Staatspreis Des Landes Nordrhein-Westfalen 2007 Professor Dr
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Staatspreis des Landes Nordrhein-Westfalen 2007 Professor Dr. Dr. h.c. Wolf Lepenies Inhalt Der Staatspreis des Landes Nordrhein-Westfalen 4 Die Staatspreisträger des Landes Nordrhein-Westfalen 6 Programm 2007 7 Ansprache des Ministerpräsidenten Dr. Jürgen Rüttgers 8 Laudatio von Klaus Harpprecht 14 Dankesrede von Prof. Dr. Dr. h.c. Wolf Lepenies 22 Vita Wolf Lepenies 32 Giora Feidman Trio 39 4 5 Der Staatspreis Die Landesregierung des Landes Nordrhein-Westfalen hat am des Landes 23. September 1986 für herausragende kulturelle oder wissen- Nordrhein-Westfalen schaftliche Leistungen oder herausragende Leistungen in anderen Lebensbereichen einen Staatspreis des Landes Nordrhein-Westfalen gestiftet. Der Staatspreis wird an Persönlichkeiten verliehen, die dem Land Nordrhein-Westfalen durch Werdegang und Wirken verbunden sind. Ihr Wirken muss wesentlich über den Rahmen örtlicher oder regionaler Bedeutung hinausgehen. Der Staatspreis des Landes Nordrhein-Westfalen wird in der Regel jährlich verliehen. Die Gesamtsumme des Staatspreises ist auf 25.000 Euro festgesetzt. Der Preis kann geteilt werden. Der Staatspreis wird durch den Ministerpräsidenten verliehen. Die Trägerinnen und Träger des Staatspreises erhalten neben dem Geldpreis eine Verleihungsurkunde. Zur Beurteilung der Leistung, deren Anerkennung durch die Verleih- ung des Staatspreises erwogen wird, beruft der Ministerpräsident sachverständige Persönlichkeiten, die ihn beraten. Sie sind unabhän - gig, üben ihre Tätigkeit ehrenamtlich aus und sind zur Verschwiegen - heit verpflichtet. (Beschluss Landesregierung, Stiftung des Staatspreises am 23.9.1986, Ergänzung am 16.5.2003) 6 Staatspreisträger Frau Professorin Lore Lorentz (1986) des Landes Herr Kay Lorentz (1986) Nordrhein-Westfalen Herr Professor Dr. Walter Dirks (1986) Herr Professor Dr. phil. Dr. theol. h.c. mult. Dr. phil. h.c. Josef Pieper (1987) Herr Professor Günter Wand (1987) Frau Professorin Carola Stern (1988) Herr Prof. Dr. Rudolf Morsey (1988) Herr Prof. Dr. med. Dr. med h.c. mult. Gerhard Meyer-Schwickerath (1989) Herr Professor Georg Meistermann (1989) Frau Professorin Pina Bausch (1990) Herr Adolf Schmidt (1990) Herr Professor Dr. med. Ludwig E. Feinendegen (1991) Herr Professor Dr. h.c. Lew Kopelew (1991) Herr Dr. h.c. mult. Hermann J. Abs (1992) Herr Professor Dr. Christoph Wolff (1992) Herr Professor Dr. Hermann Flohn (1993) Herr Gerd Ruge (1993) Herr Hanns Dieter Hüsch (1994) Herr Staatsminister a.D. Professor Dr. Dr. h.c. mult. Paul Mikat (1994) Herr Professor Dr. Ing. Dr. h.c. mult. Reinhardt Jünemann (1995) Herr Professor Dr. Dr. h.c. Wilhelm Schneemelcher (1995) Frau Professorin Dr. Helga Grebing (1996) Herr Professor Gottfried Böhm (1996) Herr Reinhard Goebel (1997) Herr Professor Dr. Dr. h.c. Bernhard Korte (1997) Frau Rosemarie Trockel (1998) Herr Reinhard Mohn (1998) Frau Professorin h.c. Dr. Hilde Domin (1999) Herr Dr. h.c. Egidius Braun (1999) Herr Professor Dr. Dr. h.c. mult. Reinhard Selten (2000) Herr Professor Gerhard Richter (2000) Frau Hilla Becher (2001) Herr Professor Bernd Becher (2001) Herr Dr. Winfried Materna (2001) Herr