<<

Privates Fernsehen Privates Fernsehen | Allgemeine Lage

1 Allgemeine Lage des privaten Fernsehens

Wirtschaftlich wächst die deutsche Fernseh- aber vor allem sind die AGF-​Daten die „Wäh- branche seit Jahren kontinuierlich. Die deut- rung“ für die Werbekunden, mit der millio- schen Privatsender konnten sich 2016 im nenteure Kampagnen gebucht werden. dritten Jahr in Folge über steigende Werbe­ umsätze freuen. Zwar gab es bei den Nutzer- Onlinereichweiten werden relevanter _ zahlen gegenüber 2015 leichte Rückgänge, Insbesondere wegen des sich ändernden Nut- insbesondere bei den jüngeren Zuschauern, zungsverhaltens jüngerer Fernsehzuschauer in der Gesamtbevölkerung blieb die Fernseh- verbreiten die Medienunternehmen ihre nutzung aber insgesamt stabil. TV‑Inhalte zunehmend auch online. Wichtige Größte Herausforderung für die Fernseh- Felder sind dabei die Vermarktung der In- sender war 2016 die fortschreitende Frag- halte auf Video‑on-Demand-P​ lattformen und mentierung des Fernsehmarktes, die vor eigenen Mediatheken sowie die Verbreitung allem durch mobile Endgeräte vorangetrie- über TV‑Streamingdienste wie Zattoo, Magine ben wird. Hier reagierten die großen TV‑Pro- und waipu.‌tv. Diese Livestreaming-​Anbieter gramm- und Plattformanbieter und brachten zeigen das lineare Fernsehprogramm, das neue oder weiterentwickelte Plattformen und auch via Kabel, Satellit, IPTV und DVB‑T über- Apps heraus, die für eine mobile Nutzung tragen wird. ­optimiert wurden. Hierdurch sollen vor allem Ein Grund für die rasante Verbreitung der jüngere Nutzergruppen verstärkt angespro- Online-Ang​ ebote ist, dass sie über eine große chen werden. Die Fragmentierung führt je- Zahl verschiedenster Endgeräte abgerufen doch zu wachsenden Problemen bei der werden können, von Smartphones und Tab- Reichweitenmessung, welche für die Werbe- lets über Spielekonsolen wie Xbox oder Play- vermarktung wiederum essentiell ist. station bis zu smarten Fernsehern, Sticks Das eingespielte System der Quotenmes- und Streaming-Ger​ äten wie Amazon Fire und sung ist mitverantwortlich dafür, dass die Apple TV. Werbepreise für TV im Vergleich der Medien­ Für die TV‑Sender ist Online eine will- gattungen überdurchschnittlich hoch sind. kommene Erweiterung ihrer Verbreitungs- Die Fernsehquoten der Arbeitsgemeinschaft wege: Viele Formate erzielen Reichweiten Fernsehforschung (AGF) messen die Nutzung erst über einen längeren Zeitraum hinweg in Deutschland: Einschaltquoten sowie die in der Onlineverlängerung. Allerdings lässt Marktanteile von Sendern und Sendungen sich diese hinzugewonnene Reichweite nicht sind wichtig für die Planung der Anbieter, mehr auf einen exakten Zeitpunkt festlegen

72 Allgemeine Lage | Privates Fernsehen

und ist daher mit der klassischen Reichwei- vermitteln, setzen waipu.t‌ v und Magine der- tenmessung kaum mehr erfassbar. Eine ein- zeit auf eine eigene Messung und Verwertung heitliche Währung ist jedoch für Werbe- ihrer Nutzerdaten. buchungen notwendig. Wer über Zattoo fern- Noch anspruchsvoller ist es, die Bewegt- sieht, sollte im besten Falle ebenso erfasst bildnutzung auf YouTube und im Social-­ werden wie bei der Kabelnutzung. Media-​Bereich mit den klassischen Mess­ Die Verbreitung über verschiedenste daten zu verbinden. Hier geht es zunächst Apps, Anbieter und Plattformen führt aber um ein einheitliches Verständnis von Nutzer- zu einer recht unübersichtlichen Situation, verhalten: Während Facebook und denn bisher gibt es keine einheitlichen Mess- bspw. einen Videoaufruf bereits nach drei standards. Während sich Zattoo bemüht, ­Sekunden zählen, registriert YouTube erst seine Daten messbar an die AGF weiterzu- nach 30 Sekunden einen View. Hinzu kommt,

Abb. 15 Private TV-Programme in Deutschland Zuordnung der Sender nach Aufsicht führender Landesmedienanstalt

gesamt Voll­pro­ Fernseh- Sparten­ Tele­ Pay-TV landesw./­ gramme fenster pro­ shopping region. und gramme Lokal-TV 1

Baden-Württemberg 28 1 0 1 5 3 18 Bayern 105 1 0 21 6 30 47 Berlin/Brandenburg 82 4 0 6 2 30 40 Bremen 4 0 0 2 0 0 2 Hamburg/Schleswig-Holstein 33 0 0 6 0 18 9 Hessen 10 1 0 3 1 1 4 Mecklenburg-Vorpommern 14 0 0 0 0 0 14 Niedersachsen 16 1 2 2 1 5 5 Nordrhein-Westfalen 27 2 0 14 5 1 5 Rheinland-Pfalz 10 2 0 2 0 0 6 Saarland 1 0 0 1 0 0 0 Sachsen 52 0 0 1 0 1 50 Sachsen-Anhalt 11 0 0 0 0 0 11 Thüringen 10 0 0 1 0 0 9 gesamt 397 12 2 60 20 89 214 Vorjahr 405 16 2 57 22 86 222

1 Zur Zählung der landesweiten, regionalen und lokalen Fernsehangebote s. Seite 119 Quelle: Landesmedienanstalten, Stand 1. Januar ​2017.

73 Privates Fernsehen | Allgemeine Lage

Abb. 16

Zugang zu Bildschirmgeräten in Deutschland 2016 | Personen ab 14 Jahren; in Prozent

PC oder Laptop TV-Screen

% % Tablet Smartphone

Basis: 69,241 Mio. Personen ab 14 J. Quelle: die medienanstalten: Digitalisierungsbericht 2016, Kantar TNS. dass Senderportale und YouTube, die mittler- licht. Dabei ist nicht nur die Zeit ein Problem, weile mit der AGF kooperieren, nur einen ge- denn bisher werden nur die Zuschauer auf ringen Teil der gesamten Online-​Reichweite Desktop-​PCs berücksichtigt und somit ein ausmachen. großer Teil der Nutzung u. a. auf mobilen Ge- Anfang Januar ​2017 stellte die AGF eine räten und Smart-TVs nicht erfasst. Bis Ende konvergente Währung in Aussicht, die jedoch 2017 will die AGF gemeinsam mit Nielsen ein Einschränkungen hat: Die gemessenen Daten Mobile Panel aufbauen, um zumindest Smart- von Mediatheken und Onlineplattformen phones und Tablets in die Auswertung ein- werden nämlich nicht am nächsten Tag vor- zubeziehen. liegen, sondern erst nach einer mehrwöchi- gen Verzögerung von bis zu 40 Tagen nach Programmlandschaft in Deutschland wird Ende eines Monats. Ursache hierfür ist laut vielfältiger _ In der deutschen Programm- AGF der komplexe Auswertungsprozess. landschaft gab es 2016 einige Veränderun- Die konvergierten Daten aus Fernsehkon- gen. Neben den neuen Dokutainmentkanälen sum und Online-​Nutzung würden damit erst N24 Doku und Doku startete RTL zwei Monate nach Ausstrahlung veröffent- mit RTL Plus einen neuen Kanal für die Ziel-

74 Allgemeine Lage | Privates Fernsehen

gruppe der Best Ager. Zudem brachte Sky Sky 1 bedient den Entertainmentbereich und erstmalig den Sportnachrichtensender Sky ging im November ​2016 mit der eigenpro­ Sport HD ins Free-TV. duzierten Serie MasterChef auf Sendung. Es gab jedoch nicht nur Neustarts bei den Zudem launchten Cinema HD Family sowie großen Sendergruppen. Auch kleinere Anbie- der Kunstsender Sky Arts HD. ter starteten Vollprogramme, die eine weite inhaltliche Streuung vorweisen: Neu dabei Fernsehen bleibt stärkstes Medium _ Die sind der Integrationssender für Flüchtlinge Fernsehnutzung ist in Deutschland weiterhin H2D (Handshake to Deutschland), der katho- auf einem hohen Niveau: Mit 79,4 Prozent lische Sender EWTN‑TV, der Gesundheits­ (entspricht 55,2 Mio. Personen ab 14 Jahre) sender health.‌tv sowie der Live-TV-Sender der Mediennutzung gestern in der Gesamt- muxx.‌tv und der türkische Kanal YOL TV. bevölkerung ist das Fernsehen laut Medien- Zudem eröffnete die Deutsche Telekom GewichtungsStudie 2016 mit Abstand das mit MyTeam TV Basketball und MyTeam TV tagesreichweitenstärkste Medium. Trotz der Eishockey im September ​2016 zwei neue starken Verbreitung sank die „Mediennut- Sportsender. In der Pay-TV‑Sparte gingen 2016 zung gestern“ des Fernsehens seit 2011 jedoch bei Sky gleich drei neue Kanäle an den Start: um deutliche acht Prozent.

Abb. 17

Allgemeine Mediennutzung gestern 2011–2016 | in Prozent ,

, , , ,

FernsehenRadio Internet TageszeitungZeitschriften ¹

◼ ◼ ◼ ◼ 

1 Zeitschriften: Nachrichtenmagazine, Wochenzeitungen Basis: 69,536 Personen ab 14 Jahre in Deutschland, n = 3.774 Quelle: die medienanstalten: MedienGewichtungsStudie 2016-II.

75 Privates Fernsehen | Allgemeine Lage

Klarer Zusammenhang zwischen Alter und zu einem TV‑Gerät. Wachstum findet jedoch Nutzungsfrequenz _ Die Nutzungsfrequenz vor allem bei Smartphones und Tablets statt. des klassischen Fernsehens über ein TV‑Gerät Insgesamt stieg der Bevölkerungsanteil mit nimmt bei jüngeren Zuschauern deutlich ab. Zugang zu Tablets um rund sieben Prozent Nach dem Digitalisierungsbericht 2016 ver- auf 29 Millionen Personen ab 14 Jahren (42 % zichtet in der Altersgruppe von 14 bis 29 Jah- der Gesamtbevölkerung), bei Smartphones ren bereits jeder Zehnte vollständig auf klas- liegt die Verbreitung 2016 sogar bei 70 Pro- sisches Fernsehen am TV‑Gerät. Während zent, was rund 48 Millionen Personen ent- in den Altersgruppen von 40 bis 70+ noch spricht. über 70 Prozent der Bevölkerung täglich ein Insgesamt stehen jedem ab 14‑Jährigen TV‑Gerät nutzen, sind es in der Altersgruppe durchschnittlich 3,5 Bildschirme zur Verfü- der 14- bis 29‑Jährigen unter 50 Prozent. gung. Rund einem Viertel der Bevölkerung über 14 Jahre (24,3 %) stehen dabei neben Smartphones zweitwichtigstes Bildschirm- einem TV‑Gerät sowohl ein PC/Laptop, ein gerät _ Beim Zugang sichert sich der klassi- Smartphone und ein Tablet zur Verfügung, sche Fernseher laut Digitalisierungsbericht während nur 12,7 Prozent der Deutschen ab 2016 weiterhin eine stabile Spitzenposition: 14 Jahren ausschließlich ein TV‑Gerät besit- 97,5 Prozent der Bevölkerung haben Zugang zen.

76 Das Programmjahr 2016 | Privates Fernsehen

2 Bundesweites Fernsehen

2.1 Das Programmjahr 2016 von München freilich den Eindruck, dass die Fernsehjournalisten relativ kopflos hinter Krisenberichterstattung _ Das Massenme- den Ereignissen hersendeten. An vielen dium Fernsehen mit seinen hohen Reichwei- Stellen in der Stadt hatten sich rasch Fern- ten bewährt sich in Ausnahmesituationen – sehreporter postiert, die dann aber in oder es versagt an ihnen. Als an einem Som- ­Ermangelung anderer Informationen nur merabend im Juli ​2016 in einem Münchner immer wieder vorbeirasende Polizeiwagen- Einkaufszentrum Schüsse fielen, war die kolonnen filmten und fatalerweise ausdau- ­Social-Media-Plattform Periscope bereits we- ernd das bereits von der Polizei demen- nige Minuten später mit Livebildern vom Tat- tierte Gerücht verbreiteten, es seien „bis zu ort online. Das Gerücht, es handele sich bei drei Täter mit Langwaffen“ flüchtig. Zeit- der Tat um ein politisch motiviertes Attentat gleich verbreitete sich – auch in den Son- des IS machte in den sozialen Medien bereits dersendungen des Fernsehens – ein Handy- in Überschallgeschwindigkeit die Runde. Die video, das den später als solchen identifi- wiederholte Mahnung vom Pressesprecher zierten Einzeltäter vor einem Schnellrestau- der Münchner Polizei Markus da Gloria Mar- rant zeigte, wie er mit seiner Waffe, bei der tins an die Bevölkerung, keine Handyfotos es sich gut sichtbar nicht um eine Lang- und ‑videos vom Polizeieinsatz in den sozia- waffe handelte, auf Passanten zielt und len Medien zu teilen, erinnerte Ältere an den auch abdrückt. Aber die Reporter vor Ort televisionären Sündenfall von der Münchner hatten zu diesem Material offenbar keinen Olympiade 1972, als die live gesendeten Bil- Zugang. Ein zweites Video zeigt den glei- der vom Polizeieinsatz im Olympischen Dorf chen Mann auf einem Parkdeck in der Nähe die palästinensischen Attentäter unfreiwillig des Einkaufzentrums, wo er von einem An- bestens über ihre Gefahrenlage informiert wohner beschimpft wird. Beide Videos hatten. konnten zum wahren Tatgeschehen letzt- Vier Jahrzehnte später haben die Presse­ lich wenig beitragen, befriedigten aber für sprecher der Polizei ausgeklügelte Social-​ den Moment den großen Wissenshunger Media-​Strategien, und der kommunikative der besorgten Bürger und neugierigen Zu- Masterplan für Krisensituationen, der sich schauer. vor allem auf den Twitter-​Account der Kurz vor den Münchner Ereignissen waren Münchner Polizei stützte, griff in München ARD und ZDF noch dafür kritisiert worden, zu großen Teilen. Man hatte in der Nacht dass sie während des Putsches in der Türkei

77 Privates Fernsehen | Das Programmjahr 2016

mangels klarer Informationslage das lau- fällt im Informations- und Politikfernsehen fende Programm nicht unterbrochen hatten. immer schwerer, wie auch das NDR-​Medien- Nun stellte sich heraus, dass auch der Ent- magazin „Zapp“ feststellte. Einer Auswer- schluss, die ganze Nacht hindurch aus Mün- tung von 124 Polit-​Talkshow-​Ausgaben zu- chen zu berichteten, keinesfalls der Königs- folge, waren 2016 die Vertreter populistischer weg war. Im Dezember des gleichen Jahres Strömungen wie Pegida oder AfD in den Talk- gab es dann noch einen traurigen Anlass sendungen überrepräsentiert. Der Medien- für die Nachrichtenredaktionen, sich in Kri- wissenschaftler Lutz Hachmeister spricht in senberichterstattung zu bewähren: als am diesem Zusammenhang von einem „Spot- 19. Dezember ​2016 ein LKW annähernd un- lighteffekt“, der die Wahrnehmung verzerre: gebremst in einen Berliner Weihnachtsmarkt Man habe in diesen Talkshows den Eindruck, raste, hielten sich alle Fernsehsender in der „es gibt eigentlich zwei Parteien, den bürger- Berichterstattung zurück. Dafür hatte dies- lichen Mainstream und die widerständige mal ein schreibender Reporter ein Handy­ AfD.“ Wie stark die Wirkung eines einzelnen video vom Breitscheidtplatz gemacht und Gastes auf die öffentliche Wahrnehmung auf der Website der Berliner Morgenpost ver- sein kann, musste Anne Will im November öffentlicht. Es war ungeschnitten und zeigte feststellen. Zu der Fragestellung „Warum ausführlich den Tatort, die Helfer und die ­radikalisieren sich immer mehr junge Men- Verletzten. Der Deutsche Journalistenverband schen?“ hatte Will die Schweizerin Nora Illi rügte diese unbedachte Veröffentlichung, die eingeladen, die das Gespräch voll verschlei- dem Pressekodex widerspreche, im Nach­ ert im Niqab bestritt und damit eine Empö- hinein mit deutlichen Worten und bat die rungswelle auslöste. Verletzten, „die gegen ihren Willen auf das Was dürfen die Medien, was nicht? Es Morgenpost-​Video geraten sind“, sogar um war ausgerechnet der Late-​Night-​Talker Jan Verzeihung. Böhmermann, der diese Frage auf spektaku- läre Weise auf die Tagesordnung der Kanzle- Politik _ Anfang Dezember wurde die ARD rin setzte. Das Satiremagazin „Extra 3“ hatte für ihre Entscheidung gescholten, über die mit einem Satiresong den türkischen Minis- Verhaftung eines afghanischen Flüchtlings terpräsidenten Erdogan verärgert – unter an- nicht in der „Tagesschau“ berichtet zu haben. derem mit der Liedzeile „Ein Journalist, der Der Mann stand im Verdacht, eine junge Stu- was verfasst, was Erdogan nicht passt, ist dentin getötet zu haben, was in Freiburg die morgen schon im Knast“, wie es Anfang 2017 Gemüter erheblich erregt hatte. Der General­ dem Welt-​Korrespondenten Deniz Yücel tat- vorwurf „Lügenpresse“ war entsprechend sächlich widerfahren ist. Die Forderung der schnell zur Hand – der Hinweis von Chef­ türkischen Regierung, das Extra-3‑Liedchen redakteur Kai Gniffke, dass die „Tagesschau“ „Erdowie, erdowo, Erdogan“ aus der NDR-​ auch sonst über Mordfälle in der Regel nicht Mediathek zu löschen, wurden vom einbe- berichtet, half da wenig. Ruhe zu bewahren stellten deutschen Botschafter mit dem Ar-

78 Das Programmjahr 2016 | Privates Fernsehen

gument der Pressefreiheit zurückgewiesen. ven Medienkritik „Verafake“ unterstrich. Der Um aus diesem Anlass auf den Unterschied Redaktion war es gelungen, zwei Schauspie- von (erlaubter) Satire und strafrechtlich rele- ler als Pseudokandidaten in die Realityshow vanter Schmähkritik aufmerksam zu ma- „Schwiegertochter gesucht“ einzuschleusen chen, rezitierte Böhmermann wenige Tage und so nachzuweisen, welcher manipulati- später in seiner Sendung „Neo Magazin ven Geringschätzung die Kandidaten dieser ­Royale“ ein ebensolches Schmähgedicht auf Show ausgesetzt waren. Die Niedersächsi- den türkischen Ministerpräsidenten Erdogan. sche Landesmedienanstalt, die den Sender In der öffentlichen Debatte wurde dann aber beaufsichtigt, vereinbarte in der Folge mit das Schmähgedicht ohne den erklärenden RTL Vorgaben zur Auswahl und Präsentation Kontext wiedergegeben, so dass nun der Ein- der Teilnehmer. druck eines „bewusst verletzenden“ Inhalts In der Unterhaltung wurde 2016 Be- übrig blieb. Jan Böhmermann musste un­ währtes aus früheren Jahren neu aufgelegt: versehens eine Anklage auf der Grundlage RTL erinnerte sich an „Tutti Frutti“ und Sat.1 des Majestätsbeleidigungsparagraphen be- kündigte die Rückkehr von „Genial dane- fürchten, aus der Gesellschaftskritik war über ben“ an. Die besteingeschaltete Show des Nacht eine Staatsaffäre geworden. Dass es Jahres war mit 9,38 Millionen Zuschauern überhaupt noch den Straftatbestand der (ab 3 Jahre) und einem MA von 36,7 Prozent ­Majestätsbeleidigung gibt, verblüffte Laien erneut der Eurovision Song Contest. Zum wie Fachleute gleichermaßen. Die Bundes­ Shootingstar des Jahres, weil mehrfach mit regierung kündigte schließlich einen Gesetz- Fernsehpreisen ausgezeichnet, wurde Oliver entwurf zur Abschaffung von § 103 StGB für Polak mit „Das Lachen der anderen“ (WDR) 2018 an. und „Applaus und raus“ (ProSieben). Jen- seits dieses Neuzuganges waren es aber vor Unterhaltung _ Das Strafverfahren gegen allem die Langlaufformate wie „Wer wird Jan Böhmermann wurde mit dem Hinweis Millionär?“ (RTL seit 1999) oder „Ich bin ein auf die Kunstfreiheit eingestellt. Die Mainzer Star, holt mich hier raus“ (RTL seit 2004), Staatsanwaltschaft erklärte in ihrer Begrün- die beim Publikum ungebrochen Bindung dung, ein „durchschnittlich informiertes ver- erzeugen konnten. Immerhin schon seit ständiges Publikum“ müsste verstanden 2014 gehört auch die Reality-​Show „Die haben, dass Äußerungen aus dem „Neo Ma- Höhle der Löwen“ dazu, neuerdings mit gazin Royale“ oft jede Ernsthaftigkeit fehle. Carsten Maschmeyer als Löwe und weiter- Böhmermann zeigte sich erleichtert über die- hin steigenden Quoten (bis 3,32 Mio. Zu- sen Richterspruch, der ihn zum „unseriösen schauer ab 3 Jahre). Wie wenig aussage­ Quatschvogel“ erkläre, „der beruflich Blöd- kräftig die Quotenmessung sein kann, zeigt sinn macht“. Das freilich ist nur die halbe freilich die Erfolgsgeschichte von „Kitchen Wahrheit, wie das „Neo Magazin Royale“ Impossible“. Pilotiert im Dezember ​2014, er- noch im gleichen Jahr mit seiner investigati- zielte der Kochwettbewerb mit Tim Mälzer

79 Privates Fernsehen | Das Programmjahr 2016

zunächst nur unbefriedigenden Zuspruch Sport _ Schaut man auf die Liste der reich- (1,3 Mio. Zuschauer ab 3 Jahre, MA 3,8 %), weitenstärksten Sendungen des Jahres 2016, eine Wiederholung der Show im März ​2015 ergibt sich ein klares, altbekanntes Bild: Live holte dann aber einen ähnlich hohen Wert, übertragene Sportsendungen dominieren nämlich wieder 1,18 Millionen Zuschauer ab die Bestenliste. Wenn ARD und ZDF in der 3 Jahre. VOX hielt daraufhin an der Show Halbzeitpause eine Nachrichtensendung fest und bestellte eine komplette Staffel, ­zeigen, profitieren „Tagesschau“ oder das die 2016 nun dem Sender auch stabile Ein- „heute-journal“ von den Sportinteressierten, schaltquoten vor allem bei den jungen Zu- die dann nicht wegzappen. In diese Besten- schauern (MA 10,8 %) und einen Deutschen liste mischten sich 2016 einige „Tatorte“ – die Fernsehpreis für „Bestes Factual Entertain- ARD-Reihe feierte in diesem Jahr ein viel be- ment 2017“ bescherte. worbenes Jubiläum – und die Realityshow

Abb. 18 Reichweitenstärkste Sendungen/Formate deutscher TV‑Programme 2016​

Programm Sendung Genre max. Reichweite in Mio.

