[t]akte Das Bärenreiter-Magazin

Porträt: Der un-tschechische Tscheche ^ Zdenek Fibich 1I2008 Musiktheater Informationen für Schoeck, Krenek, Trojahn, Klebe, Rasch Bühne und Orchester Die ganze Pracht von Versailles Neue Editionen von Jean-Baptiste Lully [t]akte

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KEHRAUS UM ST. STEPHAN

Satire mit Musik von Ernst Krenek

Der un-tschechische Tscheche Sturmwind „Penthesilea“ Prophetische Zeitoper „Ich hänge einem Handlungs- Zdeněk Fibich: Bereit für die Othmar Schoecks Oper in Basel Einige Bemerkungen zu Ernst theater an“ Wiederentdeckung und Dresden Kreneks „Kehraus um St. Ste- Ein Gespräch mit Manfred Tro- phan“ jahn über seine Oper „La Grande Der Zeitgenosse Antonín Dvo- Othmar Schoecks Oper aus Magia“ nach Eduardo De Filippo 1930 schrieb Ernst Krenek sei- řáks hat ein facettenreiches dem Jahr 1927 hat in wenigen ne Oper „Kehraus um St. Ste- Œuvre hinterlassen. Vor allem Wochen zwei prominente Neu- Trojahns neue Oper wird am phan“, in der er ein schonungs- die großen Opern und sinfoni- inszenierungen erfahren, am 10. Mai 08 in der Sächsischen loses Panorama der Zeit und schen Dichtungen von Zdeněk Theater Basel und an der Säch- Staatsoper Dresden uraufge- ihrer Menschen skizzierte. Das Fibich sind auch aus heutiger sischen Staatsoper Dresden. führt. Das Publikum erwartet Stück wurde angenommen, Sicht wirkungsvolle Kompositi- Uwe Schweikert hat beide Ins- ein turbulentes Szenario: Calo- dann wieder abgelehnt und onen. Seine instrumentalen zenierungen gesehen und gero hat es nicht geschafft, aus erst 1990 uraufgeführt. Nun Werke stehen im Dienste einer schildert die in beiden Fällen der Sängerin Marta, die er vom kommt es bei den Bregenzer spätromantischen Programm- stringenten Ansätze der Regis- Theater „fortgeheiratet“ hat, Festspielen und im September musik. Und mit seinen szeni- seure. Auf überzeugende Wei- eine bürgerliche Ehefrau zu in Luzern heraus. Ist das Werk schen Melodramen schuf er se wurde die Lebensfähigkeit machen. Sie bricht aus, er mit seinen vielfältigen musika- ein eigenes Genre, das in sei- des Werks bewiesen. Das Publi- flüchtet in eine Neurose, seine lischen Mitteln ein „Volks- ner tschechischen Heimat kum in Basel wie in Dresden Art von Realität. Man ahnt es: stück“ oder eine „Satire mit Kultstatus erlangte. war begeistert. Er ist sich dessen bewusst, will Musik?“ Von großer Bühnen- das Spiel aber nicht mehr auf- wirksamkeit ist es in jedem geben. Mit den Mitteln der ita- Fall. lienischen Gesellschaftskomö- die wird über Entfremdungs- modelle unserer Zeit berichtet.

Portrait Oper Neues Musiktheater Zeitgenössische Musik

Der un-tschechische Tscheche Sturmwind „Penthesilea“ „Ich hänge einem Handlungs- Klangliche Konzentration Zdeněk Fibich: Bereit für die Othmar Schoecks Oper in Basel theater an“ Ein neues Klavierquintett von Wiederentdeckung 4 und Dresden 8 Ein Gespräch mit Manfred Miroslav Srnka 15 Trojahn über seine Oper Martinů revisited Prophetische Zeitoper „La Grande Magia“ 14 Memento vivere Ein Komponist in seiner Einige Bemerkungen zu Ernst Gerhard Wimberger wird 85 17 Vielfalt 10 Kreneks „Kehraus um St. Im Tollhaus wird gelacht Stephan“ 12 Ein Gespräch mit Giselher Schatten und Wahrheit Klebe über seine Oper Charlotte Seithers neues Beglü(u)cktes Franken „Chlestakows Wiederkehr“ 16 Orchesterstück für London Zum zweiten Mal: die Gluck- und Krefeld 18 Festspiele des Staatstheaters Ein Leben in Deutschland Nürnberg 28 Torsten Raschs Oper „Rotter“ Der unergründliche Raum Titelbild: Othmar Schoecks nach dem Stück von Thomas Matthias Pintschers „L’espace „Penthesilea“ in Dresden Brasch in Köln 24 dernier“ und „Osiris“ 20 (Photo: Matthias Creutziger)

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Im Tollhaus wird gelacht Schatten und Wahrheit Der unergründliche Raum Die ganze Pracht von Versailles Ein Gespräch mit Giselher Charlotte Seithers neues Matthias Pintschers „L’espace Neues von der Lully-Gesamt- Klebe über seine Oper Orchesterstück dernier“ und „Osiris“ ausgabe „Chlestakows Wiederkehr“ „Essay on Shadow and Truth“ Matthias Pintschers Orchester- „Armide“, „Thésée“ und die „Chlestakows Wiederkehr“, nennt Charlotte Seither ihre stück „Osiris“ wurde durch „Comédies-ballets“ – auf der Giselher Klebes neue Oper Komposition für großes Or- Pierre Boulez in Chicago urauf- Basis der Gesamtausgabe be- nach Nicolai Gogols Komödie chester, deren erster Teil vom geführt in New York wieder- ginnt Jean-Baptiste Lully sich „Der Revisor“ wird am 11. April BBC Orchestra Lon- holt und wird im Mai in Brüs- seinen Platz auf den Bühnen 2008 am Landestheater Det- don unter der Leitung von An- sel und London gespielt. Ein wiederzuerobern. Prominente mold uraufgeführt. Für sein dré de Ridder zur Aufführung weiteres wichtiges Datum ist Aufführungen in Washington Werk schuf er ein eigenes Li- kam. Das gesamte Orchester- die Deutsche Erstaufführung und Paris haben die Bühnen- bretto frei nach Gogols Vorla- stück wird am 29. April 2008 in seines dritten Musiktheaters wirksamkeit der Werke Lullys ge, wobei er komödiantische Krefeld von den Niederrheini- „L’espace dernier“ über Arthur neu erprobt. Ein weiterer baro- Akzente setzt, die auch der Ge- schen Sinfonikern unter Gra- Rimbaud, für das Pintscher ein cker Komponist, der in die ers- genwart einen Spiegel vorhal- ham Jackson uraufgeführt. In vielschichtiges Szenario aus te Riege aufschließt. ten. Der Detmolder Auftrag hat einem Gespräch erläutert sie Texten und Raumvisionen ver- Klebe zu einem weiteren Werk die besondere Konzeption des tonte. In konzertanter Form in der ansehnlichen Reihe sei- großformatigen Werks. wird es durch die Oper Frank- ner Opern verholfen, seinem furt unter der Leitung von Pao- ersten abendfüllenden heite- lo Carignani in der Alten Oper ren Musiktheater. Frankfurt und in der Kölner Philharmonie dargeboten. Ein guter Anlass, das komplexe Werk neu zu erleben.

[Premiere] (Deutsche Erstaufführung) -> [[Uraufführung]] ]

Zeitgenössische Musik Gesamtausgaben Publikationen Aufführungen

Über das Vergessen Die ganze Pracht von Versailles Neue Bücher 30 Festspielsommer 2008 Beat Furrers neue Klang- Neues von der Lully-Gesamt- (Auswahl) 32 raumerforschungen 22 ausgabe 26 Neue CDs und DVDs 31 Termine (Auswahl) 33 Philipp Maintz – aktuell 22

Ostersequenz und Kindermusiktheater Die italienische Komponistin Roberta Vacca 23

Bebungen Neue Werke von Michael Jarrell 25

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Der Zeitgenosse Antonín Dvoráks hat ein facetten- reiches Œuvre hinterlassen. Vor allem die großen^ Der un-tschechische Opern und sinfonischen Dichtungen von Zdenek

Tscheche Fibich sind auch aus heutiger Sicht wirkungsvolle ^ Kompositionen. Mit seinen szenischen Melodramen Zdenek Fibich: Bereit für die Wiederentdeckung schuf er gar ein eigenes Genre.

Es scheint wie ein ironischer Widerspruch, dass Zdeněk Fi- Šárka ist die Protagonistin des „Mädchenkriegs“, der sagen- bich immer wieder als „der“ tschechische Romantiker apo- umwobenen Schlacht der Amazonen in der Nachfolge der strophiert wurde, jedoch sowohl aus Sicht seiner Landsleute Fürstin Libuše (Libussa), die im 10. Jahrhundert als Seherin als auch des Auslands zu kosmopolitisch, das heißt zu we- und Richterin die böhmischen Fürsten befriedete und die Stadt nig „tschechisch“ in einem emphatischen Sinne, kompo- Prag am Fuße des Vyšehrad bauen ließ. Nach Widerständen nierte. ihrer Untertanen hatte Libussa den Bauern Přemysl zum Zdeněk Fibich (1850–1900) war durch sein Elternhaus Mann genommen und mit ihm das Přemysliden-Geschlecht und sein Studium in Leipzig und Mannheim vor allem gegründet, auf das sich die tschechische Identität zurück- durch die deutsche Musiktradition geprägt – übrigens führt. Nach ihrem Tod – hier setzt die Handlung von Šárka ein ebenso wie der neun Jahre ältere Antonín Dvořák und der – übernimmt Přemysl mit seiner Gefolgschaft die Regierung Begründer der tschechischen Nationalmusik, Bedřich Sme- und unterwirft die Frauen. Die Amazone Šárka will sich die- tana. Fibich fühlte sich Robert Schumann verpflichtet, reih- ser Entmachtung nicht beugen und lockt Ctirad, den ersten te sich in die Weber-Gefolgschaft der romantischen Oper Krieger Přemysls, in einen Hinterhalt: Sie lässt sich an einen nach Der Freischütz ein und reagierte intensiv auf Richard Baum fesseln. Als er sie befreit, verlieben sich beide Wagner, wie alle seine reifen Opern demonstrieren. Anders ineinander. Der bittere Kampf der Geschlechter nach dem als die nationaltschechischen Exponenten Smetana und Muster des Penthesilea-Stoffs schlägt in dieser Opernver- Dvořák jedoch sublimierte er in seinem Schaffen die böh- sion in eine Romeo-und-Julia-Geschichte um, denn Šárka mische Folklore zu einem unterschwelligen Bezug und muss sich gegen ihre Mädchen stellen, um Ctirads Leben stellte sie nur in wenigen Fällen als prominentes Idiom zu retten. Die Sage erzählt verschiedene Fassungen, alle

