Sagen Im Limesgebiet Zwischen Neckar Und Main
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Sagen im Limesgebiet zwischen Neckar und Main Von Wolfgang Palm, Mosbach Unser badisches Hinterland wird von zwei alles, was gefunden und beobachtet wird, zu Strecken des römischen Grenzwalles (Limes) erfassen und richtig einzuordnen. berührt. Die älteste dieser Linien ist jene Doch auch frühere Geschlechter haben sich von Wimpfen über Neckarburken, Ober über diese einzigartig große Befestigung, die scheidental, Schlossau nach Wörth am Main. durch ihre Felder und Wälder zog, ihre Ge Die jüngere Strecke des Limes führt von danken gemacht. Man versuchte sich deren Jagsthausen über Osterburken, Walldürn Entstehung zu erklären und gab seinen Ge nach Miltenberg. danken in Sagen und Flurnamen Ausdruck. Durch die römische Besetzung unserer Ge Beginnen wir unseren Streifzug auf der gend im nordbadischen Raum können zum Strecke Wimpfen—Wörth am Main, die erstenmal genauere Zahlen für das geschicht zuerst württembergisches Gebiet an Neckar liche Geschehen in Odenwald und Franken und Jagst streift. land angegeben werden. Berichte von Ge Als Karl Schuhmacher als Streckenkom schichtsschreibern, Weihesteine mit ihren In missar bei den Reichsgrabungen im Auftrag schriften und Münzfunde ermöglichen von da der Reichs-Limeskommision unweit der an bestimmte Festlegungen. Die Besitznahme Stadt Wimpfen bei Duttenberg an dem Berg erfolgte in verschiedenen Abständen und Dermut die römische Kolonnenstraße un wahrscheinlich gegen den Widerstand der mittelbar bei einem römischen Wachturm hier zurückgebliebenen keltischen und viel der Linie aufdeckte, meinte ein hinzukom leicht auch germanischen Bevölkerungsreste. mender Bauer, der Turm sei der Galgen ge Schon unter Augustus gelingt es römischen wesen, und die Straße ziehe über 8 Stun Truppen, bis in die Gebiete der oberen Do den schnurgerade nach Norden. Das letztere, nau von Süden her vorzudringen. Doch erst offenbar aus alter Volkstradition Geschöpf im Jahre 50 n. Chr. ist das obere Donautal te, war also richtig. In gleicher Weise wer fest in römischer Hand. den auch die in kurzen Abständen immer 25 Jahre später stehen ihre Truppen am wieder zutage tretenden Wachtürme und Neckar bei Rottweil und um 90 n. Chr. bil die Straße zu der allgemein in der Gegend det der Neckar über Cannstatt bis Wimpfen verbreiteten Sage Anlaß gegeben haben, daß den Schluß der nassen Grenze des eroberten die Stadt Wimpfen (= Cornelia) früher Gebietes, um dann als Grenzsperre mit Pali viel größer gewesen sei und viele Stunden sade über Neckarburken, Oberscheidental nach Norden gereicht habe. nach Wörth am Main weitergeführt zu wer Im Flur „Gaisbusdi“ der Gemarkung den. Rund 60 Jahre hatte dann dieser Oedheim, 5 km östlich von Duttenberg lie Neckar-Odenwald-Limes Gültigkeit, bis um gen nahe der uralten „Hohen Straße“ rö 150 n. Chr. die Sperre vier bis fünf Stunden mische Baureste. Von Zeit zu Zeit, nament weiter östlich in die Linie Jagsthausen, Oster lich im Advent und in der Fastnachtszeit, burken, Walldürn, Miltenberg vorgeschoben so erzählt man, glänzt bis spät in der Nacht wurde. ein Licht in der Nähe der Stelle, wo die rö Seit zweihundert Jahren beachtet man die mische Niederlassung sich befindet, die das Überreste aus jener Zeit der Besetzung unse erste Falkensteiner Schloß gewesen sein soll. res Landes durch die Römer, und erst seit Das Schloß sei infolge der Missetaten des hundert Jahren müht sich die Forschung, letzten Sprosses derer von Falkenstein nach 387 einem Nachtgelage in Brand geraten und der als Schimmelreiter mit abgeschlagenem Kopf letzte Falkensteiner habe in den Flammen jedes Jahr an dem genannten Festtag im seinen Tod gefunden. Seither scheine immer Walde umherreiten und die späten Wan noch, einem unerlösten Geist vergleichbar, derer ängstigen. — Auch im Schimmelreiter ein dreiteiliges Licht über der Gegend des haben sich alte Erinnerungen an Wodan er zerstörten Schlosses. Eine andere Sage von halten, der auf seinem achtfüßigen Schim Oedheim berichtet, daß im Wald Diener mel Sleipnir durch die Lüfte geritten sein oder Loch bei den römischen Ruinen ein soll. — Nonnenkloster gewesen sein soll. Eine Non Eine Stelle der Gemarkung Tiefenbach, ne, das Lochfräulein genannt, sei dort öfters nicht weit von der Grenzlinie, heißt „Schloß gesehen worden. buckel“ und reizte seit Jahrhunderten die Bei Bachenau, wohin die Grenzlinie von Yolksphantasie zu lebhafter Beschäftigung Duttenberg aus weiterzieht, wird die Sage mit dieser Stelle in der Flur, öfter wurde vom „Wilden Heer“ erzählt. Im „unteren dort schon von Schatzgräbern und Neu Erle“ beim römischen Wachturm mußte gierigen gewühlt. Vermutlich liegt dort rö einst ein Bachenauer Bauer, der sich auf dem misches Mauerwerk, was aber bis heute Felde verspätet hatte, das