Guiseppe Becce (1877-1973) Lendorfplatz, Dirigierte Zudem in Anderen Berliner Manchmal Unter Den Pseudonymen: Kinos
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www.filmmusik.uni-kiel.de Kieler Beiträge zur Filmmusikforschung / Filmkomponisten Copyright für diese Ausgabe by Hans J. Wulff. Letzte Änderung: 30.3.2008. Zuerst veröffentlicht in: Kieler Beiträge zur Filmmusikforschung 1, 2008, S. 178-183. URL dieser Online-Ausgabe: http://www.derwulff.de/6-19-6. Guiseppe Becce (1877-1973) lendorfplatz, dirigierte zudem in anderen Berliner manchmal unter den Pseudonymen: Kinos. Er schrieb die Musiken zu einigen der bedeu- tendsten deutschen Stummfilme (darunter Der müde Peter Bechstein, Dr. Bechstein, Peter Tod, 1921, Fritz Lang; Der letzte Mann, 1924, Fried- Becker rich Wilhelm Murnau; Geheimnisse einer Seele, 1926, Georg Wilhelm Pabst; Abenteuer eines Zehn- markscheins, 1926, Berthold Viertel). Biographie Von größter Bedeutung ist die publizistische Rolle, Guiseppe Becce wurde am 3.2.1877 in Lonigo bei die Becce in den 1920ern gleich in mehreren Berei- Vicenza in Italien geboren. Er hatte 6 Geschwister. chen spielte. Sein musikalisches Talent wurde schon als Kind ent- - Er gründete 1921 das Kinomusikblatt, das 1926 in deckt. In Padua lernte er Cello und Flöte spielen. Be- Film-Ton-Kunst umgetitelt wurde und 1927 zum of- reits im Alter von 20 arbeitete er als Dirigent des fiziellen Mitteilungsblatt der Branche der Filmkom- Universitätsorchesters, studierte dabei Geographie ponisten wurde. und Philologie. 1900 kam er nach Berlin, setzte sein - In den Jahren zwischen 1919 und 1929 veröffent- Geographie-Studium fort, belegte aber auch Semina- lichte er seine Kinobibliothek (später verkürzt auf: re in der Musik (bei Leopold Schmidt und Arthur Kinothek) - ein vielbändiges Sammelwerk, das er als Nikisch), die immer mehr zum Lebensmittelpunkt Baukasten zur Komposition von Stummfilmmusik wurde. Außerdem schrieb Becce in den 1910er Jah- verstand. Die Kinothek enthielt Versatzstücke für al- ren Kriegs- und Kriminalromane (z.T. unter dem lerlei typische Stummfilmszenen. Der Pianist konnte Pseudonym „Peter Becker“). 1910 hatte die erste nun je nach Film-Szene auf die programmatischen Oper (Das Bett der Pompadour) Premiere. Becce Titel der Kinothek zurückgreifen (wie: Popolo gio- heiratete die Schriftstellerin Emma Woop, die viele condo / Lustiges Volk, Fuga comica / Komische Jahre später Texte für seine Lieder schrieb. Fuge, Marcia solenne / Feierlicher Aufmarsch u.a.m.) und entsprechende Musik durch unmittelba- 1913 lernte Becce den Filmproduzenten Oskar Mes- res Nachspiel der Becceschen Stücke oder durch de- ster kennen, der mit Hunderten von „Tonbildern“ ren Variation auf den Film abstimmen. Becce machte (frühen Tonfilmen, deren Ton auf Walze aufgezeich- als Hilfe für Filmleute, die keine Noten lesen konn- net war) Erfahrungen mit Ton/Musik-Film gesam- ten, sogar eine Schallplattenaufnahme seiner Kino- melt hatte. Messter suchte einen Komponisten für thek-Stücke. Die Kinothek wurde ein großer Erfolg - ein Richard-Wagner-Biopic, der ihm Musiken im aber sie wurde auch massiv kritisiert, weil sie durch Wagner-Stil arrangierte (die Lizenzgebühren, die die die modulare Aufsplitterung der Szenenfolge die