: Ich „habe ihn arbeiten gesehen; vor diesen stillen Gegenständen und dem Schaffen des Handwerkers habe er Eduard Pfeiffer: Entwurf einer 7 Silbervitrine für Lettré, um 1905 empfunden, daß hier der richtige Weg sei“. Aufsteigend im kaiserzeitlichen Berlin Im wilhelminischen Berlin sollte Lettré nun Karriere machen: 1905 berief ihn Alfred Messel (1853–1909) in die Reichshauptstadt, um am sogenannten Kronprin- zensilber, einem Geschenk der Städte zur Hochzeit von Kronprinz Wilhelm, mitzu- wirken. Doch die Arbeiten zogen sich hin und so konnte Lettré in seinem kleinen Atelier Unter den Linden Schmuck und Silberarbeiten fertigen, die meist von Eduard Pfeiffer, aber auch von Bruno Paul (1874-1968) entworfen wurden. Letzterer bestimmte Lettré später zum Ent- werfer der Gebrauchsobjekte des Kronprinzensilbers, wo dieser klassisch-antikische Motive wie Palmetten und Akanthus zum gestalterischen Einsatz brachte. Als ihm jedoch die Kunstkommis- sion allzu sehr in seine Arbeit hineindirigierte, schied Lettré 1911 aus dem Mammutprojekt aus. Leisten konnte er sich das – denn Lettrés Schmuck wurde inzwischen bei Ausstellungen im Kunstge- werbemuseum gezeigt,8 vom Feuilleton als „meisterlich, ganz meisterlich“9 bejubelt. 1907 feierte er mit einer Einzelausstellung seiner Werke im berühmten Salon Eduard Schulte Unter den Lin- den 75 – mit einem Plakat von dem Plakatgestalter der Neuen Sachlichkeit, Lucian Bernhard (1883 –1972) – seinen Durchbruch als exzentrischer Star unter den Goldschmieden: „Damals schon galt er als ein etwas drolliger, außenseiterischer Geselle, dem man Emil Lettré (Ausführung): Gebrauchssilber des sog. Kronprinzensilbers – (Besteck von mancherlei nachsah. Er hatte bald eine auserwählte Kundschaft, Theodor Wende), Fotografie, um 1910 die rasch gemerkt hatte, daß hier ein originelles Genie am Werk war.“10 Industriel- le wie Alfred Krupp, der Kaiser und die feine Gesellschaft kauften beim knapp über 30-jährigen Jungstar, der mittlerweile auch selbst ausbildete – so lernte 1910 etwa der später berühmte Silberdesigner Harry George Murphy (1884-1939) bei Lettré Unter den Linden. Grisebach — Herbst 2017 Lettré gefiel sich als Dandy der Berliner Gesellschaft, der die englische Lebensart pflegte und einen Berliner Parforce Club gründete, in dem er dekadente Jagden im roten Rock anführte. „Über die meisten der zehn Gebote“, schrieb er später, „kam ich leichten Herzens hinweg und so der Schöpfung näher“. So ritt er zum kunstsinnigen Johannes Guthmann auf dessen Gut Neukladow, brachte „zur far- bigen Belebung der Anlagen“ zwei Goldfasane mit und traf dort Max Slevogt und Max Liebermann. Ähnlich schillernd war auch Lettrés Kunst dieser Jahre, von der sich nur sehr wenig erhalten hat. Eine Einladung des Großherzogs von Hessen, auf die Mathil- denhöhe zu ziehen, lehnte Lettré selbstbewusst ab, hatte er doch bereits 1907 mit Richard Riemerschmid und Peter Behrens den Deut- schen Werkbund mitbegründet. Lettrés Engagement für die materi- algerechte Formgebung fand darin Ausdruck, dass es in seiner Werk-