Aus Bayerns Geschichte

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Aus Bayerns Geschichte Aus Bayerns Geschichte Forschungen als Festgabe zum 70. Geburtstag von Andreas Kraus herausgegeben von Egon Johannes Greipl . Alois Schmid- Walter Ziegler Redaktion: Ferdinand Kramer EOS VERLAG ERZABTEI ST.OTTILIEN 1992 A/ois Schmid UNTERSUCHUNGEN ZU GAU, GRAFSCHAFf UND VOGTEI IM VORDEREN BAYERISCHEN WALD Die Probleme von Gau und Grafschaft des frühen und hohen Mit- telalters sind gerade in den zurückliegenden zwei Jahrzehnten wieder zu einem heiß umstrittenen Thema deutscher Mittelalterforschung geworden. Die Diskussion wurde neu entfacht durch die 1973 er- schienene Untersuchung von Hans Kurt Schulze über »Die Graf- schaftsverfassung der Karolingerzeit in den Gebieten östlich des Rheins«, die im Widerspruch zur damals allgemein anerkannten Theorie von den Königsgutgrafschaften den Blick wieder zur in der klassischen deutschen Verfassungsgeschichte entwickelten Lehre von der Grafschaftsverfassung des fränkischen Reiches in karolingi- scher Zeit zurücklenken zu müssen glaubtet. Schulze hat 1983 weit- hin Zustimmung von Ulrich Nonn in einer Detailstudie über den nie- derlothringischen Raum erhalten-. Besonders intensiv wurde in den folgenden Jahren das Herzogtum Alemannien bearbeitet. Dabei ge- langte aber Michael Borgolte in seinen sehr breit angelegten Studien zu Ergebnissen, die denen Schulzes und Nonns nur zum Teil ent- t Hans K. Schulze, Die Grafschaftsverfassung der Karolingerzeit in den Gebieten östlich des Rheins (Schriften zur Verfassungsgeschichte 19) Berlin 1973. 2 Ulrich Nonn, Pagus und Comitatus in Niederlothringen. Untersuchungen zur poli- tischen Raumgliederung im frühen Mittelalter (Bonner Historische Forschungen 49) Bonn 1983. 118 Alois Schmid sprachen und in zentralen Punkten Einspruch anmeldeten 3. Seither ist die Diskussion nicht mehr zur Ruhe gekommen, sie wurde sehr rege weitergeführt+ Der Jubilar hat ihr wegweisende Impulse verliehene, Trotzdem gilt weithin noch heute, was vor drei Jahrzehnten Pankraz Fried von der Grafschaft des hohen Mittelalters gesagt hat; sie ist eine »große Unbekannte-o, über deren Wesen und Funktion noch keine übereinstimmenden Aussagen erzielt werden konnten. Das machen nicht zuletzt die Artikel in den neuesten historischen Fach- 3 Michael Borgolte, Die Geschichte der GrafengewaIt im Elsaß von Dagobert I. bis Otto dem Großen (Zeitschrift für die Geschichte des Oberrhein 131) 1983, 3-54; ders., Geschichte der Grafschaften Alemanniens in fränkischer Zeit (Vorträge und Forschungen Sonderband 31) Sigmaringen 1984; ders., Die Grafen Alemanniens in merowingischer und karolingischer Zeit. Eine Prosopographie (Archäologie und Ge- schichte 2) Sigmaringen 1986. 4 Karl Ferdinand Werner, Missus-Marchio-Comes. Entre I'administration centrale et I'administration locale de I'Empire carolingien, in: Werner Paravicini -Karl Fer- dinand Werner (Hg.), Histoire comparee de I'administration (IVe_XVIIIe siecles). Actes du XIve colloque historique franco-allemand Tours 1977 (Beihefte der Fran- cia 9) Sigmaringen 1980, 191-239; Ingo Toussaint, Die Grafen von Leiningen. Stu- dien zur leiningischen Genealogie und Territorialgeschichte bis zur Teilung von 1317/18, Sigmaringen 1982; Theodor Ruf, Die Grafen von Rieneck. Genealogie und Territorienbildung, 2 Bände (Mainfränkische Studien 32) Würzburg 1984; Hans K. Schulze, Grundprobleme der Grafschaftsverfassung (Zeitschrift für württember- gisehe Landesgeschichte 44) 1985, 265-282; Folker Reichart, Landesherrschaft, Adel und Vogtei. Zur Vorgeschichte des Ständestaates im Herzogtum Österreich, Köln - Wien 1985; Thomas Zotz, Grafschaftsverfassung und Personengeschichte (Zeitschrift für die Geschichte des Oberrhein 136) 1988, 1-16; Pankraz Fried-Hein- rich Winterholler, Die Grafen von Dießen-Andechs, München-Zürich 1988. s Andreas Kraus, Marginalien zur ältesten Geschichte des bayerischen Nordgaus (Jahrbuch für fränkische Landesforschung l= JbfrkLf] 34/35) 1974n5, 163-184; ders., Grundzüge der Geschichte Bayerns (Grundzüge 54) Darrnstadt 1984, 31 f.; ders., Geschichte Bayerns. Von den Anfangen bis zur Gegenwart, München 21988, 25, 62f., 87, 127f. u. Ö. 6 Pankraz Fried, Grafschaft, Vogtei und Grundherrschaft als Grundlagen der wit- telsbachischen Landesherrschaft in Bayern (Zeitschrift für Bayerische Landesge- schichte l= ZBLG] 26) 1963, 112; ders., Verfassungsgeschichte und Landesge- schichtsforschung in Bayern: Probleme und Wege der Forschung, in: Karl Bosl (Hg.), Zur Geschichte der Bayern (Wege der Forschung 60) Darrnstadt 1965, 540. Untersuchungen zu Gau, Grafschaft und Vogtei 119 lexika und die einschlägigen Abschnitte in zusammenfassenden Dar- stellungen? deutlich. Die entscheidenden Beiträge zu diesem Arbeitsfeld kommen heute nicht mehr - wie früher - von der allgemeinen Mediävistik, son- dern von der Landesgeschichte. Eher als die in der Regel auf norma- tiven Quellen aufgebauten generalisierenden Darstellungen vermö- gen kleinräumige, auf überschaubare historische Landschaften be- grenzte Untersuchungen Klarheit in die Verfassungswirklichkeit des Mittelalters zu bringen. Deswegen wird heute auf diesem Gebiet überwiegend auf regionaler Basis gearbeitet. Am besten untersucht ist in Deutschland sicherlich das durch eine gute Quellenlage ge- kennzeichnete Herzogtum Alemanniens, Umfassende Untersuchun- gen sind aber auch in anderen Räumen durchgeführt worden: in Sachsens, Thüringen», Hessen», im Ardennengauu, Bereits seit Jahr- 7 Hans K. Schulze, Gau, in: Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte I, hrsg. von Adalbert ErIer und Ekkehard Kaufmann, Berlin 1971, 1392-1403; Diet- mar Willoweit - Elmar Wadle, Graf, Grafschaft, in: ebenda, 1775-1795; Michael Borgolte, Comes, in: Lexikon des Mittelalters Ill, hrsg. vom Artemis-Verlag, Mün- chen - Zürich 1984, 70-76; ders., Comitatus, in: ebenda, 78f.; ders., Gau, in: ebenda IV, München-Zürich 1988, 1141; ders., Graf, in: ebenda, 1633-1635; ders., Grafschaft, in: ebenda, 1635f. - Bei Gerhard Taddey (Hg.), Lexikon der deutschen Geschichte. Personen - Ereignisse - Institutionen, Stuttgart 1977 fehlen die Stichworte Gau und Grafschaft. - Friedrich Prinz, Grundlagen und Anfange. Deutschland bis 1056 (Neue deutsche Geschichte I) München 1985, 250-254; Eduard Hlawitschka, Vom Frankenreich zur Formierung der europäischen Staaten und Völkergemeinschaft 840-1046. Ein Studienbuch zur Zeit der späten Karolinger, der Ottonen und der frühen Salier in der Geschichte Mitte1europas, Darmstadt 1986, 43-45; Peter Claus Hartmann, Bayerns Weg in die Gegenwart. Vom Stammesher- zogtum zum Freistaat heute, Regensburg 1989,49. 