Professor Krysztof Penderecki (2002) Herr Paul Spiegel (2002) Herr Professor Dr. Hans-Ulrich Wehler (2003) Herr Professor Dr. Dr. h.c. Karl Ganser (2003) Frau Anneliese Brost (2004) Frau Alice Schwarzer (2004) Herr Professor Dr. h.c. mult. Marcel Reich-Ranicki (2005) Herr Professor Dr. Jürgen Habermas (2006) 7 Programm Festliche Begleitung Giora Feidman Trio Together (Ora Bat Chaim) Freilach (trad.) Mi Kamocha (J. Sperling) Ansprache Dr. Jürgen Rüttgers Ministerpräsident des Landes Nordrhein-Westfalen Laudatio Klaus Harpprecht Aushändigung des Staatspreises an Professor Dr. Dr. h.c. Wolf Lepenies Giora Feidman Trio Klarinettenkonzert 2. Satz (Wolfgang Amadeus Mozart) The Entertainer (Scott Joplin) Dankesrede Professor Dr. Dr. h.c. Wolf Lepenies Giora Feidman Trio Shalom Haverim (trad.) Song derived from three Anthems (Haydn/Theodorakis/trad.) Moderation Tom Buhrow 8 Ansprache des Nordrhein-Westfalen verleiht heute den Staatspreis 2007 an Ministerpräsidenten Wolf Lepenies . Wolf Lepenies ist Soziologe. Er ist aber auch Historiker, Dr. Jürgen Rüttgers Literaturwissenschaftler und Philosoph. Er ist ein universal gebildeter Homme de lettres , wie es in Deutschland nur ganz wenige gibt. Er hat in seinen Werken das Panorama der europäischen Kultur ent- faltet . Er hat uns die europäischen Nationen wie in einem intellektuellen Welttheater vorgeführt – sowohl voneinander angezogen als auch abge - stoßen , lange Zeit verfeindet und doch zugleich so eng verwandt . Er hat uns gelehrt, was es heißt, europäisch zu denken . Er hat uns gezeigt, was es heißt, Europäer zu sein. Egon Friedell, der bedeutende Wiener Kulturhistoriker, hat einmal fest - gestellt: „Kultur ist Reichtum an Problemen, und wir finden ein Zeitalter umso aufgeklärter, je mehr Rätsel es entdeckt hat .“ Dieser Satz könnte auch von Wolf Lepenies sein. Und er würde wohl noch zuspitzen : Deutsche Kultur ist vor allem Reichtum an Problemen . Von diesem „seltsamen “ Reichtum war Wolf Lepenies von Anfang an fasziniert. Er war schon Thema seiner Dissertation „Melancholie und Gesellschaft“, die er 1967 an der Wilhelms-Universität in Münster eingereicht hat. Und er ist auch das Thema seines jüngsten Buches „Kultur und Politik“ . Im spannungsgeladenen Verhältnis von Kultur und Politik erkennt Wolf Lepenies ein Grundmuster des deutschen Reichtums an Proble - men. Dieses Verhältnis war häufig produktiv, aber nicht selten auch de - struktiv. Destruktiv dann, wenn die Kultur fast religiös überhöht und das Politische im Gegenzug regelrecht verdammt oder gar verteufelt wurde . Diese Spaltung von Kultur und Politik hat Deutschlands Weg zur Demo - kratie und Einheit behindert. Deshalb hat Helmuth Plessner Deutsch - land die „verspätete Nation“ genannt. Diese Spaltung von Kultur und Politik hat auch den Boden bereitet für politischen Radikalismus. Aus ihm entsprang die Nazi-Barbarei und damit die totale politische, kulturelle und vor allem moralische Niederlage Deutschlands . Wolf Lepenies hat die Folgen präzise beschrieben : „Um den Zivilisati - onsbruch, den es über Europa gebracht hatte, zu heilen, musste Deutschland die deutscheste aller Ideologien aufgeben, die Illusion, die Kultur könne eine Kompensation der Politik sein. Der Prozess, der zur Aufgabe dieser Illusion führte, war lang. Der Holocaust, diese Weg - scheide der europäischen Zivilisation, machte es unmöglich, in der Kultur den Trost für eine fehlgegangene Zivilisation zu sehen.