heraus. schließen damit, dass die Frauenregentschaft im Mädchen- ^ krieg blutig beendet wurde. In der Version von Anežka Dramatisches Hauptwerk: Sárka Schulzová, Fibichs Schülerin und dritter Frau, verrät Šárka ihre Gefährtinnen an Přemysl, dessen Armee alle Mädchen Für die Einschätzung als „un-tschechischer Tscheche“ ist sei- erschlägt. Ihre Schuldgefühle treiben Sárka in Wahnvorstel- ne bekannteste, vorletzte Oper Šárka ein gutes Beispiel, ein lungen und schließlich in den Tod. Sie stürzt sich im Sturm von allen Seiten unter die (fast) vergessenen Meisterwerke von einem Felsen, Ctirad bleibt zurück. eingereihtes Stück. Sie ist neben der frühen Oper Blaník die Sämtliche Kommentatoren weisen Fibichs Šárka eine einzige, in der Fibich ein Sujet aus der Historie seines Landes meisterliche Gestaltung nach – mit dramatischem Aplomb, vertont. Die Geschichte von Šárka geht auf den Gründungs- subtiler, leitmotivischer Themenverbindung, raffinierter mythos Prags und damit der tschechischen Identität zurück, Harmonik und grandioser musikalischer Erfindung, reiz- wie ihn Chroniken des 12. Jahrhunderts überlieferten und wie vollen Gesangsrollen mit einem weiten Ausdrucksspek- ihn das 19. Jahrhundert in Sagensammlungen in drastischen trum und dem Anspruch von Wagner-Partien – allein tsche- Farben ausschmückte. Smetana thematisiert sie im dritten chisches Kolorit sticht nicht hervor, was eigentlich nieman- Teil von Mein Vaterland, und Janáček versuchte sich an dem den stören müsste. Nur hat sich Fibich damit international Stoff in einer frühen Oper, die ihm zeitlebens wichtig blieb. nicht als Nationalkomponist und Nachfolger Smetanas po-

Historische Szenenfotos von Fibich-Aufführungen im Nationaltheater Prag: v. l. n. r: „Der Sturm“ (1935), „Šárka“ (1938), „Hippodamie“ (1925) Fotos: Archiv des Nationaltheater Prag

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machte und dessen Œuvre durch Verleger, Kritiker und Di- rigenten verbreitet wurde, blieb Fibich eine lokale Größe. Seine Werke wurden zwar am Prager Nationaltheater bis Ende der 1930er-Jahre regelmäßig aufgeführt, hatten aber später kaum noch eine Chance auf weitere Verbreitung, wohingegen Smetana, Dvořák und Janáček, später auch Martinů, im Ausland als die tschechischen Exponenten er- folgreich waren.

Literaturopern „Der Sturm“ und „Die Braut von Messina“

Doch ist Šárka ein unbestrittenes Meisterwerk des 19. Jahr- hunderts, und es lohnt sich, sich wieder mit ihr zu beschäf- tigen, ebenso mit den ihr zeitlich benachbarten, nicht we- niger reizvollen Die Braut von Messina nach Schiller (1882/ 83), Der Sturm nach Shakespeare (1893/94) und einer äu- ßerst originellen Schöpfung: den szenischen Melodramen, genauer: der Trilogie Hippodamie (1890/91) nach einer Dichtung von Jaroslav Vrchlický, die im 19. Jahrhundert zahlreiche Nachfolger inspirierte. Während seine sieben vollendeten Opern reizvolle und dankbare Gesangsparti- „Der Sturm“ am Theater Bielefeld (Premiere: 31.3.2007, Musikalische en aufweisen, beschäftigte Fibich sich dort mit einer ästhe- Leitung: Leo Siberski, Inszenierung: Michael Heicks) tischen Fragestellung, die auf das Problem der natürlichen und ausdrucksvollen Deklamation zielt und letztlich zum nicht als Nationalkomponist und Nachfolger Smetanas po- Melodram führt. Fibich war ein äußerst gebildeter und be- sitionieren können, dessen Oper Libuše er überdies inhalt- lesener Komponist, der mit mehreren Dichtern eng be- lich mit Šárka fortsetzt. Dem hymnisch-erhabenen Ton freundet war und zusammenarbeitete. Smetanas in Libuše setzt Fibich in Šárka einen dramatisch Schon in Die Braut von Messina entwickelte er in Ausei- geschärften, lyrisch glutvollen Stil entgegen – Assoziatio- nandersetzung mit dem Kunsttheoretiker Otakar Hostins- nen zu Die Walküre und Tristan und Isolde drängen sich ký, der Schillers Drama für Fibichs Oper übersetzte und be- musikalisch wie stofflich auf. Šárka endet in einem Wahn- arbeitete, einen eigenen deklamatorischen Vokalstil, den gesang der Heldin, als gespenstischer Chor erscheinen ihr man als hochmelodiöse Rezitativik bezeichnen könnte und die Schatten der erschlagenen Gefährtinnen, die sie verra- die Figuren und Situationen durch Leitmotive psycholo- ten hat. Ein eindrücklicher und experimenteller Schluss, gisch ausdeutet. Schon Schiller ließ in seinem „Trauerspiel den Janáček in einer Rezension 1899 ausführlich kommen- mit Chören“ den Chor in Anlehnung an die antiken Vorbil- tierte. Janáček stand Fibich zwiespältig gegenüber, was in der eine aktive und prominente Rolle einnehmen, darüber Bezug auf Šárka wohl auch darauf zurückzuführen ist, dass hinaus schafft Fibich in der Opernfassung mit den Chor- er den Stoff in einer anderen Version 1888/89 selbst kom- nummern musikalisch glanzvolle, liedartige oder ariose poniert hatte und Fibich die gelungenere und erfolgreiche- Tableaus und Momente höchster Intensität. Die Braut von re Oper schuf, „eine aber in jeder Beziehung souveräne Messina, im deutschsprachigen Raum bisher nicht aufge- Kunstleistung von klassischem Zuschnitt … sensibel in der führt, interessiert aber nicht nur wegen ihrer originellen Verteilung von Licht und Schatten, stimmig im Timing groß Konzeption, sondern ist auch ein dramatisch wirkungsvol- angelegter Steigerungsphasen und gekonnter Übergänge“, les, musikalisch äußerst faszinierendes Werk, das es wie Hans-Klaus Jungheinrich in seinem Buch Hudba. allerdings in Prag nach der Uraufführung schwer hatte, weil Annäherungen an die tschechische Musik (Bärenreiter 2007) es als zu wagnerianisch und düster abgetan wurde. schreibt und von „meisterlichen Schraubenwindungen ei- Gleiche Meisterschaft zeigt Der Sturm, für dessen Text- ner tristannahen Leidenschaftsmusik“ spricht, der Janáček buch Jaroslav Vrchlický Shakespeares Schauspiel sinnvoll letztlich fern gestanden sei. Dieser vergleicht seinen Ein- straffte und einen Akzent auf das junge Liebespaar Fernan- druck von Fibichs Šárka mit einem „großen mächtigen See, do und Miranda legte. Alle Opern wurden im deutschen durch den der Wind tobt“. Doch würde der „Schaum der bre- Sprachraum kaum oder gar nicht wahrgenommen. Bis auf chenden Wellen sich nie mit den Wolken mischen“. wenige Ausnahmen: Das Theater Bielefeld brachte 2007 Mit der drei Jahre vor seinem Tod vollendeten und am eine viel beachtete Produktion von Der Sturm heraus, schon 28. Dezember 1897 im Nationaltheater Prag uraufgeführten 1998 dirigierte Sylvain Cambreling in Wien eine konzertan- Oper errang Fibich höchste Anerkennung und seinen end- te Aufführung von Šárka, die auch auf CD erschien, Die gültigen Durchbruch, der sich allerdings auf sein Heimat- Braut von Messina wurde bislang im deutschsprachigen land beschränkte. Anders als Dvořák, der durch seine Auf- Raum nicht uraufgeführt, ebensowenig die übrigen vier er- enthalte im Ausland international auf sich aufmerksam haltenen Opern.

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Szenische Melodramen: „Hippodamie“ Einst Opfer ihres Vaters, stiftet sie zum Schluss ihre beiden Söhne zum Mord an dem Sohn des Pelops aus erster Ehe Fibichs Schritt zum szenischen Melodram wird vielfach als an. Alle Akteure laden in diesem komplexen Drama Schuld die konsequente Fortführung seiner Beschäftigung mit dif- auf sich, gewollt oder nicht. Zum Schluss erbt Pelops die See- ferenzierter Deklamation gedeutet. Sie ermöglicht größte lenqual seines Vaters. In dem neuartigen Konzept Fibichs charakterliche Individualität des Sprachgestus über einem bedeutet „Szenisches Melodram“, dass ein vollgültiges ausdeutenden Fluss der Musik. Hippodamie ist das um- Schauspiel fortlaufend mit Musik unterlegt wird und dass fangreiche, ehrgeizige dreiteilige Projekt betitelt, für das der die Textpartien nicht rhythmisiert oder in Tonhöhen no- mit Fibich befreundete Jaroslav Vrchlický einen Stoff von tiert sind. Die Musik illustriert, schafft den atmosphäri- Sophokles in ein hochpoetisches Dramengedicht umarbei- schen Rahmen und kommentiert durch ein dichtes Netz tete. Um die schicksalhafte Multiplikation von Schuld geht von Leit- und Charaktermotiven – eine direkte Weiterfüh- es in der Trilogie: Pelops ist der Sohn des Tantalus, der einst rung der Operntechnik und letztlich, wie Ulrich Schreiber Frevel gegen die Götter beging und seitdem von den Eryn- bemerkt, „eine Fortschreibung Wagners“. In diesem neuen nien verfolgt wird. Pelops wird unschuldig schuldig, indem Genre sowie auch in seinen zahlreichen Konzertmelodra- er in einem Wettbewerb um die schöne Barbarin Hippoda- men begründet Fibich einen eigenen Traditionsstrang der mia deren Vater in einem manipulierten Wagenrennen tschechischen Melodramenkomposition mit Nachfolgern besiegt. Über die drei Teile der Tragödie hinweg wird Hip- wie J. V. Čelanský, J. B. Foerster, Josef Suk oder Otakar podamia zur traumatisierten Drahtzieherin des Bösen: Ostrčil.

