GUNTER E. GRIMM

Goethes Selbstinszenierungen und ihre Funktion

Vorblatt

Publikation

Erweiterte Fassung der Erstpublikation „‘Doch steif und kalt blieb der Minister…‘ Goethes Selbstinszenierungen und ihre Funktion.“ In: Matthias Karmasin/Carsten Winter (Hrsg.): Analyse, Theorie und Geschichte der Medien. Festschrift für Werner Faulstich. München: Fink-Verlag 2012, S. 13-30. Vorlage: Datei des Autors URL:

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Prof. Dr. Gunter E. Grimm Universität Duisburg-Essen Universitätsstraße 12 D-45117 Essen Email:

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Gunter E. Grimm

GOETHES SELBSTINSZENIERUNGEN UND IHRE FUNKTION

Dichter-Inszenierungen gab es bereits vor dem Einsatz von Fernsehen und Inter- net. Stefan George etwa hat mit dem Medium Fotografie seinen Anspruch als Dichter-Seher visuell untermauert. Doch gerade, wenn man George nennt, stellt sich die Assoziation „Pose“ oder bewusstes „In-Szene-Setzen“ ein. Aber passt dieser Begriff auf Goethe? Die meisten Zeitgenossen waren von Goethes Erschei- nung und Auftreten fasziniert, zum Teil sogar stärker von seiner Persönlichkeit als von seinen literarischen Werken. Freilich gab es auch zeitgenössische Besucher, die von Goethes förmlichem Auftreten enttäuscht waren. „Erbärmlich steif und zurückhaltend“ hat ihn ein Besucher in Erinnerung.1 Charlotte von Kalb stimmte 1796 den Besucher Jean Paul auf Goethes Kälte ein: „zumal gegen Fremde, die er selten vorlasse – er habe etwas steifes reichstädtisches Stolzes“.2 Auch andere Besucher berichten von Goethes steifem und zeremoniösem Verhalten.3 Noch 1811 beschreibt Karl Ludwig von Knebel seiner Schwester von Goethes „Kalt- sinn“.4 Anschaulich referiert Sulpiz Boisserée seinem Bruder im Mai 1811: Ich komme eben von Goethe, der mich recht steif und kalt empfing, ich ließ mich nicht irremachen und war wieder gebunden und nicht untertänig. Der alte Herr ließ mich eine Weile warten, dann kam er mit gepudertem Kopf, seine Ordensbänder am Rock; die Anrede war so steif vornehm als möglich.5 Als Paradebeispiel wird immer wieder Goethes Zusammentreffen mit Gottfried August Bürger im Jahr 1789 aufgeführt. Der frostige Empfang, den Goethe Bür- ger bereitet hat, veranlasste diesen zu einem bissigen Epigramm: Mich drängt’ es in ein Haus zu gehn, Drin wohnt’ ein Künstler und Minister. Den edlen Künstler wollt’ ich sehn Und nicht das Alltagsstück Minister. Doch steif und kalt blieb der Minister Vor meinem trauten Künstler stehn, Und vor dem hölzernen Minister Kriegt’ ich den Künstler nicht zu sehn. Hol ihn der Kuckuck und sein Küster!6 Wie kam es zu dieser merkwürdigen Diskrepanz in der Wirkung des berühmten Autors? Mit dieser Frage werde ich mich im Folgenden beschäftigen.

Goethe hatte bereits in jungen Jahren mit dem Drama Götz von Berlichingen und dem Briefroman Die Leiden des jungen Werthers zwei Bestseller-Erfolge. Wie sollte ein solcher Dichter in der Öffentlichkeit auftreten?

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Die abendländische Dichtertradition kennt verschiedene Typen solcher Inszenie- rungen. Wenn die Dichter des Humanismus sich als Gelehrte verstanden, so ge- schah das auch aus sozialen Gründen. Die Insignien des poeta laureatus waren, wie beim Doktortitel, Ring und Barett. Dichterspezifisch sind das mit dem kaiser- lichen Adler oder dem kurfürstlichen Wappen gezierte Szepter, ein Siegel mit dem Emblem des Merkur und des Apollo und schließlich, als Hauptsymbol, der Lorbeerkranz mit dem Doppeladler. Petrarca war bekanntlich der erste, dem am Ostertag des Jahres 1341 diese Ehrung zuteil wurde. Der Titel des poeta laureatus war dem Doktortitel gleichgestellt und verschaffte seinem Träger eine Reihe von Privilegien. Zu Goethes Zeit war die rechtliche Dimension dieses Titels zwar schon längst abhandengekommen, doch zeigt immerhin das Gebaren des jungen Grafen Platen eine Generation später, dass die Tradition des poeta laureatus durchaus noch nicht total vergessen war: Platen wandelte nämlich durch die Stra- ßen Ansbachs, mit einen Lorbeerkränzchen auf dem Kopf. Ließen sich diese ge- lehrten Dichter abbilden, so geschah dies meist mit Lorbeerkranz und einem Buch in der Hand, als Hinweis auf eben ihren gelehrten Beruf. Neben der humanisti- schen Tradition des poeta doctus bzw. poeta laureatus, also des lorbeergekrönten gelehrten Dichters, gab es noch andere Inszenierungstraditionen: den frommen Dichter, den Moralisten und Verfasser christlicher Gesänge (Beispiel Christian Fürchtegott Gellert); den rationalistischen Dichter-Kritiker, der sein Schreiben als Handwerk im Dienste der Vernunft und Moral verstand und ausübte (Beispiel Gotthold Ephraim Lessing); den visionären Seherdichter, der mit geradezu pro- phetischen Eigenschaften ausgestattet war (Beispiel Friedrich Gottlieb Klopstock); und schließlich noch den von Plato beschriebenen, vom poetischen Furor ergriffenen und zuweilen vom Wahnsinn geschüttelten ‚Schöpfergeist‘. Shakespeare hat sein von der Alltagsnorm abgehobenes Auftreten eindrucksvoll geschildert: Des Dichters Aug, in schönem Wahnsinn rollend, Blitzt auf zum Himmel, blitzt zur Erd hinab, Und wie die schwangre Phantasie Gebilde Von unbekannten Dingen ausgebiert, Gestaltet sie des Dichters Kiel, benennt Das luftge Nichts und gibt ihm festen Wohnsitz.7 Die jungen rebellischen Dichter des ‚Sturm und Drangʼ bezogen sich auf dieses Dichterverständnis, wonach nicht die Gelehrsamkeit, sondern der dichterische Naturtrieb, der furor poeticus, ihr eigentliches Movens war. Vor allem Herder hatte der toten Buchgelehrsamkeit den Kampf angesagt und unter dieses Verdikt fielen auch die traditionellen Insignien des poeta doctus: Lorbeerkranz und Buch. Die ‚Stürmer und Dränger‘ bevorzugten eine Präsentation, die den Dichter frei von gesellschaftlichen und bildungsmäßigen Zwängen zeigte, etwa mit gelöstem Haar (statt der üblichen Perücke). Das poetische ‚Genie‘ stellte sich mitten in die Natur, als ihr Sohn und ihr Verkünder, und pfiff auf gesellschaftliche Konventio- nen. Auch der junge Goethe hat sich an diesem Rollenmuster orientiert.8 Nach

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Richard Friedenthal war Goethe geradezu der „Prophet“ dieser Geniezeit.9 Hinzu- kommt jedoch ein Signal für innere Unbehaustheit. Wie Goethe selbst in beschrieben hat, ging er die Straßen zwischen , Homburg und Darmstadt zu Fuß, bei jedem Wetter, und man nannte ihn deshalb den „Wan- derer“. 10 Verschiedene seiner damals entstandenen Gedichte, in denen die Gestalt des Wanderers im Zentrum steht, spiegeln dieses Gefühl der Nichtzugehörigkeit, des Noch-nicht-Angekommenseins. Wanderers Sturmlied ist das extremste dieser hymnischen Produkte. Es ist ein Anruf an Pindar und den eigenen „götterglei- chen“ Genius. Die verschiedenen Zeugnisse stimmen alle überein in der Beurtei- lung von Goethes Geistesgaben, sie rühmen seine Einfälle, seinen Witz, seine lebhafte ja feurige Einbildungskraft, seinen mitreißenden Schwung, kurz: sein unvergleichliches Genie.11 Was sein gesellschaftliches Betragen angeht, so mischt sich in die Bewunderung seiner Geistesgaben auch ein gewisser Vorbehalt gegen die Sorglosigkeit, die Unbekümmertheit und die Verachtung aller Konventionen und Zwänge. So berichtet im Herbst 1772 Johann Georg Christian Kestner, dass Goethe „in seinen Affekten heftig“ sei, ja „bizarre“ und „in seinem Betragen, sei- nem Äußerlichen Verschiedenes“ habe, „das ihn unangenehm machen könnte“. „Er tut, was ihm einfällt, ohne sich darum zu bekümmern, ob es anderen gefällt, ob es Mode ist, ob es die Lebensart erlaubt. Aller Zwang ist ihm verhaßt.“12 Johann Georg Jacobi vertraute Ende Juli 1774 seinem Tagebuch an: „Ich sah ei- nen der außerordentlichsten Männer, voll hohen Genies, glühender Einbildungs- kraft, tiefer Empfindung, rascher Laune, dessen starker, dann und wann riesenmä- ßiger Geist einen ganz eignen Gang nimmt.“13 Und während sein jüngerer Bruder Friedrich Heinrich Jacobi vor der Begegnung mit Goethe noch unkte, Goethe sei und bleibe „ein zügelloser unbändiger Mensch“,14 so berichtete er Ende August in einem Brief an Wieland, Goethe sei „Genie vom Scheitel bis zur Fußsohle; ein Besessener, füge ich hinzu, dem fast in keinem Falle gestattet ist, willkürlich zu handeln.“15 Johann Georg Sulzer hält in seinem Tagebuch den Eindruck einer Begegnung in Frankfurt fest: „Dieser junge Gelehrte ist ein wahres Originalgenie von ungebundener Freiheit im Denken […]. Er besitzt bei wirklich scharfer Beur- teilungskraft eine sehr feurige Einbildungskraft und sehr lebhafte Empfindsam- keit.“16 Vielleicht trifft Karl von Knebels Einschätzung diese ungeheure Ge- spanntheit in Goethes Denken am besten, wenn er sein geniales Wesen als „inner- lichen Krieg und Aufruhr“ charakterisiert, in dem Goethe mit sich selbst lebe. Auch sein opponierendes Verhalten, sein Mutwillen kämen nicht aus böser Ge- sinnung, sondern „aus der Üppigkeit seines Genies“.17

Als Goethe am 7. November 1775 in Weimar eintraf, wusste er nicht, dass er hier sein restliches Leben bleiben würde. Der Wechsel aus der bürgerlichen Handels- stadt Frankfurt in die fürstliche Residenzstadt Weimar war für Goethe die gravie- rendste Entscheidung, weil sie fortan sein ganzes Leben prägte, in beruflicher und gesellschaftlicher, in mentaler, psychischer und intellektueller Hinsicht. Weimar,

GRIMM: Goethes Selbstinszenierungen, Seite 5 von 34 die kleine Residenzstadt im Herzen Thüringens, war gänzlich verschieden von der alten Handelsstadt Frankfurt, aber auch verschieden vom großen und vergleichs- weise internationalen Straßburg. Frankfurt, wo Goethe in patrizisch-bürgerlichen Konventionen, als Sohn eines privatisierenden Kaiserlichen Rates aufwuchs, hatte in der Mitte des 18. Jahrhun- derts etwa 30.000 Einwohner. An der Spitze standen zwei Gruppen, die alteinge- sessenen Patrizier, und die ständisch besonders hervorgehobenen Berufe, adlige Großgrundbesitzer, städtische Amtsträger der Stadt, Fernhandelsleute, Doktoren der Jurisprudenz und der Medizin. Zu dieser Gruppe gehörte Johann Caspar Goe- the, nicht zum eigentlichen Patriziat.

1. Weimar um 1800. Lithographie von Eduard Lobe

Die Stadt Weimar hatte dagegen knapp 6000 Einwohner und war Regierungssitz der Herzogtümer Weimar und Eisenach. An der Spitze der Pyramide standen der Fürst und seine Familie. Daran schloss sich der hohe Adel bzw. der hohe Klerus an, es folgten der niedere Adel mit Beamtenfunktion, sowie militärische Ränge und hohe bürgerliche Beamte. Den Großteil der Bevölkerung machte aber das Berufsbürgertum aus, das in sich wiederum hierarchisch gegliedert war. Diese ständische Hierarchie manifestierte sich im öffentlichen Leben darin, wer Zugang zum Hof hatte, wer besser verdiente und wer bestimmte Kleider tragen durfte. Darüber wachte die gesetzliche Kleiderordnung. Gerade im Herzogtum Weimar gab es verschiedene Gesetze, die darauf zielten, diese Gesellschaftsordnung zu zementieren. So erließ Herzog Carl August im September 1778, drei Jahre nach Goethes Ankunft, ein Gesetz, welches die Kontrolle der in der neuen Mühle in Eisenach hergestellten Baumwoll-Kleidung ermöglichen sollte. Dahinter stand die Furcht, dass die billigen Stoffe den Unterschied zwischen Herrin und Dienerin verwischen könnten.18 Von der damaligen Bevölkerung Weimars waren über ein Drittel Dienstboten oder Gelegenheitsarbeiter, fast zwei Fünftel Kaufleute oder Handwerker, über ein Viertel Staats- oder Stadtbeamte oder Angehörige akademischer Berufe. In der

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Praxis bedeutete das, „daß eine Handvoll höfischer Adeliger, die tüchtigeren unter den Angehörigen akademischer Berufe und die höheren Beamten sich viel deutli- cher als in neuerer Zeit von der allgemeinen Masse der Bevölkerung abhoben.“19 Wie sollte sich ein Dichter, der zwar promovierter Jurist und Günstling des regie- renden Fürsten war, in solch einer reglementierten Gesellschaft verhalten? Goethe tat dies zunächst einigermaßen unbekümmert, indem er seine bisherigen Lebens- gewohnheiten nach Weimar zu übertragen schien20 und die Lieblingsbeschäfti- gungen des jungen Herzogs – Reiten, Jagen, Tanzen, Fechten, Voltigieren – be- reitwillig mitmachte.21 Er selbst hat in den Notizen zur Fortsetzung von „Dichtung und Wahrheit“ sein Auftreten in Weimar mit einem „voltärische[n] Huronen“ verglichen, es als „Verwunderung erregend und belustigend“ bezeichnet und sein durchsichtiges Wesen als „älteren Personen apprehensiv und unbequem“ charak- terisiert.22 Dieses unkonventionelle Verhalten stand in krassem Widerspruch zur höfischen Lebensart. Es gibt in der europäischen Tradition eine Fülle von Einweisungen in die höfische Lebensart. Es sind dies vordergründig Benimmbücher für den Adel, aber auch philosophische Abhandlungen, Klugheitslehren, die gewissermaßen die Karriere am Hof garantieren sollten. Baldassare Castigliones Buch Il Cortegiano, der Hofmann, von 1528 war das erste in einer langen Reihe solcher Lehrbücher zur praktischen Klugheit, an deren Ende der bürgerliche Ausläufer Adolph von Knigge mit seinem Buch Über den Umgang mit Menschen von 1788 steht. Kern- regel aller dieser Klugheitslehren war die Unterscheidung zwischen Innen und Außen. Der Hofmann muss sein Inneres verbergen, er darf auf keinen Fall trans- parent sein, er wäre sonst ein Opfer seiner zahlreichen Konkurrenten und Gegner. Gefühle durften nicht öffentlich gezeigt werden. Die Verstellung avanciert zur obersten Verhaltensmaxime. Ein Nachklang dieser Lehren findet sich im Wilhelm Meister und zwar in den Ausführungen Serlos über das rechte Benehmen und die Selbstzucht, die Gefühle zu verbergen hilft. Doch schien Goethe Serlos Rat, „man soll nicht etwa in seinem Benehmen etwas darstellen, das Würde anzeigt; denn leicht fällt man dadurch in ein förmliches stolzes Wesen“,23 nicht immer umge- setzt zu haben, denn verschiedene Beobachter bezeugten, die ganz selbstverständ- liche Leichtigkeit und Gewandtheit des Weltmannes seien ihm abgegangen.24

Auch in Weimar unterschied man streng zwischen den „Hoffähigen“ und anderen Personen; ausschlaggebend waren Rang und Titel.25 Bis zum Ende des Jahres 1775 durfte Goethe nur ein einziges Mal an der offiziellen fürstlichen Tafel spei- sen – auf dem Landschloss Belvedere, auch dies ein Zeichen einer gewissen Inof- fizialität. Allerdings hatte er verschiedentlich an der „Marschallstafel“ gegessen, zu der im Anschluss an die Sitzungen des „Conseils“ auch höhere Beamte geladen wurden.26 Es bedurfte einer größeren Anstrengung Carl Augusts, um seinen ersten Minister Fritsch und die übrigen Hofadeligen, dazu zu bewegen, Goethe als „mi- nisterfähig“ anzuerkennen und ihm eine offizielle Stellung und einen Ministerrang

GRIMM: Goethes Selbstinszenierungen, Seite 7 von 34 zu verleihen.27 Am 11. Juni 1776 wurde Goethe zum Geheimen Legationsrat er- nannt und erhielt zwei Wochen danach Sitz und Stimme im Geheimen Conseil, das sich aus dem Herzog, den Ministern Fritsch, Schnauss und Goethe zusam- mensetzte. Erst danach durfte Goethe an der fürstlichen Tafel teilnehmen. Als Herzog Carl August Goethe im Jahr 1782 daher vorschlug, ihn in den Adelsstand zu erheben, willigte Goethe, wenn auch zögernd, ein. Die Nobilitierung erleichter- te ihm das Auftreten im diplomatischen Dienst an anderen Höfen.28 Als Minister musste er sich dem höfischen Verhalten anpassen. Es begann eine für die Öffentlichkeit bestimmte „Inszenierung“. Der hier verwendete Begriff „In- szenierung“ bezieht sich auf die jahrhundertalte Theatermetaphorik, auf die bis in die Antike zurückreichende Vorstellung von der Welt als einer Bühne, eine Vor- stellung, der schon Kaiser Augustus in seinen letzten Worten Tribut zollte29 und von der Shakespeares berühmter Monolog aus Wie es euch gefällt handelt.30 Das Leben gilt als Spiel mit verteilten und wechselnden Rollen. In diesem Shake- speareschen Sinn – Inszenierung nicht als Pose, sondern als Selbst-Darstellung – hat auch der amerikanische Soziologe Erving Goffman den Begriff in seinem be- kannten Buch The Presentation of Self in Everyday Life verwendet. In der deut- schen Übersetzung „Die Selbstdarstellung im Alltag“ wurde als Obertitel das Shakespeare-Zitat „Wir alle spielen Theater“ vorangestellt. Goffman betrachtet soziales Handeln als Schauspiel. Die Rollen oder Masken werden von den einzel- nen agierenden Personen nicht zufällig gewählt, sondern nach Maßgabe des Ein- drucks, den sie von ihrem Selbst geben wollen. Goffman verwendet auch den Be- griff der „performance“, deutsch am besten mit „Darstellung“ wiederzugeben. Darstellung bezeichnet das Gesamtverhalten eines Einzelnen im Kreis anderer Menschen. Fassade nennt Goffman „das standardisierte Ausdrucksrepertoire, das der Einzelne im Verlauf seiner Vorstellung bewußt oder unbewußt anwendet.“31 Dazu gehören etwa die Räume, in denen sich der Einzelne bewegt, z. B. die Woh- nung oder die Gegenden, in denen er sich mit Vorliebe aufhält. Die „persönliche Fassade“ umfasst Statussymbole, Kleidung, Geschlecht, Körperhaltung oder die Sprechweise. „Soziale Fassaden“ sind gesellschaftliche, mit einer bestimmten Rolle verknüpfte Erwartungsmuster – etwa feste Regeln, wie „man“ sich in dieser Gesellschaft zu verhalten hat.32 Es versteht sich, dass der Einzelne sich solche Fassaden aussucht, die eine Gesell- schaft, in der er reüssieren will, erwartet. In einer hervorgehobenen Position muss sich der Darsteller umso mehr bemühen, den Erwartungen der Gesellschaft Genü- ge zu leisten.33 Zu Goethes Zeiten waren in der Tat die Verhaltensformen weit stärker standardisiert, als dies heute der Fall ist. Goffman nennt eine solche Stili- sierung „Habitus“. So lassen sich Gruppen mit aristokratischen Lebensgewohn- heiten von Gruppen mittelständischen Charakters unterscheiden. Als „aristokrati- sches Verhalten“ bezeichnet Goffman einen Habitus, „der alle kleineren Tätigkei- ten des Lebens, die außerhalb der speziellen Rollen anderer Klassen liegen, kulti- viert und ihnen den Ausdruck des Charakters, der Macht und hohen Ranges ver-

