Sonderdruck aus:

Beiträge zur Frühgeschichte und zum

Mittelalter Ostthüringens 8 ______

Jena und der -Holzland-Kreis im frühen und hohen Mittelalter

Hrsg. von Hans-Jürgen Beier, Pierre Fütterer, Andreas Hummel, Volker Schimpff

ISBN-Nr. 978-3-95741-050-4, 24,90 EUR

BEIER & BERAN. ARCHÄOLOGISCHE FACHLITERATUR

LANGENWEISSBACH 2018 Inhalt

Vorbemerkung der Herausgeber ...... 2

Karlheinz Hengst Geografische Namen in der weiteren Umgebung von Jena aus germanischer Zeit ………………...... 3 – 10

Barbara Aehnlich Von Käsenapf und Ritterspiel – eine Einführung in die Flurnamenlandschaft des Saale- Holzland-Kreises ...... 11 – 18

Volker Schimpff Zu Flurnamen mit Kratz ...... 19 – 24

Daniel Scherf Studien zum hohen und späten Mittelalter zwischen Saale und – Das Reihengräberfeld von Zöllnitz ...... 25 – 36

Judith Blödorn Das karolingerzeitliche Gräberfeld von Kleinjena-Lauscheberg – Eine außergewöhnliche Nekropole am Zusammenfluss von Saale und Unstrut ...... 37 – 48

Bernd Bahn, Pierre Fütterer Die Wege der Lobdeburger ………...... 49 – 62

Pierre Fütterer Mittelalterliche Wege um Jena ………………...... 63 – 80

Matthias Rupp Zur vor- und frühstädtischen Entwicklung Jenas aus archäologischer Sicht …………………...... 81 – 96

Christine Müller Leutra bei Jena – Vorstadt, Nachbarort oder Vorgängersiedlung der Stadt? (Zusammenfassung) ...... 97 – 102

Dörte Hansen Wein, Mühlen und mehr – Der Jenaer Brückenhof im 15. und frühen 16. Jahrhundert ...... 103 – 110

Ines Spazier Der mittelalterliche Marktplatz von Dornburg, Saale Holzland-Kreis …………………...... 111 – 130

Volker Schimpff Burg und Kirche – Burgbezirk und Kirchbezirk. Beobachtungen zur hochmittelalterlichen Herrschaftsbildung im Raum Orlamünde. Zusammenfassung ...... 131 – 134

Hans Schmigalla Mulnhusun, Mulnaim, Altsaalfeld und Graba – ein Beitrag zur frühen Namens- und Siedlungsgeschichte Saalfelds und seiner Umgebung ...... 135 – 174

Ines Spazier Nachgeburtsbestattungen in Thüringen ...... 175 – 198

Matthias Hardt Der Limes sorabicus im Vergleich früh- und hochmittelalterlicher Grenzentwicklungen ...... 199 – 214

Hans-Jürgen Beier Alban Zöllner (1865 – 1949). Begründer der Bodendenkmalpflege im südlichen Altenburger Land ...... 215 – 223

BFO 8, Hans Schmigalla, Mulnhusun, Mulnaim, Altsaalfeld und Graba, 135 – 174

Hans Schmigalla

Mulnhusun, Mulnaim, Altsaalfeld und Graba – ein Beitrag zur frühen Namens- und Siedlungsgeschichte Saalfelds und seiner Umgebung

Vorbemerkung kalisiert, obwohl der Name desjenigen, von dem Der Abfassung dieses Beitrages ging eine lange Willibrord Güter in diesem Ort geschenkt bekam, Phase voraus, in der, ausgelöst durch Zweifel an mit Thüringen durchaus in Verbindung zu brin- der Identifikation einzelner urkundlich genannter gen ist. Bei den wenigen bekannten Wirkungsstät- Orte, hin und wieder versucht wurde, treffende- ten des Willibrord in Thüringen1 könnte ein, selbst re Zuordnungen zu finden. Keineswegs bestand mit Wahrscheinlichkeiten behafteter weiterer Ort, ursprünglich die Absicht, einen Beitrag zur frü- nicht nur Aufschluss über seine Wege, sondern hen Geschichte Saalfelds zu leisten. Ansätze dazu vor allem über sein Wirkungsgebiet geben. Auch wurden dem Verfasser erst bewusst, als er ver- hier stellte sich die Frage: Wo lag Mulnaim? meinte, bestimmte Zusammenhänge zu erken- Diesen Fragen wurde aber zunächst nicht nach- nen. gegangen. Erst als bei der Suche nach frühen Saa- Auf erste Fragen folgten nach längeren Pausen leübergängen im Raum Saalfeld für kurze Zeit Überlegungen zu Lösungsansätzen, die zunächst Altsaalfeld in den Mittelpunkt des Interesses ge- nicht weiter verfolgt wurden, auf die später wie- riet, wurden sie wieder vergegenwärtigt. Dabei der zurückgekommen, teils verworfen, teils wie- fiel eine, eigentlich seit Langem im Bewusstsein der aufgegriffen wurden. Schließlich schien ein verankerte, Besonderheit auf – die Vielzahl der solcher Stand erreicht zu sein, der es rechtfertigte, Mühlen in diesem Ort. Zudem lag Altsaalfeld in das Ergebnis zumindest als Grundlage einer Dis- einer solchen Entfernung von Rudolstadt und kussion in einem Beitrag vorzustellen. Remda, die der vermuteten Zugehörigkeit zum Der eigentliche Anstoß kam im Zusammenhang gleichen Fiskalbezirk entsprach. Sollte Altsaal- mit der Suche nach Spuren alter Wege im Raum feld auf die Fragen der Lage von Mulnhusun und Rudolstadt. Die Erstnennung dieses Ortes er- Mulnaim die Antwort sein? folgte zusammen mit Remda und Mulnhusun. Es würde bedeuten, dass beide ON den gleichen Betrachtet man diese Orte als Quell- und Ziel- Ort bezeichneten. Sprachlich stimmen beide ON punkte von Verkehr innerhalb eines Fiskalbezir- nur im BW überein, nicht aber im GW. Wenn aber kes, dann fällt auf, dass die Entfernung zwischen beide ON den gleichen Ort gemeint haben, dann Rudolstadt und Remda eine solche Zugehörigkeit wird die Gleichheit durch das BW Muln- ’Müh- nahe legt, die Entfernung zwischen diesen Orten le’ ausgedrückt. Im GW -husun ,-hausen’ steckt und Mulnhusun, welches nach einer verbreiteten ein Dativ Plural von ahd. hus, der ‚bei den Häu- Ansicht mit (Groß-/Klein-)Mölsen gleichgesetzt sern’ bedeutet, während das GW -aim, eigentlich werden kann, dagegen nicht. Wenn die Annahme -heim, mit ‚Flecken, Dorf’ zu übertragen ist. Beide der Zugehörigkeit zu einem Königsgutbezirk gilt, drücken das Gleiche aus, eine ‚Siedlung, beste- wo lag dann Mulnhusun? Geraume Zeit nachdem diese Frage auftrat, rück- In diesem Beitrag werden folgende häufig vorkommenden te in Verbindung mit Orten, die mit dem Wir- Worte durch Abkürzungen ersetzt: Ortsname = ON, Grund- ken des Willibrord in Thüringen in Verbindung wort = GW, Bestimmungswort = BW, Flurname = FlN, Per- standen, der ON Mulnaim ins Blickfeld. Er wird, sonenname = PN. Erschlossene Orte werden mit einem dem ON vorgesetzten *, wüst gefallene mit vorgesetztem + ge- sofern die Lage des Ortes nicht als unbekannt an- kennzeichnet. gesehen wird, meist außerhalb von Thüringen lo- 1 Werner, M. 2007, S. 28, Karte. 135 BFO 8, Hans Schmigalla, Mulnhusun, Mulnaim, Altsaalfeld und Graba, 135 – 174 hend aus mehreren Häusern’. Wie noch aus dem wie aus seiner Übersetzung ersichtlich, Mulnhu- Folgenden hervorgeht, wird Mulnhusun in einer sun mit Mölsen, wobei er sich auf Michael Gockel Urkunde genannt, deren Verfasser mit den Ver- stützt.5 Dieser hatte zunächst festgestellt: „Auf- hältnissen in Thüringen besser vertraut gewesen grund der Zusammenstellung mit Remda und sein dürften als die diejenigen der Urkunde, in Rudolstadt und der damit gegebenen größeren der Mulnaim zu finden ist. Daraus dürfte sich die räumlichen Nähe wird Mulnhusun in der neueren Differenz im GW erklären und Mulnhusun als der Literatur allgemein auf eines der beiden Mölsen eigentliche ON anzusehen sein. nordöstl. Erfurt und nicht auf M[ühlhausen] an Als diese Zusammenhänge sich immer deutli- der Unstrut bezogen. […] Neben der größeren cher abzeichneten, wurde es als lohnend angese- Nähe zu Remda und Rudolstadt spricht auch das hen, unter Hinzuziehung von Urkunden sowie Vorhandensein von Slawen an den genannten von anderen Informationen den Fragen auf den drei Orten bereits in der zweiten Hälfte des 8. Jhs. Grund zu gehen. Das Ergebnis wird im Folgen- eher für Mölsen als für Mühlhausen“. Als wei- den dargestellt. teres Argument zugunsten von Mölsen führt er die Zugehörigkeit zur Gruppe der deutsch-slawi- Mulnhusun im Breviarium sancti Lulli und seine schen Doppelsiedlungen an, um sich danach wie unbefriedigende Identifikation mit Mölsen folgt zu äußern: „Nach diesen Feststellungen ist Die erste Urkunde, in der Orte in Thüringen künftig wohl davon auszugehen, daß das im Bre- namentlich genannt werden, ist 704 durch den viarium Lulli genannte Mulnhusun mit Kleinmöl- mainfränkisch-thüringischen Herzog Heden II. sen identisch ist.“6 Die Einschränkung, die aus ausgefertigt worden.2 Heden schenkte darin dem dem Wort „wohl“ spricht, wird nicht begründet. angelsächsischen Missionsbischof Willibrord Schon 1896 hatte Otto Dobenecker statt „Mühl- nicht nur Güter in Arnstadt und (Groß-)Monra, hausen, besser Mölsen“ vorgeschlagen, aber dazu sondern auch bei seiner Burg Mühlberg (in castel- angemerkt, dass Ulrich Stechele „mit Recht dar- lo Mulenberge). Mühlberg ist das erste schriftliche aufhin weist, dass die Zusammenstellung mit Zeugnis für die Existenz einer (Wasser-)Mühle Remda u. Rudolstadt diese Annahme erschwert“.7 und einen sich darauf beziehenden ON in Thü- Seine Einschränkung bezüglich Mölsen bezieht ringen.3 Daraus lässt sich der Schluss ziehen, dass sich ganz offenbar auf die immer noch zu große Anfang des 8. Jhs. auch andernorts in Thürin- Entfernung zu Remda und Rudolstadt. Ulrich Ste- gen, wo Franken an Fließgewässern Siedlungen chele hatte es 1879 noch deutlicher ausgedrückt: angelegt hatten, mit Mühlen zu rechnen ist, die „Mulnhusin (soll nordöstlich von Erfurt liegen; zur Namengebung herangezogen wurden. Die- es muss aber wegen der folgenden Orte eher in se Feststellung sei voran gestellt, auf sie wird im der Gegend von Rudolstadt – Remda gesucht Weiteren noch Bezug genommen. werden)“.8 Hans Walther, auf den Michael Goc- Das bereits mehrfach genannte Mulnhusun findet kel hinweist, hat 1971 Mulnhusun ohne jede Ein- sich im Breviarium sancti Lulli archiepiscopi, einem schränkung unter Groß-/Klein-Mölsen gestellt.9 Güterverzeichnis des Klosters Hersfeld aus dem Versuch eines Resümees: Die Identifikation von 9. Jh. Es ist in einer Kopie aus dem 12. Jh. über- Mulnhusun mit Mühlhausen wurde einhellig ab- liefert und in drei Abschnitte, Tafeln genannt, ge- gelehnt, die mit Mölsen durch Ulrich Stechele im gliedert. Die Tafel I, die die Schenkungen Karls Grunde verworfen, durch Otto Dobenecker zwar des Großen an das Kloster enthält, wird in den als „besser“, aber nicht als richtig angesehen und Zeitraum 775–786 gelegt. In dieser Tafel findet von Michael Gockel nicht eindeutig, sondern sich folgender Eintrag: In Mulnhusun et Remmidi nur einschränkend übernommen. Warum Hans et Růdolfestat hů[bas] VII, et Sclaui manent in illis Walther, der die Zuordnungen nur auflistet, (In Mölsen und Remda und Rudolstadt 7 Hufen, und aber nicht kommentiert, nicht wenigstens ein Slawen wohnen dort).4 Thomas Franke identifiziert, Fragezeichen gesetzt hat, muss offen bleiben. Es stellt sich die Frage, warum nach über einhun-

2 Wampach 1930, S. 27–31, Nr. 8; Werner, M. 2004, S. 4–7. 3 Vgl. Schimpff 1987. 5 Breviarium sancti Lulli, S. 42, Anm. 36. 4 Breviarium sancti Lulli, S. 14–15, Zeile 16–18 (Text und Fo- 6 Gockel 1984, S. 29f. tokopie) und S. 23 (Übersetzung). – Der Übersetzung von in 7 Dobenecker 1896, S. 22, Nr. 70, Anm. 11. illis mit ‚dort’ durch Thomas Franke wird in diesem Beitrag 8 Stechele 1879, S. 126. Stecheles Arbeit lag eine andere Kopie eine wortgetreue Interpretation mit ‚in jenen’ vorgezogen, der Urkunde zu Grunde, deshalb die Schreibweise Mulnhu- weil mit ‚dort’ die Mehrzahl nicht eindeutig genug zum sin. Ausdruck kommt. 9 Walther 1971, S. 294, Nr. 61.

136 BFO 8, Hans Schmigalla, Mulnhusun, Mulnaim, Altsaalfeld und Graba, 135 – 174 dert Jahren intensiver Bemühungen noch immer meinsamen Verwaltung ist aber vor allem dann nur eine offenbar nicht zutreffende Identifikati- zu rechnen, wenn die drei Orte zu einem territo- on vorliegt. Die Ursache ist in einem für diesen rialen Komplex gehören. Wie bereits weiter oben Fall nicht verwendbaren Ansatz zu suchen. Bis- ausgeführt, könnte es sich um einen Fiskalbezirk her wurde für den überlieferten ON Mulnhusun handeln. Für die „räumliche Nähe“ der Orte gibt ausschließlich nach einem Ort gesucht, dessen es einen einfachen Parameter, den Abstand zwi- heutiger ON sich aus dem überlieferten ableiten schen jeweils zwei Orten. lässt. (Hinzugezogen wurde ergänzend die aus Dieser Parameter wurde näher untersucht. Dafür dem Kontext der urkundlichen Erwähnung des wurde es als notwendig erachtet, den Zusam- ON ersichtliche Anwesenheit von Slawen.) Diese menhang von gemeinsamer Nennung von Orten Standardsituation der ON-Zuordnung hat aber im Breviarium sancti Lulli und ihrer geografi- zu keinem befriedigenden Ergebnis geführt. schen Lage zu analysieren. Diese Analyse sollte Deshalb wird im Folgenden versucht, nach einem sich nicht auf die drei Orte beschränken, sondern Ort zu suchen, der den ON Mulnhusun getragen für alle Orte vorgenommen werden, die zusam- haben könnte, aber heute einen anderen besitzt. menhängend im Verzeichnis aufgeführt sind. Ein Änderungen von ON hat es auch in Thüringen derartiges Vorgehen ermöglicht Vergleiche, ins- gegeben, das prominenteste Beispiel mag Saufeld besondere was den Abstand der Orte anbelangt. (954 Suveldun) sein, das später in Thangelstedt Das Breviarium sancti Lulli enthält in der Tafel I umbenannt wurde. Auch Vargula gehört dazu, Besitzübertragungen in einzelnen Orten und sol- das ursprünglich Hochheim hieß und noch vor che, in denen der übertragene Besitz sich in zwei dem 9. Jh. umbenannt wurde (9. Jh. villa Fargaha und mehr Orten befindet. Beide Kategorien von que prius Hocheim vocabatur).10 In unmittelbarer Orten wurden kartiert, die singulären Orte wur- Nachbarschaft der Remda-Orte liegt ein Ort, der bis den als runde grüne Punkte, die zusammenhän- zum 16. Jh. Teichmannsdorf (1217 Tichmannestorph) gend in Gruppen genannten Orte als rote Qua- genannt wurde und dann den Namen der Burg Eh- drate dargestellt. Die letzteren wurden in der renstein übernahm.11 Wie diese Beispiele zeigen, Reihenfolge der Nennung untereinander durch erscheint die Suche nach einem umbenannten Ort Linien verbunden (Abb. 1). nicht aussichtslos. Es sind zwölf Gruppen zu erkennen, in denen Sie dürfte die einzige Vorgehensweise sein, die insgesamt 45 Orte in unterschiedlicher Anzahl nach dem Versagen der üblichen noch verbleibt. zusammengefasst sind. Sie bilden vier 2er-, fünf 3er-, eine 4er-, eine 5er- und eine 13er-Gruppe. Zur räumlichen Struktur der Gruppen-Orte im Ihre Kartierung vermittelt hinsichtlich des Ab- Breviarium sancti Lulli standes der Orte innerhalb der Gruppen eine ge- Bevor auf die Suche nach einer derartigen Al- wisse Regelmäßigkeit. Allerdings fallen zwei 3er- ternative eingegangen wird, soll noch überprüft Gruppen mit jeweils einem Ort aus dem Regel- werden, welche Ergebnisse eine geografische Un- maß des Verteilungsmusters heraus: es handelt tersuchung der Struktur der Gruppen-Orte zur sich um die Zuordnung von Butesstat zu Butt- Lösung des Problems beizutragen vermag. Es fällt städt (nordöstlich von Weimar) und von Muln- bei den zitierten Anmerkungen zur Lokalisierung husun zu (Groß-/Klein-)Mölsen (nordöstlich von von Mulnhusun auf, dass aus der „Zusammen- Erfurt). Sie wurden als schwarze Quadrate dar- stellung“, d. h. aus der gemeinsamen Nennung gestellt, deren Anbindung an die anderen Grup- mit Remda und Rudolstadt, eine „größere räum- penmitglieder als gestrichelte schwarze Linie er- liche Nähe“ abgeleitet wird. Besonders deutlich folgte (Abb. 1). wird das bei Michael Gockel. Die gemeinsame Zusätzlich zu der kartografischen wurde eine Nennung erklärt sich mit hoher Wahrscheinlich- numerische Analyse vorgenommen. Dazu wur- keit aus der Angabe „7 Hufen“, die dem Kloster de die direkte lineare Entfernung zwischen je- übergeben wurden. Da nicht mitgeteilt wird, wie weils zwei Orten (in ganzzahligen km-Werten) sich die sieben Hufen auf die drei Orte verteilen, bestimmt, die innerhalb einer Gruppe in der No- muss angenommen werden, dass die Güter in den tierung aufeinander folgen.12 Die Werte liegen drei Orten unter einer Verwaltung standen, die in einer Spannweite von 1 bis 20 km, die mittlere die Aufteilung vorzunehmen hatte. Mit einer ge- 12 Die beiden durch Buttstädt und Mölsen induzierten Re- lationen wurden nicht in die Berechnung mit einbezogen, 10 Walther 1971, S. 300, Nr. 55; S. 290, Nr.14. da sie als atypisch angesehen werden und die zahlenmäßige 11 Grundmann 1998, Stichwort (Suchpunkt) Ehrenstein, S. 89f. Widerspieglung der Regelmäßigkeit verfälschen würden.

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Abb. 1. Räumliche Verteilung der im Breviarium sancti Lulli (Tafel 1) genannten Orte.

Entfernung beträgt 5,8 km, gerundet 6 km. Trägt visuellen Eindruck, der aus der kartografischen man für jede Gruppe die Einzelwerte in ein Dia- Betrachtung gewonnen wurde. gramm ein, so wird eine Splittung der Spannwei- Die kartografische und die numerische Analy- te in zwei Intervalle erkennbar. In dem von 1 bis 9 se der Gruppen-Orte im Breviarium sancti Lulli km liegen zehn und in dem von 10 bis 20 km zwei haben eine als regelmäßig zu interpretierende Gruppen. Aus dem ersten Intervall reichen drei Struktur erbracht, in die sich die Identifikation Gruppen noch gerade in das zweite hinein. Das von Mulnhusun mit Mölsen nicht einordnen lässt. deutet auf zwei unterschiedliche Größenklassen Das Ergebnis der Strukturanalyse bestärkte den der an der Besitzübergabe beteiligten Orte hin. Verfasser, für Mulnhusun nach einem Ort zu su- Für die bei der Kartierung wegen ihrer großen chen, der sich in diese Regelmäßigkeit einfügt. Entfernung aufgefallenen Relationen wurden Als überraschendes Nebenprodukt der Untersu- folgende Zahlenwerte bestimmt, für Buttstädt – chung wurde festgestellt, dass die Identifikation Tüngeda 60 km und für Mölsen – Remda 31 km. von Butesstat mit Buttstädt gleichfalls, sogar mit Im ersten Fall weicht der Wert um das Zehnfa- einer noch größeren Entfernung, aus der Regel che vom Mittelwert ab, beim zweiten um das fällt. Fünffache. Sie sind um das Dreifache bzw. das Dieses „Beiwerk“ Butesstat kam ungelegen. Wür- Doppelte größer als der Maximalwert von 20 km. de es als Aufgabe angesehen, war mit erhebli- Die numerische Analyse bestätigt eindeutig den chem Aufwand und ungewissem Ausgang zu

138 BFO 8, Hans Schmigalla, Mulnhusun, Mulnaim, Altsaalfeld und Graba, 135 – 174 rechnen. Würde es als nicht zur Aufgabe gehörig zugewandt haben, der allerdings weit entfernt abgetan, hätte es den Anschein des Ausweichens von Tüngeda liegt. Die Suche wurde aber an die- erweckt und den Wert des Ergebnisses für Muln- ser Stelle nicht aufgegeben, sondern bei den FlN husun möglicherweise geschmälert. Schließlich fortgesetzt. Wenn es einen solchen ON einmal wurde die Suche einer Lösung für Butesstat als gegeben hat, dann könnte er in einem FlN noch Chance und als Test betrachtet, die, sollte sie zu erhalten sein, der der bisherigen Wüstungsfor- einem im Regelmaß liegenden Ergebnis führen, schung entgangen ist. Eine konventionelle Su- auch die Akzeptanz der Lösung für Mulnhusun che in Katasterämtern wurde wegen der Größe befördern könnte. Andernfalls wäre zu entschei- des Suchfeldes ausgeschlossen. Hier bot sich die den gewesen, ob die Untersuchungen weiterge- Auswertung digitaler Lagenverzeichnisse an. Der führt werden sollten. Denn bei beiden bislang Suchraum erfasst Teile der Landkreise Gotha, deplatzierten Nennungen konnte nur der gleiche, Unstrut-Hainich-Kreis und Wartburgkreis sowie bisher nicht verfolgte Lösungsweg des Suchens der kreisfreien Stadt Eisenach. Die Lagenkataloge unter nicht mehr existenten oder umbenannten dieser Verwaltungseinheiten wurden jeweils als Orten erfolgreich sein. – Aus diesem Grunde Ganzes untersucht, im Falle von Treffern ist leicht wurde zunächst nach einer neuen Identität für zu überprüfen, ob sie im Suchraum liegen oder Butesstat gesucht, deren Ergebnis im folgenden nicht. Nur im Lagenkatalog des Unstrut-Hainich- Exkurs dargestellt wird. Kreises konnten Lagen (hier: Fluren), deren FlN einen von Butesstat abgeleiteten ON enthielten, Exkurs 1: Suche nach einer neuen Identifikation festgestellt werden. Es handelt sich um den ON für Butesstat Buttstedt, der als Buttstedter Ried in der Gemar- Die Gruppe besteht aus Butesstat – Dungede (= kung Großengottern in fünf FlN mit den die Lage Tüngeda) – Suabehusun (= Schwabhausen). Bei bestimmenden Präpositionen und Artikeln Am…, der Suche wurde davon ausgegangen, dass der Auf dem…, Das… und Im… auftritt.15 Die Flurbe- Grundsatz der räumlichen Nähe zwingend ist zeichnung ist in den Kirchenkassenrechnungen und dass ein Maß für die Nähe gewonnen wer- der St. Walpurgiskirche von Großengottern der den kann, wenn die Entfernung bestimmt wird, Jahre 1604/05 durch 6 gr. von einem acker am But- die zwischen den sicher identifizierten Orten der stedischen riete und 1613/14 durch 6 gr. von einem gleichen Gruppe gemessen wird. Die direkte line- Acker am Butstedischen ride belegt.16 Die FlN wer- are Entfernung zwischen Tüngeda und Schwab- den nicht im Einzelnen kartiert, sondern durch hausen beträgt 20 km. Mit diesem Zahlenwert als die im Schwerpunkt eingetragene Bezeichnung Radius wurde ein Kreis um Tüngeda gezogen. Buttstedter Ried repräsentiert (Abb. 2). Orte mit ON, die aus Butesstat hervorgegangen Zweifelsohne handelt es sich um Feld- und Wie- sein können, wurden innerhalb des Kreises nicht senflächen, die einst zu einem Ort *Buttstedt ge- festgestellt. Das nordwestlich von Mühlhausen hörten, der zu einem unbekannten Zeitpunkt liegende Büttstedt (Lkr. Eichsfeld) wurde, ab- gesehen von der offenbar anderen sprachlichen 15 Die digitalen Lagenkataloge der vier Verwaltungseinhei- Wurzel, wegen einer Entfernung von über 30 km ten wurden von der Website des TLVermGeo als Thuer_La- nicht in Betracht gezogen. Im Wüstungsverzeich- gen_Katalog_13_01_2009 heruntergeladen und mit Hilfe des nis von Wintzingeroda-Knorr findet sich +Pütt- Werkzeugs >Benutzer definierter Autofilter< durchsucht. hausen (Buthusen, Bithusen).13 Die Wüstung liegt Auf diese Weise wurden aus über 40.000 Datensätzen die heute in der Talsperre Seebach. Sie ist zwar nur fünf genannten mit sehr geringem Zeitaufwand herausge- filtert. 15 km von Tüngeda entfernt, aber auf das BW des 16 Mitteilung von Peter-Jürgen Klippstein (Erfurt) vom 3. ON trifft das bereits bei Büttstedt Gesagte zu und März 2015, der einen Teil der Kirchenkassenrechnungen außerdem weicht auch noch das GW ab. im Zusammenhang mit der Erarbeitung einer Chronik von Auch die Suche in weiteren Wüstungsverzeich- Großengottern durchgesehen hat. Ihm ist der Verfasser für diese Information besonders dankbar, da sie es ermöglicht nissen, die den Suchraum erfassen, blieb erfolg- hat, die rezenten FlN auf historische zurückzuführen. Der 14 los. Das gleiche Ergebnis wird die bisherige Dank gilt nicht zuletzt für die Informationen zur Situation Forschung festgestellt und sich daraufhin dem der Fließgewässer vor der Unstrutregulierung und der Se- einzigen erkennbaren Namensträger Buttstädt paration, die er in einem Gedankenaustausch im April 2017 übermittelt hat. – Aufgrund dieses Hinweises wurde für 13 Wintzingeroda-Knorr 1903, S. 158, Nr. 86; Wüstungskarte, Abb. 2 keine moderne Karte gewählt, sondern das Feldori- südlich von? Mühlhausen. ginal von 1854, welches den Zustand vor der Unstrutregu- 14 o. V. 1836, S. 260–287; Aulepp 1974, S. 333–339; Kreibe 1980, lierung und der großflächigen Drainage darstellt und so der S. 35–60, Nr. 8. mittelalterlichen Beschaffenheit am nächsten kommt.

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Abb. 2. Lage der Wüstung +Buttstedt (vermutet) und des Buttstedter Riedes (nachgewiesen). wüst fiel und außer in diesen FlN keine bisher Es spricht18 einiges dafür, dass die Wüstung entdeckten Spuren hinterlassen hat. Nun, da +Buttstedt am Ostrand des Höhenzuges zu er- genau lokalisierbare Namen für die Feldflur be- warten ist (Abb. 2). Wertet man die Katasterkar- kannt sind, lässt sich zielgerichtet nach der unbe- ten aus, so stellt man fest, dass dieses Areal nicht kannten Lage der Ortsflur suchen. Die rezenten zur Gemarkung Großengottern, sondern zur Ge- FlN bezeichnen Flächen in den durch die Separa- markung Thamsbrück gehört. Deren Flur 9 reicht tion gebildeten Fluren 6, 7 und 8 der Gemarkung hier über die Unstrut in Form eines angenähert Großengottern, in deren südöstlichstem Teil sie fünfeckigen „Brückenkopfes“ herüber, während sich befinden. In ihrer Nähe dürfte *Buttstedt ge- sich alle anderen Fluren zusammen mit dem Ort legen haben. Als Siedlungsfläche kommt nur je- auf der linken Seite des Flusses befinden.19 Der- ner in Abb. 2 aufgrund der Höhenlinien deutlich artige Ausbuchtungen der Gemarkungsgrenzen erkennbare, sich Ost-West erstreckende schmale werden in der Wüstungsforschung als Indizien Höhenzug in Frage, der das Buttstedter und das für die Zuordnung von Teilflächen ehemaliger Großengotternsche Ried nach Süden begrenzt. Wüstungsgemarkungen zu zwei Anrainergemar- Seine höchste Partie wird als Schalkenberg be- kungen angesehen. Der Thamsbrücker Flurteil zeichnet.17 *Buttstedt dürfte vom Schalkenberg rechts der Unstrut und die unmittelbar daran an- bis zum Ostrand des Höhenzuges in der Nähe des grenzenden Flächen von Großengottern mit den alten Weges, der seinen Anfang an der Unstrut- FlN Buttstedter Ried gehörten ganz offensichtlich brücke von Thamsbrück nimmt, zu suchen sein. zu einer Wüstungsgemarkung +Buttstedt. Der Schon vor dem Bau einer Brücke ist in der Nähe 18 Köhler 2015, S. 80–83, Abb. 63. davon mit einer Furt zu rechnen. Dieser Weg ver- 19 Dieses Fünfeck ist wie folgt abgegrenzt: durch die Unstrut bindet zwei frühe Nord-Süd-Trassen, von denen von der Mündung des Fließgewässers Nordmar bis zur eine durch Thamsbrück führt, die andere durch Mündung des Suthbaches, durch diesen bis zur Mündung Großengottern.18 des Karrengrabens, durch diesen bis zu der Stelle an der er nach Westen abschwenkt, von dieser Stelle in gerader Linie 17 Zur Orientierung: In Abb. 2 ist dort das Kürzel K.Gr. für nach Süden bis diese auf das Nordmar stößt und von dort Kiesgrube zu erkennen. durch das Nordmar bis zur Mündung in die Unstrut.

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Flurteil wird auf Grund seiner erhöhten topo- grund für das Nicht-Erkennen von +Buttstedt grafischen Lage bereits vor der Flussregulierung aber mag sein, dass es keine schriftliche Erwäh- hochwasserfrei und damit im Gegensatz zum nung des wüsten Ortes gibt, sondern nur Nen- Ried als Siedelstelle geeignet gewesen sein. Oft nungen von FlN, die auf die Existenz eines einst finden sich in der Nachfolge von Wüstungen Vor- bestehenden Ortes schließen lassen. Wie gezeigt werke an der Stelle des aufgelassenen Ortes. Von werden konnte, sind diese FlN zwar in rezenten zwei Thamsbrücker Rittergütern soll nach Rolf Lagenverzeichnissen und in der großmaßstäbli- Aulepp „eines jenseits der Unstrut bei der Brüc- chen Katasterkarte noch erhalten, in den moder- ke“ gelegen haben.20 Das Rittergut könnte dem- nen topografischen Karten vom Maßstab 1:10.000 nach auf der Stelle des wüsten Ortes gestanden bis 1:50.000 ist nur noch die Bezeichnung Grossen- und die wüste Feldflur von etwa 30 ha unter den gotternsches Ried eingetragen. Die Bezeichnung Pflug genommen haben. Solange keine archäolo- Buttstedter Ried ist, wie viele andere FlN, im Be- gischen Funde vorliegen, muss die genaue Lage wusstsein selbst von Ortskundigen nicht mehr von +Buttstedt offen bleiben. präsent und wurde auch in der Orts- und Regio- Die Gesamtheit dieser Gründe macht es sehr nalgeschichte bisher nicht erwähnt. Deshalb soll- wahrscheinlich, dass in dem hochwasserfreien te es nicht verwundern, dass dieser Spur bislang Bereich eine Siedlung *Buttstedt bestanden hat, nicht nachgegangen wurde. die später wüst gefallen ist und deren durch FlN Fasst man das Ergebnis zusammen, so lässt sich lokalisierbare Fluren auf die Anrainer Großen- mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit aus den FlN gottern und Thamsbrück aufgeteilt wurden. der ON Buttstedt ableiten, der zu einem Ort *Butt- Großengottern dürfte nicht nur das Buttstedter stedt gehört haben muss, welcher zu einem unbe- Ried, sondern auch die Flur Im Neuländig erhal- kannten Zeitpunkt wüst gefallen ist und dessen ten haben. Sie grenzt an das Buttstedter Ried an Feldfluren größten Teils zur Gemarkung Großen- und füllt die Fläche bis zur Unstrut aus. (In Abb. gottern geschlagen wurden, während seine Orts- 2 Das Neulandig.) Die Benennung (auch Naulenge) flur und ein kleiner Teil der Feldfluren in den -Be spricht für eine Flur, die ursprünglich nicht zu sitz von Thamsbrück gelangten. Der ON Buttstedt Großengottern gehörte. Sie wird 1579 in der Ge- ist ganz offensichtlich eine jüngere Form des ON meindeordnung, 1613 in der Steuerliste und 1756 Butesstat, der im Breviarium sancti Lulli erscheint. in einem Bericht über Hagelwetter erwähnt.21 Dieser sprachgeschichtliche Zusammenhang er- Diese Nennungen schließen eine Neulandgewin- möglicht zunächst die nominale Gleichsetzung nung im Rahmen der Unstrut-Regulierung im 19. von Butesstat mit *Buttstedt → +Buttstedt. Jh. gänzlich aus. Der Zuwachs an Land kann we- Die heutige Wüstung +Buttstedt ist von dem gen seiner Lage nur eine Flur der Wüstung +Butt- nächstgelegenen Ort der Dreiergruppe, Tünge- stedt gewesen sein. da, nur 12 km entfernt. Ein anderer Ort, dessen Es stellt sich die Frage, warum +Buttstedt nicht in ON sich aus Butesstat ableiten lässt, konnte im den oben genannten Wüstungsverzeichnissen zu näheren Umkreis von Tüngeda nicht gefunden finden ist. Dafür mag die Lage an der Grenze von werden. Die nominale Gleichsetzung erfüllt da- Untersuchungsbereichen eine Erklärung sein. Le- mit die Bedingung der präjudizierten Nähe im vin von Wintzingeroda-Knorr erfasst zwar noch Zusammenhang genannter Orte. die Ortslage Großengottern, aber nicht mehr den Zu einer belastbaren Identifizierung von Butes- südöstlichen Bereich der Gemarkung.22 Rolf Au- stat mit *Buttstedt → +Buttstedt werden aber lepp hat zwar zusätzlich zu Levin von Wintzinge- nicht nur die Namensgleichheit und die räumli- roda-Knorr noch die Wüstungen Niederseebach che Nähe zu Tüngeda als erforderlich angesehen, und Niederheroldishausen in der Gemarkung sondern auch der Nachweis weiterer Merkmale Großengottern aufgenommen, dringt aber nicht der Übereinstimmung. Als ein solches Merkmal bis zur Unstrut vor.23 Die Untersuchungen von wird die Wahrscheinlichkeit dafür angesehen, Lorenz Kreibe reichen an dieser Stelle von Süden mit der *Buttstedt bereits im Zeitraum der Nen- her nicht bis an die Unstrut heran.24 Der Haupt- nung von Butesstat existiert haben könnte. Dazu wurde untersucht, wann die Nachbarorte von 20 Aulepp 1992, S. 2. *Buttstedt das erste Mal urkundlich erwähnt 21 Mitteilung von Peter-Jürgen Klippstein (Erfurt) vom 19. wurden und welche Schlussfolgerungen daraus April 2017, vgl. auch Fn. 15. für die Existenz von *Buttstedt gezogen werden 22 Wintzingeroda-Knorr 1903, Wüstungskarte. 23 Aulepp 1974. können. Die Orte, die *Buttstedt unmittelbar um- 24 Kreibe 1980. geben haben, werden wie folgt erstmals genannt:

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Thamsbrück 780–802, (Bad) Langensalza 775–786, brück und als +Buttstedt aufgegangen in deren Schönstedt 780–802, Altengottern 802–817 und Gemarkungen, der Ort Butesstat des Breviarium Großengottern (Bischofsgottern) 1253. In einem sancti Lulli gefunden. Für die Entfernung zwi- zweiten Ring finden sich u. a. Merxleben 780–802, schen Tüngeda und +Buttstedt konnte ein im Waldstedt 822–842, Zimmern 802–817, Alterstedt Regelmaß liegender Wert von 12 km bestimmt 750–802, Weberstedt 775–796, Flarchheim 750– werden. Das Ergebnis machte Hoffnung, auch für 802 und Seebach 750–779.25 Bis auf Großengottern Mulnhusun eine zulässige Lösung zu finden. werden alle unmittelbaren Nachbarorte und die zum zweiten Ring gehörenden Orte Ende des Das sog. Testament des Willibrord und Muln- 8./Anfang des 9. Jhs. erstmals genannt. Es wird aim deshalb als sehr wahrscheinlich angesehen, dass Nur fünf Jahrzehnte bevor Mulnhusun im Brevia- *Buttstedt ebenfalls in diesem Zeitraum bereits rium sancti Lulli notiert wurde, erschien Mulnaim existierte. Da es der gleiche Zeitraum ist, in dem im sog. Testament des Willibrord. Der geringe die Nennung von Butesstat erfolgte, dürfte dies zeitliche Abstand zwischen beiden Erwähnungen die Identifizierung auch unter zeitlichem Aspekt eines ON mit dem BW Muln- ’Mühl-’ sowie die im stützen. ersten Fall sichere und im zweiten erschließbare Wie oben bereits erwähnt, enthält die Tafel I des Lage in Thüringen lassen es möglich erscheinen, Breviarium sancti Lulli die Schenkungen Karls dass beide Nennungen den gleichen Ort meinen. des Großen an das Kloster Hersfeld. In den in Das sog. Testament des Willibrord von 726 ent- Tafel I aufgeführten Orten muss folglich Reichs- hält eine Reihe von Gütern, die er dem Kloster gut zur Verfügung gestanden haben. Auch bei Echternach schenkt und übergibt. Darunter be- diesem Merkmal wurde in den Nachbardörfern finden sich solche, die er von Pipin, und solche, gesucht. In Altengottern, (Bad) Langensalza und die er von einzelnen Personen mit dem Recht der Merxleben wird man fündig, dort ist ottonisches Verfügung über diese übereignet bekommen hat. Krongut nachgewiesen.26 Dem dürfte karolingi- Die Aufzählung umfasst Güter von neun einzel- sches vorausgegangen sein. Derartiger Streube- nen Tradenten, wobei die ersten sieben fränki- sitz der Krone war folglich in diesem Landstrich schen Gebieten zuzuordnen sind, die im belgisch- verbreitet. Das macht es wahrscheinlich, dass in holländisch-friesischen Raum zu suchen sind. Es *Buttstedt das für Butesstat vorauszusetzende ka- werden immer der Ort, fast immer der Gau und rolingische Reichsgut zur Übergabe an das Klo- in einigen Fällen ein nahe gelegenes Gewässer ster Hersfeld zur Verfügung stand. genannt. Bei dem an achter Stelle stehenden Tra- Für die Dreiergruppe Butesstat et Dungede et Sua- denten heißt es: Et Thietbaldus mihi condanabat vel behuson wird mitgeteilt: et Sclaui habitant ibi. Es tradebat ecclesiam aliquam, que est constructa in villa dürfte außer Zweifel stehen, dass diese Mittei- Mulnaim, que Araride vocatur, cum appenditiis suis. lung nicht nur auf Tüngeda und Schwabhau- Vom neunten und letzten Schenker erfahren wir: sen, sondern auch auf Buttstedt zu beziehen ist. Et illuster vir Hedenus mihi condanabat vel tradebat Demzufolge müssen auch dort Slawen gewohnt omnem portionem suam in villa que vocatur Armista- haben. Soweit im Westen? Von 14 identifizierten di super fluvio Witheo in pago Thuringasnes.27 Orten, die in den drei Tafeln des Breviarium sanc- Zunächst ist festzustellen, dass bei Thietbald ti Lulli den Vermerk „und Slawen wohnen dort“ zwar ein Ort (Mulnaim), aber kein Gau angegeben tragen, liegen zehn im Osten an oder in der Nähe wird, während bei Heden beide, Ort (Armistadi)28 von Saale, Ilm und unterer Unstrut, unsere drei und Gau (in pago Thuringasnes), genannt werden. in der Mitte Thüringens und einer, Bischhausen Die unvollständige Lageangabe des Ortes beim (Biscofeshusun […] et manent Sclaui), liegt an der Schenker Thietbald hat, spätestens beginnend Werra, 57 km westlich von Buttstedt. Die Anwe- mit Camille Wampach, dazu geführt, Mulnaim senheit von Slawen kann dort folglich nicht in links des Rheins zu suchen. Man kann aber mit Frage gestellt werden. hoher Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass die Verfasser der Urkunde die Lage genauer an- Das Fazit dieses Exkurses: Mit großer Wahr- gegeben hätten, wenn sie ihnen denn bekannt scheinlichkeit ist mit *Buttstedt, gelegen an der gewesen wäre. Links des Rheins werden sie Be-

Unstrut zwischen Großengottern und Thams- 27 Poncelet 1906. 28 Armistadi ist ein Verschreiber von Arnistadi, dessen ge- 25 Kahl 2010. naue Schreibweise wir aus der Urkunde Hedens von 704 26 Eberhardt 1943, S. 47f. kennen; vgl. Fn. 2.

142 BFO 8, Hans Schmigalla, Mulnhusun, Mulnaim, Altsaalfeld und Graba, 135 – 174 scheid gewusst haben. Folglich dürfte Mulnaim Dorf Mulnaim errichtet wurde und Araride ge- dort nicht gelegen haben. Es spricht deshalb viel nannt wird. Camille Wampach hat nicht geringe dafür, wie bei der Hedenischen Schenkung, den Verwirrung gestiftet, als er nicht nur Mulnaim Ort in Thüringen zu suchen. („Mulnaim, Mulneheim, locus, Mülheim unter- Nicht ohne Grund dürften die Übereignungen halb Köln“), sondern auch Araride („Araride, durch Thietbald und Heden, nach denen der villa, unbestimmbar“) zur Siedlung erklärte.32 Es linksrheinischen Tradenten, und zusammen auf- kann kein Zweifel darüber bestehen, es wurde geführt worden sein. Auch in der Vita Bonifatii eine Kirche übergeben, die den Namen Araride des Willibald werden zwei Namen in dieser Rei- trägt und zum Ort Mulnaim gehört. henfolge aufgeführt. Bei Heinrich Wagner lesen Die durch einen vermeintlichen ON Araride ver- wir dazu: „Sie berichtet, dass die unter stellte Sicht hat verhindert, nach der Bedeutung der tyrannischen (!) Herrschaft der duces Theot- des Kirchennamens Araride zu fragen. Bei der für bald und Hetan gelitten habe, während sie nur eine Kirche ungewöhnlichen Bezeichnung kann wenige Zeilen später den Tod der frommen (!) es sich nicht um ein Patrozinium handeln. Der Herzöge bedauert, der zu einem Nachlassen des Zugang zu ihrer Bedeutung wurde deshalb in christlichen Glaubens geführt habe.“ Für ihn ist den Bestandteilen eines vermuteten lateinischen außerdem bemerkenswert, dass „ein Thietbaldus Kompositums gesucht. Es wird angenommen, (= Theotbald) im sog. Testament des hl. Willi- dass Araride aus Ara arida durch Kontraktion der brord unmittelbar vor Hetan als Schenker ge- beiden Wörter und anschließende Assimilation nannt wird.“29 Folgt man dieser Gleichsetzung des Schluss-a zu einem Schluss-e entstand. Das von Thietbald und Theotbald, so kommt zu den erste Wort Ara bedeutet ‚Erhöhung von Erde, aus dem oben erläuterten Aufbau des sog. Testa- Stein u. ä.’, aber auch ‚Altar’, das zweite aridus, -a, ments abgeleiteten Argumenten für die Lage von -um ist mit ‚trocken, dürr’ zu übertragen. Araride Mulnaim in Thüringen ein weiteres hinzu. bedeutet demnach wörtlich übertragen ‚trockene In Thüringen wird schon seit längerem und auch Höhe’ oder ‚trockener Altar’. Als Kirchenname in neuester Zeit wieder nach Mulnaim gesucht. könnte Araride im Deutschen ein wenig sperrig Wobei sich alle dem Verfasser bekannt gewor- mit ‚Bergkirche in feuchter Umgebung’ ausge- denen diesbezüglichen Beiträge auf Mühlberg drückt werden, wobei der Zusatz ‚feucht’ unver- konzentrieren.30 Diesem Ansatz wird hier nicht zichtbar ist, weil die Trockenheit des Standortes gefolgt, weil, wie aus der Urkunde von 704 her- im Namen nicht mehr erscheint und deshalb im vorgeht, Mulenberge ein Geschenk Hedens und Gegensatz zur feuchten Umgebung ausgedrückt nicht Thietbalds an Willibrord gewesen war. Die werden muss. Eine feuchte Umgebung ist keines- Übertragung von Mulnaim (Mühlheim) durch wegs bei jeder Bergkirche gegeben, wohl aber bei Thietbald geht nicht nur aus dem sog. Testament einer, die sich über einer durchnässten Flussaue hervor, sondern auch aus einem Regest einer ver- erhebt. In einer Flussaue ist unter bestimmten schollenen Urkunde.31 Ein weiterer Grund spricht Bedingungen auch das Betreiben von Mühlen gegen die Identifizierung von Mulnaim mit Mu- möglich. Das wiederum war in fränkischer Zeit lenberge. Wie aus der gleichen Urkunde von 704 ein starkes Motiv für einen ON. Eine Bergkirche zu schließen ist, handelt es sich bei dem GW -berg namens Araride, gelegen am Rand einer feuchten nicht um einen Weiler von wenigen Häusern, wie Flussaue, in der sich Mühlen in einem Ort na- das bei -hausen oder -heim der Fall ist, sondern mens Mulnaim befinden, dürfte die ‚Realprobe’ um das castello Mulenberge, die Mühlburg. Eine bestehen. Vertauschung von -heim und -berg dürfte des- halb viel weniger wahrscheinlich sein, als eine Suche nach einer neuen Identifikation fürMuln - Verwechslung -heim und -hausen. husun = Mulnaim Will man den Ort identifizieren, dann erfordert Wie bereits mehrfach erwähnt, wird von der dies zunächst einige Klarstellungen. Aus dem Möglichkeit ausgegangen, dass Mulnhusun und oben zitierten lateinischen Text der Passage in Mulnaim den gleichen Ort bezeichnen. Setzt man dem sog. Testament geht hervor, dass Thietbald beide gleich, dann führt das zu einem Informati- Willibrord eine Kirche, mit ihrem Zubehör, über- onsgewinn, der für die Suche des Ortes nützlich geben und zur Verfügung überlassen hat, die im sein kann. Zu den an Mulnhusun aus dem Kon-

29 Wagner 1999, S. 25. 30 Patze 1989b; Koch 2007, S. 124. 32 Wampach 1930; vgl. die entsprechenden Stichworte im Na- 31 Wampach 1930, S. 83, Nr. 38*. men- und Ortsregister.

143 BFO 8, Hans Schmigalla, Mulnhusun, Mulnaim, Altsaalfeld und Graba, 135 – 174 text des Breviarium sancti Lulli haftenden In- und Mühle(n) trifft auf die Altsaalfelder Müh- formationen kommen diejenigen hinzu, die le (1355, nach der urkundlichen Ersterwähnung zu Mulnaim gehören und aus dem Zusam- älteste Mühle) und die Niedermühle (1429) zu menhang des sog. Testaments des Willibrord (Abb. 3).34 stammen. Beiden gemeinsam sind die Merkmale Hier wird erstmals, im Folgenden des Öfteren, Mühle(n), Fließgewässer und kleine Siedlung, die auf eine synoptische Karte Bezug genommen, die nahe an der/den Mühle(n) liegen. Mulnhusun ist sich in Abb. 3 befindet und der Erklärung bedarf. außerdem gekennzeichnet durch die Bindung an Über dem Geländerelief (grau) liegt eine trans- Remda und Rudolstadt sowie eine Entfernung zu parente Schicht der Bebauung gegen Ende der diesen Orten in gerader Linie von etwa 10 km. Zu 1980er Jahre (graugrün), sie soll die Orientierung Mulnaim gehören zusätzlich die Attribute hoch erleichtern. Über dieser sind die Standorte mittel- gelegene Kirche am Rand einer feuchten Flussaue. alterlicher Bauobjekte und Mühlen eingezeichnet Die hervorgehobenen Merkmale bilden die Such- (weiß und gelb). Das frühmittelalterliche Wege- kriterien für die Lokalisierung des Ortes. Als netz einschließlich der Furten ergänzt die Dar- Suchräume werden, ausgehend vom Breviarium stellung (weiß und blau). Die Legende verweist sancti Lulli, Umkreise um Remda und Rudolstadt auf vermutete und nachgewiesene Nutzungen gezogen, deren Radius so groß wie der Betrag sowie schriftlich überlieferte Benennungen zu der geradlinigen Distanz zwischen Remda und verschiedenen Zeiten. Kehren wir nun zur Dar- Rudolstadt gewählt wurde. In der Fläche, die die stellung des Sachverhalts zurück. beiden, sich teilweise überlagernden Umkreise Zusätzlich zu den angegebenen Merkmalen gab bilden, befinden sich Abschnitte der Saale und es eine Kirche in der feuchten Niederung: Altsaal- der Ilm sowie ihrer Zuflüsse, u. a. der Schwar- feld besaß eine dem Kirchspiel Graba zugeordnete za, der Rottenbacher Rinne, des Rottenbachs, der Kirche, die dem heiligen Michael geweiht war. Sie Remdaer Rinne, des Haselbaches, des Wiedaba- wurde nach der Reformation geschlossen und das ches und der Deube. An diesen Fließgewässern Kirchengebäude nach einem Brand 1632 abgebro- läst sich in über 20 Orten die Kombination von chen.35 Urkundlich wird sie erstmals 1396 als sente einer Kirche und mindestens einer Mühle feststel- Michelskirchen genannt, noch 1766 heißt eine Wie- len. Nur ein Ort, Altsaalfeld, weist alle oben ge- se in der Weyra bey Sanct Michaels Kirche. Sie war nannten Merkmale auf. auch Begräbniskirche, denn der Friedhof wurde Zum Nachweis dieser Merkmale wird insbeson- zusammen mit der Kirche 1533 geschlossen. Sie dere das Saalfelder Flurnamenbuch von Gerhard stand am Weirabach, ein Stück oberhalb der Stelle, Werner, einem profunden Kenner der Stadt Saal- wo dieser in die Lache mündet (Abb. 3).36 33 feld und ihrer Umgebung, herangezogen. Über Dies alles spricht für Mulnhusun = Mulnaim = die Lage von Altsaalfeld in einer feuchten Nie- Altsaalfeld. Allerdings ist noch zu klären, ob sich derung erfahren wir: „Die Anfänge der im ein- auch die hoch gelegene Kirche, die dem Namen stigen Sumpfgebiet auf Schwemmsandwerdern Araride gerecht wird, hier befindet. Auf der ande- angelegte und einst durch Überschwemmungen ren, der linken Seite der Saale zieht sich parallel ständig gefährdete Siedlung scheinen früher zu zu ihrem Lauf eine Sandsteinterrasse entlang, die liegen als die im 12. Jahrhundert auf dem westli- etwa 20 m über dem Spiegel des Flusses liegt. Sie chen Saaleufer – dem Ort gegenüber – gegründete wird durch den Graben des Siechenbaches, der Stadt Saalfeld; sie sind jedoch mangels urkundli- unweit davon in die Saale mündet, geteilt. Bei cher Hinweise weitgehend unklar.“ seinem Austritt aus der Sandsteinterrasse bildet Zu den Mühle(n) am Fließgewässer heißt es: „Die der Siechengraben mit dem Steilabfall der Ter- natürliche Verzweigung der Saale in mehrere rasse eine spornartige Ecke aus. Am Rand dieser Flussarme (Lachen) im Niederungsgebiet des Ecke steht in dominierender Lage eine Kirche, die Saalfelder Talkessels bot bereits im Mittelalter ein Gertrudispatrozinium besitzt und zu dem Ort günstige Voraussetzungen für die Anlage kleiner, Graba gehört (Abb. 3). die Wasserkraft nutzenden Gewerbebetriebe.“ In der fast 200 ha großen ehemaligen Gemarkung (die Eingemeindung nach Saalfeld erfolgte erst 1889) bestanden zeitweilig sechs Mühlen. Die un- 34 Werner 2008, S. 181, Stichwort Nr. 547 Strenzels-/Altsaal- mittelbare Nähe von mittelalterlicher Siedlung felder Mühle, und S. 134, Nr. 387 Niedermühle. 35 Werner 2008, S. 12, Stichwort Nr. 18 Altsaalfeld. 36 Werner 2008, S. 87f., Stichwort Nr. 278 Kirche/Sankt Mi- 33 Werner 2008, S. 12, Stichwort Nr. 18 Altsaalfeld. chelskirche.

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Dieser Standplatz besitzt ohne Zweifel die Troc- kenheit und die Höhe, die der Kirchenname Araride erwarten lässt. Araride könnte also hier gestanden haben, sie wäre dann als ein Vorgän- gerbau der heutigen Kirche anzusehen. Nun heißt es in Willibrords Testament ecclesiam aliquam, que est constructa in Mulnaim. Der Standort der Kir- che Araride müsste demnach im frühen 8. Jh. zu Mulnaim = Mulnhusun = {Altsaalfeld, Graba} ge- hört haben.37 Erst 1265 erscheint Alttensaluelt in schriftlichen Quellen. Diese durch das Erstglied Alt- sich von dem Namen der Stadt unterscheidende Benen- nung dürfte zu diesem Zeitpunkt noch nicht lange im Gebrauch gewesen sein, denn die Stadt wurde erst 1180 gegründet und wird als civitas Sa- levelt erstmals 1208 erwähnt. Vor der Stadtgrün- Abb. 3. Von Mulnhusun zu Salauelda – Erläuterungskarte dung wurde „Saalfeld“ zur Kennzeichnung des zum Erklärungsversuch. königlichen Hofes (curtis Salauelda) und der Re- gion (pagus, regio und provincia Salaveld) verwen- HG Hof in Graba det. Aus keiner der schriftlichen Quellen geht in Ursprünglicher Standort des fränkischen Königs- dieser Zeit ein Saalfeld-Name für die Siedlung in hofes (vermutet für 726) der Saaleaue hervor. Es ist demnach sehr wahr- Wirtschaftshof des auf den Petersberg verlagerten scheinlich, dass Altsaalfeld, bevor es diesen Na- Königshofes (vermutet ab Mitte 9. Jh.) forwerg zcu graba des auf dem Petersberg eingerich- men erhielt, einen anderen getragen hat. Damit teten Benediktinerklosters (1443)* ist der ON Mulnhusun, zumal er den Ort treffend KG Kirche in Graba benennt, für das 8. Jh. nicht auszuschließen. ecclesiam aliquam, que est constructa in villa Mulnaim, Für den Kirchenstandort ist erst aus dem Jahr que Araride vocatur (726) 1074 ein ON überliefert: Grabin, ab 1425 Graba. St. Gertrudis (1510?) Spätestens 1074 bildete Graba eine eigene Sied- BG Burg in Graba lungseinheit und war kein Teil des späteren Frühe fränkische Spornburg über den Saalefurten Altsaalfeld mehr. Das schließt nicht aus, dass die (vermutet ab 8. Jh.) Auf der aldenburgk (1485)* Kirche auf dem Berg im 8. Jh. zu dem unmittel- Weitere Nennungen der Altenburg in Stadtbüchern bar angrenzenden Mulnhusun gehörte und die und Flurkarten (1538 bis 1868)* sie umgebende kleine Ansiedlung noch keinen HP Hof auf dem Petersberg eigenen Namen trug. Allerdings trennt Altsaal- Karolingischer Königshof, verlagert von Graba feld und Graba die Saale. Das könnte zur Errich- hierher (vermutet ab Mitte 9. Jh.) tung der Kirche St. Michael im später so genann- curtis Salauelda (899)* palatinus ad suam provinciam Salaveld (1013)* ten Altsaalfeld geführt haben, begleitet von einer Salaveldon castellum (1057)* Verselbständigung des Siedlungskerns Graba. de cenobio sancti Petri quod dicitur Salveld (1125)* Als Resümee der Suche lässt sich Folgendes fest- AM Alter Markt stellen. Mit Hilfe der zu Suchkriterien umge- Salueldt […] villa ipsius loci cum mercato (1074)* formten Informationen, die an Mulnhusun und uff dem alden marck zw Salueldt (1396)* Mulnaim haften, konnte Mulnhusun als das späte- KA Kirche in Altsaalfeld re Altsaalfeld identifiziert werden und durch die sente Michelskirchen (1396)* Gleichsetzung mit Mulnaim die dazu gehörende Wiese in der Weyra bey Sanct Michaels Kirche (1766)* Kirche Araride mit der Kirche St. Gertrudis in dem (Der Nachweis der mit * gekennzeichneten Zitate späteren Graba in Übereinstimmung gebracht findet sich unter den entsprechenden Stichworten werden. Das Suchergebnis lässt sich formal wie bei Gerhard Werner: Das Saalfelder Flurnamenbuch. folgt darstellen Mulnaim = Mulnhusun = {Altsaal- Die Flur-, Gewässer- und Siedlungsnamen der Stadt feld, Graba}. Da Mulnhusun, wie bereits in der Saalfeld und ihrer eingemeindeten Ortsteile, Saalfeld 2008. Die übrigen Angaben gehen aus dem Text des 37 Die Mengenschreibweise wurde gewählt, weil es sich um Beitrags hervor.) zwei Elemente einer Menge handelt. Alle anderen erwoge- nen Möglichkeiten, wie +, & oder et wurden verworfen.

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Vorbemerkung mitgeteilt, als der eigentliche ON handeln, vergleichbar, aber nicht identisch, mit und Mulnaim als fehlerhafte Namensvariante be- der schematischen Namensvergabe im Rahmen trachtet wird, wird im Folgenden nur noch Muln- der fränkischen Staatskolonisation (Namen vom husun in diese Gleichung eingesetzt. Lediglich an Bethge-Typus). Wenn kein Zufall herrscht, müs- Stellen, wo es der Zusammenhang erfordert, wird ste bei Aussagen in diesem Zusammenhang nicht auch auf Mulnaim zurückgegriffen. von Wahrscheinlichkeiten, sondern es könnte von Im Folgenden wird der Frage nachgegangen, wel- Gewissheiten ausgegangen werden. Nun ließe chen Beitrag eine merkwürdige Doppelung von sich allerdings einwenden, die Regel hätte zwar Ortsnamen an der Saale und an der Unstrut zu bestanden, sie könnte aber im Falle von Mühl- dem hier erörterten Problemkreis zu leisten ver- hausen an der Saale nicht vollständig erfüllt wor- mag. den sein oder anders ausgedrückt, der Ort könnte nicht angelegt worden sein. Um diesem Fall ge- Mulnhusun und eine eigentümliche Doppelung recht zu werden, wird mit hoher Wahrscheinlich- von Ortsnamen an Saale und Unstrut keit, und nicht mit Sicherheit, davon ausgegan- Wenn man sich mit der Siedlungsgeschichte Thü- gen, dass es aufgrund der Regelmäßigkeit, die in ringens lange genug beschäftigt, stößt man eines der Doppelung der Ortsnamen erkennbar ist, bei Tages darauf: an der oberen Unstrut liegen Mühl- Saalfeld an der Saale einen Ort Mühlhausen ge- hausen, Saalfeld und Grabe und an der oberen geben hat. Saale Saalfeld und Graba, jeweils eng beieinander, Damit wird das Ergebnis, das über einen Such- und man fragt sich unwillkürlich, ob es nicht auch prozess gewonnen wurde, durch ein Resultat, ein Mühlhausen an der Saale bei Saalfeld gegeben welches auf einem anderen Weg erzielt wurde, haben könnte. Wieland Führ hat unlängst dazu bestätigt. Beide Vorgehensweisen gehen von eine kleine Abhandlung publiziert. Hinsichtlich Regelmäßigkeiten in den Lagebeziehungen aus, des fehlenden Mühlhausen an der Saale meint verwenden aber unterschiedliche Bezugsorte. er, „es ist keineswegs abwegig, Mulnhusun [des Die im Breviarium sancti Lulli erkennbare Regel Breviarium sancti Lulli] bei Saalfeld (Saale) zu su- verlangt im konkreten Fall die räumliche Nähe chen“. Abschließend stellt er die Frage, woher die von Mulnhusun zu Remda und Rudolstadt, wo- Übereinstimmungen kommen. Er kann sie nicht, bei diese beiden Orte untereinander etwa 10 km wie bei anderen Ortsnamenswanderungen, die er entfernt sind. Nach der aus der Lage der gedop- schlüssig deutet, erklären. Schließlich kommt er pelten Ortsnamen ersichtlichen Regel sollte sich zu dem Schluss, dass sie kaum zufällig gewesen ein Mühlhausen in der Nähe von Saalfeld, Graba sein können.38 und Garnsdorf befinden, wobei die mittlere Ent- Es ist das Verdienst von Wieland Führ, ein Phä- fernung zu den anderen Orten, gemessen für den nomen beschrieben zu haben, ohne selbst eine Lö- Vergleichsort Mühlhausen an der Unstrut, 5,2 km sung anbieten zu können, fordert er doch so zur beträgt. Ermittelt man die mittlere Entfernung Weiterarbeit auf. In diesem Sinne wird hier nicht von Mulnhusun (= Altsaalfeld) zu den hier rele- etwa eine Lösung präsentiert, sondern eine Ergän- vanten Ortskernen ergeben sich 1,3 km. Die Orte zung. Das Doppel-Trio kann zu einem Doppel- mit gedoppelten Ortsnamen sind an der Saale Quartett erweitert werden, wenn man zu den auf- in der Form eines Clusters unmittelbar benach- geführten Orten noch folgendes Paar Germar-Orte bart, während an der Unstrut die Orte teilweise hinzufügt: an der Unstrut Görmar (768 Ghermari mit größeren Entfernungen aneinander gereiht [Zuweisung fraglich], 932 Germari) und an der Saa- sind.40 Die Identifikation und Lokalisierung wird le Garnsdorf (1074 Germarisdorff, 1429 Jarmarsdorf). mit folgendem Ergebnis abgeschlossen: Mit ho- Beide leiten sich vom gleichen PN Germar ab.39 Ob her Wahrscheinlichkeit kann das Mulnhusun des es sich um ein und dieselbe Person handelt, muss Breviarium sancti Lulli mit dem späteren Altsaal- offen bleiben. feld identifiziert werden. Aus der Gleichsetzung Diese Erweiterung erhärtet zunächst die Feststel- von Mulnhusun und Mulnaim lässt sich ableiten, lung von Wieland Führ, dass hier kein Zufall am dass das spätere Graba ursprünglich zu Muln- Werk sein kann. Es kann sich nur um ein Ergebnis husun gehörte. Der in der Struktur des Breviari- von systematischem und planmäßigem Vorgehen um sancti Lulli erkennbaren Regelmäßigkeit der räumlichen Nähe wird durch die vorgenommene 38 Führ 2012, S. 159. Identifikation und Lokalisierung nunmehr auch 39 Walther 1971, S. 254, Nr. 3; Werner 2008, S. 53, Stichwort Mulnhusun gerecht. Zu den anderen beiden Orten Nr. 156 Garnsdorf.

146 BFO 8, Hans Schmigalla, Mulnhusun, Mulnaim, Altsaalfeld und Graba, 135 – 174 der Dreiergruppe, die ein Dreieck bildet, konn- der Saaleaue im späteren Altsaalfeld gelegen ha- ten folgende Entfernungen gemessen werden, ben (Abb. 3). Wenn die Kirche Araride von Muln- zu Remda 15 km und zu Rudolstadt 8 km. Diese husun auf der Saaleterrasse42in der später Grabin Werte liegen in der gleichen Größenordnung wie genannten Siedlung erbaut wurde, dann dürfte die 10 km, die40 zwischen diesen beiden Orten be- auch der Hof von Mulnhusun (gewissermaßen als stimmt wurden. eine *curtis arida) in diese vor Überschwemmun- Nach Abschluss der Identifizierung sowohl von gen sichere Lage gelegt worden sein, zumal sich Butestat als auch von Mulnhusun bietet sich nun noch zu Zeiten des später auf dem gegenüber lie- die Möglichkeit, auf das Breviarium sancti Lulli genden Petersberg befindlichen Klosters dessen zurückzukommen und der Frage nachzugehen, Vorwerk in Graba befand. Michael Gockel äußert wie sich die hier vorgeschlagenen Zuordnungen sich zu diesem Standort im Zusammenhang mit auf den Parameter mittlere Entfernung aller Re- der Frage nach der karolingischen curtis. Diese lationen in den zwölf Gruppen41 auswirkt. Für „wird man zunächst auf dem Petersberg suchen +Buttstedt – Tüngeda werden 12 km und für dürfen. Daneben kommt auch der unmittelbar Altsaalfeld – Remda 15 km bestimmt. Bezieht nördlich des Petersberges, jenseits des Siechen- man diese Werte in die Berechnung mit ein, erhält grabens gelegene, etwa 5 m niedrigere Mittelter- man als neuen Mittelwert 6,3 km, gerundet 6 km. rassenabschnitt mit dem Ortsteil Graba als Stand- Da beide Relationen zu Gruppen gehören, die ort in Betracht“.43 „Zunächst“ und „daneben“ der größeren Klasse von an der Besitzübergabe sind sicher als Reihenfolge der Wertigkeit von beteiligten Orten gehören, steigt der Mittelwert Lokalisierungsvarianten zu verstehen. In dem geringfügig an. Er bleibt aber in der Größenord- hier vorliegenden Beitrag werden Graba und Pe- nung des ohne sie berechneten Wertes. Ein Blick tersberg als zeitliche Reihenfolge der Lokalisie- auf die Karte zeigt den Erhalt der Regelmäßigkeit rung der curtis und nicht als Lokalisierungsva- (Abb. 1). Dies spricht als ein weiteres gewichtiges rianten betrachtet. Unabhängig von dem Aspekt Argument für die Berechtigung der vorgenom- der Betrachtung ist für den Verfasser wichtig, menen Suche nach treffenderen Lokalisierungen dass Michael Gockel Graba überhaupt als Stand- für die beiden Orte. ort der curtis für möglich hält. Der hier gemeinte Hof, zugehörig zu Mulnhusun und gelegen nahe Von Mulnhusun zu Salauelda – ein Erklärungs- der Kirche Araride im späteren Graba, obwohl im versuch sog. Testament des Willibrord verständlicherwei- Die sich nunmehr abzeichnende Struktur eröffnet se nicht erwähnt, weil an der Schenkung nicht die Möglichkeit, einige Überlegungen zum Über- unmittelbar beteiligt, müsste schon 726 bestan- gang von Mulnhusun zu Salauelda darzulegen. den haben. Offenbar befanden sich in Mulnhusun et Remmidi Im gleichen Jahr 726 wurde ecclesiam aliquam, que et Růdolfestat Höfe, die Güter in einem Reichsgut- est constructa in villa Mulnaim, que Araride vocatur komplex verwalteten. Dabei dürfte von einem erwähnt (Abb. 3). Das wäre die Erstnennung ei- der Höfe die Leitung des gesamten Fiskalbezirkes ner Kirche in Graba und möglicherweise in ganz wahrgenommen worden sein. Sollte in der Rei- Thüringen. henfolge der Aufzählung der Orte auch eine Re- Das Patrozinium dieser Kirche geht aus dem Ur- gel stecken, dann müsste dem ersten in der Reihe kundentext nicht hervor. Unter den Schenkun- diese Aufgabe zu kommen: Mulnhusun.42 gen an Willibrord in Toxandrien befinden sich Der Hof müsste in diesem Fall nicht unbedingt in vier Kirchen. Die Weihenamen werden in den Urkunden ebenfalls nicht mitgeteilt. Für drei 40 In diesem Beitrag wird nicht der Frage nachgegangen, von ihnen ist das Patrozinium nur durch Ein- wie diese Doppelung entstanden sein könnte. Lediglich ei- tragungen in Willibrords Kalender dadurch be- nige Vermutungen sollen mitgeteilt werden. Es hat den An- kannt, dass er selbst die Kirchweihe vornahm.44 schein, dass Germari und Mulinhuson an der Unstrut zuerst In Willibrords Kalender findet sich aber keine bestanden und ihre Namen zur Benennung von Germarisdorf und Mulnhusun an die Saale übertragen wurden. Salauelda setzt die Saale und Grabin einen Graben voraus. Demnach 42 Nach der bisherigen Identifikation von Mulnhusun mit müssten die Namen für Salfelt und Grabaha von der Saale an (Groß-, Klein-)Mölsen wäre diese Aufgabe von einem Ort die Unstrut zurück gewandert sein. Diese Vermutung wird aus zu leisten gewesen, der über 30 km Luftlinie entfernt auch durch die relativ große Entfernung von Saalfeld und lag. Die reale Wegstrecke hätte etwa zwei Tagesreisen in An- Grabe zu Görmar und Mühlhausen gestützt. (Zu den Na- spruch genommen. mensformen vgl. Führ 2012, passim.) 43 Gockel 2000, S. 479. 41 Vgl. die numerische Analyse zu Abb. 1 44 Honée 1996, S. 119–123.

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Eintragung, die auf eine Kirchweihe in Mulnhu- sich seitdem hartnäckig und erscheint in schriftli- sun/Mulnaim schließen lässt.45 So müssen wir uns chen Quellen mehrfach. Er hat sich bis in unsere damit zufrieden geben, dass erstmals 1510(?) das Tage erhalten und weist auf eine ehemalige, mög- Patrozinium St. Gertrudis genannt wird. Martin licherweise frühmittelalterliche Befestigung hin. Hannappel teilt dazu mit: „Soweit ich die Litera- Dabei dürfte es sich nicht um die für 899 bezeugte tur nachprüfen konnte, ist unter dieser Gertrud curtis Salauelda handeln, deren Standort die heuti- eine im Rufe der Heiligkeit nach 812 gestorbene ge Forschung auf dem Petersberg sieht.49 Von der Schwester Karls des Großen verstanden worden. aldenburgk aus war es möglich, die Querungsstel- Die Statue [im auf 1510 datierten Baldachinaltar le eines alten Süd-Nord-Weges durch die Saale dieser Kirche] aber stellt eine andere Gertrud dar. und ihr Vorfeld zu kontrollieren.50 Es handelt sich Gewandung und Attribute kennzeichnen die hl. um eine heute vergessene Furt, die nur einmal in Gertrud, Äbtissin v. Nivelles, Tochter Pippins v. der Historiografie aufscheint, als 1525 der letzte Landen (†659). Denn sie ist als Nonne gekleidet Abt des Klosters Georg von Thüna vor den Bau- und trägt eine sehr charakteristisch ausgeführte ern flüchtend hinten aus dem Closter gesprungen, eintürmige Kirche auf dem rechten Arm.“46 Das bey der Göritzer Mühle durch die Sala gewadet ist.51 Gertruden-Patrozinium könnte also durchaus Außerdem konnte von der Altenburg aus eine, aus der Zeit der Merowinger stammen. später Schlossfurt genannte, Querungsstelle ein- Dem Verfasser dieses Beitrages ist bewusst, dass gesehen werden (Abb. 3). die Gleichsetzung von Mulnhusun und Mulnaim Die Altenburg ließ sich aufgrund der fortifikato- einerseits und ihre Identifikation mit Altsaalfeld/ risch günstigen Topografie mit wesentlich gerin- Graba andererseits Widersprüche zu einer gan- gerem Aufwand durch einen kurzen Halsgraben zen Reihe von Aussagen erzeugt, die bisher über absichern als das nach Südwesten durch die Na- den Zeitraum von Anfang des 8. bis zum Ende tur nicht geschützte Gelände auf dem Petersberg. des 9. Jhs. getroffen wurden. So ist z. B. ohne Fra- Die Geländeform bot aber nur eine relativ klei- ge die Ansicht Michael Gockels ausgehend vom ne schmale Fläche. Das erstere begünstigte eine bisherigen Forschungsstand gültig: „Höchst- frühe Befestigung mit geringem Aufwand, das wahrscheinlich wurde der älteste Kirchenbau in letztere stellte für eine Burg, die im wesentlichen Graba bereits im 9. Jh. errichtet, und zwar als eine Kontrollfunktionen auszuüben hatte, keine Ein- zum Königshof S[aalfeld] gehörende königliche schränkung dar, verhinderte aber die Errichtung Eigenkirche.“47 Nunmehr wäre aber davon aus- einer geräumigen Pfalz an dieser Stelle. Die Al- zugehen, dass dort bereits 726 eine Kirche stand. tenburg ist archäologisch bisher noch nicht nach- Zum Gertrudenpatrozinium reichen die Ansich- gewiesen, aus der Literatur geht aber auch nicht ten von der karolingischen Zeit bei Martin Han- hervor, ob nach ihr systematisch gesucht wurde. nappel bis zur ezzonischen Periode bei Hans K. Derartige Vorhaben dürfte es kaum gegeben ha- Schulze.48 Nun eröffnet sich die Möglichkeit, die ben, denn ihre Existenz wurde seit dem Ende des merowingische Zeit dafür in Anspruch zu neh- 19. Jhs. durch den Zusatz „sog.“ in Frage gestellt. men. Volker Schimpff hat sich ausführlich mit den ne- gierenden Bewertungen auseinandergesetzt, um Schließlich trägt eine von der Kirche aus nord- schließlich festzustellen, dass sie „mit den von wärts liegende und schmaler werdende Höhen- Gerhard Werner […] ermittelten Belegen seit 1485 zunge, die östlich zur Saaleaue bis zu 18 m steil auf der aldenburgk hinfällig geworden“ sind.52 Er und westlich zum Watzenbach bis zu 10 m abfällt, sieht die Altenburg als eine von mehreren Befesti- die Bezeichnung aldenburgk bei der erstmaligen gungen an, für die sich „ein früh- und hochmittel- Erwähnung 1485 (Abb. 3). Der FlN Altenburg hält alterliches Neben- wie Nacheinander“ anbietet.53 Folgt man dieser Überlegung und bezieht den 45 Wilson 1918. Grundhof mit ein, dann dürfte nach den archäo- 46 Hannappel 1941, S. 261 und 270. – Den neuesten Stand logischen Funden in karolingischer, spätestens in der Forschung zu den Anhaltspunkten für das Gertruden- Patrozinium findet man bei Michael GockelG ( ockel 2000, S. 491). So wurde der Flügelaltar erst im Jahr 1520 gestiftet, die hl. Gertrud von Nivelles aber bereits 1484 auf der älte- sten Kirchenglocke dargestellt. Außerdem erscheint sie auf 49 Werner 2008, S. 10, Stichwort Nr. 12 Altenburg. einem spätgotischen Flügelaltar von 1490 in der Kirche zu 50 Schmigalla 2012, S. 93f. mit Karte in Abb. 4. Gorndorf, einer Filiale von Graba. 51 Sagittarius 1903, S. 192. 47 Gockel 2000, S. 491. 52 Schimpff 2012, S. 35f. Fn. 99. 48 Schulze 1967, S. 61. 53 Schimpff 2012, S. 35f.

148 BFO 8, Hans Schmigalla, Mulnhusun, Mulnaim, Altsaalfeld und Graba, 135 – 174 ottonischer Zeit54 der Grundhof auf der größeren für einen größeren Bereich, wird nie über seine und höheren, später Petersberg genannten, Ter- Funktion, Produktionsstätte am Ende einer land- rasse als befestigte Anlage errichtet worden sein. wirtschaftlichen Prozesskette gewesen zu sein, Diese Neuanlage könnte die Funktionen, die bis hinausgekommen sein. Möglicherweise ist des- zu diesem Zeitpunkt der auf der gegenüberlie- halb sein originärer ON Mulnhusun noch längere genden Seite des Grabens vermutete Hof ausüb- Zeit nur auf ihn bezogen erhalten geblieben. Aber te, übernommen haben. das muss offen bleiben. Nach der Stadtgründung Die Verlagerung dürfte im Zusammenhang mit erscheint er als Altsaalfeld. einer Aufgabenerweiterung gestanden haben, die Bestimmend für das Gebiet wird nunmehr der dem neu angelegten Hof übertragen wurde: An- neue Grundhof, der nicht mehr nahe der Kirche in siedlung deutscher Siedler im östlichen und west- Graba liegt, sondern sich durch eine eigenständi- lichen Vorfeld der großen Gemarkung des Hofes. ge, die Landschaft beherrschende Lage auszeich- Wie im Folgenden gezeigt werden kann, folgte net. Mit der Bezeichnung curtis Salauelda greift er auf einen Kranz slawischer Siedlungen im 8. Jh. einen Lagebezug auf, der auch für das beherrsch- ein weiterer Ring mit deutschen Dörfern im 9. Jh. te Gebiet Verwendung findet. In der Folgezeit Erst diese zweite Besiedlungswelle füllte das Of- wird es, je nachdem, wie weit es im konkreten fenland um die curtis rechts und links der Saale: Fall gefasst wird, als pagus, regio oder provincia das Salaueld. Das wird zu dem neuen Namen cur- Salaveld ausgewiesen.55 Der ON Mulnhusun hatte tis Salauelda geführt haben. Gleichzeitig stellt das als gemeinsame Benennung für einen rechts und BW Sala einen großräumlichen Lagebezug her, einen links der Saale liegenden Ortskern ausge- während beim ON Mulnhusun seinerzeit im BW dient. Die rechtsseitige, die eigentlich Namen ge- Muln auf eine regionale Errungenschaft aufmerk- bende Siedlung, war im Grunde auf ihrem Grün- sam gemacht wurde (Abb. 3). Es ist zu vermuten, dungsniveau stehen geblieben, während der dass man mit Salaueld auch eine Lageinformation linksseitige Kern als Sitz der weltlichen Macht an potentielle deutsche Siedler vermitteln wollte. und Zentralort des kirchlichen Lebens für etwa Die erstmalige Nennung der curtis Salauelda 899 20 Kirchgemeinden in einem Maße an Bedeutung und die Erwähnung von Mulnhusun 775–786 zunahm, das die Aufgliederung in zwei Nuklei lassen die Verlagerung des Hofes unter karolin- erforderlich machte. Rechts- und linkssaalische gischer Herrschaft im 9. Jh. wahrscheinlich er- Siedlungskerne waren etwa 750 m voneinander scheinen. Für den oberen und den unteren Sied- entfernt und durch Aue, Fluss und Höhensprung lungsteil von Mulnhusun machten sich nun unter- in einer Weise getrennt, die ein Zusammenwach- scheidende Bezeichnungen erforderlich. Für den sen bis in unsere Tage verhinderte. Auch aus die- oberen dürfte sich zu dieser Zeit der ON Grabin, ser Sicht konnte auf Dauer der Name des Müh- abgeleitet aus dem (später so genannten Siechen-) lenortes nicht für den eigentlichen Schwerpunkt Graben, eingebürgert haben. Wie noch gezeigt stehen. Anders Mühlhausen an der Unstrut, wo werden wird, handelt es sich um einen deutschen die Burg sich auf 50 m dem Mühlgraben näherte. ON vom älteren Typ Sachwort + -dorf. Mit Grabin dürften insgesamt drei ON dieses Typs im 9. Jh. Mulnhusun und der Saalfelder Kessel um Saalfeld entstanden sein. Die Rolle, die Altsaalfeld im frühen Mittelalter In Grabin könnte der nunmehr seiner bisherigen gespielt hat, mag überraschend sein. Ist doch Funktion ledige Grundhof in einen Wirtschafts- Altsaalfeld in der bisherigen Regionalgeschichts- hof überführt und die ebenfalls nicht mehr benö- schreibung fast ausschließlich nur am Rand er- tigte Burg auf dem schmalen Sporn aufgegeben wähnt worden.56 Im Folgenden wird deshalb den worden sein. Es entstand das Gelände der Alten- physischen Bedingungen für ein bedeutsames Al- burg. Die Kirche, bereits seit Längerem Mutter- leinstellungsmerkmal einerseits und für das Sie- kirche eines größeren Sprengels, wird jetzt allein deln in der Aue andererseits nachgegangen. diesen Siedlungskern dominiert haben. Die Gemarkungsfläche von Altsaalfeld umfasste, Der Siedlungsteil in der Saaleaue, obwohl ur- bevor das Dorf 1889 in die Stadt Saalfeld einge- sprünglich mit seinen Mühlen Namen gebend 55 Gockel 2000, S. 471f. 54 Vom Petersberg liegen durch Gerhard Neumann 1964 er- 56 Grundmann 2001. Hier fehlt in der landeskundlichen Be- grabene Keramik-Funde vor, von denen bei einer erneuten standsaufnahme ein sog. Suchpunkt Altsaalfeld, der die Durchsicht 1990 durch Wolfgang Timpel eine Scherbe in das Möglichkeit geboten hätte, den Ort zu charakterisieren. – 8. und 9. Jh., alle anderen einem relativ späten Abschnitt des Eine Ausnahme bildet Gerhard Werner (Werner 2008, S. 12, 10./11. Jhs. zugewiesen wurden; vgl. Gockel 2000, S. 473. Stichwort Nr. 18 Altsaalfeld).

149 BFO 8, Hans Schmigalla, Mulnhusun, Mulnaim, Altsaalfeld und Graba, 135 – 174 meindet wurde, 194 ha. Davon entfielen etwa 150 schließenden Abschnitt von Remschütz bis nach ha auf den Saalfelder Kessel, der Rest auf die Vor- Rudolstadt. In Zahlen ausgedrückt: hier fällt dere Heide. Dem Bild vom Kessel folgend, kann die Saale auf 484 m um 1 m, dort auf 1020 m man zu dem Schluss verleitet werden, seine Bo- um 1 m. Hier waren Wassermühlen begün- denfläche wäre annähernd waagerecht. Dem ist stigt, dort nicht.57 Die Lagegunst ist noch größer, aber nicht so, sie fällt mit der Saale von Süd nach wenn man den Flussabschnitt zwischen der Brüc- Nord und steigt von der Saale ausgehend von ke und dem Wiedereintritt der Lache betrachtet, West nach Ost. Die Süd-Nord-Neigung schafft die Saale fällt dort auf 1km um 4 m (Abb. 4).57 Bedingungen für den Betrieb von Mühlen, die Die Lache, ein alter natürlicher Arm der Saale, West-Ost-Steigung macht das Siedeln im Kessel begleitet die Saale auf einem um einen Meter hö- ab einer bestimmten Höhe über dem Saaleniveau heren Niveau und wirkt dadurch wie ein künst- möglich (Abb. 4 und 5). lich angelegter Mühlgraben, der sogar zwischen Die besondere Gunst der rechts der Saale sich der Altsaalfelder Mühle und der Mündung in die ausbreitenden Aue besteht darin, dass sie zu ei- Saale ein Gefälle von 5 m auf 1 km aufweist. Der nem Flussabschnitt gehört, der von Weischwitz geringe Höhenunterschied in West-Ost-Richtung bis nach Remschütz reicht, in dem die Saale ein bewirkte außerdem, dass die zwar regelmäßig stärkeres Gefälle aufweist als in dem daran an- auftretenden, aber verhältnismäßig schwachen Hochwasser die Mühlen in dieser Lage nicht mehr erreichten, denn zwischen Mittelterrasse und Lache stand ein bis zu 500 m breiter Retenti- onsraum zur Verfügung (Abb. 5). Das alles wer- den die im Mühlenbau erfahrenen Franken ganz sicher nach einer gewissen Zeit der Beobachtung erkannt haben. – Mulnhusun wurde folglich, um ein aktuelles Fachwort zu verwenden, das es bis in die Öffentlichkeit geschafft hat, in einem ‚Vor- ranggebiet’ für Wassermühlen angelegt. Der Kes- sel besaß damit ein ‚Alleinstellungsmerkmal’. Mit der Wassermühle führten die Franken eine Ar- beitsmaschine ein, die ihre Antriebsenergie über eine einfache Kraftmaschine, das Wasserrad, aus dem fließenden Wasser gewann und die - Hand mühle ablöste. Das war damals ein Novum für Abb. 4. Geländeschnitt S-N im Saalelauf durch den Saal- diese Gegend. Die Franken machten sie durch felder Kessel. den ON Mulnhusun namhaft. Ebenso werden die Franken nicht die ausgedehn- ten Vernässungen und die häufig auftretenden Überschwemmungen übersehen haben. Deshalb verbot sich zwischen Mittelterrasse und Lache die Anlage von Siedlungen. Demgegenüber hat der Schwemmfächer des von Osten zufließenden Weirabaches dafür gesorgt, dass im Bereich sei- nes Unterlaufes bis zur Mündung in die Lache keine vernässten Stellen zu erwarten sind, die Geländehöhe hier bis zu 2 m höher liegt als an den Ufern der Saale und die Schotterschicht ei- nen brauchbaren Baugrund bietet (Abb. 5). – Für Mulnhusun wird man deshalb die Lage östlich der Lache und nördlich der Weira gewählt haben, dort wo der Ortskern von Altsaalfeld noch heute zu erkennen ist. Am östlichen Rand der Siedlung, mithin in ihrer höchsten Lage, wird man später Abb. 5. Geländeschnitt W-O durch den Saalfelder Kessel.

57 Grundmann 2001, S. 143.

150 BFO 8, Hans Schmigalla, Mulnhusun, Mulnaim, Altsaalfeld und Graba, 135 – 174 die Kirche St. Michael samt Friedhof errichtet Ob dem so ist, können letztlich nur Historiker haben. Bis dorthin dürften auch die selteneren entscheiden. Der Verfasser, der, wie einleitend starken Hochwasser nicht gereicht haben (Abb. bemerkt, bei Untersuchungen zu verkehrs- und 3). Für das Jahr 1265 wird ein dominus Petrus de siedlungsgeografischen Fragestellungen im Rah- Alttensaluelt genannt. Das weist auf einen, einem men der Regionalgeschichte auf das Problem der Ritter gehörenden kleinen Siedelhof im Ort hin.58 Identifikation und Lokalisierung von Mulnhusun Der Königshof dürfte aber hier kaum zu suchen gestoßen ist, wird sich auch bei den folgenden sein. Siedeln im Kessel war möglich, aber die Mit- Überlegungen auf diese Aspekte beschränken. telterrasse der Saale bot wesentlich günstigere Be- Die frühe Erwähnung von Altsaalfeld wird zum dingungen. Ausgangspunkt genommen, um der Frage nach- Das wird zu einer Zweiteilung der Siedlung ge- zugehen: Lassen sich für die Orte, die Mulnhusun führt haben, im Kessel die Mühle(n) und einige = {Altsaalfeld, Graba} umgeben, Aussagen in zeit- kleine Höfe sowie auf der Höhe die Kirche, der licher und räumlicher Hinsicht in einer solchen Grundhof und Zubehör. Beide Siedlungsker- Weise gewinnen, dass Rückschlüsse auf den Be- ne wurden vermutlich deshalb unter dem einen siedlungsablauf und die Siedlungsbeziehungen Namen Mulnhusun zusammengefasst, weil die gezogen werden können? Franken damit auf ihre technische Überlegenheit Eine auffällige Anordnung von Gemarkungsum- aufmerksam machen konnten. Mit der weithin rissen um die große Gemarkung Saalfeld hatte zu sichtbaren Kirche auf der Mittelterrasse der Saale dieser Frage angeregt. Die Karte, sie stellt die ter- schufen sie ein Symbol des christlichen Glaubens. ritoriale Gliederung dieses Raumes um 1510 dar, Der Ortsname und die Lage der Kirche werden erfasst nicht alle Saalfeld umgebenden Ortsflu- Programm gewesen sein – jeder sollte erkennen: ren.60 Schon aus diesem Grund machte sich eine wir sind die Fortschritts- und Heilsbringer. eigenständige Untersuchung erforderlich. Sie wird als Versuch betrachtet und stützt sich Mulnhusun, die Großgemarkung Saalfeld und hinsichtlich des zeitlichen Aspekts insbesondere ihre Anrainer – auf Ortsnamen, die sich bestimmten Perioden zu- ein Rekonstruktionsversuch der Besiedlung ordnen lassen. Die erforderlichen räumlichen In- Als Jahr der ersten schriftlichen Erwähnung im formationen werden aus der Gemarkungsstruk- Saalfelder Raum galt bislang 899 als die curtis Sa- tur gewonnen. Begonnen wurde mit der Analyse lauelda dem Markgrafen Poppo zurückgegeben von Katasterkarten, die auf einer frühen Auf- 61 wird, nachdem ihm der Grundhof einige Jahre nahme beruhen. Darauf zeichnet sich für den vorher unrechtmäßig entzogen worden war.59 Hauptort Saalfeld eine Gemarkung ab, die mit Durch die im vorliegenden Beitrag vorgenomme- nahezu 2.800 ha mehr als elfmal so groß ist wie ne Identifikation von Mulnhusun (im Breviarium die mittlere Fläche einer der sie umgebenden Ge- sancti Lulli) mit Altsaalfeld eröffnet sich die Mög- markungen. Sie besitzt in grober Annäherung die lichkeit, bis auf den Zeitraum 775–786 vorzudrin- Gestalt eines Rechteckes, dessen längere Seiten gen. Die ebenfalls hier erfolgte Gleichsetzung von sich in Südwest-Nordost-Ausrichtung erstrecken, Mulnhusun mit Mulnaim (im sog. Testament des während die kürzeren parallel zur Saale, die das Willibrord) erfordert, Graba mit einzubeziehen Gebiet durchfließt, Südost-Nordwest verlaufen und gestattet es, bis zum Jahr 726 zu gelangen. (Abb. 6, rote starke Umrisslinie). Sie füllte wahr- Damit lässt sich für Altsaalfeld und Graba als scheinlich zunächst nur das für die Zeit um 1000 Ortsteile von Mulnaim = Mulnhusun eine Erstnen- erwartete Offenland jeweils bis an die Waldrän- 62 nung angeben, die um 173 Jahre früher liegt, als der aus (Abb. 6, rote gestrichelte Linien). Beim die bisher bekannte für den Grundhof Salauelda. Landesausbau wurde die Gemarkungslinie dann Altsaalfeld und Graba gehören damit unter dem weiter in den Wald hinein verlegt. Wie ein Riegel, ON Mulnhusun, der als die eigentliche ON-Vari- 60 Grundmann 2001, S. 24, Abb. 5 (Kartenentwurf G. Werner ante angesehen wird, nach Arnstadt, Mühlberg 1998). und Großmonra zu den am frühesten schriftlich 61 Flur- und Katasterkarten des Kreises Saalfeld, Hrsg. Her- erwähnten Orten Thüringens. zoglich Sachsen-Meiningisches Verwaltungsamt 1868. Maß- Das könnte neue Ausgangspunkte für die Ge- stab überwiegend 1 : 2.000. Diverse Blätter der Reihe CXVIII schichte des Saalfelder Raumes vor Poppo bieten. bis CXXII. TLVermGeo KB Saalfeld. 62 Offenland ist nicht frei von Bäumen und Strauchwerk. Es wird eher den Eindruck einer lichten Parklandschaft erweckt 58 Werner 2008, S. 12, Stichwort Nr. 18 Altsaalfeld. haben. Sie wird auch einzelne Aue- und Bergwäldchen ent- 59 Gockel 2000, S. 494f. halten haben.

151 BFO 8, Hans Schmigalla, Mulnhusun, Mulnaim, Altsaalfeld und Graba, 135 – 174 der im Süden im Thüringer Schiefergebirge und sten sehr deutlich, dass dieser Ort zu Lasten der im Norden in der Sandsteinplatte der Saalfeld- Gemarkungsfläche des älteren Beulwitz - nach Rudolstädter Heide verankert ist, lag die Gemar- träglich eingefügt wurde (Abb. 6 ). kung vor der Orlasenke. Während die slawischen Orte, auch die jüngeren, Schon die ungewöhnliche Größe und die domi- gänzlich oder mit dem größten Teil ihrer Gemar- nierende Lage dieses Areals sprechen dafür, in kungsfläche in der für die Zeit um 1000 erwarte- ihm eine alte Abmarkung zu sehen, die den Raum ten Offenlandzone liegen, gilt das bei den Orten beherrschen sollte. Es konnten keine Indizien ge- mit deutschen ON nur für vier, für Wöhlsdorf, funden werden, die auf eine Arrondierung aus Kaulsdorf, Fischersdorf und Aue am Berg. Die ursprünglich selbständigen Ortsfluren hinwei- übrigen Orte mit deutschem ON werden erst mit sen, wohl aber auf eine innere Aufteilung (Abb. dem Landesausbau, der mit der Gründung der 6, violette und rote dünne Umrisslinien), auf die Benediktinerabtei Saalfeld im letzten Viertel des noch eingegangen werden wird. Das macht sehr 11. Jhs. einsetzte, entstanden sein. Wöhlsdorf, be- wahrscheinlich, dass wir den ursprünglichen Ge- reits 1074 bei der Gründung der Abtei erstmals markungsumriss vor uns haben. Er dürfte weit genannt, dürfte älter sein, allerdings nicht bis in zurück reichen, vermutlich bis zum Beginn der das 8. Jh. zurückreichen, denn auch seine Gemar- fränkischen Besiedlung im 7./8. Jh. kung weist deutliche Anzeichen des Einschubs An diese Großgemarkung Saalfeld grenzen Ge- in die Beulwitzer Flur auf. Kaulsdorf dürfte im 9. markungen von insgesamt 17 Orten an. Von den Jh. entstanden sein und sehr wahrscheinlich Teile Anrainern tragen sieben slawische ON (Beul- der ursprünglichen Gemarkung von Tauschwitz witz, Breternitz, Crösten, Obernitz, Remschütz, einnehmen, davon zwei kleinere am Roten Berg, Reschwitz und Tauschwitz) und neun deutsche die sich westlich und nördlich von Tauschwitz ON (Arnsgereuth, Aue am Berg, Dorfkulm, Eyba, befinden, sowie der größere mit der Ortslage, der Fischersdorf, Kaulsdorf, Wittmannsgereuth, Wit- östlich von Tauschwitz liegt.67 Der ON Fischers- zendorf und Wöhlsdorf). Für Gorndorf gibt es dorf wird zwar 1074 nicht ausdrücklich erwähnt, eine Deutung als slawisch-deutscher Mischname, aber bei der Nennung von Breternitz werden die es lässt sich deshalb weder der einen noch der an- dazu gehörenden, offenbar slawischen, Fischer deren Gruppe zuordnen. angeführt.68 Breternitz ist auf jeden Fall die älte- Fünf der slawischen ON (Beulwitz, Breternitz, re Siedlung, Fischersdorf eine Ausgründung auf Remschütz, Reschwitz und Tauschwitz) gehören der gegenüber liegenden Saaleseite. Der deutsche zu einem alten Typus „mit ausgesprochen ge- ON ist sehr wahrscheinlich durch das Benedik- meinschaftlicher Personenbezogenheit. Sie erin- tinerkloster vergeben worden. Die Gemarkung nern noch an die Familienverbände aus der Wan- des Ortes Aue am Berg weist Merkmale einer derzeit und sind auch in der Zeit des Sesshaft- späteren Einfügung auf, insbesondere fällt der werdens in einer Region genutzt worden. Diese schmale Korridor auf, der auf die Saale zuläuft, Namen dürfen als die ältesten Zeugen für die diese aber nicht erreicht. Remschütz konnte sich Anlage fester Siedelplätze jeweils gelten.“ For- dadurch offenbar seine alten Fischwasserrechte melhaft ausgedrückt erscheint dieser patronymi- sichern. Außerdem ist Aue kein eigentlicher An- sche Typus als PN + -ici.63 Die fünf Orte sind auf rainer der Großgemarkung, denn es besitzt nur Grund ihres ON-Typus deshalb zu den ältesten eine sehr schmale gemeinsame Grenze mit dieser, slawischen Ansiedlungen am Rand der Großge- die zudem noch im bewaldeten Gebirgsfuß liegt. markung Saalfeld zu rechnen, wobei nach Peter Es wird mit einer Ortsgründung frühestens im 9. Sachenbacher64 und Karlheinz Hengst65 für die Jh. gerechnet. Als sichere Erstnennung von Aue frühe slawische Landnahme das 8. Jh. in Ansatz am Berg kann nur die von 1282 angesehen wer- gebracht werden kann (Abb. 6 ). den (Abb. 6 ).69 Crösten und Obernitz gehören dagegen zu ei- Zu den jüngsten Gründungen im unmittelbaren nem Typus jüngerer ON, die auf Naturmerkmale Umkreis von Saalfeld gehören im Schiefergebirge (Crösten ‚Gesträuch’) oder auf eine kultivierende Arnsgereuth, Eyba, Wittmannsgereuth und Wit- Tätigkeit (Obernitz ‚Umzäunung’) verweisen.66 zendorf sowie in der Heide Dorfkulm (Abb. 6 ). Das Bild der Gemarkungsstruktur zeigt bei Crö-

63 Hengst 2007, S. 55f. 64 Sachenbacher 2007, S. 5. 67 Auf Kaulsdorf wird weiter unten im Zusammenhang mit 65 Hengst 2007, S. 58. Kamsdorf eingegangen. 66 Hengst 2007, S. 56. 68 Grundmann 2001, S. 154.

152 BFO 8, Hans Schmigalla, Mulnhusun, Mulnaim, Altsaalfeld und Graba, 135 – 174

Abb. 6. Großgemarkung Saalfeld mit Gemarkungen der Anrainer.

Für den ON Gorndorf gibt es mehrere Versuche reiht ihn aber unter die unsicheren Deutungen der69Deutung.70 Heinz Rosenkranz stellt ihn un- ein als einen ON der „vielleicht einen Kurznamen ter die Mischnamen mit dem deutschen GW -dorf, ‚Gor-‘ zum slawischen PN Gorislav enthalten könnte.“71 Was er als Vertreter einer der Slawistik 69 Werner 2008, S. 16, Stichwort Nr. 37 Aue am Berg. Dort benachbarten Philologie vor 35 Jahren mit großer wird auf die Problematik der Zuordnung der Ortsnamen Vorsicht formuliert hat, wird nun durch den Sla- eingegangen. Werner hält zwar die Zuweisung der Nennung 1074 Clinowa et aliud Clinowa zu Aue für unbestätigt, führt wisten Karlheinz Hengst dem Verfasser auf An- aber eine Reihe von Argumenten an, die diese Zuordnung frage ausdrücklich bestätigt: „Da der slawische rechtfertigen sollen. Dabei erwähnt er leider nicht, dass es PN Gor gut überliefert ist als KurzN von Gori- eine konkurrierende Zuweisung zu Ober- und Untercatha- slav, ist davon auszugehen, dass ein Angehöriger rinau gibt. Diese Zuweisung dürfte eine wesentlich höhere der slawischen Herrenschicht als Gründer des Wahrscheinlichkeit besitzen, da der Nennung in der Urkun- de unmittelbar Langenschade, Hütten und Friedebach fol- Ortes in Betracht kommt. Er hat sicher im Auftrag gen. Diese Orte bilden eine Reihe entlang eines Weges. der deutschen Obrigkeit […] gehandelt [und] war 70 Eine kurze Übersicht über bisher vorgenommene Deu- mit der in der Alltagskommunikation üblichen tungen findet sich bei Gerhard Werner W( erner 2008, S. 63, Kurzform seines PN bekannt. So wie ein Bori- Stichwort Gorndorf). Leider wird nur für eine Deutungsver- sion eine Quelle angegeben, sodass es nicht möglich ist, zu slav mit seiner KurzN-Form Borso eingedeutscht den anderen Stellung zu beziehen. 71 Rosenkranz 1982, S. 74.

153 BFO 8, Hans Schmigalla, Mulnhusun, Mulnaim, Altsaalfeld und Graba, 135 – 174 wurde und in ON dann in der Genitivform Bor- sen- erscheint, ist Gorislav als vermutlich *Goro ins Deutsche übernommen worden (der KurzN also schon ohne Suffix im Slawischen) und- er scheint im ON Gorndorf als ‚Goren-Dorf`’ (des Goro Dorf). [Die Nennung] 1447 Gorrendorf […] zeigt nochmals korrekt an, dass die vorangehen- den Belege alle die mundartnahe Schreibung mit Vokalschwund in der nachtonigen Silbe bieten. […] Mit einem MischN Gorndorf ist dort dicht bei Saalfeld ab dem 9. Jh. zu rechnen. Die ersten MischN mit historischer Tradierung reichen di- rekt an der Saale bis ins 9. Jh. zurück.“72 Demnach könnte Gorndorf im 9. Jh. der östlichen Begrenzung der Großgemarkung Saalfeld vorge- lagert worden sein (Abb. 6 ).

Zum östlichen Vorfeld der Großgemarkung Abb. 7. Vorfelder der Großgemarkung Saalfeld und die ver- Saalfeld und der östlichen Grenze des Reichs- mutete Ostgrenze des Reichsgutkomplexes Mulnhusun et gutkomplexes Mulnhusun et Remmidi et Remmidi et Růdolfestat an der Sedesgrenze. Růdolfestat Gorndorf wäre von seiner Lage her als erster Ort Am Nordrand der Gemarkung Oberwellenborn anzusehen, der von Mulnhusun aus durch die findet sich der FlNSachsendorf (Abb. 7). Eine Ecke Franken in Richtung Osten planmäßig angelegt der Flur bildet die Höhe 419,4, die den Namen wurde. Das lenkt die Aufmerksamkeit auf die Sachsenkopf trägt. Es handelt sich vermutlich um sich östlich von Gorndorf anschließenden Orte: eine nur kurze Zeit existierende frühe Siedlung, Röblitz, Unter- und Oberwellenborn (Abb. 7). so dass sie keine Spuren in schriftlichen Quellen Röblitz (1273 Rebelitz) lässt sich auf den oben be- hinterlassen hat. Die vermutete Wüstung +Sach- sprochenen ältesten slawischen ON-Typ PN + -ici sendorf liegt nahe des mittelalterlichen Wegekno- zurückführen.73 Der Ort könnte wie z. B. Beulwitz tens Hangeiche76, zu dem auch ein Fernweg aus und Remschütz während der frühen slawischen der Orlasenke aufsteigt, auf den noch im Zusam- Landnahme im 8. Jh., aber auch noch im 9. Jh., mit menhang mit Kamsdorf und Kaulsdorf eingegan- Billigung der Franken entstanden sein. Es folgen gen werden wird. Unter- und Oberwellenborn (1125 Wellinginborn, Es fällt auf, dass die östliche Gemarkungsgren- 1349 Weldingenborn), die auf den alten PN Willing ze von Oberwellenborn mit der östlichen Gren- zurückgehen. Da sie mit einem PN im Erstglied ze der Sedes Remda übereinstimmt (Abb. 7). Die gebildet wurden, zählen sie zu den ältesten ON Erzpriestersitze, Sedes genannt, und ihre Spren- mit dem GW -brunn/-born.74 In beiden Orten wur- gel lassen sich bis in das frühe 12. Jh. zurückver- den Gewanne als Flurformen und „überhaupt folgen. „Nahe liegend ist die Vermutung, dass es keine Anklänge an Blöcke“ festgestellt,75 was mit sich bei ihnen um die Sitze von Altpfarreien han- dem deutschen PN des Lokators korrespondiert. delt, die in die Anfänge der Kirchenorganisation Für mindestens einen der beiden Wellenborn- und Pfarreigliederung im frühen Mittelalter Orte kommt aufgrund der Namensbildung mit zurückreichen“ (Hervorhebung H. S.).77 einem PN ebenfalls das 8. oder das 9. Jh. in Frage. Man geht sicher nicht fehl in der Annahme, dass Diese drei Orte setzen offenbar die systematische die Kirche ihre Sprengel, zumal in einer Grenzre- Anlage von Orten in östlicher Richtung, die mit gion, bereits im frühen Mittelalter mit den Raum- Gorndorf begonnen wurde, fort. strukturen der weltlichen Macht in Übereinstim- mung gebracht hat. Wenn nun die östliche Gren- 72 Karlheinz Hengst, Auszüge aus einer Mail und ihrem An- hang zu Gorndorf an den Verfasser vom 10. Juni 2017. Das ze der Sedes Remda sich an einer frühmittelalter- Zitat erscheint in dieser Länge erforderlich, weil auf keine lichen Pfarreigrenze, doch wohl der von Graba, Publikation verwiesen werden kann. Der Verfasser ist Herrn orientiert haben sollte, dann könnte diese zum Hengst für die Möglichkeit der Konsultation sehr dankbar. 73 Hengst 2007, S. 59. 76 Schmigalla 2012, S. 94–96. 74 Rosenkranz 1982, S. 20. 77 Bünz 2007, S. 71, Fn. 53. 75 Zippel 1937, S. 38.

154 BFO 8, Hans Schmigalla, Mulnhusun, Mulnaim, Altsaalfeld und Graba, 135 – 174

Abb. 8. Grenzen entlang der Wasserscheide Weira – Köt- Abb. 9. Klein- und Großkamsdorf im Namen gebenden schau (im Geländeschnitt). Kammrelief. damaligen Zeitpunkt mit der östlichen Grenzli- östlichen Flanke mehrere Sporne ab, die halbkreis- nie des Reichsgutkomplexes Mulnhusun et Rem- förmig wie Zinken eines Kammes in die Senke ra- midi et Růdolfestat übereingestimmt haben. Das gen. Die Sporne werden durch Gräben getrennt, von Martin Hannappel mitgeteilte Pfarrnetz für die im MTB 5334 von 1903 teilweise mit Namen Graba überschreitet diese Linie nicht.78 Folglich bezeichnet werden. Auf einem dieser Sporne be- dürfte die Übereinstimmung mit der östlichen findet sich der Ortskern von Kleinkamsdorf, in Abgrenzung des Reichsgutkomplexes mit dem einem der Gräben und den Flanken der anliegen- Vorort Mulnhusun eine hohe Wahrscheinlichkeit den Sporne erstreckt sich Großkamsdorf (Abb. 9). besitzen. Bemerkenswert erscheint, dass die Se- Jedenfalls dürfte einer der beiden Kamsdorf-Orte desgrenze und damit auch die östliche Reichs- auf eine alte Anlage zurückgehen, auf dessen ON gutgrenze einer natürlichen Scheidelinie folgt, mit dem GW -dorf das Folgende zutrifft: „Recht die die Weira nach Westen zur Saale und die Köt- selten und vor allem auf das Saalegebiet begrenzt schau nach Osten zur Orla laufen lässt (Abb. 8). ist im [damaligen] Bezirk Gera der ältere Typ Ein Blick auf die Abb. 7 zeigt noch vier weitere ‚Sachwort + -dorf’.“81 Wenn es um eine zielgerich- Orte, die zwischen den Anrainern an die Großge- tete Ansiedlung im unmittelbar östlichen Vorfeld markung und der Sedesgrenze liegen, Goßwitz, der Großgemarkung ging, dann kann man auch Klein- und Großkamsdorf sowie Kaulsdorf. Der bei Kamsdorf mit dem 9. Jh. rechnen.82 ON Goßwitz (1443 Jossewitz, 1497 Goswitz) ist sla- Für Kaulsdorf (1074 Chulisdorf, 1222 Kulstorff, wisch und lässt sich wieder unter den ältesten pa- 1446 Kaulßdorf) geht Heinz Rosenkranz von dem tronymischen ON-Typ stellen.79 Der Ort könnte Mundartwort kûle, kaule ‚Kugel’ aus, „das wie demzufolge bereits im 8. Jh. durch gezielte An- alpenländisch ‚Kogel’ auch einen ‚kegelförmi- siedlung oder zumindest mit Billigung der frän- gen Hügel’ bezeichnen kann.“83 Allerdings sind kischen Verwaltung des Reichsgutes Mulnhusun in der heimatkundlichen Literatur auch andere entstanden sein. Deutungsversuche zu finden. Das war Veranlas- Die beiden Kamsdorf-Orte sind sicher zeitlich ge- sung, Karlheinz Hengst zu konsultieren. Auch er staffelt gegründet worden, wobei in dem kleine- bevorzugt, nachdem er das mhd. kūle und das in ren vermutlich der ältere zu suchen ist. Der ON slawischen Sprachen vertretene homonyme kula Kamsdorf (1274 Kamesdorf, 1416 Camestorffe, 1425 sowie den altsorb. Kurznamen Kuliš diskutiert zwey Kampßdorf) gehört nach Heinz Rosenkranz hat, „von einer deutschen Namenbildung mittels „wohl zu ‚Kamm’, älter ‚kamp, kambes’ entweder Appellativ kūle plus -dorf auszugehen. Dabei ist nach der Lage auf dem Kamm des ‚Roten Berges’ zu fragen, ob die natürlichen Gegebenheiten (ku- oder wegen des alten Eisenbergbaus zur berg- gelige Anhöhe) dazu passen.“84 männischen Bedeutung ‚hartes Felsgestein’.“80 Ei- nen lang gestreckten Kamm bildet der Rote Berg 81 Rosenkranz 1982, S. 26. 82 kaum aus, dagegen zeichnen sich an seiner nord- Karlheinz Hengst teilt mir auf Anfrage zu dem möglichen Alter des ON-Typs „Sachwort + -dorf“ mit: „Im altthüringi- 78 Hannappel 1941, S. 266, 270f. schen Gebiet liegen die ältesten Aufzeichnungen vom Ende 79 Hengst 2007, S. 59. des 8. Jhs. vor“ (Mail vom 29. Juni 2017). 80 Rosenkranz 1982, S. 26f. 83 Rosenkranz 1982, S. 26.

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Die Aufgabe84bestand nun darin, eine so geform- te Anhöhe in der Nähe von Kaulsdorf, nach der bisher entweder nicht gesucht wurde oder die trotz Suche nicht gefunden wurde, ausfindig zu machen. Gesucht wurde von Anfang an im Di- gitalen Geländemodell (DGM), weil es das Reli- ef der Geländeoberfläche ohne Vegetation und ohne Bebauung darstellt, aber durch Sonnen- und Schattenhänge ein plastisches Bild vermittelt. Zu- nächst wurde das 25-m-Raster verwendet, das sich in diesem Fall aber als zu grob erwies. Erst im 5-m-Raster zeigte sich deutlich, etwa 600 m östlich vom historischen Ortskern entfernt, die Abb. 10. Kaulsdorf am Namen gebenden „Kogel“ (Wach- kegelförmige Gestalt eines Hügels, auf den die hügel). Erklärung des ON Kaulsdorf durch Rosenkranz und Hengst zutrifft (Abb. 10). Aus dem Straßen- feld] zwar auf die Nutzung des agrarisch ergie- namen Am Wachhügel lässt sich der Name der An- bigen mittleren Orlatales zielte, jedoch auch von höhe erschließen, auf den Messtischblättern und der Hoffnung zehrte, in noch erkennbaren urge- den amtlichen Karten findet man keine Bezeich- schichtlichen Schürfen des Roten Berges erneut nung. Der Wachhügel ist das Ende einer niedri- fündig zu werden“.86 Wie bei Kamsdorf darf man gen spornartigen Erhebung, die den Kaulsdorfer auch bei Kaulsdorf mit einer Ansiedlung im 9. Jh. Talkessel im Osten begrenzt. rechnen. Kaulsdorf und die beiden Kamsdorf weisen eine Zusammen mit Unter- und Oberwellenborn bil- Reihe von Gemeinsamkeiten auf. Ihre Namen ge- den Klein- und Großkamsdorf sowie Kaulsdorf hören zum gleichen älteren ON-Typ „Sachwort + einen von der Heide bis zum Schiefergebirge -dorf“. Das Sachwort entstammt der gleichen Ka- reichenden breiten Riegel von Siedlungen mit ei- tegorie ‚Oberflächengestalt der Erde’. Weiterhin nem deutschen ON (Abb. 7). Betrachtet man die- durchläuft sie ein früher Fernweg in Nord-Süd- ses Merkmal zusammen mit den für die beiden Richtung. Bei Klein- und Großkamsdorf besteht Kamsdorf und Kaulsdorf festgestellten Gemein- er aus zwei parallelen Trassen, die südlich der samkeiten, dann spricht dies für eine gezielte An- beiden Orte einen anderen alten Fernweg, die Ei- siedlung von deutschen Siedlern im unmittelba- senstraße, die östlich davon in die Hohe Straße ren östlichen Vorfeld der für 899 bezeugten curtis übergeht, kreuzen (Abb. 9). Vor Kaulsdorf laufen Salauelda. Die Lage dieses Riegels an der Innensei- beide Trassen zusammen (Lastweg). In einer Furt te der Sedesgrenze, mit der, wie mit hoher Wahr- quert der Fernweg die Saale und steigt danach scheinlichkeit anzunehmen ist, die ursprüngliche im Schiefergebirge aufwärts (Abb. 10). Schließ- Grenze des Reichsgutes Mulnhusun und darüber lich besitzen die genannten Orte jeweils Anteile hinaus des gesamten Güterkomplexes überein- am Roten Berg, der den zentralen Teil des gro- stimmen dürfte, kann kein Zufall sein. ßen Erzfeldes zwischen Beulwitz und Gössitz Schon Martin Hannappel hatte festgestellt, Rem- 85 darstellt. In diesem Erzfeld wurde bereits in da „liegt ganz am NW-Rande, und dieser NW- der Bronzezeit geschürft. Klaus Waniczek, der Rand scheint mit dem anderen Sedesgebiet sich sich um die Bergbau- und Metallurgiegeschichte nur unter einem Gesichtspunkt zur Einheit zu der Orlasenke verdient gemacht hat, vertrat die schließen [ – ] Reichsbesitz!“87 Dieser Besitzkom- Ansicht: „Einstweilen bleibt es begründete, aber plex Mulnhusun et Remmidi et Růdolfestat dürfte nicht durch Schriftquellen belegbare Annahme, sich jetzt zumindest im Offenland der Orlasenke dass die Gründung des Königshofes [in Saal- auch östlich begrenzen lassen. 84 Karlheinz Hengst im Anhang einer Mail vom 24. Juni 2017. Ergänzend zur namenkundlichen Zuordnung Der Verfasser möchte ihm an dieser Stelle besonders für die der Orte in diesem Siedlungsstreifen, soll im interdisziplinäre Zusammenarbeit danken, die es ermöglich- Folgenden noch überprüft werden, ob sich auch te, in die Deutung von ON, die von ihrer Etymologie her als die Siedlungsformen deutschen Siedlern zuwei- schwierig anzusehen sind, die seit der verdienstvollen Ar- beit von Heinz Rosenkranz erarbeiteten onomastischen Er- sen lassen. Werner Zippel, der sich am intensiv- kenntnisse einfließen zu lassen. 85 Dazu müssen die Gemarkungsgrenzen herangezogen wer- 86 Waniczek 2001, S. 20. den. Aus der Lage der Orte ist dies nicht erkennbar. 87 Hannappel 1941, S. 269.

156 BFO 8, Hans Schmigalla, Mulnhusun, Mulnaim, Altsaalfeld und Graba, 135 – 174 sten in diesem Raum damit auseinandergesetzt Zum westlichen Vorfeld der Großgemarkung hat, kommt zu folgendem Schluss: „Das Ergeb- Saalfeld nis berechtigt zu der Annahme, dass ethnische Auch westlich der Großgemarkung entstand bis Momente die Siedlungsformen der Orlasenke zum 10. Jh. hinter den unmittelbaren Anrainern maßgebend beeinflussen und dass Meitzens Fest- mit slawischen ON vom älteren Typ eine Gruppe 88 stellungen zutreffen.“ Er hat 236 Orte und ihre von Orten, die deutsche ON tragen. Es handelt Gemarkungen untersucht. Von den fünf Orten, sich um Aue am Berg, Unterwirbach, Schwarza die als „Riegel“ mit deutschen ON östlich von und (Bad) Blankenburg (Abb. 7). Auf Aue wur- Saalfeld liegen, ordnet er Oberwellenborn und de bereits bei den Anrainern der Großgemarkung Kaulsdorf den Haufendörfern zu. Aus der Sicht eingegangen und darauf aufmerksam gemacht, des Verfassers besteht Unterwellenborn aus zwei dass das geringe gemeinsame Grenzstück nicht Teilen, von denen der südliche mit der Kirche im Offenland liegt und mit hoher Wahrschein- 89 ebenfalls zu den Haufendörfern zu zählen ist. lichkeit erst später vermarkt wurde. Durch die Beide Kamsdorf gehören nach Zippel zu den Gemarkungen Aue und Unterwirbach zieht ein Anger-Platzdörfern. Die Lage von Großkamsdorf alter Fernweg, der im späten Mittelalter und der an einer Durchgangsstraße hat zur Erweiterung frühen Neuzeit dem Transport von Rohkupfer längs einer von mehreren Straßen geführt, die diente und ihm die Bezeichnung Kupferstra- dort zusammenliefen, was heute den Eindruck ße eintrug. Im frühen und hohen Mittelalter er- 90 eines Straßendorfes erweckt. Wie Vergleiche klomm er bei (Bad) Blankenburg die Höhe und mit alten Kartierungen der Ortslage ergeben, sind verzweigte sich hier. Der eine Zweig wandte sich aber die Merkmale eines Straßendorfes nicht ur- über Zeigerheim/+Naundorf nach Rudolstadt,94 sprünglich dominant. Der Ortsgrundriss der fünf der andere zog über zwei Steigstrecken durch erörterten Dörfer ist demzufolge entweder der die Gölitzwände nach Remda. Dieser Y-förmige Haufen- oder der Anger-Platz-Form zuzuordnen Weg ermöglichte einerseits Mulnhusun den An- und damit deutschen Siedlern zuzurechnen. schluss an das innerthüringische Fernwegenetz Bei den Flurformen ist zumindest teilweise von und verband es andererseits mit Remmidi und einem Prozess der Veränderung und Anpassung Růdolfestat, den anderen beiden Hauptorten des auszugehen. Die lange Zeit, in der die Orlasenke Reichsgutkomplexes. Bis ins 15. Jh. konnte der eine slawisch-deutsche Kontaktzone war, hat nach Fluss Schwarza in der Ortslage von Schwarza mit Werner Zippel, offenbar bereits in früher Zeit, zu schweren Lastgespannen nicht gequert werden. Umlegungen in den Fluren geführt; so erinnern z. Dafür stand keine tragfähige Brücke zur Verfü- B. Gewanne ihrer Aufteilung nach stark an Blöc- gung, es existierte nur ein leichter Steg. Die Furt 91 ke. Er verwendet dafür die Begriffe „Block-Ge- aber war infolge durchnässter Zufahrten nur für 92 wann“ und „Gelänge-Block“. Danach besitzen leichte Gespanne und Berittene nutzbar.95 Für Unter- und Oberwellenborn Gewanne, die „über- Letztere stellte der Weg über Schwarza allerdings haupt keine Anklänge an Blöcke geltend machen“, die kürzeste und schnellste Verbindung zwischen die beiden Kamsdorf Gelänge-Blöcke und Kauls- Saalfeld und Rudolstadt dar. Es dürfte deshalb 93 dorf Block-Gewanne. Folgt man der Interpreta- ein großes Interesse bestanden haben, sowohl die tion von Werner Zippel, so sind diese deutschen Wege für den Lasttransport, als auch die für die Orte mit ihren Feldfluren teils zwischen bestehen- Personenbewegung durch deutsche Ansiedlun- den slawischen Gemarkungen eingeschoben wor- gen zu sichern. Heinz Rosenkranz zählt alle drei den, teils wurden slawische Blöcke in Gewanne Orte zu den mit frühdeutschen bzw. frühmittelal- bzw. Gelänge umgelegt. Mit der Untersuchung terlichen deutschen ON.96 Schwarza wird 1074 als der Siedlungsformen, ausgedrückt in Ortsgrund- erster von den drei Orten genannt, die anderen rissen und Flurformen, lässt sich das Ergebnis der beiden werden erstmals im 13. Jh. urkundlich er- onomastischen Analyse für diese Orte bestätigen. wähnt. Bei allen drei Orten wird mit einer Grün-

88 Zippel 1937, S. 39. dung im 9./10. Jh. gerechnet. 89 Bei Werner Zippel: ohne Differenzierung, Gassendorf. Schwarza bestand aus zwei Ortsteilen, von denen 90 Grundmann 2001, S. 116. der links der Schwarza gelegene ursprünglich 91 Zippel 1937, S. 38. den Grundriss eines Haufendorfes und der rechts 92 Diese unterschiedliche Platzierung des Begriffes Block im Kompositum wird durch Werner Zippel nicht erklärt. Er 94 Hier setzt die Bearbeitung der Kupferstraße durch Bernd müsste in beiden Fällen eigentlich im Erstglied stehen; vgl. Bahn ein (Bahn 2016, S. 32). ippel Z 1937, Karte der Siedlungsformen. 95 Schmigalla 2012, S. 101f. 93 ippel Z 1937, S. 38 bzw. Karte der Siedlungsformen. 96 Rosenkranz 1982, zu Schwarza S. 14, zu Unterwirbach S. 20 und zu Aue S. 25. 157 BFO 8, Hans Schmigalla, Mulnhusun, Mulnaim, Altsaalfeld und Graba, 135 – 174 des Flusses die Form eines Angerdorfes mit der Mit hoher Wahrscheinlichkeit ist ab dem 8. Jh. Kirche aufwies.97 Das Dorf Unterwirbach besitzt mit einer kleinen Siedlung zu rechnen, deren einen kleinen Anger mit der Kirche. Die Häuser Existenz mit dem Landesausbau im 9. Jh. noch reihen sich zweizeilig an den Zufahrten. Aue am wahrscheinlicher wird. Mit dem Übergang von Berg zeigt in beiden Ortsteilen deutliche Anger- Saalfeld an die Ezzonen und danach an das Erz- situationen, im oberen, älteren befindet sich die bistum Köln im 11. Jh. wird mit Sicherheit ein sol- Kirche. In allen drei Orten prägen sich deutsche cher Ort existiert haben, das erforderte zwingend Ortsformen aus. die Beförderung der Erträge der Grundherrschaft Auch (Bad) Blankenburg dürfte zu dieser Grup- Saalfeld nach Köln.101 pe gehört haben. Von der Stelle ab, an der die Eine Siedlung mit slawischem ON besteht in dem Schwarza aus dem Gebirge tritt, gehört die Ge- durch die vier Orte mit deutschem ON belegten markung von Blankenburg der gleichen Land- Raum nicht oder genauer gesagt, nicht mehr. Es schaftseinheit an, in der auch die drei anderen kann kein Zweifel darüber bestehen, dass der Orte liegen. (Dieser Gemarkungsteil wird in der ON der Wüstung +Windorf sich auf slawische NW-Ecke der Karte in Abb. 7 abgebildet.) Der Bewohner und nicht auf Weinanbau bezieht. Der Gemarkungsteil bot die einzigen gangbaren bereits wüst gefallene Ort erscheint 1361, 1394 Aufstiegswege aus der hier nach Norden durch und 1410 als FlN jeweils in der Form Wintdorf.102 Steilwände begrenzten Landschaftseinheit. Für Der ON ist deutsch und bedeutet ‚Wendendorf’. das Reichsgut Saalfeld war das der kürzeste Weg Das deutet auf eine Ansiedlung in der Zeit des nach Remda und ein günstiger nach Rudolstadt. Landesausbaus hin. Von Mulnhusun aus konnten über den Aufstiegs- Die Ortswüstung und ein Teil der wüsten Flur weg bei Blankenburg und über die Steigstrecken liegen am Rand jener Partie der Gemarkung bei Klein- und Großgölitz auch auf kurzem Wege Bad Blankenburg, die sich rechts der Schwar- die anderen nahe gelegenen Willibrord-Orte Arn- za erstreckt und an die Gemarkung Unterwir- stadt und Mühlberg erreicht werden. Die Steigun- bach grenzt. Die Wüstung befindet sich, sicher gen von 14 bzw. 17 Prozent über Strecken von ca. vor Überschwemmungen, auf einer Terrasse der 900 bzw. 600 m erforderten unbedingt Vorspann, Schwarza (240 … 250 m üNN) unterhalb einer An- der vor Ort vorgehalten werden musste. Am höhe (330 m), die die geografische Bezeichnung zweckmäßigsten konnte der Vorspann von einer Lemnitzhügel trägt. Der Lemnitzhügel, er gehört Siedlung erbracht werden, die sich vor der ersten bereits zur Gemarkung Unterwirbach, ist in meh- Steigstrecke, dem späteren Burgweg, an der Rin- rere Fluren eingeteilt, von denen eine, sie nimmt ne befand, ein Stück bevor sie in die Schwarza einen Teil der abgeflachten Kuppe ein, den FlN mündete. Die lokale Forschung spricht an dieser Lemnitz trägt. Dabei handelt es sich offenbar um Stelle von einem „Dörfchen“, „von altersher eine ein slawisches Toponym, bei dem es nach Karl- kleine Vorstadt vor dem Untertor außerhalb der heinz Hengst nahe liegt, von einem alten Gewäs- Stadtmauer.“98 Ob dies eine der Stadt vorausge- sernamen aso. *Lom’nica auszugehen. „Der Berg hende Siedlung war und ob sie sich bereits nach ist also wohl am ehesten auf Grund seiner Lage dem Blankenberg nannte, wie die 1184 erstmals nahe zu einem Bach benannt worden.“103 Dafür erwähnte Stadt, muss offen bleiben. Nach der käme der Wirbachsbach in Frage, der sich an der Burg Blankenburg konnte sie (noch) nicht be- östlichen Flanke des Lemnitzhügels in den Grund nannt sein, da deren älteste Teile nur bis ins 13. eingegraben hat und in einiger Entfernung davon Jh. zurückreichen.99 Über dem „Dörfchen“ erhebt in die Schwarza mündet. (In der Nähe der o. g. sich spornartig der „Ölberg“, auf dem im Mittel- Wüstung +Oberschwarza.) Die Wüstung +Win- alter eine dem heiligen Martin geweihte Kapelle dorf mit einstmals slawischen Bewohnern auf der gestanden haben soll. Die Nachrichten darüber einen Seite der heutigen Gemarkungsgrenze und sollen äußerst spärlich sein.100 der Hügel mit dem slawischen Namen Lemnitz auf der anderen Seite sprechen für eine ursprüng- 97 Ursprünglich hieß das heutige Schwarza Niederschwarza und ein auf halber Strecke nach (Bad) Blankenburg gelege- lich zusammenhängende Gemarkungsfläche, die ner Ort Oberschwarza. Letzterer fiel in der 1. H. des 16. Jhs. nach dem Wüstfallen auf die beiden Anrainer wüst. aufgeteilt wurde (Abb. 7).104 98 Breternitz 1992, S.31. Woher der Verfasser die Information über das „Dörfchen“ bezieht, wird nicht angegeben. 101 Patze 1989c, S. 371. 99 Patze 1989a. 102 Deubler 1966, S. 58; 1958, S. 35, 42. 100 Heimler 1992, S. 36. Leider werden die spärlichen Quellen 103 Freundlicher Hinweis von Karlheinz Hengst (Mail vom über die Martinskapelle nicht mitgeteilt. 29. Sept. 2017).

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Zu Wechselbeziehungen zwischen einem alten worden. Großgölitz (1362 Golys, 1411 Groszen- Nordwest-Südost-Fernweg und der Besiedlung gels, 1428 Göls, 1455 Grossin Gols) und Kleingölitz im Königsgutbezirk Mulnhusun et Remmidi et (1363 Wenyngin Geels, 1386 Wennigin Golz, 1479 Růdolfestat Wenigen Golis, 1537 Clain Goels) lassen sich auf Der slawische Ort Wintdorf, die spätere Wüstung slaw. goły ‚kahl, unbebaut’ zurückführen.107 Of- +Windorf, liegt nahe an einem Abschnitt des fensichtlich wird hier auf die kahlen Felswände, Nordwest-Südost-Fernwegs, der von Mulnhusun die von weither sichtbar sind, Bezug genommen. kommend hinter Blankenburg das westliche Vor- Der Sachbezug weist die beiden ON als einen et- feld der Großgemarkung verlässt. Nach steilem was jüngeren als den patronymischen Typ mit Aufstieg erreicht er weitere slawische Orte. Zu- PN + -ici aus, weshalb hier vom 9. Jh. ausgegan- nächst führt er an Klein- und Großgölitz vorbei. gen wird. Von den drei genannten Wüstungen ist An jedem der beiden Dörfer konnten die nach lediglich +Groschwitz (1334 in villa Groyzwitz, um ihnen benannten Wände durchstiegen werden. 1450 Kroswit [wohl t = z oder fehlendes z], 1411 Auf der nun erreichten Hochfläche traf der Weg Kraschzwicz, 1512 Groschwitz) bislang hinsichtlich oberhalb von Thälendorf auf einen Ort, der am des ON untersucht worden. Nach Rudolf Fischer Schnittpunkt mit einem West-Ost orientierten und Karl Elbracht handelt es sich um jenen alten Weg lag.104Auf diesen Ort lässt sich aufgrund patronymischen Typ, der bei Gölitz nicht vor- von FlN schließen. Es handelt sich um die wenig liegt.108 Deshalb könnte in diesem Fall mit dem 8. bekannte Wüstung +Grosswitz.105 Von hier läuft Jh. gerechnet werden. Sollten zukünftige sprach- er vor zum Schönen Feld und dort in Richtung wissenschaftliche Untersuchungen zum gleichen Sundremda weiter. Ein Abzweig nach Ehrenstein Ergebnis auch bei +Korsitz und +Grosswitz kom- führt an der Wüstung +Korsitz106 vorbei, ein an- men, dann wäre hier von einer frühen Anlage derer in Richtung Rudolstadt geht an der Wü- slawischer Orte auszugehen, die ihre Lage den stung +Groschwitz vorüber. logistischen Bedürfnissen der fränkischen Herr- Auffällig ist, dass die den frühen Weg begleiten- schaft verdanken. Es spricht sehr viel dafür, dass den Siedlungen slawische ON besitzen und spä- die Franken, zu einer Zeit, in der sie nicht in der ter zu zwei Dritteln aufgelassen worden sind. Sie Lage waren, die großen unbesiedelten Flächen sind bislang nur z. T. toponomastisch untersucht in diesem Raum mit eigenen Siedlern zu füllen, den Strom der Land suchenden Slawen auf sol- 104 Das Toponym Lemnitz tritt im Orlagau mehrfach auf. Ein che Stellen lenkten, die ihren Zwecken dienlich gleichnamiger Ort liegt unweit von Triptis am Ostrand des waren. Orlagaus und lässt sich als ‚Ort der Leute eines *L’uben’ in- Mulnhusun war offenbar mit dem Raum um Arn- terpretieren (vgl. Hengst 2007, S. 57.) Außerdem begegnet der ON Lemnitz diesseits der südlichen Grenze des Orla- stadt über einen Weg verbunden, der Nordwest- gaus einmal (Burglemnitz) und jenseits zweimal (Unter- Südost ausgerichtet war. An dieser Stelle erscheint und Oberlemnitz). Der erstgenannte ON bezieht sich nicht es angebracht, auf den hier näher betrachteten auf einen Gewässernamen, er befindet sich unweit eines Ba- Wegabschnitt einzugehen. Zunächst die Abfol- ches Wilschnitz, die beiden letztgenannten Dörfer liegen an ge der nahe an der Trasse gelegenen Orte: Gra- einem Bach Lemnitz, der in die obere Saale mündet. Hier ist ein Bezug der ON auf den Gewässernamen zu vermuten. Ein ba (als Teil von Mulnhusun) – Crösten – Aue am weiterer Lemnitzbach geht bei Leutenberg in die Sormitz, Berg – +Windorf – „Dörfchen“ (Bad Blankenburg) ohne mit einem Ort gleichen Namens in Verbindung zu ste- – Kleingölitz oder/und Großgölitz – +Grosswitz hen. – Die Beispiele zeigen, dass der Bergname Lemnitzhü- – Wegespinne (am Rand des Schönen Feldes) – gel wohl kaum von einem ON Lemnitz, am ehesten aber von einem Gewässernamen abgeleitet werden kann. Sundremda (hier weiter in Richtung Erfurt) oder 105 Sempert 1909, S. 95, führt „Grosswitz zwischen Thälendorf +Korsitz (hier weiter in Richtung Arnstadt) oder und Keilhau“ in einer Anzahl von FlN auf, „von denen die +Groschwitz (hier weiter in Richtung Rudol- meisten entschieden den Charakter von Ortsnamen an sich stadt). tragen und wohl ebenfalls auf Wüstungen zurückzuführen Für den überregionalen Verkehr ist Arnstadt als zu führen sind“. Für die Existenz einer Wüstung spricht in diesem Fall eine markante Ausweitung in der Südwestecke einer der logistischen Punkte in Betracht zu zie- der Gemarkung von Keilhau an den Gemarkungsgrenzen hen, denn wir wissen aus der Urkunde von 704, zu Großgölitz und Thälendorf, die bislang in der regionalen dass Bischof Willibrord von Heden II. dort einen Wüstungsforschung unbeachtet blieb. Hof mit beträchtlichem Zubehör geschenkt be- 106 1133 Cursitz und 1417 Korscytz; vgl. Grundmann 1998, S. 228. Der ON lebt weiter in mehreren FlN als Gorschwitz (Ge- 107 Fischer/Elbracht 1959, S. 29 und 33. Dort wird auch er- markung Ehrenstein) und Korschwitz (Gemarkung Sund- läutert, wie die spätere Endung -itz entstanden ist. Sie weist remda). Diesen beiden Gemarkungen wurden offensichtlich nicht den älteren ON-Typ aus. Teile der wüsten Fluren zugeschlagen. 108 Fischer/Elbracht 1959, S. 29.

159 BFO 8, Hans Schmigalla, Mulnhusun, Mulnaim, Altsaalfeld und Graba, 135 – 174 kam. Der dürfte die Basis gewesen sein, von der komplexes. Das könnte – wie bereits erläutert aus seine Missionare die von Thietbald erhaltene – der Grund dafür gewesen sein, im 8. Jh. slawi- Kirche Araride in Mulnaim (=Mulnhusun) erreicht sche Siedlungen als logistische Stützpunkte an haben. Damit ist Mulnhusun als der andere logi- geeigneten Stellen anzulegen. Als die Ortsdichte stische Punkt der Relation ausgewiesen. Wir kön- immer mehr zunahm und Verkehrsspannungen nen folglich in dem betrachteten Wegeabschnitt zwischen anderen logistischen Punkten an Be- einen Teil der Trasse für den durch den Klerus deutung gewannen, erübrigte sich im hohen Mit- induzierten Verkehr erkennen. telalter ein Teil der logistischen Stützpunkte und Die genannte Urkunde legt weiterhin nahe, in sie fielen wüst. Die Steilstrecken an den Gölitz- Arnstadt oder im Kastell Mühlberg, auf jeden Fall wänden werden auch dann noch des Vorspanns wohl in deren Umkreis, mit einem Stützpunkt bedurft haben, was das Auflassen der beiden Gö- Heden II. zu rechnen. Wenn auch die Machtauf- litzorte verhindert haben wird. teilung zwischen Heden II. und Thietbald unklar bleibt, so dürfte doch anzunehmen sein, dass Zum Verhältnis der Grenze des Orlagaus und auch Thietbald einen Stützpunkt im Innern Thü- der zwischen dem Gut Mulnhusun einerseits ringens besaß.109 Jedenfalls dürfte als sicher gel- und den Gütern Remmidi und Růdolfestat an- ten, dass Thietbald der spätere Königsgutbezirk dererseits 110 Mulnhusun et Remmidi et Růdolfestat unterstand. Der Fernweg traf hinter +Grosswitz , bevor der So verfügen wir mit Mulnhusun, wie beim kleri- Rand des Schönen Feldes erreicht wurde, auf eine kalen Verkehr, über einen sicheren logistischen Grenzlinie, die man von Gösselborn zur Quelle Punkt des Verkehrs der weltlichen Macht. Der des Schaalbaches ziehen kann, von dort verlief andere Punkt, im Zentrum des Herrschaftsberei- die Grenze durch den Schaalbach abwärts bis ches gelegen, lässt sich leider nicht mit der glei- zur Saale und weiter durch die Saale abwärts bis chen Sicherheit angeben, wie bei der Logistik des (Ober-)Krossen (ad Gozelebrunne inde in Schala et Klerus. Wir müssen uns mit einem wahrscheinli- per descensum in Sala et per eius usque Crozne). Die chen Lagebereich begnügen. Dieser dürfte durch Linien waren Bestandteil einer Folge von Punk- Arnstadt einerseits und Erfurt andererseits be- ten und Linien, mit der die Grenze des Orlagaus grenzt sein, wobei bezüglich einer der beiden La- im Jahre 1071 beschrieben wurde.112 Die Orlagau- gebereichsgrenzen, Arnstadt, Übereinstimmung Grenzlinie dürfte in diesem Abschnitt mit jener mit dem klerikalen Punkt besteht. In jedem Fall Grenze übereinstimmen, die seit Bestehen des Gü- lief der Verkehr unabhängig davon, ob er im In- terkomplexes Mulnhusun et Remmidi et Růdolfestat teresse der Kirche oder der Herrschaft erfolgte, das zuerst genannte Gut von den beiden anderen über den oben aufgeführten Wegeabschnitt. Er Gütern trennte. war mit großer Wahrscheinlichkeit Siedelbahn Es würde den Rahmen sprengen, wenn hier auf und Heerweg aus dem Innern Thüringens an Detailfragen der Grenzscheide eingegangen wür- 111 seinen südöstlichen Rand. Schließlich dienten de, wie die nach der Zugehörigkeit von Volkstedt einzelne Abzweigungen auch noch als innere und nach dem Herüberreichen der Gemarkung Verbindungswege im Güterkomplex Mulnhusun Rudolstadts über die Saale bis zum „Stättenrand“ et Remmidi et Růdolfestat. Dieser Wegeabschnitt (später: „Stutenrand“). Ebenso werden die Linie, besaß deshalb eine große Bedeutung für die die Remmidi und Růdolfestat trennte, und die sich fränkische Machtausübung, Kolonisierung und abzeichnenden wahrscheinlichen Außenkontu- Christianisierung bis in die Orlasenke hinein, wie ren der drei Reichsgüter nicht im Einzelnen er- auch für die Ausübung der Grundherrschaft und örtert. Es kann aber festgestellt werden, dass der den Wirtschaftsbetrieb innerhalb des Reichsgut- gesamte Reichsgutkomplex sich hinsichtlich der inneren Struktur und des äußeren Umrisses nä- 109 Vom ON her wäre an Neudietendorf zu denken, dem herungsweise rekonstruieren lässt. ein Ort mit dem ON Dietendorf vorausging. Diesem ordnet Otto Dobenecker Theodendorph und Ditendorf zu (Dobenecker Wichtig erscheint aber in diesem Zusammen- 1896, Nr. 1584). Wie ein Schlüssel für die Gleichsetzung hang, dass das Gebiet des Gutes Mulnhusun mit beider PN-Formen wirkt der Bezug auf Theodbald in der sehr hoher Wahrscheinlichkeit bis an die spätere ersten und auf Thietbald in der zweiten ON-Form. Orlagau-Grenze reichte und dass der diskutierte 110 Thietbalds Besitz müsste Herzogsgut gewesen sein, das erst mit den Karolingern zum Königsgut wurde; vgl. Schimpff 1987, S. 82 Fn. 20. 112 Werner 2007, S. 38 und 47f. Gerhard Werner präferiert für 111 Bezeichnenderweise heißt eine Flur in der Nähe der an Crozne Niederkrossen, hier wird eher Oberkrossen darin er- +Korsitz vorbeiführenden Altstraße Überm hohen Wege. kannt.

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Wegeabschnitt des Fernweges während der Exi- Mündung am weitesten entfernten besiedel- stenz des Güterkomplexes als Ganzes die Funk- baren Offenland verblieben sein. tion eines inneren Verbindungsweges zwischen (2) Da anzunehmen ist, dass die ersten slawischen den Gütern besaß, aber nach Abtrennung des Kö- Siedler im Laufe des 8. Jhs. das Gebiet um nigsgutes Saalfeld und Eingliederung in den Or- Saalfeld erreichten, lässt sich die Zuweisung lagau diese Aufgabe nicht mehr zu erfüllen hatte. von Siedlungsplätzen nur erklären, wenn in- Mit der Erörterung dieser Frage wird die Unter- nerhalb der Großgemarkung bereits zu dieser suchung zur Besiedlung der westlichen Seite der Zeit ein fränkischer Hof bestand oder sich im Großgemarkung abgeschlossen. Wie im östlichen Aufbau befand, der administrative und mi- lässt sich auch hier im westlichen Vorfeld der litärische Funktionen ausüben konnte und Großgemarkung eine geschlossene Gruppe von über eine entsprechende wirtschaftliche Basis Orten mit deutschem ON feststellen. Sie umfasst verfügte. hier vier Siedlungen. Ihre Gemarkungen wurden Er dürfte spätestens im zweiten Jahrzehnt des in Abb. 7 mit der gleichen Schraffur gekennzeich- 8. Jhs. angelegt worden sein. Da Willibrord net, wie der Riegel deutscher Orte östlich der die 726 in seinem sog. Testament genannte Großgemarkung. Auch die Wüstung +Windorf, Kirche Araride in Mulnaim von Thietbald er- als Relikt des einzigen aufgelassenen slawischen halten hatte und dieser zusammen mit Heden Ortes im eigentlichen Vorfeld der Großgemar- II. wohl gegen Ende des zweiten Jahrzehnts kung, ist in dieser Abbildung kartiert. des 8. Jhs. seine Macht verloren hat, dürfte mit einer Schenkung spätestens im zweiten Ein Resümee der Analyse der Besiedlung im Be- Jahrzehnt zu rechnen sein. Eine Kirche aber reich der Anrainer sowie im östlichen und west- setzte die Existenz eines Hofes voraus. lichen Vorfeld der Großgemarkung Saalfeld (3) Noch im 8. Jh. dürften slawische Siedlungen Damit wird die Analyse der Gemarkungsstruk- im Umkreis um die Großgemarkung sowie tur, die mit einer Auswertung und teilweisen entlang des Hauptzugangsweges, der in der Diskussion der vorliegenden Deutungen des Nordwest-Südost-Richtung aus dem Innern ON-Bestandes im Untersuchungsraum und dem Thüringens in den Raum einzog, angelegt Versuch, die ON zeitlich zuzuordnen, verbunden worden sein. Denkbar ist eine gelenkte An- wurde, abgeschlossen. Die Untersuchung diente siedlung von Slawen an der Wegeachse, mit vorrangig der Erhellung der Siedlungsgeschich- dem Ziel, durch diese Orte logistische Unter- te in einem Zeitraum, der mit der wahrscheinlich stützung in dem noch unbesiedelten Gebiet in gemachten Erstnennung als Mulnaim im Jahre 726 der frühen Phase der Besiedlung zu erhalten. beginnt, über die ebenfalls bisher nicht in Betracht Die Siedlungen konzentrierten sich vom 8. gezogene Nennung als Mulhusun in der Zeit 775– bis 10. Jh. im Offenland und bildeten einen 786 bis zur bislang als erste Erwähnung angese- Ring von Anrainern um die Großgemarkung, henen Nennung Salauelda im Jahre 899 reicht. Im der zunächst an den Rändern zum Schiefer- Folgenden wird der Versuch unternommen, die gebirge und zur Heide offen blieb. Weiteres Ergebnisse einzuordnen: Einströmen slawischer Siedler führte zum (1) Von mehreren Möglichkeiten besitzt die fol- Einschieben einzelner kleinerer Ortschaften gende die größte Wahrscheinlichkeit. Die in offenbar nicht vollständig genutzte Gemar- Franken haben vor oder spätestens zeitgleich kungsflächen. mit der Ankunft der ersten slawischen Siedler (4) Noch im 9. Jh. dürfte östlich der Großgemar- die als Urgemarkung anzusehende Großge- kung ein Riegel von fünf Orten mit deutschen markung grob abgesteckt und Ansiedlungen ON gebildet worden sein. Ortsgrundrisse und nur außerhalb davon zugelassen.113 Wenn die Flurformen sprechen dafür, dass es sich um verbreitete Annahme stimmt, dass die slawi- deutsche Siedler handelte. Dazu wurden teils schen Siedler von der Mündung der Saale in Brachen zwischen bestehenden slawischen die auf Wegen, die in einem Korridor Gemarkungen genutzt, teils wurden offenbar um den Fluss herum lagen, die Saale aufwärts Blöcke in durch Slawen bewirtschafteten Flu- zogen, dann dürfte dies nicht verborgen ge- ren in Gewanne bzw. Gelänge umgelegt. Es blieben sein. Eine ausreichende Reaktionszeit dürfte sich um eine gezielte Ansiedlung von wird folglich den Franken an dem von der deutschen Siedlern im unmittelbaren östli- chen Vorfeld der für 899 bezeugten curtis Sa- 113 Auf Ausnahmen davon wird noch eingegangen werden. lauelda gehandelt haben.

161 BFO 8, Hans Schmigalla, Mulnhusun, Mulnaim, Altsaalfeld und Graba, 135 – 174

(5) Der unter (4) genannte Riegel zieht sich durch zerschlagen wurden.“114 Das „Zerschlagen“ kön- das Offenland und reicht von der Heide im nen die Untersuchungen im Umfeld von Saal- Norden bis zum Schiefergebirge im Süden. feld allerdings nicht bestätigen, wohl aber eine In ihm befindet sich der Rote Berg, der den partielle Verdichtung im Offenland, die mit der zentralen Teil des großen Saalfeld-Kamsdor- Einfügung einzelner Gemarkungen zu Lasten be- fer Erzfeldes darstellt. Der Riegel liegt an der reits bestehender einherging. Der Hauptweg des Innenseite der Remdaer Sedesgrenze, mit der, Landesausbaus war hier die Verdichtung im Of- wie mit hoher Wahrscheinlichkeit anzuneh- fenland und die Ausdehnung der Siedelfläche auf men ist, die ursprüngliche Grenze des Reichs- die bewaldeten Höhenlagen durch Rodung. gutes Mulnhusun übereinstimmt. Gleichzeitig Das Ergebnis macht vor allem deutlich, wie die könnte sie deshalb auch die östliche Grenze Franken im Grenzbereich zum slawischen Gebiet des gesamten Güterkomplexes Mulnhusun et systematisch slawischen Siedlern Plätze zuwie- Remmidi et Růdolfestat im Offenland der Orla- sen und eine Großgemarkung absteckten, die in senke darstellen. Die Grenze folgt der Was- den folgenden Jahrhunderten ihre Qualitäten als serscheide zwischen Weira und Kötschau. Herrschaftsbasis unter Beweis stellte. Wenn hier (6) Auch westlich der Großgemarkung wurden von Großgemarkung Saalfeld gesprochen wird, im Verlaufe des 9. Jhs., spätestens des 10. Jhs. dann retrospektiv. Als die erste grobe Abmar- deutsche Bauern angesiedelt. Durch die Ge- kung erfolgte, wird der „Markhauptort“ Mulnhu- markungen dieser vier Siedlungen lief der sun geheißen haben. unter (3) erwähnte Fernweg, der zunächst Die Offenlandflächen, die im Westen vom Fluss als Siedelbahn und danach der weiteren Er- Schwarza zwischen Bad Blankenburg und dem schließung sowie dem internen Verkehr im Ort Schwarza und im Osten von der den Weira- gesamten Güterkomplex diente. Vermutlich bach und die Kötschau trennenden Wasserschei- wurden die Dörfer zur Instandhaltung und de begrenzt werden, dürften als die ,Gefilde an zu Vorspannleistungen herangezogen. der Saale’ anzusehen sein, die Namen gebend für (7) In der zweiten Hälfte des 11. Jhs. muss die die curtis Salauelda 899 wurden. Vermutlich ist die Siedlungsdichte im Offenland ein solches Benennung ,Saalfeld’ erst im Verlaufe der hier Maß erreicht haben, dass neue Siedlungen dargestellten Kolonisierung durch deutsche Sied- nur noch durch Rodungen in der Heide und ler zunächst als Landschaftsname entstanden und im Schiefergebirge angelegt werden konnten. dann zügig auf den Hauptort übertragen worden. Aus den Ortsnamen ist ersichtlich, dass es Wenn dieser 775/786 noch Mulnhusun hieß, dann sich in dieser Phase des Landesausbaus vor- wäre der Zeitraum bis 899 als die Periode anzuse- wiegend um deutsche Siedler handelte. hen, in der sich die Besiedlung in der Hauptsache (8) Die Trennlinie zwischen dem Reichsgut vollzog und zur Änderung des Namens führte. Mulnhusun und den Reichsgütern Remmidi Das 9. Jh. hat auch die namenkundliche Analyse und Růdolfestat, die zweifellos im 8. Jh. ge- für den größten Teil der Orte in den Siedelräu- zogen wurde, dürfte mit der Grenzlinie des men westlich und östlich der Großgemarkung als Orlagaus im betreffenden Abschnitt überein- Ansiedlungszeit wahrscheinlich gemacht. stimmen, wie sie aus einer Urkunde des 11. Jhs. hervorgeht. Gemarkung Mulnhusun – durch Aufhebung der Aufteilung wieder sichtbar Betrachtet man die Anfangsphase der Besied- Was aber befand sich im Innern dieser Fläche, lung, dann ähnelt sie doch sehr dem, was Walter die in der Lage war, mehr als elf Orte der Grö- Schlesinger bei der Untersuchung von Marken ßenordnung aufzunehmen, von denen sie um- festgestellt hat: „Es ist also nicht so, daß die Be- geben war? – Zunächst soll die Aufmerksam- wohner einer Mark von Anfang an sich dort auf keit jenem Ort gehören, der als Herrschaftssitz eine beliebige Anzahl von Siedelplätzen verteilt anzusehen ist. Die Fläche der Großgemarkung hätten, vielmehr ist der Markhauptort eher ange- Saalfeld scheint am Anfang zu einem Grundhof legt worden als die übrigen zugehörigen Dörfer. gehört haben, der nahe der Kirche St. Gertrudis Dies geht schon aus dem Studium der Flurum- und zusammen mit der später Altenburg genann- risse hervor, die deutlich erkennen lassen, daß ten Befestigung auf der Mittelterrasse der Saale die ‚Urmarken’ im Verlaufe des Landesausbaus stand. Der hochgelegene Siedlungsteil, dem mit

114 Schlesinger 1941, S. 66.

162 BFO 8, Hans Schmigalla, Mulnhusun, Mulnaim, Altsaalfeld und Graba, 135 – 174 hoher Wahrscheinlichkeit auch der später Peters- berg genannte Sporn auf der anderen Seite des (Siechen-)Grabens zugeordnet war, bildete eine Siedlungseinheit mit dem in der Saaleaue befind- lichen, dessen Mühle(n) Namen gebend für beide Siedlungsteile waren: Mulnhusun (Abb. 3 und 11). Wie weiter oben begründet, müssten zwei in spä- terer Zeit erstmals erwähnte Siedlungseinheiten, Altsaalfeld und Graba, Teile der Gemarkung Mulnhusun gewesen sein. Als Altsaalfeld 1889 und Graba 1922 in die Stadt Saalfeld eingemein- det wurden, brachten sie ihre Gemarkungen (194 ha bzw. 43 ha) ein. Aus ihrer Kartierung in Abb. 11 (linke Seite) ist ersichtlich, dass an der Saale, wo ein unmittelbares Nebeneinander beider zu Abb. 11. Rekonstruktion der vermuteten Gemarkung Muln- erwarten ist, eine breite „Lücke“ zwischen ih- husun. Links: Relikte der Gemarkung (etwa Ende 11. Jh., nen klafft. Gerhard Werner hat sie erfasst, als er zur Orientierung Stadtmauer ab Ende 12. Jh.). Rechts: re- die zum Benediktinerkloster Saalfeld gehören- konstruierte Gemarkung (etwa Ende 8. Jh.). den Territorien für das Jahr 1510 kartierte.115 Für ihn ist sie verständlicherweise keine Fläche, die kung Mulnhusun gehörten. Als das Kloster an Altsaalfeld und Graba trennt, sondern eine Flur, der ursprünglich durch die curtis belegten Stelle die sowohl das Kloster auf dem Petersberg als gegründet wurde, könnte der 1074 genannte mer- auch einen Teil der unmittelbar anschließenden catus (Alter Markt) bereits bestanden haben.117 Saaleaue umfasste. Diese Belegung aber bot sich Die 1466 erwähnte Apts Freyheit (Alte Freiheit) für die vorliegende Untersuchung als eine Erklä- scheint wohl eine Gründung der Abtei gewesen rung für die Entstehung der zunächst nicht inter- zu sein.118 Auch eine weitere Gemeinde längs pretierbaren „Lücke“ an. der Langen Gasse dürfte erst später entstanden Als der Grundhof von Graba auf den Petersberg sein.119 Diese Flächen könnten, sie lagen vor dem verlagert wurde, wurde das neue Herrschaftszen- Abschnittsgraben der befestigten Anlage, mit trum aus der Gemarkung von Mulnhusun heraus- weiteren Annäherungshindernissen durchsetzt gelöst und mit ihm die nahe gelegene Saaleaue. und damit Teil der Gesamtanlage gewesen sein. Wie weiter oben bereits erläutert, führten in die- Deshalb spricht vieles dafür, dass bereits vor der sem Bereich zwei Furten durch die Saale, die für Verlagerung des Grundhofes auf den Sporn des überregionale und lokale Wege bedeutsam waren Petersberges dessen gesamte Fläche bis zu einem (Abb. 3). Das dürfte ein gewichtiges Motiv für die Grenzrand, der im Süden etwa parallel zur Lan- Einbeziehung dieses Bereiches gewesen sein. Pe- gen Gasse verläuft,120 als ‚Vorbehaltsfläche’ in der tersberg und Schlosswiesen waren nun eine terri- Gemarkung Mulnhusun enthalten war. Man sollte toriale Einheit, die sich wie ein Keil zwischen die den Franken, die den Landstrich an der Grenze untere (später Altsaalfeld) und die obere Siedlung zu den Slawen unter ihre Herrschaft brachten, (später Graba) schob, mit der Folge, dass die Flä- eine solche perspektivische Denkweise durchaus che der Gemarkung Mulnhusun verkleinert und zutrauen. Sie wurde schon in den weiter oben außerdem in zwei Teile getrennt wurde, die zu dargestellten Untersuchungen zur Großgemar- deren Verselbständigung führen musste (Abb. 11 kung Saalfeld sichtbar. linke und rechte Seite). In Abb. 11 sind Vorgehen und Ergebnis des Ver- Im Norden grenzte die neue Flur an die Fläche suchs, die Gemarkung Mulnhusun unter Einbezie- der Göritzmühle, die in diese Einheit integriert hung der später heraus getrennten und verselb- wurde. Wann dies erfolgte, muss offen bleiben. ständigten Bestandteile zu rekonstruieren, karto- Jedenfalls gehörte sie 1418 zur Benediktinerab- 116 tei. Schwer entscheidbar ist die Frage, ob die 117 Werner 2008, S. 10f., Stichwort Nr. 15 Alter Markt. Zur im Süden vor der curtis Salauelda befindlichen Unsicherheit der Anlage des Alten Marktes vgl. die Abwä- Flächen bereits vor der Verlagerung zur Gemar- gungen im Abschnitt über die Siedlungen innerhalb der Großgemarkung. 115 Grundmann 2001, S. 24, Abb. 5 (Kartenentwurf G. Werner 118 Werner 2008, S. 8, Stichwort Nr. 7 Alte Freiheit. 1998.) 119 Brückner 1853, S. 617. 116 Werner 2008, S. 61f., Stichwort Nr. 190 Göritzmühle. 120 Gockel 2000, S. 478 Abb. 41.

163 BFO 8, Hans Schmigalla, Mulnhusun, Mulnaim, Altsaalfeld und Graba, 135 – 174 grafisch zusammengefasst. Ein solches Unterfan- die durch den Boden und die historische Ent- gen muss immer eine Annäherung an die tatsäch- wicklung bedingt ist. Änderungen treten immer lichen Verhältnisse in der damaligen Zeit bleiben. auf, besonders in den letzten Jahrhunderten. Aus der Sicht des Verfassers sind in diesem Falle Durch Schaffung einer Karte, die die Grenzen die in den Katasterplänen, aufgrund des ihnen ei- der Gemeinden vor dem Einfluss der modernen genen Beharrungsvermögens, gespeicherten geo- Zeit darstellt, wird ein Grenznetz geschaffen, das grafischen Informationen die einzigen, die weit beim Versagen urkundlicher Forschungen ohne zurück liegende Siedlungsverhältnisse und ihre Bedenken verwandt werden kann.“123 Veränderungen offenbaren können. Wenngleich der vorliegende Beitrag nicht Atlan- ten mit historischen Gemeindegrenzen zum Ge- Exkurs 2: Zur Analyse von Gemarkungsbildern genstand hat, so sind doch kartierte Gemarkun- Der Verfasser dieses Beitrages hatte sich in seiner gen eines ausgewählten Gebietes wesentlicher beruflichen Tätigkeit aus der Sicht eines Planers Bestandteil seiner Aussagen. Aus diesem Grund auch mit Gemarkungen befasst. Je häufiger er mit wurden die Ergebnisse von Walter Koch als Be- entsprechenden Plänen zu tun hatte, desto mehr stätigung aufgefasst, derartige Analysen mit Aus- verfestigte sich die Vermutung, dass sich in den sicht auf Erfolg durchführen zu können. Gemarkungsgrenzen sehr alte Grenzlinien erhal- Außerdem weckte eine Feststellung von K. Schu- ten haben könnten. Diese Vermutung nährte die macher zum Merkmal ‚Formen’ der Gemarkun- Hoffnung, sie, insbesondere in jenen Fällen, in gen die Erwartung, ein gewisses Regelmaß fest- denen keine schriftlichen Quellen zu Rate gezo- stellen zu können. Das Studium der historisch- gen werden können, als Informationsträger histo- statistischen Grundkarten des deutschen Reiches rischer Fakten in Betracht ziehen zu können. zeigte ihm, „dass trotz der fast verwirrenden Wenn Gemarkungen über weit zurück liegende Mannigfaltigkeit der Formen der Gemarkungen, Fakten Auskunft geben können, müssen sie über die durch die Verschiedenheit des Geländes und bestimmte Eigenschaften verfügen. Es lag nahe, Anbaus wie der historischen Verhältnisse be- dass vor allem die Siedlungshistoriker sich bereits dingt sind, sich für manche Gebiete doch gleich- mit dieser Fragestellung befasst haben würden. artige Formen erkennen lassen, die in bestimm- Wie eine, durchaus nicht vollständige, Sichtung ten wirtschaftlichen oder historischen Vorgängen der vorhandenen Literatur erbrachte, hat sich begründet sind.“124 Weiterhin gaben Beiträge, wie eine ganze Reihe von Untersuchungen zur Sied- der von Adolf Welte 1935, zahlreiche, an Beispie- lungsgeschichte bereits am Ende des 19. und in len demonstrierte, Hinweise zum Erkennen von der ersten Hälfte des 20. Jhs. mit dieser Thematik Urgemarkungen und von Merkmalen ihrer Ver- auseinandergesetzt. Diese Arbeiten enthalten ei- änderung über der Zeit sowie zur Verfahrens- nige wertvolle Erkenntnisse, die teilweise in ver- weise. Er schließt seinen Beitrag mit folgenden allgemeinernden Aussagen münden. Sie scheinen Sätzen: „Es gelten auch für die Gemarkungsfor- aber nicht die Resonanz gefunden zu haben, die men und -grenzen als Quelle siedlungsgeogra- sich ihre Verfasser erhofft hatten. So stellt z. B. phischer Forschung die gleichen Grundsätze wie K. Schumacher 1921 enttäuscht fest, „wie wenig für die Behandlung der Ortsnamen, Flurformen die Dorfgemarkungen […] bisher für siedlungs- usw., d. h., sie sind nur beweiskräftig, wenn die geschichtliche Untersuchungen herangezogen Ergebnisse dieser anderen Forschungsrichtungen wurden.“121 ihren Folgerungen nicht widersprechen. Sie sind Als zentrale Frage für den Wert der Informatio- aber wohl geeignet, manche wichtige Tatsache nen, die sich aus Gemarkungen ableiten lassen, zu vermitteln, die keines der anderen Hilfsmittel stellte sich ihre Eigenschaft ‚Beständigkeit’ im erkennen lässt, und in vielen Zweifelsfällen Ge- Zusammenhang mit der Herstellung sog. histo- wissheit zu geben, um die man sonst vergeblich rischer Grundkarten heraus. Das war für Walter sich bemüht. Eine für den Geographen selbstver- Koch 1935 Veranlassung, den historischen Wert ständliche Forderung ist weiter auch die, dass der deutschen Gemeindegrenzen unter diesem die Gemarkungen immer in Verbindung mit der Gesichtspunkt zu untersuchen.122 Er kommt am Natur gebracht werden müssen. Nur so sind sie Ende seiner Arbeit zu dem Ergebnis: „Die Ge- als kleinste Zellen unseres Siedlungs- und Wirt- meindegrenzen haben eine hohe Beständigkeit, schaftswesens verständlich und nur so gewinnt

121 Schumacher 1921, S. 2. 123 Koch 1935, S. 85. 122 Koch 1935, S. 1–3. 124 Schumacher 1921, S. 3.

164 BFO 8, Hans Schmigalla, Mulnhusun, Mulnaim, Altsaalfeld und Graba, 135 – 174 man Einblick in die Kräfte, die für den Besied- dung und den Ausbau kirchlicher Strukturen in lungsgang ausschlaggebend waren. Losgelöst dem Bereich umfasst haben, wie später in dem vom Boden, seiner Gestaltung und Art, seiner Netz der Kirchen erkennbar wird. Das Zubehör Pflanzenbedeckung und Wasserführung bleiben musste dafür die wirtschaftliche Grundlage bie- sie leere, oft kuriose Figuren.“125 ten, diese wird dem größeren Funktionsumfang Gestützt auf diese Erkenntnisse wurden, einer- zwar entsprechend angemessen, aber nicht üp- seits durch Verknüpfung mit Ortsnamen, die pig gewesen sein. Noch 1466 und 1588 besaß die zeitlichen Perioden zuordenbar sind, und ande- kleine Dorfsiedlung nur zehn Häuser mit etwa 50 rerseits durch Kombination eines erarbeiteten Einwohnern.126 Das mag das geringe Ausmaß von Gemarkungslayers mit Kartenschichten, die Aus- Orts- und Feldflur und die ungewöhnliche Form sagen über das Relief, die Gewässer, die Bewal- der letzteren erklären. Auch der nur schmale Zu- dung u. a. zulassen, im Verlaufe der eigenen Un- gang zum Fischwasser, das in diesem Fall nicht tersuchungen Zusammenhänge festgestellt, die durch die Saale, sondern durch einen Seitenarm Eingang in den vorliegenden Beitrag gefunden gebildet wurde, lässt sich so deuten.127 haben. Diesen wahrscheinlich durch die Schenkung Thietbalds festgeschriebenen Umfang hat Graba Graba und die nachhaltigen Wirkungen der bis zur Mitte des 19. Jhs. beibehalten und nicht Schenkung Thietbalds an Willibrord nur diesen, sondern auch eine Verfasstheit, die Graba, durch Abtrennung von Mulnhusun als es mit anderen Orten, die in der „Urgemarkung“ selbständiger Ort entstanden, besitzt eine Reihe Saalfeld liegen, teilt. Georg Brückner schreibt von Besonderheiten gegenüber den anderen Or- dazu in seiner 1853 erschienenen Landeskunde: ten im Saalfelder Raum. Mit den bereits genann- „Graba besitzt zur Zeit noch keine eigene Feldflur ten 43 ha verfügt er über die kleinste Gemarkungs- [Fußnote], sondern liegt mit seinen Grundstücken fläche, der Wert entspricht nur einem Fünftel des im Weichbild der Stadt Saalfeld und in benach- Mittelwertes der übrigen Orte. Die Gestalt seiner barten Dorffluren. [Fußnote:] Die Gemarkungs- Gemarkung ist lang gestreckt und schmal – unge- verhältnisse werden demnächst geregelt.“128 Erst wöhnlich, wie ein Vergleich der Gemarkungsfor- in dieser Zeit wurden auch Anachronismen in men in Abb. 6 zeigt. Beide Besonderheiten sind der Ortsflur behoben. „Die im Ort gelegenen, zur infolge der Abtrennung sichtbar geworden und Stadt Saalfeld gehörenden Häuser, so wie auch auch offenbar ihr geschuldet. das ehemalige Vorwerk und die Ziegelei sind Wenn Graba ursprünglich ein Siedlungsteil von jetzt der Gemeinde Graba einverleibt.“129 Mulnhusun war, dann hat die Flur dieses Teils Bemerkenswert für die weiter oben erörterten zweifellos bis zur Saale gereicht und ihre Fläche Zusammenhänge ist, was uns Brückner zum war weit mehr als doppelt so groß (Abb. 11). Die Vorwerk mitteilt. Das unweit der Grabaer Kirche heutige Gemarkung kann nur der Rest sein, der befindliche Gut gehörte Mitte des 19. Jhs. noch nach Abtrennung des Herrschaftszentrums auf nicht zur Ortsflur Graba, obwohl aus einzelnen dem Petersberg und der nahe gelegenen Saaleaue Ortsangaben dieser Eindruck entstehen könnte: entstand. Es spricht viel dafür, dass diese Restflä- forwerg zcu graba (1443).130 Zu dieser Zeit handelte che dem Zubehör (cum appenditiis suis) entsprach, es sich um den Wirtschaftshof der Benediktiner- welches Thietbald mit der Kirche Araride Bischof abtei Saalfeld, die 1071 durch Anno II. auf dem Willibrord übergeben hatte. Boden des castellum der Ezzonen, dem ehema- Die zur Kirche gehörende Siedlung wird kein üb- ligen Reichsgut der Ottonen und der einstigen liches Bauerndorf gewesen sein. Bestimmend war curtis Salauelda des Poppo auf dem Petersberg die Kirche St. Gertrudis, die als Urpfarrei für einen gegründet worden war. Das „Klostervorwerk großen Sprengel zuständig war. Schon früh wird am Hannoflur“131 dürfte vorher den Ezzonen, sie eine regionale Wirkung entfaltet haben, die wie auch den Ottonen die gleichen Dienste als den kleinen Ort weithin bekannt gemacht hatte. Wirtschaftshof geleistet haben. Davor wird an Ihr Zubehör wird im Hinblick auf ihre Aufgaben dimensioniert worden sein. Sie werden in diesem 126 Werner 2008, S. 201f., Stichwort Nr. 200 Graba. Fall nicht nur auf Gottesdienst und Erteilung der 127 In Abb. 11 linke Seite an der Ausbuchtung der nordöstli- Sakramente beschränkt gewesen sein, sondern chen Gemarkungsgrenze Grabas erkennbar. 128 Brückner 1853, S. 644. werden auch die Missionierung sowie die Grün- 129 Brückner 1853, S. 644. 130 Werner 2008, S. 192f., Stichwort Nr. 589 Vorwerksfelder. 125 Welte 1935, S. 153. 131 Brückner 1853, S. 644.

165 BFO 8, Hans Schmigalla, Mulnhusun, Mulnaim, Altsaalfeld und Graba, 135 – 174 dieser Stelle vom Verfasser der erste Grundhof Zu Siedlungen innerhalb der Großgemarkung im Saalfelder Raum vermutet, der später auf den Saalfeld – ein weiterer Rekonstruktionsversuch Petersberg verlagert wurde. Die Nichtzugehörig- der Besiedlung keit sowohl des Standortes des Gutes zur Ortsflur Im Innern der Großgemarkung Saalfeld sind für wie auch der angrenzenden Feldflur des Gutes die Zeit vor der Stadtgründung 1180 folgende (Hannoflur) zur Feldflur des Kirchen-Ortes Graba Siedlungen bekannt: das 726 genannte Mulnaim muss bis in die Zeit der Kirchenschenkung durch (775/786 Mulnhusun, später in Altsaalfeld und Thietbald an Willibrord zurückreichen. Das Gut Graba aufgeteilt), die 899 erwähnte curtis Sala- hat also keinesfalls zum Zubehör der Kirche ge- uelda (1057 castellum, noch im 11. Jh. Benedikti- hört und umgekehrt hat die Kirche mit ihrem Zu- nerkloster) und die in einer gefälschten Urkunde behör nicht zum Gut gehört, auch nicht, bevor die zu 1074137 aufgezählten Garnsdorf, (Fern-)Köditz, Grundhoffunktion auf den Petersberg verlagert (Nähern-)Köditz und der Alte Markt sowie der wurde. erzbischöfliche Hof, der im Saalfelder Hof- und Wie aber war die Situation zur Zeit des Klosters? Dienstrecht, redigiert 1125/1180, erscheint.138 In einer Urkunde von 1074, die Abtei bestand erst Auf Mulnhusun und Altsaalfeld ist bereits mehr- wenige Jahre, bekennt Anno II., er habe das von fach eingegangen worden, so dass sich eine wei- 132 ihm gegründete Kloster mit ganz Graba dotiert. tere Erörterung erübrigt. Graba ist zwar eben- Dem widerspricht aber eine andere Urkunde von falls an mehreren Stellen besprochen worden, es 1228, darin erteilt der Erzbischof von Mainz dem scheint aber angeraten, noch auf die Deutung des Abt die Erlaubnis, die Kirche in Graba der Abtei ON einzugehen. Auch Graba wird 1074 in der als 133 einzuverleiben. Ganz Graba ist also mitnichten Fälschung betrachteten Urkunde erstmals, und bei der Klostergründung Stiftsdorf geworden, zwar als Grabin, genannt. Der ON geht nach Ro- denn Kirche und Dorf waren zu dieser Zeit und senkranz „ohne Zweifel“ auf den tief eingeschnit- noch weitere 150 Jahre unabhängig von der Abtei. tenen Siechengraben zurück, an dessen nördli- Martin Hannappel stellte deshalb mit Recht die cher Flanke der Ort liegt. Nach Hengst kann es Frage: „Hatte sich die Kirche, fußend auf ihrer durchaus ein slawischer Name sein. Bei Rosen- 134 Vergangenheit, eine Sonderstellung bewahrt?“ kranz steht Graba unter „Alte deutsche Einzelna- Diese Frage wird für die Zeit bis 1228 zu bejahen men“, die slawische Deutung als ’Weißbuchen- sein. Die Sonderstellung dürfte auf die nachhalti- ort’ setzt Hengst unter ON, die einen „Hinweis ge Wirkung der Schenkung Thietbalds an Willi- auf die weitere Erschließung des Siedelraumes brord zurückzuführen sein. sowie Rodung in etwas späterer Zeit geben.“139 Wie Matthias Werner für die Mission in Toxan- Der Bezug auf den Siechengraben gewinnt an Ge- drien überzeugend dargelegt hat, ging es Willi- wicht, wenn man auf die Bezüge von Kamsdorf brord nicht um den Erwerb von Gütern schlecht- auf das Kammrelief und von Kaulsdorf auf den hin, sondern um deren Nutzung zur kirchlichen „Kogel“ aufmerksam macht. Zusammen wären Durchdringung des Gebietes, vorzugsweise an es dann drei Orte, die ihren deutschen ON aus 135 Ort und Stelle der Schenkung. Deshalb dürfte Merkmalen der Oberflächengestalt der Erde ab- Willibrord in gleicher Weise mit der von Thiet- leiten. Auch bei Graba könnte, wie bei Kamsdorf bald übertragenen Kirche Araride und ihrem Zu- und Kaulsdorf, aus den oben erläuterten sachli- behör in Mulnhusun an der thüringischen Saale chen Zusammenhängen, auf das 9. Jh. geschlos- verfahren haben, zumal der Bericht des Willibald sen werden. Auffällig ist, dass gerade in diesem in der Vita Bonifatii „mit hoher Wahrscheinlich- Jahrhundert der Übergang von Mulnhusun auf Sa- keit als ein weiteres Zeugnis für das thüringische lauelda vermutet wird. Alles das dürfte mehr für Missionsvorhaben des Willibrord gewertet wer- einen deutschen ON Graba sprechen.140 – Auch 136 den“ darf. Das Missionsvorhaben in der Kon- ist an die eigentümliche Doppelung deutscher taktzone mit den Slawen dürfte dabei nicht über- ON zu erinnern, die sich an der Unstrut in dem raschen, lag doch Großmonra in der Schenkung 137 Zum Inhalt dieser Urkunde vgl. Dobenecker 1896, Nr. 912, Heden II. (704) an Willibrord auch in der Nähe zu ihrer mangelnden Beweiskraft Gockel 2000, S. 469 und der Grenze zu einem von Slawen bewohnten Ge- 475. biet. 138 Zum Inhalt des Textes vgl. Dobenecker 1896, Nr. 911, zur Datierung Gockel 2000, S. 469 und 475. 132 Dobenecker 1896, Nr. 912. 139 Rosenkranz 1981, S. 18, sieht eine Deutung als slawischer 133 Dobenecker 1925, Nr. 18. ON nicht gerechtfertigt; Hengst 2007, S. 56, Fn. 22. 134 Hannappel 1941, S. 261. 140 ockel 135 Auch G 2000, S. 473, erscheint ein slawischer ON für Werner, M. 1980. S. 152–154. Graba „eher zweifelhaft“. 136 Werner, M. 1982, S. 296. 166 BFO 8, Hans Schmigalla, Mulnhusun, Mulnaim, Altsaalfeld und Graba, 135 – 174

ON Grabe ausdrückt. Die Erinnerung daran taugt Unmittelbar am Ort führte der Frankenweg – bis aber nicht als Argument für einen deutschen ON in die heutige Zeit in Form eines FlN Am Fran- Graba an der Saale, solange die Hintergründe der kenweg überliefert – vorbei, der über das Schie- Doppelung nicht geklärt sind. fergebirge143kommend in nördlicher Richtung Obwohl Graba, wie bereits erwähnt, die kleinste durch den (Siechen-)Graben zur Göritz-Furt Gemarkungsfläche aufweist, dürfte es, wegen sei- unterhalb der Altenburg zog (Abb. 3), um nach ner Funktion als kirchlicher Zentralort, neben cur- Querung der Saale die Höhe der Heide zu ge- tis/castellum/Benediktinerabtei die bedeutendste winnen, von wo aus alte Wege erreicht wurden, und bekannteste jener Siedlungen gewesen sein, die nach Westen in das Innere Thüringens, nach die vor der Stadtgründung innerhalb der Groß- Norden auf den Höhen parallel zur Saale und gemarkung lagen. nach Osten oberhalb der Orlasenke als Hohe Die curtis Salauelda ist das in diesem Beitrag am Straße entlang führten.144 In südlicher Richtung häufigsten genannte Siedlungsobjekt. Das ist ih- hatte der Frankenweg Anschluss an die Wegezüge rer Bedeutung in nahezu allen hier diskutierten nach Franken, was mit hoher Wahrscheinlichkeit Zusammenhängen geschuldet. An dieser Stel- namensgebend war.145 Dieser Weg dürfte bereits le soll lediglich die Abfolge der Belegung ihres unter den Hedenen,146 besonders aber in der Zeit Standortes Petersberg bis zur Stadtgründung Poppos, wie auch später in der Periode Richezas, Erwähnung finden. Die Forschung setzt diesen frequentiert worden sein, da beide auch über Be- Standort gleich mit dem der ottonischen Reichs- sitz in Franken verfügten.147 Die Steilstrecke ins burg, die sich für das 10. Jh. erschließen lässt, und Gebirge bedurfte bei Lastfuhren unbedingt des des urkundlich genannten castellum, das 1057 aus Vorspanns. Solche Dienstleistungen wurden von dem Besitz der Ezzonen, die es 1013 aus Reichsbe- Dörfern am Gebirgsfuß erbracht. Noch im 19. Jh. sitz erhalten hatten, in den Besitz des Kölner Erz- wurden Anspanndienste auf der 1837 gebauten bistums überging. Am gleichen Standort richtete Kunststraße Saalfeld – Reichmannsdorf von Bau- der Kölner Erzbischof Anno II. ein Benediktiner- ern aus Garnsdorf geleistet.148 Das wird der ent- kloster St. Peter und Paul ein (1443 St. Petersperg). scheidende Grund für die Anlage von Garnsdorf Alles spricht dafür, dass es eine standörtliche spätestens unter Poppo gewesen sein. Kontinuität von curtis – castellum – Abtei St. Pe- Die schriftlichen Quellen spiegeln das nicht wi- tersperg auf dem Petersberg gab (Abb. 6 curtis).141 der, Garnsdorf wird erstmals in der Fälschung zu Während sich Graba am nördlichen inneren Rand 1074 urkundlich genannt.149 Die Ersterwähnung der Großgemarkung befand, lag die Gemarkung von Garnsdorf in der Form Germarisdorff lässt Garnsdorf, völlig von ihr umschlossen, als Insel mit einem ungewöhnlichen Umriss, in ihrer süd- 143 Zieht man die Fläche des in den Wald vorspringenden Ge- westlichen Ecke (Abb. 6). Derartige Vorsprünge, markungsteils ab, dann dürfte die ursprüngliche etwa 150 ha betragen haben. wie der sich im Westen abzeichnende, sind an- 144 Schmigalla 2012, S. 93f. Dieser Frankenweg lässt sich als dernorts durch Rodung entstanden und demzu- Teil einer frühen Relation Erfurt – Rudolstadt – Saalfeld – folge jetzt Offenland,142 in unserem Falle aber ragt Franken interpretieren; vgl. dort S. 88. Zu den frühen We- er in den Wald hinein. Ursprünglich dürfte die gen, die von der Heide nach Norden zogen, vgl. Fütterer 2011/2012, v. a. die Karten auf S. 318, und für die nach Osten Garnsdorfer Gemarkung nur bis an den Wald- führenden Altstraßen Fütterer 2017, insbesondere Abb. 14. rand gereicht haben, der auch die Urgemarkung 145 Weniger überzeugend erscheint die Interpretation als Saalfeld begrenzt haben wird (Abb. 6, rote gestri- ‚Weinbergweg’. Vgl. Werner 2008, S. 48f., Stichwort Nr. 144 chelte Linie). Als die Besiedlung des Schieferge- Frankenweg. 146 birges begann, wird man die Grenze in den Wald Heinrich Wagner (Wagner 1999, S. 38f.) geht davon aus, dass Heden II. um 718 wahrscheinlich in Bamberg Hof hielt, hinein verschoben haben. Garnsdorf, vorher, wie während Würzburg zu dieser Zeit nur noch die Rolle einer die anderen Orte innerhalb der Großgemarkung Nebenresidenz spielte. Das eröffnet die Möglichkeit, nicht Saalfeld, am Rand liegend, geriet nun in eine In- nur Würzburg, sondern auch Bamberg als Quellpunkt von sellage und erhielt den vermutlich bereits seit Bewegungen nach Thüringen anzusehen, die dann auf kur- zem Wege über Saalfeld geführt hätten. Längerem genutzten Waldbereich dazu. Sollte Thietbald, der die Kirche Araride in Mulnaim an Der Ort besaß nach Mulnhusun mit 230 ha die Willibrord verschenkt hat, tatsächlich in enger Beziehung zu zweitgrößte Fläche der im Innern liegenden Sied- Heden II. gestanden haben (vgl. Schimpff 1987, S. 82 Fn. 20), lungen.142 dann könnte der Weg zwischen Mulnaim/Mulnhusun und Bamberg auch für ihn bedeutsam gewesen sein. 147 Schimpff 2012, S. 47–49, S. 61–63 und S. 65–68. 141 Gockel 2000, passim. 148 Grundmann 2001, S. 97. 142 Schumacher 1921, S. 4. 149 Dobenecker 1896, Nr. 912.

167 BFO 8, Hans Schmigalla, Mulnhusun, Mulnaim, Altsaalfeld und Graba, 135 – 174 eindeutig den ahd. PN Germar, der vermutlich gen principalis curtis und curia episcopi mit hoher den Lokator benennt, erkennen. Im Abschnitt Wahrscheinlichkeit in jenem Bereich errichtet, über eine eigentümliche Doppelung von Ortsna- in dem später der Wohnturm Hoher Schwarm men wird bereits darauf verwiesen, dass es nicht erbaut wurde (Abb. 6 curia episcopi).153 In der un- nur an der Saale, sondern auch an der Unstrut mittelbaren Nähe des Hofes entstand ein weiterer mit Görmar einen ON gibt, der sich auf den PN Markt mit der Pfarrkirche St. Nikolaus. Germar zurückführen lässt. Görmar wird mögli- Zwischen der Abtei und der Siedlung Alter cherweise bereits im 8. Jh.,150 spätestens aber Ende Markt einerseits sowie dem erzbischöflichen Hof des 9. Jhs.151 erstmals genannt. Sollte es sich bei und der Marktsiedlung bei St. Nikolaus anderer- Garnsdorf um den gleichen Gründer handeln, seits wurde 1180 die staufische Stadt Saalfeld ge- dann wären die gleichen Zeiträume anzusetzen. gründet, nachdem Kaiser Friedrich I. Barbarossa Aber das muss, wie bereits oben zum Ausdruck durch Gebietstausch mit dem Kölner Erzbischof gebracht wurde, offen bleiben. In jedem Fall exi- dessen Saalfelder Besitz gewann154 (Abb. 6 mit der stierte Garnsdorf bereits, als das Benediktinerklo- Andeutung der Lage der Stadt durch den Verlauf ster 1071 in Saalfeld gegründet wurde. ihrer Mauer). Zwei Dörfer mit slawischen ON vom älteren Ty- Für die Großgemarkung Saalfeld lässt sich aus pus bestanden bereits zum Zeitpunkt der Grün- der in diesem Abschnitt vorgenommenen Analy- dung der Benediktinerabtei und werden in der se und im Rückgriff auf Ergebnisse aus den vor- bereits mehrfach erwähnten Urkunde von 1074 ausgehenden Abschnitten Folgendes ableiten: als Chotizi und Kediten aufgeführt. Das erstere (1) Das bedeutendste Siedlungselement in der wird 1338 Koditz und 1497 Fern Koditz, das letz- Großgemarkung war der grundherrschaftli- tere 1389 Nehste Koditz und 1478 wusten koditz che Hof, der sich für 726 in Mulnaim und für genannt. Es handelt sich ganz offensichtlich um 775/786 in Mulnhusun erschließen lässt, wo- den gleichen kurzen PN Chot, der den beiden bei Mulnaim = Mulnhusun = {Altsaalfeld, Gra- ON zu Grunde liegt. Der ON-Typus macht eine ba} gesetzt werden kann. Im 8. Jh. dürfte er in Ansiedlung der ‚Leute des Chot’ im 8. Jh. sehr Graba zu suchen sein, während die erste ur- wahrscheinlich. Beide Orte lagen sich an der Saa- kundliche Erwähnung 899 als curtis Salauelda le in der südöstlichen Ecke der Großgemarkung auf den Petersberg zu beziehen ist. gegenüber. Das sich am östlichen, erhöhten Ufer Er war in allen Perioden vor der Gründung befindende (Fern-)Köditz benötigt später diesen der Benediktinerabtei 1071 durch Anno II. Namenszusatz nicht mehr, denn die Bewohner – von der fränkischen Erstbesiedlung, über des am anderen Ufer, nahe der Stadt liegenden, die Zeit Poppos, die ottonische Herrschaft (Nähern-)Köditz sind 1435 in diese umgesiedelt und die Periode der Ezzonen – das alleinige worden. Machtzentrum. Aus der Urkunde von 1074 könnte man schlie- (2) Mit der Zweiteilung des von Richeza über- ßen, dass bereits vor der Gründung der Abtei ein nommenen Besitzes dürften sich zwei Zentren Markt bestand (Salueldt […] villa ipsius loci cum herausgebildet haben, einerseits die Benedik- mercato). Stellt man allerdings ihre mangelnde Be- tinerabtei, die den Standort der einstmaligen weiskraft in Rechnung, dann könnte dieser drei- curtis einnahm, der nunmehr Petersberg hieß, eckförmige kleine Marktplatz auch erst durch das und der erzbischöfliche Hof auf dem Gelände Kloster selbst angelegt worden sein.152 Mit Sicher- des späteren Hohen Schwarmes. heit wird aber dieser Markt vor der Gründung (3) Die curtis wurde vermutlich als erstes Sied- der Stadt entstanden sein, denn nur so lässt sich lungsobjekt angelegt, wobei das spätere die spätere Bezeichnung Alter Markt erklären Klostervorwerk in Graba mit einer gewissen (Abb. 6 mercatus). Wahrscheinlichkeit als erster Standort anzu- Dem Kloster wurde von Anno II. nur ein Teil sehen ist. Schon zu Popos Zeiten dürfte die des ehemaligen ezzonischen Besitzes übertragen, curtis auf den, später Petersberg genannten, der verbleibende, größere Teil wurde durch das Sporn verlagert worden sein. Erzbistum Köln direkt verwaltet. Dazu wurde (4) Einer der ersten Schritte dürfte die grobe Ab- ein erzbischöflicher Hof unter den Bezeichnun- markung der hier Großgemarkung Saalfeld genannten Gutsfläche gewesen sein. Zunächst 150 Walther 1971, S. 254, Nr. 3. Bei der Erwähnung von 768 ist wird man nur an Lachbäumen die Grenze im die Zuweisung zu Görmar fraglich. 151 Kahl 2010, S. 94 (Ersterwähnung 897). 153 Gockel 2000, S. 479. 152 Vgl. die entsprechende Passage bei Gockel 2000, S. 469. 154 Henning 2008, S. 32–35.

168 BFO 8, Hans Schmigalla, Mulnhusun, Mulnaim, Altsaalfeld und Graba, 135 – 174

Offenland gekennzeichnet haben. Die Fläche (7) Die unter (6) genannten beiden Fluren, die lässt sich zu ca. 2.000 ha bestimmen. Später, keiner der fünf Siedlungen zugeordnet wa- als man mit Siedlungen in den Wald vor- ren, bildeten den Flächenfonds, der durch die drang, wird auch dort abgemarkt worden curtis und die unter (5) erwähnten Vorwerke sein. Nunmehr umfasste die Großgemarkung zu bewirtschaften war. Michael Gockel stellt etwa 2.800 ha. für die Kölner Zeit fest: „Über Anlage und Bereits vor 726 muss man neben der curtis mit Lage dieser Vorwerke ist nichts bekannt“.156 der Kirche Araride (vermutlich ein hölzerner Das Ergebnis der Gemarkungsanalyse macht Bau) rechnen sowie mit einer kleinen Sied- es nun möglich, auf mindestens zwei Neben- lung mit mindestens einer Mühle im Talkessel höfe zu schließen, einen für die westliche und der Saale. Die obere Siedlung (später Grabin) einen für die östliche Flur. Für die Anlage und die untere (später Alttensaluelt) bildeten dürfte die Nähe eines Fließgewässers förder- Mulnhusun. Innerhalb der Großgemarkung lich gewesen sein. In der westlichen Flur bie- dürfte weiterhin sehr früh Germarisdorff ge- tet sich der Siechenbach, in der östlichen die gründet worden sein. Ob die slawischen Dör- Weira an. – Das kann aber nur einer von meh- fer Chotizi und Kediten von den Franken vor- reren Suchansätzen sein. gefunden wurden oder ob diese unter ihrer (8) Durch diese Analyse können näherungswei- Herrschaft gegründet wurden, lässt sich nicht se Strukturen und Proportionen offen gelegt entscheiden. Im ersteren Fall wurden sie in werden, die dazu beitragen, dass sich das Bild die Großgemarkung einbezogen, im letzteren vom Siedeln innerhalb der Großgemarkung in diese hineingelegt. Saalfeld in der Zeit vom 8. bis zum 11. Jh. et- (5) Addiert man die Gemarkungsflächen der un- was schärfer zeichnen lässt. ter (4) genannten fünf Siedlungen, dann stellt man fest, dass sie ein knappes Viertel der Flä- Exkurs 3: Mulnhusun und die Slawen che der Großgemarkung belegen. Abgesehen Im Breviarium sancti Lulli folgt auf die Nennung davon, dass diese Dörfer zur Grundherrschaft der drei im Zusammenhang aufgeführten Reichs- gehörten, die ihren Sitz in der curtis hatte, güter der Nebensatz et Sclaui manent in illis. Da musste dieser Hof Dreiviertel der Fläche (ca. das Pronomen im Plural steht, hat die Mitteilung 1.500 ha im Offenland) selbst bewirtschaften. ‚und in jenen wohnen Slawen’ für jedes der drei Das dürfte ohne Vorwerke nicht möglich ge- Güter Gültigkeit. Für Mulnhusun, zumal es als er- wesen sein. Für den erzbischöflichen Hof des stes aufgeführt wird, muss dieser Nebensatz auf 11. Jhs. sind weitere curtes ausdrücklich als jeden Fall gelten.157 155 „Vorwerk“ glossiert. Es wird deshalb an- Zur Anwesenheit von Slawen im Raum Saal- genommen, dass solche nicht nur vor dem feld hat sich Klaus Waniczek auf der Grundla- Übergang des Besitzes der Ezzonen auf das ge von Bodenfunden geäußert. Seiner Ansicht Erzbistum Köln, sondern bereits in fränki- nach erfolgte die ursprüngliche Ansiedlung der scher Zeit bestanden. Slawen in der Orlasenke nur östlich der Weira- (6) Die Gemarkungen der unter (4) aufgeführten Kötschau-Wasserscheide. „Westlich davon sind fünf Siedlungen teilen sich auf einen nördli- die wenigen Funde ausschließlich fränkisch chen Streifen und einen südlichen Block auf und frühdeutsch.“158 Das würde Slawen in und (Abb. 6). Graba und Altsaalfeld liegen am um Mulnhusun ausschließen. – Die Fundsitua- nördlichen inneren Rand der Großgemar- tion stellt sich heute allerdings anders dar. Die kung links und rechts der Saale. Sie bilden neueren Karten von Peter Sachenbacher weisen einen relativ schmalen keilförmigen Streifen. auch Fundstellen westlich dieser Wasserscheide Dieser trennt eine nicht den Siedlungen zu- aus.159 Die Ausschließlichkeit fränkischer und geteilte Fläche der Großgemarkung in eine frühdeutscher Funde ist nicht aufrecht zu erhal- westliche und eine östliche Flur, die bis an die ten. jeweilige Grenze der Großgemarkung reicht.

Garnsdorf und Nähernköditz links und Kö- 156 Gockel 2000, S. 510. ditz rechts des Flusses bilden hingegen einen 157 Auf die Bedeutung der wortgetreuen Übersetzung dieser Block aus, der an den südlichen inneren Rand Stelle wurde bereits in Fn. 4 aufmerksam gemacht. 158 der Großgemarkung grenzt. Waniczek 2001, S. 20. 159 Sachenbacher 2007, Taf. 1, Abb. 1. Die Fundstellen sind außerdem in einer Karte größeren Maßstabs, die sich im glei- chen Band auf S. 59 in der Abb. 3 findet, dargestellt. 155 Gockel 2000, S. 475. 169 BFO 8, Hans Schmigalla, Mulnhusun, Mulnaim, Altsaalfeld und Graba, 135 – 174

Mit Hilfe des vermeintlichen Fehlens slawischer Abschließende Bemerkungen Funde versucht Klaus Waniczek dann, die erst Sie richten sich zum einen auf Anregungen, die „in den siebziger Jahren des 11. Jh. genannten die von Zweifeln begleitete Untersuchung aus sorbischen Ortsnamen am Saaleufer, die nicht zu anderen Publikationen gewann, und zum ande- den ältesten slawischen Namensformen zählen, ren auf Überlegungen, in welcher Weise die Er- sowie die Herkunft ihrer Bewohner, die selbst gebnisse dieser Arbeit eine Diskussion zur frühen noch keine Erwähnung finden, zu erklären.“160 – Geschichte Saalfelds anregen könnte. Die Aussage dieses Satzes verliert nicht nur ihre In den Vorbemerkungen wurde auf die die Arbeit Grundlage infolge einer falschen Voraussetzung, initiierende Motivation und den langen Prozess sondern beinhaltet zudem eine unzutreffende Be- eingegangen, in dem aus ersten Lösungsansät- urteilung des Alters der slawischen ON in diesem zen jener Beitrag entstand, der nunmehr vorliegt. Gebiet. Bezüglich des größten Teils der slawi- Den während dieser Zeit immer wieder und an schen ON westlich der Wasserscheide hat Karl- zahlreichen Stellen auftretenden Zweifeln wurde heinz Hengst nun nachgewiesen, dass sie zu den nicht zuletzt deshalb produktiv widerstanden, sehr alten ON-Bildungen gehören.161 Diese sehr weil aus einer Reihe von Publikationen Anregun- frühen patronymischen slawischen ON, die ihr gen gewonnen werden konnten, die es sinnvoll Alter überzeugend durch die gemeinschaftliche erscheinen ließen, weiter zu arbeiten. Auf zwei Personenbezogenheit während der Wanderung solcher Anregungen soll hier eingegangen wer- (und nicht durch einen Ortsbezug beim Siedeln) den. ausdrücken, finden sich sowohl in der als auch Besonders bestärkt in seinem Vorgehen haben um die Großgemarkung Saalfeld, die in der Zeit den Verfasser die Aussagen von Historikern zu entstand, als der Hauptort noch Mulnhusun hieß. einer zentralen Frage des Beitrages: Wie weit Das vermeintliche Fehlen slawischer Funde kann könnte der fränkische Königshof in Saalfeld vor auch nicht erklären, warum die slawische Her- seiner erstmaligen Erwähnung 899 zurückrei- kunft der Bewohner noch keine Erwähnung ge- chen? – Wenn Michael Gockel „mit dem Vorhan- funden habe. – Folgt man der im vorliegenden densein eines Königshofs in S[aalfeld] zumindest Beitrag vorgeschlagenen Zuordnung von Muln- im letzten Drittel des 8. Jhs.“162 rechnet und Petra husun zu {Altsaalfeld, Graba}, dann ist die Her- Weigel davon ausgeht, dass „dessen Anfänge als kunft ihrer Bewohner bereits 775/786 erwähnt karolingischer Königshof in das 8. Jahrhundert worden: Sclaui manent in illis. herabreichen“,163 dann wurde das – wohlgemerkt Die Darstellung von Klaus Waniczek richtig zu nur von der Zeitstellung her – als Fingerzeig auf stellen erscheint notwendig, weil seine Mittei- die Möglichkeit angesehen, das sog. Testament lungen zur Fundsituation („Funde ausschließlich des Willibrord von 726 wie auch das Breviarium fränkisch und frühdeutsch“) und zum Alter der sancti Lulli von 775/786 in Beziehung zu Saalfeld ON („die nicht zu den ältesten slawischen Na- zu setzen. Wäre das 8. Jh. von Historikern ausge- mensformen zählen“), blieben sie unwiderspro- schlossen worden, wäre eine Weiterarbeit sinnlos chen, als vermeintlich stichhaltige Argumente gewesen. einzelne der hier gemachten Aussagen scheinbar Eine weitere, das eigene Vorgehen bestätigende in Frage gestellt hätten. Seine Darstellung, die Ermunterung ging – in diesem Fall in Bezug auf 1998 in der landeskundlichen Bestandsaufnahme die Deutung des urkundlichen Inhalts – von dem erschien, konnte noch nicht auf dem Stand auf- in jüngster Zeit wieder aufgenommenen Versuch bauen, den der Sammelband zum Orlagau in die- aus, das im Breviarium sancti Lulli genannte ser Reihe 2007 präsentierte. Der zuerst publizierte Mulnhusun in der Nähe von Remda und Rudol- Band dürfte jedoch eine größere Leserschaft er- stadt zu suchen. Rudolf Fischer und Karl Elbracht reicht haben als der neun Jahre später veröffent- haben sich bereits vor fast sechzig Jahren in die- lichte, deshalb ist eine detaillierte kritische Analy- ser Weise geäußert und hinzugefügt: „Vielleicht se angeraten gewesen. ist es die Wüstung Mandelhausen sü. der Straße Milbitz-Teichel“.164 Nicht +Mandelhausen, aber

162 Gockel 2000, S. 496. 163 160 Waniczek 2001, S. 20. Weigel 2007, S. 13. 164 161 Hengst 2007, S. 55f. Die Unterscheidungsmerkmale des Fischer/Elbracht 1959, S. 96, Fn. 2. Die Identifizierung Alters der ON-Typen sind übrigens bereits 1970 publiziert mit +Mandelhausen entbehrt jeder sachlichen Grundlage. worden; vgl. S. 55, Fn. 20. Klaus Waniczek hat diese Publika- Dadurch wurde leider auch von der durch die Autoren an- tion offenbar nicht gekannt. geregten Suche in der Nähe von Remda und Rudolstadt ab- gelenkt. 170 BFO 8, Hans Schmigalla, Mulnhusun, Mulnaim, Altsaalfeld und Graba, 135 – 174 der Raum Remda – Rudolstadt wurde unlängst Willibrord-Orte lässt aber auch vermuten, dass durch Wieland Führ wieder aufgegriffen, wobei der Blick des Missionars bereits auf die Gebiete er ihn ausdrücklich bis Saalfeld reichen lässt. Er östlich von unterer Unstrut und mittlerer Saale vermutet: „Ein Mühlhausen hat also auch bei, gerichtet war. und zwar nördlich von Saalfeld gelegen: (wüst) Gleichzeitig dürfte für die letzte Zeit unter den Mühlhausen, wohl in der Nähe von Rudolstadt Würzburger Herzögen daraus ersichtlich wer- und Stadt Remda-Teichel, Landkreis Saalfeld-Ru- den, dass Heden II. und Thietbald ein zumindest dolstadt, Thüringen.“165 zwischen ihnen abgestimmtes, wenn nicht ge- Wieland Führ lässt sich dabei von einem ande- meinsames Vorgehen mit dem Missionsbischof ren Motiv als der vorliegende Beitrag leiten und betrieben. Das wiederum könnte darauf hinwei- kommt zu keiner konkreten Lokalisierung, son- sen, dass beide ihre Machtbereiche in Thüringen dern macht einen grob umrissenen Suchraum abgesteckt hatten. Der Raum Saalfeld wäre dann auf.166 Ungeachtet dessen erkennt auch er, und jedenfalls Thietbald zuzuweisen. das war wesentlich, die Schwäche der bisherigen Für die Geschichte der Region am Saalebogen Identifizierung von Mulnhusun im Breviarium dürfte deutlich werden, warum das zweifellos sancti Lulli und versucht, sie durch eine im Raum zuerst entstandene Rudolstadt bereits Anfang des Remda-Rudolstadt-Saalfeld zu ersetzen, die den 8. Jhs. seine Bedeutung in dem Maße verlor, wie Bedingungen besser entspricht. Diese Überein- Mulnhusun/Saalfeld als Hauptort des Reichsgut- stimmung in der Herangehensweise – bei aller komplexes ausgebaut wurde. Das Gleiche dürfte Unterschiedlichkeit in Zielstellung und Ergebnis auf Remda zutreffen, wo viel eher mit einer Kir- – ermutigte, sie in der letzten Phase der Untersu- che zu rechnen ist. Obwohl Remda später noch chung konsequent weiter zu verfolgen. als Sedestitelort fungierte, wirkte es aber gegen- Im Zusammenhang mit der Begründung eines über Saalfeld (mit Graba) „wie ein Schatten“,167 neuen Vorschlags für die bislang unbefriedigen- wie Martin Hannappel bemerkte. de Zuordnung von Mulnhusun konzentriert sich Der Verfasser hofft, mit diesem Beitrag für die dieser Beitrag auf den Versuch, daraus Schlüsse Diskussion über einen Zeitabschnitt der frühen zur Erhellung der Siedlungsgeschichte des Saal- Geschichte Saalfelds, der bislang ohne urkundli- felder Raumes für die Zeit vor Poppo bis zum che Nennungen erschien, einen Anstoß gegeben Anfang des 8. Jhs. zu ziehen. Über die Siedlungs- zu haben. geschichte hinaus hofft der Verfasser mit 726 und 775/786 zwei neue zeitliche Stützpunkte ins Ge- spräch gebracht zu haben, die bisher für die Saal- felder Geschichte nicht in Anspruch genommen werden konnten.

Auch für die Geschichte des Reichsgutkomplexes Mulnhusun et Remmidi et Růdolfestat gibt es das Angebot, aus zeitlicher Sicht ein halbes Jahrhun- dert tiefer vorzudringen und unter räumlichem Aspekt die Saale überschreitend den Komplex an der Weira-Kötschau-Wasserscheide zu begren- zen. Wenn die Kirchengeschichte sich die Gleichset- zung Mulnaim = Mulnhusun = {Altsaalfeld, Gra- ba} zu eigen machen sollte, dann würde deutlich, dass Willibrord die östliche Grenze seines kirch- lichen Wirkungsraums nicht nur mit Monhore im Norden, sondern auch mit der Kirche Arari- de im Süden markiert hat. Die Grenzlage beider

165 Führ 2012, S. 159. 166 Die Suche von Wieland Führ nach einem ‚Mühlhausen’ bei Saalfeld, um die eigentümliche Doppelung von ON an Saale und Unstrut komplettieren zu können, könnte durch die hier vorgeschlagene Zuordnung Mulnhusun = {Altsaal- 167 Hannappel 1941, S. 260. feld, Graba} abgeschlossen werden. 171 BFO 8, Hans Schmigalla, Mulnhusun, Mulnaim, Altsaalfeld und Graba, 135 – 174

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174 www.beier-beran.de Archäologische Fachliteratur

Beiträge zur Frühgeschichte und zum Mittelalter Ostthüringens

Band 7: Von Kirchen und Burgen. In Memoriam Günter Hummel hrsg. von Andreas Hummel, Volker Schimpff & Hans-Jürgen Beier Langenweißbach 2016 39,00 EUR – ISBN 978-3-95741-049-8, Bestell-Nr. 1-10-07 397 Seiten, 25 Beiträge zum Stand der Forschung, zahlreiche Abbildungen, Karten und Pläne, meist in Farbe, Format A 4, Broschur

Inhalt: F. Reinhold †: Ist’s wirklich wahr? - Gedicht für Günter Hummel zum 60. Ge- burtstag – A. Hummel: Günter Hummel – Erinnerungen an meinen Vater und Schwer- punkte seiner Forschungen – A. Hummel: Bibliografie Günter Hummel (1952-2013) – H.-J. Beier: Günter Hummel als ehrenamtlicher Ausstellungskurator im Stadt- und Dampfmaschinenmuseum Werdau – D. Höhne: Methodische Ansätze zur Erforschung mittelalterlicher Dorfkirchen – D. Hansen: Baurechnungen als Quellen der Wirtschafts- und Sozialgeschichte: Die Baurechnungen des Doppelamtes Jena-Burgau an der Wende vom 15. zum 16. Jahrhundert – G. Werner: Der spät- gotische Flügelaltar in der Stadtkirche von Münchenbernsdorf — ein Gemeinschaftswerk der Saalfelder Bild- schnitzer Valentin Lendenstreich und Hans Gottwalt – G. Lasch: Gotische Skulpturen in der Dorfkirche Brünlos, Stadt Zwönitz, Erzgebirgskreis: Zeugnisse der untergegangenen Stalburg (Burg Stollberg)? – G. Wolf: Die jungen Brüder Friedrich und Ernst Förster im Spannungsfeld des gesellschaftlichen Auf- und Umbruchs während der Befreiungskriege und im Umfeld der Entwicklung des „Skatspieles“ in der ehemals herzoglichen Residenzstadt Altenburg – H. Schmigalla: War die altenburgk ehedem das obere hus? Ein Beitrag zum Rudolstädter Burgenprob- lem – J. Hrdina, C. Brumme, H. Kühne: More Pragense? Die Prager Pilgerzeichen, die Jubiläumsnachfeiern 1393- 1397 und die Pilgerzeichen mit Wappen am Ausgang des Mittelalters – I. Schumann, A. Hummel: Von der Förs- terwohnung zur Unterburg: Sanierungen und Restaurierungen auf der Burg Schönfels, Gemeinde Lichtentanne, Lkr. Zwickau – I. Spazier: Ein ungewöhnliches Geschossspitzendepot und neue archäologische Befunde auf dem Oberen Schloss in Greiz, Lkr. Greiz – J. Wicke: Die „Lasansche Freundschafft“ zu Zwickau. Geschichte aus Stadt- und Bodenarchiv – G. Hummel † mit Beiträgen von H. Späte † und V. Thurm, bearbeitet von B. Löwe und A. Hummel: Die Kaynaer Kirche – L. Scherf: Baugeschichtliche Untersuchungen an der Kirche St. Petri zu Dorna, Stkr. Gera, Thüringen – M. Titze: Das barocke Hammerherrenhaus in Carlsfeld, Erzgebirgskreis – R. Müller: Kirchen in und um Jena – Aspekte einer regionalen Architekturgeschichte – B. Rudolph und R. Schmitt: Burg Droyßig und der Befestigungsbau im 15. Jahrhundert in Mitteldeutschland unter dem Einfluss der Hussitenkriege und des Sächsischen Bruderkrieges – S. Schopplich: Die (Wieder-)Aufstellung des Culmer Steinkreuzes am 19. Oktober 2015 – St. Michel: Das historische und theologische Umfeld des Greizer Kirchenbaus von 1803 bis 1805. Zugleich ein Beitrag zur Geschichte der theologischen Aufklärung in Greiz – S. M. Klein: Das thüringische Vogtland im Zeitalter des Wandels vom Mittelalter zur Neuzeit – Th. Queck: Besondere Befunde in der Kirche zu Beutnitz, Gem. Golmsdorf, Saale-Holzland-Kreis – U. Hagner: Zur Baugeschichte der Pfarrei und Schule in Roben vom 16. bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts – V. Schimpff: Ein Königsgutbezirk an der oberen Schnauder

Band 6: Saalfelder Wege. Festgabe für Gerhard Werner zum 75. Geburtstag hrsg. von Volker Schimpff & Hans-Jürgen Beier - Langenweißbach 2012 24,50 EUR – ISBN 978-3-941171-75-6, Bestell-Nr. 1-10-06 193 Seiten, 10 Beiträge zum Stand der Forschung, zahlreiche Abbildungen, Karten und Pläne, meist in Farbe, For- mat A 4, Broschur

Inhalt: V. Schimpff & H.-J. Beier: Zum Geleit - Schriftenverzeichnis Gerhard Werner (zusammengestellt von V. Schimpff) – U. Beye & Th. Weber: Ein Blattspitzenfragment von Barleben (Adamsee) bei Magdeburg – aus dem Schweifgebiet der Raniser Jäger? – Th. Schwämmlein: Fernstraßen und Landesherrschaft – Überlegungen zum Alter der direkten Fernstraßenverbindung zwischen Coburg und Saalfeld – V. Schimpff: Saalfeld im Itinerar der Ottonen und Salier – H. Schmigalla: Verkehrsgeographische Spuren in und um Rudolstadt – Komplemente zur mittelalterlichen Burgen- und Siedlungsgeschichte – S. Berner: Brücken als Zeugnisse historischer Verkehrswege – R. Konrad: Die Grafen von Henneberg und das Reichsgut am Obermain – W. Führ: Saalfelder Wege – aber welches Saalfeld? – Ph. Jahn: Zwischen „Romanik“ und „Gotik“. Anmerkungen zu Lettner und Triumphkreuzgruppe in Wechselburg – G. Hummel: Betrachtungen um den Flügelaltar aus Niebra – N. Dutschmann: Wege zwischen Kunst und Kunstgeschichte. Julius Meier-Graefe, seine „Spanische Reise“ und die El Greco-Rezeption in der Mo- derne Band 5: Auf dem Wege zur mittelalterlichen Stadt in Thüringen hrsg. von Hans-Jürgen Beier & Peter Sachenbacher in Zusammenarbeit mit Volker Schimpff Langenweißbach 2014 24,00 EUR – ISBN-Nr. 978-3-941171-74-9, Bestell-Nr. 1-10-05 17 Beiträge zum Stand der Forschung, zahlreiche Abb. Karten und Pläne in SW und Farbe, Format A4, Broschur

Inhalt. P. Sachenbacher: Auf dem Wege zur mittelalterlichen Stadt in Thüringen – P. Ettel: Burgen und frühe Städte in Mitteleuropa – V. Schimpff: Thüringen, bevor es Städte gab – M. Hardt: Zwischen Bardowick und Erfurt – K- Hengst: Die Namen der Städte in Ostthüringen im sprachgeschichtlichen Überblick – Ch. Müller: Alte Dörfer – neue Burgen – alte Märkte. Vorgängersiedlungen thüringischer Städte – H. Wittmann: Frühes Christentum und frühe zentrale Orte in Thüringen – H. T. Porada, A.-K. Schultz: Stadtentwicklung im Mittelalter in der verglei- chenden Perspektive der Landesgeschichte – R. Müller: Frühe Stadtkirchen in Thüringen – V. Schimpff: In wel- chem Stockhausen urkundete Heinrich III. im Jahre 1043 (DH 307)? – G. Werner: Saalfeld – Von der fränkischen Curtis zur Reichsstadt – I. Spazier: Die verkehrsmäßig und strategisch günstige Lage von Saalfeld - Die Entwick- lung der ottonischen Pfalz zum Kloster St. Peter und Paul – H.-J. Beier: Vom Dorf zur Stadt – Die Entwicklung Werdaus vom ausgehenden 12. bis zum Ende des 14. Jahrhunderts – M. Stock: Ergebnisse zur Strukturentwicklung von Magdeburg und Leipzig – J. Müller: Zur frühen Stadtentwicklung in Brandenburg – G. Hummel, B. Löwe, F. Reinhold: Pilgerzeichen auf Glocken in Ostthüringen unter besonderer Berücksichtigung von Altenburg – H. Kühne: Nikolausberg bei Göttingen und nicht Wersdorf bei Apolda? Zu den rätselhaften Pilgerzeichen mit einem stehenden Bischof auf dem Drachen

Band 4: Gera und das nördliche Vogtland im hohen Mittelalter hrsg. von Peter Sachenbacher & Hans-Jürgen Beier Langenweißbach 2010 24,00 EUR – ISBN 978-3-937517-85-8, Bestell-Nr. 1-10-04 183 Seiten, 17 Beiträge zum Stand der Forschung, zahlreiche Abbildungen, Karten und Pläne, teilweise in Farbe

Band 3: Der Orlagau im frühen und hohen Mittelalter hrsg. von Peter Sachenbacher & Hans-Jürgen Beier 24,00 EUR – ISBN 978-3-937517-68-1, 24,00 EUR, Bestell-Nr. 1-10-03 214 Seiten, 19 Beiträge zum Stand der Forschung, zahlreiche Abb., Karten und Pläne in SW und Farbe, Format A 4, Broschur

Band 2: Kirche und geistiges Leben im Prozess des mittelalterlichen Landesausbaus in Ostthüringen/ West- sachsen. Hrsg. von Peter Sachenbacher, Ralph Einicke und Hans-Jürgen Beier Langenweißbach 2005 19,50 EUR – ISBN-Nr. 3-937517-04-9, Bestell-Nr. 1-10-02 169 S., 17 Beiträge zum Stand der Forschung, zahlr. Abb. und Tafeln, Format A 4, Broschur

Band 1: Tegkwitz und das Altenburger Land im Mittelalter. 976/2001 - 1025 Jahre Ersterwähnung von Altenburg und Orten im Altenburger Land. Hrsg. von Peter Sachenbacher, Ralph Einicke und Hans-Jürgen Beier Langenweißbach 2003 19,50 EUR – ISBN-Nr. 3-930036-92-4, Bestell-Nr. 1-10-01 161 S., 16 Beiträge zum Stand der Forschung, zahlr. Abb. und Tafeln, 2 Beilagen, Format A4, Broschur

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