Ruhe im Bielefelder „Sturm”

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1I2008 Primat der Programmmusik ^ Zdenek Fibich Neben einem umfangreichen Vokalschaffen mit Kantaten, Messen, Liedern und Chören stellen Ouvertüren, sinfoni- Opern sche Dichtungen und drei Sinfonien (F-Dur op. 17, 1877–83, Blaník op. 50, Text Eliška Krásnohorská, E-Dur op. 38, 1892/93 und e-Moll op. 53, 1898) einen gewich- 1874–77, UA 1881 Prag tigen Teil von Fibichs Œuvre dar. Interessanterweise ent- Nevěsta messinská (Die Braut von Messina), halten die Sinfonien, die allesamt gekonnt reichhaltiges Tragische Oper op. 18, Text von Otakar Material in klassisch viersätziger Form präsentieren, am Hostinský nach Schiller, 1882/83, UA 1884 ehesten folkloristisch geprägte Genremusik, wie etwa eine Prag stilisierte Polka im zweiten Satz der 1. Sinfonie. Die wohl Bouře (Der Sturm), Oper op. 40, Text Jaroslav effektvollste Musik für Orchester enthalten seine Ouver- Vrchlický nach Shakespeare, 1893/94, türen (darunter drei zu Dramen Shakespeares: Romeo und UA 1895 Julia, 1865, Othello, 1873 und Der Sturm, 1880) und sinfoni- Šárka, Oper op. 51, Text Anežka Schulzová, schen Dichtungen. Während in den Musiktheaterwerken 1896/97, UA 1897 Prag Naturzustände als Mittel intensiver Gefühlsschilderung funktionalisiert werden, konzentrieren sich einige seiner Bühnenmelodramen sinfonischen Dichtungen auf solche Naturstimmungsbil- der wie Der Frühling op. 13 (1881) oder Am frühen Abend Hippodamie, 1888–1891, Text: Jaroslav Vrchlický nach op. 39 (1893). Darüber hinaus vertonte Fibich mit Záboj, Sophokles, Euripides und Apollodorus, Trilogie: Slavoj und Luděk, 1873 noch vor Smetanas Má vlast eine Námluvy Pelopovy (Pelops‘ Brautwerbung), op. 31, tschechische Historienlegende. Auch seine Literaturverto- UA 1890 Prag nungen setzten Maßstäbe, wie Toman und die Waldfee Smír Tantaluv (Die Sühne des Tantalus), op. 32, UA 1891 op. 49, 1874/75 nach Čelakovskýs Ballade, in der die Dich- Prag tung detailgenau nachgezeichnet wird. Smrt Hippodamie (Hippodamias Tod), op. 33, UA 1891 Prag Stimmungen, Eindrücke, Erinnerungen Orchesterwerke Ein Dokument der systematischen Umsetzung außermu- Sinfonie Nr. 1 F-Dur op. 17, 1877–83 sikalischer Inhalte ist sein Klaviertagebuch Stimmungen, Sinfonie Nr. 2 E-Dur op. 38, 1892/93 Eindrücke und Erinnerungen (Nálady, dojmy a upomínky, Sinfonie Nr. 3 e-Moll op. 53, 1898 1892–99), dessen 376 Stücke ein Spiegel seiner leidenschaft- lichen Liebesbeziehung zu Anežka Schulzová sind. Während Sinfonische Dichtungen er selbst 352 der Stücke ohne die Datumsangaben und pro- grammatischen Bezeichnungen veröffentlichte, die in den Othello (nach Shakespeare) op. 6, 1873 Manuskripten festgehalten sind, publizierte sein Apologet Záboj, Slavoj a Luděk op. 37, 1873 Zdeněk Nejedlý 1925 unter dem Titel Zdeněk Fibichs Eroti- Toman a lesní panna (Toman und die Waldfee) op. 49, sches Tagebuch die Kommentare und lieferte eine fortlau- 1874/75 fende Deutung der Musik anhand biografischer Details bis Bouře (Der Sturm, nach Shakespeare) op. 46, 1880 hin zu intimen Beschreibungen von Anežkas Körper und Vesna (Der Frühling) op. 13, 1881 Gefühlsnotaten. Die Veröffentlichung war zwar skandalös V podvečer (Am frühen Abend) op. 39, 1893 und äußerst umstritten, ließ aber einen interessanten Blick auf Fibichs Arbeitsweise zu, da er die Melodien als Stein- Klaviermusik bruch für andere Kompositionen benutzte, bis hin zu sei- nen Opern. Die kurze Nr. 139 etwa ist eine der bekanntes- Nálady, dojmy a upomínky (Stimmungen, Eindrücke ten Melodien Fibichs, eine schlichte elegische Linie über und Erinnerungen), opp. 41, 44, 47, 57, 1892–99 pochendem Bass-Ostinato, die in ausgeweiteter Form Malířské studie (Gemäldestudien) op. 56, 1898–99 Grundlage seiner Sinfonischen Dichtung Am frühen Abend op. 39 wurde. Pure Programmmusik sind auch die Gemäl- Aufführungsmaterial: über Alkor-Edition destudien für Klavier op. 56, die fünf Gemälde von van Ruys- dael, Brueghel, Fra Angelico, Correggio und Watteau musi- Einen ausführlichen Überblick über das gesamte kalisch umsetzen. Schaffen gibt der Artikel „Zdeněk Fibich“ von Undine In der Gesamtschau seines Œuvres und im Vergleich mit Wagner in der MGG, 2. Ausgabe, Personenteil Band 6, Dvořák und Smetana hat sich Fibich am konsequentesten Sp. 1116–1125. mit dem Genre der Programmmusik beschäftigt und ist unter den Tschechen darin der womöglich avancierteste Komponist. Marie Luise Maintz

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Othmar Schoecks Oper aus dem Jahr 1927 hat in wenigen Wochen zwei prominente Neuinszenierun- gen erfahren, am Theater Basel und an der Sächsi- schen Staatsoper Dresden. Uwe Schweikert hat beide Sturmwind „Penthesilea“ Inszenierungen gesehen und schildert die in beiden Othmar Schoecks Oper in Basel und Dresden Fällen stringenten Ansätze der Regisseure.

Aura des Außerordentlichen aber auch ein Theater dar (und rückt es damit in die Situa- tion des Zuschauers) – ein Theater, auf dem die extremen Othmar Schoecks Oper Penthesilea gehört zu den Stiefkin- Gefühlszustände dieser Todespassion zeitlupenhaft ge- dern des modernen Musiktheaters. Begegnet man dem sel- dehnt und damit in all ihrer beklemmenden Schönheit vor- ten gespielten Werk in einer adäquaten Aufführung, wie geführt werden. jetzt innerhalb weniger Wochen gleich zweimal – am Vor dem Hintergrund der von Schoeck musikalisch ima- 2. November 2007 in Basel und am 10. Februar 2008 in der ginierten Kriegsmaschinerie – die mit Pfeil und Bogen be- Dresdner Semperoper, der Stätte der Uraufführung vor 81 waffneten Amazonen in schwarzen Wehrmachtsmänteln, Jahren am 8. Januar 1927 –, so geht eine Aura des Außeror- die Griechen eine wie aus dem Theaterfundus ausstaffier- dentlichen von dem spröden, strengen Werk aus. Schoeck te bunte Truppe männlichen Imponiergehabes (Kostüme: hat Kleists Trauerspiel auf den Kern einer konvulsivischen Elina Schnizler) – entwickelt Neuenfels die tödliche Begeg- Todespassion, die Begegnung der Amazonenkönigin Pen- nung in oftmals geradezu quälender Ruhe. Und damit in thesilea mit dem Griechenkönig Achilles auf dem Schlacht- provokantem Gegensatz zum affektiven Sprachgestus, mit feld bei Troja, zusammengestrichen. Am Ende dieses Ver- dem Schoecks melodische Deklamation sich den Verskata- schlingungstriebes aus Eros und Gewalt, bei dem sich – be- rakten Kleists anschmiegt. Ganz im Irrealen findet die Lie- rühmtes Zitat – „Küsse“ auf „Bisse“ reimen, steht der besti- besbegegnung statt, das nachkomponierte große Duett, für alische Mord, wenn Penthesilea den waffenlosen Achilles das Neuenfels Penthesilea aufs weiße Gipspferd, Achilles zerfleischt. an den schwarzen Flügel setzt. Konträrere Ansätze als in Basel (Hans Neuenfels) und Fürs Ende – den Auftritt Penthesileas mit der Leiche Dresden (Günter Krämer) kann man sich kaum vorstellen. Achills – findet Neuenfels ein beklemmendes Bild, das den Und doch waren beide ein gleichermaßen überzeugendes, Schrecken ins Surreale hebt. Penthesilea schiebt einen mit gleichermaßen beeindruckendes Plädoyer für Schoecks einem Netz verhüllten Rollstuhl vor sich her. Obenauf liegt Sturmwind Penthesilea. der mit Blut verschmierte tödliche Pfeil. Aus dem Gefährt selbst hebt sie mehrere blutige Koffer herab, die sie ster- Abgründige Gratwanderung bend küsst – Zeichen der pathologischen Exaltation, mit der sie die Unbedingtheit der Liebe bis in den Wahn treibt. Neuenfels hat sich in seiner höchst konzentriert gearbeite- Dass diese abgründige Gratwanderung gelingen konn- ten Inszenierung weder aufs Glatteis der naturalistischen te, ist der jungen Mezzosopranistin Tanja Baumgart- Vergröberung noch auf das der expressiven Übersteigerung ner zu verdanken, die in Basel die Titelpartie sang. Ihre Pen- begeben, sondern den atemlosen Sog, der von Kleists Text thesilea war endlich einmal beides, „halb Furie“ und „halb wie von Schoecks musikalisch überaus konzisem Melodram Grazie“, wie Kleist es sich erträumte. Gerade durch ihre ausgeht, durch eine doppelte Verfremdung ästhetisch ge- schlanke (auch stimmlich schlanke, ja weiche, selbst in der filtert. Die Szene (Bühnenbild: Gisbert Jäkel) zitiert Tiefe noch tragfähige) Mädchenhaftigkeit wirkte der Wan- einerseits Elemente klassizistischer Architektur (und spielt del des „wunderbaren Weibs“ von der wahnhaften Starre damit auf die Zeit seiner Entstehung an), stellt andererseits über das ungläubig fragende Erstaunen bis zur verstum- menden Hilflosigkeit angesichts der Tat in dieser Schluss- szene umso ergreifender – eine in den Modulationen der Tonfälle von Eros und Gewalt spielerisch wie sängerisch ganz außerordentliche Leistung. Am Pult stand Mario Venzago, der das Sinfonieorches- ter Basel zu rhythmisch präzisem, konzentriertem Spiel an- hielt. Er besaß Gespür nicht nur für den schroffen Klang von Schoecks höchst eigenwilliger Instrumentation, son- dern ebenso für den sprachnahen Gesangsstil dieser Mu- sik. Ob es wirklich der Einführung einer Sprecherin und der vielen Retuschen in Schoecks Partitur bedurft hätte, die Venzago im Programmheft rechtfertigt, steht auf einem anderen Blatt.

Im weltenthobenen Nirgendwo

Ganz anders, aber in ihrem schockierenden Vollzug nicht weniger ergreifend die kargere, nüchternere Dresdner Inszenierung von Günter Krämer, der sich weit stärker als Neuenfels auf die Liebestragödie von Penthesilea und Achilles konzentriert. Jürgen Bäckmann hat ihm auf die Die Unbedingtheit der Liebe, die in den Tod führt: Tanja Ariane Baumgartner, die Basler leere Bühne ein großes, flaches Podest gesetzt, auf dem ein- Penthesilea (Foto: Tanja Dorendorf) gangs die kriegerischen Auseinandersetzungen stattfin-

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den. Nach der Niederlage Penthesileas durch Achilles hebt sich das Podest in die Vertikale und präsentiert frontal die beiden wie in einem Netz gefangenen Protagonisten, die sich langsam von der jetzt goldschimmernden Spiegelwand abseilen. Später schließt Bäckmann den Raum durch einen schwarzen Vorhang, so dass sich der Liebestodeskampf um die gegenseitige Unterwerfung in einem weltenthobenen Nirgendwo abspielt, das sich erst am Schluss wieder einen Spalt weit öffnet und mit der blutbesudelten Penthesilea zugleich die Leiche des Achilles freigibt. Zeitlos aktuell sind auch die Kostüme der Amazonen (Falk Bauer): schwarze, schulterfreie Reifröcke, von denen sich die weißgekalkten Hände, Gesichter und Haare fast gespenstisch abheben. Nichts lenkt hier von der Konzentration auf das Schicksal der beiden Kontrahenten ab, das mit der Unerbittlichkeit einer antiken Tragödie abrollt. Krämers Regie überlässt die Wucht des ungeheuerlichen Vorgangs – „Sie hat ihn wirklich aufgegessen, den Achill, vor Liebe“, schrieb Kleist an seine angeheiratete Verwand- te Marie von Kleist (Krämer lässt sie zu Beginn den Brief rezitierend auftreten) – fast ganz der Musik. Das rückt die Titelpartie, mit der jede Aufführung des Stücks steht oder fällt, vollends ins Zentrum. Iris Vermillion verkörperte die Liebesraserei der Penthesilea mit besessenem Ausdruck und gebot souverän über die dunklen, bronzenen, bis in die Altregion hinunterreichenden Töne wie über die ekstati- sche, die Soprankantilene mehr als einmal übersteigende Höhe. Insbesondere mit ihrem Schlussgesang zog sie das Auditorium völlig in Bann. Anders als Tanja Ariane Baum- gartner aber war sie mehr Furie als Grazie, mehr furchter- regende Täterin als berührt-berührendes Opfer einer erst in der Grenzüberschreitung zum Tod sich ihrer Tat bewusst werdenden Frau. Gerd Albrecht am Pult hat mit der glänzend disponier- ten Sächsischen Staatskapelle sowohl die hitzige Ekstase des rauschhaften Liebesduetts wie die unglaubliche Härte herausgearbeitet, mit der Schoeck, Jahrzehnte vor Orffs An- tigonae die Musik gleichsam auf den Rhythmus ostinater Schläge skelettierend, Wort und Handlung akzentuiert. Die Musik will in Schoecks schroffer, dissonanter Vision nichts anderes sein als die rhythmisch-klangliche Unterstützung des gesungenen oder gesprochenen Worts. Dieses „eherne Klirren“ fordert vom Dirigenten eine dienende Askese, die Gefangen im Netz. „Penthesilea“ in Dresden (Foto: Matthias Creutziger) Albrecht mit höchster Spannkraft zu geben gewillt war. Leider ließ auch er sich nicht davon abhalten, unnötige Re- tuschen und dramaturgisch problematische Striche vorzu- Othmar Schoeck nehmen. Penthesilea. Oper in einem Aufzug nach dem Trauer- spiel von Heinrich von Kleist Beide Male, in Basel wie in Dresden, hat Schoecks Penthe- Personen: Penthesilea (Mezzosopran), Prothoe (Sopran), silea ihre theatralische Lebensfähigkeit auf überzeugende Meroe (Sopran), Oberpriesterin (Alt), Achilles (Bariton), Weise bewiesen. Beide Male war das Publikum aufs höchs- Diomedes (Tenor), Herold (Bariton) – Chor te beeindruckt, ja gebannt und dankte den Interpreten mit Orchester: 3 (auch Picc), 1 (auch Eh), 8, 2 BKlar, Kfag – Ovationen. Uwe Schweikert 4,4,4,1 – Pk, Schlg (3) – 2 Klav – 4 Solo-Violinen und tiefe Streicher – Bühnenmusik: 3 Trp Verlag: Bärenreiter Neu: Penthesilea-Suite für Orchester (Arrangement: Andreas Delfs), Aufführungsdauer: 25 Minuten

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Martinu-Stiftung und Martinu-Institut planen für ° 2009 und 2010 große Aktivitäten für den tschechi- schen Komponisten. Eine gute Gelegenheit, sich mit Martinu revisited bekannten und entdeckenswerten Werken zu be- Ein Komponist in seiner Vielfalt schäftigen.

Zwei Jubiläen bilden den Rahmen für das internationale Projekt „Martinů revisited“. Zu Beginn wird des fünfzigs- Informationen ten Todestages des Komponisten gedacht († 28.8.1959), den Schlusspunkt zwei Jahre später markiert sein 120. Geburts- www.martinu.cz tag (* 8.12.1890). Leihmaterial: Alkor-Edition Die tschechische Regierung versteht „Martinů revisited“ Kaufmaterial: Bärenreiter als das wichtigste Kulturprojekt ihrer EU-Präsidentschaft in der ersten Hälfte des Jahres 2009, was seine Berechti- Harry Halbreich: gung auch daraus erhält, dass Martinů einen großen Teil Bohuslav Martinů. seines Lebens in mehreren europäischen Ländern (Frank- Werkverzeichnis und reich, Schweiz, Italien) sowie in den USA verbrachte. Dokumentation. Mainz 2007: Im Eröffnungskonzert am 11. Dezember 2008 trifft die . renommierte Mezzosopranistin Magdalena Kožena mit dem australischen Tenor Steve Davislim und der Tschechi- schen Philharmonie unter der Leitung von Sir Charles Les Fresques de Piero della Francesca eine Trilogie der or- Mackerras zusammen. Dabei werden die bislang unbe- chestralen Spätwerke des Komponisten, in welcher er ei- kannten Drei Fragmente aus der Oper „Juliette oder Das nen sehr persönlichen neoimpressionistischen Stil entwi- Traumbuch“ uraufgeführt. Zu den wichtigsten Veranstal- ckelt. Die Rhapsodie (Allegro symphonique) (1928) sowie der tungen gehören auch die beiden Jahrgänge des Festivals Saltarello aus der Oper sind hingegen robus- „Prager Frühling“, das insbesondere 2009 Martinu zum te, lebensfrohe Werke, die sich zum Beispiel als Konzerter- Hauptthema erheben wird. Darüber hinaus sind Neuins- öffnung anbieten. zenierungen seiner Opern und Ballette in Prag, Brünn, Bra- Sicherlich wird das Rhapsody concerto für Viola und Or- tislava, Nizza, Aix-en-Provence, Zürich, Luzern, München, chester (1952) noch häufiger erklingen als sonst. Dieses Rostock, London, Oxford, Garsington, Pittsburgh, Boston Werk soll auch im zweiten Band der Martinů-Gesamtaus- u. a. geplant. Wichtige Festivals insbesondere in der Schweiz gabe erscheinen, deren Herausgabe der Bärenreiter-Verlag (Basel), in Frankreich (Aix-en-Provence), Ungarn (Budapest), zusammen mit der Martinů-Stiftung und dem Martinů-In- England und den USA wollen sich dem Schaffen Martinus stitut ab 2009 planen. Zwei kleine Meisterwerke der 1930er- besonders zuwenden. Jahre bilden das Concertino für Klaviertrio und Streichor- chester (1933) und das Duo concertante für zwei Violinen Bühnenwerke und Kantaten und Orchester (1937), das soeben beim englischen Label Hyperion mit Bohuslav Matoušek, Regis Paquier und der Im Rahmen von „Martinů revisited“ werden zahlreiche Tschechischen Philharmonie unter Christopher Hogwood Werke Martinůs aus dem Katalog des Bärenreiter-Verlags erschienen ist. Die Incantations (1955/6) ist unter seinen aufgeführt, darunter die Opern (1937), Miran- Klavierkonzerten mit Abstand die eigenwilligste Schöp- dolina (1953/4) und Ariane (1958). Durch die Originalspra- fung Martinůs. chen der Libretti (Französisch bzw. Italienisch) sowie durch ihren Witz (Alexandre bis und Mirandolina) oder die selte- Kammermusik ne neomadrigalistische Schönheit (Ariane) eignen sich die- se Werke hervorragend für internationale Opernbühnen. Die Kammermusik bereicherte Martinů mit nicht weniger Die herbe, stark rhythmische Volkskantate Ein Blumen- als 90 Werken, unter denen im Bärenreiter-Katalog vor al- strauß (1937) ist in der Heimat des Komponisten wegen der lem die Reihe der drei Streichquartette Nr. 4–6 hervortritt. verwendeten tschechischen und mährischen Volkstexte Sie liegen in neuen Urtext-Ausgaben vor. Nur ein einziges überaus beliebt. Ihre Themen sind von universaler Geltung, weiteres Werk soll hervorgehoben werden: Les Rondes für so z. B. der Schlussteil „Der Mensch und der Tod“, der eine Oboe, Klarinette, Fagott, Trompete, zwei Violinen und Kla- tschechische Variante des Jedermann-Themas darstellt. vier (1930). Dieses Septett besteht aus sechs kurzen Stücken, Ganz anders ist der Zyklus von vier kleinen Volkskantaten deren volkstümliche Inspiration mit der Linearität der Stim- angelegt, unter denen sich vor allem Das Maifest der Brünn- menführung sie in eine Reihe mit den besten Werken von lein (1955) in Tschechien einer enormen Popularität erfreut. Leos Janácek oder Béla Bartók stellt. Auch die übrigen drei Teile dieses in seiner Schlichtheit er- Das Bild der Werke Martinůs im Bärenreiter-Verlag wird greifenden Spätwerkes (Legende aus dem Rauch des noch durch zahlreiche Klavierwerke (Marionetten I–III) und Kartoffelkrautes, Löwenzahn-Romanze und Mikesch vom Vokalwerke (Lieder auf einer und zwei Seiten, Der neue Spa- Berge) sind äußerst publikumswirksam. licek) ergänzt. Aleš Březina

Werke für Orchester

Unter den Orchesterwerken gehören vor allem die Parabeln (1957/58) zu den bislang wenig bekannten Hauptwerken Martinus. Sie bilden zusammen mit den Estampes und den

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1930 schrieb Ernst Krenek seine Oper „Kehraus um St. Stephan“, in der er ein schonungsloses Panorama der Zeit und ihrer Menschen skizzierte. Das Stück wur- Prophetische Zeitoper de angenommen, dann wieder abgelehnt und erst Einige Bemerkungen zu Ernst Kreneks 1990 uraufgeführt. Nun kommt es bei den Bregenzer „Kehraus um St. Stephan” Festspielen und im Spetmber in Luzern heraus.