GRIMM: Goethes Selbstinszenierungen, Seite 8 von 34 leiht.“34 Habitus ist also eine „Kultivierung von Tätigkeiten, durch die soziale Abstände hergestellt werden“.35 Der Darsteller bedient sich der Fassaden in seiner öffentlichen Präsentation, die Goffman „dramatische Gestaltung“ nennt, weil sie immer auf etwas verweisen, das dem sichtbaren Handeln eine ganz bestimmte Bedeutung verleihen soll. Eine Person, die sich standeskonform verhalten will, muss sich solcher Fassaden be- dienen, die den Zuschauern bekannt sind. Nur auf diese Weise kann die Person die eigene Besonderheit zum Ausdruck bringen. Goffman zeigt, dass Darsteller die Tendenz haben, die Werte, die hinter ihrem Verhalten und den Erwartungen der Zuschauer stehen, dramatisch zu steigern. Er nennt diesen Vorgang „Idealisie- rung“. Schon Émile Durkheim hatte solche Verhaltensformen, die offizielle Werte in vorbildlicher und verbindlicher Weise zum Ausdruck bringen, als Rituale be- zeichnet. Sie stellen eine „ausdrückliche Erneuerung und Bestätigung der Werte der Gemeinschaft“ dar.36 Sie können Züge einer Zeremonie annehmen. Besonders ergiebig im Hinblick auf idealisierte Darstellungen sind die Quellen, in denen über soziale Umschichtungen berichtet wird. In den meisten Gesellschaften mit verschiedenen sozialen Schichten findet sich eine Idealisierung der oberen Ränge, ebenso der Ehrgeiz von Menschen in niedrigerer Position, in höhere Schichten aufzusteigen. Zum sozialen Aufstieg gehören „angemessene Selbstdar- stellungen“. Hat der Aufsteiger „die angemessenen Bedeutungsträger erworben und sich mit ihrer Anwendung vertraut gemacht, so können sie die alltäglichen Selbstdarstellungen ausschmücken und in einem günstigen gesellschaftlichen Licht erscheinen lassen.“37 Für den Minister Goethe gehörte die angemessene Kleidung dazu, das Anlegen von Orden – Goethe erhielt im Lauf seines Lebens eine ganze Reihe von First Class-Orden aus monarchischer Hand – sowie das angemessene und etwas feierli- che Auftreten. Darüber berichten zahlreiche Zeugnisse. Johannes Heinrich Lan- dolt etwa schreibt im Juni 1783 in seinem Tagebuch, man merke es Goethe an, „daß er sich Mühe gibt, seine Würde zu behaupten und immer zu repräsentie- ren“.38 So geraten manche Gespräche mit Fremden „sehr höflich, ziemlich kalt und allgemein“.39 Dieses Verhalten ist ein Indiz, dass beim sozialen Aufstieg idealisierende Darstellungen von großer Wichtigkeit zu sein scheinen. Indem der Aufsteiger die Werte, die in der neuen Umgebung eine Rolle spielen, besonders hervorhebt, festigt er den neuen Status.40 Ein gewisses Distanzverhalten zu seiner offiziellen Position im Staatswesen stellte sich jedoch bereits nach sechs Jahren Weimarer Aufenthalt ein. Goethe nahm sel- tener an den Sitzungen des Conseils teil. Wenn er im September 1782 an Charlot- te von Stein schrieb, er sei „recht zu einem Privatmenschen erschaffen“ und be- greife nicht, wie „ mich das Schicksal in eine Staatsverwaltung und eine fürstliche Familie hat einflicken mögen“, dann geht daraus die Absicht eines freiwilligen Rückzugs aus den Staatsgeschäften bereits hervor.41 Und gegenüber Knebel be- kundete er zwei Monate später, er habe – im Äußerlichen – sein „politisches und

GRIMM: Goethes Selbstinszenierungen, Seite 9 von 34 gesellschaftliches Leben ganz“ von seinem „moralischen und poetischen ge- trennt.“ Außerdem distanzierte er sich vom Herzog, der „seine Existenz im Hezen und Jagen“ habe.42

2. Johann Wilhelm Heinrich Tischbein: Goethe in der Campagna (1786-88)

Die Italienreise bedeutete hinsichtlich der Anpassung an den Hof einen Ausbruch. Mental war sie freilich schon lange vorbereitet. Begründet war der klammheimli- che Aufbruch, von dem nicht einmal der Herzog als Dienstherr etwas wusste, in doppelter Weise: einmal als Befreiungsschlag gegenüber der Überlast amtlicher Geschäfte, zum anderen als Befreiung aus der unklaren Beziehung zu . Über Goethes Leben in Italien ist viel spekuliert worden, insbesondere über seine Beziehungen zu Italienerinnen.43 Ohne Zweifel praktizierte Goethe insbesondere während des ersten Romaufenthalts einen dezidierten Rollenwech- sel, indem er inkognito, unter dem Pseudonym des deutschen Malers Jean Philip- pe Möller, sich der deutschen Künstlerkolonie um Tischbein und Angelika Kauf- fmann anschloss. Tischbeins berühmtes Porträt von Goethe in der Campagna gibt eine Vorstellung, wie Goethe sich, eins mit Kultur und Natur, sehen wollte: weder als Bürger noch als Hofmann, sondern ganz als Künstler,44 wie er seine neue Exis- tenz im Brief an Carl August definiert hat.45 Die Freiheit, die er in Italien in dop- pelter Hinsicht erlangt hatte – als Mensch und als Künstler –, wollte er nicht mehr aufgeben. Dass Herzog Carl August auf Goethes Ansinnen einging, spricht für die besondere Art ihrer Beziehung und für das ungewöhnliche Verständnis, das der Herzog Goethes Künstlertum entgegengebracht hat.46

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Nach der Rückkehr aus Italien behielt Goethe – in Absprache mit dem Herzog – nur noch die Leitung der Ilmenauer Kommissionen, wurde im Übrigen von allen Regierungsgeschäften entlastet, unter Beibehaltung von Einkommen, Würden und Titeln. Es war eine einmalige Synthese aus Bindung und Freiheit, aus Bürgerlich- keit und Künstlertum. Seine distanzierte Haltung behielt Goethe aber bei, ja er verstärkte sie sogar – vielleicht auch, um gegenüber der Weimarer Gesellschaft Abstand zu halten und nicht völlig in ihr aufzugehen.47 Ein Zeugnis liefert Kon- stantin Beyer, der im Dezember 1789 in sein Tagebuch notiert: Der berühmte Geheimde Rat Goethe war sein [des Herzogs, GG] Begleiter nebst den Kammerherrn von Wedeln. Goethe geht nicht mehr so geniemä- ßig einher wie ehmals – er ist viel stärker, hofmäßiger geworden – hat sich ganz nach Hofetikette geformt. – Er kam in einen zimtbraunen Bratenklei- de – Chapeau bas mit den Degen an der Seite dahergeschritten – machte Komplimente wie der steifste Hofjunker.48 So konnte es zum Vorwurf der Kälte, ja der Arroganz kommen. Das eingangs erwähnte Paradebeispiel, das Zusammentreffen Goethes mit Gottfried August Bürger, sei nun etwas genauer inspiziert. Es gibt zwei Dokumente, die von dieser Begegnung berichten. Das erste ist ein Brief, den Ludwig Christoph Althof (1758-1832), Arzt und Pro- fessor der Medizin, im Dezember 1796 an Christoph Friedrich Nicolai geschrie- ben hat. Obwohl sich beide nicht begegnet waren, hatte Goethe in seinen Briefen die Anrede Du eingeführt. „Als in der Folge Goethe zu höheren irdischen Würden emporstieg“ – so Althof –, „da wurde auch die Sprache in seinen Briefen an Bür- ger feierlicher, das Du verwandelte sich wieder in Sie, und bald hörte der Brief- wechsel ganz auf.“49 1789 schickte Bürger ein Exemplar der zweiten Ausgabe seiner Gedichte und unternahm bald darauf die Reise nach Weimar. Unsicher, ob er den Minister besuchen sollte, vertraute er doch der Auskunft seiner Freunde, Goethe sei seit Rückkehr aus Italien leutseliger geworden, und begab sich zu Goe- thes Wohnhaus. Der Kammerdiener sagte ihm, Goethe sei zwar zu Hause, wolle aber mit dem Kapellmeister Johann Friedrich Reichardt eine neue Komposition probieren. Bürger glaubte, das sei eine gute Gelegenheit für ein Kennenlernen, weil er den Herrn Minister nicht bei Staatsgeschäften störe und bat, Goethe seine Aufwartung machen zu dürfen. Bürger wurde jedoch nicht ins Musikzimmer ge- führt, sondern in ein leeres Audienzzimmer, in das nach ein paar Minuten auch Goethe kam und Bürgers Anrede „mit einer herablassenden Verbeugung“ quittier- te, ihn auf einem Sofa Platz zu nehmen nötigte und sich bei dem verlegenen Dich- terkollegen nach der damaligen Frequenz der Göttingischen Universität erkundig- te. Bürger fühlte sich nicht recht wohl in seiner Haut und empfahl sich nach kur- zer Zeit – worauf Goethe den Kollegen mit „einer gnädigen Verbeugung“ entließ. Bürger war sicherlich sehr enttäuscht und hatte vom früheren Dichter-Duzfreund einen wärmeren Empfang erwartet. Er verfasste umgehend das eingangs zitierte Epigramm.

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Soweit Althof nach einem Bericht Bürgers. Aus Sicht der Gegenseite stammt ein Bericht des Komponisten Reichardt, der die Begegnung so schildert. Mitten in der Probe einer Komposition zu Goethes Singspiel Claudine von Villa Bella wurde Bürgers Ankunft gemeldet. Goethe sei ihm „in freudiger Bewegung“ entgegen gegangen, aber wie es das Unglück wollte, seien beide an der Türe zusammen gestoßen. Bürger habe sich mit folgenden Worten vorgestellt: „Sie Goethe – ich Bürger!“ Beides, der Zusammenstoß und die sonderbare Vorstellung habe Goethe „etwas aus der Fassung“ gebracht, ihn jedenfalls ‚total erkältet’; vielleicht habe er auch eine „stille Enttäuschung über Bürgers ganzes Aussehen“ empfunden: „ge- nug er fand keine rechten Anknüpfungspunkte zur Konversation, geriet ganz au- ßer Stimmung, dies wirkte natürlich zurück auf Bürger, die Unterhaltung wollte nicht werden, und beide schieden so.“50

Das dritte Dokument ist ein Bericht Johann Friedrich Abeggs über einen Besuch beim Philosophen Fichte, der als Beispiel für Goethes Stolz eben den Besuch Bürgers anführt. Bürger kam einmal zu Goethe und wollte ihn umarmen, Goethe aber war und blieb zurückhaltend. Bürger ärgerte sich darüber entsetzlich und machte über diesen Vorgang ein Epigramm, das gedruckt worden ist. Die Sache aber war diese. Bürger wollte, wie Goethe wußte, in etabliert werden, und zwar durch Goethes Einfluß. Weil dieser aber Bürger in Jena nicht haben wollte, zeigte er sich kalt, damit jener keinen darauf zielenden Antrag stelle. Fichte sagte: „Ich hätte freilich zu Bürger gesagt: Herzensfreund, ich kann dir in diesem Falle nicht helfen, hätte aber nicht in jener Weise gehandelt.“ Worauf Abegg schlussfolgert: „Unstreitig […] hat Goethe die Maxime des Hofmanns be- folgt, Sie hätten die Maxime des Ehrlichen befolgt.“51 Übrigens hat Goethe zweieinhalb Monate später an Bürger geschrieben, in dem er sich für die Übersendung der Gedichte bedankte. Leider hielten Sie sich neulich bey uns so kurze Zeit auf daß ich das Ver- gnügen Ihrer Unterhaltung nicht genießen konnte wie ich gewünscht hät- te.52 Selbst wenn man bei Goethe eine vorsätzliche Zurückhaltung und Kühle konze- diert, gibt es verschiedene Erklärungsmöglichkeiten. Hilde Höllerer-März u.a. begründen Goethes Distanziertheit mit dem politischen Engagement Bürgers.53 Karl Otto Conrady referiert die erhaltenen Berichte und vermutet, Goethe habe einer „Wiederbegegnung“ mit dem ‚Sturm und Drang’ ausweichen wollen – als einer für ihn überwundenen Phase.54 Nicholas Boyle misst dem Bericht Fichtes größeres Gewicht bei: Goethe habe das Gespräch absichtlich so kurz und förmlich gehalten, damit Bürger keine Gelegenheit bekomme, ihn auf das Thema Universi- tät anzusprechen.55 Am ausführlichsten hat sich Ludwig Fertig mit dieser Begeg- nung beschäftigt. Er hat die Vorgeschichte dargestellt. Bürger hatte 1776 eine

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Jamben-Übersetzung der Ilias projektiert und Goethe um pekuniäre Hilfe gebeten. Goethe setzte sich sehr für dieses Projekt ein; seine Sammelaktion erbrachte schließlich die stattliche Summe von 51 Louisdor, die Bürger geschickt wurden. Zu dieser Zeit hatte Bürger aber bereits das Projekt der Homer-Verdeutschung fallen gelassen. Drei Jahre später (1781) wandte sich Bürger wieder an Goethe, um diesen um Hilfe bei der Suche nach einer besseren Position als seiner Amt- mannsstelle zu bitten. Goethe antwortete vorsichtig, worauf Bürger ihm seine be- rufliche Misere ausführlich schilderte und seine Absichten auf eine Universitäts- laufbahn konkretisierte, wobei er den Fehler beging, einen Mangel an „Stätig- und Pünctlichkeit“ zuzugeben.56 In seinem Antwortschreiben befürwortete Goethe zwar prinzipiell Bürgers akademische Absichten, deutete jedoch vorsichtig an, dass die pedantische Lebensart der Gelehrten wohl nicht zu Bürgers Persönlich- keit passe, außerdem empfahl er ihm, sich eher an die Universität Göttingen, nicht an die Universität Jena zu halten.57 Insgesamt – dieser Eindruck ist unabweislich – wollte Goethe mit einem so unsicheren Kantonisten wie Bürger nichts zu tun ha- ben und – nach all den negativen Erfahrungen – schon gar nicht im Bereich der Universität Jena, für deren personelle Besetzung Goethe zuständig war.

Was lässt sich also aus dem Vorwurf der Arroganz im Falle Bürgers schlussfol- gern? Wenn Goethe Förmlichkeit einsetzte, so war dies durchaus kalkuliert. Sie war – vor dem Hintergrund seiner beschriebenen Entwicklung – Ausdruck seiner Annäherung an den Hof und die Tradition höfischer Klugheitslehren. Damit wird nicht behauptet, dass Goethe sich der höfischen Kunst der Verstellung bedient hätte, aber er wusste sehr wohl zu trennen zwischen privaten Affekten und politi- schem Kalkül. Johann Friedrich Abegg spricht von Goethes „Nüchternheit und Erhabenheit, die nur dem vollendetsten Hofmanne möglich sind. Dieser scheint er aber neben sei- nen anderen unerreichbaren Vorzügen auch zu sein.“58 Graf Karl Friedrich von Reinhard hielt Goethes höfliches Verhalten für erkünstelt und affektuös.59 Die hofmännische Art erhielt sich Goethe auch in den späten Jahren, wie der schwedi- sche Diplomat Bernhard Freiherr von Beskow berichtet: „In seinem Verkehr be- merkt man den vollendeten Hofmann und Weltmann, erhaben durch die Überle- genheit des Geistes.“60 Die Erklärungen für das ‚geheimderätlich‘-stolze bzw. zeremoniös-steife Beneh- men fallen unterschiedlich aus. Die einen halten es für eine Folge seiner Verhöfi- sierung, die andern für Herzenskälte, dritte für ein Zeichen seiner Verlegenheit und deuten es als Versuch, durch rituelles Verhalten darüber hinweg zu kommen. Goethe wie übrigens auch Schiller benötigten offenbar etwas Zeit, um bei unbe- kannten Besuchern „aufzutauen“.61 Das wäre nun nicht ein Zeichen des höfischen Benehmens, eher einer gewissen Scheu, ein Relikt bürgerlicher Verhaltenstraditi- on. Jean Paul hat sicherlich die Tiefendimension erkannt, wenn er auf einen Be-

GRIMM: Goethes Selbstinszenierungen, Seite 13 von 34 richt über Goethes „kalte Erhabenheit“ bemerkt: „Das ist ihm nicht natürlich […], er tut es, um sich in der Höhe zu halten.“62

Als Kern von Goethes Inszenierungsstrategie lässt sich festhalten: Goethes Prob- lem war die Bewältigung der Aufgabe, sich gesellschaftlich in den Hof zu integ- rieren und zugleich seine Schriftstellertätigkeit beizubehalten. Die Flucht nach Italien war Ausdruck eines Scheiterns: Der politische Beruf fraß den Künstler buchstäblich auf. Erst nach der Rückkehr aus Italien gelang – in Abstimmung mit dem großzügigen Herzog – eine befriedigende Balance. Im Prinzip bestand Goe- thes ganzes Leben aus einer Folge von Krisen, die er aber souverän zu überspielen und zu bewältigen lernte. Eben das ist der Sinn der Inszenierung: Was er anderen vorspielte, bewusst oder unbewusst, diente letzten Endes auch dem Zweck des Selbstschutzes und der Selbsthilfe. Der Selbsthelfer war eine der großen Figuren stürmerischer und drängerischer Dramatik. Goethe hat die Selbsthilfe zeitlebens praktiziert, aber nicht gegen die Gesellschaft und die Herrschaft, sondern in stän- dig auf Versöhnung der Gegensätze dringendem Handeln. Die Rolle, die er in seiner Doppelfunktion als Staatsmann und als Künstler für sich erarbeitet hat, ist die des Repräsentanten. Als Minister repräsentiert er die Regierung des Weimarer Hofs; als Künstler repräsentiert er den Mann des Maßes und der Humanität. Der Bruch mit den – von Bürger repräsentierten – Normen des rebellischen ‚Sturm und Drang‘ war eine Notwendigkeit. Goethes ‚klassische‘ Einstellungen bzw. „Fassaden“ haben einen wertkonservativen Kern. Der waghalsige Versuch eines Brückenschlags ist zunächst seinem sozialen Habitus besser als seiner Kunst be- kommen. Denn zweifellos gewann seine ursprünglich lebendige und individualis- tisch getönte Sprache durch die Anpassung an höfische Gepflogenheiten einen förmlichen und gravitätischen Zug, das repräsentierende Element wurde zur Rou- tine, hinter der sich das Individuelle zuweilen verbarg. Andererseits muss man konzedieren, dass – weit über das Biographische hinausgehend – Goethe mit der Rolle des Repräsentanten ein Rollenmuster vorgelegt hat, das in der bürgerlichen Gesellschaft bisher noch nicht existiert hat und das seine Nachfolger oft unreflek- tiert aufgegriffen haben, ohne sich der spannungsreichen sozialen und künstleri- schen Konfliktsituation, in der Goethe sich behaupten musste, bewusst zu sein. Dieses Rollenmuster gewann durch seine Verbreitung den Charakter eines Medi- ums, und als Instrument hat Goethe sich bewusst und bereitwillig der Bildenden Kunst bedient, die damals die Aufgaben der public relations wahrnahm. Mit ge- malten Porträts, mit Büsten und Statuetten hat Goethe ein „Bild“ von sich ge- schaffen. Die Selbstinszenierung als Repräsentant war die Form, mit der er seine Kommunikation organisieren und steuern und damit seine Dominanz im ‚literari- schen Feld‘ erhalten wollte.

Der Tod seiner Frau Christiane bedeutete für Goethe einen gravierenden Ein- schnitt. Sein Auftreten in der Öffentlichkeit änderte sich erkennbar. Er wird von

GRIMM: Goethes Selbstinszenierungen, Seite 14 von 34 den meisten Besuchern als ein gewinnender alter Herr geschildert. Freilich hat Goethe einige Eigentümlichkeiten aus seiner Hof-Phase beibehalten, sie aber mit bürgerlichen Werten (etwa der Innerlichkeit) und mit altersbedingter Distanz zur Synthese gebracht. Ob für die späte Stilisierung der Begriff der Mystifikation an- gemessen ist, mag bezweifelt werden. Bei der Mystifikation versucht nämlich der Darsteller, „einen ganz bestimmten Eindruck zu erwecken“ und sich über die Zu- schauer zu erheben.63 Der alte Goethe lebte die Spannung zwischen Normalität und Einzigartigkeit. Aber sein Ideal war nun die früher allenfalls ersehnte Privatheit.64 Der alte Goethe lieferte keine Inszenierungen mehr. Er lebte sich selbst – in Ein- klang mit der Umgebung.

Goethe war sicher der meistgeschilderte Autor seiner Zeit, wie die Biedermann- sche Sammlung belegt. Die von Werner Faulstich in seiner Geschichte der Medi- en vorgestellten wirkungsmächtigen Medien des 18. Jahrhunderts65 lassen sich ergänzen um diverse Bildkünste wie Malerei und Plastik. Gemälde und Statuen spielen bei Goethes Selbstinszenierung eine bedeutsame Rolle. Vor allem die bil- denden Künstler haben mit ihren Ölporträts oder Büsten unser Bild von Goethe geprägt. Das Bild einer Person, das sie von sich zu geben wünscht, ist bereits Teil einer Projektion – eine Autoprojektion gewissermaßen. Bei Goethe findet sie sich in der Autobiographie und in allen persönlichen Dokumenten wie Briefen und Tagebüchern. Das Bild, das andere Personen von ihr überliefern, ist ebenfalls Teil einer Projektion – eine Heteroprojektion. In den Porträtbildern und -statuetten treffen beide Intentionen zusammen. Sie sind Inszenierungen, in denen der Wunsch, wie Goethe sich selbst sehen bzw. gesehen werden wollte, und der Wunsch, wie andere ihn sehen wollten, zur Synthese geriet.

Wir wissen bei einer ganzen Reihe von Bildern, wie Goethe sich dazu eingestellt hat. Er hat durch seine Kommentare bestimmte Bilder quasi autorisiert, andere verworfen. Dies sei an einer Reihe der Goethe-Porträts illustriert.

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3. Alexander Trippel: Büste Goethes (1787)

Der seit 1776 in Rom ansässige Schweizer Bildhauer Alexander Trippel fertigte im August/September 1787 auf Bestellung des Fürsten Christian von Waldeck ein Modell für eine Marmorbüste an. Die Büste steht in der Tradition kolossaler Herr- scher- und Götter-Porträts.

Kopf Alexanders des Großen Kopf des Apoll von Belvedere

Repräsentativität war sicher eine Intention des Künstlers. Unübersehbar ist die Stilisierung nach antikem Vorbild. Natürlich war dies Trippels Absicht, wie aus seinem Schreiben an den Auftraggeber hervorgeht: Sie ist ganz in dem Anticken still, die Haare sind lang und hangen gantz locker herunder, und machen von fornnen die Form eines Apollo Kopff […].66

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Dass Goethe die Art und Weise der Darstellung keineswegs gleichgültig war, zeigt sein Kommentar vom 12. September: „Meine Büste ist sehr gut gerathen; jedermann ist damit zufrieden. Gewiß ist sie in einem schönen und edlen Stil ge- arbeitet, und ich habe nichts dagegen, daß die Idee, als hätte ich so ausgesehen, in der Welt bleibt.“67

4. Johann Heinrich Meyer: Aquarell (1795)

Ein um 1795 entstandenes Aquarell von Johann Heinrich Meyer (1760-1832) zeigt Goethe als recht korpulenten Mann oder, um mit Johann Peter Eckermann zu reden, dem Goethe das im Gartenhaus aufgehängte Bild 1824 gezeigt hatte: Goethe erscheine hier „etwas stark“.68 Er selbst referierte diesen Tatbestand nur als Meinung der anderen, wenn er 1798 an Kestner schrieb, die Leute sagten, er sei „nach und nach dick geworden“.69 Frau von Stein nannte ihn despektierlich „entsetzlich dick“, er sei „recht zur Erde geworden“.70 In einem Brief an seinen Bruder Fritz schreibt Carl von Stein im Juni 1799, die Zeit habe Goethe „von Sei- ten des Körpers unkenntlich gemacht“, sein Gang sei „überaus langsam“, „sein Bauch nach unten zu hervorstehend ... sein Kinn ganz an den Hals herangezogen ... seine Backen dick […].“71 Und Bernhard Rudolf Abeken konstatiert Anfang 1800, dass Goethe damals „stark“ gewesen sei, Jahre später hätte er „eine bessere Proportion“ gehabt.72 Das Porträt soll, wie Zeitgenossen Goethes letztem Sekretär Johann Christian Schuchardt berichteten, damals von „frappanter Ähnlichkeit“ gewesen sein.73

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5. Christian Daniel Rauch: Statuette (1828)

Dass Goethe um diesen wunden Punkt – die Neigung zur Korpulenz – wusste,74 zeigt seine Äußerung gegenüber dem Bildhauer Christian Daniel Rauch, der im September 1828 eine Statuette von ihm modelliert hatte.75 Der Weimarer Hofbildhauer Kaufmann, der das Formen des Modells übernommen hatte, musste die Stärke des Leibes mildern. Goethe war der Ansicht, die Riemen, Schnallen, Knöpfe, Bund und Latz kämen bei der modernen Kleidung auf einem Punkt zu- sammen, „daß der ohnehin Beleibte ganz mißgeleibt erscheinen“ müsse.76 Als Rauch im Jahr darauf wieder nach Weimar kam, beklagte sich Goethe, die Statu- ette erscheine ihm zu dick, der Oberrock solle geändert werden. Rauch nahm also der Figur vorne etwas ab, allerdings fand auch die verschlankte Figur nicht Goe- thes Beifall, wahrscheinlich wegen der eingenommenen Haltung – die nach Zeug- nis vieler gleichwohl typisch für Goethe war.77 Doch dieser befand: „Man steht doch nicht immer so!“ und ließ die Statuette wegstellen.78

Franz Gerhard von Kügelgen (1772-1820) war ein exzellenter Porträtmaler. Er hat drei Gemälde Goethes geschaffen. Sie sind im Prinzip sehr ähnlich und stellen Goethe als Staatsbeamten dar, Minister und leuchtender Geist in einem. Von De- zember 1808 bis Januar 1809 saß Goethe dem Maler Modell. Das Bild zeigt Goe- the in Lebensgröße, auf der rechten Brust den Stern, über die Weste das Band des russischen St. Annenordens, am linken Rockaufschlag nach innen gehend das Band der französischen Ehrenlegion. Offenbar war Goethe mit Kügelgens Auffas- sung nicht ganz einverstanden. Seine idealisierenden Bilder „gefielen fast allge- mein durch ihr lebhaftes (etwas buntes) Kolorit und durch den Ausdruck weit ge- öffneter strahlender Augen“. Doch Goethe fand, den „theatralischen Reizen“ fehle „die rechte Kraft des natürlichen Lebens“.79 Unverkennbar ist Kügelgens Ten- denz, Goethe als Geistes-Olympier darzustellen. Bei den Zeitgenossen rief das Bildnis denn auch große Bewunderung hervor, Caroline Herder etwa fand in ihm „eine fast zerschmetternde Kraft“.80 Das zweite Porträt entstand im September