Wagner-Erben für Originalmusiken verlangten, wa- sinnhaften Zusammenhänge zwischen den Szenen ren exorbitant hoch). [Die Anekdote ist mit Vorsicht zerstöre und zu einer Art industrieller Stereotypisie- zu genießen, weil Becce schon 1911 einen Film von rung und Standardisierung der Filmmusik führe. Die Messter vertonte.] Der Erfolg des Films Richard ursprüngliche Intention der Kinothek (wie ähnlich Wagner (1913) war der Beginn einer jahrelangen gelagerter Projekte) stand dem allerdings genau ge- Kooperation zwischen Meßter und Becce - Becce di- genüber - es ging um die Befreiung der Musikbelei- rigierte für die Messter-Filmproduktion das Orches- tung von der Willkür des "Manns am Klavier", ihre ter im Mozartsaal, schrieb die Musiken zu den Hen- Aufwertung zur Kunst; nicht zufällig entstehen die ny-Porten-Filmen. In den 1920ern stieg er zum Lei- Kinotheken parallel zum sozialen und künstlerischen ter der Ufa-Musikabteilung auf und übernahm die Aufstieg des Kinos resp. des Films. Leitung des Orchesters des Ufa-Pavillons am Nol- - 1927 entstand in Kooperation mit Hans Erdmann 1926 Abenteuer eines Zehnmarkscheins, Berthold das Allgemeine Handbuch der Filmmusik, eine Viertel. Sammlung von ca. 3.000 Musik-Stücken, die zur 1926 Der Geiger von Florenz, Paul Czinner. 1926 Die letzte Droschke von Berlin, Carl Boese. Begleitung stichwortartig beschriebener Filmsitua- 1926 Geheimnisse einer Seele, Georg Wilhelm Pabst. tionen vorgeschlagen werden, und das heute wie 1926 Die keusche Susanne, Richard Eichberg. eine Summa der Konventionen der Stummfilmmusik 1930 Der Sohn der weissen Berge (aka: Das Geheim- gelesen werden kann. nis von Zermatt, aka: Die drei Pioniere vom Matterhorn, aka: Der Herr der Berge, aka: Die Musketiere des Matter- horn), Mario Bonnard. Mit dem Tonfilm wurde Becce einer der meistbe- 1930 Das alte Lied, Erich Waschneck. schäftigten deutschen Filmkomponisten. Er strebte 1930 Die weiße Hölle vom Piz Palü, Georg Wilhelm eine möglichst enge Verbindung von Bild und Ton Pabst, Arnold Fanck. an, arbeitete in allen Genres, in denen er dieses Prin- 1930 Skandal um Eva, Georg Wilhelm Pabst. 1931 Berge in Flammen, Karl Hartl, Luis Trenker. zip gleichermaßen zu verwirklichen suchte. Wie 1932 Das Blaue Licht, Leni Riefenstahl. schon in den Stummfilmen versuchte Becce, seine 1932 Der Rebell, Kurt Bernhardt, Luis Trenker. Musiken den Schnittfolgen der Filme genau anzu- 1933 Extase (Symphonie der Liebe, CSR/Österreich passen - er nutzte dazu eine Vielzahl kleiner und 1933), Gustav Machaty. kleinster Elemente, arbeitete mit musikalischen 1933 Hans Westmar (aka: Einer von vielen - Horst Wessel), Franz Wenzler. Mini-Szenarien, die genau auf Bildlängen und -über- 1933 Gipfelstürmer, Franz Wenzler. gänge abgestimmt waren. Anklänge an Wagner-Har- 1934 Der verlorene Sohn, Luis Trenker. moniken sind mit Elementen volkstümlicher Musik 1934 Der ewige Traum (aka: Der König vom Mont (Kurkonzerte, Kaffeehäuser etc.) gemischt. Bekannt Blanc), Arnold Fanck. wurden die Musiken zu den Natur- und Bergfilmen 1934 Peer Gynt, Fritz Wendhausen. 1935 Künstlerliebe, Fritz Wendhausen. von Arnold Fanck, Luis Trenker und Leni Riefen- 1936 Ein seltsamer Gast, Gerhard Lamprecht. stahl, die die Dramatik der Handlung intensiv unter- 1936 Der Kaiser von Kalifornien, Luis Trenker. streichen und bis heute wie eine Laut-Folie der 1936 Die Stunde der Versuchung, Paul Wegener. Landschaften wirken. 