Ein gesellschaftliches Panoptikum narios wird für einige Teilnehmer zum Totentanz; andere ziehen den Wechsel des Schauplatzes ihrer Geschäfte vor; Im Sommer 1930 unter starkem Schaffensdrang kompo- in Wien bleiben die, die sich der Schiebermentalität nicht niert, ist Kehraus um St. Stephan, wofür Krenek sich auch anpassten, und ziehen sich an den Busen der Natur zurück: wieder sein eigenes geschrieben hatte, eine späte in den Weinberg. Zeitoper. Es geht darin um die Jahre nach dem verlorenen Ersten Weltkrieg, als die Chance zu einer Revolution ver- Trügende Hoffnung spielt war, die zu einer alle Schichten und alle politischen Lager umfassenden Gemeinschaft hätte führen können, Kreneks Fazit entspricht der Hoffnung, mit der er 1928 aus und die wirtschaftliche Not und die politische Unsicher- Deutschland nach Wien zurückgekehrt war. Sie sollte ihn heit sich gesellschaftlich verheerend auswirkten. Das zeigt nicht lange narren – die Geschichte des Werkes sprach für Krenek zum einen an ehemaligen Offizieren, die sich einen sich. Gustav Brecher, der 1927 Jonny spielt auf und Anfang Beruf suchen müssen und dies auf sehr verschiedene 1930 Leben des Orest, beide Werke in Leipzig, uraufgeführt Weise tun: durch den Wiederaufbau einer von Streiks be- hatte, nahm im Herbst desselben Jahres die neueste Kre- drohten Firma (Koppreiter), durch Schwarzmarktgeschäf- nek-Oper an. Er war vom zeitkritischen Sujet offenbar te (Kereszthely), durch Annahme jeder ehrlich scheinenden ebenso angetan wie von dem der neuen Oper Mahagonny Arbeit bis hinunter zum Jahrmarktsausrufer (Brandstetter); von Brecht und Weill, bei deren Uraufführung im März 1930 sodann an einem deutscher Geldgeber (Kabulke), der den sich ein Teil des gutbürgerlichen Publikums, unterstützt Betrieb in Wien – und später ganz Europa – auf Vordermann von dagegen agitierenden Nazis, zu skandalösen Protesten bringen will; weiter an einem korrupten Journalisten, der gegen das Werk hatte hinreißen lassen. Der Leipziger Stadt- unter verschiedenen Namen und in verschiedenen Funk- rat hatte sich danach mit der Frage einer Absetzung der tionen sein zerstörerisches Geschäft betreibt und einen In- Oper befasst, sich aber dagegen entschieden. dustriebetrieb in den Bankrott treibt (Fekete alias Schwois- Brecher rechnete offenbar nicht mit einer Wiederholung taler alias Rosenbusch); an dem Sohn eines kleinen Wein- der Situation. Doch dann gab er das Buch der Oper auch bauern (Ferdinand), der seine Stimme an alle Parteien ver- anderen zu lesen, darunter dem einflussreichen Kritiker kauft, und an seiner Schwester (Maria alias Ria Conradi), Adolf Aber, und alle fürchteten, der Inhalt werde angesichts die eine Karriere als Geliebte gutbetuchter Geschäftsleute der herrschenden politischen Verhältnisse Anstoß erregen einschlägt. und der Stadtrat vielleicht nicht noch einmal so vernünf- Der Schieber- und Nachkriegsgewinnlergesellschaft tig auf Krawalle reagieren wie bei Mahagonny. Krenek er- kontrastieren einige wenige „gute“ Menschen aus unter- innerte sich, der Stein des Anstoßes sei die Figur des Berli- schiedlichen Gesellschaftsschichten: der alte redliche Wein- ner Kapitalisten Kabulke gewesen, dem er nicht nur – in bauer (Kundrather), der Offizier Brandstetter, der sich nicht bestürzender Voraussicht – die Kriegspläne der Nazis in den auf schmierige Geschäfte einlässt, die junge ehemalige Mund legte (9. Szene: „Und was die Politik betrifft, so hau’n Gräfin (Elisabeth), die sich ihre ethischen Maßstäbe nicht wa erst mal die Polen zusamm’, der Korridor muß weg! Und abkaufen lassen will. Das Ende dieses apokalyptischen Sze- dann, und dann wollen wir siegreich Frankreich schlagen! Mit dieser verkommenen Horde woll’n wa schon noch fer- tig wer’n! Da muß erst mal Volksjesundheit herein. Dann ma’schier’n wa nach Rußland und machen Schluß mit dem Bolschewismus!“), sondern dem er ursprünglich auch den jüdischen Namen Goldstein gab. Diese Mischung aber war ebenso brisant wie Brechts Plakat „Für den Krieg aller ge- gen alle“ in Mahagonny und daher geeignet, von jedem politischen Lager Ablehnung zu erfahren. Die Urauffüh- rung wurde also abgesetzt.

Ein Volksstück?

Der Autor hat das Libretto nachträglich mit dem Untertitel „Volksstück“ versehen, vermutlich unter dem Eindruck der Volksstücke Ödön von Horvaths aus den 30er-Jahren; zur Zeit der Uraufführung (1990!) nannte er die Oper lieber „Sa- tire mit Musik“. Tatsächlich lässt sich das Buch teilweise auch als Volksstück verstehen; es bedient sich aber einer Reihe distanzierender Mittel: der Satire, der Allegorie und der Rollenüberschreitung durch direkte Anrede der Zu- schauer.

Kreneks „Kehraus“: Szenenfoto der Uraufführung Wien 1990

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nen konventionellen Typ Musik zurück, z. B. den Walzer mit stark tonaler Prägung: so am Schluss der zweiten Szene, wenn die beiden ehemaligen Offiziere, der Wiener Kopp- reiter und der Budapester Kereszthely ihre Bekanntschaft 3 Operette am Kornmarkt +VMJCJT"VHVTU erneuern und in gegenseitige Geschäftsbeziehungen tre- ten. Ebenso zu Beginn der dritten Szene, in der zwei Damen der Gesellschaft Konversation treiben und die eine sogar in einen Operettensoubrettenton fällt. Sind die Personen ‰;f/%&- #*-%#&"3#&*56/(#-"61"1*&3 ganz bei sich, so bedienen sie sich eines durchaus expressi- onistischen Sprachgestus mit nicht tonaler Harmonik. Nimmt aber die Situation dann eine Wendung wie etwa bei der Annäherung zwischen Koppreiter und Elisabeth Torre- giani, so werden die tonalharmonischen Anklänge häufi- ger, die Gesangsmelodik einfacher; das geht bis zu kitschi- gen Duettphrasen. Die gesellschaftliche oder zwischen- menschliche Konvention kann sich also sowohl ins Ernst- hafte als auch z. B. in Kitsch verwandeln. Dieser flexible Gebrauch der musikalischen Mittel er- möglicht schließlich auch die distanzierende Sprechweise, wenn Krenek ihn auf die Spitze treibt: Sie kippen dann um KEHRAUS UM in Satire, Bösartigkeit – und in die Verzweiflung darüber. Er kann aber auch in die entgegengesetzte Richtung zielen, ST. STEPHAN in ein vereinfachtes Idiom, das nicht konventionen- oder gesellschaftskritisch gemeint ist: wenn Brandstetter, der Satire mit Musik von Ernst Krenek unangepasste Ex-Offizier, sich seinen Erinnerungen oder naiven Vorstellungen hingibt oder wenn Elisabeth Torre- giani zur Muttergottes um Beistand fleht. Es tritt am pro- minentesten an den beiden Aktschlüssen in Erscheinung: Stilebenen Wenn Kundrather am Ende des ersten Teils seinen Mono- log singt und danach ein Menuett tanzt, das jedoch so zier- Die stilistische Vielfalt des Stücks geht einher mit musika- lich wie schräg klingt, wenn der Chor seinen versöhnlichen lischer Vielfalt, wie Krenek sie seit Jonny spielt auf, die Zeit- Schlussgesang anstimmt und hartnäckig auf dem in sich oper par excellence, einsetzte. Im Kehraus dient sie aber changierenden Fis-Klang beharrt: ein nur scheinbar opti- nicht nur zur Charakterisierung, sondern als Mittel zum mistisches Ende, denn in ihm sitzt wie in dem retrospekti- Zweck der ätzenden Satire. Treten die Mitläufer der Revo- ven Menuett ein Widerhaken – was hat nämlich das marti- lution auf, so verfällt die Musik in einen ausgelassenen alische Ensemble aus Becken, Trommel und Rührtrommel Pseudo-Jägerliedchen-Ton. Der Auftritt des Berliner Finan- bei dieser Apotheose zu suchen? Claudia Zenck ciers wird durch einen Tusch angekündigt, bei dem man ans Täterätä in den rheinischen Karnevalshochburgen denkt, und die Heurigen-Gesellschaft mutiert zu einer sinn- Ernst Krenek lose Schlager grölenden Horde. Die Musik bleibt sich quasi Kehraus um St. Stephan. Satire mit Musik in zwei Teilen. selbst im Halse stecken. Wie haarsträubend das werden Text von Ernst Krenek kann, zeigt besonders deutlich die erwähnte, fatal entglei- Premiere: 30.7.2008 Bregenz, Operette am Kornmakt (Bre- sende Heurigenszene. Sie hätte das Zeug zu einem Finale, genzer Festspiele), Symphonieorchester Vorarlberg, In- und tatsächlich steht sie am Endes des ersten Teils. Aller- szenierung: Michael Scheidl, Musikalische Leitung: John dings folgt ihr noch der verzweifelte Monolog des alten Axelrod. Weitere Aufführungen: 1., 2. und 5.8.2008 – auch: Weinbauern, wodurch zwei unvereinbare Sphären aufein- 27.9.2008 Luzerner Theater anderprallen: die stilistisch gebrochene und die naive der Personen: Othmar Brandstetter (Tenor), Sebastian Kund- Schrammelvolksmusik. Das sind aber nicht die beiden ein- rather (Bariton), Ferdinand (Tenor), Maria (Sopran), zigen Stil- und Darstellungsebenen dieser Oper; sondern es Oberwachmann Sachsl (Bariton), Alfred Koppreiter (Ba- gibt eine dritte: sozusagen die normale, die Krenek schon riton), Schwoistaler/Rosenbusch/Moritz Fekete (Bariton), im Jonny einzog. Sie ist nicht eindeutig fixiert, sondern fle- Emmerich von Kereszthely (Tenor), Elisabeth (Mezzoso- xibel, angepasst an die jeweilige Situation bzw. an das be- pran), Nora Rittinghaus (Mezzosopran), Herr Kabulke (Ba- handelte Thema. Wenn die personifizierte Karikatur, der riton), Flurwächter (Bariton) – Chor Oberwachmann Sachsl, auf seiner ewigen Suche nach ei- Orchester: 2 (2. auch Picc), 2 (1. auch Eh.), 3,2 (2. auch Kfag) ner nicht vorhandenen Leiche herumstapft, so tut er dies – 2,2,2,1 – Pk, Schlg (3) – Git, Md, Klav, Harm – Str quasi zur Begleitmusik eines Kriminalfilms. Wenn es um Verlag: Bärenreiter gesellschaftliche Konventionen geht, greift Krenek auf ei-

