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MAR.17

America EINSCHLAUFEN Betrifft: Der Rückbau der westlichen Zivilisation Impressum Nº 02.17 Bis zuletzt hoffte man noch auf eine Art um- wird weiter am Rückbau der westlichen Zivilisa- DER MUSIKZEITUNG LOOP 20. JAHRGANG gekehrten Al-Gore-Effekt. Die Wahlnacht war tion arbeiten – mit noch kruderen Plänen, quen- längst zu einer Abfolge sich zusehends ver- geligen Tweets und ordentlich Gepolter. Es ist P.S./LOOP Verlag düsternder Stunden erstarrt, den eigenen Au- ein Albtraum, der sich permanent fortsetzt. Al- Langstrasse 64, 8004 Zürich gen mochte man längst nicht mehr trauen und lerdings nicht ohne Gegenwehr von Menschen, Tel. 044 240 44 25, Fax. …27 schüttelte nur noch den Kopf. Dann die Flucht die mit Vernunft, Umsicht und fortschrittlichem www.loopzeitung.ch in ruhelosen Schlaf, nach dessen Ende sich spä- Denken die freiheitlichen Werte verteidigen. Sie ter eben doch das grösste anzunehmende Unheil bleiben im Fokus, ebenso wie dieses Land zwi- Verlag, Layout: Thierry Frochaux bestätigte: Die USA haben ihren 45. Präsidenten schen Pazifik und Atlantik, zwischen Kanada [email protected] gewählt – einen Mann mit ungesunder Gesichts- und Mexiko. farbe, bedenklicher Frisur und kruden, gefährli- Etliche der Musikerinnen und Musiker, denen Administration, Inserate: Manfred Müller chen Ansichten. die folgenden Seiten gewidmet sind, haben sich [email protected] Inzwischen sind weitere Monate ins Land der bereits zu Wort gemeldet, oftmals als Stimmen unbegrenzten Möglichkeiten gezogen, wer je- der Vernunft, die Gewicht haben, auch wenn Redaktion: Philippe Amrein (amp), doch darauf spekulierte, das Regierungsamt sie singen. Sie sind ein integraler Bestandteil Benedikt Sartorius (bs), Koni Löpfe werde den Immobilienmogul-in-Chief zur Räson der Unterhaltungsbranche, die eine Verteidi- bringen, sah und sieht sich getäuscht. Stil-, wür- gungslinie bildet. Kommentierende Komiker wie Mitarbeit: Philipp Anz (anz), Reto Aschwanden de- und rücksichtslos vollzog sich der Macht- Stephen Colbert, John Oliver, der hin und wie- (ash), Yves Baer (yba), Thomas Bohnet (tb), wechsel. Wir erinnern uns an bizarr aufgetürm- der aus der Versenkung auftauchende Jon Ste- Roman Elsener, Christoph Fellmann, te Aktenstapel, mit deren Hilfe der Mann, der wart oder die Belegschaft von «Saturday Night Christian Gasser (cg), Michael Gasser (mig), Amerika wieder grossartig machen will, Zweifel Live» stemmen sich mit ihren Mitteln gegen den Christa Helbling (hel), Hanspeter Künzler (hpk), an seiner Integrität zu zerstreuen versuchte. An Wahnsinn. Bruce Springsteen hat die Einladung Tony Lauber (tl), Susanne Loacker, eine irrlichternde Beraterin und deren Hantieren zur Amtseinsetzung abgelehnt (die als Ersatz an- Philipp Niederberger, Timo Posselt, mit alternativen Fakten. An Fotos, die durch gefragte Springsteeen-Coverband – aus Respekt Adrian Schräder (räd) die Fensterscheiben des Oval Office geschossen dem Boss gegenüber – ebenfalls) und damit ein wurden und einen Beraterstab zeigten, der dem Zeichen gesetzt, und Neil Young wird wohl bald Druck: Tagblatt Print, St. Gallen Präsidenten unbedarfte Dekrete an der Grenze schon mit einem Protestalbum nachziehen. zum Verfassungsbruch diktierte. Die Zeiten, sie bleiben turbulent, der mächtigste Das nächste LOOP erscheint am 31.3.2017 Noch immer befassen sich die Gerichte mit den Mann der Welt ein Risiko. Aber Rückbau ist de- grobianistischen Anordnungen aus dem Weissen finitiv keine Option. Titelbild: Sterne und Streifen Haus, aber das gruselige Kabinett in Washington Guido Westwing

Ich will ein Abo: (Adresse) 10 mal jährlich direkt im Briefkasten für 33 Franken (in der Schweiz). LOOP Musikzeitung, Langstrasse 64, 8004 Zürich, Tel. 044 240 44 25, [email protected] a tribe called quest RESIST! RESIST! für Bernie Sanders aktiv waren, wird dazu gezählt. «Land Rechte einsetzen. «Ich den- Neue Protestlieder und Benefiz-Sampler of the Free» von Joey Bada$$ ist ein weiterer Anti-Trump- ke nicht, dass es der Job Rap. Fiona Apple veröffentlichte im Januar «Tiny Hands»: jedes Musikers ist, politisch – wie die amerikanische Musikszene «We don’t want your tiny hands anywhere near our un- zu sein», sagt Secretly- derpants.» CocoRosie nahmen zusammen mit Anohni Managing-Director Jon auf Donald Trump reagiert. «Smoke’ em Out» auf, Arcade Fire mit Bürgerrechts-Ikone Coombs, «aber es fühlt sich Mavis Staples «I Give You Power». an, als seien wir an einem «Der schwierigste Song zum schreiben ist ein Protestsong, Neben diesen direkten Botschaften gibt es aber auch den Wendepunkt. Wenn ein ein zeitgemässes Lied mit Bedeutung», sagte Joan Baez ein- indirekten Weg: Viele Musiker, Labels und Veranstalter Künstler eine politische Hal- mal. Die 76-jährige grosse Dame des Protestsongs trat am spenden im Moment Einnahmen an Organisationen, die für tung hat, ist jetzt die Zeit, zu 21. Januar am Women’s March in San Francisco auf und eine andere Politik als die von Donald Trump einstehen. Im kreieren und zu sprechen.» sang «No Nos Moveran», die spanische Version von «We Zentrum stehen dabei: die American Civil Liberties Union Unter den 100 Songs von Shall Not Be Moved». Sie zeigte sich beeindruckt von den (ACLU), die sich vor allem auf dem – teuren und langwieri- «Our first 100 days» finden vielen jungen Menschen, die dort vor ihr standen, und er- gen – Gerichtsweg gegen neue Gesetze zur Wehr setzt; Plan- sich unveröffentlichte Stü- klärte dem «»: «Was wir jetzt brauchen, ist ned Parenthood, deren medizinische Einrichtungen immer cke und Demos von Angel eine neue Hymne, so dass wir nicht in alle Ewigkeit ‹Blowin’ wieder ins Visier von Abtreibungsgegnern geraten; Umwelt- Olsen, Hurray for the Riff in the Wind› oder ‹We Shall Overcome› wiederholen müs- anliegen wie der Widerstand gegen die Dakota Access Pipe- Raff, Bill Fay, Riley Wal- sen. Wir brauchen frische Lieder.» line. Der Online-Musikdienst Bandcamp spendete am 3. Fe- ker oder A Place To Bury Wie und mit welchen Liedern auf Donald Trump reagieren? bruar sämtliche Einnahmen an die ACLU. Diese unterstützt Strangers. Und auch neu Diese Frage beschäftigt nicht nur die US-amerikanische Mu- auch der Sampler «Battle Hymns» mit Songs von Boss Hog, eingespielte Protestsongs sikszene. Wird Rap eine Vorreiterrolle übernehmen? Gibt Stephen Malkmus und Carrie Brownstein. Weitere Com- wie etwa «Trump Talkin’ es ein Punk-Revival? Und wie äussern sich die Stars, die ein pilations von diversen Labels und Veröffentlichungen von Nukes» von Tim Heidecker. breites Publikum erreichen können? Musikerinitiativen sind in Planung. Auf Streamingdiensten Wie sich die verschiedenen Madonna machte sich am Women’s March – metaphorisch, wie Spotify will sich die Aktion «1000 Days, 1000 Songs» amerikanischen Musik- wie sie anschliessend betonte – Gedanken über «blowing gleich für die ganze Amtszeit Trumps dem Protest widmen. szenen von Indie-Rock bis up the White House». Green Day wandelten schon im Hip-Hop in den nächsten November mit «No Trump! No KKK! No fascist USA!» DOPPELTE EMPATHIE Monaten in Songs und Ak- einen alten Punk-Schlachtruf um und brachten ihn zurück tionen direkt und indirekt – zu den Protestveranstaltungen. Lady Gaga sang am Super Bereits zu Jahresbeginn startete Rough Trade Publishing mit und auch dauerhaft – gegen Bowl Woody Guthries «This Land Is Your Land». Und bei «2017: A Song a Day Keeps the Pain Away»: Abonnenten Trump manifestieren, wird der Grammy-Verleihung nahmen diverse Künstlerinnen und können 90 Tage lang täglich einen unveröffentlichten Song sich zeigen. «Der anderen Künstler – manche mit offenen Worten, andere verklausu- aus dem Rough-Trade-Katalog downloaden. Die Erlöse ge- Seite fehlt es komplett an lierter – Bezug auf Trump und dessen Politik. Am wütends- hen ans Southern Poverty Law Center. Am Tag von Trumps Empathie», sagt Joan Baez, ten A Tribe Called Quest, die bei «We the People» Musli- Inauguration startete mit einem ähnlichen Konzept «Our «dem müssen wir unsere minnen mit Kopftuch und Mexikaner auf die Bühne holten first 100 days» der Secretly Group, die Labels wie Secretly doppelte Empathie entge- und mit der Aufforderung «Resist! Resist!» schlossen. Canadian, Jagjaguwar oder Dead Oceans vertritt. Via Band- gensetzen. Und Kampf. Und Solche Songs und «frische Lieder», die den Trumpism zum camp gibt es bis im April für den Minimumbeitrag von 30 Mut. Mut ist ansteckend.» Thema machen, gibt es bis jetzt noch nicht viele. Das ak- Dollar jeden Tag einen Song. Die Erlöse kommen kleineren tuelle «3» von Run The Jewels, die im Wahlkampf NGOs zugute, die sich für Migranten-, Frauen- oder LGBT- Philipp Anz …UND WER SOLL EURE MAUER BAUEN?

dixie chicks

eher links stand. Die alte Behauptung, Folk sei grundlegend Country, die Musik des braungebrannten politisch und Country apolitisch, kann man so nicht gelten lassen – eine Musik, die ihre Wurzeln in Europa hat und Büezers, ist politisch traditionell rechts. einen Grossteil ihrer Topoi Einwanderern verdankt, kann gar nicht anders, als eine politische Haltung zu haben. Man Aber nicht jeder Country-Musiker ist ein kann jetzt versuchen, die Grundsatzfrage zu klären, wie sich Country und Folk unterscheiden. Versuch eins: Die County- englischsprachiger Gölä. Zum Glück. Band hat ein Schlagzeug, zu Country kann man linedancen. Spätestens jetzt denkt man sich: Huhn oder Ei? Es war eines der langweiligsten Interviews überhaupt, das Es ist kein Zufall, dass viele Musiker, die, als es noch CD- mit Shania Twain. Sie sass, zugegeben putzigst drapiert, auf Regale gab, dort unter der Rubrik Country eingereiht wa- einer Couch im Fernsehstudio und sonderte Belanglosigkei- ren, sich aber selber als «Folk Singer» bezeichnen. Liest ten ab, eine nach der anderen. «Haben Sie überhaupt Zeit man ihre Biografien, fällt auf, dass sich auffällig viele von für Beziehungen?» Natürlich hätte ich zu gerne die Story ihnen ihre musikalischen Sporen in Kanada abverdient ha- gehört, wie ihr Partner Mutt Lange, nicht ganz arm, eine ben. Was wohl weniger an der innovativen Musikszene des Scheune irgendwo in der Pampa von Tennessee erstand, die Nachbarlandes in den späten Sechzigern liegt, sondern dar- gesamte erste Auflage von Twains CDs kaufte und sie dort an, dass die intellektuellen Baby-Boomer keine Lust auf den einlagerte. Die Verkäufe reichten für eine Top-Platzierung Vietnam-Draft hatten und sich samt Gitarre nach Norden in den Charts, Twain war ein Star. absetzten. Das ist natürlich eine Legende, von Neidern verbreitet. Definiert man die amerikanische Folkmusik, mit oder ohne Doch die Antwort, die Shania Twain auf die Frage nach Drums, aber über Inhalte auseinander, wird vieles klar. Der Beziehungen gab, habe ich mit eigenen Ohren gehört: Rocker Bruce Springsteen, der keine billige PR betreibt, «Wenn Gott findet, dass ich einen Partner haben soll, gibt wenn er über den neuen Präsidenten pfuttert, sondern der er mir einen.» Damit zementierte die Sängerin nicht nur schon 1995 mit «The Ghost of Tom Joad» ein ganzes Al- mein Bild von der bigotten, naiven, drögen Südstaatlerin, bum entlang des epochalen Romans «Grapes of Wrath» die ihre Blut-und-Boden-Metaphorik von rechts aussen von John Steinbeck konzipierte, ein Migranten-Epos avant mit dem Segen des Allmächtigen auf Tonträger presst. Da- la lettre, das heute noch viel universeller aktuell ist als 1939. bei vergisst sie, dass es gar noch nicht so lang her ist, dass Die Dust Bowl Okies ziehen nach Westen, weil sie hoffen, die idyllischen Postkarten-Baumwollfelder von schwarzen dass das Leben dort erträglicher sei. Plantagenbesitzer nüt- Sklaven beackert wurden. zen sie aus, die Kalifornier mauern, weil sie zu Recht be- fürchten, die billigen Arbeitskräfte aus Oklahoma würden UNKLAR UND VERWORREN ihnen die Jobs wegnehmen und das Lohnniveau drücken. Beides passiert prompt. Es ist alles nicht so einfach. Country ist weiss, der Blues ist schwarz. Das ist die Ma- Auch dann nicht, wenn man sich überlegt, ob die alte Idee son-Dixon-Linie, die sich praktisch indiskutabel durch die von der grossen Mauer wirklich realisierbar sei. Tom Rus- amerikanische Populärmusik zieht. Überschreitungen sind sell hatte vor knapp zwei Jahren die Eier, in David Letter- möglich, von Weiss nach Schwarz häufiger. Country-Sänger mans «Late Show» seinen Song «Who’s Gonna Build Your mit dunkler Hautfarbe sind ungefähr so rar und so auffällig Wall» zu singen: Wenn Uncle Sam die Illegals heimschickt, wie Naveen Hofstetter bei der SVP. Natürlich gibt es sie, wer soll dann noch die Mauer bauen, wer soll am Abend Charlie Pride zum Beispiel, Darius Rucker. Doch sucht man in der Mall die Böden putzen und tagsüber die Hintern der im Internet nur schon nach «10 black country singers», fin- Babys der weissen Doppelverdiener? det man Listen, die zur Not auch Aaron Neville mitnehmen. Vieles bleibt aber auch unklar oder wird sogar noch verwor- Der sich selber wohl kaum als Country-Künstler bezeich- rener. Johnny Cash? Um Himmels Willen, die Stimme des nen würde. Country ist nicht nur weiss, sondern auch ten- kleinen Mannes, die Solidarität mit Gefängnisinsassen, der dentiell rechts. Im Gegensatz zu Folk, der politisch immer Allegorie gewordene Underdog. Ja, aber. Die Auftritte mit …UND WER SOLL EURE MAUER BAUEN?

bruce springsteen

dem TV-Prediger Billy Graham, glühender Patriotismus. «I zurück. Entschuldigt hat sich Natalie Maines für ihr Bush- don’t like to brag – but I’m very proud of this ragged old Bashing bis heute nicht, im Gegenteil: Die Chicks nahmen flag.» Ein Besuch bei Präsident Nixon, allerdings ein zwie- unter der Ägide von «Taking the Long Way» spältiger: Als sich die beiden 1972 im Blue Room trafen, auf, ein Album, auf dem es um Überzeugung geht, um Wi- hatte sich Nixon wohl eine nette kleine Serenade vorgestellt. derstand, darum, nicht klein beizugeben. Es verkaufte sich Ob er ihm ein paar Songs vorspielen könne, fragte er den millionenfach und gewann fünf Grammys. Drei Jahre nach Sänger, «Welfare Cadillac» oder «Okie from Muskogee» dem Eklat im Londoner Shepherd’s Bush gab Maines noch zum Beispiel. einen drauf und sagte an gleicher Stelle: «Nur, damit es alle wissen: Wir schämen uns dafür, dass der amerikanische Prä- HEIM, HOF, HERD sident aus Texas kommt.» Und sie grinste. Trotzdem hatte die Episode Nachwirkungen, die man bis Doch Cash hatte keine Lust, ein Lied über einen sozialhilfe- heute noch spürt: Der Mainstream-Country, der seither aus abhängigen Schmarotzer zu singen, der sich mit den Checks Nashville kommt, ist bestenfalls apolitisch und tendenzi- vom Staat einen neuen Cadillac kauft und seine Kinder zum ell republikanisch. 9/11 und die Selbstgewissheit, Gott auf Gratisessen schickt. Und noch viel weniger wollte er Hag- ihrer Seite zu haben, und die Überhöhung der heimischen gards patriotisches, altväterisches Schwulen-Bashing mit- Scholle, von Heim, Hof und Herd haben dieser Art von Mu- machen – ob der das damals ernst gemeint hatte oder nicht. sikern neuen Auftrieb gegeben. Er kenne diese beiden Songs nicht, log Cash brandschwarz. Doch es gab Zeiten, da blühte im Bible Belt das Subversive. Aber er hätte da ein paar eigene, die er gerne singen wür- Kris Kristofferson brachte in den Siebzigern mehr Sex nach de. Und dann gab es für Präsident Nixon «What Is Truth» Nashville, als den züchtigen Musikproduzenten recht sein auf die Ohren – mehr Pazifismus, als dem Republikaner lieb konnte. Dabei hätte Kristofferson eigentlich beim Militär sein konnte. Er soll, so will es die Legende, mit versteiner- Karriere machen sollen, so wie schon sein Vater und sein tem Lächeln zugehört haben. Cash war seine ganze lange Grossvater. Er liess sich zwar zum Helikopterpiloten ausbil- Karriere lang ein Grenzgänger. Er kassierte Morddrohun- den, doch dann zog er nach Nashville und hörte auf, sich die gen für sein Engagement für die Indianer und kaufte sich Haare zu schneiden. Seine Familie distanzierte sich von ihm. ein riesiges Haus auf Jamaica. Die Reihe der kontroversen Der Legende nach schrieb ihm seine Mutter einen Brief, in Beispiele ist schier endlos. dem sinngemäss stand, sie hätte lieber einen toten Soldaten Eigentlich war und ist Country der Sound des kleinen Man- als Sohn gehabt als einen lebendigen Künstler. nes. Gleichzeitig oder vielleicht gerade auch deshalb liebt Doch dieser Künstler, bald 81-jährig, ist heute so politisch sein Publikum den Eskapismus. Wenn Country-Superstar wie eh und je. Er singt über Nicaragua, die Sandinisten und Alan Jackson, blond, blauäugig, in Jeans und hellem Hut, steht gerne in einem schwarzen T-Shirt auf der Bühne, auf von den Sorgen des little man singt, hören weniger Leute zu dem das Konterfei des Indianeraktivisten Leonard Peltier als wenn er sich mit dem Postkarten-Floridianer Jimmy Buf- prangt. Er schreibt noch immer gegen fiese Militäraktionen fett zusammentut und der Welt zuruft: It’s five o’clock some- an, die die Amerikaner unter Ausschluss der Öffentlich- where – es gibt immer einen guten Grund für einen Drink! keit durchführen, und setzt sich ein für Einzelkämpfer, die Fast 30 Jahre nach Cashs Besuch bei Präsident Nixon zog nichts wollen als Frieden. Gegen alle Kriege im Namen einer Natalie Maines, die Tochter des texanischen Steel-Gitarris- Religion stellte er sich einst in einem Song mit den Zeilen: ten und Produzenten Lloyd Maines, in London vom Leder. «Gott, ich schwöre zu Gott, ich habe ihn sagen hören: Nicht Als Frontfrau ihrer Band The Dixie Chicks sagte sie: «Wir in meinem Namen, nicht auf meiner Erde. Alles, was ich schämen uns dafür, dass der amerikanische Präsident aus möchte, ist das Ende der Kriege.» Als ich während der Bush- Texas ist.» Der Zeitpunkt war kurz vor der Irak-Invasion, Ära mit ihm sprach, erzählte er von seiner neuen Heimat auf und Natalie Maines sagte auch: «Wir sind gegen Gewalt, Maui, Hawaii. Ob er vor der Politik des Festlands geflüch- wir wollen keinen Krieg.» Prompt verschwand die aktu- tet sei, wollte ich wissen. Er antwortete: «Oh, da wäre der elle Single der Dixie Chicks praktisch über Nacht aus den Mond nicht weit genug weg.» Charts, der Hauptsponsor der Tournee, Lipton, zog sich Susanne Loacker SZENE

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MÄRZ 2017 RUMÄNIEN RELOADED

xenix.ch BEAT SCHLÄGT HARMONIE Black Music begleitete die Ära von Barack Obama, dem ersten schwarzen US-Präsidenten – besonders laut und aggressiv, als die Rassenunruhen ausbrachen.

Die Freiheit. Ein Journalist der BBC fragt Nina Simone, was das ist. Die Sängerin richtet ihr Kleid, so, als habe sie gerade die dümmste Frage gehört, die sich denken lässt. «Was Freiheit ist?», fragt sie und blickt dem Reporter ins Gesicht. «Sagen Sie es mir.» «Nein, sagen Sie es mir.» Si- mone lacht, sie ist jetzt hellwach, schüttelt den Kopf. Dann antwortet sie: «Ich sage Ihnen, was Freiheit für mich ist: k e i n e A n g s t ! – Wenn ich das haben könnte, nur jede zweite Stunde meines Lebens, keine Angst.» Es ist ein altes Interview, fast 50-jährig, man kann es sich auf Youtube noch ansehen. Nina Simone selber ist längst tot. Die grosse Jazzsängerin und Bürgerrechtsaktivistin starb 2003 und erlebte nicht mehr, wie Michelle Obama vier Jahre später vor der Presse erklärte, warum sie ihrem Mann erlaubte, für die amerikanische Präsidentschaft zu kandidieren: «Der Grund ist», sagte sie, «dass ich es müde bin, Angst zu haben. Ich will nicht, dass meine Mädchen in einem Land und in einer Welt aufwachsen, die auf Angst gebaut sind.» Seine Frau, seine beiden Mädchen und Nina Simone: Sie haben Barack Obama durch die acht Jahre an der Spit- ze der US-Administration begleitet. Er war der Präsident mit dem Swag. Er hatte eine coole First Family, die nöti- gen Skills für den Basketballplatz und einen magistralen Musikgeschmack: Wann immer er Einblick gab in seinen iPod oder in seine Playlists auf Spotify, begegnete man dort handverlesenen Stücken von Aretha Franklin, , Marvin Gaye, oder John Coltrane. Mit dabei war jedes Mal auch ein Lied von Nina Simone und ebenso «Gimme Shelter», der wohl beste Song der Rolling Stones. Mit anderen Worten: Wenn Barack Obama seine liebste Musik hörte, begegnete er der Angst. «War, child- ren, we’re just a shot away.» Am 26. Februar 2012 wurde auf der Strasse von Sanford, Florida, ein 17-jähriger Teenager erschossen. Trayvon solange knowles Martin war schwarz und trug einen Kapuzenpullover, er lief in einen Laden, um Süssigkeiten und ein Dosengetränk all die Drogen und all der Sex doch machen, die man als zu kaufen. Der Mann von der Bürgerwehr, der ihm in die Drake, Kanye West oder The Weeknd nun mal so abkriegt. Brust schoss, ist weiss. Barack Obama war seit drei Jahren Wenn im Hip-Hop immer noch gangstahafte Comicfiguren im Amt. Er sagte: «Trayvon, das hätte ich sein können vor regierten, waren es im Rhythm & Blues emotional heraus- 35 Jahren.» geforderte Supermacker. Frank Ocean sang es später so: «Trayvon, that nigga look Am 17. Juli 2014 nahm eine Handykamera auf, wie ein just like me.» weisser Polizist in New York mit einem Würgegriff den schwarzen, unbewaffneten Eric Garner tötete. Der Polizist BESORG DIR EINEN SARG wurde freigesprochen. Am 9. August 2014 wurde Michael Brown, ein unbewaff- Am 22. Oktober 2013 wurde in Santa Rosa, Kalifornien, neter schwarzer Teenager, in Ferguson, Missouri, erschos- ein spanischstämmiger Teenager erschossen. Andy Lopez sen. Der Schütze, ein weisser Polizist, wurde freigespro- war 13 Jahre alt und trug eine Spielzeugwaffe bei sich. Der chen. Es kam zu tagelangen Protesten und Randalen gegen Polizist, der ihn tötete, gab an, er habe Todesangst gehabt. den angeblich rassistischen Polizei- und Justizapparat, und Im Winter, der folgte, gab es keine einzige amerikanische kein Gedanke lag jetzt ferner, als zu einem glücklichen Lied Party, an der man nicht zu «Happy» hüpfte, dem anste- durch die Stadt zu tollen. ckend fröhlichen Singalong von . Dazu Die Angst war nie weg gewesen von den Strassen. Jetzt gab es einen 24-stündigen Videoclip, in dem die Menschen war sie wieder sichtbar, auf Youtube und der Titelseite der von Los Angeles durch die Strassen der Stadt tanzten. Das «Washington Post». Sie verfolgte Barack Obama, der sie war originell. Denn da war mal ein R&B-Star, der nicht aus mit ernstem Gesicht zu moderieren hatte, genauso wie die seinem luxuriösen Reich heraussang, wie verletzlich einen Musiker, die sie nun vertonten. D’Angelo war der erste. bitte umblättern BEAT SCHLÄGT HARMONIE

14 Jahre lang hatte der Sänger geschwiegen, jetzt warf er noch im Herbst sein «Black Messiah» auf den Markt, ein modernes Meisterwerk der afroamerikanischen Musik. Ein langsamer, rässer Funk stieg aus diesen Songs auf und legte sich wie Mehltau über den Bericht aus der schwar- zen Community, die sich um eine weisse Kreidelinie in der Form eines toten Körpers versammelte: «All we wanted was a chance to talk», sang D’Angelo, «instead we only got outlined in chalk.» ANGST, WUT UND FRUST

Es war, als habe die Black Music nur auf dieses Signal ge- wartet. Immer mehr Musikerinnen und Musiker schrieben nun den Soundtrack zu Studien und Untersuchungsberich- ten, die laufend bestätigten, wie normal in den USA eine rassistische Polizeiarbeit, wie gross die Chancenungleich- heit, wie fragwürdig der kommerzielle Strafvollzug ist – Dinge, über die Barack Obama immer wieder redete, an denen er aber nicht viel ändern konnte. Doch immerhin war seine Lieblingsmusik in seinem letzten Amtsjahr so dominant, hochklassig und politisch wie nie mehr seit den späten Achtzigerjahren. Damals hatten die Ikonografie der radikalen Black Panther ins Musikfernse- hen geholt, und N. W. A rapportierten in anschaulichen Details einen Frontbericht aus den drogen- und gewalt- verseuchten Stadtvierteln von Los Angeles. Heute sind es Kendrick Lamar, Beyoncé und Solange Knowles, Alicia Keys, , A Tribe Called Quest und viele andere, die in Fernsehauftritten oder auf Platte ihre Angst, ihre Wut und ihren Frust formulieren. Was nichts daran änderte, wie regelmässig die Cops mit weisser Kreide die Umrisse schwarzer Körper auf die Stras- se zeichneten. Ezell Ford, Alton Sterling, Tamir Rice, An- frank ocean tonio Martin, Freddie Gray und Laquan McDonald wa- ren die nächsten Opfer der Polizeigewalt. In Baton Rouge, Frauen auf der 139-köpfigen Liste folgte auf Position 12, Louisiana, feuerte ein Afroamerikaner auf weisse Polizisten der erste von 10 Schwarzen auf Platz 31. All diese Männer und tötete drei. In Charleston, South Carolina, erschoss ein sind nicht dumm. Als Kendrick Lamar mit den fieberhaften, Rassist neun schwarze Kirchgänger. politisch anspielungsreichen Raps von «To Pimp A Butter- Auf ihrer neuen Platte zeichnen Run the Jewels eine Apo- fly» die Hitparaden stürmte, damals im Frühling 2015, da kalypse, in der die Seelen der Getöteten in einem schwar- realisierten sie: Politischer Protest schadet der Performance zen Himmel tanzen. Ihr Hip-Hop ist brillant, aggressiv und auf dem Markt nicht mehr. «We bleedin’ through this mik sarkastisch: «Get a job, get a house», heisst es, «get a cof- / They call it entertainment», rappen A Tribe Called Quest. fin.» Besorge dir schon mal einen Sarg. Dann war der neue Radical Chic überall. Beyoncé warb in A Tribe Called Quest brauchen auf ihrem grossartigen ihren Songs für Givenchy und Roc, trumpfte bei der Super- Comebackalbum eine einzige Zeile, um den frohen, frei bowl auf und bot dem Publikum die Wiederkunft militan- fliegenden Afrofuturismus auf dem Müllhaufen der Ge- ter, nun allerdings weiblicher Black-Power-Truppen. Alicia schichte zu entsorgen. «There ain’t no space program for Keys bereitete das Mainstreampublikum ungeschminkt niggas», rappen sie. Nein, es ist nicht die Zeit für Eskapis- und mit dem Logo ihres offen getragenen Afro auf die mus: «It’s war, and we’re fighting for inches and millime- Soulpredigt von «Here» vor, ihrem Ermächtigungssermon ters / Cause killin’ is still in season / Yeah.» in elf Songs. In der Avantgarde war es Saul Williams, der In der Woche nach dem 8. November 2016, der Wahl des auf «Martyr Loser King» in poetischen, aber desillusionier- neuen US-Präsidenten, standen A Tribe Called Quest an ten Raps darauf hinwies, dass sich seit dem Bürgerrechts- der Spitze der US-Albumhitparade. kampf von Martin Luther King so einiges geändert hatte, aber nicht das Wesentliche. Und die erstaunliche Moor FASS MICH NICHT AN! Mother, eine Musikerin, Aktivistin und Basketballtraine- rin aus Philadelphia, verschliff auf ihrem Debütalbum alte «Helfen Sie mit, die amerikanische Jugend zu retten. Kau- Gesänge vom Baumwollfeld, zerstäubten Free Jazz, poeti- fen Sie keine Negerplatten.» Auf solchen Flyern hatte sich sche Rezitative und maschinelles Stampfen zum «Creation in den Fünfzigerjahren das White Citizens Council an die Myth», also zu einem Schöpfungsmythos des schwarzen Bevölkerung gewandt. Doch die Reaktionäre hatten, auf Amerika, zum «Sklavenschiff-Punk», wie sie ihren Mu- Dauer, keine Chance gegen den Markt. Es sind die Rhyth- sikspuk nennt. men der schwarzen Musik, die so gut wie jede Regung auf Die 28-jährige, schwarze Sandra Bland erhängte sich am den Tanzböden bestimmen. Auch weisse Teenstars wie Jus- 13. Juli 2015 in Waller County, Texas, in ihrer Zelle, nach- tin Bieber, Miley Cyrus oder Justin Timberlake produzieren dem ein weisser Polizist sie wegen einer Verkehrsbagatelle ihren Popkonfekt unter dem Primat des Beats über die Har- festgenommen hatte. Bei Moor Mother kehrt sie «zurück monie. Hinter ihnen aber, da stehen alte, weisse Männer. von den Toten / Mit einem Hackebeil». Als das US-Branchenblatt im letzten Februar eine Liste der Das überzeugendste von allen Statements war aber das von mächtigsten Personen im Musikgeschäft veröffentlichte, Solange. Viele kennen die kleine Schwester der grossen Bey- standen auf den zehn ersten Plätzen ausschliesslich weis- oncé für die unsterbliche Szene, in der sie deren Ehemann se Männer. Durchschnittsalter: 58 Jahre. Die erste von 14 Jay-Z ohrfeigte. Die Musik der 30-Jährigen ist aber nicht ten Prahlereien: «Bitch, I got a new house / You wanna get in / You need a passcode / Nigga.» Dazu posiert der Rapper auf dem Cover aber in einem rüschenschweren Kleid von Alessandro Trincone, in dem er aussieht wie eine Southern Belle aus der Sklavenzeit. Es ist eine von zahlreichen ikonischen Plattenhüllen, die 2016 schon auf den ersten Blick von einer neuen schwarzen Identitätspolitik erzählten. Frank Ocean zeigte sich mit grü- nen Haaren und sang in einem seiner neuen Songs, es gebe ihn «in zwei Versionen». Seine irisierende Persönlichkeit und fluide Sexualität haben dem Sänger bereits Vergleiche mit David Bowie eingebracht. «Wir müssen in die Haut des anderen schlüpfen», sagte Ba- rack Obama, als er sich vor ein paar Tagen als Präsident verabschiedete. Nur, so weit reicht keine Identitätspolitik, dass sie eine Hautfarbe ändert. David Bowie wusste immer, wie weiss er war, und Michael Jackson, der tatsächlich hin- ter immer weissere Häute schlüpfte, starb tragisch. So bleiben Kleider und Images, um das Bild zu unterlaufen vom schwarzen Mann, dem der weisse Mann auf der Stras- se lieber nicht begegnen möchte. Danny Brown, der 2016 vielleicht das beste Rap-Album herausgab, karikiert ihn mit wild zerschnittenen Dreadlocks und mit einer Stimme, die klingt, als habe sie sich der Gangsta in der Autotür einge- klemmt. Bei ihm ist zu sehen und zu hören, wie grotesk die d'angelo uralten Bilder und Ressentiments sind, die heute noch in Bruchteilen von Sekunden zum Tod eines jungen, schwar- aggressiv, nicht drohend. Solange formuliert ihre Songs aus zen Mannes im Kapuzenpulli eskalieren können. Just a shot einem selbstgewissen, fast andächtigen Stolz heraus. Sie away. erhitzt sich nicht an der Tagesaktualität, sondern erzählt «Don’t be afraid», sagte Michelle Obama beim Abschied in klugen, hochmelodischen R&B-Songs von Segregation ihres Mannes. Habt keine Angst. und afroamerikanischem Unternehmertum, von Musik «Don’t be afraid», das sagte Donald J. Trump, als er sich am und schwarzer Mode, die von weissen Geschmackspolizis- Tag nach seiner Wahl an das amerikanische Volk wandte. ten für cool oder uncool erklärt wird. «Don’t touch my «Keine Angst», sagt Nina Simone im Replay auf Youtube. hair / When it’s the feelings I wear», singt sie: «Don’t touch «Wenn ich das haben könnte.» my soul / When it’s the rhythm I know.» Christoph Fellmann Wie fein, fast beiläufig, aber doch präzis Solange ihren politischen Gesang aus dem Alltag heraus entwickelt, das zeigt sich ebenso in den gesprochenen Zwischenstücken des . Hier reden auch die Eltern von Solange und Beyoncé Knowles, die Eltern sind seit fünf Jahren geschie- den. Es sind alle da. Es gibt hier keine dysfunktionale Fa- milie, keinen abwesenden Vater, keinen Papa als Rolling Stone, wie es in einem alten Lied der Temptations heisst. Der Vater erzählt, wie das Väter tun, aus alten Tagen: «Je- den Tag drohte uns der Tod.» «Wofür du als schwarzer Mann auf der Strasse gehalten wirst, kann entscheiden, ob du lebst oder stirbst.» Das schrieb der ghanaisch-britische Autor Ekow Eshun vor ein paar Monaten im «Guardian». Trayvon Martin sei erschossen worden, weil er «in seinem Hoodie verdächtig aussah». Auch Michael Brown, der Teenager von Fergu- son, starb, weil sich der weisse Polizeioffizier fühlte «wie ein Fünfjähriger neben Hulk Hogan», wie er später angab. Die beiden waren exakt gleich gross, auch wenn das Opfer rund 40 Kilo mehr wog. «Ein schwarzer Mann gegenüber einem weissen Mann», schrieb Eshun weiter, «ist ein Ob- jekt von Faszination und von Vorurteilen.» Eshun plädier- te in seinem Essay darum für einen «schwarzen Dandyis- mus», also für den bewussten Bruch der Erwartungen, wie ein schwarzer Mann sich zu geben und wie er sich anzu- ziehen habe. HABT KEINE ANGST

Nein, die neue Strahlkraft der Black Music verdankt sich nicht nur ihren politischen Punchlines. Immer mehr Künst- ler umgehen das Rollenklischee des politisch toughen, aber auch breithosigen und homophoben Gangstas, Hustlers oder Thugs, wie es Stars wie 2Pac oder 50 Cent geprägt haben. So zeigt Cakes da Killa mit seinen sexuell expliziten Gangsta-Lyrics, dass der krasse Typ von der Strasse auch eine schwule Bitch sein kann. Auch Young Thug spuckt auf seinem Album «Jeffery» die üblichen, rassisch unterfutter- barack obama DIE MUSIKZEITUNG, DIE ROCKT. 10 Ausgaben für 33 Franken. LOOPZEITUNG.CH

THE SHINS SBTRKT (DJ Set) FRANK TURNER THE SLOW SHOW YOUNG FATHERS ROOSEVELT ODDISEE & GOOD COMPNY PANTHA DU PRINCE JAN BLOMQVIST & BAND ALMA FAI BABA BAZE LOYLE CARNER JAMES HERSEY SAILOR & I JEANS FOR JESUS NEMO KLANGSTOF DAMIAN LYNN PARCELS MARIO BATKOVIC BABA SHRIMPS KLYNE ODD BEHOLDER CAKES DA KILLA AND MANY MORE… MAKE AMERICA SING AGAIN Noch steckt die US-Musikszene in Schockstarre. Doch langsam erwacht sie, und die Lieder, die bald angestimmt werden, dürften Donald Trump nicht gefallen.

Ein Winterabend in Downsville im Norden des Bundesstaa- tes New York. Vor der Skihütte streckt sich der Himmel von blutrot zu tiefblau, der Dreiklang auf der Terrasse bimmelt fein im leichten Wind, sonst ist kein Geräusch zu hören. Für ein paar Tage nur entfliehen aus dem politischen Getöse und dem populistischen Bombast, mit dem Donald Trump seit seiner Amtseinsetzung auftrumpft. Auf den Brettern davon- sausen in die Natur, vielleicht auch wieder einmal eine un- beschwerte Melodie im Ohr. Denn um Singen und Musizieren war es den Amerikanern in letzter Zeit nicht. Als «shocked into silence» – etwa stumm vor Schock – bezeichnet Val Opielski, Bassistin der New Yorker Band Bush Tetras, den Zustand, in den die Wahl von Donald Trump die US-Musikszene versetzte. Sie verkroch sich zuhause, konnte kaum das Bett, geschweige denn das Haus verlassen und fühlte sich auf schaurige Art an «Too Many Creeps» erinnert, den Hit der Bush Tetras aus den Achtzigerjahren: «I just don’t wanna go out in the streets no more, because these people they give me the creeps.» Schaff- te sie es doch in die Stadt, waren die ersten Anzeichen der Verrohung und der Respektlosigkeit, die Trumps Regime bringt, bereits in der U-Bahn zu spüren: Eine Gruppe männ- licher Halbwüchsiger diskutierte lautstark, in welcher Rei- henfolge sie die im Bahnwagen sitzenden Frauen vergewalti- gen würden. Keiner der Männer im selben Wagen wagte es, woody guthrie die Jugendlichen zurechtzuweisen. Der Präsident selbst sagt ja auch, man dürfe den Frauen zwischen die Beine fassen. drittklassige Alternativ-Rockband. Die Inauguration wurde allem Trump’schen Prunk zum Trotz zum bieder-kitschigen «THE DAY THE MUSIC DIED» Umzug in blassem Rot-weiss-blau.

Wie Val ging es vielen Musikerinnen und Musikern. Sie WIR BRAUCHEN EINE HITWOMAN brüteten über dem Computer und ihren Instrumenten. Die Ungläubigkeit wollte nicht weichen, dass Donald Trump Doch langsam scheinen die Musiker aus ihrem depressiven tatsächlich die USA regiert, mit ihrer Vielfalt der Kulturen, Winterschock zu erwachen. Zu lange steht «Make Ame- ihrem reichen Liedschatz, der vom Blues und Folk bis zum rica Great Again» schon an der Spitze. Höchste Zeit, die Punk immer auch vom Kampf gegen Armut, Rassismus, Leier abzulösen, wir brauchen einen Hitman. Oder besser: Dummheit und für die Gerechtigkeit berichtet. Legendär ist eine Hitwoman. Lady Gaga etwa, die mit ihrer imposanten das Bild aus dem Zweiten Weltkrieg von Woody Guthrie Flugshow in der Halbzeit der diesjährigen Superbowl auch mit seiner Gitarre, auf der gepinselt steht, diese Maschi- ohne Worte den Protest gegen Trump zum Ausdruck brach- ne töte Faschisten. Bis heute tief berührend bleibt Johnny te. Oder Beyoncé, seit den Grammys unsere neue heilige Cashs «Ballad of Ira Hayes», die die wahre Geschichte ei- Mutter, an der sich auch laut der «New York Times» eine nes Indianers erzählt, der als Soldat für die USA heldenhaft moderne Amerikanerin orientieren kann. Mit ihnen oder kämpft, zurück in den USA aber ohne Respekt behandelt Alicia Keys, Madonna und Kate Perry haben Millionen von und von seinem Stamm geächtet wird. Auch schon fast mit Frauen und Männern am Women’s March on Washington Wehmut denkt man an «American Idiot» zurück, Green am Tag nach Trumps Amtseinsetzung ihren langen Weg ge- Days furiosen Abgesang auf George W. Bush. gen eine Regierung unter die Füsse genommen, die vorgibt, Die Zeiten haben sich geändert, nun regiert einer, der sich für amerikanische Ideen einzusetzen, während sie Ame- mit Faschismus keine Probleme zu haben scheint, der rikas Werte zerstört. die Dummheit lobt, eine primitive Sprache pflegt und Und wenn die Musikerinnen und Maler, die Tänzer und Fil- von einem Amerika träumt, das es so nur in kitschigen memacherinnen, die Dichterinnen und Autoren genug lan- Country&Western-Songs gab und gibt. «The Day the Mu- ge in der Skihütte ins Feuer gestarrt haben, greifen sie zum sic Died» könnte man jenen grauverhängten 20. Januar Instrument, zu Stift und Papier, zum Pinsel und zur Kamera nennen, an dem Donald das Zepter überreicht wurde. Das und werden ihren Unmut und den Zorn in Wort, Bild und liess sich bereits am dürftigen Aufgebot ablesen, das Trump Musik festhalten. Amerika wird wieder singen. Das war zu seiner Einsetzung aufbieten konnte: Ein junges Engels- schon immer so. Nimm Dich in Acht, Donald Trump, die stimmchen, das die internationale Medienaufmerksamkeit Lieder werden Dir nicht gefallen. nutzen wollte, ein nationalistischer Countrystar und eine Roman Elsener, New York DIE NEUEN PLATTEN Kulinarisch ist das neue Album der Sleaford Mods nicht sonderlich überzeugend: «English Tapas». Beatgeber An- drew Fearn sah das kürzlich auf der Menütafel eines eng- lischen Pubs: Ein halbes mit Wurstbrät umhülltes Scotch Egg, ein Becher Fritten, ein paar saure Gurken und eine Mini-Schweinefleischpastete. Die gutbürgerliche englische Küche – als Tapas neu interpretiert. Jason Williamson, Baze Various Artists Tinariwen Wortgeber des Duos aus Nottingham, erklärt in einem Bruchstück Inna de Yard: Elwan Video: «Das sagt alles über diesen Scheissort. Es ist eine (SoundService) The Soul of Jamaica (Pias/MV) Komödie, eine Notlösung, es ist ignorant, es ist Englisch (Chapter Two Records) und vor allem, es ist scheisse.» Die Sleaford Mods zetern Baze bleibt immer der kau- Vor ungefähr 15 Jahren auch auf ihrem inzwischen neunten Album gegen Expats, zige Hauptstädter, der sich Lauschig muss es in die- tauchte die Band Tinariwen Internettrolle, neoliberale Politik und die Beschissenheit keinen Zentimeter verbie- ser Villa sein, die auf ei- erstmals im westlichen Eu- der eigenen Lebensumstände. Dafür liefert Williamson in gen lässt und sich in seinen nem bewaldeten Hügel am ropa auf und eröffnete dem «B.H.S.» ein eindrückliches Bild. Er vergleicht den kollek- Texten einer unverkopften Rand von Kingston steht, Desert-Rock der Tuareg tiven Niedergang mit der Insolvenz der britischen Kauf- Poesie bedient. Zuletzt hat- entrückt vom Lärm, vom neue Hörerkreise. Wer den hauskette British Home Stores. Deren Pleite 2016 ging eine te Anliker die Chuzpe, den Schmutz und von der Hek- schematischen Bluesrock systematische Plünderung durch die Besitzer voraus. Wäh- jamaikanischen Reggae- tik der jamaikanischen Ka- amerikanischer Prägung rend die einen sich bereicherten, standen die anderen ohne gott Peter Tosh und Mani pitale. In diesem Haus steht mit seinen oft leeren Posen Rente da. Williamson rappt dazu: «We’re going down like Matter («I han es Zünd- Kiddus Is Studio, und in nicht mehr hören mochte, BHS / While the abled bodied vultures monitor and pick hölzli azündt») zu covern: diesem Studio verbrachten den Blues als ursprüngli- at us.» Die ArbeiterInnenklasse – von gesetzlosen Kapita- Besonders das Stück «I vor ein paar Monaten gros- chen, lebendigen Sound listen um ihre Rente geprellt, in ihre Einzelteile zerlegt und Bi», eine Abwandlung von se Reggae- und Rockstea- jedoch liebte, wurde bei Ti- an die Höchstbietenden verhökert. Ein starkes Bild für die Toshs «I Am That I Am», dy-Legenden und vielver- nariwen fündig. Die Band kaputtprivatisierte englische Lebenswirklichkeit. beeindruckte. Die Umset- sprechende Newcomer vier ist in ihrer Heimat Mali, wo Unterlegt sind die Songs der Mods meist mit reduziertem zung überzeugt mit frei- Tage und gaben Evergreens die politische Lage derzeit Schepperbeat und oft nur einer einzigen Bassline. Auf Al- schwebendem, uferlosem aus den Sechzigern und noch schlimmer und un- bumlänge kann das auch auf «English Tapas» etwas er- Groove. Textlich ist es ein Siebzigern in frischen akus- übersichtlicher geworden müden. «I Feel So Wrong» ist dabei die Ausnahme, die die Selbstbekennungstanz. Ein tischen Arrangements zum ist als eh schon, legendär. Regel bestätigt: Williamson macht so etwas wie Singen und Mantra dafür, sich nicht Besten. Ken Boothe war Tinariwen sind aber auch zeigt im eingängigen Refrain gar Pathos. Dazu das repeti- zu verknechten, sich vor dabei, The Viceroys, Ced- Referenzpunkt sowie Ein- tive, scheinbar künstliche Gitarrenriff als Beat. Der Song keinen Karren spannen zu ric Myton von den Congos, flussgeber für jüngere Acts wirkt wie der erste Wink einer grösseren musikalischen lassen. Auch nicht vor den Lloyd Parks und andere; sie wie zum Beispiel Tamik- Entwicklung der Sleaford Mods. Man wünscht ihnen die- von Hip-Hop oder Mund- swingten sich, begleitet von rest. Nachdem die Band se. Denn mit der einmütig bejubelten sozialen Relevanz artrap. Er war schon im- Piano, Gitarre, Kontrabass in den vergangenen drei droht den Mods die Gefahr, irgendwann mundtot gejubelt mer einer, der beschreiben und Perkussion, in Stim- Jahren ununterbrochen live zu werden. konnte. Der Miniaturen mung und legen auf «Inna unterwegs war, gehen die aufbaut – das Pinkeln im de Yard: The Soul of Jamai- Aufnahmen für ihr ach- Timo Posselt Schnee fasst er genauso wie ca» 13 überaus entspannte tes Album «Elwan» («Die lange Autofahrten durch und inspirierte Reggaesongs Elefanten») auf diverse Sleaford Mods: «English Tapas» (Rough Trade/Musikvertrieb) Osteuropa oder die Enge vor. Die aggressive Hektik Sessions in den legendären seiner Heimatstadt in weni- des modernen Reggae ist so Studios im kalifornischen gen Textzeilen zusammen. fern wie Kingstons Abgase; Joshua-Tree-Nationalpark Dazwischen immer wieder die akustische Produkti- zurück. Herausgekommen schöne Sätze, schöne Zei- on verleiht den Songs eine ist wieder ein spannendes len. Darüber, dass man die warme und angejahrt klin- Album voller Songs zwi- schönsten Orte dort findet, gende Patina – als hätte sich schen Desert-Rock und wo man falsch abbiegt. der jamaikanische Buena arabischem Blues. Welche Oder dass man beim Gras- Vista Social Club zusam- Wertschätzung Tinariwen kaufen wie ein feuchter mengefunden. Vermutlich im internationalen Rock- Lappen über den Tisch ge- wird diesen jamaikanischen zirkus erleben, zeigt auch zogen wird. Alltagspoesie, Rentnern kein so gewaltiger die Liste der Gäste. Wa- Gebrauchspoesie. Erfolg beschieden sein wie ren beim Album «Tassili» Der letzte Song heisst den kubanischen Greisen, (2011) die Bands Wilco «Blöder geits nümm», eine aber «Inna de Yard: The und TV On The Radio in- windige, flüchtige Ballade. Soul of Jamaica» ist ein be- volviert, stehen dieses Mal Auch sie bruchstückhaft, seelter Einstieg in die wär- Mark Lanegan oder Kurt vergänglich – wie jeder meren Jahreszeiten. Vile auf der Liste. schöne Moment: «S’Läbe isch so nä beschisse schöni cg. tb. Aaglägeheid.» True. Live: 2.3., Moods, Zürich; räd. 3.3., Les Docks, Lausanne DIE NEUEN PLATTEN

Zeal & Ardor Shadow Band Hurray for the Thorbjørn Allison Devil Is Fine Wilderness of Love Riff Raff Risager & The Crutchfield (MVKA/Radicalis) (Mexican Summer/Irascible) The Navigator Black Tornado Tourist in this Town (ATO/MV) Change My Game (Merge) Wir haben ja schon viel ge- Wer seinem Projekt den (Ruf Records/MV) hört, die Vermischung von Namen Shadow Band gibt, Hinter dem holprigen Band- Angefangen hat Allison Sklavengesang und Black dem steht der Sinn nicht namen versteckt sich die sin- 2014 schaffte eine achtköp- Crutchfield in Alabama bei Metal noch nicht. Das geht nach Fröhlichkeiten. Und gende Songschreiberin Alyn- fige Band aus Kopenhagen den Teenpunkern The Ack- nicht nur uns so, und dar- tatsächlich bietet die For- da Segarra. Sie wuchs in der den internationalen Durch- leys, zusammen mit Zwil- um wurde der Black Black mation um Mike Bruno, New Yorker Bronx auf, ihre bruch. Mit «Too Many lingsschwester Katie, die Metal des Baslers Manuel einst Frontmann der Black Familienwurzeln liegen in Roads» veröffentlichten heute als Waxahatchee solo Gagneux zum internati- Magic Family Band, me- Puerto Rico. Mit siebzehn Thorbjørn Risager & The aktiv ist. Dann folgte 2007 onalen Hype. Seit «Devil lancholisch angehauchte Jahren zog sie als Hardcore- Black Tornado genau das das zweite Schwesternpro- Is Fine» vor knapp einem Musik, die aus dem dunk- Punk los, um die USA mit- Album, das sie seit 2003 jekt P.S. Eliot. Anschlies- Jahr erstmals im Netz auf- len Nebel der Vergangen- tels Eisenbahn-Hopping zu angepeilt hatten. Jetzt setzen send zog Allison nach Phi- tauchte, schlagen Blogs heit hochzusteigen scheint. durchqueren. Den Lebens- die Dänen noch einen drauf: ladelphia und gründete die und Feuilletons Purzelbäu- Das Debüt «Wilderness of unterhalt verdiente sie als «Change My Game» ist Band Swearin’. Nun, mit me. Die bald anstehende Love» spürt mit Vorliebe Strassenmusikantin, ehe nicht bloss ein Titel, sondern 27, das erste Soloalbum. Tour wird gleich mal an sanfter Sixties-Psychedelia sie in New Orleans lande- zugleich die Mentalität, wel- Die Arbeit an «Tourist in Bescheidwisser-Festivals nach und bietet nebst fuz- te. «Small Town Heroes», che diese Big Band des R&B this Town» ist auch die Ver- wie das Roadburn führen. zigen Gitarren sogar – bitte das Album, mit dem sie antreibt. Seit Beginn ihrer arbeitung der Auflösung Das Album hinter dem nicht erschrecken! – Pan- sich vor drei Jahren auch Karriere versuchen Thor- von Swearin’ und der Tren- Phänomen erscheint nun flöte und Tamburin. Die in unser Bewusstsein sang, bjørn und seine Truppe, es nung von Bandkollege und erneut, diesmal mit Ge- elf Songs setzen sich aus war bereits ihr achtes. Und den Medien nicht zu leicht Boyfriend Kyle Gilbride. töse. Es umfasst bei einer wechselnden Farben und auf diesem, ihrem neunten, zu machen. Sie scheren sich «When the light we once Spielzeit von 25 Minuten Folk zusammen, bedienen präsentiert sie plötzlich ein nicht um Zuordnung oder saw in each other flickers neun kurze Stücke. Der Ti- sich bei Bedarf auch beim ganz anderes Gesicht: statt Genres, sondern entwickeln and fades, when the two of telsong hat das Zeug zum ausgemergelten Blues und Bluegrass-Gefiedel und sich immer weiter. Auf ih- us become one in comple- Klassiker, ansonsten aber wirken wie der Soundtrack punkig angehauchten Folk- rem elften Album präsen- tely different ways», singt hören wir einem Musiker zu einer Druiden-Party. Klängen hören wir nun eine tieren sie sich als starkes Crutchfield im Acapella- zu, der seinen Sound sucht, Dennoch taugt die Musik feiste, urbane und rockige Ensemble mit solidem Ma- Auftakt von «Broad Day- Spirituals und Blues mit zu weit mehr als zu Räu- Band mit Piano, Gitarren terial, dynamischen Arran- light». «I’m still tragically Folk und elektronischen cherstäbchen-Eskapaden: und Drums. Ihre langjährige gements und einem Front- sentimental», gesteht sie in Spielereien mischt und da- Tracks wie «Green River- Mitstreiterin, die Multiinst- mann, dessen cooler Gesang «Chopsticks on Pots and zwischen metallisch wütet. side» oder «Darksiders’ rumentalistin Yosi Perlstein, kaum Wünsche offen lässt. Pans». Sie bewegt sich aber Das hat seinen Reiz, doch Blues» halten das Tempo hat einer vierköpfigen Band Auf «Change My Game» auch musikalisch weg von schadet es nicht, wenn man langsam, summen verwa- Platz gemacht. Geblieben ist hat die Band erstmals selber ihrer Bandvergangenheit. die Platte als Entwurf hört schen und sind derart viel- nebst der sonoren Latina- produziert und gemixt. Und Die analogen Synthesizer und nicht in Erwartung schichtig, dass sich selbst Stimme auch die militante überzeugt. Rock-beeinfluss- funkeln, die Gitarre blüht eines Meisterwerks. Eine nach dem zehnten Hör- Motivation. «The Naviga- te Songs wie «Dreamland» auf, und die Drums sind Band hat Gagneux erst, durchgang noch Neues und tor» erzählt die Geschichte kommen hart und heftig manchmal fast schon eu- seit der Hype nach Gigs Wundersames entdecken eines fiktiven Mädchens rüber. Balladen wie «I Used phorisch. Die Songs leuch- schreit. Derzeit machen lässt. «Wilderness of Love» namens Navita Milagros to Love You» strotzen vor ten, was die oft dunklen sich die Musiker die Songs fasziniert überdies, weil es Negron, das an den «cross- verzehrender emotionaler Texte kontrastiert. In ihrem zu eigen; eine erste, vielver- Sänger Mike Bruno gelingt, roads of identity and ancest- Kraft. Das Titelstück swingt Aufbruch zu neuen Ufern sprechende Kostprobe gab zugleich gelangweilt und ral weight» steht. Produziert unwiderstehlich. Wem die hat Allison Crutchfield den es anlässlich einer Live-im- engagiert zu klingen. Viel- hat Paul Butler, aufgenom- Bluesaffinität von Black Pop entdeckt, und das steht Studio-Session für Couleur leicht nicht ganz überra- men wurde in den New Tornado lieber ist, wird mit ihr gut an. 3. Die Premiere vor Pub- schend also, dass die Platte Yorker Electric Lady Studi- «Train» bestens bedient. likum folgt Mitte April in zu grossen Teilen von der os, als Gäste treten ein Trio Der startet mit einer ein- anz. Basel. Wir sind gespannt Anziehungskraft der Ge- von Bomba-Trommlern und samen Stimme und einer und drücken die Daumen. gensätze zehrt – und lebt. ein Doo-Wop-Chor auf. Die akustischen Gitarre, ehe Message ist stark wie die die Band einfeuert und den ash. mig. Songs, Balsam für verwir- Song mit Bläsersätzen zum rende Zeiten. Höhepunkt bringt.

hpk. tl. DIE NEUEN PLATTEN

Frànçois & Les Amazones Duke Garwood Yasmine Lowly The Atlas D’Afrique Garden of Ashes Hamdan Heba Mountains République Amazone (Heavenly/MV) Al Jamilat (Bella Union/MV) Solide mirage (Real World Records) (Crammed Discs/Irascible) (Domino/Irascible) Duke Garwood hat Jahr- «Daydreamers» hiess eine Hinter den «afrikanischen gang 1969 und wuchs in ei- Aufgrund kriegerischer Aus- frühe Single von Lowly. Was war zuerst: der Verhö- Amazonen» verbirgt sich nem Dorf in der grünen eng- einandersetzungen wuchs Auch das Debütalbum rer oder der Verleser? Denn ein Kollektiv von Musike- lischen Grafschaft Kent auf, Yasmine Hamdan während «Heba» der fünfköpfigen wenn einem nicht zum Bei- rinnen aus Westafrika, das zusammen mit einer elterli- den ersten 15 Lebensjahren Band aus Aarhus ist ein spiel ein Journalist in sei- sich mit dieser Compilation chen Plattensammlung, die meist nicht in ihrer Heimat ausgedehnter Tagtraum. ner Albumbesprechung die für Freiheit und Gleich- von Frank Zappa über Davy Libanon, sondern in Grie- Mit dem Opener «Still Tatsachen darlegt, könnte berechtigung sowie gegen Graham und Soft Machine chenland, Kuwait oder Abu Life» wird der Ton gesetzt: man meinen, dass hier eine Frauengewalt einsetzt. In bis Big Bill Broonzy reichte. Dhabi heran. Nicht überra- Synthesizer öffnen elegant Françoise mit verhangener den zwölf Songs hören Danach verbrachte er zwei schend also, dass sie über die Türe, während die Stim- Görenstimme recht betö- wir sowohl etablierte Stars Dekaden damit, sich Inst- ein eklektisches Musikver- men der Sängerinnen Nan- rend französelt. Es handelt der afrikanischen Musik- rumente wie Alt-Klarinette ständnis verfügt. Auch auf na Schannong und Soffie sich aber um einen Fràn- szene wie Angélique Kidjo und Chalumeau beizubrin- ihrem zweiten Longplayer Viemose hereinschweben, çois, was den heterosexu- und Mariam Doumbia, als gen, weil ihn die Möglich- «Al Jamilat» kontrastiert sich verweben und wieder ellen Hörer ein bisschen auch Newcomerinnen wie keiten der Gitarre langweil- die studierte Psychologin wegdriften. Lowly wandeln ernüchtert, die Musik frei- Rokia Koné aus Mali oder ten. Mit diesen fand er sich arabisch angehauchten Pop zwischen Dreampop und lich nicht beschädigt. Also die in Hamburg leben- nach zahllosen gescheiter- mit einem Mix aus Folk Shoegaze, aber stets mit ei- noch mal von vorne: Fràn- de Deutsch-Nigerianerin ten – aber offenbar tollen und Elektronik, der seine ner eigenen Note und sub- çois Marry ist ein Franzose, Nneka. Beide Sängerinnen – Bands plötzlich im Archie westliche Prägung weder tilen, aber überraschenden der mal in Bristol, mal in sind auch beim Schlüssel- Bronson Outfit wieder, und verbergen will noch kann. Wendungen in den Songs. Brüssel lebt. Als Tourmu- song des Albums, «I Play bald folgten erste Solo-Al- Inspiriert zu den elf Liedern Manchmal geht es drei siker war er auch schon the Kora», mit dabei, auf ben, nun doch wieder mit hätten sie ihre Taxifahrten Minuten, bis der Chorus mit Camera Obscura un- dem sich gleich sechs Sän- Gitarre. «Garden of Ashes» durch Beirut, liess Ham- einsetzt und dann umso terwegs. Auf dem vierten gerinnen das Mikro in die ist bereits sein siebtes. Es dan gegenüber CNN wis- mehr wirkt. Die Drums Album unter eigenem Na- Hand geben. Unter an- sei sein «Wonne-Album», sen: «Weil die Chauffeure und Percussions könnten men und mit Bandmitglie- derem auch Inna Modja, meint der Künstler: «Schöne alle möglichen Menschen in ihrer unaufdringlichen dern, die von beiden Seiten die in ihrer französischen Apokalypsen-Musik», sagt transportieren, verfügen sie Verspieltheit eine Neuer- des Ärmelkanals stammen, Heimat bereits bekannt ist. er. Nun, auch die Wonne über ein gutes Gefühl für findung von Trip-Hop sein, verbindet er Indie-Pop mit Kennt man Mamani Keita des Duke passt noch bestens die Stadt und deren Schwin- bei «Pommerate» fehlen sie den perlenden Gitarren aus Salif Keitas Band, ist zur Mitternachtstimmung gungen.» Das Album be- gar ganz. Es gibt Space-Gi- und tänzelnden Rhythmen Mouneissa Tandina in der einer rauchigen Melan- schert einen Sound, der tarren, Elektronik, Wiegen- des Afro-Pop, was manch- afrikanischen Musik eine cholie-Höhle. Garwoods einer abwechslungsreichen lieder und Cinemascope- mal an die Talking Heads Legende: Tandina, bereits Gesangstil gleicht frappant Fahrt durch die Inspirati- Flächen. Alles ist bei Lowly denken lässt. Höhepunkte seit den Siebzigerjahren dem von Mark Lanegan – onsfelder der 40-Jährigen im Fluss und verschwindet bilden aber Ausreisser wie aktiv, ist nämlich eine der es verwundert nicht, dass gleichkommt. Hamdan irgendwann wie ein zarter «Tendre est l’âme», das wenigen Trommlerinnen die beiden schon mehrfach beruft sich dabei auf einen Wolkenschleier am Hori- traurig um die Tanzflä- Malis. Entstanden ist ein zusammengespannt haben. Strauss unterschiedlicher zont. Das ist cleverer Pop, che trippelt; das vorwärts interessantes Album zwi- Nichts an diesem Album ist Künstlerinnen. Zu diesen eingängig, emotional dicht stürmende «Bête morce- schen Afro-Pop, Soul, Hip- laut: eine leise nachhallende zählt die syrisch-drusische und sehr skandinavisch. lée» und das sentimentale Hop, Jazz, Electronic und Basssaite, ein stimmlicher Sängerin Asmahan, aber «Perpétuel été». Mit «So- Afro-Beat. «République Schlenker tief in den Keller, zweifelsohne auch Chan- anz. lide mirage» präsentieren Amazone» macht auch ein sonorer Pedaleneffekt, son-Ikone Françoise Har- sich Frànçois & The Atlas Lust, die anderen Platten dazu feinstens gesponnene dy. Weil Yasmine Hamdan Mountains als eigenstän- der beteiligten Musikerin- Drums- und Bass-Unterla- stolze Besitzerin einer sinn- dige Band, der zugängliche nen auszuchecken. gen – und im feinen Kont- lichen Stimme ist und ein und vielschichtige Stücke rast die Begleitstimmen von ausgesprochen geschmack- gelingen, die man gerne tb. Jehnny von den Savages sicheres Melodie-Händchen mehrfach hört. sowie den Smoke Fairies. beweist, fügt sich «Al Jami- Subtil wie J. J. Cale in Zeit- lat» zu einem Musikpuzzle ash. lupe. Was als Kompliment zusammen, das erst ver- gedacht ist. fängt und dann bezirzt.

hpk. mig. DIE NEUEN PLATTEN Dirty Projectors Vor fünf Jahren, da waren die Dinge noch harmonisch: Da- vid Longstreth und Amber Coffman sangen auf dem Album «Swing Lo Magellan» ihre bislang schönsten gemeinsamen Lieder und besangen ihre Liebe. Jetzt ist alles anders: Glo- cken, die auch eine Hochzeit einläuten könnten, sind gleich zu Beginn des neuen Dirty-Projectors-Albums zu hören, dann La Cafeteria Jesca Hoop Ty Segall werden sie gehackt, und eine gemorphte und bedauernswerte Roja Memories Are Now Ty Segall Stimme teilt mit: «I don’t know why you abandoned me / One Shot (Sub Pop/Irascible) (Drag City) You were my soul and my partner.» Der Sänger ist verlassen (Flowfish Records) und trauert in seinem Loch, denn die Dirty Projectors im Jahr Im vergangenen Jahr Schon wieder: Ein neues 2017: Das ist zunächst ein Elend, das bitter austeilt an die Die sechs MusikerInnen spannte Jesca Hoop mit Album vom US-Garage- Verflossene und die Trennung derart zu verarbeiten versucht. von La Cafeteria Roja Iron-and-Wine-Sänger Rocker Ty Segall. Eine Und Longstreth ist wieder ganz allein mit seinem Alias, so stammen aus drei Ländern Sam Beam zusammen – für solch hohe Produktivität ist wie es einst war, als er Kassetten mit wunderlicher Musik (Frankreich, Spanien und «Love Letter for Fire», ein einerseits bewundernswert vollspielte, ehe er später sein Vehikel zur grossartigen Band Österreich) und singen in Werk, das robusten Indie- und offenherzig, anderer- ausbaute und den Popsong in ein Zukunftslabor steckte. fünf Sprachen. Beispiels- Folk bot und sich nicht seits birgt sie die Gefahr, Nach der Trennung von Coffman und einer Depression, weise die Französin Aurélia zuletzt am Duettgesang dass das einzelne Werk die ihm das Schreiben verunmöglichte, legte Longstreth die Campione, während MC zweier höchst unterschied- nicht mehr wahrgenom- Dirty Projectors zunächst auf Eis, arbeitete als Produzent Anton Dirnberger nicht licher Charaktere zu laben men wird. Und sich die für den Tuareg-Gitarristen Bombino und als Songwriter nur auf Englisch, sondern verstand. Jetzt ist die Kali- Öffentlichkeit zu fest an für Kanye West, Rihanna und Solange Knowles. All diese auch auf Deutsch rappt wie fornierin, die bis zu ihrem die Existenz eines Künstlers Arbeiten haben Spuren auf «Dirty Projectors» hinterlassen, im Track «Sonnenbrand». 16. Altersjahr dem mormo- oder einer Künstlerin ge- doch zunächst sind die digital klickenden und zerstückel- In den besseren Momen- nischen Glauben angehör- wöhnt, nicht mehr richtig ten Songs mit sich selber beschäftigt, damit sie der privaten ten erinnern La Cafeteria te, zurück auf Solopfaden. hin- und im schlimmsten «Death Spiral» (so der Titel des zweiten Tracks) endlich Roja an das aus dem fran- «Memories Are Now», das Fall gar nicht mehr zuhört. entkommen. Erst auf «Up in Hudson» weitet sich der Blick zösischen Nîmes kommen- fünfte Album unter eige- Ty Segall – seit 2008 ak- – mit helleren Bläsern, einem modular gebauten, spät los- de Rap-Indie-Chanson- nem Namen, stösst in jene tiv und hochproduktiv tanzenden Beat, an dem der ehemalige Battles-Musiker Ty- Kollektiv L’Homme Parle, Lücke vor, die Feist seit ih- – bannt diese Gefahr seit ondai Braxton mitgearbeitet hat – man wird wieder zurück- das ebenfalls die Stile rer letzten Platte «Metals» einiger Zeit mit Konzept- geworfen mit der privaten Ballade «Little Bubble», die nun verschmilzt. Der Mix aus (2011) hinterlassen hat. alben. Während «Manipu- zerplatzt ist, kämpft sich mit wenig erspriesslichen Sound- Indie-Pop, Hip-Hop, Rock, Wie die kanadische Mu- lator» (2014) – entgegen basteleien ab – bis die Krise überwunden scheint: «Cool Mestizo-Rock à la Manu sikerin bewegt sich auch Segall’schen Punk-Prämis- Your Heart», das Longstreth gemeinsam mit Dawn Richard Chao wie bei «Mirate A Hoop vorzugsweise in sen – eine ausgeklügelte singt, ist jener brillante Song, mit dem neue Existenzen be- Los Ojos», dazu ein wenig bedächtigem Tempo, und Glamrock-Studio-Produk- gonnen werden können, eine Existenz, die im orgelnden Triphop ist über weite Stre- beide Künstlerinnen zeich- tion ist, stürzt sich der Mu- Coda «I See You» gefeiert wird. Danach ist abrupt Schluss cken angenehm. Richtig nen sich durch ein Flair siker auf «Emotional Mug- – und es scheint, dass Longstreths neues Ja zum Leben und vom Sockel haut mich auf für ebenso warme wie un- ger» (2016) in menschliche zu einer neuen, allfälligen Liebe noch allzu brüchig ist. dem vierten Album «One konventionelle Sounds aus. Abgründe. Giftig fauchen Shot» aber leider keiner der Die neun neuen Songs von da die Gitarren. Jetzt, auf Benedikt Sartorius Tracks. Allerdings eilt der Hoop versuchen sich nicht seinem zweiten selbst- Band ein sehr guter Liveruf in Gefälligkeit, sondern betitelten Album, ist er Dirty Projectors: «Dirty Projectors» (Domino/Irascible) voraus. Wenn sich die Ge- schlagen gerne Haken. (wieder) Ty Segall. Ohne legenheit also ergibt: unbe- Der rhythmisch wiegende Schminke, ohne Maske. So dingt hingehen. Titelsong klingt stolz und scheint es zunächst. Doch trotzig, der Walzer «Simon konzeptlos wirkt das nicht, tb. Says» zeigt sich versonnen sondern musikalisch gelös- und politisch, und «The ter, gar sanfter, melodiöser Lost Sky», eine strapazier- und vielfältiger als je zuvor. fähige Ballade, klagt über Zwischen ungeschminktem matte Liebhaber. Das mün- Punk und psychedelischem det in einem Werk, das sich Folk bewegt sich die Mu- widerborstig gibt und doch sik. Segall geht behutsame stimmig ist. Bis anhin stand Schritte in Richtung Pop, die 41-Jährige, zu deren wobei diese Songs (etwa Förderern auch Tom Waits «Talkin’» oder «Take zählt, für einfallsreiche Care») zu seinen stärksten Musik, dank «Memories gehören. Doch nun: Wie Are Now» nun sogar für weiter? Ty Segall bleibt eine exzeptionelle. Überraschung.

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Seestrasse 407 - 8038 Zürich - 044 481 62 42 - www.ziegelohlac.ch DIE NEUEN PLATTEN Sound Surprisen «Pussy X», der letzte Song auf ihrem Debüt «Try Out», war der erste Song von Kas Product, den ich je hörte – und er ist bis heute einer meiner liebsten «Stöhnsongs» geblieben. Am Radio war das, an einem späten Abend vor 35 Jahren; die Sängerin Mona Soyoc und ihr Partner Spatsz waren im Studio, und mit Erstaunen entdeckte ich Spoon The Sadies Jakuzi eine französische Band, die so ganz anders klang als die Hot Thoughts Northern Passages Fantezi Müzik meisten französischen (Post-)Punk-Bands jener Jahre. Ein (Matador/MW) (Yep Roc) (City Slang/Irascible) elegantes und smartes Elektropop-Duo, das aggressive Synthie-Loops mit eisigen Darkwave-Atmosphären und Es ist zehn Jahre her, seit Wie ist es bloss möglich, Türkischer Synthie-Pop? mal treibenden, mal jazzig swingenden, mal einfach pol- ich die Löffel aus Austin, dass eine seit 20 Jahren ak- Und dann dieses Cover! Im ternden Beatbox-Rhythmen verknüpfte. Dazu die hinreis- Texas, zum letzten Mal tive Band wie The Sadies Ernst? Im Ernst. Jakuzi sind sende Stimme Mona Soyocs, einer in den USA geborenen bewusst wahrgenommen ausserhalb Kanadas kaum kein Witz, sondern eine Argentinierin, die in der heruntergekommenen Minenstadt habe. Unterdessen hat einer kennt? Das im Eltern- Entdeckung. Sänger Kutay Nancy ihre Heimat gefunden hatte. sich die einst recht organi- haus der Brüder Dallas und Soyocak singt mit viel Au- «Try Out» (1982), das Kas Product in den legendären Sun- sche Gitarren/Bass/Keys/ Travis Goods eingespiel- torität und Ausdruck, ein rise Studios in Kirchberg (ZH) aufgenommen hatten, war Drums-Combo mächtig di- te «Northern Passages» Wave-Gott vom Bosporus, eine Erleuchtung; die Platte wurde – für eine französische gitalisiert. Wie schon beim vereint Tugenden, wie sie der bei Bedarf auch den Produktion ungewöhnlich – in mehrere Länder lizenziert. letzten Wurf waltete David das Quartett aus Toron- Edelschmalz eines Bryan 1983 erschien der nicht ganz so grossartige Zweitling «By Fridmann (Mercury Rev, to schon oft demonstriert Ferry im Repertoire hat – Pass», der Durchbruch fand nicht statt, und es dauerte vier Flaming Lips) neben der hat. Songwriting und in- nachzuhören im Song «Bir Jahre, in denen das Duo ohne Label durch die Wüste ging, Band selber als Co-Produ- strumentale Finesse auf Dümanım Var». Taner Yü- bis Anfang 1987 mit «Ego Eye» endlich das dritte Album zent. Der Breitleinwand- hohem Niveau. Von Psych- cel verkörpert analog den erschien. Mit Kas Product führte ich das dritte Interview Sound, der dabei heraus- Folk-Rock («Riverview Vince Clarke von Istanbul meiner Laufbahn als Journalist und – nun, Mona Soyoc gekommen ist, gemahnt Fog»), Country («God und sorgt an Synthies und war nicht nur eine wunderbare Gesprächspartnerin, son- regelrecht an die Killers. Bless the Infidels», «The Bass für die Musik. Die hat dern auch eine umwerfende Schönheit… Auch «Ego Eye» Aber – es ist dies ein ganz Good Years»), Americana die Verspieltheit der frühen hatte trotz der aus heutiger Sicht hölzernen Produktion grosses «aber» – nicht nur («As Above, So Below», Depeche Mode, das Hym- kommerzielles Potenzial, aber nicht zuletzt wegen ihres un- sind die Songs, die aus «Through Strange Eyes») nenhafte von Ultravox und ehrlichen Managements strandeten Kas Product erneut in der Feder von Bandleader bis zum lauten, speedi- überhaupt so ziemlich al- der Wüste. 1988 trennten sie sich. Britt Daniel fliessen, un- gen Garage-Bluesrock les, was den Elektro-Wave Das macht aus Kas Product eine der unzähligen Bands, zählige Male spannender («Another Season Again», der frühen Achtziger at- die zum richtigen Zeitpunkt das Richtige taten, aber nicht als alles, was uns die gars- «There Are No Words») traktiv machte. Ein Stück die verdiente Ernte einfahren konnten – und im Lauf der tigen Scharlatane aus Las ist alles da, was den Fan wie «Koca Bir Saçmalık» Jahrzehnte zur Fussnote der Popgeschichte verkümmerten. Vegas bisher in die Ohren erfreut. «The Elements ist nichts anderes als ein Auch für mich hätte es keinen Grund gegeben, ihre Plat- gestopft haben. Auch das, Song» verdichtet die For- Hit, der ab sofort an jeder ten wieder aus dem Regal zu zupfen, hätte sie nicht der was sie mit ihren Maschi- mel in fünf Minuten. Be- anständigen Grufti-Party Sampler «Punk 45 – Les Punks: The French Connection» nen anstellen, ist nie blos- törende Melodie, Gitarren den Tanzboden beschallen in Erinnerung gerufen, und würde Soul Jazz Records jetzt se Kosmetik. Ähnlich wie zwischen Country-Picking möge. Jakuzi klingen we- nicht «Black & Noir» auflegen. die Flaming Lips hat die und Rockorkan. Im Team niger exotisch, als man es «Black & Noir» (ursprünglich 1990 auf New Rose erschie- Band die Möglichkeiten mit Bassist Sean Dean und erwarten würde. Klar, die nen) zeichnet die Anfänge Kas Products nach: Ihre ersten der heutigen Technologie Drummer Mike Belitsky Worte sind türkisch, Ge- zwei Singles und ein paar weitere Aufnahmen, zwischen aufgesaugt. Anders als die kreieren die singenden Gi- sang und Musik aber sehr 1980 und 1983 im Heimstudio aufgenommen, aber bereits Flaming Lips wandert sie tarristen Dallas und Travis europäisch. Womöglich ungeheuer stilsicher und eigenständig. Natürlich entspra- selten sehr weit vom Pfad Good ein stilistisch breites, wirkt die Band im eigenen chen Kas Product dem Geist der Zeit, und in ihrer Musik eines Songs ab, wenn sie dennoch geschlossen wir- Land befremdlicher als spiegeln sich auch andere Bands. Das Label droppt Namen einen solchen einmal einge- kendes Album. Etwas ver- hier, denn wie das Promo- wie Suicide, Einstürzende Neubauten, Kleenex/Liliput und schlagen hat. Die Ausnah- haltener, weniger rocklastig Schreiben verrät, zieht die Cabaret Voltaire – unterschlägt damit aber Kas Products me – das stimmungsvolle als das letzte. Stimmungs- Band daheim nicht nur popiges Flair: Diese Liste müsste um die frühen Depeche Saxofonstück «Us» ganz voll endet es mit dem ver- allerlei Aussenseiter an, Mode und Human League ergänzt werden. zum Schluss – bestätigt die hangenen Instrumental sondern widmet den Song Kaum etwas klingt heute so retro wie der Techno-Pop Regel. Gleich zweimal – «The Noise Museum». Wie «Lubunya» Transmen- der frühen Achtzigerjahre. Nicht so Kas Product. Da ist («Hot Thoughts», «I Ain’t das Polarlicht auf dem Co- schen, was in der Türkei ein Druck in der Musik, eine Dringlichkeit in den Sounds the One») – wird gar die verbild wirkt es irgendwie einen Tabubruch bedeutet. und Rhythmen, ein Selbstbewusstsein und eine Tiefe in der dringliche Frage beant- mysteriös und berauschend Soviel zur Politik. Jetzt hö- Stimme – die Songs auf «Black & Noir», «Try Out» und wortet, was es gäbe, wenn schön. «Northern Passa- ren Sie bitte die Musik. Die «By Pass» sind heute noch packend. «So Young But So Disco-Ära Blondie mit The ges» ist ein weiteres Indiz hat nämlich Klasse. Cold» und «No Shame» gehören definitiv zu den verkann- National gekreuzt würde. dafür, dass The Sadies eine ten Klassikern des Post-Punk. «Pussy X» auch, natürlich. Stark. der originellsten und besten ash. Bands der Gegenwart sind. Christian Gasser hpk. tl. DIE NEUEN PLATTEN London Hotline Derweil ich die Vinyl-Renaissance schon aus ästhetischen Gründen sehr fein finde, habe ich mit dem Vinyl-Purismus, der inzwischen ganze europäische Breitengrade erfasst hat, nichts am Hut. So blättere ich mit grösstem Erstaunen in der deutschen Zeitschrift «Mint», die sich ganz dem Vinyl verschrieben hat. Wenn ich etwas an dem Blatt bewundere, dann ist es die Beharrlichkeit, mit welcher die MacherIn- Jenn Grant Dan Baird Gérard nen der Vinylplatte noch einmal eine frische thematische Paradise So Low Depardieu Rille abgewinnen können. (Star House Collective) (JCPL) Depardieu chante «Vinyl-Sucht – wenn der ganz normale Wahnsinn zum Barbara Problem wird: Eine Analyse mit Sammlern, Forschern und Jenn Grant kennt man in Dan Baird ist ein Arbeits- (Warner) Psychologen» lautet der Titel der neusten Ausgabe. Es ist ihrer kanadischen Heimat tier. Dauernd auf Achse. dies keine Problematik, mit der ich mich je hätte beschäf- schon seit einigen Jahren. Solange die alten Knochen Dass Gérard Depardieu tigen müssen. Eher problematisch finde ich die Tatsache, 2006 etwa wurde die Song- mitmachen. Ohne den nicht nur ein toller Schau- dass mir manchmal der Zaster fehlte, all die neuen Platten writerin mit Juno Awards Spass an der Musik und am spieler ist, sondern auch zu kaufen, die ich gern gekauft hätte. So wurmt es mich (den kanadischen Gram- beseelenden und schweis- ganz gut singen kann, be- schon ein bisschen, dass ich damals mein Spring-Album my Awards) ausgezeichnet. streibenden Ritual eines wies der Mime zuletzt 2006, auf Neon Records mit dem Triple-Gatefold in einem Mir fiel sie erstmals vor Livekonzertes zu verlieren. als er im nostalgischen Film Tauschmanöver weggab. Wenn ich ehrlich mit mir selber fünf Jahren mit ihrem wun- Lebenslang infiziert vom «Chanson d’amour» nicht bin, dann muss ich gestehen, dass es mir egal ist, jenes derbaren vierten Album Rock’n’Roll-Virus. Allen nur den (fiktiven) alternden Werk nicht auf Vinyl zu besitzen. Die CD reicht vollkom- «Beautiful Wild» auf. Zwei Widrigkeiten zum Trotz. Schlagerstar Alain Mo- men. Ich war nie ein HiFi-Freak. Wenn mich die Absenz Alben später verspricht die Jetzt beglückt uns der reau mimte, sondern gleich des Spring-Albums reut, dann wegen des Covers. Und, ja, 36-Jährige das Paradies gute Mann (und ehemali- auch ein paar Stücke selber wegen der schnöden Tatsache, dass die Platte heute mit £ mit elf neuen Songs, die ir- ge Frontmann der Georgia sang. 2017 jährt sich das 400 im Sammlerkatalog aufgelistet ist, und das ist wahr- gendwo zwischen coolem Satellites) mit einem neuen Todesjahr der legendären, haftig kein ehrenhafter Grund. Pop, dezentem Americana Soloalbum, zusammenge- immer in schwarz gekleide- Obwohl mir also das Medium Vinyl an sich ziemlich wurst respektive eben Canadia- stellt aus Songs, die bei sei- ten französischen Sängerin ist, habe ich doch nie aufgehört, Vinylplatten zu kaufen. na, ein wenig Country und ner Band Homemade Sin Barbara, mit der Dépardieu Dafür gibt es mehrere Gründe. 1) Ich schätze ein Cover souligem Pop angesiedelt keine Gnade fanden, oder eng befreundet war, zum mit einer Schriftgrösse, die mir das Lesen erlaubt. 2) Ich sind. Nachdem Jenn Grant mit Joe Blanton oder David zwanzigsten Mal. Gemein- mag die Länge: zwanzig Minuten, dann muss man sich das drei Jahre lang mit ihrem Newbould neu geschriebe- sam mit Barbaras einstigem Wenden oder Entfernen überlegen – nicht 70 Minuten oder Album «Compostela» auf nen Goodies wie «Ceme- musikalischem Begleiter, gar Endlos-Loop, die alles zur Liftmusik verkommen las- Tour war und dabei 300 tery Train». Wie ein roter dem Pianisten Gérard Da- sen. 3) Es gibt Musik, Reggae zum Beispiel, die auf Vinyl Konzerte gespielt hat, zog Faden zieht sich das The- guerre, spielte Depardieu auch in meinen ansonsten unempfindlichen Ohren besser sie sich mit ihrem Ehemann ma des Älterwerdens, der nun 14 Stücke ein, die alle- weil wärmer und «tiefer» klingt. und Produzenten Daniel Demut oder Trauer über samt sparsamst instrumen- Kurioserweise aber wird der Aspekt, der mir am Vinyl- Ledwell ein Jahr lang in den Verlust von Freunden tiert und bis auf die Kno- Boom am besten gefällt, nirgends je erwähnt: Ich habe in ein kleines Studio in ih- durch die Songs. In der Re- chen entkleidet sind. Hits den letzten paar Jahren mehr Vinyl-7-Inch-Singles ange- rer Heimat in Lake Echo/ gel obsiegen Bairds Lebens- wie das grossartige «Göt- schafft als selbst in den besten Punkzeiten. Zugegeben, es Nova Scotia zurück. Das lust und sein trockener Hu- tingen», ein Chanson aus ist ein exklusives Phänomen, aber dafür kann ich nichts. Ergebnis kann sich hören mor. Wenn schon alles den dem Jahr 1965, das sowohl Und wenn ich schon in London sitze, darf ich doch die lassen. Das Piano scheint Bach runter geht, sagt der in Deutschland als auch in Genüsse der Stadt ausschöpfen, oder? In den besseren inzwischen das dominante Überlebenskünstler, dann Frankreich erfolgreich und Londoner Plattenläden gibt es Boxen mit neusten Singles Songwritinginstrument bei sollte man noch mal kräf- damals eine Art Aussöh- zu erschwinglichen Preisen. Teils sind es Scheiben, die be- ihr zu sein, wie nicht nur tig auf den Putz hauen. Die nungslied für die einstigen kannte Bands als Zeitgeist-Statussymbol auch noch veröf- in der Vorabsingle «Ga- Show muss weitergehen bis Erzfeinde war. Dazu das fentlichen. Diese ignoriere ich. Auch ignoriere ich die Re- laxies», meinem Liebling zur nächsten «Showtime». herzzereissende «Nantes», Release-Singles mit alten Motown-Stücken für Sammler, «I’m a River» oder im tol- Mit jedem Song, wenn ver- ihre Ode an den verstor- die das Original verpasst haben. len «Rocket» zu hören ist. traute, doch stets neu klin- benen Vater aus dem Jahr Was ich spannend finde, sind die Singles, die gänzlich un- Beim letztgenannten Song gende Riffs unwidersteh- 1964. Mit «Ma plus belle bekannte Bands in 300er- oder 500er-Auflagen veröffent- münden die Pianoläufe in lich drängen und kitzeln, histoire d’amour», «La so- lichen. Nicht zuletzt sind es wieder die Covers, die mich eine Art R&B-Electronic – zaubert uns Bairds Talent litude», «L’aigle noir» und anziehen: Die Vielfalt an grafischen Ideen ist ungleich ein interessanter Track. ein Lächeln ins Gesicht. Er «Une petite cantate» sind bunter und vielseitiger als alles, was es in den vermeintlich beherrscht die Kunst, ver- weitere grosse Hits von abenteuerlichen Punk-Zeiten zu bewundern war. Dabei hat tb. meintlich simple, zu Her- Monique Andrée Serf, wie sich meine ganze Vinyl-Single-Obsession nur schon darum zen gehende Rocksongs zu Barbara in Wirklichkeit gelohnt, weil ich – angezogen vom Cover – dank ihr auf die schreiben und zwingend zu hiess, vertreten. unvergleichlich tollen Lovely Eggs gestossen bin. interpretieren, wie wenige vor oder nach ihm. Wie tb. Hanspeter Künzler einst John Fogerty oder die Stones.

tl. DIE NEUEN PLATTEN 45 Prince Der vielseitige Musiker, Schauspieler, Fotograf, Schrift- steller (das grossartige Buch «Mondo Memphis») und Dokumentarfilmer TAV FALCO hat nicht vor, seine Pen- sionierung im Schaukelstuhl abzusitzen – auch wenn er sich den Blues eines R.L. Burnside bereits 1981 angeeignet hat. Noch bespielt er die Bühnen der Welt und ist dort als Land Covered Ryan Adams Khon Tango tanzender Gentleman oder auch als auf den Knien with Briar Prisoner Where the Demons Gitarre spielender Wild Boy zu erleben. Für die letztjährige Glowing Ember (Paxamericana/Universal) Play Amerika-Tournee anerboten sich Mike Watt (Stooges, Mi- (landcoveredwithbriar.com) (Eigenvertrieb) nutemen etc.) und Toby Dammit (Iggy Pop, Swans etc.), ihn Der Vielveröffentlicher hat zu begleiten, und so wurden in der alten Heimat Memphis Anfang 2012 hypnotisierten wieder zugeschlagen: Nach Bereits die ersten Akkorde im Sam Phillips Studio auch gleich noch zwei Songs aufge- Land Covered with Briar dem vor anderthalb Jah- von «Psycho», dem Video- nommen. Dementsprechend klingen diese Unapproachable mit ihrem Erstling «Briar» ren erschienenen «1989», clip und Opener der EP, Panther Burns hier fast ein wenig zu nahbar. Dem Cover und mit zerklüfteten Klang- auf dem er das gleichna- künden davon, dass etwas von «Me & My Chauffeur Blues» (ORG/Frenzi) fehlt die landschaften, die mal verin- mige Taylor-Swift-Album Gewichtiges kommt. Es Tav Falco eigene Angeschrägtheit, einzig das Klavier wirkt nerlicht, mal widerborstig, in voller Länge coverte, mag Leute geben, die glau- anfänglich sympathisch deplaziert, startet aber später in aber durchwegs kühn wirk- tritt Ryan Adams jetzt mit ben, dass Rockmusik tot eine astreines Solo. Ein abgeklärter Altagssong auf Fisch- ten. Jetzt kehrt das Luzer- seiner insgesamt 15. Stu- ist, weil diese zusammen fang. Eine B-Seite, wie sie im Buche steht – einmal hören ner Trio um Sängerin und dioplatte «Prisoner» an. mit dem Retro-Rock der reicht, doch dieses eine Mal muss unbedingt sein: «Whist- Bassistin Rahel Steiner mit Und findet dabei wieder Nullerjahre aus dem Main- le Blower Blues» – denn politische Aussagen sind leider dem Nachfolger «Glowing auf die Spur zurück: In stream verschwunden ist. immer noch bitter notwendig. Bleibt zu hoffen, dass das Ember» zurück. Und das den letzten Jahren schien Neue Bands hauchen der letztjährige Album «Command Performance» doch noch geduldige Warten hat sich das frühere Oberhaupt von Rockmusik jedoch neuen eines Tages auf Platte erscheint, denn die eigentlichen Hits gelohnt. Bereits mit dem ers- Whiskeytown wenn nicht Atem ein. So auch Khon mit wurden noch nicht ausgekoppelt. ten Song, «Cembalo», be- ausgebrannt, dann doch ihrem Alternative Heavy Der Australier Owen Penglis hat ja bereits mit den Straight tritt man eine musikalische gefährdet. Während der Rock. Khon sind Gitarrist Arrows einige tolle Boxenwärmer eingespielt. Nun treibt Traumwelt, bei der – wie Opener des neuen Opus, und Songwriter Jan Graber, er die Tänzer auf die Bäume mit seinem Soul-Girl-Group- bei Lewis Carrolls «Alice «Do You Still Love Me?», Bassist Géza Burghardt und Slowie «The Ape» (Agitated) als The Green Bananas. Der im Wunderland» – die dies- direkt in die 80er-Jahre und Drummer Andy Rohr. 2013 total einfache Schlagzeugtakt trägt dank des mächtigen seitigen Regeln ausser Kraft zum windumtosten Power- gründete Graber zusammen Klangs, das Piano und die Gitarre sind ebenso simpel, aber gesetzt werden: Das titelstif- Rock führt, widmet sich mit Nina Vetterli die Band, effektiv. Auf der beiligenden Anleitung erhält man alle tende Cembalo ächzt, der der 42-Jährige auf Tracks 2015 fokussierte sich Vet- notwendigen Tanzschritt-Anweisungen, womit man bes- Rhythmus ist forsch, und wie «Breakdown» oder terli auf ihre Hausband 69 tens die nächste Line-Dance-Party umgestalten kann. Mit die windschiefe Melodie «Shiver and Shake» den Chambers, mit dem neuen «The Green Banana» gibts noch die Instrumental-Version wechselt nicht nur öfters die Ausläufern des Soft-Rocks Sänger Marcus Oberholzer des gleichen Songs, wobei eine Fuzz-Gitarre im Ventures- Perspektive, sondern auch und der verlorenen Liebe. wurde das Band-Lineup Modus den Gesang ersetzt. Somit bestätigt sich wieder mal ihre Farben. Im Vergleich Der frisch geschiedene Mu- komplettiert. Im Herbst die goldene Regel, dass man niemals einen Song mit Affen- zum Debüt muten die Lie- siker vermittelt auf dem 2016 begaben sich Khon Thematik im Laden zurücklassen soll. der leicht lichter an, ohne Lieddutzend seine triste in Tommy Vetterlis New an Intensität eingebüsst zu Gefühlslage, ohne in Selbst- Sound Studio. Vier Songs Philipp Niederberger haben: «Mute» zeigt sich mitleid abzusumpfen. Dem sind auf der EP «Where the karg, «Wanderlied» ver- einst bevorzugten Genre Demons Play» zu hören. spricht den Aufbruch, und Americana ist Adams nicht Satte Gitarren, prägnantes «Bending Trees» präsentiert komplett untreu geworden, Schlagzeug und schama- sich als Studie des Elegi- doch unterdessen nutzt er nenhafter Gesang erfreuen schen, die zum Schluss hin dieses, um näher an den das Rockerherz, übermässi- zwischen Orgel und kra- Sound von Bruce Springs- ges Headbangen wird einen chender Gitarre zermalmt teen oder Tom Petty zu in Trance versetzen. Die wird. Über allem schwebt rücken. Das mündet in ei- musikalischen Wurzeln von der Flüstergesang Steiners: nem Werk, das vielleicht Khon liegen im Grunge so- Dieser klingt sowohl frös- nicht ganz an die Qualitä- wie dem Desert- und Stoner telnd als auch verführerisch. ten seiner besten Arbeiten Rock. Daraus machen sie Und zeichnet massgeblich wie «Heartbreaker» (2000) ihre eigene, unwidersteh- dafür verantwortlich, dass oder «Easy Tiger» (2007) liche Mischung, die mal die 13 Tracks oftmals dahin heranreicht, aber endlich Richtung Metal. zielen, wo es weh tut. Es ist wieder gehörig Passion Die EP ist auf khon.band- Musik, die auf falsche Fähr- zeigt. camp.com downloadbar. ten lockt. Nur, um sich post- Das Werk ist ein Verspre- wendend als schlüssig und mig. chen für die Zukunft – und zielführend zu erweisen. jeden Franken Wert. mig. yba. Musiktherapeut/in – ein Beruf mit Zukunf.

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Knistern mit Russian Circles Pop mit Carla dal Forno

Auf diese Band ist Verlass – auch was den Terminkalender betrifft. In lo- Das Leben ist eine einzige Dunkelkammer, wenn man die Produktionen ckeren, aber regelmässigen Zwei-Jahres-Abständen schauen Russian Circ- hört, die auf dem englischen Label Blackest Ever Black erscheinen. Doch les in der Roten Fabrik vorbei. Mit seiner ganz eigenen Mischung aus Post- der Song oder zumindest songähnliche Strukturen geraten abseits der Rock und Metal hat sich das Trio aus Chicago allerdings auch ausserhalb Monster, die Formationen wie Raime oder Killing Sound zum Leben erwe- Zürichs eine treue Anhängerschaft erspielt. Diese freute sich entsprechend, cken, immer stärker in den Fokus – dank Camella Lobos Projekt Tropic of als im vergangenen August mit «Guidance» nach dreijähriger Wartezeit Cancer oder nun dank Carla dal Forno. Die in Berlin lebende Australierin, wieder ein neues Album veröffentlicht wurde. Darauf lässt es die Band, die die mit den Songs der Go-Betweens aufgewachsen ist, hat im vergangenen ihre Stücke gerne mit Einzelwörtern betitelt («Vorel», «Calla» oder «Lis- Herbst ihr Debüt «You Know What It’s Like» veröffentlicht, und das Ziel boa»), nach einem mit virtuoser Sanftheit in den Raum gezupften Gitarren- war, ein Popalbum einzuspielen. In ihren früheren Bands, sagt dal Forno Intro wieder ausgiebig krachen. Auf voller Breite variieren die drei Musiker in der «Spex», gab es «nie Raum für expliziten Pop. Aber genau den woll- den Dröhnfaktor ihrer Lieder. Sie wechseln von strikt hingestanzten Riffs te ich spielen, er ist in meiner musikalischen DNA eingeschrieben.» Nun, zu schwärenden Melodiepassagen. Ihr Gesamtwerk ist wie eine Wunder- explizite Popmusik klingt gemeinhin anders als die verhuschten Songs und tüte – aus Metall. Manchmal hüllen sie sich in knisterndes und funkelndes Ambientflächen, die sie hier versammelt. Viel eher erinnert das von der Stanniolpapier ein, manchmal scheppern sie in rostiger Rüstung daher, um nachtsüchtigen Grundstimmung her an Liz Harris alias Grouper, nach- sich dann Sekunden später wieder hinter gehärtetem Stahl in Deckung zu empfunden mit Computer, Gitarren und Stimme. Doch wer genau hin- bringen. Fürwahr: ein Spektakel. (amp) hört, bleibt berührt zurück. (bs)

5.3., Rote Fabrik, Zürich; 6.3., La Gravière, Genf 8.3., Zukunft, Zürich; 9.3., Le Bourg, Lausanne; 10.3., Kegelbahn, Luzern

Fluchen mit Knöppel

Jack Stoiker hätte das Zeug zu einer ganz grossen Karriere gehabt. Damals in den späten Neunzigerjahren, als er mit dem Album «Hällwach» als neue Unterhaltungsrakete am Schweizer Musikhimmel galt. Der Komiker Beat Auspolstern mit Adia Victoria Schlatter hatte das Werk mitfinanziert und protegierte den Barden aus dem wilden Osten. Aber dann verschwand der Mann mit der wirren Strubbel- Nach Abschluss der obligatorischen Schulzeit musste sie einfach raus. Also mähne in der Versenkung. Keiner wusste so recht, wo er steckte, und als er verliess Adia Victoria in ihren späten Teenagerjahren ihre Heimat im südli- zwischenzeitlich wieder kurz auftauchte, um an der ESC-Vorausscheidung chen Carolina, um in New York gross rauszukommen. Diesen ambitionier- teilzunehmen, vermuteten viele einen Doppelgänger. ten Plan verwarf sie dann allerdings bald wieder und kehrte zurück in den Im vergangenen Jahr folgte dann das gloriose Comeback. Die Locken- Süden. Inzwischen ist die 30-Jährige in Nashville ansässig, und von dort pracht musste einer Kurzhaarfrisur weichen, und aus dem einstigen Allein- aus startete sie letztes Jahr mit dem Album «Beyond the Bloodhounds» unterhalter war ein Bandleader geworden, der das Trio Knöppel anführt. einen weiteren Versuch. Mit Erfolg. Das Werk überzeugt mit schummri- Das Album «Hey Wichsers» (CGK Music/Irascible) bot kompromisslosen gem Blues, der mit reichlich Pop-Sensibilität ausgestaltet ist. Man kann es Klamauk-Punk und krude Haudrauf-Lieder, in deren Texten stets das Wort als eine Art Audiobiographie hören, sozusagen die lyrische und akustische «Wichser» vorkommen musste. Ein Konzeptalbum, sozusagen, auf dem Aufsummation ihres bisherigen Lebens. Die Lieder darauf sind mit ver- Ekel und Übel des Daseins mit allerhand Kraftausdrücken abgehandelt schiedenen Materialien ausgepolstert, mal mit Samt, mal mit Stahlwolle, wurden. Von den seltenen Live-Konzerten kursieren ein paar Videomit- während die Sängerin in gekonnt formulierten Songzeilen Liebe, Lust und schnitte, die einen Eindruck davon vermittelt, auf was man sich gefasst Leiden auskundschaftet, manchmal rastlos, manchmal ratlos. Aufwühlend machen sollte. Oder wie der Meister verspricht: «Das isch Rock’n’Roll ehr bis zum Verklingen der allerletzten Töne. (amp) Wichser!» (amp)

10.3., Rote Fabrik, Zürich 10.3., Galvanik, Zug NACHTSCHICHT

Auffrischen mit Agent Sasco Politisieren mit Austra

Seine Karriere ging früh los: erste musikalische Gehversuche als Vierjäh- Zu den angenehmen Aspekten anglophoner Popmusik gehört, dass man riger, in jungen Teenagerjahren von Spragga Benz entdeckt und gefördert, als durchschnittlich englischkundiger Schweizer nicht gleich jedes Wort veröffentlichte Jeffrey Campbell unter seinem Bühnennamen Assasin Mitte versteht. Dadurch ist auch der Gesang erst einmal Sound. Was von Vor- der Nullerjahre zwei Alben bei VP Records – um danach für längere Zeit teil ist, wenn der Mann oder die Frau am Mikro Stuss singt. Umso er- weitgehend aus dem Rampenlicht zu verschwinden. Doch dann ging es mit freulicher ist es, wenn sich bei näherer Beschäftigung herausstellt, dass grossen Schritten weiter. Erst legte er sich das zweite Alias Agent Sasco zu da jemand etwas zu sagen hat. So wie Katie Stelmanis von Austra. Das (weil man das halt besser googeln könne, wie der Künstler erklärte) und aktuelle, weitherum gerühmte Album trägt den Titel «Future Politics» gastierte beim Track «I’m in It» auf Kanye Wests ominösem «»- und dreht sich textlich um Technologie, Kapitalismus, Ressourcen und Album. Zwei Jahre später hörte man ihn an der Seite von Kendrick Lamar Individualismus. Die Musik bleibt tanzbarer Synthie-Pop mit geschulter im Stück «The Blacker the Berry». Und dann kehrte er fast zehn Jahre nach Stimme. Stelmanis findet, auf dem Dancefloor habe mehr Platz als nur He- seiner letzten LP mit dem Meisterwerk «Theory of Reggaetivity» zurück. donismus: «Wir, die Teil einer subversiven Untergrundkultur sind, tanzen Das Album brachte den Mann mit der Kieselsteinstimme in hohe Regio- zusammen und kreieren einen sicheren Raum für uns.» Natürlich melde- nen der Billboard-Charts, und auch die Musikpresse zeigte sich begeistert. ten sich auch Nörgler, so etwa ein deutscher Kritiker, der schimpfte: «Aus- Das liegt nicht zuletzt an den frischen Ideen, mit denen Agent Sasco seinen tra sprechen von einer Zukunft in abgehangenen Routinen der Kritik.» Entwurf von Reggae gestaltet. Da hat es neben dem tradierten Instrumen- Immerhin stellte der Mann am Schluss fest: «Die Musik hat Kraft.» Dann tarium auch Platz für lustige Synthesizer, wie man sie aus den afrodelischen hör den Gesang halt als Sound, Kollege. Und geh tanzen, mit anderen Phasen der amerikanischen Black Music her kennt. Und, ja, liebt. (amp) zusammen, und hilf mit beim Schaffen sicherer Räume in den Clubs, die Austra demnächst beehren. (ash) 11.3., Rote Fabrik, Zürich 16.3., Les Docks, Lausanne; 17.3., Dampfzentrale, Bern; 11.4., Mascotte, Zürich

Lebensfreude mit A-WA Tanzen mit Warpaint

An den letzten Winterthurer Musikfestwochen legten A-WA und ihre Be- Verblüffung, Begeisterung und Lob waren immens, als eine Frauenband gleitmusiker einen mitreissenden Auftritt in den schönen Augustabend. So- aus Los Angeles 2010 ein unspektakulär mit «The Fool» betiteltes Album gar eine Gruppe aufgedrehter junger FC-Winti-Fans, die lautstark mit der veröffentlichte. Ein paar Insider kannten zwar bereits die zwei Jahre zuvor Analyse des vorangegangenen Heimspiels beschäftigt waren, vergassen für erschienene EP «Exquisite Corpse», aber nun gab es kein Halten mehr. einen Moment den Fussball und tanzten mit. Die drei Schwestern Tair, Li- Die Kritiker jubilierten und holten ihre besten Adjektive aus der Schatulle, ron und Tagel Haim kommen ursprünglich aus dem kleinen Dorf Shaharut der englische «New Musical Express» bezeichnete das Quartett als «The nahe der ägyptischen Grenze im Süden Israels. Das kulturelle Erbe dieser new queens of the underground». Und dort regieren Warpaint noch im- Region ist bei A-WA immer noch präsent, sie singen wie einst Ofra Haza mer. Sie haben auf sämtlichen einschlägigen Festivals gespielt, der preisge- auf Jemenitisch-Arabisch, der Sprache ihrer Vorfahren. 1949 brachte die krönte Videokünstler Chris Cunningham hat sie für einen Dokumentarfilm «Operation Magic Carpet» 45 000 arabische Juden von Jemen in den neu- mit der Kamera begleitet, und nebenbei sind die Musikerinnen auch noch en Staat Israel – und mit ihnen auch ihre Volksmusik. Diese haben A-WA in diversen weiteren Projekten aktiv. Nun aber haben sie sich wieder für mithilfe des Produzenten Tomer Yosef (Balkan Beat Box) mit Girlgroup- eine Tournee zusammengetan, um das aktuelle Album «Heads Up» live Harmonien, Hip-Hop, Psychedelic-Elementen und elektronischen Beats umzusetzen. Darauf haben sie ihren Sound noch einmal weiterentwickelt, angereichert. Bei Songs wie «Habib Galbi» oder «Lau Ma Al Mahaba» freigeistig experimentierend zwischen Dream Pop und Elektronik. Unter ergibt das ein wunderbar funkelndes Ornament. «Ja!» als lebensfroher luftigen Gitarrenschlieren und schwirrenden Gesängen mischen sich dabei Ausruf bedeutet «A-wa», und ein Abend voller Lebensfreude ist bei den auch schüttelige Beats aus der Schlagzeugmaschine ins Klangbild. Heisst: Konzerten der Haim-Schwestern garantiert. (anz) Man kann dazu tanzen. Ziemlich ausgelassen sogar. (amp)

16.3., Moods, Zürich; 25.3., Maison communale de Plainpalais, Genf 16.3., Rote Fabrik, Zürich; 17.3., Les Docks, Lausanne NACHTSCHICHT

Verwirren mit Don’t DJ Begleiten mit DePedro

Nadel drauf, und keine Ahnung, was da auf der Platte geschieht: Das kann Manchmal braucht es ein paar Zufälle und fachkundige Schützenhilfe, passieren, wenn das Album «Musique Acéphale» von Don’t DJ aufgelegt um auf erfolgreiche Pfade einzubiegen. Davon weiss auch Jairo Zavala zu wird. Denn zunächst sind die perkussiven Tracks, die Florian Meyer zu- berichten. Nachdem der Spanier mit peruanischen Wurzeln einige Jahre sammengebaut hat, überaus verwirrend. Wo beginnt diese Musik? Und mit verschiedenen Bands aktiv war, konzentrierte er sich auf seine eigenen wo hört sie auf? Man findet es nicht wirklich heraus und das ist ganz im Songs. Einen davon hörten Joey Burns und John Convertino von Calexico Sinne des Urhebers, der eine Musik erfinden wollte, die möglichst offen ist – und waren begeistert vom musikalischen Wirken des Mannes, der sich und viele Perspektiven ermöglicht. Nun spielt er diese Musik auch live – DePedro nennt. Also luden sie ihn ins heimische Tucson ein, wo er dann anlässlich der sechsten Gastrecht-Nacht, die von der Betreiberschaft des 2007 sein selbstbetiteltes Debütalbum einspielte und in der Folge auch im- grossartigen Zürcher Plattenladens Oor Records programmiert wurde und mer mal wieder im Vorprogramm von Calexico anzutreffen war. Später mit der der 10. Palace-Geburtstag weitergefeiert wird. Neben Don’t DJ folgten weitere Kollaborationen, unter anderem mit Fela Kulis Schlagzeu- sorgen der iranische Perkussionist Mohammad Reza Mortazavi und die ger Tony Allen. Produzentin Beatrice Dillon für weitere polyrhythmische Verwirrungen. So Auf dem aktuellen Album «El Pasajero» führt Zavala sein Werk fort und soll es sein. (bs) verfeinert seinen Entwurf von zeitgenössischer panamerikanischer Musik, in der es neben klassischen Bestandteilen wie Nylonsaitengitarren, Strei- 18.3., Palace, St. Gallen chern und Trompeten auch mal Platz hat für ein diskretes Saxofon. So generiert der Mann eine abgeklärte Mischung aus Fernweh und Herz- schmerz, von der man sich gerne durch eiskalte Frühlingsnächte begleiten lässt. (amp)

20.3., El Lokal, Zürich

Trippen mit dem Moon Duo

Eigentlich meinte man ja, dass das Moon Duo die poppigere, weniger strenge Variante von Ripley Johnsons Hypnose-Hauptband Wooden Neuland mit den Woods Shjips sei. Wer dies immer noch annimmt, sollte sich das eben erschienene Album «Occult Architecture Vol. 1» anhören. Denn hier begeben sich der Irgendwann wurde es auch den letzten übriggebliebenen Grossstadthip- Gitarrist und seine Partnerin Sane Yamada an den Keyboards in Sequencer- pies am Brooklyner Lagerfeuer zu langweilig. Und so machte sich Jeremy und-Gitarrengeisterhäuser, die schon auch Horror verbreiten können. Die Earl mit seinen Kumpanen der Band Woods auf, um nach acht schönen hellen Seiten ihrer Musik haben sich die beiden nämlich für den zweiten und schrummligen Folkpop-Alben neue Quellen für die Songs zu suchen. Teil aufgespart, der dann später im Jahr erscheinen soll. Und so befinden Nun ist es nicht so, dass das dabei entstandene Album «City Sun Eater in sich die Hörer auf einer Reise durch die Nacht: Krautrock und Suicide und the River of Light» eine musikalische Revolution auslösen wird, aber eine die süsse Repetition sind die Piloten in Songs wie «Cold Fear» oder «Cross- sehr schöne Neuverortung ist es doch schon, wenn in den neuen Songs die Town Fade», die das Ziel, die Hypnose, direkt anpeilen. Natürlich lauert Bläser aufgefahren werden, das Örgeli den Beat umtanzt und generell mehr auch irgendwo der Teufel, doch es sei gesagt: Zum Schluss des okkulten auf den Punkt gespielt wird. Von hier ist es selbst nach Jamaika nicht mehr Trips erhält man eine weisse Rose – in Form eines über zehnminütigen sehr weit. Beste Aussichten also für die Konzerte dieser Band, die man Tracks. Eine grossartige Ausbeute. (bs) einen modernen Klassiker nennen könnte. (bs)

20.3., Plaza, Zürich; 21.3., Bad Bonn, Düdingen 29.3., La Gravière, Genf; 30.3., Bad Bonn, Düdingen SZENE Atlantis_2016_Version_3_Atlantis_2016 26.01.16 18:18 Seite 1

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