Transzendentalliberalismus
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Ralf Andreas Herbst Transzendentalliberalismus Eine Analyse der praktischen Vernunft anhand der politischen Theorien von Rawls, Fichte und Kant 2 | Vermerk gemäß Promotionsordnung: Bei dieser Arbeit handelt es sich um eine beim Fachbereich 1 (Philosophie) der Fakultät für Geisteswissenschaften der Universität Duisburg-Essen von Ralf Andreas Herbst, B.Sc. M.A., geboren in Düsseldorf, vorgelegte Dissertation zum Erwerb des Grades Dr. phil.; Datum der mündlichen Prüfung: 14.11.2012; Namen der Gutachter: Frau Prof.in Dr. phil. Carola Freiin von Villiez, Herr Prof. Dr. phil. Dr. h. c. lic. phil. Carl Friedrich Gethmann. Vermerk zu Bild auf Schutzumschlag: Ort des Austauschs, des Studiums und der Entwicklung (O.A.S.E.) © Universitätsklinikum Düsseldorf, Unternehmenskommunikation. Zitation und Bibliografie: Schreibtipps der Schreibwerkstatt des Institut für Optionale Studien der Universität Duisburg- Essen unter Berücksichtigung von fachspezifischen Besonderheiten. Datenschutz: Hinweise der Universitätsbibliothek Duisburg-Essen. | 3 Transzendentalliberalismus Eine Analyse der praktischen Vernunft anhand der politischen Theorien von Rawls, Fichte und Kant Inauguraldissertation zur Erlangung der Doktorwürde (Dr. phil.) des Fachbereich Geisteswissenschaften der Universität Duisburg-Essen Vorgelegt von Ralf Andreas Herbst, B.Sc. M.A. [Die personenbezogenen Daten sind aus Gründen des Datenschutzes auf dieser Seite nicht enthalten.] Duisburg und Essen 2010 4 | Meiner Familie gewidmet | 5 „Es zwingt sie [die verantwortlichen Ärzte, RAH] zu einer ‚Rationierung‘ von Leistungen, damit zu Auswahl- und Zuteilungsüberlegungen, zu einer Güterab- wägung, um Verteilungsgerechtigkeit herzustellen. Das liegt jenseits des ärzt- lichen Auftrags, allen Kranken ohne Ansehen von Person und Alter jederzeit und schnell die für sie in Betracht kommende Heilbehandlung zu gewähren“.1 Vorwort Die vorliegende Dissertation beruht auf einem Promotionsstudium in Angewandter Ethik an den Universitäten Bonn und Duisburg-Essen jeweils in Verbindung mit dem An-Institut für Wissenschaft und Ethik in Bonn und Essen unter den conditiones sine quibus non der Ver- mittlung von Herrn Prof. Dr. phil. Wolfram Hogrebe und des Stipendiums von Herrn Heiner Ruppik von der Firma Exid e. Kfm. in den Jahren 2002 bis 2006. Fachliche Hinweise gaben Herr Prof. Dr. phil. Dr. h. c. Ludger Honnefelder, Herr Prof. Dr. phil. Christoph Horn, Herr Prof. Dr. phil. Ludwig Siep und Herr Prof. Dr. phil. Dieter Sturma. Herr Prof. Dr. phil. Hel- mut Girndt und Herr Prof. Dr. phil. Jacinto Rivera de Rosales luden zu Kongressen für Trans- zendentalphilosophie am Inter-University Centre Dubrovnik (Kroatien) ein. Der Redaktions- schluss für die Berücksichtigung von Forschungsliteratur war das Jahr 2006; im Vorwort der vorliegenden Dissertation konnte die Entwicklung bis zum Jahr 2010 verfolgt werden. Das Promotionsstudium wurde zwischen Studien in Geistes-, Rechts- und Wirtschaftswis- senschaften mit Schwerpunkten in Ethik, Wirtschaftsrecht und Betriebswirtschaftslehre an den Universitäten Düsseldorf und Hagen sowie einem Auslandsaufenthalt an der Universität Tunis (Tunesien) durchgeführt, deren Abschlussprüfer Herr Prof. Dr. phil. Lutz Geldsetzer und Herr Prof. Dr. phil. Dieter Birnbacher, Herr Prof. Dr. jur. Eberhard von Olshausen und Herr Prof. Dr. jur. Ulrich Eisenhardt, Herr Prof. Dr. rer. pol. Heinz-Dieter Smeets und Frau Prof.in Dr. rer. pol. Ulrike Neyer waren. Das Studium Universale fand in Medizinethik und –geschichte statt. Anschließend befürwortete Herr Prof. Dr. phil. Jörg Vögele auf Empfehlung von Herrn Prof. Dr. med. Rüdiger E. Scharf und mit Weiterleitung von Herrn PD Dr. med. Heiner Fangerau die Aufnahme zum freien Mitarbeiter im Institut für Geschichte der Medizin am Universitätsklinikum Düsseldorf, das mit der sog. O.A.S.E. eine neue, architektonisch beachtliche Fachbibliothek besitzen wird. Herr Ringler von der Medienzentrale erlaubte die Verwendung eines Archivbildes für den Schutzumschlag der vorliegenden Dissertation, Herr Dipl.-Ing. Siawash Mahabadi vom Uni-Kopiercenter besorgte deren Druck und Bindung. Der Anlass der vorliegenden Dissertation sind ethische Reflexionen in der Entwicklung von Medizin. Ein Gesundheitswesen auf hohem Niveau erfordert neue Handlungsoptionen für 1 Vgl. Wiesing (1991), 109; zit. n. Vogt (1998), 663–664. 6 | den verantwortungsvollen Umgang mit knappen Ressourcen. Die Ursachen der Mittelknapp- heit liegen im demografischen Wandel und medizinisch-technischen Fortschritt. Die ethische Dimension daran ist, dass Gesundheit ein besonderes Gut darstellt; sie ist Voraussetzung für die gute und gelingende Umsetzung von menschlichem Leben, Wohlergehen und Selbstbe- stimmung. Die neuere Medizinethik nennt Ausgabenerhöhung, Rationalisierung, Rationierung und Priorisierung als Optionen, um der Mittelknappheit im Gesundheitswesen zu begegnen. Wenn Proponenten Rationierung favorisieren, halten sie Ausgabenerhöhung für nur begrenzt durchführbar, sehen Rationierung für ausgeschöpft an und lehnen Priorisierung als vermeint- lichen Leistungsausschluss ab. Um stattdessen ihre Option zu rechtfertigen, berufen sie sich häufig (mittelbar über Marckmanns ethischen Kohärentismus und Danielsʼ egalitären Libera- lismus) auf Rawlsʼ normativ-deskriptiven Theorieansatz, wobei sie mit dem Begriff normativ nicht präskriptiv, sondern durchschnittlich meinen und den Begriff deskriptiv zur Wahrung des Anspruchs der Ethik als philosophische Disziplin richtigerweise nicht erwähnen: Im Hin- blick auf die zur Gleichheit bzw. Chancengleichheit avancierte Gerechtigkeit als normativer Leitbegriff sei es besser, allen Versicherten bzw. Patienten einen begrenzten Zugang zu medi- zinischer Versorgung zu gewähren als einigen einen unbegrenzten zu ihr. Dieser zunächst plausiblen Behauptung von vertragstheoretischer und egalitaristischer Prä- gung ist kontradiktorisch eine Frage entgegenzustellen: Soll im sog. Fall X aus ethischer Sicht ein Arzt seinem Patienten eine zweite Tablette aus Kostengründen vorenthalten, obwohl sie medizinisch indiziert ist wie die erste? Die aufgeworfene Frage lässt sich im rationalen Dis- kurs unter Anerkennung der Rationalitätsprinzipien mindestens von Diskursivität und Dis- kurskompetenz aufklären; damit wiederum lässt sich gegen die vorgebrachte Behauptung op- ponieren. Dabei ist diskursiv zu