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[t]akte 1I2008 13 [t]akte „Ich hänge einem Handlungstheater an“ Ein Gespräch mit Manfred Trojahn über seine Oper „La Grande Magia“ nach Eduardo De Filippo

takte: Über Ihre „Vier Orchesterstücke“ schrieben Sie 2003, len und trotzdem den Kammerspielrahmen nicht verlas- in Ihrer demnächst entstehenden Oper würden Sie auch Er- sen wollte. fahrungen aus diesen Stücken aufgreifen. Bemerkenswert an jenem Zyklus ist beispielsweise der Umgang mit Tonalität, Was spricht für die Musikalisierung dieses Stoffes und wie ein Phänomen, dem sich auch Ihre jetzt zur Uraufführung sind Sie auf ihn gestoßen? an der Semperoper Dresden kommende Oper „La Grande Magia“ verbunden zeigt. Ist dies tatsächlich auf die „Vier Filippo hat eine Arbeitsbeziehung zu Pirandello unterhal- Orchesterstücke“ zurückzuführen? ten und La Grande Magia hat gewisse Verbindungen zu Enrico quarto, einem Stück Pirandellos, aus dem ich zusam- Manfred Trojahn: Oftmals erinnere ich mich besser an Stü- men mit Claus H. Henneberg die Oper Enrico gemacht habe. cke, die weit zurückliegen als an die Texte, die ich zu diesen Man hat Eduardo die Nähe zu Pirandello verübelt: Es gibt Stücken habe schreiben müssen. Die Vier Orchesterstücke eben sehr deutliche, auch formale Bezüge. Das, was mich sind sehr eng an meine Musik zu den Rezitativtexten zur interessiert hat, war aber weniger die Nähe zu einem Stoff, Oper Titus gebunden, die ich zuvor geschrieben hatte. To- den ich selber schon einmal verarbeitet habe, als vielmehr nalität war dabei naturgemäß ein wichtiger Aspekt, weil der Umstand, dass ich die Möglichkeit sah, mich damit aus- ich meine Musik ja mit der Mozarts in Verbindung zu brin- einanderzusetzen, wie jemand in eine psychische Extrem- gen hatte – und die ist nun einmal tonal. Sicher gibt es kei- situation gelangt und wie er sie dann ausbaut, um einer ne direkten Verbindungen zwischen La Grande Magia und Realität zu entfliehen. Calogero entwickelt sozusagen die den Orchesterstücken, auch wenn ich es damals so gese- Voraussetzungen dafür, dereinst wie „Enrico“ zu enden. hen haben mag. Die Faktur der Musik von La Grande Ma- Dennoch wäre es einfach dumm zu glauben, mich hätte der gia scheint mir völlig anders geraten zu sein. Tonalität Fortsetzungsroman interessiert. Es gibt hier Figuren, die allerdings spielt – wie oft in meiner Musik – ihre Rolle. Ich sich auf der Opernbühne vermitteln – Charaktere also, de- kann derzeit auch gar nicht anders denken. Letztlich darf ren Reaktionen weniger intellektuell als emotional begrün- das aber nicht mit einem ästhetischen Manifest verwech- det sind. Das ist eine wichtige Voraussetzung dafür, dass selt werden: In einem Moment ist es so und es kann im ein Stoff sich für erzählendes Musiktheater – nennen wir nächsten schon völlig anders sein … es Oper – eignet.

Die Besetzung Ihrer neuen Oper bezieht sich direkt auf Was fasziniert Sie an dem Genre Oper und inwieweit strahlt Richard Strauss: eine Reverenz? Welche weiteren Verbindun- die Beschäftigung damit auch auf die Gestalt anderer Stü- gen zu Strauss weist „La Grande Magia“ noch auf? cke aus Ihrer Feder aus, die nicht für die Opernbühne be- stimmt sind? Die Besetzung des Orchesters in La Grande Magia korres- pondiert in der Tat weitgehend mit der der Ariadne auf Eigentlich fasziniert mich an diesem Genre jedes Detail. Naxos von Richard Strauss. Vermutlich lassen sich Verbin- Auch die unerfreulichen Aspekte des Theaters sind doch dungen zwischen beiden Stücken herbei argumentieren – für einen Schreibtischhocker, wie es ein Komponist nun gesucht sind sie nicht. Es ist auch nicht mein Wunsch, einmal sein muss, so aufregend, dass man – oder besser: Strauss zu gleichen, wenn ich seine Erfahrungen mit sei- dass ich – die Finger vom Theater nicht lassen kann. Es gibt ner Erzählweise für meine Arbeit reflektiere, oder – besser dort doch so entzückende Figuren zu beobachten – und ich gesagt – sind es ja meine Erfahrungen mit seiner Erzähl- meine jetzt die „richtigen“ Menschen, nicht die „Rollen“. Ich weise. Ich hänge einem Handlungstheater an – das ist schon jedenfalls liebe diese ganze heuchlerische Gesellschaft und Verbindung genug. gehöre ja auch begeistert dazu. Die Orchesterbesetzung hat auch sehr viel mit der mei- Opernkomponisten sind, im Gegensatz zu denen, die in ner Oper Enrico gemein. Indes sind einige Streicher mehr diesem Bereich nur Gastrollen spielen, wie ja heutzutage und das Harmonium doch Zeichen dafür, dass ich beabsich- fast jeder Komponist einmal, eng mit dem Theater verbun- tigt habe, einen weicheren Klang als im „Enrico“ zu erzie- den. Das wird dann zu einem Lebensprinzip und wird

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Klangliche Konzentration Ein neues Klavierquintett von Miroslav Srnka daher auch seine Auswirkungen auf Arbeiten haben, die Miroslav Srnka schreibt eine neue Komposition für Klavier- nicht für eine szenische Umsetzung konzipiert sind. quintett für Musiker des Bayerischen Staatsorchesters. Nach einer ganzen Serie von Werken wie Reading Lessons Eduardo De Filippo schreibt über sein Stück „La Grande Ma- und Kráter Brahms für großes Orchester und die großfor- gia“: „Jedes Schicksal hängt am Faden anderer Schicksale in matigen Ensemblestücke Les Adieux und Reservoirs, die einem ewigen Spiel: einem Spiel, von dem uns lediglich ge- 2007 uraufgeführt wurden, entsteht hier ein Stück in klang- geben ist, irrelevante Einzelheiten wahrzunehmen.“ Nimmt licher Konzentration. der Komponist diese Fäden in die Hand, wenn er dem Publi- Zuletzt hatte Les Adieux für großes Ensemble seine Ur- kum mit seiner Musik, mit dem gesungenen Text eine Ge- aufführung mit dem Ensemble Modern unter Matthias schichte erzählt, oder legt er sie in der musikalischen Zeich- Pintscher in der Alten Oper Frankfurt, „eine schmerzlich- nung seiner Darsteller dem Publikum aus? empathische Erinnerung“ mit „schroffer, energetisch bestimmter Klangwelt“ (Hans-Klaus Jungheinrich, Frank- Das Spiel, das Eduardo beschreibt, ist das Leben. Kunst ist furter Rundschau) von expressiver Intensität, die Srnka sicherlich nicht in der Lage, das Leben abzubilden. Kunst gleichsam „in memoriam“ von Antonín Dvořáks drei Kin- beschäftigt sich mit einem vom Autor gewählten Aspekt dern schrieb. In dem Klavierquintett Pouhou vlnou geht es und versucht, eine Form für diese Auseinandersetzung zu Srnka nun um ein veritables kammermusikalisches Musi- finden. Kunst macht so die irrelevante Einzelheit zu etwas zieren von fünf gleichberechtigten Instrumenten, die „sys- Relevantem, relevant für den betreffenden Zusammen- tematisch die verschiedensten kombinatorischen Beset- hang. Sicher legt der Komponist nichts aus. Dafür hat er zungen im Klavierquintett erforschen, also Soli, Duos, Trios seinen Freund, den Regisseur. Der Komponist schafft Pro- etc., um sich nach mehreren kurzlebigen Versuchen zum bleme, der Regisseur ist der Mann für eine mögliche Lösung Schluss definitiv zu einem ‚Klavierquintett’ zu vereinen“. dieser Probleme. Er also „legt aus“, und der Komponist ver- Bei aller Konzentration geht es hier doch um komplexe folgt die Bemühung mit großem, liebendem Interesse. Strukturen, um die Gleichzeitigkeit von Materialschichten, die das emanzipierte Miteinander der Stimmen ermögli- Gesprächspartner: Michael Töpel chen. Marie Luise Maintz

Manfred Trojahn Miroslav Srnka – aktuell La Grande Magia. Frei nach Eduardo De Filippos gleich- namigem Schauspiel. Libretto von Christian Martin Ausblick Fuchs Mitglieder des Bayerischen Staatsorchesters 10.5.2008 Dresden (Sächsische Staatsoper) werden Miroslav Srnkas Klavierquintett Musikalische Leitung: Jonathan Darlington, „Pouhou vlnou“ in der Pinakothek der Moder- Regie: Albert Lang, Bühnenbild: Rosalie ne München uraufführen (17.4.08). +++ Reservoirs für großes Ensemble, das im Au- Personen: Marta Di Spelta, eine junge Frau (Sopran), Ca- gust 2007 unter der Leitung von Peter Rundel logero Di Spelta, ihr Mann (Tenor), Matilde Di Spelta, bei dem New Music Festival Ostrava Days ur- seine verwitwete Mutter (Sopran), Rosa Intrugli, seine aufgeführt wurde, steht auf dem Programm Schwester (Sopran), Oreste Intrugli, deren Mann, Calo- des Prager Frühlings mit der Ostravská banda geros Schwager (Tenor), Marcello Polvero, der Schwa- unter Petr Kotík (23.5.08). +++ Für das Ensemble ger Matildes (Bariton), Gregorio Polvero, der Fehltritt Intercontemporain bereitet Srnka ein neues seiner Frau (Tenor), Mariano D’Albino (Bariton), Otto Stück für Sopran und Ensemble mit Texten Marvuglia, ein Zauberer (Bariton), Zaira, seine Frau (So- aus Jonathan Safran Foers Extremely Loud and Incredib- pran), Arturo Recchia, ein Überlebenskünstler (Tenor), ly Close vor (28.11.08). Amelia, ein krankes Mädchen, angeblich seine Toch- ter (Koloratursopran) Rückblick Orchester: 2 Flöten (2. auch Picc.), 2 Oboen (2. auch Eng- Miroslav Srnka war 2007 „Komponist für Heidelberg“. In lisch Horn), 2 Klarinetten in B (beide auch Bassetthör- diesem Rahmen wurden Reading Lessons für Orchester ner in F), Bassklarinette in B, 2 Fagotte (2. auch Kontra- und Kráter Brahms für Violoncello solo und Streichor- fagott) – 2 Hörner in F, 1 Trompete in C, 1 Posaune – Kla- chester uraufgeführt. +++ Das Ensemble Modern unter vier, Celesta, Harmonium (2 Spieler) – Harfe – Pauken der Leitung von spielte die Urauffüh- Schlagzeug (1) – Streicher (6 Violinen, 4 Violen, 4 Vio- rung von Les Adieux in der Alten Oper Frankfurt und in loncelli, 2 Kontrabässe) Köln. Eine weitere Aufführung erklang zur Eröffnung des Verlag: Bärenreiter Festivals ultraschall in .