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1810. Von beiden Bildern wollte Kügelgen sich nicht trennen, sondern erstellte auf ihrer Basis eine dritte, kombinierte Version, die zu Weihnachten 1810 bei Goethe eintraf und „allerfreundlichsten“ Beifall fand.81

6. Gerhard von Kügelgen: Ölgemälde, 3. Fassung (1810)

Das Bild stammt übrigens aus einer Phase, aus der ein Bericht ebenfalls als olym- pischen Jupiter verklärt. Wolf Graf Baudissin schreibt im Juni 1809: Ich schwöre, daß ich nie einen schöneren Mann von sechzig Jahren gesehn habe. Stirn, Nase und Augen sind wie vom Olympischen Jupiter, und letz- tere besonders ganz unmalbar und unvergleichbar. Erst konnte ich mich nur recht an den schönen Zügen und der herrlichen braunen Gesichtsfarbe weiden; nachher aber, wie er anfing lebhafter zu erzählen, und zu gestiku- lieren, wurden die beiden schwarzen Sonnen noch einmal so groß, und glänzten und leuchteten so göttlich, daß wenn er zürnt ich nicht begreife, wie ihre Blitze nur zu ertragen sind. Ich war in einem solchen Anstaunen und Anbeten, daß ich alle Blödigkeit rein vergaß. Mehrere Fremde haben über seine Härte und Steifheit geklagt, gegen uns ist er äußerst human und freundlich gewesen. Er hatte einen blauen Überrock an, und gepudertes Haar ohne Zopf. Seine ehmalige Korpulenz hat er verloren, und seine Fi- gur ist jetzt im vollkommensten Ebenmaß und von höchster Schönheit. […] Er ist ein geborner König der Welt.82

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7. Ferdinand Jagemann: Ölgemälde (1818)

Ferdinand Jagemann (1780-1820) malte Goethes Porträt im Juli 1818. Auch die- ses Bild zeigt den Dichter in offiziellem Habit, geschmückt mit dem Stern des russischen St. Annenordens (rechte Brust) und dem des Weimarer Falkenordens (linke Brust), um den Hals das Komturkreuz des österreichischen Leopoldordens. Aus dieser Zeit stammt eine Aufzeichnung von Wilhelm Gerhard, die hier zitiert sei: „Viele, die Goethe persönlich gesprochen haben, finden sich durch eine ge- wisse feierliche Würde und einen Anstrich von Hofetikette verletzt, den sie Stolz nennen, der aber diesen ausgezeichneten Mann sehr gut kleidet, weil das wahrhaft Menschliche auch durch diese Abgemessenheit leuchtet.“83 Eine gewisse Unnah- barkeit und Feierlichkeit strahlt auch der Goethe dieses Bildes aus.

Der englische Porträtmaler George Dawe (1781-1829) wird von Goethe zwischen 3. Mai und 24. Mai 1819 mehrfach erwähnt. Ende Mai verließ er Weimar und reiste nach Jena weiter. Goethe schrieb ihm Anfang Juni, daß er sich „stets mit lebhaftem Antheil der Tage Ihres erfreulichen und belehrenden Hierseyns erin- nern werde.“84 Das Gemälde war lange Zeit verschollen und tauchte erst 1913 wieder auf.

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8. George Dawe: Ölgemälde (1819)

Der früheste Kupferstich, der nach diesem Gemälde angefertigt wurde, stammt von Thomas Wright (1792-1849). Über diesen Stich hat Goethe zwischen August 1820 und Juni 1821 mit dem Schriftsteller Johann Christian Hüttner in London korrespondiert. Am 4. April 1821 bestätigte er den Empfang der bestellten Abzü- ge und bestellte ein paar Wochen später weitere sechs Exemplare – ein Indiz, dass ihm dieses Bild wohl gefallen hat.

9. Kupferstich von Wright nach dem Ölgemälde von Dawe (1820)

Auf dem Umschlag seiner Zeitschrift „Über Kunst und Alterthum“, im ersten Heft des dritten Bandes von 1821, zeigte er den Stich selbst an: Goethes Brustbild in punktirter Manier, überaus zierlich und zart behan- delt, dabey kräftig und von schöner malerischer Wirkung. Dieses Blatt kann, bloß als Kunstwerk betrachtet, für gut und verdienstlich gelten; überdem ist es aber auch unter den vielen in Kupfer gestochenen Bildnis- sen des Genannten dasjenige, welches ihn am ähnlichsten darstellt.85

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Auch in den „Tag- und Jahresheften“ von 1821 gedachte Goethe des Ölbildes und des Kupferstichs in anerkennender Weise: „es ist in seiner Art als gelungen anzu- sprechen, und war es wohl werth in England sorgfältig gestochen zu werden.“86

10. Christian Daniel Rauch: Büste (1820)

Christian Daniel Rauch (1777-1857) hat Goethes Büste im Jahr 1820 modelliert. Wie sehr Goethe mit dieser Büste zufrieden war, geht nicht nur aus seiner Äuße- rung, er finde die Behandlung Rauchs „wirklich grandios“,87 sondern auch aus der Tatsache hervor, dass er auf dem Umschlag zum dritten Band von „Über Kunst und Alterthum“ eine von Heinrich Meyer verfasste Empfehlung der Büste abdru- cken ließ: „Die Ähnlichkeit dieses Bildnisses läßt wohl kaum noch etwas zu wün- schen übrig; es genügt aber auch nicht weniger den höheren Kunstforderungen. Nicht nur gelang dem Künstler eine sehr geistreiche, lebhafte Wendung des Haup- tes, sondern er wußte auch die Züge des Gesichts zu beseelen und in das Ganze die löblichste Übereinstimmung zu bringen.“88 Die Zeitgenossen waren von dieser Darstellung sehr angetan, wie etwa aus einem Schreiben Johann Gottlieb von Quandts an Julius Schnorr von Carolsfeld hervorgeht, in dem er die Rauchsche Büste „das vollkommenste Bild von Goethe“ nennt.89 Die mehrfach bemerkte Unregelmäßigkeit von Goethes Gesicht hat Rauch gekonnt überspielt, sein Porträt lieferte für Generationen „die“ Darstellung des Dichterfürsten, der auf vielen Konsolen in bürgerlichen Häusern stand.90

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11. Heinrich Christoph Kolbe: Ölgemälde (1822)

Goethe kannte den Maler Heinrich Christoph Kolbe (1771-1836) seit 1799, aber erst 1822 durfte dieser ihn malen. Goethe hat das in eineinhalb Monaten entstan- dene Bild angekauft und später verschenkt. Es ist ein offizielles Bild, auf dem Goethe mit allerlei Orden geschmückt erscheint. Auf der rechten Brust trägt er den Stern des russischen St. Annenordens, auf der linken den des Weimarer Fal- kenordens, um den Hals das Komturkreuz des österreichischen Leopoldordens und am Rockaufschlag das Kreuz der Ehrenlegion. Diese Darstellungsart war nicht Schmeichelei des Malers, denn Goethe ließ sich mehrmals im vollen Or- densschmuck malen. Entsprechend seiner Devise: „Ein Titel und ein Orden hält im Gedränge manchen Puff ab.“91 Goethe fand das Porträt nicht erfreulich: „ich für meine Person finde es nicht erfreulich; andere sehen es wenigstens zweifelnd an und mögen sich nicht gern darüber äußern.“92

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12. Joseph Karl Stieler: Ölgemälde (1828)

Am bekanntesten geworden ist das Ölgemälde, das der bayrische Hofmaler Jo- seph Karl Stieler (1781-1858) im Jahre 1828 im Auftrag des bayrischen Königs Ludwig I. angefertigt hat. Stieler hielt sich von Ende Mai bis Anfang Juli 1828 in Weimar auf und begann unverzüglich mit dem Zeichnen und Malen. Wegen des Tods von Großherzog Karl August gab es eine Unterbrechung, das Bild wurde Anfang Juli fertig. Goethe beschreibt Stieler gegenüber Zelter als „so kunstreich als einsichtig, klug und angenehm im Umgange“.93 Stieler stellte das Bild in Ber- lin aus, wo Zelter, Rauch und Schadow es bewunderten. Auch in München wurde es begeistert aufgenommen. Ludwig I. ließ das Original vom Maler Friedrich Dürck für Goethe kopieren.94 Goethe selbst war davon außerordentlich angetan, wie aus seinem Brief vom 30. November an Johann Friedrich von Cotta hervor- geht, in dem er die „Überlegsamkeit“, die „sorgfältige Wahl“ und das „zwar nicht rasche, aber entschiedene Handeln“ des Malers rühmt.95 Gegenüber dem Künstler hat sich Goethe in souveräner Ironie geäußert: Stieler zeige Goethe, wie er „sein könnte“. Wörtlich: „Mit diesem Manne auf dem Bilde ließe sich wohl gerne ein Wörtchen sprechen. Er sieht so schön aus, daß er wohl noch eine Frau bekommen könnte. Vortrefflich, dies ist nicht mehr gemalt, es ist ein Körper, es ist das Le- ben.“96 Das Idealbild Goethes hat denn auch Eingang in alle Porträtsammlungen berühmter Persönlichkeiten gefunden und unsere Vorstellung vom repräsentativen Olympier wie kein anderes geprägt.