verfahren, ob Rationierung ethisch vertretbar ist, das heißt, es sind erstens die formalen und materialen Kriterien aufzuzählen, zweitens Formen der Ratio- nierung wie die explizite Form in ihren Erscheinungen wie die kostensensiblen Leitlinien zu nennen und drittens die Formen (meist werden 6 genannt bzw. 3 Gegensatzpaare) an den Kri- terien (meist werden 12 aufgezählt, davon 9 formale und 3 materiale) zu prüfen. Das vernünf- tige Durchschreiten in einer Argumentationskette, in der Geltungsansprüche (es ergeben sich in diesem Fall 72 Schritte) eingelöst werden, zeigt, dass alle Formen der Rationierung — es lassen sich ggf. weitere finden, die Schritte würden nur zahlreicher ausfallen — aufgrund von Verstößen gegen die zugrunde liegenden Kriterien ethisch nicht vertretbar sind. Zur Erläuterung: Der philosophische Laie mag sich das so vorstellen, dass zunächst eine Form von Rationierung wie die explizite Form hingestellt und in seinen Ursachen und Wir- kungen für das Gesundheitswesen erläutert wird; solche Formen begrenzen auf eine bestimm- | 7 te Art und Weise medizinische Leistungen, wobei jeweils auch das Gegenteil von ihnen wie die implizite Form vorstellbar ist und sich dadurch Gegensatzpaare wie explizit-implizit erge- ben. Dann wird der Kriterienkatalog mit Bestandteilen wie Transparenz, Begründung, Evi- denzbasierung usw. zur Hand genommen und als verbindlich für die Form von Rationierung angesehen; solche Kriterien sind die zu nehmenden Hürden für die Rationierung, weil sie im Hinblick auf das Wohl der Versicherten bzw. Patienten absolut unverzichtbar sind. Schließ- lich kommt es zu einer sachlichen Auseinandersetzung, indem die Form von Rationierung an den Kriterien geprüft wird, und sie muss allen von ihnen Stand halten; falls sie auch nur eines von ihnen nicht erfüllt, ist sie ethisch nicht vertretbar. Dieses Verfahren wird für alle Formen von Rationierung durchgeführt und ein entsprechendes Ergebnis festgestellt. In der Philoso- phie lässt sich das konventionell mit der von Aristoteles begründeten Logik als ihre formale Disziplin durch die zwei starken Modi der ersten Figur, die Syllogismen Barbara (AAA) und Celarent (EAE), abbilden ― je nachdem, wie der Inhalt des Prädikats lautet. Der Grund für diese Schlüsse ist, dass ein Definiens von Rationierung Kosten sind, die als Merkmal des all- gemeinen Gattungsbegriffs Rationierung allen ihren Formen mit jeweils spezifischen Diffe- renzen zugrunde liegen. Kosten allerdings — das hat der Laie manchen Experten voraus, für die dieser Begriff ein schwieriges, oft unbekanntes Definiendum zu sein scheint — können zwar Effizienz, nicht aber Gesellschaftsentwürfe aufzeigen. Stattdessen sind die anderen genannten Optionen zur Begegnung der Mittelknappheit im Gesundheitswesen zu eruieren und ggf. weitere zu erforschen. Allerdings gibt es neben dem Gesundheitswesen noch andere Bereiche in der Sozialpolitik. Doch besteht mit ihm die Per- spektive auf die Krankenversicherung als ein Zweig der Sozialversicherung, über deren Re- form der Reform seit ihrer Einführung unter Bismarck in Wissenschaft, Politik und Gesell- schaft diskutiert wird. An der Sozialphilosophie eröffnet sich ein Anwendungsgebiet, mit dem sich Mediziner, Juristen