8 Vgl, Schulze, Grafschaftsverfassung (wie Anm.l), 53-148; Borgolte, Grafschaf- ten (wie Anm.3); ders., Grafen (wie Anm.3); Wolfram Baer, Frühmittelalterliche Verwaltungsorganisation im alemannisch-schwäbischen und bayerischen Raum (Zeitschrift des Historischen Vereins für Schwaben 69) 1975,91-101; Heinz Bühler, Die Grafen von Kyburg, Freiburg 1981; ders., Studien zur Geschichte der Grafen von Achalm und ihrer Verwandten (Zeitschrift für württembergische Landesge- schichte 43) 1984, 7-87; Dieter Kudorfer, Die Grafschaft Oettingen (Historischer Atlas von Bayern l= HAB] Schwaben 1I, 3) München 1985; auch: Gertrud Kiefer, Grafschaften des Königs in Schwaben und Franken, Diss. masch. Tübingen 1954. 9 Sabine Krüger, Studien zur sächsischen Grafschaftsverfassung im 9. Jahrhundert (Studien und Vorarbeiten zum Historischen Atlas Niedersachsens 19) Hannover 120 Alois Schmid zehnten werden diese Fragen an das Niederrhein-Gebiet heran- getragen 13. Eine wegweisende Studie hatte schon 1927 Erich Freiherr von Guttenberg dem oberfränkischen Raum gewidmet 14. Für Altbayern ist die Forschungslage weniger günstig, da sich hier nach den übereilten und nicht geglückten Bemühungen von Elisabeth Hamm 1949 um eine Gesamtschau» niemand mehr an eine ver- gleichbar umfassende Aufarbeitung der Thematik gewagt hat. Das ist auch sinnvoll, weil hier seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges die systematische Bearbeitung der Herrschaftsgeschichte durch den Hi- storischen Atlas von Bayern in Gang ist, der zumindest nach der 1950; Hans K. Schulze, Ade1sherrschaft und Landesherrschaft. Studien zur Verfas- sungs- und Besitzgeschichte der Altmark, des ostsächsischen Raumes und des Han- noverschen Wendlandes im hohen Mittelalter (Mitteldeutsche Forschungen 29) Köln- Wien 1963; WaIter Schlesinger, Die Entstehung der Landesherrschaft. Unter- suchungen vorwiegend nach mitteldeutschen Quellen, Darmstadt 31969; Karl-Heinz Lange, Der Herrschaftsbereich der Grafen von Nordheim 950-1144 (Studien und Vorarbeiten zum Historischen Atlas Niedersachsens 24) Göttingen 1969. 10 Hans Patze, Die Entstehung der Landesherrschaft in Thüringen (Mitteldeutsche Forschungen 22) Köln - Wien 1962. 11 Wolfgang Metz, Studien zur Grafschaftsverfassung Althessens im Mittelalter (Zeitschrift für Rechtsgeschichte GA 71) 1954, 167-208; ders., »Gau« und »pagus« im karolingischen Hessen (Hessisches Jahrbuch für Landesgeschichte 5) 1955, 1-23; Wilhelm Niemeyer, Der Pagus des frühen Mittelalters in Hessen (Schriften des Hessischen Landesamtes für geschichtliche Landeskunde 30) Marburg 1968. 12 Manfred van Rey, Die Lütticher Gaue Condroz und Ardennen im Frühmittelalter (Rheinisches Archiv 102) Bonn 1977. 13 Hermann Aubin, Die Entstehung der Landeshoheit nach niederrheinischen Quel- len. Studien über Grafschaft, Immunität und Vogtei (Historische Studien 143) Berlin 1920 (Neudruck 1961); Albert K. Hömberg, Grafschaft-Freigrafschaft-Gaugraf- schaft, Bonn 1949; Albert K. Hömberg, Die Entstehung der westfälischen Freigraf- schaften als Problem der mittelalterlichen Verfassungsgeschichte
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