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„Chlestakows Wiederkehr“, Giselher Klebes neue Im Tollhaus wird gelacht Oper nach Nicolai Gogols Komödie „Der Revisor“, Ein Gespräch mit Giselher Klebe über seine Oper wird am 11. April 2008 am „Chlestakows Wiederkehr“ uraufgeführt.

takte: Bei der Arbeit am Libretto haben Sie die originale Handlung von Gogols „Revisor“ deutlich verändert.

Giselher Klebe: Diese Notwendigkeit war mir schnell klar, weil mir insbesondere der Schluss des Schauspiels nicht gefiel.

Sie haben Ihrer Oper mit „Chlestakows Wiederkehr“ einen anderen Namen gegeben, was auf Veränderungen in der lite- rarischen Vorlage hinweist. Wie kam es zu diesem Operntitel?

Die Figur des Revisors als großer Täuscher war mir nicht allein ausschlaggebend. Ich sprach mit Peter Härtling über das noch unbetitelte Libretto und er schlug vor: „Nenn’ es doch einfach Chlestakows Wiederkehr, denn das ist das „Die ganze Welt ist ein Tollhaus“ Entscheidende in dem Opernstoff.“ Diesen Vorschlag habe ich aufgegriffen. dachte ich noch, ich werde das Ganze abschließen mit ei- nem Verdi-Boito-Zitat aus dem Falstaff: „Tutto il mondo è Durch die Nennung des Namens „Chlestakow“ im Titel er- burla“, aber ohne Schlussfuge! Die ganze Welt ist ein Toll- fährt das Publikum etwas von einer der Hauptpersonen: haus, das ist ein deutlicher Textbezug, aber natürlich zitie- Chlestakow, ein Schlitzohr, spielt seine ihm durch die Ver- re ich auch ein musikalisches Motiv aus dem Verdi-Schluss. wechslung zugewachsene Rolle als vermeintlicher Revisor Da der Chlestakow bei mir am Ende der Oper zurückkehrt, bereitwillig mit – zumal sie sich als einträgliches Geschäft bot sich die Gelegenheit, eine beginnende Liebelei mit der erweist und ihm auch den Zugang zu den höchsten Häusern Tochter des Bürgermeisters einzubauen. eröffnet, wo er als gute Partie entsprechende Chancen hat. Das Publikum bemerkt diese Verwechslung natürlich sofort, Das ist auch bei Gogol schon angelegt. die Einwohner der kleinen Stadt jedoch nicht, woraus sich wunderbare komödiantische Effekte ergeben. Ich habe dies schon im Original als „positiven Knackpunkt“ empfunden, aber im Textbuch noch stärker hervorgehoben. Der für mich entscheidende Punkt der von mir in einem kleinen Dreh veränderten Handlung: Die Leute in dem klei- Verdi war ungefähr in Ihrem Alter, als er den „Falstaff“, sei- nen Provinzstädtchen entdecken schließlich, dass sie sich ne heiterste Oper geschrieben hat. Auch Sie haben sich – ab- die ganze Zeit von einem falschen Revisor nasführen lie- gesehen von dem Einakter „Das Rendezvous“ – mit Ihrem ßen, der aber inzwischen abgereist ist, da er befürchten neuen abendfüllenden Werk erstmals einem heiteren Stoff musste, dass man ihm allmählich auf die Schliche kommt. zugewandt. Was ist an dem Heiteren so schwer, dass Sie sich Soweit Gogol. Ich lasse ihn jedoch zurückkommen – nach diesem Phänomen erst nach einer so langen Beschäftigung dem Motto: „Kinder, wir können uns doch alle zusammen- mit dem Genre „Oper“ zuwenden? tun, denn ich bin unterwegs dem echten Revisor begegnet. Mit dem werde ich schon fertig.“ Eine Hand wäscht die An sich ist Musik weder heiter noch traurig, sie ist – ganz andere. nüchtern formuliert – ein klingender Vorgang, der vielleicht Das Textbuch habe ich im Verhältnis zum Original sehr durch beigefügte Texte zu dem wird, das wir als „heiter“, stark zusammengestrichen und auch sprachlich vollkom- „traurig“ oder was auch immer bezeichnen. Warum es so men verändert. Mir kam dabei die Idee, etliche Gegenwarts- ist, vermag ich nicht zu beantworten, doch scheint es of- bezüge einzufügen. fensichtlich leichter zu sein, ein elegisches, trauriges Stück zu komponieren als ein heiteres. Das mag auch daran lie- Gleich zu Beginn ist von der „Stallpflicht“ für das Federvieh gen, dass es nicht so viele komponierbare heitere Texte gibt. die Rede, eine Vorsichtsmaßnahme, von der Gogol noch nicht Besonders hier muss man den gesungenen Text Silbe für wusste. Köstlich am Schluss die Kombination landläufiger Silbe verstehen können. Es gehört mit zu den schwersten Redewendungen mit begrenztem literarischen Wert: „Wir Aufgaben, einen Text so zu komponieren, dass er auch ge- werden das Kind schon schaukeln. Aber wir müssen es erst sungen verstanden werden kann. in trockene Tücher bekommen.“ – Das Zeitlose der Handlung deuten Sie im Vorspann der Partitur an: „Zeit: Postkutschen- Außerdem wird er bei der Musikalisierung zeitlich gedehnt. zeit, aber jederzeit möglich.“ – Es ist zweifellos leichter, einen Sänger mit Instrumenten zuzudecken als ihn im besten Wortsinn zu begleiten und Ja, es ist ein aktueller Stoff, weil solche Blendungen immer dabei durchzulassen. wieder vorkommen. Was mir auch sehr gefällt, dass man sich am Schluss zusammentut, um – wie man in Berlin sagt Auch wenn man ihn nicht zudeckt, kann man sich dennoch – zu versuchen, gemeinsam den Laden zu schmeißen. Dann leicht fragen, wozu denn überhaupt die Musik da ist. Eine

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Memento vivere Gerhard Wimberger wird 85 reizvoll-schwere Aufgabe besteht also darin, die Notwen- Die biographische Lebensmitte des Wieners Ger- digkeit der Musik immer zu beweisen und trotzdem den hard Wimberger (* 30. 8. 1923) ist die Stadt Salz- Text und seine Pointen wirkungsvoll zu transportieren. burg. Dort wirkte er als Dirigent, als Professor für Komposition sowie im Direktorium der Salzbur- Sobald dies funktioniert, erweist sich die Musik mit ihren auf ger Festspiele, wo er der Musik der Gegenwart den Text ausstrahlenden Perspektiven, Ausleuchtungen als Auftrieb verschaffte. notwendig – weil sie bereichernd wirkt. Hinzu kommt ne- In seinem professionell ausgestatteten Studio ben all den dramaturgischen Aspekten, den aufführungs-, nutzte Wimberger früher als die meisten Kom- bühnenpraktischen Gegebenheiten, die wiederum für das ponistenkollegen Synthesizer und Computer, Funktionieren einer Oper als Ganzes verantwortlich sind, der heute ergänzt von einem Notenprogramm. zeitliche Ablauf, überhaupt das „Timing“ im Kleinen wie im Wimbergers Musik ist aber alles andere als Großen: Wie lang muss bzw. darf beispielsweise die Musik synthetisch; er erstrebt „sinnlich erfassbaren sein, die zu einem bestimmten Ausschnitt aus der Handlung Klang, kein im Intellektuellen-Himmel schwe- erklingt? bendes Abstraktum“. Erfolgreich suchte er die Gerhard Wimberger Kommunikation mit dem Publikum. In früheren (Foto: Andreas Kolarik) Ich fand speziell diese Überlegungen beim Komponieren Werken finden sich Stilmittel des „cool jazz“, spä- von Opern immer mit am inspirierendsten. Prinzipiell gilt ter Titel wie Vagabondage für Bigband (1989), Parodisti- dies für jede Komposition, für Opern jedoch in besonderer sches, daneben beklemmende Lyrik (z. B. von Ulla Hahn) in Weise: Die Unterschiede im Tempo des Schreibens der Mu- konventioneller Besetzung. sik und die zeitlichen Abläufe bei der Aufführung sind halt Zentrale Bühnenwerke Wimbergers folgen literarischen sehr unterschiedlich, so sehr, dass man immer die Realisier- Stoffen: Fürst von Salzburg – Wolf Dietrich (1987), Paradou barkeit im Auge behalten muss. Dabei orientiere ich mich nach Émile Zola (1985). an den Möglichkeiten, von denen ich erfahrungsgemäß Fragen nach den „letzten Dingen“ bedrängen den Kom- ausgehen kann. Es ist nicht meine Art andere zu zwingen, ponisten in den letzten Jahrzehnten immer mehr, er fasst etwas zu realisieren, was wahrscheinlich unmöglich ist. sie in oratorische Mischformen. So vereint Memento vive- re – Fragen nach dem Tod (1974) Textzitate zum Sinn von Am Schluss des Gesprächs greift Giselher Klebe überraschend Leben und Tod, Texte „zwischen Hoffnung, Skepsis und Ver- zu seinem Portemonnaie, um mit großer Vorsicht ein schon zweiflung“ (Wimberger). leicht brüchig gewordenes Papier herauszuziehen. Auf dem Questio aeterna – Deus (2003) scheint hier gedanklich Zettel, den Klebe ganz offensichtlich schon seit vielen Jah- fortzusetzen, auch in der Musik. Das monotone d des ren bei sich trägt, ist eine Maxime des Komponisten Darius Schlusschores von „Memento vivere“ („Was kommt nach Milhaud zu lesen: „Das Wichtigste ist das Vitale, die Melo- dem Tod?“) greift am Beginn der Questio aeterna der Chor- die, die leicht zu behalten sein, gesummt und auf der Straße sopran auf: „Lobet im Himmel den Herrn“. Texte von Au- gepfiffen werden muss. Ohne dieses fundamentale Element gustinus über Nietzsche bis Karl Popper vertreten Gläubi- kann die Technik in der ganzen Welt nur ein toter Buch- ge, Skeptiker, Gotthasser aus zwei Jahrtausenden. stabe sein.“ Immer dominierender scheint Wimbergers Beziehung zur Sprache, die Auseinandersetzung mit universaler Geis- Das Gespräch fand am 13. Dezember 2007 statt, Gesprächs- tesgeschichte. Ein Blick auf Wimbergers Texte im letzten partner war Michael Töpel Lustrum: Es geht um die Ideologie vom „Neuen Musikden- ken“, die Freiheit des Glaubens, um Kritisch-Satirisches Giselher Klebe („Zur Nobelpreisrede von Elfriede Jelinek“). Chlestakows Wiederkehr Der neue Gast – ein Szenarium (2006) eröffnet ein neues (nach Gogols „Der Revisor”). literarisches Genre, den Roman. Das maskierte Böse tritt als Libretto: Giselher Klebe. „neuer Gast“ in unseren Alltag, hier in ein Kurheim. Uraufführung: 11.4.2008 2004 entstand die Kammeroper Heinrich und Kleist – Landestheater Detmold, Musik – Theater – Szenen für drei Schauspieler, zwei Sän- Musikal. Leitung: Erich ger und Instrumente – Originale Brieftexte, Buch Gerhard Wächter, Inszenierung: Wimberger. Eine Spurensuche entlang Kleists brieflicher Kay Metzger Zwiesprache mit der Gefährtin seines Todes. Sie schildert Weitere Aufführungen: Kleists seltsame Beglückung im Selbstmord als letzter 13., 18., 19.4., 14.5.2008 Trumpf des freien Willens gegen sein Schicksal. Leider noch Info: www.landestheater- unaufgeführt sind auch noch zwei weitere Werke: das detmold.de Tagebuch 1942 – Jochen Klepper für Bariton, Chor und Or- Verlag: Bärenreiter chester (1990/91) und Klangwege für Orchester (1999). Harald Goertz