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13. Pierre Jean David d’Angers: Büste (1829)

Der junge französische Künstler Pierre Jean David d’Angers (1788-1856) kam im August 1829 nach Weimar, um Goethe zu modellieren. Zunächst wurde die Büste in Ton geformt, aber erst im April 1831 war die 77 cm hohe Marmorversion voll- endet, im Juli traf die Büste in Weimar ein, mit einem devot-respektvollen Schrei- ben, auf das Goethe selbst in wohlgesetzten und höflichen Worten antwortete und von „lebhaft dankbarer Empfindung“ sprach.97 Seine private Reaktion war frei- lich weniger eindeutig. Er soll nämlich, beim ersten Anblick der kolossalen Büste, zunächst „kurios, kurios“ gerufen haben.98 Seinem Freund Zelter schrieb er am 13. August 1831, wie sehr die Meinungen über dieses Werk auseinander gingen. Er selbst fand es „trefflich gearbeitet“ und rühmte, es sei „außerordentlich natür- lich, wahr und übereinstimmend in seinen Theilen“.99 Nach Zeugnis seines Kunstexperten Heinrich Meyer lobten die französisch orien- tierten Betrachter das Werk als „ein unübertreffliches Meisterstück“, während die italienisch und deutsch orientierten Betrachter „die Arbeit durchaus nicht für eine ganz gelungene gelten“ ließen. Insgesamt, meint Meyer, mache die Büste aus der Entfernung „nicht sogleich günstigen Eindruck“; aus der Nähe werde „der kundi- ge Beschauer allmählig besser befriedigt“ und fühle „bei genauer Untersuchung des Details sich gern zum Beyfall verpflichtet“. Insbesondere die Behandlung der Haare verdiene den „vollen Beyfall“, allerdings wünsche man ihnen „noch etwas gefälligern Lockenschlag“. Jetzt sehen sie „fast ein wenig zerzaust aus, umstarren das Haupt und bewirken zum Theil den vorhin schon erwähnten minder ange- nehmen Eindruck des Ganzen aus der Ferne“.100

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14. Christian Daniel Rauch: Statuette (1823-1825)

Von Stielers Idealisierung war es nicht mehr weit zur Apotheose. Auf Anregung von Sulpiz Boisserée war 1819 in Frankfurt der Entschluss gefasst worden, Goe- the in seiner Vaterstadt ein Denkmal zu errichten. Goethe schlug von sich aus Christian Daniel Rauch vor. Im Frühjahr 1823 machte Rauch zunächst eine Skizze des stehenden Dichters, die im Herbst in Bronze gegossen und ziseliert wurde. Im Juni 1825 war sie fertig gestellt. Rauch selbst war mit der stehenden Darstellung nicht zufrieden.101

15. Christian Daniel Rauch: Zweiter Denkmalsentwurf (1823)

Deshalb begann er im September 1823 ein Denkmal mit dem sitzenden Goethe zu entwerfen. Da dieser Entwurf Goethe nicht zusagte, fertigte Rauch eine zweite Version an, mit der Goethe „ganz wohl zufrieden“ war und sie für „gelungen“

GRIMM: Goethes Selbstinszenierungen, Seite 26 von 34 befand, wie er Rauch durch Meyer wissen ließ. Für die Ausfertigung in Marmor wollte er mündlich noch einige Änderungen vorschlagen. Positiv wurde die Wahl des zeitlosen antiken Kostüms aufgenommen, eher kritisch der stark gewinkelte linke Ellbogen und der zurückgezogene rechte Fuß.102

16. Christian Daniel Rauch: Dritter Denkmalsentwurf (1824)

Rauch reiste im Juni 1824 nach Weimar und fertigte aus den beiden Entwürfen eine kombinierte dritte Version. Diese fand Goethes und Meyers uneingeschränk- ten Beifall.103 Doch dem Abguss der dritten Fassung passierte auf dem Transport ein Malheur. Goethe berichtet darüber an Boisserée: „Der Kopf war unterwegs abgebrochen und beym Aufsetzen wurde er zufällig mehr nach der linken Seite gewendet, so daß die perpendikulare Linie des Gesichts fast mit der perpendikula- ren des Buchs zusammenfällt, wodurch, wie uns scheint, Leben und Anmuth ganz besonders erhöht wird.“104 Rauch hat in der dritten Fassung die an der zweiten Fassung gerügten Details geändert. Zu dem geplanten Denkmal in Frankfurt kam es allerdings nicht.105

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17. Bettina von Arnim: Denkmalsentwurf (1823/24)

Die leidenschaftliche Goetheverehrerin Bettina von Arnim (1785-1859) fertigte 1823/24 ihren Denkmalsentwurf in bewusster Konkurrenz zu Rauch an.106 Goethe hat ihr nicht Modell gesessen; so hat sie den Kopf nach der älteren Rauchschen Büste gearbeitet. Unverkennbar ist hier die klassische Schlichtheit Rauchs einer eher heroisch-bombastischen Pose gewichen. Aus dem unter dem Kinn durch eine Agraffe zusammen gehaltenen Gewand ragt die nackte Brust mächtig hervor. Fast im Widerspruch zu dieser Göttervater-Haltung befindet sich die – ganz in huma- nistischer Tradition stehende – Ausstattung des Dichters: In der Rechten hält er einen Lorbeerkranz, die Linke lehnt auf der Kithara, an der ein geflügelter weibli- cher Genius, vielleicht eine Muse, herumklimpert.

Das letzte Beispiel wirkt geradezu komisch. Es ist ein Ölgemälde Karl August Schwerdgeburths (1785-1878). Veranlasst wurde es durch das Jubiläum des Re- gierungsantritts von Herzog Karl August (3. September 1825). Das ganze Bild stellt sich so dar: Auf einer Höhe, von welcher die Stadt Weimar übersehen wird, sitzt Goe- the, die Leier in der Hand, am Fuße einer Eiche, an deren Stamm ein Me- daillon mit den Bildnissen des Großherzogs und der Großherzogin ange- bracht ist, rechts davon erscheinen die Schatten von Anna Amalia, Wie- land, Schiller und Herder, im Vordergrunde links die Gestalten eines Bild- hauers, Malers und Architekten, rechts bringen Ackerbauer und Jäger ihre Gaben dar.107

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Gegenüber dem Kanzler Müller äußerte sich Goethe am 1. Mai 1826 so drastisch wie wahrheitsgemäß: „Die Komposition […] sei total verunglückt, obwohl gut gemeint und im einzelnen sogar trefflich.“108 Dass ‘gut gemeint’ das Gegenteil von Kunst sei, wusste Goethe sogar beim heiklen Thema der eigenen Verherrli- chung. Dazu war er zu wirklichkeitsnah, zu kritisch und zu souverän gegenüber Lobhudelei und sogar gegenüber sich selbst. Er wusste – im Unterschied zum Maler – dass ein Übermaß kultischer Ingredienzien die angestrebte Repräsentanz unweigerlich ins Lächerliche umschlagen ließ.

18. Karl August Schwerdgeburth: Ölgemälde, Ausschnitt (1825)

Nach Goethes Tod begann die Phase, in der dem Dichter Denkmäler errichtet wurden, die sich an eben diesen zu Lebzeiten gemalten Bildnissen oder modellier- ten Büsten orientiert haben.109 Dabei ist, dem Auftrag des Denkmals korrespon- dierend, der Hang zum Monumentalen, zum Kolossalen und zur Glorifizierung unverkennbar. In gewisser Weise führen sie die von Goethe selbst gestiftete Form des Repräsentativen fort und schaffen damit eine bürgerliche Tradition der Künst- ler-Apotheose.

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Wahl, Hans / Kippenberg, Anton: Goethe und seine Welt. Unter Mitwirkung von Ernst Beutler. 580 Abbildungen, Leipzig 1932.

Bildnachweise:

1. Eduard Lobe: Weimar um 1800, Lithographie (Appelbaum, S. 34) 2. Johann Wilhelm Heinrich Tischbein: Goethe in der Campagna, in: Goethes Leben in Bilddokumenten. Hrsg. von Jörn Göres. München 2. Aufl. 1981, S. 123). Dazu Roland Kanz, „Die veranstaltete Apotheose. Tischbeins ‚Goethe in der Campagna di Roma‘“, in: Ders., Dichter und Denker im Porträt, S. 172- 196. 3. Alexander Trippel: Büste Goethes (Schaeffer/Göres, S. 97) 4. Johann Heinrich Meyer: Aquarell (Schaeffer/Göres, S. 105) 5. Christian Daniel Rauch: Statuette (Prop, S. 81, Tafel 155) 6. Gerhard von Kügelgen: Drittes Ölgemälde (Schaeffer/Göres, S. 122) 7. Ferdinand Jagemann: Ölgemälde (Schaeffer/Göres, S. 139) 8. George Dawe: Ölgemälde (Schaeffer/Göres, S. 141) 9. Kupferstich von Thomas Wright nach dem Ölgemälde von George Dawe (Prop, S. 61, Tafel, 116) 10. Christian Daniel Rauch: Büste (Schaeffer/Göres, S. 142) 11. Heinrich Kolbe: Ölgemälde (Schaeffer/Göres, S. 152) 12. Joseph Karl Stieler: Ölgemälde (Appelbaum, S. 42). 13. Pierre Jean David d‘Angers, Büste (Schaeffer/Göres, S. 183) 14. Christian Daniel Rauch: Statuette (Prop, S. 66f., Tafel 123) 15. Christian Daniel Rauch: Zweiter Denkmalsentwurf (Schaeffer/Göres, S. 162) 16. Christian Daniel Rauch: Dritter Denkmalsentwurf (Prop, S. 68f., Tafel 127) 17. Bettina von Arnim: Denkmalsentwurf (Prop, S. 69, Tafel 128) 18. Karl August Schwerdgeburth: Ölgemälde (Prop, S. 71, Tafel 133)