wilde Heer über noch nicht einwandfrei untersucht ist. sich ergehen lassen. Es schlug gerade die 12. Von Wimpfen—Ofenau kommend führt Stunde, da kam es angeritten auf Pferden, von Süden her über die Markung Gundels- Hunden und Katzen mit Lärmen und To heim — eine Flur südlich der Stadt heißt ben, daß einem Hören und Sehen verging. „Maueräcker“ — und von hier weiter nach Der Bauer hielt sofort seine Pferde an, legte Norden vereinigt mit der über die Krumme sich auf den Bauch und steckte seinen Kopf Ebene im Westen der Duttenberger Mar zwischen die Räder seines Pfluges. Dann kung unter dem Namen „Dallauer Straße“ brauste das .wilde Heer über ihn hinweg, durch den Seelbachwald auf badisches Ge ohne daß er einen Schaden davontrug. — In biet beim Stockbronner-Hof (Gem. Neckar dieser Sage steckt die Erinnerung an den zimmern). Himmelsgott Wodan, der im Sturmwind Vor diesem Hofe, 0,4 km in östlicher mit den Helden Walhallas über die Erde Richtung entfernt, liegt unweit der westlich braust, und vor dem jedermann sich mit vorbeiziehenden römischen Grenzlinie im dem Angesicht auf die Erde legen muß; Gewann „Hasselt“ (die Stelle war früher denn keines Sterblichen Auge darf ihn mit Haselbüschen bedeckt, daher der Name) schauen ohne getötet zu werden. eine villa rustica, die im Jahre 1894 von In Kochertürn, etwa 10 km östlich von Dut Dr. Karl Schuhmacher untersucht wurde. tenberg, treffen wir auf die Sage vom Bei jenen Grabarbeiten erzählte einer Schimmelreiter, der den Kopf unterm Arm seiner Arbeiter aus dem nahen Neckar trägt und dadurch den nächtlichen Wande zimmern, daß er unweit dieses Dorfes eine rer schreckt. Im Norden dieses Dorfes liegt Stelle in der „unteren Au“ zeigen könne, wo der Donnerwald (vom Sturmgott Donar). deutlich heute noch Spuren vom Wege des Ein Edelmann ließ einst durch diesen Wald Hirsches wahrzunehmen seien, welcher der eine Straße bauen. Seine leibeigenen Bauern Jungfrau Notburga nach der Sage in die am mußten im Frondienst die Bäume Umschla jenseitigen Ufer des Neckars liegende Höhle gen und die Steine herbeiführen. Selbst am Speise und Trank trug. Nachforschungen er Dreifaltigkeitstag durften sie nicht feiern, gaben, daß dort die Reste eines weiteren und sondern mußten am Wegbau arbeiten. Da größeren römischen Landhauses lagen, dessen für muß noch heute der gestrenge Edelmann im Sommer oft zutage tretende Mauerzüge 388 Anlaß zu dieser im Dorf und seiner Um Besiedlung niederzulassen. Man ließ das Dorf gebung weit verbreiteten Sage gegeben hat seitwärts entstehen und nannte es wegen sei ten. Damals stellte Professor Schumacher ner Lage an der vermeintlichen alten Burg auch im Gemeindewald von Kälbertshausen „Burgheim“ (ad anno 774 Borocheim). Der anläßlich der Limesgrabungen das Vorhan gleiche Name wurde auch für das weiter öst densein einer weiteren römischen Villa fest. lich gelegene Osterburken gewählt, und um Die ihm durch Arbeiter bei der Grabung zur nun die beiden Orte leichter unterscheiden zu Kenntnis gekommene Sage, daß im sogenann können, nannte man sie nach ihrer Lage spä ten „Steinhaus“ früher ein Schloß gestanden ter Neckarburken und Osterburken. Daß habe, führte zu dessen näherer Untersuchung. man geglaubt hat, in den römischen Bauten Gleichzeitig wurde ihm erzählt, daß Käl kirchliches Eigentum sehen zu müssen, zeigt bertshausen auf eine römische Niederlassung eine Sage aus dem nördlich von Neckarburken zurückzuführen sei, auf deren Ruinen später gelegenen Sattelbach. Durch den Neckarbur- eine mittelalterliche Burg gestanden habe kener Bürgerwald zieht die im tiefen Waldes (Flurname „Bollwerk“). Ein römischer In dunkel noch heute gut erkennbare gepfla schriftstein auf dem Friedhof im Dorfe, der sterte Kolonnenstraße nach den Kastellen in sich heute im Landesmuseum in Karlsruhe Neckarburken. Auf dieser Straße sei alle befindet (Inschrift: In honorem domus Tage ein Edelfräulein, das im sogenannten divinae deae Viroddi Avita Maximini filia Gebsloch in Sattelbach ein Schloß gehabt v.s.l.l.m. = zur Ehre des Kaiserhauses hat habe, in die Kirche nach Neckarburken gefah der Göttin Viroddis die Großmutter von des ren. Eine andere Sage berichtet vom Gebsloch Maximinis Tochter ihr Gelübde gelöst froh — es liegt dort wahrscheinlich ein Zwischen und frei nach Gebühr), sollte angeblich nach kastell oder vielleicht auch ein Meierhof — der Volksüberlieferung vom letzten Besitzer hier habe im Schloß eine Gräfin gewohnt einer gräflichen Familie stammen, an welchen (Flurname Gräfinwiese), die bei einer Hun heute noch der Name „Grafenweg“ erinnere. gersnot den naheliegenden Bürgerwald — er Auf dem alten Kolonnenweg der Grenz geht bis vor die ersten Häuser von Sattel wehr, dem sogenannten Römersträßle beim bach — um zwei Laib Brot an die Neckar- Knopfhof (Gem. Mosbach), wandern wir wei burkener verkauft habe. ter, überqueren