“ 9 Diese Analyse ist historisch bestechend. Sie ist es aber auch politisch. Denn sie enthält eine klare Botschaft. Sie lautet: Kultur und Politik dürfen nicht voneinander getrennt werden. Sie gehören zusammen. Sie müssen aufeinander bezogen sein. Humane Politik kann nur gelingen auf der Basis eines Wertefundaments. Dieses Wertefunda - ment hat seine tiefen Wurzeln in der europäischen Kultur, im jüdisch- christlichen Menschenbild und in der Aufklärung. Die Kultur wiederum braucht Institutionen, die ihre Normen und Ideale in konkretes politisches Handeln übersetzen. Nur dann ist politisches Handeln glaubwürdig. Nur dann ist es im wahrsten Sinne des Wortes human. Nur dann entgeht aber auch die Kultur der Gefahr der lebensfernen Stilisierung und der fatalen Verabsolutierung. Wenn Politik und Kultur zusammengehören, dann hat Bildung ihren eigenen Wert und darf nicht einem reinen Nützlichkeitsdenken und einer instrumentellen Logik unterworfen werden. Das ist weder welt - fremd noch weltfern. Das Gegenteil ist richtig : Wilhelm von Humboldt hat sein Bildungsideal einmal sehr schön so zusammengefasst : „Wer, wenn er stirbt, von sich sagen kann: ‘Ich habe soviel Welt, als ich konnte, erfasst und in meine Menschheit verwandelt’ – der hat sein Ziel erreicht.“ Das ist ein Grundgedanke der Bildung des Menschen. Im huma- nistischen Ideal verkörpert sich die Idee der ganzheitlichen Selbst- bildung . Erst diese umfassende Bildung von Körper, Geist und Seele ermöglicht individuelle Selbstbestimmung und Selbstverantwortung. Dieses Ideal hat bis heute Gültigkeit. Es ist auch Grundlage der großen nordrhein-westfälischen Bildungsreform unserer Tage . Gerade in Zeiten der globalisierten Wissensgesellschaft brauchen wir mehr Allgemeinbildung. Denn nur mit Allgemeinbildung lässt sich die steigende Wissens- und Informationsflut bewältigen. Nur dann ist man in der Lage, Wichtiges von Unwichtigem zu unterscheiden. Nur dann können wir verhindern, dass sich die Gesellschaft spaltet in diejenigen, die mit dem neuen Wissen umgehen können und in diejenigen, die damit überfordert sind. Das kann gelingen, wenn Bildung nicht zu rein funktionaler Aus- bildung verkommt. Deshalb gilt es an der Freiheit und der Einheit von Forschung und Lehre festzuhalten. Auch deshalb wendet sich Wolf Lepenies so vehement gegen eine einseitige Orientierung der Wissenschaften an Nützlichkeit und ökonomischer Verwertbarkeit. 10 Und deshalb plädiert er für eine Stärkung der Werte in den Wissen - schaften. So können sie auch Kompass für politische Entscheidungen sein. Wenn Politik und Kultur zusammengehören, dann bedeutet das, die Geistes- und Sozialwissenschaften zu stärken und nicht zu schwächen . Das ist nicht selbstverständlich. Im vergangenen Jahr - zehnt wurden über 600 Professuren an den geisteswissenschaftli - chen Fakultäten Deutschlands gestrichen . Diesen Verlust kritisiert Wolf Lepenies zu Recht unermüdlich . 2007 ist zum Jahr der Geisteswissenschaften ausgerufen worden. Aber es war immer wieder von ihrer Krise die Rede. Als Begründung