ARD Fußball Liveübertragung Sport 28,47 ARD Tagesschau Nachrichten 13,57 ARD Tatort Fernsehfilm/Reihe 13,32 ARD Handball Liveübertragung Sport 12,96 ZDF Fußball Liveübertragung Sport 29,85 ZDF heute-journal/Wetter Nachrichten 10,57 ZDF Handball Liveübertragung Sport 8,44 ZDF Ein starkes Team Fernsehfilm/Reihe 8,30 RTL Fußball Liveübertragung Sport 11,10 RTL Ich bin ein Star – holt mich hier raus Realityshow 8,69 RTL Formel 1 Liveübertragung Sport 6,83 RTL Sascha Grammel Live! Ich find´s lustig Comedy Show 6,44 ProSieben Fack ju Göhte Spielfilm 6,51 ProSieben The Voice of Casting-Show 4,15 ProSieben Edge of Tomorrow Spielfilm 3,59 ProSieben Independence Day Spielfilm 3,40 Sat.1 Julia Leischik sucht: Bitte melde dich Dokusoap 4,36 Sat.1 The Voice of Germany Casting-Show 4,19 Sat.1 Navy CIS Serie 3,95 Sat.1 Die Truckerin – Eine Frau geht durchs Feuer Spielfilm 3,65

Quelle: AGF/GFK Fernsehforschung Jan. – Dez. 2016.

80 Das Programmjahr 2016 | Privates Fernsehen

„Ich bin ein Star, holt mich hier raus“. Insge- Verbindungen zwischen Streamingdiensten samt wurde das ZDF zum Marktführer des und klassischen Fernsehveranstaltern gele- Jahres 2016 mit einem durchschnittlichen gentlich sein können, zeigt sich nicht allein Marktanteil bei den Zuschauern ab 3 Jahre in der Zusammenarbeit von ARD und SKY für von 13,0 Prozent, im Vorjahr war es ein halbes „Babylon Berlin“ oder bei der Fortsetzung der Prozent weniger gewesen. Die ARD folgte mit RTL-​Serie „Deutschland 83“, die nun zuerst 12,1 Prozent und konnte sich ebenfalls um bei Amazon gezeigt werden wird, da sich RTL 0,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr steigern. lediglich einen First Look für das Free‑TV hat Dieser Zuwachs ist freilich auf die so populä- garantieren lassen. Um den Zuschauern ren Liveübertragungen zurückzuführen, die von RTL den Remake-​Dreiteiler „Winnetou“ die Fußball-Europameisterschaft und die schmackhaft zu machen, hatte Amazon Olympischen Sommerspiele in Rio de Janeiro ­eigens alle Werbeblöcke für die Ausstrahlung mit sich brachten. Insofern könnte sich das des ersten Teiles gekauft, aber nicht belegt. feste Gefüge der Spitzenreiter in Zukunft Nach einem 60‑sekündigen Amazon-​Spot, doch auflösen. Denn ARD und ZDF haben die der auf diese Aktion hinwies, konnten die Olympiarechte verloren, in den nächsten RTL-​Zuschauer den Wandel von Karl May zu sechs Jahren ist mit diesem Quotendoping Old Shatterhand ohne weitere Werbebreaks also nicht zu rechnen. ansehen. Solche opulenten Mehrteiler wie „Winnetou“ bleiben aber bei RTL weiterhin Fiction _ VOX, ein Sender der so genannten die schmückende Ausnahme. Im Frühjahr „zweiten Reihe“, verlieh dem Fernsehpro- 2016 sendete RTL das Biopic „Duell der Brü- gramm auch mit der zweiten Staffel von der“ über die Turnschuhkönige Dassler. Auch „Club der roten Bänder“ erneut einen interes­ die ARD hatte den Stoff für sich entdeckt und santen Akzent. Die Jugendserie widerlegt wird den Zweiteiler „Die Dasslers“ im Früh- den generellen Eindruck, dass anspruchsvolle jahr 2017 zeigen. Insgesamt bleibt die Pflege Serien beim breiten Fernsehpublikum nicht des Fernsehfilms weiterhin eine Aufgabe der funktionieren. Solche High-​End-​Produktio- gebührenfinanzierten Sender ARD und ZDF. nen waren 2016 dennoch auf den Weg ge- Zu den Leuchtturmproduktionen 2016 ge- bracht worden – aber sie reüssierten eher in hörte sicher die Trilogie „Mitten in Deutsch- der Nische: ZDFneo zeigte die sechsteilige land: NSU“, die zwar enttäuschende Ein- Serie „Tempel“ (ausgestrahlt an drei Aben- schaltquoten erzielte, dann aber im Laufe den). Die Geldfälscherserie „Morgen hör ich des Jahres praktisch alle nennenswerten auf“ mit Bastian Pastewka war dagegen im Fernsehpreise gewonnen hatte. Ebenfalls Hauptprogramm zwar erst gut gestartet, ambitioniert war der Versuch der ARD, die dann aber eher schwach ins Finale gegan- historische Geschichte vom „Fall Barschel“ gen. Für beide Produktionen kann freilich ein als spannenden Verschwörungsthriller und längeres erfolgreiches zweites Leben in der das Mitmachtheater „Terror – Ihr Urteil“ für Mediathek erwartet werden. Wie stark die das Fernsehpublikum aufzubereiten. Bei dem

81 Privates Fernsehen | Fernsehnutzung 2016

Versuch von „Terror“, binnen kurzer Zeit ein kultur ersatzlos vom Bildschirm, und die ARD Meinungsbild der Zuschauer per Internet und nannte einsfestival in One um, ohne dass Telefonie abzufragen, versagte dann aber die damit eine wirkliche Profiländerung ein­ Technik. Das ZDF setzte erfolgreich auf den herging. Tatsächlich revolutionär agiert die historischen Stoff „Ku’damm 56“ und vor „­Tagesschau-App 2.0“, die dem Vorbild von allem unermüdlich auf das Krimigenre, das folgend Videos nun nicht mehr im Breit- nicht nur im Hauptabendprogramm, sondern bildformat 16 : 9, sondern für die Handyziel- auch im Digitalsender neo Erfolge feierte. gruppe auch im Verhältnis 9 : 16 anbietet. Denn anders als man vielleicht meinen Wichtige Nachrichten oder gute Serien – wie möchte, erklärt sich der Zuschauerzuwachs zum Beispiel „Fargo“ bei funk – können so bei ZDFneo nicht durch die spektakulären künftig auf einem Minidisplay angeschaut ­Eskapaden von Jan Böhmermann oder die werden. Auch die Übernahme von User-C​ on- Arthouse-Serie​ „Tempel“. Vielmehr ist weiter- tent ist damit leichter geworden, da Laien hin jede Wiederholung des Schmunzelkrimis häufig im Hochformat filmen. „Wilsberg“ die Ursache für eine deutliche Spitze in der ZDFneo-Quotenk​ urve. Im Schnitt fanden 2016 täglich 4,86 Millionen Zuschauer, 2.2 Fernsehnutzung 2016 also rund 900.000 mehr als im Vorjahr ­ZDFneo auf ihrer Fernbedienung. Auch die Rund 3,5 Millionen DVB‑T-​Kunden mussten Wiederholungen der betulichen Trödelshow sich im Frühjahr 2017 um eine neue „Bares gegen Rares“ machen sich auf dem TV‑Empfangstechnik kümmern, wenn sie Nischensender mit dem vermeintlich jungen weiter fernsehen wollen. Denn mit dem Profil sehr gut. Ende des Sendebetriebs für DVB‑T am 1. April ​2017 ­endete für das Free‑TV end­ Fernsehen im Internet _ Wer das jugend­ gültig das Antennen-​Zeitalter. Experten ver- liche Publikum erreichen will, sucht es besser muten, dass diese erzwungene Neuorien- gleich im Netz. Nach diesem Prinzip startete tierung das Internetfernsehen spürbar die ARD ihren neuen Jugendkanal funk als voranbring­ en könnte. Denn wer ohnehin im ­Internetplattform, die zwar beitragsfinan- Wohnzimmer über einen leistungsstarken ziert ist, aber ganz ohne eine TV‑Sende­ DSL-​Anschluss an seinem­ Computer oder frequenz auskommen darf. Für dieses nicht Smart‑TV verfügt, ist mit Portalen wie ganz preiswerte, aber sicher für den Erhalt ­Zattoo, TV Spielfilm oder Magine gut ver- des öffentlich-r​ echtlichen Rundfunks system­ sorgt. Zudem werden damit auch andere, relevante Experiment schloss das ZDF eigens zeitsouveräne Formen der Fernsehnutzung einen Nischensender ihres Digitalbouquets. zugänglich, wie die Mediatheken der Sen- So verschwand der erst 2011 aus dem ZDF­ der oder VoD-​Portale wie Netflix oder Ama- theaterkanal hervorgegangene Sender ZDF-​ zon. Die Art und Weise, wie die Deutschen

82 Fernsehnutzung 2016 | Privates Fernsehen

fernsehen, wird immer klarer ein Genera­ wegten sich auf einer VoD-P​ lattform (36,2 % tionenthema. Während diejenigen, die mit gegenüber nur 15,8 % der Gesamtgruppe). dem klassischen Fernsehen aufgewachsen Auch in der Nutzungsdauer spiegelt sich und älter geworden sind, immer länger der Generationenabriss immer deutlicher. schauen, interessieren sich die Jungen zwar Zwar lag die durchschnittliche tägliche noch für Fernsehinhalte, suchen und finden ­Nutzungsdauer von Fernsehen für alle Zu- diese aber nur noch in geringem Umfang schauer ab 3 Jahre vor sechs Jahren ebenso im linearen Fernsehen. So nutzten 2016 bei 223 Minuten wie 2016. Aber der Blick auf 71,2 Prozent der Zuschauer ab 14 Jahre Fern- die Alterskohorten zeigt doch deutliche Un- sehen oder Videoaufzeichnungen, aber nur terschiede: Während die Erwachsenen ab 46,6 ​Prozent der 14- bis 29‑Jährigen. Die 50 Jahre zu Beginn des Jahrzehntes täglich wiederum sahen sich deutlich häufiger 290 Minuten fernsahen, hat diese Zuschauer­ Fernsehinhalte im Livestream an (7,7 % ge- gruppe ihren ohnehin bereits üppigen Kon- genüber 4,3 % der Gesamtgruppe) oder be- sum noch um weitere 21 Minuten auf mehr

Abb. 19

TV- und Videonutzung | in Prozent

)",$ Klassisches Fernsehen &(,(

&,% Livestream ),)

(,* Selbst aufgezeichnete Sendungen (,)

"',* VoD %(,$

",+ Nichts davon $,*

! "! $! %! &! '! (! )! *!

"&+ "&–$+Jahre

Basis: 69,241 Mio. Personen ab 14 Jahre in Deutschland, Nutzungsanteile in einer durchschnittlichen Woche nach Selbsteinschätzung der Nutzer Quelle: die medienanstalten: Digitalisierungsbericht 2016, Kantar TNS.

83 Privates Fernsehen | Fernsehnutzung 2016

als fünf Stunden (311 Minuten) tägliche Seh- und Sender der zweiten Reihe. Wie ehedem dauer ausgedehnt. Demgegenüber ging die sind die Zuschauer aber auf jene Programme Fernsehnutzung in allen jüngeren Zielgrup- „abonniert“, mit denen sie medial sozialisiert pen kontinuierlich zurück: Die Jugendlichen wurden: Die über Fünfzigjähren schauen halten sich mit dem Fernsehen nur noch zum großen Teil und ZDF sowie die 81 Minuten täglich auf, 2010 waren es noch ARD-​Dritten. Bei den bis 49‑Jährigen liegt 108 Minuten. Auch die jungen Erwachsenen das ZDF (6,7 %) noch hinter VOX, Das Erste schauten 2016 nur noch 119 Minuten in die (7,4 %) hinter Sat.1 (8,7 %). Die beliebtesten Röhre, während es zu Beginn des Jahrzehntes Programme sind in dieser Zielgruppe RTL noch 142 Minuten waren. (12,8 %) und ProSieben (10,4 %). Kinder bis In der Auswahl der Programme bestätig- 13 Jahre finden im Dualen System mit dem ten sich die Vorlieben aus den Vorjahren. In- öffentlich-​rechtlichen KiKa einerseits und gesamt sind die Marktanteile im Dualen Sys- Super RTL und Nickelodeon anderseits ein tem weitgehend ausgeglichen verteilt: Die breites Angebot vor, das auch entsprechend Sender des öffentlich-​rechtlichen Systems genutzt wird. Als neuer Mitspieler ist hier der werden in der Gesamtgruppe der Zuschauer Disney Channel zu nennen, der seit 2014 frei ab 3 Jahre zu rund einem Drittel eingeschal- empfangbar ist und in der Gruppe der bis tet, die werbefinanzierten Anbieter machen 13‑jährigen Zuschauer nun mit 8,2 Prozent ein weiteres gutes Drittel aus, der Rest ver- Marktanteil häufiger eingeschaltet wird als teilt sich auf Special-Interest-​Programme Nickelodeon.

Abb. 20

Entwicklung der Nutzungsdauer von Fernsehen | 2010 bis 2016 in Min./Tag

     ab  Jahre      ab  Jahre  – Jahre     – Jahre   

    

◼ ab  Jahre ◼ – Jahre◼ – Jahre ◼ ab  Jahre

Quelle: AGF/GfK Fernsehforschung.

84 Fernsehnutzung 2016 | Privates Fernsehen

Abb. 21

TV-Marktanteile 2016 | Montag bis Sonntag, 3.00–3.00 Uhr; in Prozent

Zuschauer ab Jahren , % Sat. , % ZDFneo , % ProSieben , % ZDF , % kabel eins , % ARD III , % RTL , % ARD , % VOX , % RTL II , % Sonstige

Kinder bis Jahre , % Sat. , % ZDF , % ProSieben , % ARD III , % RTL , % ARD , % VOX , % KiKA , % RTL II , % Super RTL , % Sonstige , % Disney Channel , % Nickelodeon

Erwachsene bis Jahre , % Sat. , % ZDF , % ProSieben , % ARD III , % kabel eins , % ARD , % RTL , % VOX , % Sonstige , % RTL II , % Super RTL

Erwachsene ab Jahren , % Sat. , % ZDFneo , % ProSieben  , % ZDF , % kabel eins , % RTL , % VOX  , % ARD III , % RTL II , % ARD , % Sonstige

Quelle: AGF/GfK-Fernsehforschung, TV-Scope.

85 Privates Fernsehen | Programmstrukturen

2.3 Programmstrukturen gramminhalte in der Untersuchungswoche aus, bei Sat.1 waren es sogar mehr als drei In die TV‑Herbstsaison 2015/2016 fiel ein Viertel der journalistisc­ hen Berichterstat- unerwartetes politisches Ereignis, das zu- tung eines durchschnittlichen Sendetags. nächst als „Flüchtlingskrise“ bezeichnet Ein halbes Jahr später umfasste das Thema wurde. Wie die kontiunierliche Programm- bei RTL noch 7 und bei Sat.1 noch 6 Prozent beobachtung der Landesmedienanstalten der täglichen Sendezeit. Auch die Öffentlich-​ belegen kann, hat die – in der Öffentlichkeit Rechtlichen hatten die Berichterstattung als dramatisch wahrgenommene – Flucht- zurückgefahren: Hatte ARD/Das Erste noch bewegung aus Syrien, dem Nahen Osten im Herbst 2015 31 Prozent, das ZDF 26 Pro- und ­Afghanistan eine intensive Bericht­ zent der durchschnitt­lichen Sendezeit auf erstattung in den acht untersuchten Fern- eine fernsehpublizistische Aufbereitung des sehsendern der Langzeitstudie ausgelöst. Fluchtthemas verwandt, waren es im Früh- So widmeten Sat.1 und RTL in der Herbst- jahr 2016 bei beiden Sendern noch 10 Pro- stichprobe 2015 jeweils 12 Prozent der ge- zent. Diese Reduktion der Berichterstattung samten Sendezeit dem Fluchtthema. Diese spiegelte die Beruhigung in der politischen Schwerpunktsetzung machte bei RTL fast Debatte wider, nachdem der Strom der die Hälfte der fernsehpublizistischen Pro- Flüchtenden fast versiegt war.

Abb. 22

Programmsparten und Reality-TV 2016 | Zeitumfang pro Tag in Prozent

RTLVOX RTL II S ProSiebenkabel eins ARDZDF

◼ Reality-TV ◼ Nonfi ktionale Unterhaltung ◼ Fiktionale Unterhaltung ◼ Fernsehpublizistik

Basis: Eine Stichprobe im Frühjahr 2016. Quelle: die medienanstalten: Content-Bericht 2016.

86 Programmstrukturen | Privates Fernsehen

Da bei VOX und RTL II das fernsehpublizis- ger klassische Unterhaltung. Augenfällig ist tische Prorammsegment vor allem mit vor- aber bei den letztgenannten Sendern der produzierten Doku-Soaps​ bestückt wird, fehl- hohe Anteil des Realitätsfernsehens am Ge- ten hier die Formate, um auf die aktuellen samtprogramm. RTL II und VOX reservierten Ereignisse zu reagieren. Die Programmfor- 2016 jeweils genau oder mehr als zwölf Stun- scher erhoben bei VOX (im Herbst 2015: 18 % den pro Tag Fernsehformaten, die sich im für Fernsehpublizistik, 1 % Flüchtlingsbericht- Zwischenbereich von Fiktion und Realität be- erstattung) und RTL II (16 % für Fernsehpub- wegen. Casting-, Coaching- und Gerichts­ lizistik, 1 % für Flüchtlingsberichterstattung) shows sowie Doku-​Soaps sind in den werbe- sehr niedrige Werte für die Berichterstattung finanzierten Sendern der RTL Group und bei über Flüchtende an Europas Grenzen im Ver- Sat.1 programmprägend, während sie dem hältnis zum Gesamtumfang der thematisch Publikum von ARD und ZDF nur ausnahms- klassifizierbaren Fernsehpublizistik. weise angeboten werden. Allerdings stellten Aufgrund ihrer Finanzierung über den die Forscher beim ZDF 2016 eine Zunahme Rundfunkbeitrag stehen ARD und ZDF inge- von Trödel- und Kochshows fest. samt wesentlich mehr Programmstunden Der hohe Stellenwert von Unterhaltung zur Verfügung, während bei den Anbietern bei RTL II oder VOX, also den Vollprogrammen des privaten Rundfunks 4 bis 5 Stunden pro der zweiten Reihe, schlägt sich im Bereich Tag „werblich gebunden“ sind. Bezieht man der Fernsehpublizistik deutlich nieder. Sen- zusätzlich noch Sponsoring und Programm- dungen, die vor allem der Zerstreuung des promotion mit ein, so liegt das Gesamtvolu- Publikums dienen wollen, beschäftigen sich men der Sendungen bei den Sendern der RTL in der Regeln nicht mit der politischen Wil- Group und der ProSiebenSat.1 Media AG zwi- lensbildung, sondern mit Sport, Prominen- schen 19 und 20 Stunden täglich, während ten oder Einzelschicksalen. Hinzu kommen ARD und ZDF rund 23 Stunden Sendezeit mit spektakuläre Kriminalfälle oder Naturkata­ Programm füllen können. Ein Blick auf die strophen. Solche Boulevardthemen und die Programmspartenverteilung zeigt nun, dass neuen Hybridformen verdrängen, wie die trotz einer ausführlichen journalistischen Programmbeobachtung der Landesmedien- Berichterstattung ARD und ZDF 2016 auch anstalten zeigen kann, zunehmend die klas- einen großen Teil ihres Programms der fiktio­ sischen Fernsehformen: Journalistische Do- nalen und nonfiktionalen Unterhaltung wid- kumentationen oder Reportagen konnten die men konnten. Nur ProSieben und kabel eins Forscher 2016 im Programm RTL und Pro­ zeigten deutlich mehr Programme dieser Ka- Sieben nur in sehr geringem Umfang (0,3 %) tegorie, RTL, Sat.1, VOX und RTL II sogar weni- und bei RTL II gar nicht mehr identifizieren.

87 Privates Fernsehen | Wirtschaftliche Entwicklung

2.4 Wirtschaftliche Entwicklung damit im siebten Jahr hintereinander über steigende Umsätze im Werbegeschäft freuen. Privates Fernsehen weiterhin auf wirt- Auch die Pay‑TV-Umsä​ tze der deutschen Pri- schaftlichem Erfolgskurs _ Auch 2016 vatsender stiegen 2016. Laut VPRT-​Herbst- konnte der Gesamtumsatz der bundeswei- prognose konnte dieses Segment 2016 um ten privaten TV‑Anbieter weiter gesteigert 132 Mio. Euro bzw. sechs Prozent gegenüber werden. Die Nettoumsätze im Werbemarkt dem Vorjahr wachsen. Allen voran konnte wuchsen noch einmal kräftig und lagen 2016 Marktführer Sky zuletzt bei wachsender Kun- bei rund 4,56 Mrd. Euro, ein Anstieg von denzahl weiter steigende Umsätze verbu- 3,1 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Die deut- chen. schen Privat‑TV-​Unternehmen konnten sich

Abb. 23

Entwicklung der TV‑Umsätze | in Mio. Euro

$ !!% &."&! %.*"" *+!*.*&" $ !!& &.")$ %.*(! +%**.+)! $ !!' &.%') %.+$+ ".!%' +.%$" $ !!( &.&'& &.""& ".!** +.('( $ !!) &.&'" &."'( ".!+& +.)!" $ !!* &.&"( &.!%' "."'! +.(!" $ !!+ &.(&+ %.(&! ".!)" +.%(! $!"! &.(!!%.+'& ".$(!+.*"& $!"" &.'%( %.+*" ".&'( +.+)% $!"$ &.'!&&.!'" ".)%$ "!.$*) $!"% &.)$$ &."$' ".+"" "!.)'* $!"& &.))& &.$+$ $.!+* ""."(& $!"' &.)+) &.&$$ $.$!! "".&"+ $!"( &.*"* &.'(! $.%!! "".()*

! $.!!! &.!!! (.!!! *.!!! "!.!!! "$.!!! "&.!!!

Fernsehgebühren¹ Netto-TV-Werbeumsätze² Pay-TV-Umsätze³

Ohne Teleshopping-​Erträge Quelle: 1 ARD, ZDF, KEF 2 ZAW 3 Berechnung Goldmedia.

88 Wirtschaftliche Entwicklung | Privates Fernsehen

Zusätzlich trieben die großen Sender- und E‑Darling, den Modeblog Stylight und gruppen ihre Aktivitäten außerhalb ihres beteiligte sich an Pluto TV, einem werbefi- Kerngeschäfts weiter voran. Allen voran in- nanzierten US‑Videostreaming-Anbie​ ter mit vestierten die Mediengruppe RTL sowie die mehr als 100 linearen Livekanälen. ProSiebenSat.1‑Gruppe insbesondere in neue Seit September ​2016 vermarkten auch Angebote im Digitalbereich. In 2016 experi- die öffentlich-​rechtlichen Sender verstärkt mentierten die TV‑Anbieter mit Investitio- Onlinevideos mit dem Blick auf jüngere Ziel- nen in Gaming-​Angebote, Videostreaming, gruppen: Mit dem Launch der Multi-Channel-​ ​ Dating-​Apps, Modeblogs, Digitaldatenver- Content- P​ lattform funk setzte man erstmals marktung und E‑Commerce-​Plattformen. auf ein reines Onlineangebot, das die Ziel- gruppe der 14- bis 29‑Jährigen anvisiert. Da- Jüngere Zielgruppen im Fokus der Sen- rüber hinaus sind vor allem ProSiebenSat.1 der _ Um der wachsenden Nutzung von You- mit maxdome sowie Sky mit kostenpflichti- Tube, und anderen Videoangebo- gen Videoportalen aktiv und nach den inter- ten im Umfeld von Social Media vor allem nationalen Marktführern Amazon und Net- durch die Zielgruppe unter 29 Jahre gerecht flix die erfolgreichsten Anbieter im deutschen zu werden, verstärken die privaten TV‑Anbie- Video‑on-​Demand-​Markt. ter ihre Aktivitäten im Onlinebereich. Hierzu gehört der Ausbau ihrer Multi-​Channel-​ Die Brutto-​Netto-Schere​ der TV‑Sender Netzwerke, die verschiedene Onlinevideo-​ wächst weiter _ Die Bruttowerbeumsätze Angebote zugleich vermarkten. Hierfür si- im Fernsehen wuchsen 2016 erneut und er- cherte sich die RTL-Gruppe die Mehrheit an reichten mit 14,9 Mrd. Euro einen weiteren gleich mehreren Multi-​Channel-​Networks Rekordwert. Die Bruttowerbeumsätze erhöh- wie Divimove und Broadband TV und zudem ten sich damit gegenüber dem Vorjahr um eine Beteiligung am Digitaldaten-​Vermark- 950 Mio. Euro. Der Nettowerbeumsatz konnte ter Q Division. ebenfalls leicht zulegen, stieg jedoch deut- Nachdem ProSiebenSat.1 bereits seit 2014 lich weniger stark auf rund 4,56 Mrd. ​Euro mit Studio71 ein eigenes Multi-​Channel-​Net- (plus 138 Mio. Euro). Das weitere Anwachsen work betreibt, in dem einige der erfolgreichs- der Brutto-​Netto-​Schere lässt auf einen sich ten deutschen YouTuber (bspw. Gronkh) weiter intensivierenden Wettbewerb um unter Vertrag sind, investierte die Medien- Werbekunden im TV‑Bereich und damit auf gruppe 2016 erneut in neue Onlinedienste. größere Rabatte und weitreichendere Zu­ So sicherte sich das Unternehmen 2016 unter geständnisse der Vermarkter gegenüber den anderem die Online-​Datingportale Parship Mediaagenturen schließen.

89 Privates Fernsehen | Wirtschaftliche Entwicklung

Abb. 24

Entwicklung der Brutto- und Netto‑TV-​Werbeumsätze 2007–2016 | in Mrd. Euro

%

%

%

%

 , ,

 – % % – Brutto-Netto-Verhältnis in Prozent ◼◼ Brutto-Fernsehwerbeumsätze ◼◼ Netto-Fernsehwerbeumsätze

Quelle: ZAW, Nielsen Media Research, Goldmedia-​Analyse.

Fernsehen unangefochten stärkstes Seg- mit 2,93 Mrd. Euro 2016 brutto zudem noch ment im Medienmarkt _ Die Umsätze mit unter dem Jahreswert von 2015. Die Werbe­ Online- und Mobilewerbung waren auch umsätze im Mobilebereich stiegen gegen- 2016 noch vergleichsweise gering. Trotz rie- über dem Vorjahr zwar um 42 Prozent an, siger Nutzerzahlen im Onlinebereich war der machen aber, trotz steigender Verbreitung TV ‑Werbeumsatz (brutto) laut Nielsen 2016 und Nutzung von Mobilgeräten, mit rund noch rund fünfmal so hoch wie die Internet- 518 Mio. Euro immer noch einen relativ klei- werbung. Die Online-​Werbeumsätze lagen nen Teil des Marktes (rund 1,7 %) aus. Abzüg-

90 Wirtschaftliche Entwicklung | Privates Fernsehen

Abb. 25 Nettowerbeeinnahmen verschiedener Mediengattungen in Deutschland 2010–2016 | in Mio. Euro

– , % +,%

+,%

+,% . .  . .      . . .  .  . .  .

TV Radio Zeitungen¹/ Zeitschriften² Online und Mobile

◼  ◼  ◼  ◼ 

1 Tageszeitungen ohne Rubriken und Beilagen 2 Publikumszeitschriften exkl. Stadtillustrierte Quelle: ZAW.

lich Rabatten und Skonti kamen Online und in den Investitionen der Werbewirtschaft Mobile auf einen Nettowerbeumsatz von wieder. Dies liegt zu Teilen daran, dass es für rund 1,5 Mrd. Euro. den Onlinebereich bisher weder vergleich- Hörfunk und Zeitungen konnten bei den bare Quoten noch sichere Reichweiten gibt. Bruttowerbeumsätzen ebenfalls noch einmal­ Hier profitiert das Fernsehen davon, dass die zulegen und die Vorjahresumsätze übertref- Messung der TV‑Marktanteile als Währung fen. Zeitungen steigerten die Bruttowerbe­ im Markt noch immer fest etabliert ist. Mit umsätze auf 4,8 Mrd. Euro, während die Um- der zunehmenden Verschiebung der Medien- sätze im Hörfunk auf 1,8 Mrd. Euro stiegen. nutzung in den Onlinebereich steht jedoch Die Veränderungen der Nutzungsgewohn- auch die Reichweitenmessung vor der wach- heiten insbesondere bei den jüngeren Gene- senden Herausforderung, das Nutzungsver- rationen spiegeln sich demnach noch nicht halten adäquat abzubilden.

91 Privates Fernsehen | Wirtschaftliche Entwicklung

Abb. 26

Marktanteile am TV‑Werbeumsatz 2016 (brutto) | in Prozent

, % RTL II (El Cartel Media) , % ProSiebenSat. Gruppe , % N , Viva, Comedy Central, (SevenOne Media) Nickelodeon (Visoon Video Impact) , % DMAX (Discovery Communications) , % Sport Sport edia) , % RTL-Gruppe (IP Deutschland) , % Te , % Disney Channel (Disneymedia+) , % ARD gesamt (AS&S) , % ZDF (ZDF Werbefernsehen)

Basis: Bruttowerbeerlöse i. H. v. 13,980 Mrd. Euro. Erfasst wurden die Werbeumsätze der dargestellten Sender. Nicht enthalten sind weitere, meist Sparten-​TV-​Sender aus dem deutschen Free- und Pay-​TV. Quelle: Nielsen Media Research 2016.

TV-​Werbemarkt klar aufgeteilt _ ​Der TV‑ Programmatic Advertising wird zum Wer- Werbemarkt in Deutschland ist seit Jahren bestandard _ Das automatisierte Buchen klar aufgeteilt und daran änderte sich auch von Werbeplätzen über alle Mediengattun- 2016 kaum etwas. Die Vermarktungsagentur gen hinweg (Programmatic Advertising) wird der RTL-​Gruppe, IP Deutschland, sowie die für den Vermarktungsprozess immer bedeut- ProSiebenSat.1‑Gruppe, SevenOneMedia, ver- samer. Dem Zuschauer wird hierbei auf sein einten zusammen 78 Prozent des Brutto­ Nutzerprofil zugeschnittene Werbung ge- werbemarktes. Auf Platz drei folgte EL Cartel zeigt. Möglich wird dies auch durch die stei- Media, der Werbezeitenvermarkter von RTL II, gende Zahl von internetfähigen TV‑Geräten mit einem Marktanteil von rund sieben Pro- in Deutschland. Laut Digitalisierungsbericht zent. Die Vermarktungstöchter von ARD und der Medienanstalten waren 2016 rund ZDF teilten sich 2016 insgesamt vier Prozent 17,2 Mio. TV‑Geräte mit dem Internet verbun- des Marktes. Auf einem stabilen Niveau hiel- den. Hier ist das Ausspielen individueller ten sich zudem (2,7 %) sowie DMAX Werbung über einen Adserver prinzipiell (2,6 %) und Visoon Video Impact (2,6 %), der möglich. u. a. Nickelodeon und N24 vermarktet. Die Die Werbevermarkter stehen vor beson- Schlusslichter waren (1,9 %) und der deren Herausforderungen bei der Integration Disney Channel (1,2 %). von Programmatic Advertising im linearen

92 Beteiligungsverhältnisse | Privates Fernsehen

TV. Gemeinsam mit Mediaagenturen ent­ schaftlicher Fernsehprogramme in Deutsch- wickeln die Werbezeitenvermarkter aktuell land vorgestellt. Systeme, über die in Echtzeit Werbespots ge- bucht werden können. Hierfür übernahm die Mediengruppe RTL Deutschland _ Die Me- Mediengruppe RTL Deutschland den Online- diengruppe RTL Deutschland GmbH ist (über video- ​Vermarkter Smartclip im März ​2016 die dazwischengeschaltete RTL Group Ger- für rund 46 Mio. Euro. Smartclip ist einer der many S. A.) eine hundertprozentige Tochter- größten Anbieter von Instream-​Videower- gesellschaft der RTL Group S. A., die (über die bung und hat nach eigenen Angaben Zugriff Capital Holding GmbH) wiede- auf über 13 Mio. internetfähige TV‑Geräte in rum zu 75,1 Prozent im Besitz der Bertels- Deutschland. Der neue Fokus auf Program- mann SE & Co KGaA ist. 24,9 Prozent der RTL-​ matic Advertising könnte damit auch weit- Group- ​Anteile werden an der Börse (MDAX) reichende Konsequenzen für die TV‑Quoten- gehandelt, wovon sich 0,79 Prozentpunkte messung haben. im Eigenbesitz der RTL Group S. A. befinden. Bertelsmann gehörte Ende 2016 nach An­ gaben der Kommission zur Ermittlung der 2.5 Beteiligungsverhältnisse im Konzentration im Medienbereich (KEK) zu privaten Fernsehen 77,6 Prozent der Bertelsmann Stiftung, zu 19,1 Prozent der Familie Mohn und zu 3,3 Pro- Die Zahl der bundesweit ausgestrahlten zent der Bertelsmann Verwaltungsgesell- TV‑Programme nimmt in der Bundesrepublik schaft mbH sowie der Reinhard Mohn Stif- kontinuierlich zu – im vergangenen Jahrzehnt tung. Sämtliche Bertelsmann-​Stimmrechte um etwa 20 Prozent. Bei den Free‑TV-Ang​ e- werden von der Bertelsmann Verwaltungs- boten dominiert, gemessen an Zuschauer- gesellschaft mbH kontrolliert. marktanteilen, allerdings nach wie vor das Zur RTL Group S. A. zählten Ende 2016 je- Duopol von Mediengruppe RTL Deutschland weils komplett die Free‑TV-​Programme RTL, und ProSiebenSat.1 Media SE: 2016 erreich- n‑tv, RTL Nitro und (seit Juni ​2016) RTL Plus ten die Programme des RTL-V​ erbundes einen sowie die Pay‑TV-K​anäle RTL Crime, RTL Zuschauermarktanteil von insgesamt 22,6 ​ Living, RTL Passion und . Hinzu Prozent und die der ProSiebenSat.1‑Sender- kamen Beteiligungen an VOX (99,7 %), RTL II familie 18,9 Prozent Marktanteil. Alle übrigen (35,9 %), Super RTL (50 %), Toggo plus (50 %, privatwirtschaftlichen Free‑TV-​Programme seit Juni ​2016) sowie Tochtergesellschaften erzielten einen Zuschauermarktanteil von für regionale RTL-​Programmfenster in Hes- insgesamt 13,6 Prozent (2014: 12,3 %. 2015: sen (60 % an RTL Hessen Programmfenster 13,3 %). Im Folgenden werden die Beteiligun- GmbH), Norddeutschland (100 % an der RTL-​ gen der wichtigsten Veranstalter privatwirt- Nord GmbH) und Nordrhein-W​ estfalen (75 %

93 Privates Fernsehen | Beteiligungsverhältnisse

Abb. 27 Zurechnung von Programmen zu Veranstaltergruppen

Veranstaltergruppe zuzurechnende Programme Zuschaueranteile (insgesamt) 1 2015 2016

RTL Group S. A./Bertels- RTL Television, RTL Crime, RTL Living, RTL Nitro, RTL Passion, RTL Plus, 22,9 % 23,2 % mann SE & Co. KGaA GEO Television, RTL II, SUPER RTL, TOGGO plus, n‑tv, VOX, auto motor und sport Channel ProSiebenSat.1 SAT.1, ProSieben, kabel eins, , SAT.1 Gold, ProSieben MAXX, kabel 19,9 % 18,9 % Media SE eins Doku, ProSieben FUN, , SAT.1 emotions, ran FIGHTING, Sportdeutschland.TV The Walt Disney Disney Channel, , Disney XD, SUPER RTL, TOGGO plus, 6,6 % 6,3 % Company RTL II, History, A&E, 3 Tele München Gruppe RTL II, Tele 5 4,6 % 4,4 % Viacom-​Gruppe MTV, MTV Brand New, Nickelodeon, Nick Jr., NickToons, VIVA, MTV 1,0 % 0,8 % Dance 3, MTV Hits 3, MTV Live HD 3, MTV Music 24 3, MTV ROCKS 3, VH‑1 3, VH‑1 Classic 3 Sky 1, Sky 3D, Sky Action, Sky Arts HD, Sky Atlantic, Sky Atlantic +1, 2,0 % 1,6 % ­Fernsehen GmbH & , Sky Cinema +1, Sky Cinema +24, Sky Cinema Family, Sky Co. KG/21st Century Cinema Hits, Sky Comedy, Sky Emotion, Sky Event, Sky Fanzone, Sky Fox, Inc. Fußball Bundesliga, Sky Info, , Sky News, Sky Nostalgie, 1, Sky Sport 2, Sky Sport 3 HD 2, Sky Sport News, Sky.‌de, Fox Channel, National Geographic Channel, NAT GEO WILD, NAT GEO people, Sky News 3, BabyTV 3 sowie von Dritten veranstaltete, auf der Sky-​Plattform ausgestrahlte Programme, die Sky zuzurechnen sind 4 Constantin Medien AG SPORT1, SPORT1+, SPORT1 US, SPORT1 Livestream 0,9 % 0,9 % NBCUniversal/The 13th Street, Syfy, Universal Channel, E! Entertainment, History, 0,6 % 0,6 % History Channel A&E

1 Quelle: AGF in Zusammenarbeit mit GfK, Z3+; sofern ausgewiesen 2 nicht auf Sendung 3 aufgrund von Auslandslizenzen veranstaltete, in Deutschland empfangbare Programme 4 Classica, GoldStar TV, Heimatkanal, Romance TV, Spiegel TV Geschichte, MotorVision TV Quelle: Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK), Stand: Dezember 2016.​

an RTL West GmbH). Das Anfang 2016 für im Die RTL Group S. A. veranstaltete 2016 eu- Ausland lebende Deutsche gestartete Pay‑​ ropaweit insgesamt 60 Fernseh- und 31 Ra- TV-​Programm RTL International wurde Ende dioprogramme. Pro Jahr werden von Tochter­ Mai ​2017 aufgrund zu geringer Abonnenten- unternehmen wie Media (wiede- zahlen wieder eingestellt. rum mit Tochterfirmen in 24 Ländern) mehr

94 Beteiligungsverhältnisse | Privates Fernsehen

als 10.000 Stunden​ TV‑Programm produziert. USA und Kanada wird das Pay‑TV-​Angebot Im Bereich Online-​Bewegtbild bestehen Be- ProSiebenSat.1 Welt mit Programmen von teiligungen an den Multichannel-​Networks Sat.1, ProSieben, sixx und kabel eins ausge- StyleHaul (94 %), Broadband TV (51 %) und strahlt. Für die regionalen Free‑TV-F​enster- ­Divimove GmbH (50,8 %). programme von Sat.1 hält die ProSiebenSat.1 Die RTL Interactive GmbH verantwortet Media AG sämtliche Anteile an der Sat.1 ​ außer den Internetseiten der TV‑Programme Norddeutschland GmbH sowie 10 Prozent an auch die Angebote clipfish.de‌ , wetter.de‌ und der Privatfernsehen in Bayern GmbH & Co vip. ‌de. Anfang März ​2016 wurden unter der KG. Hinzu kommen das Video-​on-​Demand-​ neuen Dachmarke TV Now die Online-​Be- Angebot ranfighting.‌de (100 %) und eine Be- wegtbildangebote von RTL, VOX, n‑tv, RTL teiligung am Online-Spar​ tenprogramm Sport- Nitro, Super RTL, RTL II, Toggo plus und RTL deutschland.TV (57,5 %). Plus gebündelt, um Sendungen (teilweise Mit ihrer Tochtergesellschaft Red Arrow gegen Entgelt) auf Abruf oder per Livestream Entertainment Group GmbH ist die ProSieben­ anzubieten. Sat.1 Media AG auch in der Produktionsbran- che tätig. Darüber hinaus gehören zum Un- ProSiebenSat.1 Media SE _ Die Aktien der ternehmen außer den Online-Ang​ eboten der ProSiebenSat.1 Media SE befinden sich über- eigenen TV‑Programme auch das Video‑on-​ wiegend im Besitz von institutionellen In­ Demand-Ang​ ebot maxdome, das Multichan- vestoren aus den USA, Großbritannien und nel- ​Network Studio 71, die Mediathek 7TV Deutschland. Ende 2016 waren 78,86 Prozent sowie Internetseiten (wer-​weiss-​was.‌de, der Unternehmensanteile im Streubesitz. wetter.‌com, fem.‌com) und die Mehrheit am 9,2 Prozent der Aktien gehörten dem Invest- Online-​Tarifvergleich Verivox (80 %). ment- ​Unternehmen Black Rock, 5,08 Pro- zent zu Fonds der Capital Group Companies Sky Deutschland GmbH _ Deutschlands und 5,06 Prozent dem Investment-U​ nterneh- größter Pay‑TV-Anbieter​ ist eine hundertpro- men Invesco. 1,8 Prozent der ProSiebenSat.1‑​ zentige Tochtergesellschaft von Sky plc. Die- Stammaktien­ hielt das Unternehmen selbst. ses britische Unternehmen ist auch Markt- Seit März ​2016 zählen die ProSiebenSat.1‑​ führer in Großbritannien, Irland, Italien und Wertpapiere zum Deutschen Aktienindex Österreich. Hauptgesellschafter von Sky plc. DAX. ist 21st Century Fox Inc. (37,19 %). 55,8 Prozent In Deutschland ist die ProSiebenSat.1 der Anteile befinden sich in Streubesitz, und Media AG im Besitz sämtlicher Anteile an mit 5,06 Prozent beteiligte sich das Invest- den Free‑TV-​Kanälen ProSieben, Sat.1, kabel ment- ​Unternehmen Black Rock. eins, sixx, Sat.1 Gold, ProSieben MAXX sowie Zum Pay‑TV-​Angebot von Sky zählten (seit September 2016)​ . Hinzu Anfang 2017 in Deutschland 46 Entertain- kommen die Pay‑TV-Ang​ ebote ProSieben FUN, ment-P​ rogramme (davon 19 in HD‑Qualität), kabel eins Classics und Sat.1 emotions. In den 19 ­​Cinema-​Programme (davon 7 in HD‑Qua-

95 Privates Fernsehen | Beteiligungsverhältnisse

lität) sowie 13 Sport-P​ rogramme. Im Dezem- A&E verantwortet. Außerdem ist Disney Ver- ber startete mit dem Kanal Sky Sport News anstalter der Pay‑TV-K​ anäle Disney Channel, HD das erste Free‑TV-​Programm des Unter- Disney XD, Disney Junior sowie (mit Ofcom-​ nehmens. Die KEK rechnet folgende Sky-​ Lizenz) Disney Cinemagic und Disney Cine- Programme direkt der 21st Century Fox zu: magic HD. Sky 1, Sky 3D, Sky Action, Sky Arts HD, Sky Die Discovery Holding Company hat in Atlantic HD, Sky Atlantic + 1 HD, Sky Cinema, Deutschland Zulassungen für die Free‑TV-​ Sky Cinema + 1, Sky Cinema + 24, Sky Cinema Programme DMAX und TLC sowie für die Family, Sky Cinema Hits, Sky Comedy, Sky Pay‑TV-​Kanäle Discovery Channel und Ani- Emotion, Sky Krimi, Sky Nostalgie, Sky Bun- mal Planet. Hinzu kommen (mit Auslands­ desliga, Sky Sport 1, Sky Sport 2, Sky Sport lizenz) die deutschsprachigen Kanäle Euro­ News HD, Sky Event, Sky Fanzone, Sky Info sport 1 (Free‑TV) und (Pay TV). und Sky.de‌ . Außerdem stammen folgende Die Discovery-​Anteile befinden sich mehr- Kanäle der Fox Networks Group Germany, heitlich im Streubesitz. Etwa 22 Prozent ge- die via Sky zu sehen sind, von 21st Century hören der Familie von John C. Malone, der Fox: National Geographic Channel, National mit einer Mehrheit der Stimmrechte außer- Geographic Wild Channel, National Geogra- dem den Konzern Liberty Global steuert, phic People Channel und Fox Channel. Mit- der auch die Teleshopping-​Kanäle QVC, QVC telbar kann Sky auch acht von Dritten ge­ Plus sowie QVC Beauty & Style und den lieferte Angebote beeinflussen: Classica, deutschen Kabelnetzbetreiber Unitymedia Goldstar TV, Heimatkanal, Romance TV, Spie- besitzt. gel TV Geschichte, MotorVision TV, A&E Time Warner, dessen Anteile sich zu sowie History. 83,3 Prozent in Streubesitz befinden, veran- staltet in Deutschland die Pay‑TV-​Angebote US-​Medienkonzerne _ Außer dem Unter- TNT Film, TNT Serie, TNT Comedy, Cartoon nehmen 21st Century Fox, das zu knapp Network sowie Boomerang sowie (mit Ofcom-​ 39 Prozent der Familie Murdoch gehört, Lizenz) den englischsprachigen Nachrichten­ ­veranstalten auch die US‑Medienkon- kanal CNN International. zerne Walt Disney Company, Discovery Hol- Viacom hat Zulassungen für die Free‑TV-​ ding Company, Time Warner, Viacom und Programme Viva und Nickelodeon/Nicknight NBC Universal TV‑Programme in Deutsch- sowie die Pay‑TV-​Angebote MTV, MTV Brand land. New, NICK jr. und NickToons. Auf der Basis Der Konzern von Ofcom-​Lizenzen sind in Deutschland besitzt Free‑TV-Beteiligung​ en an RTL II ­außerdem die englischsprachigen Viacom-​ (15,75 %), Super RTL und Toggo plus (je 50 %) Pay‑TV-K​ anäle MTV Dance, MTV Hits, MTV sowie 25 Prozent der Gesellschafteranteile Live HD, MTV Music 24, MTV Rocks, VH‑1 und der The History Channel Germany GmbH & VH‑1 Classic​ empfangbar. Co KG, welche die Pay‑TV-K​ anäle History und

96 TV im Internet | Privates Fernsehen

NBC Universal verbreitet in Deutschland den Bereichen Film, Videoauswertung und die Pay‑TV-K​ anäle 13th Street Universal, SyFy, Merchandising. Universal Channel sowie E! Entertainment. Darüber hinaus hält der US‑Konzern 50 Pro- zent der Anteile an den Pay‑TV-P​ rogrammen 2.6 TV im Internet History und A&E. 2016 verfügten laut statistischem Bundes- Constantin Medien AG _ Das wichtigste amt 85 Prozent der deutschen TV‑Haushalte TV‑Geschäftsfeld der Constantin Medien AG, über einen Breitbandanschluss und damit deren Aktien sich mehrheitlich im Streu­ über die technische Grundlage für die Nut- besitz befinden, ist der Sport‑TV-​Sektor mit zung von Bewegtbildinhalten im Internet. dem Free‑TV-K​ anal Sport1 sowie den Pay‑TV-​ Fast jeder zweite TV‑Haushalt in Deutsch- Kanälen Sport1+ und Sport1 US. Hinzu kom- land (45 %) hat inzwischen auch seinen Fern- men unter anderem die Tochterfirma Plaza- seher mit dem Internet verbunden, sei es media (TV‑Produktion bei Sportereignissen) mittels eines Smart‑TV-Ger​ äts, einer Spiele- und eine Mehrheitsbeteiligung (60,53 %) an konsole oder eines Blu-​ray-​Players oder über der Highlight Communications AG (u. a. Streaming-​Devices wie den Amazon Fire Constantin Film). TV‑Stick, Google Chromecast oder Apple TV. So können unter anderem Onlinevideos oder Axel Springer SE _ Das Medienunterneh- Livestream-​Angebote direkt über den Fern- men Axel Springer SE hält 100 Prozent der seher aus dem Internet abgerufen werden. Gesellschafteranteile der Free‑TV-P​ rogramme N24 und N24 Doku (im September ​2016 ge- Bewegtbildnutzung wächst weiter _ Die startet). In der TV‑Branche ist Springer außer­ steigende Verfügbarkeit geht laut Digitalisie- dem mit der Produktionsgesellschaft Maz & rungsbericht 2016 der Medienanstalten mit More sowie einer Beteiligung in Höhe von einer deutlich zunehmenden Nutzung von 7 Prozent an Dogan TV aktiv. Hinzu kommen Bewegtbildangeboten über das Internet ein- Minderheitsbeteiligungen an Hörfunkveran- her. Schon sehr regelmäßig (mind. einmal/ staltern. Woche) sehen 25,8 Prozent der deutschen Bevölkerung ab 14 Jahren Online-Be​ wegtbild­ Tele München Gruppe _ Die Tele München inhalte, bei den 14- bis 29‑Jährigen sind es Gruppe ist mehrheitlich im Besitz des öster- sogar schon mehr als die Hälfte (52,1 %). reichischen Medienunternehmers Herbert Insbesondere die zeitunabhängige Nut- Kloiber (97 % der Gesellschafteranteile). Zum zung von Video‑on-​Demand-​Inhalten (VoD) Unternehmen gehören der Free‑TV-​Kanal ist dabei ein treibender Faktor. Mitte 2016 Tele 5 und 15,75 Prozent der Anteile am Pro- schauten 44,9 Prozent der 14- bis 29‑Jährigen gramm RTL II. Hinzu kommen Aktivitäten in und 21,2 Prozent der ab 14‑Jährigen in Deutsch­land regelmäßig Videos zeitunab-

97 Privates Fernsehen | TV im Internet

Abb. 28

Bewegtbildnutzung im Internet | mind. einmal/Woche; in Prozent

$( Bewegtbildnutzung im Internet (netto) '$

"& Nutzung von Livestreams¹ $(

$" Nutzung vonVoD &'

") VoD über YouTube &&

VoD in sozialen Netzwerken wie z.B. Facebook, ) Twitter "*

"" Mediatheken derTV-Sender (netto) $! darunter + Mediatheken der öffentlich-rechtlichen Sender "&

& Mediatheken der privaten Sender "!

"$ Onlinevideotheken (netto) %$ darunter ( Amazon (Prime) Video "'

& Netflix "$

" maxdome %

! "! $! %! &! '! (!

"&+ "&–$+ Jahre

1 TV-Sender direkt; über Plattformen wie z.B. Zattoo, Magine; Livestreams von reinen Internetsendern, Live­ streams über YouTube Basis: 69,241 Mio. Personen ab 14 Jahre/14,259 Mio. Personen zwischen 14–29 Jahre in Deutschland Quelle: die medienanstalten: Digitalisierungsbericht 2016, Kantar TNS.

98 TV im Internet | Privates Fernsehen

hängig im Internet, und dies nicht nur über der Gesamtbevölkerung größer als die Nut- die kostenlosen Mediatheken der TV‑Sender, zung der Mediatheken der TV‑Sender. Hier sondern in hohem Maße auch über kosten- lag die wöchentliche Nutzung der Deutschen pflichtige Onlinevideotheken. Deren Nutzung ab 14 Jahre im Jahr 2016 bei 11,2 Prozent. Die gehörte für 31,7 Prozent der jungen Nutzer größere Internetaffinität der jungen Alters- und immerhin für rund 11,6 Prozent der Ge- gruppe der 14- bis 29‑Jährigen zeigt sich auch samtbevölkerung zum wöchentlichen Reper- hier: Während 11,2 Prozent der Gesamtbevöl- toire. kerung mindestens einmal wöchentlich eine Auch Online-​Livestreaming nutzten 2016 Mediathek nutzen, tun das 20,1 Prozent der mittlerweile 13,6 Prozent aller Personen ab jungen Altersgruppe. Vergleicht man die Me- 14 Jahren bereits wöchentlich. Bei den jünge- diatheken der öffentlich-​rechtlichen Sender ren Nutzern riefen sogar schon 26,4 Prozent mit denen der privaten Anbieter, so liegen in regelmäßig Live-Inhalte​ online ab. Ausschlag­ beiden Altersgruppen die öffentlich-​recht­ gebend hierfür ist sicherlich auch, dass in lichen Sender vorne. 9,2 Prozent bzw. 14,2 Pro- mehr als 10 Prozent der Haushalte mit einem zent nutzen die Inhalte der öffentlich-​recht- Haupteinkommensbezieher, der jünger als lichen und 3,6 Prozent bzw. 9,5 Prozent die 30 Jahre ist, kein Fernseher mehr vorhanden Inhalte der privaten Sender. ist. Der Zugang zu klassischen TV‑Inhalten Videos über soziale Netzwerke wie Face- erfolgt bei diesen Zuschauern mittels Live­ book und Twitter wurden von 6,5 Prozent der streaming über das Internet. Deutschen regelmäßig angeschaut, bei den 14- bis 29‑Jährigen lag die Nutzung bei rund YouTube-​Nutzung bei jungen Menschen 17,8 Prozent. weit verbreitet _ Rund 18 Mio. Personen ab 14 Jahren nutzen in Deutschland regelmäßig Kostenpflichtige Onlinevideotheken eta­ Bewegtbildinhalte über das Internet. Werbe- blieren sich _ Insgesamt existierten in finanzierte VoD-Plattformen​ wie YouTube Deutschland Mitte 2016 38 kostenpflichtige werden vor allem von den jungen Sehern VoD- Ang​ ebote, der Markteintritt neuer Wett- stark genutzt. Knapp die Hälfte (44,1 Prozent) bewerber wie Disney Life und YouTube Red der Deutschen zwischen 14 und 29 Jahren wird für 2017 erwartet. Laut Digitalisierungs- schaute laut Digitalisierungsbericht 2016 bericht nutzten 2016 bereits rund ein Drittel mindestens einmal pro Woche Videoinhalte der 14- bis 29‑Jährigen regelmäßig ein Pay-​ bei YouTube an. Aber auch auf die Gesamt- VoD-​Angebot. Die meisten Nutzer kosten- bevölkerung ab 14 Jahren gesehen nutzen pflichtiger VoD-​Angebote vereinte Amazon YouTube immerhin 17,2 Prozent mindestens mit insgesamt rund 4,3 Mio. Nutzern (6,2 % einmal pro Woche. der deutschen Gesamtbevölkerung ab 14 Jah- Damit ist die YouTube-​Nutzung nicht nur ren) auf sich, gefolgt von Netflix (3,9 %) und in der jungen Altersgruppe, sondern auch bei maxdome (1,3 %).

99 Privates Fernsehen | TV im Internet

Abb. 29

Inhalte- ​Präferenzen deutscher Onliner | in Prozent

Serien )! Kinofilme '& Dokumentationen &) Fernsehfilme %+ Kinderfilme/Serien "% Sonstiges (

! "! $! %! &! '! (! )! *!

Basis: Deutsche Pay-​VoD-​Nutzer ab 14 Jahren die mind. ein Pay-VoD-Angebot nutzen, März–April 2016​ Quelle: Goldmedia Analyse, repräsentative Onlinebefragung (n = 975).

Serien wichtigstes Kriterium bei der Wahl Der internationale Wettbewerb der Video- des VoD-​Portals _ Serienproduktionen stel- portale verschärft sich _ Im Sommer 2016 len immer häufiger das zentrale Kriterium startete Facebook seine Livestreaming-​Platt- bei der Auswahl einer kostenpflichtigen VoD-​ form Facebook Live. Das erklärte Ziel: You- Plattform dar. Für 70 Prozent der im Rahmen Tube und Periscope von Twitter auf dem Be- des Goldmedia VoD-​Monitors im März/April ​ wegtbild-​Werbemarkt anzugreifen. Amazon 2016 befragten Pay-​VoD-​Kunden sind Serien öffnete Mitte 2016 unter dem Titel Amazon der wichtigste Inhalt auf den von ihnen ge- Video Direct seine Videoplattform für unab- nutzten Portalen, noch vor Kinofilmen (54 %). hängige Anbieter und integrierte seine Live-​ Es folgen in der Priorisierung Dokumenta­ Gaming-​Plattform Twitch – eine direkte At- tionen (47 %), Fernsehfilme (39 %) sowie Kin- tacke auf YouTubes lukrative „Let’s Play“-​ derfilme/Serien (13 %). Reichweiten. Derweil positionierte sich Twit- Um ihre Position im deutschen Markt ter auf dem Videomarkt neu und stellte weiter zu stärken, haben die großen kosten- seinen Mini-​Videodienst Vine ein. Zukünftig pflichtigen VoD-A​ nbieter verschiedene deut- will sich die US‑Firma stärker auf die Ver- sche Serienproduktionen in Auftrag gegeben, marktung von Live-​Videos und tagesaktuel- welche alle 2017 ausgestrahlt werden sollen. lem Geschehen konzentrieren. Twitter setzt Hierzu gehören bspw. Amazons „You Are dabei unter anderem auf die eigene Live­ Wanted“ von und mit Matthias Schweighö­ fer streaming-​Plattform Periscope, die künftig sowie die Netflix-​Serie „Dark“. Bereits im Ja- verstärkt professionelle Inhalte verbreiten nuar 2017​ wurde die Comedyserie „Jerks“ mit soll. Hierfür sicherte sich der Kurznachrichten­ Christian Ulmen auf maxdome bereitgestellt, dienst u. a. die Online-​Übertragungsrechte noch bevor im Februar ​2017 die Free‑TV-A​ us- der Donnerstagsspiele der amerikanischen strahlung auf ProSieben folgte. Footballliga NFL.

100 TV im Internet | Privates Fernsehen

Klassisches Fernsehen dominiert den Live­ Livestream-Nutz​ er gesehen wurde. Der Groß­ streaming Markt _ Livestreaming wird in teil der Nutzer schaute dabei direkt über die Deutschland immer wichtiger und wächst jeweiligen Internetportale der TV‑Sender stetig. Die wöchentliche Nutzung von Live­ (63,7 %). Zunehmend wichtiger werden auch streams ist mit 13,6 Prozent in der Gesamt- Live ‑TV-P​ lattformen wie Zattoo und Magine, bevölkerung zwar im Vergleich zur VoD-Nut​ - die die Programme der klassischen TV‑Sen- zung niedriger, stieg aber im Vergleich zu der bündeln und direkt ins Internet strea- 2015 deutlich an. 2016 nutzten bereits rund men. Diese Live‑TV-P​ ortale wurden 2016 von neun Mio. Personen ab 14 Jahre mindestens 16 Prozent der Personen, die klassisches TV einmal in der Woche die Möglichkeit, Inhalte über das Internet streamen, genutzt. im Internet in Echtzeit über verschiedenste Abseits des klassischen TVs stellt YouTube Endgeräte abzurufen. Die Zahl der gelegent- das erfolgreichste Livestream-​Angebot dar. lichen Nutzer (mind. einmal/Monat) stieg Rund acht Millionen Personen ab 14 Jahre gegenüber 2015 sogar um rund eine Million (49,9 % der monatlichen Livestream-​Nutzer) Personen auf 15,9 Mio. an. Wichtigstes Live­ nutzen Live-​Inhalte auf Googles Videoplatt- stream-​Format ist das Angebot der klassi- form. Mit einigem Abstand folgten darauf schen TV‑Sender, das von 69,7 Prozent der die Livestream-​Angebote reiner Internet-­

Abb. 30

Nutzung von Livestream-​Angeboten in Deutschland 2016 | mind. einmal/Monat; in Prozent

Livestream-Angebote eines TV-Senders (+,)

Davon direkt (%,)

Davon über Plattformen wie z.B. "(,! Zattoo, Magine

Livestream-Angebot auf YouTube &+,+

Livestream-Angebot eines reinen $',% Internetsenders

Livestream-Angebot über soziales "+,) Netzwerk wie z.B. Facebook, Twitter

Sky Go, Horizon Go, Entertain to Go "!,*

Sky Online %,'

! "! $! %! &! '! (! )! *!

Basis: 15,970 Mio. Personen ab 14 Jahre in Deutschland, die mindestens einmal im Monat Livestreams nutzen. Quelle: die medienanstalten: Digitalisierungsbericht 2016, Kantar TNS.

101 Privates Fernsehen | TV im Internet

Abb. 31 Web ‑TV-​Angebote und YouTube-​Kanäle in Deutschland 2010–2016

+ %

YouTube- Kanäle .

– – – %

Web-TV-Angebote

Web-TV-Angebote nicht  mit YouTube-Kanal erhoben  

1 YouTube-​Kanäle mit mindestens 500 Abonnenten Quelle: BLM/LFK-Web​ ‑TV-​Monitor 2010–2016.

Sender (19,7 %), Angebote sozialer Netzwerke genutzt. So streamte bspw. der FC Bayern wie Facebook (16,0 %) und die Mobile-Platt- München Anfang August ​2016 die offizielle formen wie Sky Go, Horizon Go oder Enter- Mannschaftsvorstellung bei Facebook. tain to Go, welche insgesamt 10,8 Prozent Auch die Redaktion des ARD-​Politmaga- der Livestream-​Nutzer verwendet. zins „Monitor“ sowie verschiedene Online­ portale von Printmedien nutzten die Strea­ Klassische Medien nutzen Videos auf sozia­ mingfunktion auf Facebook für Hintergrund- len Netzwerk zur Kommunikation _ Face- gespräche. Die RTL-R​ egionalsendung RTL West book Live, das Livestream-Ang​ ebot von Face­ kommunizierte z. B. mittels Facebook Live book, konnte sich bei seinem Start im Som- mit den Zuschauern nach einer Sendung, um mer 2016 schnell etablieren und wurde auch offene Fragen zu klären. Die Redaktion von für die Ausstrahlung professioneller Inhalte ARD Aktuell verwendete den Dienst, um nach

102 TV‑Plattformen | Privates Fernsehen

der Sendung u. a. Fragen mit Experten zu be- 2.7 TV‑Plattformen sprechen. Auch Talkformate wie die Sendung „Problemzone“, die von dem im Oktober 2016​ Abschaltung von DVB‑T führt zu Konkur- gestarteten öffentlich-​rechtlichen Online-​ renzkampf _ Am 29. März ​2017 begann der Content-​Netzwerk für Jugendliche funk pro- Regelbetrieb für das neue digitale Antennen- duziert wird, werden bei Facebook gestreamt. fernsehen DVB‑T2 in HD‑Qualität. Der Flä- Insgesamt verwendeten 16 Prozent der Live­ chenausbau soll Ende 2018 abgeschlossen stream-​Nutzer Live-​Video auf sozialen Netz- sein. Der alte Standard DVB‑T wird daher werken. schrittweise eingestellt. Die Umstellung be- trifft insgesamt 3,4 Mio. Fernsehzuschauer, Bei Online-A​ nbietern ist YouTube Maß der die in Zukunft eine jährliche Gebühr von Dinge _ Dass YouTube in Deutschland auch 69 Euro pro Empfangsgerät für den Empfang anbieterseitig eine immer größere Rolle von Privatsendern zahlen müssen. Lediglich spielt, zeigen die Zahlen des aktuellen BLM/ der Empfang von öffentlich-​rechtlichen Ka- LFK-​Web‑TV-Monit​ ors 2016. Demnach sind nälen bleibt für die Zuschauer bei DVB‑T2 93 Prozent der insgesamt 12.008 deutschen weiterhin kostenlos. Für viele der 3,4 Mio. Onlinevideo-​Angebote reine YouTube-​Chan- DVB‑TV Empfänger wird sich also die Frage nels. Zwei Prozent (229 Angebote) nutzen so- stellen, ob sie die Gebühren für DVB‑T2 zah- wohl YouTube als auch eine eigene Website len oder ob andere Verbreitungswege attrak- und nur fünf Prozent (637 Angebote) verzich- tiver sind. ten gänzlich auf die Verbreitung über die Eine weitere Umstellung kommt auch Plattform des US‑Internetgiganten Google. auf die Kunden von Kabelfernsehen zu: Mitte Während die Zahl der deutschen YouTube-​ 2017 beginnt die Abschaltung der Analog­ Kanäle seit 2015 um 33 Prozent gestiegen ist, angebote zugunsten des digitalen Empfangs. geht die Zahl der originären Web‑TV-​Sender Unitymedia beginnt mit der Abschaltung be- zurück. Seit 2015 wurden 17 Prozent der An- reits im Juli ​2017 in Nordrhein-​Westfalen, gebote eingestellt bzw. wechselten mit ihren Hessen und Baden-​Württemberg. Für alle Inhalten zu YouTube. Der anhaltende Boom anderen Kabelanbieter hat der Verband um YouTube-​Stars wie Bibi oder Konstantin Deutscher Kabelnetzbetreiber, ANGA, ein Hert (freekickerz) macht eine Videopräsenz Aus bis Ende 2018 als Ziel angekündigt. Die außerhalb der Plattformen und Netzwerke Digitalisierung des Kabelempfangs hat zur offenbar für viele Anbieter nicht mehr not- Folge, dass Zuschauer Plattformangebote wendig. der Kabelbetreiber dann kostenpflichtig bu- chen müssen, wenn sie die Programme in hoher Auflösung nutzen wollen. Durch die Einstellung des analogen Kabelempfangs gibt es damit ab Ende 2018 nur noch eine

103 Privates Fernsehen | TV‑Plattformen

SD‑Ausstrahlung über Kabel und Satellit als gesamt hatten bis Ende des Jahres 2016 damit echtes Free‑TV, die HD‑Varianten müssen 4,86 Mio. Personen in Deutschland und Öster­ extra bezahlt werden. reich das Pay‑TV-Angebot abonniert, 2015 Die verschiedenen Plattformanbieter rea­ waren es noch 4,5 Mio. gieren auf die Veränderungen mit neuen und Der Umsatz in der ersten Hälfte des Sky-​ vielfältigeren Angeboten, die wechselwillige Geschäftsjahres von Juli bis Dezember ​2016 Kunden überzeugen sollen. Vodafone (mit stieg im Vergleich zu 2015 um zehn Prozent ­GigaTV) und Tele Columbus (mit advanceTV) auf 1,07 Mrd. Euro an. Wie auch 2015 musste bringen Anfang 2017 komplett neuentwi- ein operativer Verlust in Kauf genommen ckelte TV‑Services auf den Markt. Die Tele- werden, der mit elf Mio. Euro jedoch deutlich kom entwickelt einen neuen HD‑Receiver geringer ausfiel als im Vorjahr (41 Mio. Euro). und auch Unitymedia setzt auf eine weitere Den Anstieg der Kündigungsrate auf 10,6 Pro- Verbesserung und Verbreitung ihrer Horizon-​ zent (Vorjahr: 10 %) konnte Sky trotz der stei- Plattform. Der Fokus der verschiedenen An- genden Abonnentenzahlen nicht verhindern. gebote liegt auf der Integration von mobilen Sky setzt verstärkt auf Werbung inner- Empfangsgeräten, auf denen per App das halb der Pay‑TV-​Programme. Insbesondere Entertainmentprogramm der jeweiligen An- auf dem im November ​2016 eingeführten bieter immer verfügbar sein soll, sowie auf Sender Sky 1 werden einzelne Formate durch der Übertragung hochauflösender Inhalte in Werbung unterbrochen. Sky konnte von Juli UHD. bis September 2016​ seine Werbeumsätze um Auch für TV‑Streamingdienste wie Zattoo, 25 Prozent im Vergleich zum Vorjahr steigern, Magine und waipu.‌tv könnte 2017 ein ent- was neben häufigeren Werbeunterbrechun- scheidendes Jahr werden. Denn die Online-​ gen auch auf eine gesteigerte Reichweite Verbreitung von klassischen, linearen TV‑­ über die verschiedenen Plattformen wie Inhalten könnte zahlreiche Nutzer hinzuge- ­Telekom Entertain und Vodafones GigaTV zu- winnen, wenn sich genug DVB‑T Kunden für rückzuführen ist. diese Option entscheiden. Preislich sind die Problematisch stellte sich für Sky die alternativen Angebote zum Teil attraktiver. AGF-​Quotenmessung heraus, auf der die Ein wichtiger Treiber für das Online-​Strea­ Werbeerlöse zu einem großen Teil basieren. ming von TV‑Inhalten ist die bessere Verfüg- In einer Pressemeldung hat die AGF Ende barkeit auch auf dem TV‑Gerät durch die Ver- 2016 eingeräumt, dass die Reichweitendaten breitung von Smart-TVs oder Endgeräten wie von Sky über Jahre hinweg unterproportional Amazon Fire TV. ausgewiesen wurden. So war die Durch- schnittsreichweite für Sky-​Haushalte 2015 Sky kann Kunden- und Umsatzzahlen wei- um 16 Prozent zu niedrig ausgewiesen wor- ter steigern _ Pay-TV‑Branchenführer Sky den. Dies dürfte für die Werbeerlöse von Sky konnte seine Abonnentenzahl 2016 noch ein- in Zukunft eine deutliche Steigerung bedeu- mal um 300.000 ​Abonnenten steigern: Ins- ten.

104 TV‑Plattformen | Privates Fernsehen

Abb. 32 Pay ‑TV und IPTV-​Abonnenten in Deutschland 2008–2016

2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016

Sky ¹ Abonnenten in Tsd. 2.411 2.470 2.653 3.012 3.363 3.667 4.123 4.494 4.860 Veränderungen in % – 34,0 2,4 7,4 13,5 11,6 9,0 12,4 8,9 8,1 Vodafone Kabel Deutschland ² Abonnenten in Tsd. 846 1.039 1.222 1.082 1.267 1.343 1.417 1.648 1.825 Veränderungen in % 10,9 22,8 17,6 – 11,5 17,1 14,7 5,5 16,3 10,7 Unitymedia/KabelBW ³ Abonnenten in Tsd. 568 491 1.533 1.753 2.186 2.235 2.278 1.499 1.582 Veränderungen in % 24,6 – 13,6 – 14,3 24,7 2,2 1,9 – 5,2 HD+ Abonnenten in Tsd. –– 37 404 945 1.413 1.654 1.832 2.111 Veränderungen in % –––– 133,9 49,5 17,1 10,7 15,2 Telekom Abonnenten in Tsd. 480 806 1.156 1.553 1.966 2.200 2.442 2.683 2.879 Veränderungen in % 320,0 167,9 43,4 34,3 26,6 11,9 11,0 9,8 7,3 Tele Columbus Abonnenten in Tsd. ––––––– 397 426 Veränderungen in % –––––––– 29,4

1 inkl. Premiere/Sky , ohne indirekte Premiere/Sky-Kunden 2 Kabel Deutschland hatte zwischenzeitlich nur die Zahl der Premiumkunden gesamt (Pay-TV + PVR) ausgegeben, veröffentlicht inzwischen wieder die Zahlen der Pay-TV-Abonnements. 2009 und 2010 wurden nachträglich korrigiert. Die Zahl für 2016 bezieht sich auf den Geschäftsbericht 2015/16, da das Vodafone-Geschäftsjahr am 31. März endet und aktuelle Zahlen erst ab Mitte Mai veröffentlicht werden. 3 Unitymedia differenziert seit 2015 zwischen „Enhanced Video“- und „Basic Video“-Kunden. Dies führte dazu, dass im Vergleich zu 2014 Kunden aus der Pay-TV-Kategorie fielen, welche nur für den Zugang zu den Inhalten bezahlten, jedoch keine monatlichen Abonnements gebucht hatten. Quelle: Goldmedia nach Unternehmensangaben

Beim Thema Distribution konnten Sky inhalten wie die Fußball-​Bundesliga, UEFA Deutschland und Vodafone Deutschland sich Champions League, UEFA Europa League, im Oktober 2016​ auf eine langfristige Verlän- DFB- P​ okal und weiteren Sportereignissen zu gerung der Zusammenarbeit bis mindestens erhalten. 2021 einigen. Damit haben Vodafone-K​ unden Bei den Sportrechten musste Sky 2016 tief auch in Zukunft die Möglichkeit, über die in die Tasche greifen: Ab der Saison 2017/18 TV‑Plattform Zugang zu attraktiven Sport­ zahlt der Pay‑TV-Anbieter​ rund 876 Mio. Euro

105 Privates Fernsehen | TV‑Plattformen

pro Jahr für die Bundeligarechte an die DFL, Für einen erfolgreichen Start von GigaTV was einem Anstieg von 30 Prozent gegen- schloss Vodafone einen langfristigen Vertrag über der Vorperiode entspricht. Aufgrund mit ProSiebenSat.1 über die Verbreitung der einer mit dem Kartellamt abgestimmten Free-, Pay-, HD- und Video‑on-D​ emand-Ange- neuen Regulation der DFL verlor Sky sowohl bote. Wichtiger Teil des Deals ist die Verbrei- die Freitagsspiele als auch die Relegations- tung des VoD-​Portals maxdome, das seit spiele der Bundesliga an Eurosport. Ende Februar ​2017 über GigaTV buchbar ist. Zudem ist auch der Empfang von Catch‑up Vodafone stellt neue TV‑Plattform vor _ TV‑Inhalten der zehn Free‑TV- und Abo-​Ka- Vodafone ist nach der Übernahme von näle von ProSiebenSat.1 möglich. Kabel Deutschland 2014 bereits der größte Darüber hinaus kündigte Vodafone an, TV‑Plattformbetreiber in Deutschland und die erste TV‑Serie in Ultra High Definition versorgt rund 8 Mio. Kabel- und DSL-​Kunden ausstrahlen zu wollen. In Kooperation mit mit Fernsehempfang. Im Februar ​2017 star- dem Action- und Entertainment-Sender​ AXN tete Vodafone seine neue digitale TV‑Platt- von Sony soll die dritte Staffel der Serie form GigaTV. Die Plattform bündelt TV‑Sen- „Power“ in UHD für Kunden des GigaTV-HD‑​ der, Mediatheken, VoD-​Anbieter und Apps Premium­pakets übertragen werden. von Streamingdiensten und ermöglicht Der Konzern mit Sitz in Unterföhring auch mobilen Fernsehempfang über Smart- konnte 2016 einen Umsatz von 2,5 Mrd. Euro phones und Laptops. Für den Fernsehemp- verzeichnen. Entscheidende Impulse kamen fang bieten sich Vodafone-​Kunden damit dabei aus dem TV-Geschäft. Hier konnte drei Möglichkeiten: Auf das heimische ­Vodafone im Vergleich zum Vorjahr kräftig TV‑Gerät kommt GigaTV per Set-Top-​Box. zulegen und verzeichnet einen Anstieg der Unterwegs auf dem Smartphone oder Tablet Pay-TV-Abonnements um 10,7 Prozent auf kann es mit einer App (Android und iOS) 1,8 Mio. Abonnenten. empfangen werden. Die Inhalte sind über die verschiedenen Anbieter hinweg in einer Unitymedia schaltet analoges TV bereits zentralen Datenbank erfasst, so dass die 2017 ab _ Unitymedia konnte 2016 einen Anwender im Live-​Programm, aber auch kräftigen Anstieg des Umsatzes um 5,2 Pro- den Mediatheken der Sender oder bei VoD-​ zent verbuchen. Insgesamt konnte der Kabel- Anbietern gleichzeitig stöbern können. Die netzbetreiber einen Umsatz von rund 2,3 Mrd. ​ Variante mit einer klassischen Set-Top-B​ ox Euro vermelden, der Umsatz pro Kunde stieg steht zunächst nur den Kabelkunden zur dabei um 4 Prozent auf monatlich 24,43 Euro. Verfügung und kostet monatlich 14,99 Euro. Auch bei den Abonnenten konnte Unityme- Der TV‑Stream über die App kostet monat- dia mit 85.700 ​Neukunden kräftig zulegen lich hingegen 9,99 Euro. Beide Angebote las- und im Dezember 2016​ rund 1,6 Mio. Kunden sen sich für weitere 9,99 Euro auf HD‑Qua- für sein Premium‑TV-​Angebot Enhanced lität upgraden. Video verzeichnen. Für seine Multimedia-

106 TV‑Plattformen | Privates Fernsehen

plattform Horizon konnte der Konzern im TV. Das vor zehn Jahren gestartete IPTV-​An- vierten Quartal 2016 rund 30.000 ​Neukun- gebot hatte Ende 2016 2,9 Mio. Kunden. Bis den gewinnen, womit die Plattform Ende Jahresende 2017 will die Telekom die Grenze ­Dezember rund 588.000 ​Abonnenten vor- von drei Mio. Kunden überschreiten. weisen konnte. Auch bei den Drittangeboten hat die Für seine IPTV-​Plattform Horizon setzt ­Telekom aufgestockt und neben der haus­ Unitymedia durch die App Horizon Go ver- eigenen Online-V​ ideothek Videoload und der stärkt auf die Integration auf verschiedens- ProSieben-T​ ochter maxdome auch Sky on De- ten Plattformen. Während die App bereits mand und Netflix auf seiner Plattform inte- auf Android- und iOS-Geräten läuft und eine griert. Zudem sind die Mediatheken der mobile Nutzung des Fernsehangebots mög- ­öffentlich-​rechtlichen Sender verfügbar. Ab lich macht, wurde im November ​2016 auch August ​2016 sind auch die Online-​Angebote eine App für Windows-10-Geräte veröffent- der Mediengruppe RTL Deutschland bei licht. Entertain TV verfügbar. Auch der neue lineare Bei den Inhalten setzt Unitymedia wei- Kanal FC Bayern.‌tv, der 24 Stunden am Tag terhin auf eine enge Partnerschaft mit der über den Verein berichtet, wurde im Februar ​ Discovery-Gruppe. Dazu einigten sich die 2017 integriert. Mit Amazon wird zudem ­Unternehmen im August ​2016 auf eine Ver- über die Einbindung von Amazon Video ver- längerung der Zusammenarbeit. Diese um- handelt. Ebenfalls neu ist eine Suchfunktion, fasst sowohl Free‑TV-​Kanäle wie DMAX als die Inhalte übergreifend in allen Apps auf- auch die Pay‑TV-Sender Discovery Channel, spürt. Animal Planet und Eurosport 2. Die Zu­ Auf inhaltlicher Ebene verstärkte die sammenarbeit beinhaltet auch die Online- Deutsche Telekom ihre Entertain-TV‑Platt- rechte, damit die Sender künftig auch auf form mit verschiedenen neuen Sendern. Be- mobilen Endgeräten abgerufen werden kön- reits im August ​2016 wurden von der Fox nen. Networks Group die Sender Fox und Nat Geo Wild in das erweiterte Angebot aufgenom- Deutsche Telekom entwickelt ihr IPTV-Ange­ men. Auch der Pay‑TV-​Sender Motorvision bot Entertain TV weiter _ Rund 196.000 ​ TV, der zuletzt von Sky aus dem Portfolio ge- Neukunden konnte die Deutsche Telekom nommen wurde, fand Mitte Februar ​2017 2016 für ihre Entertain-TV‑Plattform gewin- eine neue Heimat auf der IPTV-P​ lattform der nen, was einen Anstieg von rund 7,3 Prozent Telekom. Darüber hinaus wird Entertain TV gegenüber dem Vorjahr bedeutete. auch den Kindersender Fix und Foxi von Your Um das 2014 erklärte Ziel zu erreichen, bis Family Entertainment und Toggo plus von 2018 fünf Mio. Kunden zu versorgen, führte Super RTL aufnehmen. der Konzern Anfang Mai ​2016 die nächste Generation seiner Entertain-​Plattform ein Tele Columbus startet advanceTV _ Im Fe- und änderte den Namen hierfür in Entertain bruar ​2017 launchte der drittgrößte Kabel-

107 Privates Fernsehen | TV‑Plattformen

netzbetreiber Deutschlands gemeinsam mit HD+ wächst weiter _ HD+, ein Tochter­ seiner Tochter PrimaCom eine neue Set-​Top-​ unternehmen der Astra Deutschland GmbH, Box mit dem Namen advanceTV. Die neue konnte 2016 seine Kundenzahl weiter stei- Box vereint die Pay-TV‑Angebote von Tele Co- gern und zählte Ende Dezember 2016​ 2,1 Mio. lumbus und PrimaCom und bietet eine ein- Kunden, was einen Anstieg von rund 15 Pro- heitliche Oberfläche für Live-TV, Aufnahmen zent gegenüber dem Vorjahr bedeutete. Im und . Jahr 2016 konnte HD+ 270.000 neue Nutzer Auf der Benutzeroberfläche werden klas- gewinnen, 2015 waren es dagegen nur sisches Fernsehen sowie eine eigene Video- 190.000 gewesen. thek und das VoD-​Angebot maxdome von Für die kurzfristige Entwicklung hofft ProSiebenSat.1 angeboten. advanceTV ermög­ auch HD+ auf Neukunden infolge der DVB‑T-​ licht den Zuschauern damit den Zugriff so- Umstellung. In der langfristigen Perspektive wohl auf lineare Fernsehkanäle als auch auf setzt das Unternehmen aus Unterföhring auf Online-​Inhalte über eine integrierte Bedien­ einen Anstieg der UHD-​Fernsehgeräte in oberfläche. Mit einer für Android und iOS Deutschland. HD+ setzt auf die steigende verfügbaren App können die advance‑TV-​ Nachfrage nach TV‑Inhalten in hoher Auf­ ­Inhalte auf dem Smartphone oder Tablet ge- lösung und betreibt schon seit September ​ streamt werden. Zudem ist der Anschluss von 2015 mit UHD1 by Astra und HD Plus einen bis zu zwei Geräten an die advance‑TV-​Box TV‑Sender in 4K. möglich. Die neue Set-T​ op-Bo​ xen-Gener​ ation inte- Freenet hofft auf den großen Durchbruch _ griert auch einen 4K-​fähigen Kabelreceiver. Mit der Übernahme von Media Broadcast Entsprechende Inhalte in Ultra HD sind zum im März ​2016 hatte sich Freenet als Initia- Start jedoch noch nicht vorhanden. In einem tor der neuen terrestrischen Empfangsplatt- ersten Schritt steht advanceTV Kunden von form DVB‑T2 positioniert. DVB‑T2 HD wird Tele Columbus und PrimaCom zur Verfügung. künftig unter der Marke Freenet TV vermark- Danach sollen die Haushalte der Tochter tet. KMS Kabel Medien Service München sowie Mit dem Freenet-TV‑Receiver können kos- weitere Versorgungsgebiete folgen. tenlos 20 Programme der öffentlich-​recht­ Tele Columbus konnte seinen Umsatz lichen Fernsehanstalten empfangen werden, und seine Abonnentenzahlen 2016 erneut für 5,75 Euro im Monat kommen dann nach deutlich steigern. Diese Entwicklung ist dabei einer dreimonatigen Testphase auch 40 pri- wesentlich durch den Erwerb des Kabelnetz- vate Programme in Full HD hinzu. betreibers PrimaCom Ende 2015 beeinflusst. Eine Vertragsbindung geht man bei Free- Rund 426.000 Kunden abonnierten 2016 das net TV nicht ein, die Aufladung soll monat- Premium-TV‑Angebot von Tele Columbus. lich ähnlich wie bei Prepaid Handys erfol- Der Umsatz stieg zudem mit 478,7 Mio. Euro gen. um rund 4 Prozent gegenüber dem Vorjahr.

108 TV‑Programmanbieter | Privates Fernsehen

Amazon steigt in den TV-Markt ein _ Laut zielle Werbung zeigen. Insgesamt darf Wer- Presseberichten plant Amazon im Sommer bung durchschnittlich 20 Prozent der Sen­ 2017 sein bisher nur in den USA angelaufenes dezeit zwischen 7 und 23 Uhr ausmachen. Prime Streaming Partners Program auch in Damit wurde auch die Begrenzung auf ma- Deutschland zu starten. Mit dem Schritt ximal zwölf Minuten Werbung pro Stunde würde der Shoppingriese seine Video-Platt- aufgehoben. Zudem entfallen viele der frü- form für die Inhalte von TV-Anbietern und heren Beschränkungen für Produktplace- Produzenten öffnen, die über das bestehende ments. Videoangebot hinaus kostenpflichtige On-​ Demand-Kanäle anbieten könnten. Deutsche P7S1 und RTL weiter auf Wachstumskurs _ Partner für das Programm sind bislang nicht 2016 war für die ProSiebenSat.1 Media SE er- bekannt, jedoch würde Amazon mit diesem neut ein Rekordjahr. Alle Geschäftsbereiche Schritt schlagartig zu einer neuartigen Pay- der Unterföhringer konnten umsatzseitig TV-Plattform werden. Möglich ist dies über weiter wachsen. Der Konzern steigerte sei- die Amazon-Fire-TV-Plattform, die in Deutsch- nen Umsatz gegenüber 2015 um 17 Prozent land u. a. durch einen speziellen Streaming-​ auf 3,79 Mrd. Euro. Der Gewinn vor Zinsen Stick mit HDMI-Anschluss Verbreitung findet. und Steuern (EBITDA) stieg um 19 Prozent Dieser wurde Anfang 2017 durch eine groß- auf 1,02 Mrd. Euro. Gleiches gilt für den Kon- angelegte Werbekampagne verstärkt in den zernüberschuss, der ebenfalls um zehn Pro- Markt gedrängt. zent auf 513 Mio. Euro zulegen konnte. Für das erste Quartal 2017 erwartet der Konzern weiter steigende Umsätze. 2.8 TV‑Programmanbieter Den größten Umsatzanteil liefert für den Konzern nach wie vor das deutsche TV‑Ge- Die Transformation der privaten, bundeswei- schäft. Hier konnte P7S1 abermals ein Wachs- ten TV‑Programmanbieter weg von reinen tum verzeichnen, auch wenn dieses 2016 mit Fernsehsendern hin zu breiter aufgestell- drei Prozent auf 2,2 Mrd. Euro im Vergleich ten digitalen Medien- und Handelshäusern zu anderen Bereichen eher verhalten war. schritt auch 2016 weiter voran. Hierbei nut- Der Anstieg ist vor allem auf höhere Werbe­ zen die Programmanbieter ihre finanziellen einnahmen und eine stärkere Orientierung Spielräume, denn trotz des Wandels können auf die Distribution von TV‑Inhalten auf vor allem die großen Sendergruppen Rekord­ ­verschiedenen Online-P​ lattformen zurückzu- umsätze im TV‑Werbegeschäft erzielen. Dabei führen. profitieren die Privat‑TV-Anbieter​ auch davon, Auch die Mediengruppe RTL Deutschland dass die EU im Mai ​2016 die Werbericht­ konnte im Jahr 2016 erneut Rekordzahlen linie für audiovisuelle Dienste anpasste und vorweisen: Die Kölner Sendergruppe stei- Werbezeitlimits im TV reduzierte. Seitdem gerte ihre Umsätze gegenüber dem Vorjahr dürfen TV‑Anbieter alle 20 Minuten kommer- um 3,5 Prozent auf insgesamt 2,2 Mrd. Euro.

109 Privates Fernsehen | TV‑Programmanbieter

Zusätzlich wuchs der Gewinn vor Zinsen, produziert und vertreibt Inhalte für digitale Steuern und Abschreibungen (EBITDA) ge- und internationale Plattformen, aber auch genüber 2015 um 3,1 Prozent auf 705 Mio. ​ für lineares TV. Ebenfalls im Juli erwarb Red Euro. Besonders kräftig zog das Digital­ Arrow eine Mehrheit von 65 Prozent am US‑​ geschäft der RTL Group mit einem Plus von amerikanischen Produktionsunternehmen 31 Prozent an. Mit einem Gesamtumsatz von 44 Blue Productions, welches verschiedenste 670 Mio. Euro ist es im Gegensatz zu P7S1 Inhalte von Non-Scripted​ ‑TV-​Programmen aber deutlich kleiner. bis Celeb-​Reality-​Shows produziert. Allerdings sind die strategischen Stoß- Die Mediengruppe RTL Deutschland star- richtungen der beiden Sendergruppen auch tete im Juni 2​ 016 den Spartensender RTLplus. sehr unterschiedlich: 2014 war das erklärte Die Zielgruppe des Senders sind insbeson- Unternehmensziel der RTL Group, in den dere Frauen ab 45 Jahre. Inhaltlich setzt RTL­ kommenden fünf Jahren 15 Prozent des ge- plus dafür auf eine Mischung aus Doku­ samten Umsatzes außerhalb des Kernge- soaps, Gerichtsshows und alten Spieleshows schäfts zu erwirtschaften. Dies wurde inzwi- wie Jeopardy. schen erreicht. ProSiebenSat.1 strebt hinge- Auch die Mediengruppe RTL Deutschland gen einen deutlich höheren Digitalgeschäfts- kauft dabei weiterhin neue TV‑Inhalte hinzu anteil von 50 Prozent an, der 2017 bereits und verlängerte im Oktober ​2016 ihren Ver- erzielt werden könnte. trag mit dem Produktionsunternehmen NBC Universal. RTL hat damit ab 2018 weiter- Neue Programme und Inhalte im deut- hin Zugriff auf US‑amerikanische Filme und schen Privatfernsehen _ Im September ​Serien. 2016 ging der Dokutainment-​Sender kabel Der Disney Channel will 2017 verstärkt eins Doku an den Start. Die Inhalte für den auf deutsche Eigenproduktionen setzen, wie Sender sicherte sich P7S1 im Februar ​2017 z. B. das einstündige Format „Disney Channel durch einen mehrjährigen Lizenzvertrag mit Magic Room“. Gleiches gilt für Tele 5, das wei- dem US‑amerikanischen Programmanbie- terhin die Eigenproduktion „Kalkofes Matt- ter Scripps Networks Interactive, der auf scheibe Rekalked“ anbietet und neue Folgen ­Factual-​Entertainment spezialisiert ist. Zur der Late-​Night-​Show für 2017 angekündigt gleichen Zeit wie kabel eins Doku ging auch hat. Der Frauensender TLC investiert glei- Axel Springers Konkurrenzkanal N24 Doku chermaßen in Eigenproduktionen wie in Zu- auf Sendung, der ein ähnliches Konzept ver- käufe und setzt dabei auf Factual-​Entertain- folgt, das jedoch durch Live-​Elemente er- ment und Lifestyle wie z. B. das US‑amerika- gänzt wird. nische Reality-​Format „Cake Boss“ und die Über seine Produktionstochter Red Arrow Doku-​Reihe „My Giant Life“, die Frauen über beteiligte sich P7S1 im Juli ​2016 mit 20 Pro- zwei Meter Größe portraitiert. Der Männer- zent an der US‑Produktionsfirma Band of sender DMAX schließt sich dem Trend an und Outsiders. Das Unternehmen entwickelt, produziert ebenfalls verstärkt eigene For-

110 TV‑Programmanbieter | Privates Fernsehen

mate, u. a. im Fahrzeugbereich wie „Auto Kleinere Sender auf hohem Niveau _ Ins- Broker“ und „Top Fuel – Herr über 1000 PS“. gesamt präsentierten sich 2016 die kleinen Sender erneut auf hohem Niveau und bieten Discovery zeigt große Ambitionen im Sport- stabile Werbeumfelder. Die Spartenkanäle bereich _ Insbesondere Discovery wird durch DMAX, RTL Nitro, Sat.1 Gold, sixx, ProSieben den Erwerb der Rechte an den Olympischen Maxx, Tele 5 und TLC konnten zusammen Spielen zu einer ernsten Konkurrenz für die rund zehn Prozent der Zuschauer von 14 bis etablierten Sportsender. Trotz intensiver Ver- 49 Jahre auf sich vereinen. DMAX konnte handlungen wurde man sich aber über Sub­ 2016 seine Reichweite sogar leicht steigern lizenzen mit ARD und ZDF nicht einig. Auch und ließ dabei seinen inhaltlichen Haupt­ mit dem deutschen Pay‑TV-P​ rimus Sky nahm konkurrenten RTL Nitro hinter sich. Auch der es Discovery auf und sicherte sich für die Frauensender TLC steigerte seine Reichweite kommenden Bundesligaspielzeiten die Rechte und scheint mit stabilem Marktanteil von am Freitagsspiel und den Relegationsspielen, 0,5 Prozent seine Zuschauer gefunden zu die künftig auf Eurosport ausgestrahlt wer- haben. den. Im Januar ​2017 einigten sich Discovery und Sky Deutschland auf eine Vertragsver- Jugendangebot funk von ARD und ZDF längerung, womit unter anderem die Kanäle startete gut _ Mit dem Start des neuen On- HD, Eurosport 2 HD und Euro­ line- ​Jugendangebots funk von ARD und ZDF sport 360 HD in Deutschland und Österreich im Oktober 2​ 016 wurden die beiden TV‑Spar- weiter über Sky zu empfangen sind. Die rund tensender EinsPlus und ZDF Kultur eingestellt. 40 Bundesligaspiele waren nicht Teil des Ver- Nach eigenen Angaben ist das mehrstufige trages und werden separat verhandelt. Konzept von funk ein Erfolg: Zum einen wer- den zentral gebündelte Inhalte auf einer P7S1 bündelt sein Sportbusiness _ P7S1 App angeboten, zum anderen werden Inhalte bündelt das Sportbusiness seit Juni ​2016 über verschiedene Drittplattformen wie You- unter der Dachmarke 7Sports. Der Konzern Tube, Instagram oder Snapchat verteilt. In möchte sich damit in Zukunft stärker im den ersten drei Monaten, von ­Oktober bis Sportbereich engagieren und sein Sportport- Dezember ​2016, konnte funk 50,3 Mio. Ab- folio erweitern. Inhaltlich verfügt 7Sports rufe auf YouTube und 22,7 Mio. Videoabrufe nach eigenen Angaben bereits über eine auf Facebook verzeichnen, während die App Reihe von Rechten an exklusiven Sportveran- 112.000-mal heruntergeladen wurde. staltungen, deren Produktion nun 7Sports für P7S1 realisiert und sowohl im Free‑TV als P7S1 investierte auch 2016 in digitale Ge- auch auf werbefinanzierten Plattformen und schäftsmodelle, RTL zurückhaltender _ Im VOD- ​Portalen ausgestrahlt werden sollen. November ​2016 erhöhte P7S1 sein Grund­ Integriert in 7Sports ist zudem die Sport-​ kapital gegen Bareinlage um 6,5 Prozent auf Management-­ ​Agentur SAM Sports. 233 Mio. Euro und bot dazu 14,2 Mio. neue

111 Privates Fernsehen | TV‑Programmanbieter

Aktien an. Die Kapitalerhöhung soll insbe- Betreiber) und Vermarkter auf einer web­ sondere den Erwerb von Unternehmen und basierten Plattform anmelden, Inhalte hoch- Beteiligungen im Digitalbereich finanzieren laden und vermarkten beziehungsweise nach und damit die Expansionsstrategie des Kon- diesen Inhalten suchen und sie direkt in ihre zerns weiter vorantreiben. Diese Strategie Website oder App einbinden. zahlt sich für die Mediengruppe bereits aus, Etwas mehr Zurückhaltung im Digitalge- denn 2016 erzielte P7S1 insgesamt 47 Prozent schäft zeigt die RTL Group nach Jahren hoher des Umsatzes außerhalb des TV‑Kernge- Investitionen. Dies gilt vor allem für die schäfts. Das größte Wachstum gelang P7S1 Übernahme des kanadischen Multi-C​ hannel-​ im Bereich Digital Ventures & Commerce. Networks Broadband TV, an der die RTL Hier stieg der Umsatz um 65 Prozent auf Group bereits im Juni ​2013 für 27 Mio. Euro 768 Mio. Euro. Den größten Beitrag lieferten rund 51 Prozent der Anteile erworben hatte. dabei das Preisvergleichsportal Verivox und Die Kaufoption für die restlichen 49 Prozent das Online-​Flugreiseportal etraveli. wird die Mediengruppe jedoch nicht in An- Zusätzlich beteiligte sich die Gruppe an spruch nehmen. einer Finanzierungsrunde des US‑amerikani- schen Internet-F​ ernsehportals Pluto TV. Pluto Nicht nur Erfolgsgeschichten für private TV setzt auf das Streaming von frei verfüg- TV‑Anbieter _ Kein Erfolg für P7S1 war baren Videoinhalten und bietet als werbe­ die Online-Musik​ videoplattform Ampya. Der finanzierter Over-​the-​Top-(OTT)-​Dienst via Konzern gab im Februar ​2017 bekannt, die App auf diversen Plattformen Zugang zu Plattform nicht weiterführen zu wollen. Das einer Vielzahl linearer Kanäle. Bislang ist endgültige Aus kam am 1. März 2017 . Geplant Pluto TV nur in den USA verfügbar. Das Invest­ ist, Ampya als eigenen Musikkanal bei You- ment gilt aber als Signal für eine mögliche Tube aufrechtzuerhalten und enger an das Expansion in europäische Märkte. Auch soll hausinterne Multichannel-​Netzwerk Studio71 das deutsche Video-​Stream-​Angebot von zu knüpfen. P7S1, Quazer, komplett in Pluto TV eingebun- Auch das 2006 gestartete Videoportal den werden. MyVideo, das ursprünglich als deutscher Darüber hinaus übernahm P7S1 im Sep- Konkurrent von YouTube und dem RTL-Ang​ e- tember 2016​ rund 50 Prozent Unternehmens­ bot Clipfish geplant war und seitdem meh- anteile und eine Aktie der deutschen Parship rere Veränderungsprozesse hinter sich hat, Elite Group für rund 100 Mio. Euro. Zu der wird 2017 neu aufgestellt. Der Fokus auf User Gruppe gehören vor allem die Onlinedating-​ Generated Content wurde bereits im Herbst Portale Parship und Elitepartner. 2015 vollständig aufgegeben. Doch mittler- Zusätzlich startete P7S1 Glomex (Global weile werden auch die TV‑Inhalte von P7S1 Media Exchange) als weltweiten Bewegtbild-​ ausschließlich auf den eigenen Apps und On- Marktplatz. Bei Glomex können sich Inhalte­ line- ​Portalen ausgestrahlt. Was genau P7S1 anbieter als Lizenzgeber, Publisher (Website-​ mit der Website plant, ist derzeit noch unklar.

112 TV‑Programmanbieter | Privates Fernsehen

Auch die Mediengruppe RTL Deutschland im Juni 2016​ gegründete Firma aus Frankfurt musste 2016 Rückschläge hinnehmen: Der am Main vermarket Daten von Online-Shops​ , erst Anfang 2016 gestartete Pay‑TV-​Sender Vergleichsportalen und Special-​Interest-​Sei- RTL International wird im Mai ​2017 bereits ten. Die Mediengruppe möchte mit dem wieder eingestellt. RTL International sollte Schritt die eigenen E‑Commerce-P​ lattformen deutschsprachigen Zuschauern im Ausland stärken und gleichzeitig die Werbemöglich- das RTL-​Programm auch in der Ferne ins keiten durch gezielte Datenauswertung aus- Haus bringen. Der Sender konnte jedoch bauen. zu wenige Abonnenten begeistern, um lang- Auch der Vermarkter des Disney Chan- fristig wirtschaftlich profitabel zu sein, was nels Disneymedia+ verkauft seit Ende 2016 nach RTL-​Angaben insbesondere an illega- Addressable-TV. Werbekunden können damit lem Streaming liege. Als Alternative will die die Zuschauer des Disney-Senders​ individua­ Mediengruppe für Deutsche im Ausland das lisiert ansprechen. Disneymedia+ arbeitet eigene Programm über OTT-Dienste​ im Inter- dafür ebenfalls mit dem Onlinevideover- net zur Verfügung stellen. markter Smartclip zusammen, der jüngst von RTL gekauft wurde. RTL setzt auf digitale Vermarktungsmög- lichkeiten und Big Data _ Die Medien- Neue Apps für Smart-TVs und Mobilgeräte gruppe RTL Deutschland setzt langfristig gestartet _ Die Zuschauer können das auf neue Vermarktungsmöglichkeiten, bleibt TV‑Programm der P7S1‑Gruppe ab August ​ dabei aber dem Geschäft mit Bewegtbild­ 2016 live oder kostenlos per App ansehen. inhalten treu. Dafür investierte RTL 2016 in Mit eigenen TV‑Apps für jeden Sender soll das Geschäft mit Adressable-TV, dem Ge- das Fernsehprogramm auf jedem Smart- schäft mit individualisierter Werbung. Hier- phone oder Tablet abrufbar sein. Damit ver- für erwarb die Kölner Mediengruppe unter abschiedete sich P7S1 von der Strategie, alle anderem den Onlinevideovermarkter Smart- Inhalte in einer Gruppen-​App zu bündeln. clip für rund 47 Mio. Euro. Smartclip soll zum Neben einem Livestream integrieren die einen die Vermarktung von Multi-​Channel-​ Apps On‑Demand-​Funktionen. Die Inhalte Networks unterstützen und zum anderen lassen sich darüber hinaus auch via Apple den Programmatic-​Advertising-​Markt für RTL AirPlay auf einen anderen Bildschirm über- öffnen. In diesem Zusammenhang lässt auch tragen. der RTL-​Vermarkter IP Deutschland sein ge- RTL setzt mit der TV-Now-​App seit März ​ samtes Adressable‑TV-​Portfolio von Smart- 2016 hingegen auf die Bündelung der TV‑An- clip über Adserver verbreiten. gebote. In der neuen App können Zuschauer Im Februar 2​ 017 setzte RTL seine Vermark- die TV‑Sendungen der sechs Privat­sender tungsstrategie von Digitaldaten fort und er- RTL, VOX, n‑tv, RTL Nitro, Super RTL und RTL II warb eine 30‑prozentige Beteiligung an dem per Livestream und zum nachträglichen Abruf Digitaldatenvermarkter Q‑Division. Die erst in voller Länge anschauen.

113 Privates Fernsehen | Teleshopping

Abb. 33

Geschäftskennzahlen 2015/2016 | in Mio. Euro/Prozent

2015 2016 Veränderung absolut Veränderung in Prozent

ProSiebenSat.1 Media SE Umsatz 3.261 3.790 529 + 17 EBITDA 881 1.018 137 + 19 Mediengruppe RTL Deutschland Umsatz 2.140 2.214 74 + 3,5 EBITA 684 705 21 + 3,0 Sky Deutschland 1 Umsatz 1.615 1.773 158 + 12 EBITA 86 96 11 + 8

1 Die Sky plc. weist Zahlen zusammengefasst für Deutschland und Österreich aus. Das Sky-Geschäftsjahr endet am 30. Juni, die Zahlen beziehen sich auf die Geschäftsjahre 2014/15 und 2015/16. Quelle: Unternehmensangaben, Stand März 2017.

2.9 Teleshopping beat of Shopping“ und verschiedenen damit verbundenen Verkaufs- und Charityaktionen. Im Jahr 2016 gab es wiederum eine stabile Marktentwicklung im Teleshopping. Die Um- Führungswechsel bei HSE24 _ Sonja Piller sätze deutscher Teleshoppingunternehmen wurde im Februar 2017​ neuer CEO von HSE24. stiegen insgesamt weiter an. Im Gegensatz Die neue Geschäftsführerin war bisher im zum Vorjahr wuchsen die Umsätze laut Bran- Bereich Business Development tätig und chenverband VPRT 2016 um drei Prozent von folgt auf Richard Reitzner, der nach mehr als 1,85 Mrd. Euro auf rund 1,9 Mrd. Euro. 20 Jahren bei HSE24 auf eigenen Wunsch von der operativen Geschäftsführung in den Bei- QVC feierte Jubiläum mit Umsatzgewin- rat der Unternehmensgruppe wechselt. nen _ QVC konnte zu seinem 20‑jährigen Die HSE24 Group ist weiter auf Expan­ ­Jubiläum in Deutschland erneut kräftig zu­ sionskurs und hat eine strategische Partner- legen. Der Umsatz stieg 2016 im dritten Jahr schaft mit dem britischen Homeshopping-​ in Folge, von 754 Mio. Euro (2015) um rund Unternehmen The Craft Channel geschlos- vier Prozent auf 782 Mio. Euro (2016). sen. Damit ist die HSE24 Group mehrheitlich Deutschland ist damit für den international an dem Unternehmen mit Sitz in London agierenden Teleshoppingsender nach den ­beteiligt. The Craft Channel bietet vor allem USA und Japan der drittgrößte Markt. Das Produkte für Bastel-, Künstler- und Hobbybe- ­Jubiläum feierte QVC 2016 mit einer groß­ darf an. Der Channel wurde 2015 von Investor angelegten Marketingkampagne „The Heart- und CEO James Doak sowie TV‑Shopping-Ex-

114 Teleshopping | Privates Fernsehen

perte Julian Ballantyne gegründet. Der Kanal dung „Die Höhle der Löwen“, in der Jung­ ist bereits in Großbritannien via Sky, Freesat unternehmer ihre Geschäftsmodelle vor­ und Onlinestreaming empfangbar. stellen. Inhalt des Deals ist, dass die in der Start‑up-Sendung vorgestellten Produkte Arcus Capital übernimmt 1‑2‑3.‌tv _ Die später im Programm von Channel21 verkauft Münchner Beteiligungsgesellschaft Arcus werden. Seit Januar ​2016 stellt Channel21 Capital erwarb 2016 zusammen mit der BE sein Programm auf der Satellitenplattform Beteiligungen Fonds GmbH & Co KG den Astra in HD zur Verfügung. Damit ist Chan- Auktionssender 1‑2‑3.t‌ v von den Finanzinves- nel21 nach QVC, HSE24 und 1‑2‑3.‌tv der vierte toren Wellington Partners, Target Partners Teleshopping-Anbieter in Deutschland, der und Cipio Partners. Beteiligt werden zudem ein HD‑Angebot bereitstellt. Ende 2016 die bisherigen Gesellschafter Iris Capital, Un- konnte Channel 21 mit Natascha Ochsen­ ternehmensmitgründer Henning Schnepper knecht zudem ein prominentes Gesicht als und 1‑2‑3.‌tv-Geschäftsführerin Iris Oster- Moderatorin gewinnen. maier. 2016 erwirtschaftete das Unterneh- men einen Umsatz in Höhe von 113,6 Mio. Juwelo TV mit leichten Umsatzrückgän- Euro und erzielte damit ein Wachstum von gen _ Der Berliner Verkaufssender der Elu- rund fünf Prozent gegenüber dem Vorjahr. meo SE Gruppe Juwelo TV musste 2016 im Der TV-Channel 1‑2‑3.t‌ v ist in mehr als 35 Mio. Vergleich zum Vorjahr einen Umsatzrück- Haushalten in Deutschland und Österreich gang hinnehmen. Insgesamt musste die Un- verfügbar. ternehmensgruppe einen Umsatzrückgang von rund 58,2 Euro 2015 um rund 7 Prozent Channel 21 startet HD‑Kanal _ Der Tele­ auf 54,5 Millionen Euro in 2016 verbuchen. shoppingsender Channel21 setzt seit August ​ Juwelo TV vertreibt seit 2008 kostengünsti- 2016 auf eine Kooperation mit der VOX-Sen- gen Schmuck.

115 Privates Fernsehen | Fernsehen in den Ländern

3 Fernsehen in den Ländern

3.1 Landesweite und regionale/ für gewöhnlich etwas höhere Einschaltquo- lokale Fensterprogramme ten erzielen als die RTL-F​ enster, die ab 18 Uhr einem größeren Konkurrenzdruck ausgesetzt Sehbeteiligung der Fensterprogramme re- sind, wenn in anderen Programmen beliebte lativ konstant _ Seit der Frühzeit des priva- Vorabendserien starten. In Bremen und Nie- ten Fernsehens sind die beiden großen Sen- dersachsen hat Sat.1 Nord 2016 fast drei Pro- der RTL und Sat.1 in den alten Bundesländern zentpunkte verloren, mehr hat kein anderes zur Ausstrahlung von landesweiten Fenster- Regionalfenster im Berichtszeitraum einge- programmen verpflichtet, um ein gewisses büßt. Interessanterweise hat dort auch das Maß an regionaler Meinungsvielfalt zu ge- Konkurrenzangebot von RTL Nord Markt­ währleisten. In den neuen Bundesländern, anteile verloren, nämlich 1,6 Prozentpunkte wo sich die Einführung des werbefinanzier- gegenüber dem Vorjahr. Zulegen konnte Sat.1 ​ ten Fernsehens unter anderen Bedingungen Nord in Hamburg und Schleswig-​Holstein vollzog, hat der Gesetzgeber diese Auflage um 0,9 Prozentpunkte. Der Aufwärtstrend nicht gemacht. In den alten Bundesländern beflügelte in Hamburg auch die Konkurrenz gibt es kein einheitliches Modell für die Er- von RTL Nord mit einem Zuwachs von immer- füllung dieser Auflage. Während in Baden-​ hin 0,7 Prozentpunkten. Württemberg, Bayern, Hessen, Rheinland-​ Für die Fensterprogramme existieren be- Pfalz und Nordrhein-W​ estfalen die halbstün- stimmte inhaltliche Vorgaben, welche in digen werktäglichen Fensterprogramme (von einer gemeinsamen Richtlinie der Landesme- 17:30 Uhr bis 18:00 Uhr auf Sat.1 und auf RTL dienanstalten festgelegt sind. Redaktionell von 18:00 Uhr bis 18:30 Uhr) von unabhän­ gestaltete Inhalte mit Regionalbezug sollen gigen Produzenten bestückt werden, produ- mindestens 20 Minuten pro Sendung be- zieren RTL und Sat.1 in Hamburg, Schleswig-​ streiten. Darüber hinaus sind im Wochen- Holstein, Niedersachsen und Bremen ihre durchschnitt mindestens 10 Minuten pro Fensterprogramme in eigener Regie. Sendung mit Beiträgen zu produzieren, die Das Zuschauerinteresse ist seit Jahr und Regional- und Ereignisbezug sowie Aktua­ Tag ziemlich konstant (mit leicht abnehmen- lität in Kombination aufweisen. Zudem for- der Tendenz), wenn auch zumeist etwas dert die Fernsehfensterrichtlinie (FFR) eine niedriger als der jeweilige Senderschnitt. Die „authentische[…] Darstellung der Ereignisse Marktanteile bewegen sich durchgängig im des politischen, wirtschaftlichen, sozialen einstelligen Bereich, wobei die Sat‑1‑Fenster und kulturellen Lebens“ der Region. Die Ein-

116 Fernsehen in den Ländern | Privates Fernsehen

Abb. 34

Themenagenda der Berichterstattung 2016 | Sendezeit in Prozent ,

, , Kult ur  ,

Soziales Leben , Kriminalität ,

, , , Wirtschaft Zerstreung ,

PolitikGesellschaftHuman private SportWetter Touch Lebenswelt

Basis: Publizistischer Kern des Regionalprogramms aller Regionalfenster Quelle: die medienanstalten: Content-Bericht 2016. haltung dieser Richtlinie und der Auflagen büßt. Derweil ist die die Berichterstattung im Rundfunkstaatsvertrag wird im jährlichen über unpolitische gesellschaftliche Themen Turnus überprüft. Das Institut für Medienfor- um 3,4 Prozentpunkte angestiegen und mit schung Göttingen und Köln (IM.GÖ) unter- 36,6 Prozent der größte Themenblock im Pro- sucht seit 2005 im Auftrag der Kommission gramm. Die Berichterstattung über Wirt- für Zulassung und Aufsicht (ZAK) die landes- schaftsthemen ist im zweiten Jahr in Folge weiten Fensterprogramme in ausgewählten leicht (aktuell um 1,4 %) angestiegen und hat Stichprobenzeiträumen. mit fast 8 Prozent wieder einen relevanten Auch 2016 haben sämtliche Regionalma- Umfang erreicht. gazine eine vielgestaltige Berichterstattung über die Ereignisse in ihrer Region geleistet Rechtsstreit um TV IIIa dauert an _ Trotz und damit der Forderung der FFR nach pub- zweier Niederlagen vor Verwaltungsgerichten lizistischer Vielfalt entsprochen. Allerdings hält Sat.1 an seiner Absicht fest, die Lizenz- sind im Vergleich zum Vorjahr einige Verän- verlängerungen der zuständigen Landes­ derungen zu konstatieren: Die Berichterstat- medienanstalten für das Regionalfenster­ tung zum Themenfeld „Politik“ ist gering­ programm der TV IIIa GmbH in Hessen und fügig um 1,1 Prozentpunkte auf nunmehr Rheinland-​Pfalz juristisch anzufechten. 30,7 Prozent gesunken, mit diesem Wert aber Neben diversen Verfahrensfragen geht es auf einem vergleichsweise hohen Niveau ver- Sat.1 dabei auch um die Grundsatzfrage: blieben. Human-T​ ouch-Themen​ haben sogar Nach Auffassung des Senders stellt die Ver- um 3 Prozentpunkte Sendezeitanteile einge- pflichtung zu regionalen Fensterprogrammen

117 Privates Fernsehen | Fernsehen in den Ländern

Abb. 35 Marktanteil der Regionalfenster 2016 von RTL und Sat.1 in Prozent

RTL-Fensterprogramm Marktanteil Sat.1 Fensterprogramm Marktanteil

Bayern 16 lokale Fensterprogramme 1 3,4 Sat.1 Bayern 5,4 Baden-Württemberg RNF Life k. A. – – Bremen RTL Nord 2,2 17.30 Sat.1 Regional für NS und Bremen 4,3 Hamburg RTL Nord 6,2 Sat.1-Regionalfernsehen für HH und SH 7,3 Hessen RTL Hessen 2,0 Sat.1 Live für Hessen und Rheinland-Pfalz 2,5 Niedersachsen RTL Nord 2,6 siehe Bremen Nordrhein-Westfalen RTL West 4,0 Sat.1 NRW 7,2 Rheinland-Pfalz RNF Life 2 k. A. siehe Hessen Schleswig-Holstein RTL Nord 5,2 siehe Hamburg

1 Marktanteil in der jeweiligen Sendezeit in RTL- bzw. Sat.1-Fensterhaushalten 2 RNF Life ist in Teilen von Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und Hessen empfangbar Basis: Fernsehpanel (D+EU), Zuschauer ab 3 Jahren in der jeweiligen Sendezeit in Haushalten mit Regionalfenster-­ Empfang im Bundesland Quellen: AGF/GfK-Fernsehforschung, IP Deutschland, Seven-One Media, TV Bayern einen unzulässigen Eingriff in die verfassungs­ gericht Neustadt/Weinstraße die Klagen al- mäßig garantierte Rundfunkfreiheit dar. lerdings abgewiesen und die Lizenzverlänge- ­Allerdings haben die Verwaltungsgerichte in rungsentscheidung der LMK vollumfänglich Kassel und Neustadt/Weinstraße die jewei- als rechtmäßig bewertet. Eine Berufung ist ligen Lizenzverlängerungen für den Fenster- nicht zugelassen, Sat.1 kann allerdings beim anbieter TV IIIa durch die zuständigen Lan- Oberverwaltungsgericht (OVG) Rheinland-​ desmedienanstalten als rechtmäßig bestä- Pfalz die Zulassung zur Berufung beantragen tigt, womit der Status quo für das Zwei­ und hat dies auch angekündigt. Neben der länderfenster einstweilen gewahrt bleibt. strittigen Grundsatzfrage der Verpflichtung Allerdings ist vom VG Kassel eine Berufung zur Ausstrahlung von Regionalfenstern sieht gegen das Urteil wegen dessen grundsätz­ sich Sat.1 in sittenwidrigen Knebelverträgen licher Bedeutung zugelassen worden. Sat.1 mit dem Fensteranbieter TV IIIa, die nicht ge- hat angekündigt, dieses Recht wahrzuneh- kündigt werden können, solange der Fenster- men, um diese wichtige medienpolitische anbieter eine Zulassung hat und für den na- Grundsatzfrage höchstrichterlich klären zu tionalen Anbieter die Pflicht besteht, ein Re- lassen. Auch gegen die Lizenzverlängerung gionalfenster auszustrahlen. Die zugrunde- für TV IIIa durch die Landesanstalt für Medien liegende Vereinbarung zwischen Sat.1 und und Kommunikation (LMK) hatte Sat.1 Klage der TV IIIa GmbH datiert aus dem Jahre 1997 erhoben, im März 2​ 016 hat das Verwaltungs- und entspreche nicht mehr den heutigen

118 Fernsehen in den Ländern | Privates Fernsehen

Abb. 36 Private Regional- und Lokalfernsehsender Zuordnung der Sender nach Aufsicht führender Landesmedienanstalt

gesamt landesweites lokales/ Spartenanbieter Lokalsender Lokal-TV Fernsehen 1 regionales TV im lok./ lw. TV < 10.000 HH im Internet

Baden-Württemberg 18 1 12 5 0 0 Bayern 47 2 18 11 9 7 Berlin/Brandenburg 40 0 26 10 4 0 Bremen 2 2 0 0 0 0 Hamburg/Schleswig-Holstein 9 6 0 0 0 3 Hessen 4 2 1 0 0 1 Mecklenburg-Vorpommern 14 1 9 0 4 0 Niedersachsen 5 2 3 0 0 0 Nordrhein-Westfalen 5 2 3 0 0 0 Rheinland-Pfalz 6 1 5 0 0 0 Saarland 0 0 0 0 0 0 Sachsen 50 1 23 1 23 2 Sachsen-Anhalt 11 0 8 0 3 0 Thüringen 9 0 6 0 3 0 gesamt 214 17 2 111 2 27 46 13 Vorjahr 222 19 112 26 52 13

1 Inklusive landesweite Fernsehfenster; ohne Aus- und Fortbildungskanäle 2 Programme, die bei mehreren Landesmedienanstalten genehmigt sind, werden jeweils nur als ein Programm gezählt. Dies betrifft beim landesweiten TV: RTL Nord Niedersachsen und Bremen und Sat.1 17.30 live – das Magazin für Bremen und Niedersachsen (brema/NLM) sowie Sat1 17:30 Live Das Magazin für Hessen und Rheinland-Pfalz (LPR Hessen/LMK). Dies betrifft beim lokalen/regionalen TV Regio TV Schwaben (BLM/LFK), RNF Rhein-Neckar-Fernsehen und RNF Life (LFK/LMK). Quelle: Landesmedienanstalten, Stand Januar 2017.

Marktgegebenheiten, argumentieren Sat.1‑​ RTL- F​ enster im Rhein-Neck​ ar-R​ aum neu ge- Vertreter. Nach Auffassung des Verwaltungs- regelt _ Seit 1. April 2016 ist Zone 7 Gmbh ​ & gerichts wäre dies aber eher im Rahmen Co KG Lizenznehmer für das RTL Regional- eines zivilrechtlichen Verfahrens zu klären, fenster Rhein Neckar. Zuvor hatte der Mann- die Zulassung der LMK vom Mai ​2014 ent- heimer Ballungsraumsender RNF jahrzehn- halte keine Finanzierungsregelung, eine sol- telang das RTL-​Fensterprogramm für die Re- che ergebe sich ausschließlich aus der zwi- gion geliefert. Im Rahmen einer Übergangs- schen Sat.1 und TV IIIa geschlossenen Dienst- lösung wurde RNF vom neuen Lizenzinhaber leistungsvereinbarung. Zone 7 noch bis Ende Juli beauftragt, das

119 Privates Fernsehen | Fernsehen in den Ländern

Fensterprogramm zu bestücken. Seit August ​ len Arbeitsteilung zwischen den landeswei- 2016 sendet nun die Zone 7 GmbH das halb- ten US‑Networks und ihren lokalen „Affiliate stündige Fensterprogramm auf RTL. Die Li- Stations“ fußt, die hierzulande keine Ent- zenz von RNF für das Ballungsraum-​Fern­ sprechung hat. sehen in der Region hat weiterhin Bestand. Der Wegfall der Zahlungen von RTL für das TV- W​ erbegeschäft folgt nationaler Logik _ Fensterprogramm stellt RNF freilich vor Die bisherigen Versuche von lokalen und re- enorme Herausforderungen. Um die Kosten gionalen Anbietern, an der überregiona- zu senken, hat der Mannheimer Ballungs- len Markenartikelwerbung zu partizipieren, raumsender die Ausstrahlung seines Pro- waren dementsprechend nicht von durch- gramms auf dem Astra-Sa​ telliten eingestellt. schlagendem Erfolg gekrönt. In den Media- plänen der großen Werbekunden findet orts- nahes Fernsehen nur in wenigen Ausnahme- 3.2 Lokales/regionales Fernsehen fällen statt. Einseitige Schuldzuweisungen etwa an die Adresse der Mediaagenturen, wie Im Januar ​2017 zählten die zuständigen Lan- von NRW.TV-​Chef Helmut Thoma geäußert, desmedienanstalten 214 ortsnahe Fernseh­ greifen zu kurz. Unbestritten ist freilich, dass angebote, acht Anbieter haben sich 2016 die Konzentration der Etats auf die beiden vom Markt zurückgezogen, damit hat sich großen nationalen TV‑Vermarkter Bünde- der Senderschwund auch 2016 fortgesetzt. lungsvorteile bringt. Aber entscheidender als Im Detail mögen die Probleme beim landes- die gewährten Mengenrabatte dürfte die weiten NRW.TV andere gewesen sein als bei einfachere Handhabbarkeit sein, eine na­ Bodetal TV in Thale, aber ein Grundproblem tionale TV‑Kampagne mit nur zwei oder eint große und kleine Sender – nämlich die drei Ansprechpartnern abzuwickeln statt mit Schwierigkeit, die eigene Reichweite ausrei- einer Vielzahl von Vermarktern. chend zu kapitalisieren. Über 30 Jahre nach Eine schlagkräftige bundesweite Vermark­ den ersten Lokal‑TV-​Versuchen im Rahmen tung fehlt den lokalen Anbietern aber nach der Kabelpilotprojekte muss man bilanzie- wie vor. Verschärfend kommt hinzu, dass die ren, dass privates regionales und lokales gesamte Bewegtbildwerbung eine extrem Fernsehen in Deutschland noch immer mit datengetriebene Entwicklung nimmt, von strukturellen Schwierigkeiten zu kämpfen der die ortsnahen Anbieter de facto ab­ hat. Im Gründungsboom der neunziger Jahre gehängt sind. TV wird heute nicht mehr aus- hatten die TV‑Newcomer im Ballungsraum‑​ schließlich anhand der GfK-​Einschaltquoten TV auf eine ähnliche Entwicklung wie im geplant (die zu erheben für kaum einen lo­ US‑Markt gehofft, wo jeder dritte TV‑Werbe- kalen Anbieter lohnt), inzwischen können dollar im Lokalen verdient wird. Nur wurde Agenturen und Kunden TV‑Nutzungsdaten nicht ausreichend bedacht, dass diese Vertei- mit Online-​Reichweiten so verknüpfen, dass lung der Werbegelder auf einer ganz speziel- Kampagnen auf Netto-​Ebene – also bereinigt

120 Fernsehen in den Ländern | Privates Fernsehen

um Mehrfachkontakte – geräteübergreifend Kongress im September ​2016 von Veranstal- ausgesteuert und nahezu in Echtzeit opti- tern erneut deutlich gemacht, dass einfaches miert werden können. Über die zusätzliche „weiter so“ auf Dauer nicht genügen wird, Verknüpfung von GfK-​Einschaltquoten mit um den Status quo zu halten. Dazu ist die diversen Konsumstudien und Verbraucher­ ­Ertragslage vieler Anbieter vor allem in den typologien ist das Publikum der nationalen fünf neuen Bundesländern weiterhin zu an- Anbieter gut erforscht und in hohem Maße gespannt. Die Digitalisierung und die damit berechenbar geworden. Ob der Werbekunde einhergehende Veränderung der Mediennut- nach Alter, Geschlecht, Einkommen oder Spe- zung stellt die ortsnahen TV‑Angebote vor zialvorlieben wie Markenpräferenzen und große Herausforderungen: Um ihr geogra- sogar Produktverwenderschaft Zielgruppen phisch begrenztes Zuschauerpotenzial voll segmentieren und planen möchte, die Da- auszuschöpfen, müssen lokale und regionale tenfülle der nationalen TV‑Vermarkter gibt Programme auf allen Verbreitungswegen das mühelos her. Demgegenüber wissen die präsent sein – auch für Zuschauer, die Sen- lokalen Sender, die allenfalls einmal im Jahr dungen unabhängig vom Programmschema im Rahmen einer Funkanalyse Zuschauer- auf dem Smart‑TV-​Gerät, dem Smartphone zahlen per Umfrage ermitteln, vergleichs- oder dem Tablet‑PC anschauen. Des Weite- weise wenig über ihr Publikum, was die Wer- ren wird das Thema HDTV-P​ roduktion immer bewirtschaft honorieren würde. drängender. Die nationalen Programme sen- TV erfordert einen hohen Aufwand, die den zunehmend in hochauflösender Bild­ hohen Kosten für Studios, Übertragungstech- qualität. Auch bei den lokalen Anbietern ist nik und Personal belasten kleinere Sender in das Thema angekommen, aber es wird noch höherem Maße als große Anbieter. Von daher einige Zeit dauern, bis alle Programme in HD überrascht es nicht, dass die letzte Wirt- empfangbar sein werden. schaftlichkeitsstudie der Landesmedienan- stalten 2014/15 den ortsnahen Angeboten Fördern und fordern _ Die Landesmedien- einen durchschnittlichen Kostendeckungs- anstalten fördern das ortsnahe Fernsehen im grad von 93 Prozent bescheinigte. Wobei dem Rahmen ihrer jeweiligen gesetzlichen Mög- nicht entgegensteht, dass einzelne Anbieter lichkeiten bereits auf mannigfaltige Weise – durchaus Gewinn erzielen. Auch zeichnet und zwar vor allem die technische Infrastruk- die Situation in einzelnen Bundesländern ein tur und Programmverbreitung. Sie widmen heterogenes Bild. Nun ließe sich aus der Tat- sich aber auch den Themen Aus- und Weiter- sache, dass sich in einigen Bundesländern im bildung, Studien, Reichweitenforschung und Berichtszeitraum keinerlei Veränderungen Projekte. In einzelnen Ländern – beispiels- im Angebot ergeben haben, der Schluss zie- weise in Bayern – sind mittlerweile auch Pro- hen, im Grunde sei das Feld des regionalen grammbeauftragungen sowie die Förderung Fernsehens wohlbestellt. Allerdings wurde von Inhalten möglich, die allerdings gewissen auf dem zweitägigen Potsdamer Lokal‑TV-​ Qualitätsstandards entsprechen müssen. Auf

121 Privates Fernsehen | Fernsehen in den Ländern

dem Lokal‑TV-K​ ongress in Potsdam herrschte Art Grundversorgung. Eine Stärkung des Lo- Einigkeit darüber, dass Lokal‑TV eine hohe kalfernsehens durch die Teilhabe am ARD/ gesellschaftliche Bedeutung hat und auch ZDF-​Rundfunkbeitrag wird inzwischen frak- das ­Potenzial für die Übernahme eines tionsübergreifend von zahlreichen Abgeord- Grundversorgungsauftrages. Jedoch müsse neten der Landtage vertreten. diese Einschätzung von der gesamten Gesell- schaft getragen werden. Vertreter von Sen- dern, Verbänden, Landesmedienanstalten Baden-​Württemberg und Medienpolitik haben einen runden Tisch zum Thema Lokal‑TV angeregt, mit dem Ziel, Abschied vom analogen Kabel _ Das Fern- Antworten auf folgende drei Fragestellungen sehjahr 2016 stand in Baden-​Württemberg zu finden: Ist Lokal‑TV notwendig für die ganz im Zeichen der Digitalisierung. Ende Meinungsvielfalt und die Kommunikation April hatte der Kabelnetzbetreiber Unityme- des politischen Diskurses? Wenn ja, wie lässt dia sein analoges Senderangebot von 29 auf sich die dafür notwendige Existenz lokaler 26 Kanäle reduziert. Die meisten regionalen Medien kurzfristig und langfristig sichern? Fernsehsender mit Ausnahme von Rhein Und welche einheitlichen Qualitätsstandards Neckar Fernsehen (RNF) stellten im Südwes- müssen für die lokale Medienberichterstat- ten ihr bisheriges 24‑stündiges analoges Pro- tung verbindlich gelten, und wie soll die Er- gramm ein und sind von 18 bis 20 Uhr auf füllung kenntlich gemacht werden? dem analogen Kanal von Tele 5 zu empfan- Die Medienpolitik hat nichts zu ver- gen – ein letzter Schritt vor dem Aus von schenken, und längst nicht jede Landesme- Analog‑TV. Im Juni ​2017 endet das analoge dienanstalt betrachtet die direkte Förderung Fernsehzeitalter in Baden-​Württemberg mit von Inhalten und Programmen im Lokal‑TV der Abschaltung der verbliebenen analogen als ihre vordringlichste Aufgabe. Qualität zu Kabelkanäle. Digital sind die regionalen An- liefern ist zunächst Sache der Programm­ gebote (insgesamt 18 regionale Fernsehsen- anbieter, dann sind auch weitergehende po- der, darunter vier Spartenanbieter) aber wei- litische Forderungen eher durchsetzbar. Ein terhin 24 Stunden pro Tag on Air. Seit Sep- Dauerbrenner ist beispielsweise die Forde- tember ​2016 sind erste Regionalprogramme rung der Lokal‑TV-​Betreiber, den Landes­ auch in bester HD‑Qualität im Kabel zu emp- medienanstalten einen höheren Anteil vom fangen, im Februar kamen in den jeweiligen Rundfunkbeitrag zuzuweisen, um auf diese Sendegebieten auch Regio TV und L‑TV in Weise das Fördervolumen zu erhöhen. Eine hochauflösender Bildqualität hinzu. Im April direkte Beteiligung der Lokalsender am Rund- 2017 wurde dann das Programm von Rhein funkbeitrag hält der Bundesverband Lokal‑TV Neckar Fernsehen (RNF) in HD eingespeist. (BLTV) ebenfalls für einen gangbaren Weg, Die regionalen Sender sind in der Kanalbele- schließlich leisteten die Anbieter seit vielen gung im vorderen Bereich platziert und gleich Jahren auf lokaler und regionaler Ebene eine nach dem Dritten des SWR zu finden.

122 Fernsehen in den Ländern | Privates Fernsehen

Während sich die Inhalte der meisten Re- erneut an die Medienpolitik appelliert, ge- gionalsender in SD (Standard-​Digital-​Quali- setzliche Grundlagen für eine umfassendere tät) und HD (High-Definition-​Qualität) nicht Förderung zu schaffen. Neben der techni- unterscheiden, bietet der HD‑Kanal der Regio‑​ schen Infrastruktur müssten auch bestimmte TV-​Gruppe seit 2017 eine zusätzliche Regio- Sendeformate und der Aufbau und Betrieb nen-übergreifende Berichterstattung von Bo- von regionalen Medienplattformen sowie densee und Oberschwaben, aus Stuttgart und neuartige Übertragungstechniken und Über- dem Ulmer Raum an. Das neue „Baden-W​ ürt- tragungsformen gefördert werden. temberg-​Journal“ informiert die Zuschauer über die wichtigsten Ereignisse von Konstanz bis Aalen und von Friedrichshafen bis Lud- Bayern wigsburg. Für das im Januar ​2015 vom Markt ge- Lokal ‑TV in der Gewinnzone _ Das Angebot nommene Regionalprogramm TV Südbaden an ortsnahem Fernsehen in Bayern umfasst steht ein Nachfolger in den Startlöchern: 18 lokale Fernsehangebote, elf lokale Spar- Die Landesanstalt für Kommunikation (LFK) tenangebote und zwei landesweite Fenster- hatte dem neuen TV‑Anbieter Baden TV Süd programme. Der wirtschaftliche Aufwärts- im September 2016 die Zuweisung erteilt. trend der vergangenen Jahre hielt auch 2015 Baden TV Süd war der einzige Bewerber für an, so dass die Lokalprogramme im Freistaat das ausgeschriebene Sendegebiet, das die erstmals seit fünf Jahren wieder mehr Geld Stadt- und Landkreise Freiburg, Emmendin- eingenommen als sie ausgegeben haben. Wie gen, Breisgau-​Hochschwarzwald, Ortenau­ aus der Studie „Wirtschaftliche Lage der pri- kreis, Lörrach und Waldshut umfasst. Getra- vaten Rundfunkanbieter in Bayern 2015/16“ gen wird es von den Gesellschaftern des An- hervorgeht, die die Bayerische Landeszen­ bieters Baden TV (Karlsruhe). Das Freiburger trale für neue Medien (BLM) im November ​ Regionalprogramm muss als sogenannter 2016 veröffentlichte, standen Aufwendun- Must-carry-Sender​ im Kabelnetz ausgestrahlt gen in Höhe von 36,5 Mio. Euro Erträge in werden und wird von der LFK bei der techni- Höhe von 37,2 Mio. Euro gegenüber; der schen Verbreitung auch finanziell gefördert. ­Kostendeckungsgrad des bayerischen Lokal- Der Sendestart ist für das Frühjahr 2017 pro- fernsehens betrug 2015 somit 102 Prozent, jektiert. das waren vier Prozentpunkte mehr als im Ohne die sechsstelligen Fördermittel, mit Vorjahr. Gegenüber dem Vorjahr konnten denen die LFK die technische Infrastruktur die Sender ihre Aufwendungen um rund unterstützt, wäre die regionale und lokale 300.000 ​Euro reduzieren, gleichzeitig stie- Vielfalt der Angebote nicht zu finanzieren, gen vor allem die sonstigen Erlöse. Die Wer- zumal viele Sender in strukturschwachen Re- beeinnahmen blieben 2015 mit insgesamt gionen Zuschauer mit lokalen Informationen 14,6 Mio. Euro minimal unter dem Niveau des versorgen. Der Medienrat der LFK hat deshalb Vorjahres.