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1 Henrich Sebastian Hüsgens Brief vom 15.8.1797 an J.J. von Gerning; Bode 2, Nr. 970, S. 110. 2 Biedermann 1, Nr. 1300, S. 643. 3 Biedermann 1, Nr. 1052, S. 517, Nr. 1080, S. 538; Biedermann 5, Nr. 7390, S. 197; Biedermann 2, Nr. 3347, S. 605f. 4 Biedermann 2, Nr. 3394, S. 633. 5 Biedermann 2, Nr. 3426, S. 645f. 6 Biedermann 1, Nr. 962, S. 475f., vgl. Nr. 961, S. 475f.; Bode 2, Nr. 931, S. 89ff. 7 Vgl. Shakespeare: A Midsummer Night’s Dream, V, 1. 8 Sauder/Richter, S. 87ff. 9 Friedenthal, S. 132. 10 Dichtung und Wahrheit. Dritter Teil, 12. Buch; WA I/28, S. 118. 11 Biedermann 1, Nr. 91, S. 60ff. (Kestner); Nr. 171, S. 96 (Lavater); Nr. 187, S. 112 (Heinse); Nr. 191, S. 114 (Heinse). 12 Biedermann 1, Nr. 91, S. 61. 13 Biedermann 1, Nr. 192, S. 115. 14 Biedermann 1, Nr. 163, S. 90. 15 Biedermann 1, Nr. 198, S. 118f. 16 Tagebuchaufzeichnung Johann George Sulzers vom 2./3.9.1775; Biedermann 1, Nr. 301, S. 156. 17 Biedermann 1, Nr. 222, S. 127. 18 Bruford, S. 64. 19 Bruford, S. 65. 20 Friedrich Wilhelm Gotter berichtet Anfang Januar 1776: „Er weiß noch nicht, wie lang er in Weimar bleiben wird, wo er den Günstling in bester Form und Ordnung spielt und den ihm ei- genen vertraulichen nachlässigen hingeworfenen Ton überall eingeführt hat.“ Biedermann 1, Nr. 341, S. 175. 21 Bruford, S. 80. 22 Aufzeichnungen zur Fortsetzung von Dichtung und Wahrheit; WA I/53, S. 383. 23 Wilhelm Meisters Lehrjahre. Fünftes Buch, 16. Kapitel; WA I/22, S. 250. 24 Klien, S. 24; vgl. etwa Biedermann 2, Nr. 3347, S. 605. 25 Bruford, S. 66. 26 Bruford, S. 83. 27 Bruford, S. 89f. 28 WA IV/5, Nr. 1468, S. 326. An Frau von Stein berichtete er am 12.5.1782 über einen Besuch in Meiningen. „Ich habe als Gesandter eine förmliche Audienz bey beyden Herzogen gehabt, die Livree auf dem Saal, der Hof im Vorzimmer, an den Thürflügeln zwey Pagen und die gnädigs- ten Herrn im Audienz Gemach [...].“ 29 Sueton: Leben des Augustus, Kap. 99. 30 Shakespeare: As you like it, II, 7. 31 Goffman, S. 23. 32 Ebd.; vgl. Abels, S. 171. 33 Abels, S. 172f. 34 Goffman, S. 34. 35 Abels, S. 175. 36 Goffman, S. 36. 37 Ebd. 38 Biedermann 1, Nr. 667, S. 337. 39 Biedermann 1, Nr. 1080, S. 538. 40 Abels, S. 175f. 41 Brief vom 17.9.1782; WA IV/6, Nr. 1582, S. 58. 42 Brief vom 21.11.1782 an Carl von Knebel; WA IV/6, Nr. 1631, S. 97 43 Roberto Zapperi: Das Inkognito. Goethes ganz andere Existenz in Rom, München 2010. 44 Dazu das Kapitel „Tischbeins ‚Goethe in der Campagna di Roma’“, in: Kanz, S. 172-196. 45 Brief an Carl August vom 17.3.1788; WA IV/8, Nr. 2647, S. 357. 46 Vgl. Goethes Brief vom 17.3.1788 an Carl August; ebd., S. 3509. 47 Friedenthal, S. 323f. 48 Biedermann 1, Nr. 990, S. 487f. 49 Biedermann 1, Nr. 962, S. 475f. 50 Brief von G. v. Loeper an W. von Biedermann vom 8.5.1872; Biedermann 1, Nr. 963, S. 476f.

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51 Biedermann 1, Nr. 1442, S. 694f. 52 Brief vom 19.6.1789; WA IV/9, Nr. 2760, S. 133. 53 Höllerer-März Bd. 1, S. 87. 54 Conrady 1, S. 498f. 55 Boyle 1, S. 667f. 56 Fertig, S. 121. 57 Brief vom 20.2.1782; WA IV/5, Nr. 1411, S. 264f.; vgl. auch Eissler 1, S. 673. 58 Biedermann 5, Nr. 7390, S. 197. 59 Biedermann 2, Nr. 2482, S. 229; vgl. auch den Bericht Boisserées vom 3.5.1811, Nr. 3426, S. 645. 60 Biedermann 3/1, Nr. 4738, S. 144. 61 Klien, S. 24. 62 Biedermann 5, Nr. 7390, S. 197. 63 Abels, 184f. „Ein erster Schritt dahin ist die Einschränkung des Kontakts. Die Wahrung einer sozialen Distanz ist eine Methode, ‚um beim Publikum Ehrfurcht zu erzeugen’. [Goffman 1959, S. 62] Vorzimmer und hohe Mauern, verdunkelte Scheiben im Auto und Ähnliches sind Büh- nenbilder, mit denen Ehrfurcht durch Distanz erzeugt werden soll. Das distanzierte Verhalten, das uns bei Adligen, selbst wenn sie sich leutselig geben, auffällt, hat die gleiche Funktion.“ 64 Brief vom 17.9.1782 an Charlotte von Stein; vgl. Anm. 41. 65 Faulstich, passim. 66 Zit. nach Schaeffer/Göres, S. 97. 67 Goethe: Italienische Reise; WA I/32, S. 80. 68 Eckermann: Gespräche mit Goethe, S. 94. 69 Brief Goethes vom 16.7.1798 an Kestner; WA IV/13, Nr. 3841, S. 212. 70 Brief vom 26.2.1796 an den Sohn Fritz; Biedermann 1, Nr. 1270, S. 631. 71 Biedermann 1, Nr. 1512, S. 725. 72 Biedermann 1, Nr. 1555, S. 740. 73 Prop, S. 42. 74 Zeugnisse bei Schaeffer/Göres, S. 18ff.; Prop 2, S. 41f. 75 Dazu Biedermann 3/2, Nr. 6236-6239, S. 361f.; vgl. Tagebuch Rauchs zit. nach Schaef- fer/Göres, S. 181. 76 Goethes Brief an Rauch vom 26.3.1829; WA IV/45, Nr. 175, S. 207. 77 Riemer, S. 57f. „In dieser charakteristischen Angewohnheit, die wie gesagt zum Habitus gewor- den, hat ihn R a u c h vortrefflich dargestellt, in einem kleinen Standbilde, welches, wenn auch nicht die vollkommenste schärfste Ähnlichkeit in den Gesichtszügen, doch die vollendetste Na- turwahrheit in der ganzen Haltung und Stellung vergegenwärtigt.“ 78 Biedermann 3/2, Nr. 6692, S. 705. 79 Biedermann 2, Nr. 2860, S. 396. 80 Prop, S. 49. 81 Brief Goethes vom 26.12.1810 an Kügelgen; WA IV/21, Nr. 6082, S. 450. 82 Biedermann 2, Nr. 2964, S. 442. 83 Biedermann 3/1, Nr. 4576, S. 68. 84 WA IV/31, Nr. 168, S. 168. 85 Ueber Kunst und Alterthum. Von Goethe. Dritten Bandes erstes Heft. Stuttgard 1821. Zit. nach Goethes Briefe an Friedrich August Wolf. Hrsg. von Michael Bernays. Berlin 1868, S. 120, Anm. 1. 86 WA I/36, S. 199. 87 Zit. nach Prop, S. 63. 88 Zit. nach Wahl/Kippenberg, S. 206. 89 Brief vom 23.12.1820 an Julius Schnorr von Carolsfeld; Biedermann 3/1, Nr. 4819, S. 224; vgl. Nr. 4820, S. 225-227. 90 Vgl. Prop, S. 63. 91 Goethe zu Moritz Daniel Oppenheim; Biedermann 3/2, Nr. 5985, S. 132. 92 Brief Goethes vom 15.9.1826 an Meyer; WA IV/41, Nr. 131, S. 155. 93 Brief vom 2.6.1828; WA IV/44, Nr. 98, S.112; vgl. Brief vom 24.6.1828 an Ottilie von Goethe; ebd. Nr. 133, S. 150. 94 Prop, S. 80. 95 WA IV/45, Nr. 57, S. 68.

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96 Biedermann 3/2, Nr. 6203, S. 312. 97 Brief vom 20.8.1831; WA IV/49, Nr. 33, S. 44. 98 Prop, S. 83; Schaeffer/Göres, S. 185; vgl. Biedermann 3/2, Nr. 6431-6436, S. 495-517.. 99 Brief an Zelter vom 13.8.1831; WA IV/49, Nr. 28, S. 37. 100 Heinrich Meyer: „Ueber Goethe’s Colossalbildniß in Marmor von David.“ In: Ueber Kunst und Alterthum, Band 6 (1827), S. 482-491, hier S. 486f. 101 Prop, S. 66f. 102 Brief Heinrich Meyers an C. D. Rauch vom 8.3.1824; Biedermann 3/1, Nr. 5426, S. 661. 103 Rauchs Tagebuch, zit. nach Schaeffer/Göres, S. 164. 104 Brief vom 4.4.1825; WA IV/39, Nr. 150, S. 171. 105 Prop. S. 69. 106 Prop, S. 69. 107 Prop, S. 71. 108 Biedermann 3/2, Nr. 5824, S. 37. 109 Dazu Selbmann, S. 76ff.