1941 kehrte Becce nach Itali- 1937 Der Berg ruft, Luis Trenker. en zurück, nahm aber nach dem Weltkrieg seine Ar- 1937 Condottieri (Deutschland/ Italien 1936/37), Luis Trenker. beit in Deutschland wieder auf. Er lebte zunächst in 1937 Die gelbe Flagge, Gerhard Lamprecht. München und Südtirol (wo er erneut mit Trenker zu- 1937 Stimme des Herzens (aka: Der Sänger ihrer Ho- sammenarbeitete), später in Berlin. Er komponierte heit), Karl Heinz Martin. bis in die 1970er hinein. 1962 erhielt er das Ver- 1938 Liebesbriefe aus dem Engadin, Werner Klingler, dienstkreuz der BRD; 1971 wurde er mit dem Film- Luis Trenker. 1938 Der Spieler (aka: Roman eines Spielers), Ger- band in Gold für sein Lebenswerk geehrt. Er starb hard Lamprecht. am 5.10.1973 in Berlin. 1939 Salonwagen E 417, , Paul Verhoeven. 1939 Die Frau im Strom, Gerhard Lamprecht. 1940 Der Feuerteufel, Luis Trenker. Filmographie 1941 Clarissa, Gerhard Lamprecht. 1943 Im Banne des Monte Miracol, Luis Trenker (UA: Eine umfassende Filmographie findet sich in dem Pero- 1948). naleintrag zu Becce in: CineGraph, Lfg. 10, o.J., pp. F1- 1949 Bergkristall (aka: Der Wildschütz von Tirol), Ha- F15, sowie online in der Datenbank www.filmportal.de. rald Reinl. 1950 Gesetz ohne Gnade, Harald Reinl. 1951 Straße zur Heimat, Romano Mengon. Filmographie (Auswahl) 1951 Weiße Hölle Mont Blanc (aka: Nacht am Mont- blanc, aka: Fegefeuer der Liebe, aka: Schmuggler am 1913 Richard Wagner, Carl Froelich, William Wauer. - Mont Blanc), Harald Reinl. Auch als Darsteller. 1952 Der Herrgottschnitzer von Ammergau, Harald 1920 Kohlhiesls Töchter, Ernst Lubitsch. Reinl. 1921 Der müde Tod (Ein deutsches Volkslied in 6 Ver- 1952 Hinter Klostermauern, Harald Reinl. sen), Fritz Lang. 1953 Der Haflinger-Sepp (aka: Junges Herz voll Lie- 1923 Die Buddenbrooks -- Musik: be), Paul Ostermayr. 1924 Der letzte Mann, Friedrich Wilhelm Murnau. 1954 Hänsel und Gretel, Walter Janssen. 1925 Wege zu Kraft und Schönheit, Nicholas Kauf- 1954 Rotkäppchen, Walter Janssen. mann, Wilhelm Prager. 1955 Das Schweigen im Walde, Helmut Weiss. 1925 Tartüff, Friedrich Wilhelm Murnau. 1955 Über Tal und Wolken, Wolfgang Gorter. 1956 Jäger von Fall, Gustav Ucicky. 1957 Der Edelweisskönig, Gustav Ucicky. Mitteilungsorgan der "Gesellschaft der Filmmusik-Auto- 1958 Der Schäfer vom Trutzberg, Eduard von Borso- ren Deutschlands e.V.". dy. Becce Guiseppe: Wie das “Kinomusikblatt” entstand. In: Film-Tom-Kunst 6,1, 15.4.1926. Erdmann, Hans / Becce, Giuseppe / Brav, Ludwig: Allge- Literatur meines Handbuch der Film-Musik. Unter Mitarbeit v. Ludwig Brav. Berlin-Lichterfelde: Schlesinger’sche Buch- und Musikhandlung 1927. Becce, Guiseppe: Die Telegraphistin. Original-Kriegsro- man. Dresden: Mignon-Verl. [1915], 96 S. (Mignon-Ro- ¬ 1. Musik und Film. Verzeichnisse, XI,155 S. mane. 97.). ¬ 2. Thematisches Skalenregister, 226 S. —: Die Stimme der Heimat. Original-Kriegsroman. Dres- den: Mignon-Verl. 1915, 96 S. (Mignon-Romane. 111.). —: Das Goldschiff. Dresden: Mignon-Verl. [1915, 95 S. Anon.: Un pioniere del commento musicale del film Giu- (Mignon-Romane. 125.). seppe Becce. In: