CH Bergportrait Rothorn
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Letzte Wolkenfetzen wabern um den Gipfel – das Brienzer Rothorn reckt sich der Sonne entgegen. Steile Sanftmut Weiche Täler, gemütliche Gasthäuser, eine schnaufende Dampflok: Das Brienzer Rothorn ist als Berner Oberländer Aussichtsberg und als höchster Punkt des Kantons Luzern weitherum beliebt. TEXT: ANDREAS STAEGER FOTOS: DAVID BIRRI FOTOS: XXXXXXX FOTOS: 48 BERGWELTEN BERGWELTEN 49 Ausgesetzt und aussichtsreich: Der «Simeler» mit Blick auf den Brienzersee gilt als einer der schönsten Wege am Brienzer Rothorn. iebreiz und Unheil, Sanft- rin sieht sie sich freilich ebenso wenig wie «Beides ist sowohl körperlich als auch geis- werden die Gaststube und die Schlafräu- 2005 gezogen hat. Nach tagelangen sint- mut und Rauheit liegen als Trailrunnerin. Die Bezeichnung «Berg- tig sehr intensiv und bringt einen voll- me nur mit Kerzenlicht und Petrollampen flutartigen Niederschlägen kamen damals am Brienzer Rothorn na- joggerin» würde wohl am ehesten auf sie kommen zu sich selbst.» Joggen verbinde erhellt. Aufgrund der Umstände ist auch vielerorts im Alpenraum die Hänge ins he beieinander. Diese Du- zutreffen, meint sie. sie ebenso wie Yoga stark mit der Erde die Küche einfach und bodenständig. Mit Rutschen. Das Brienzer Rothorn traf es alität fasziniert viele Men- Alexandra Woodtlis zweite Leiden- und mit dem Moment. Es ist für sie eine umso mehr Freundlichkeit und Aufmerk- mit am schlimmsten, zwei Menschen star- schen.L Wie Alexandra Woodtli. Die Leh- schaft ist Yoga, das sie auch unterrichtet. Art meditativer Akt. «Wenn ich auf das samkeit umsorgen die Wirtsleute ihre ben, 30 Häuser wurden zerstort. Danach rerin aus Brienz geht in ihrer Freizeit zwei Ist das nicht ein extremer Spagat zwischen Rothorn jogge, bin ich kaum schneller als Gäste. Das rustikale Interieur und die ur- wurden mit neuen Verbauungen wurden Leidenschaften nach, die auf den ersten jemand, der zügig wandert», sagt sie. chige Küche auf der Planalp passen ideal die Bachläufe verstärkt. «Murgänge im Blick unterschiedlicher nicht sein könn- Alexandra Woodtli hat als Rothorn- zur nostalgischen Rothornbahn. Glyssibach und im Trachtbach wie vor ten. Die erste gilt den Bergen: Woodtli «Vom Regen sind Kennerin natürlich ihr Lieblingsplätz- Wie Alexandra Woodtli ist auch René zwölf Jahren würden heute im Dorf kaum liebt es zu joggen – aber nur bergauf. die Berge wie frisch chen. Das liegt allerdings nicht oben beim Mäder viel am Berg unterwegs. Er ist als mehr Schäden anrichten», sagt Peter Flück «Wenn ich geradeaus jogge, habe ich das Gipfel, sondern bei der Mittelstation sogenannter Schwellenmeister zuständig überzeugt. Er war 2005 Gemeinderatsprä- Gefühl, nicht vorwärts zu kommen», sagt gewaschen.» Planalp. Dort betreiben Marianne Imfeld für die Überwachung des Glyssibachs so- sident, mittlerweile ist er Verwaltungsrats- sie. «Doch wenn es aufwärts geht und ich und ihre Familie mit viel Kreativität und wie für Unterhaltsarbeiten im Bachbett präsident der Brienz-Rothorn-Bahn. meinen Tritt gefunden habe, sind die All- Herzblut ein originelles Bergrestaurant. und an den Verbauungen im mittleren Deshalb sitzt Flück sitzt nun in der tagsgedanken