123 Privates Fernsehen | Fernsehen in den Ländern

Zuschauerzahlen weitgehend stabil _ Die die technischen Verbreitungskosten lokaler lokalen Fernsehprogramme erreichten 2016 TV-Anbieter mit 11,25 Mio. Euro aus dem baye­ an einem durchschnittlichen Werktag (Mon- rischen Staatshaushalt gefördert. tag bis Freitag) 856.000 Z​ uschauer ab 14 Jah- ren, das entspricht 7,9 % der Bevölkerung). Das Lokal-TV auch in HD empfangbar _ Seit bayernweite Fensterprogramm Sat.1 Bayern April 2017 werden in Bayern insgesamt acht (Mo–Fr 17:30–18:00, Sa 17:00–18:00 auf Sat.1) lokale TV-Programme in den Netzen von kam auf durchschnittlich 291.000 Z​ uschauer ­Vodafone Kabel Deutschland in HD-Qualität ab 14 Jahren. Während das Sat.1‑​Fenster im verbreitet. Die weiteren Programme sollen in Vergleich zu 2015 um 10.000 ​Seher zulegen den nächsten Monaten folgen. Die HD-Ver- konnte, haben die Lokalprogramme den Auf- breitung ist kein Ersatz, sondern erfolgt zu- wärtstrend des Vorjahres nicht halten können sätzlich zur analogen und zur SD-Verbreitung und etwa 20.000 ​Seher eingebüßt. Das hat in den jeweiligen Sendegebieten. die Funkanalyse Bayern 2016 ergeben, die im Auftrag der BLM und der bayerischen Anbieter von Kantar TNS durchgeführt wurde. Laut der Berlin/Brandenburg Markt-Media-​ Studie​ hat sich das theoretische Empfangspotenzial für Lokal TV über Kabel, Das Gesamtangebot an Lokal‑TV in Berlin Satellit und IPTV gegenüber dem Vorjahr um und Brandenburg ist mit 28 Sendern im Ver- zwei Prozentpunkte auf 94 Prozent der Be- gleich zum Vorjahr gleich geblieben. Auch bei völkerung erhöht und beträgt nun 10,2 Mio. den Eigentümerverhältnissen gab es keine Der Weiteste Seherkreis der Lokalfernsehpro- Änderungen. Die wirtschaftliche Lage der Lo- gramme zählt rund 2,7 Millionen Zuschauer kalsender stellte sich weiterhin angespannt in Bayern, d. h. insgesamt 25,9 Prozent der dar, wie die Lokal‑TV-V​ eranstalter im Rahmen Bevölkerung in TV-Haushalten ab 14 Jahren des von fünf ostdeutschen Landesmedien­ sehen im Verlauf von 14 Tagen lokale Fern­seh­ anstalten organisierten Lokal‑TV-K​ ongresses angebote, in Kabelhaushalten sind es sogar berichteten. 34,3 Prozent aller potenziellen Zuschauer. Satellitenprojekt wird fortgeführt _ mabb-​ Förderung wird fortgesetzt _ Nach dem Direktorin Dr. Anja Zimmer und Bert Lingnau, Wirtschaftsplan der BLM für 2017 können die Direktor der MMV, unterzeichneten im Mai ​ Anbieter der lokalen und landesweiten RTL-​ 2016 den Vertrag über die Fortführung des Fensterprogramme mit 4,9 Mio​ . Euro aus dem gemeinsamen Satellitenkanals BB‑MV-L​ okal‑​ Finanzierungsbeitrag der nationalen Sender TV. Dieser Gemeinschaftskanal von 24 Pro- rechnen. Im Rahmen der Förderung des loka- grammveranstaltern wird von beiden Lan- len Fernsehens nach Art. 23 BayMG stellt die desmedienanstalten seit September 2013​ ge- BLM 1,65 Mio. Euro für die Programmherstel- meinsam finanziert und war zunächst auf lung zur Verfügung. Darüber hinaus werden drei Jahre befristet. Für die Brandenburger

124 Fernsehen in den Ländern | Privates Fernsehen

Veranstalter ist das Projekt von besonderer vier lokalen bzw. Ballungsraumsender noa 4, Bedeutung, da Satellit dort der meistge- Nachbarn on air, Sylt1 und Hamburg 1 konn- nutzte Empfangsweg ist. BB‑MV-​Lokal‑TV ten sich neben den beiden landesweiten ­erhält zudem eine HbbTV-​Signalisierung, Fensterprogrammen auf RTL und Sat.1 am damit kann das gewünschte Programm jeder- Markt halten. zeit unabhängig vom Programmschema ge- Beim terrestrischen Fernsehen erfolgte sehen werden. Fortgeführt wurde auch das im März ​2017 der Umstieg von DVB‑T auf Vernetzungsprojekt der mabb, das die Lokal‑​ DVB ‑T2 HD. In der Metropolregion Hamburg/ TV-​Sender bei der Einspeisung ihrer Pro- Lübeck sowie im Großraum Kiel sind seitdem gramme in das Kabelnetz unterstützt. Für ein privates und ein öffentlich-​rechtliches 2017/2018 sind eine Erweiterung auf HD‑Aus- Programmangebot im neuen Sendestandard spielung, die Einspeisung in das Telekom-​ empfangbar. Zum gleichen Zeitpunkt ist In­ ternet‑TV Entertain und ggf. Multimedia-​ auch in der Region Flensburg und Umgebung Services (z. B. Video‑on-Demand-​ Dienste​ oder die Umstellung von DVB‑T auf DVB‑T2 HD er- Schnittstellen zu Apps und Websites) geplant. folgt. Allerdings ist dort nur ein öffentlich-​ rechtliches Programmangebot verfügbar. In Unterstützung für Flüchtlingsthemen _ den übrigen Regionen Schleswig-​Holsteins Im Frühjahr 2016 hat der Medienrat der erfolgt der Umstieg der öffentlich-​rechtlichen mabb beschlossen, die Berichterstattung lo- Veranstalter von DVB‑T auf DVB‑T2 HD schritt- kaler Medien über Flüchtlingsthemen zu un- weise in den kommenden Jahren. terstützen. Eine entsprechende Förderricht- linie ist auf zwei Jahre ausgelegt und sieht vor, Projekte zur Aus- und Weiterbildung von Hessen Mitarbeitern sowie Workshops zum Umgang mit Hetze und Hasskommentaren auf den Zulassung für rheinmaintv verlängert _ Senderprofilen in den sozialen Netzwerken Das regionale TV‑Angebot in Hessen blieb im zu fördern. Außerdem fördert die Medien­ Berichtszeitraum unverändert. Es umfasst anstalt innovative Sendeformate. Überdies die zwei landesweiten Fensterprogramme hat sie auch 2016 die Weiterbildung der Mit- RTL Hessen (RTL) und 17:30 Sat.1 Live (Sat.1), arbeiter der Veranstalter von Lokal‑TV durch den Ballungsraumsender rheinmaintv und Seminare und Workshops unterstützt. das lokale Fernsehspartenprogramm „OF‑TV“ des German Pictures™ e. K. Film & TV Produk- tion, Inhaber Torsten Jaschek. Die Versamm- Hamburg/Schleswig-​Holstein lung der LPR Hessen hat in ihrer Sitzung im Juli ​2016 die Zulassung des regionalen Fern- Stabiles Angebot im Norden _ In Hamburg sehprogramms der Rhein-​Main Ballungs- und Schleswig-​Holstein ist das regionale raumfernsehen Verwaltungs GmbH bis zum Fernsehangebot unverändert geblieben, die Jahr 2022 verlängert. rheinmaintv strahlt seit

125 Privates Fernsehen | Fernsehen in den Ländern

Jahren ein inhaltlich vielfältiges regionales mühlen TV (nichtkommerziell) darf jetzt auch Fernsehprogramm aus. Unter der Woche be- in der weiteren Umgebung der Stadt ver­ trägt der originäre Programmanteil, der sich breitet werden. Das Sendegebiet von lokal tv mit politischen, wirtschaftlichen, sozialen nwm in Bad Kleinen umfasst jetzt auch den und kulturellen Ereignissen sowie Sport aus Großraum Westmecklenburg. neueins (kom- der Region befasst, deutlich mehr als die merziell) bedient jetzt den Großraum Neu- vom Gesetz geforderten 240 Minuten am brandenburg, den Großraum Mecklenbur­ Tag. Gestartet ist das Regionalprogramm gische Seenplatte, den Großraum südliches 2003 in Bad Homburg, seit 2014 wird es in Vorpommern, die Region Uecker-​Randow Mörfelden-​Walldorf produziert, wo seitdem sowie das Gebiet Teterow und Umgebung. auch der Sitz der Gesellschaft ist. Das Pro- Und TV:Schwerin sendet nun für den Groß- gramm ist über Kabel, Satellit und über den raum Schwerin, den Großraum Ludwigslust, Stream im Internet empfangbar. den Großraum Parchim und den Großraum Westmecklenburg. Die MMV und die mabb haben beschlos- Mecklenburg-​Vorpommern sen, ihre Förderung des gemeinsamen Satel- litenkanals BB‑MV-​Lokal‑TV für zwei weitere Lokal‑TV vergrößert Sendegebiete _ In Jahre bis August 2018​ fortzusetzen. Lokal‑TV-​ Mecklenburg-V​ orpommern ist das regionale/ Zuschauende in Mecklenburg-​Vorpommern, lokale TV‑Angebot im Berichtszeitraum mit Berlin und Brandenburg können damit wei- 14 Anbietern zahlenmäßig konstant geblie- terhin ihr jeweiliges Programm über den ben, vier von ihnen erreichen weniger als ­Satellitenkanal BB‑MV-Lokal​ ‑TV empfangen. 10.000 ​Haushalte. Den Sendebetrieb einge- Außerdem wurde im Dezember 2016​ das Ver- stellt hat die Inselfernsehen Betriebsgesell- netzungsprojekt für Lokal‑TV um zwei Jahre schaft mbH & Co. KG (Sitz: Bergen, kommer- bis Ende 2018 verlängert. Es wird seit 2012 von ziell), nachdem sie Ende August 2016​ ihre Zu- der mabb, MMV und der Thüringer Landes- lassung für das Programm Rügen TV zurück- medienanstalt (TLM) betrieben. Aus Mecklen­ gegeben hat. Derweil startete die FAS GmbH burg- V​ orpommern werden insgesamt sieben (Sitz: Stralsund, kommerziell) im September ​ TV‑Programme zum zentralen Einspeise- 2016 ein neues Programm namens Rügen TV, punkt, einem Rechenzentrum in Berlin, zuge- das bis April ​2021 im Großraum Stralsund, führt und von dort weiterverbreitet. Grimmen und der Insel Rügen über Kabel, ­Satellit und Internet verbreitet werden darf. Die Medienanstalt Mecklenburg-​Vorpom- Niedersachsen mern (MMV) hat die Sendelizenzen von vier Lokal ‑TV-P​ rogrammen jeweils um zehn Jahre Sender-​Trio auf Konsolidierungskurs _ verlängert und die Gebiete erweitert, in Nach dem Aus für Os1 in Osnabrück zum Jah- denen sie verbreitet werden dürfen: Greves- resende 2015 sind in Niedersachsen noch drei

126 Fernsehen in den Ländern | Privates Fernsehen

lokale Sender auf Sendung: ev1.‌tv in Lingen/ center. ‌tv Düsseldorf, Studio 47 in Duisburg Ems, regiotv in Lohne und der Friesische und City Vision, Mönchengladbach. Nach Rundfunk (FRF) mit Sitz in Sande. FRF war einem Beschluss der Medienkommission der nach jahrelangen Verlusten 2015 in Schief­ Landesanstalt für Medien NRW (LfM) vom lage geraten, woraufhin Geschäftsführer März ​2016 haben alle drei Anbieter neue Ka- Karl-​Heinz Sünkenberg und sechs weitere belplätze erhalten. Der landesweite Sender Mitarbeiter alle Anteile der ehemaligen Ge- NRW.TV wurde seit April ​2016 nicht mehr ins sellschafter aufkauften und die Pleite ab- analoge Kabel eingespeist und hat Ende Mai wenden konnten. Dank umfangreicher Um- seinen Sendebetrieb ganz eingestellt. Kurz strukturierungsmaßnahmen konnte der Frie- zuvor musste der Sender Insolvenzantrag sische Rundfunk seine Kosten deckeln und stellen, und die Suche nach einem neuen In- Altlasten reduzieren, aber Abgänge im Per- vestor blieb ohne Erfolg. sonal haben Lücken ins Programm gerissen Im Juni ​2016 hat die LfM die Zulassung und auch der Werbezeitenverkauf läuft nicht des regionalen TV‑Programms center.‌tv Re- zufriedenstellend, so dass sich der Sender im gion Düsseldorf/Neuss um zehn Jahre ver- März ​2017 einen radikalen Neustart verord- längert. Darüber hinaus stellt sie regionalen nen musste, um weitermachen zu können. und lokalen Fernsehveranstaltern in Nord- Von den beiden anderen Anbietern liegen rhein- ​Westfalen mit Blick auf eine zuneh- keine aktuellen Zahlen vor, aber bereits 2014 mend digitalisierte Medienlandschaft fi­ hatten die Lokalsender in Niedersachsen nanzielle Hilfe in Aussicht. Für Digitalisie- ihren Kostendeckungsgrad auf 98 Prozent rungsmaßnahmen stehen insgesamt bis zu verbessern können. Mit einer Inhaltsanalyse, 200.000 E​ uro zur Verfügung, um die sich die durchgeführt vom Institut für Medienfor- Sender bewerben können. schung (ImGö)/die netzberater, will die Nie- dersächsische Landesmedienanstalt (NLM) das Programmangebot genauer unter die Rheinland-​Pfalz Lupe nehmen. Regional‑TV arbeitet weiterhin kosten­ deckend _ Neben dem landesweiten Fens- Nordrhein-​Westfalen terprogramm auf Sat.1 senden in Rhein- land-​Pfalz unverändert drei Anbieter fünf Digitalisierung wird gefördert _ Nach eini­ regionale Programme. Sowohl auf Gesell- gen Senderschließungen in den Vorjahren ist schafterebene als auch im Programm haben die lokale TV‑Landschaft in Nordrhein-​West- sich im Berichtszeitraum keine genehmi- falen im Berichtszeitraum stabil geblieben: gungspfIichtigen Änderungen ergeben. Für Neben den beiden landesweiten Fenster­ 2016 liegen keine Zahlen vor, aber die wirt- programmen auf RTL und Sat.1 senden noch schaftliche Lage dürfte etwa auf dem Niveau drei lokale und regionale Fernsehanbieter: des Vor­jahres liegen, als die Sender einen

127 Privates Fernsehen | Fernsehen in den Ländern

Kosten­deckungsgrad von 106 Prozent erziel- TeleVision Zwickau GmbH die Zulassung er- ten. teilt. Das Unternehmen strahlt bereits seit 2003 in der Stadt Zwickau und Umgebung ihr TV‑Informationsprogramm aus. In der Kabel­ Saarland anlage Wurzen, dem bisherigen Verbreitungs­ gebiet von FVN, ist künftig die Muldental TV Die Landesmedienanstalt Saarland (LMS) hat GmbH aktiv. am 15. September 2016 die MSM Medien Saar Nach § 5 Absatz 2 Satz 4 Sächsisches Pri- Mosel GmbH als Veranstalterin der beiden vatrundfunkgesetz kann die Sächsische Lan- Werbefernsehprogramme Saarland Fernse- desanstalt für privaten Rundfunk und neue hen 1 und Saarland Fernsehen 2 zugelassen. Medien (SLM) technische Übertragungskapa­ Vorgesehen ist die Veranstaltung und Ver- zitäten auch ohne Ausschreibung an einen breitung von zwei 24-stündigen reinen Wer- zugelassenen Veranstalter vergeben, wenn beprogrammen, die ausschließlich kommer- dadurch eine bessere Versorgung im Sinne zielle Berichterstattungen und Werbesen- der Zulassung erreicht werden kann. Auf die- dungen beinhalten. Saarland Fernsehen 1 ser Grundlage erhielten auch die Kabel‑TV wird seit 1. März 2017 über die Kabelnetze Marketing GmbH, Brand-Erbisdorf und die der Vodafone Kabel Deutschland im Saarland Regio nal-F­ ernsehen Mittelerzgebirge GmbH verbreitet. Marienberg von der SLM weitere Zulassun- gen zur Veranstaltung ihres lokalen TV‑Infor- mationsprogramms. Sachsen Nachdem 2015 infolge der Novellierung des Sächsischen Privatfunkrundgesetzes erst- Lokal‑TV-Anbieter vergrößern Sendege- mals zugelassene Veranstalter von regiona- biete _ Im Freistaat Sachsen sind derzeit 50 len und lokalen Fernsehprogrammen bei der private Lokalfernsehprogramme auf Sen- Verbreitung ihres Programms finanziell un- dung. Mit seinem Programm Heidenau TV terstützt werden konnten, wird das Förder- ist das Medienzentrum Heidenau e. V. 2016 programm auch 2017 fortgesetzt. Der Säch- als neuer Fernsehprogrammveranstalter in sischen Landesanstalt für privaten Rundfunk Sachsen hinzugekommen. Es stellten aber und neue Medien (SLM) stehen dafür laut auch vier Veranstalter ihren Geschäftsbetrieb Haushaltsplan Mittel in Höhe von 750.000 ​ ein, darunter die ELB‑TV Film- und Fernseh- Euro zur Verfügung. Mit den Mitteln wird die produktions GmbH, die FVN Fernseh- und Verbreitung von neun Programmen geför- ­Videogesellschaft Nordsachsen mbH und die dert. Laut Fördersatzung ist die Vorausset- Info Kabel GmbH in Bischofswerda. Für das zung für die Förderung die Ausstrahlung Sendegebiet Plauen und Auerbach, in dem eines sogenannten betrauten Programmes. bis Ende 2015 Vogtland Regional Fernsehen Darunter werden hochwertige Fernsehpro- GmbH Programm verbreitet hat, wurde der gramme verstanden, welche die bestehende

128 Fernsehen in den Ländern | Privates Fernsehen

Meinungsvielfalt im jeweiligen Versorgungs- Sachsen-​Anhalt gebiet in ausgewogener Weise und in einem angemessenen Umfang zum Ausdruck brin- Nahezu stabiles Angebot im Lokal‑TV _ In gen. Förderfähige Kosten sind technische Sachsen-​Anhalt sind derzeit noch elf lokale ­Zuführungs- und Verbreitungskosten über Angebote auf Sendung. Der Anbieter Comed DVB ‑T und Nachfolgetechniken, über Satellit TV hat sein Lokalprogramm Bodetal TV 2016 und über sonstige Plattformen, wie z. B. Kabel­ mangels wirtschaftlicher Perspektive kurz vor anlagen. Aufgrund der praktischen Erfahrun- Ablauf der Sendelizenz Ende Januar 2017​ ein- gen der ersten Förderrunde hat die SLM die gestellt. Ein neuer Bewerber für das vakante Fördersatzung überarbeitet und den büro- Sendegebiet ist nicht in Sicht. Derweil hat kratischen Aufwand bezüglich der Nachweis­ die Medienanstalt Sachsen-​Anhalt Ende Ja- pflichten der geförderten Veranstalter unter nuar die Lizenzen für TV Halle, RAN1 und gewissen Voraussetzungen gesenkt. RBW um zehn Jahre verlängert. Die anstehende Umstellung auf DVB‑T2 Metropolensender in HD‑Qualität _ Der hat auf die Lokalsender in Sachsen-​Anhalt Medienrat der SLM genehmigte der video​ keinen Einfluss. Alle örtlichen TV‑Veranstal- werkstatt.‌net GmbH Leipzig, einer seit 2007 ter sind nach wie vor über Kabel, im Internet zugelassenen Veranstalterin, eine höhere Da- und über das Lokal‑TV-P​ortal empfangbar. tenrate in der Ausstrahlung per DVB‑T (von Darüber hinaus sind TV Halle, RAN1 und RBW zuvor 3,5 Mbit auf 7 Mbit/s) ‒ damit wird die nach einem Frequenzwechsel weiterhin über zukünftige Ausstrahlung des TV‑Programms DVB‑T zu empfangen. Leipzig Fernsehen in HD‑Qualität möglich. Der Entscheidung vorausgegangen war eine Ausschreibung von digital-terrestrischen Thüringen Übertragungskapazitäten (DVB‑T) zur Ver­ sorgung der Region Leipzig und der Stadt Lokal‑TV künftig auch in HD‑Qualität _ In Dresden. In Dresden bekam die Fernsehen Thüringen sind unverändert sechs große re- in Dresden GmbH (FiD) von der SLM eine gionale Veranstalter auf Sendung sowie drei ­höhere Datenübertragung via DVB‑T geneh- weitere Anbieter, die weniger als 10.000 ​ migt. Damit kann auch „Dresden Fernsehen“ Haushalte erreichen. Die Thüringer Landes- in HD‑Qualität empfangen werden. Die FiD medienanstalt (TLM) hat im Berichtszeit- ist eine seit dem Jahr 2009 zugelassene Ver- raum die Zulassungen für Jena TV (Jena und anstalterin, die in Dresden das TV‑Informa­ Saale-Holzlandkreis), den Saale-Info-Kanal tionsprogramm „Dresden Fernsehen“ im di- (Saalfeld, Rudolstadt, Kaulsdorf und Kams- gitalen Kabel und terrestrisch via DVB‑T aus- dorf), Bad Berka TV und den Stadtkanal Stei- strahlt. nach jeweils um weitere sechs Jahre verlän- gert. Die TLM unterstützte 2016 bereits die Vorbereitungsarbeiten für die Verbreitung

129 Privates Fernsehen | Fernsehen in den Ländern

der Programme aller Thüringer Lokal‑TV-An- staats die Umstellung vom herkömmlichen bieter in HD‑Qualität. Sie förderte 2016 auch Antennenfernsehen auf DVB‑T2, die Nach­ zahlreiche Initiativen und Aktivitäten zur Er- folgetechnik des digitalen Antennenfernse- höhung der Reichweite. Im Rahmen eines hens. Die Umstellung begann in Jena mit der Vernetzungsprojektes (siehe Länderbericht Inbetriebnahme des Senders Kernberge auf Berlin-Brandenburg) wird das Programm der Kanal 56 mit 10 kW Sendeleistung. Zu emp- lokalen TV‑Stationen über ein Rechenzentrum fangen sind die Programme: Das Erste, RTL, in Berlin in die Kabelnetze eingespeist. Dar- ProSieben, Sat.1, VOX und das ZDF in HD‑Qua- über hinaus bringt die IP‑Zuführung natür- lität. Nach und nach soll bis 2019 in den übri­ lich Kosteneinsparungen für die Veranstalter. gen Ballungsgebieten der Umstieg erfolgen, Speziell für den Empfang auf Smart-TVs und der für die Städte Jena, Erfurt, Weimar und mobilen Geräten werden die Signale auch Gera bis zu 40 Programme vorsieht. Mit der aus der Kabelzuführung heraus in Streams zunehmenden Verbreitung und Nutzung von gewandelt. Zudem werden von den Ver­ hochauflösendem Fernsehen wird die The- anstaltern präferierte Inhalte über Apps ab- matik auch für die lokalen Sender bedeut- rufbar geschaltet. Satellitenkunden können sam. Laut Vorgabe der TLM soll auch Lokal‑TV viele Thüringer Programme auch über das unverschlüsselt und in HD‑Format auf allen Lokal­ ‑TV-Portal aufrufen. Plattformen zu sehen sein, möglichst noch im Laufe des Jahres 2017. Dafür werden bei Umstellung auf DVB‑T _ Zum 31. Mai ​2016 den Veranstaltern derzeit die studiotechni- erfolgte in einigen Ballungsräumen des Frei- schen Voraussetzungen geschaffen.

130