weg, und ich fokussiere auf dem dynamischen, kräftezehrenden Jog- Die Einrichtung ist eine bunte, aber mit und oberen Teil des Wasserlaufs. Mit Be- Zahnradbahn, die gemütlich den Berg mein Ziel – den Gipfel.» gen und der entspannungsorientierten, viel Gespür und Geschmack zusammenge- obachtungen und Messungen überprüft hoch tuckert, zuverlässig und beharrlich Sobald sie richtig im Fluss sei, könne nach innen gerichteten Yogapraxis? Wood- stellte Sammlung von Gebrauchsgegen- er regelmässig, ob sich das Gelände dort legt sie Höhenmeter um Höhenmeter zu- Der Vermesser des Berges: René Mäder ist als Schwellenmeister der sie perfekt die Aussicht geniessen, ohne tli verneint energisch. «Yoga ist im Grun- ständen aus Grossmutters Zeit. stillhält. Das ist Teil der Lehren, die man rück. Es geht zielstrebig aufwärts. Das genaueste Beobachter des Rothorns. stehenbleiben zu müssen. Als Bergläufe- de ganz ähnlich wie Joggen», erklärt sie. Weil es auf der Alp keinen Strom gibt, im Dorf aus der Unheilsnacht im August Wetter ist wesentlich besser als die Prog- 50 BERGWELTEN BERGWELTEN 51 Etwas unterhalb des Gipfels liegt das Berghaus Rothorn, wo währschafte Kost wie Rösti mit Spiegelei (links unten) die Wanderer für den Abstieg nach Brienz fit macht (unten rechts). «Meine Eltern hatten kein Auto, wir waren kaum mal fort. Deshalb waren wir Kinder sehr oft am Glyssibach, um zu spielen, zu bräteln und zu baden.» nosen verhiessen: Die Löcher in der Wol- kann er allfällige Terrainveränderungen und arbeiten daran, die Rutschungen mit kendecke werden immer grösser, kristall- rasch erfassen und dokumentieren. Steinkörben zu sichern und das Terrain klares Sonnenlicht flutet die Landschaft. Mäder kennt hier natürlich jeden Weg. mittels Aufforstungen zu stabilisieren. Vom nächtlichen Regen sind die Berge Als schönsten Bergweg der Region stuft er wie frisch gewaschen. Alsbald kleben nur den Simeler ein, der auf der Balenalp sei- MIT DEM MASSBAND AM FELS noch einzelne Nebelreste an den Hängen nen Anfang nimmt. Der schmale, nicht si- Dem gleichen Ziel dient eine Reihe von und rahmen den Blick zum See ein. Sie gnalisierte und teilweise ausgesetzte Pfad Distanzmessungen, die Mäder in der Um- steigern die Tiefenwirkung des Panoramas zieht sich dem Bachlauf entlang in die Hö- gebung vornimmt. Zu diesem Zweck steigt in eine abenteuerliche Dimension. he. Von einem Bachbett kann hier kaum er am Rand des weiten Felskessels in die mehr die Rede sein: In steilen Kaskaden Höhe. An einer Schieferwand hat er DER SIMELER IST DER SCHÖNSTE WEG fällt das Terrain in die Tiefe. Geröllfelder schon vor mehreren Jahren einen Karabi- Das sind auch genau die Bilder und Mo- und nahezu senkrechte Felsplatten wech- nerhaken fix angebracht. Daran hängt er mente, die René Mäder am Rothorn faszi- seln sich ab. nun sein Messband ein; danach zieht er es nieren. Jetzt ist ein Baumstrunk auf einem Der sehr steile Aufstieg endet im Quell- hinter sich her zu einem zweiten Fixpunkt Felsvorsprung sein Ziel. Von dort hat er ei- gebiet des Glyssibachs, einem wundervoll weiter unten. «Das Messresultat ist gleich nen guten Ausblick auf die Geländemul- aussichtsreichen Stufenhang hoch über wie vor einem Jahr», stellt er zufrieden de, durch die der junge Glyssibach fliesst. dem See. Föhren setzen grüne Farbtupfer fest. Zweimal jährlich sucht Mäder diesen Be- in der ausgedehnten Steinwüste. Im stei- Schon seit seiner Kindheit hat Mäder obachtungsposten auf und schiesst dort len Gelände ist alles in Bewegung. Seit eine enge Beziehung zum Glyssibach. mit der Kamera ein Bild. Auf diese Weise Jahrzehnten sind hier Bauequipen tätig «Meine Eltern hatten kein Auto; wir fuh- 52 BERGWELTEN BERGWELTEN 53 Vom Schwanderort (weit oberhalb von Schwanden) geniesst man die Aussicht zum Einzugsgebiet des Glyssibachs und auf die gesamte Rothornkette. «Wolkenreste und steile Hänge rahmen den Blick zum See und steigern die Ti verae corit lique nusdam quo il Tiefenwirkung des Panoramas.» ium volor aut qui consequamus «xxxx xxxx xxxxxx Elestiore voloritendit adi rem debis abore omnihillor aut quis mod essimus et pel e FOTOS: XXXXXXX FOTOS: 54 BERGWELTEN BERGWELTEN 55 Die Schutzhütte beim Dirrengrind bietet seit Jahrzehnten Bauequipen Unterschlupf, Gediegene Atmosphäre im Berghaus Planalp (links). Gelegentlich muss die Dampfbahn anhalten, die das Terrain zu stabilisieren versuchen. weil sich nicht alle nach dem Fahrplan richten. ren deshalb kaum je fort. Dafür waren wir Wanderer können am Brienzer Die Bahn hatte ihre Jungfernfahrt 1892, 1815 in Indonesien der Vulkan Tambora Um dessen Pflege und Bewahrung küm- oft am Bach, um zu spielen, zu bräteln Rothorn schöne und unbeschwerte Ber- also vor exakt 125 Jahren. Im Ersten Welt- explodierte, monatelang die Erdatmo- mert sich eine Stiftung, die im Schweizer und zu baden.» gerlebnisse geniessen. Das hängt auch mit krieg wurde der Betrieb wegen der wegbre- sphäre mit Staub und Asche verdunkelte Holzbildhauerei-Museum mitten im Dorf Auch heute sucht er den Wasserlauf der bereits erwähnten Bergbahn zusam- chenden Nachfrage eingestellt. Während und im fernen Europa schwere Hungers- Einblick in ihre Bestände gibt. immer wieder auf. «Der Glyssibach ist ein men. Diese ist schweizweit ein Unikum. andere Bergbahnen längst elektrifiziert nöte und eine Wirtschaftskrise auslöste, Einen etwas anderen Weg der Holzbe- sehr interessanter Wildbach», sagt er. waren, fehlten hier die Mittel. In den trotzten in Brienz innovative Bauern dem arbeitung schlug die Firma Trauffer im Nach jedem Gewitter sehe es im Mittel- 1930er-Jahren kamen daher Rückbau-Plä- sich anbahnenden Elend und begannen, Nachbardorf Hofstetten ein. Der Betrieb und Unterlauf anders aus: «Das Bachbett «Auf dem Grat greift ne auf. Die Brienzer wollten dies nicht künstlerisch ausgestaltete Holzschnitzerei- wurde in den 1930er-Jahren gegründet, als verändert sich stets.» hinnehmen und wehrten sich für «ihre» en anzufertigen. Diese verkauften sie an die Holzschnitzerei in einer schweren Kri- Das Brienzer Rothorn ist der höchste man oft auf beiden Bahn, die darauf wieder in Betrieb ge- Touristen. se steckte. Weil Souvenirs aufgrund der Punkt einer rund 25 km langen Kette, die Seiten mit den nommen wurde. Neues Ungemach drohte Daraus entwickelte sich ein boomen- Rezession kaum mehr gefragt waren, wur- das Entlebuch und das Tal der jungen Em- in den 1950er-Jahren, als vom Ersatz der des Gewerbe, das Ende des 19. Jahrhun- de diversifiziert