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„Essay on Shadow and Truth“ nennt Charlotte Seither ihre Komposition für großes Orchester, de- ren erster Teil mit dem BBC Symphony Orchestra Schatten und Wahrheit London unter der Leitung von André de Ridder zur Charlotte Seithers neues Orchesterstück für Aufführung kam. Das gesamte Orchesterwerk wird London und Krefeld nun im April in Krefeld uraufgeführt.

„Zu Beginn eines Stückes steht für mich der ‚innere Raum’ entwickelt, bei der die Schlaginstrumente wie Vokalstim- als erste Vorstellung“, sagt Charlotte Seither auf die Frage men mit horizontal verlaufenden Linien behandelt werden, nach ihre neuen Orchesterstück Essay on Shadow and die genauso gestaltbar sind wie eine vokale Stimmführung. Truth. „Das ist nichts Architektonisches oder Dreidimensi- Ich verwende zum Beispiel die Pauke so gut wie nie punk- onales, sondern eher die Vorstellung, dass ein Ton eine zu- tuell in der Vertikalen, sondern fließend, indem ich ein sätzliche Dimension hat, die über Parameter wie Höhe oder umgedrehtes Becken mit der Öffnung nach oben auf sie Dauer hinausgeht – eine Art dritten Ort, den man den emo- legen lasse, das Becken wird dabei angedreht und gleich- tionalen Raum oder die Tiefe des Tones nennen könnte. Das zeitig das Paukenfell durch Pedalisierung in der Intonati- bringt natürlich das Problem der Notierbarkeit mit sich, on verändert. So wird das punktuell Perkussive der Pauke weil für mich das Notat immer nur eine Chiffre ist für ei- suspendiert, das normalerweise im herkömmlichen Or- nen Klang. Und dazu gehört sehr viel mehr als das, was ich chestersatz Interpunktionen bildet. Ich erreiche auf die- in einer Note kodieren kann, eben die innere Physiogno- se Art, dass die Pauke wie die erste Geigengruppe behan- mie oder Tiefe des Tones, eine andere Art der Psychologie.“ delt werden kann. So entstehen viele graduelle Verwandt- Für Essay on Shadow and Truth stand ihr das große ro- schaftsbeziehungen zwischen den Gruppen. Eine wichtige mantische Orchester zur Verfügung, also das hochdifferen- Korrespondenz erzeugt zum Beispiel die Windmaschine, zierte Potenzial dieses großen Apparats, der ja das Ergeb- die zur Verlängerung der Luftgeräusche der Bläser wird, nis einer langen Verfeinerung der klanglichen Möglichkei- sowie Spielzeugheulrohre, die als ,Piccolos‘ der Windma- ten ist. „Die Arbeit mit dem Orchester könnte für mich auch schine mit höheren Obertönen eingesetzt werden. Das ganz andere Formen hervorbringen, zum Beispiel würde heißt, dass ich Klangfarben gruppiere, die sich als graduel- ich gerne ein Stück schreiben, bei dem in jede Orchester- le Vergrößerung oder Verkleinerung zueinander beziehen gruppe Vokalstimmen integriert sind, ein Chor, der an die lassen, wie die Verbindung Bläserstimmen – Luftgeräusch Funktionalität der Instrumente angeglichen ist, in dem also – Windmaschine – Heulrohre. Entsprechende Korrespon- Vokalität und Instrumentalität zusammen einen Ver- denzen zu den Luftgeräuschen gibt es bei den Streichern.“ schmelzungsprozess eingehen, nur dass die Klangerzeu- gung halb instrumental, halb körperlich gestaltet ist. Oder Struktur des Ausatmens ein Orchester, in dem eine große Violagruppe als Schatten- gruppe in der Mitte sitzt und als Innenschatten eines Mez- Dieses Verfahren bringt bestimmte formale Konsequenzen zosoprans agiert, also eine Art Orchesterlied, in dem mit mit sich, die aus der Klangerzeugung unmittelbar resultie- einer Art Delaytechnik Nachhangsituationen geschaffen ren, wenn etwa der Ton der Windmaschine nur mit einem werden. Ich kann mir vorstellen, dass man Orchester auch Vorgang des langsamen Anschwellens erzeugbar ist. „Ich ganz anders definiert. Trotzdem bin ich bei jeder Mahler- habe mich in diesem Stück von einer konventionellen dra- sinfonie erneut zutiefst demütig, was ein Orchester leisten matischen Form gelöst und eher eine flache Struktur ge- kann. Mir persönlich kommt das Orchester sehr entgegen, schaffen, eine Struktur des Ausatmens oder Decrescendie- weil man Klänge synthetisieren kann, die man nicht erklä- rens über einen längeren Prozess, der dann von neuen Im- ren kann. Mir sagte jemand in London, dass es in dem neu- pulsen und Energie abgelöst wird. So besteht das Stück aus en Orchesterstück Momente gab, wo man eine ganze Wei- fünf Wellen, die alle in ihrer Grundphysiognomie ähnlich le dachte, Elektronik zu hören (die es in dem Stück nicht sind. Dramatisch sind diese Steigerungen nicht, auch wenn gibt), weil Lagen von Instrumenten miteinander ver- sie laut und komplex sind, denn sie werden immer konter- schmolzen sind, die sonst nicht miteinander kompatibel kariert. So habe ich bei den Wellen damit gearbeitet, dass sind. Was mich interessiert, sind Mischklänge, die sich aus auf der Ebene der Orchestration, Rhythmik, Energetik viele zwei, drei oder vier Komponenten zusammensetzen und Impulse frei gesetzt werden, dies aber auf der Schiene der die ich nicht erzeugen könnte, wenn ich nur eine Klangfar- Harmonik untergraben wird. Insgesamt hat es mich inter- be zur Verfügung hätte.“ essiert, eine Form von dreißig Minuten zu bauen, in der kein Dualismus, keine Höhepunktsdramaturgie und keine Komponierte Unschärfe Schwarzweißmalerei entsteht, die im Gesamten also fast statisch ist.“ Charlotte Seither vergrößert in Essay on Shadow and Truth Es entsteht eine naturhafte Organik in höchster Ereig- einen Effekt, der ohnehin das Orchester und große Appa- nisdichte, die von den Interpreten aus genau kalkulierter rate auszeichnet, nämlich den der Unschärfe, da es im Zu- Ungenauigkeit und spielerischer Offenheit erzeugt wird sammenwirken von großen Klangkörpern niemals abso- und mit der Charlotte Seither eine eigene Art der Zeitwahr- lute Gleichzeitigkeit oder Einstimmigkeit gibt. Der Effekt nehmung anstrebt, die eben nicht zielgerichtet ist: eine Hör- der Unschärfe wird in dieser äußerst präzisen Partitur auf haltung, in die sich der Zuhörer begibt und sich darin be- verschiedenen Ebenen erzeugt bis hin zu aleatorischen findet, ohne einen zwingenden Ablauf zu verfolgen. In der Spielweisen, in denen Offenheit und Modulation zum Prin- Fülle der Ereignisse dürfte der Hörvorgang eine ganz eige- zip erhoben sind. ne Art von Spannung und Aufmerksamkeit erzeugen: Und Ein weiteres Mittel: Das Schlagzeug wird so behandelt, der Titel: Shadow and Truth – Schatten und Wahrheit? „Ein dass es in bestimmten Klanglichkeiten agiert und anderen schräger Gegensatz, der verschiedene Kategorien in einen Orchestergruppen zugeordnet ist. „Ich habe eine Rhetorik schiefen Winkel zueinander setzt.“ Marie Luise Maintz

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Charlotte Seither Essay on Shadow and Truth für Orchester (2007) Uraufführung: Krefeld 29.4.2008: Niederrheinische Sinfoniker, Leitung: Graham Jackson Orchester: 3 (2. auch AFl, 3. auch Picc), 2, Eh, 2, BKlar, 2, Kfag – 4, 3, 3, 1 – Pk, Schlg (4) – Hfe – Str (mindestens 12, 10, 8, 7, 5) / ca. 30 Minuten Verlag: Bärenreiter (Auffüh- rungsmaterial leihweise)

Charlotte Seither – aktuell

Ausblick Beim „Forum Neue Musik“ des Deutschlandfunks Köln wird ein Never real, always true für Akkordeon solo von Margit Kern uraufgeführt (5.4.08). +++ Bei der Bi- ennale München wird an drei Abenden die One- woman- von Cornelia Melian dargeboten (25.– 27.4.08). +++ In Krefeld kommt die neue Orchesterkom- position Essay on Shadow and Truth durch die Nie- derrheinischen Sinfoniker unter der Leitung von Gra- ham Jackson zur Uraufführung. (29.4./2.5. Krefeld, 30.4./1.5.08 Mönchengladbach). Die Rundfunkübertra- gung im DLF ist für den 7.5.08 geplant. +++ Charlotte Seithers Der helle Rand von Furcht und Erwachen, als Teil des Musiktheaterprojekts Rotkäppchen, lauf in Osnabrück uraufgeführt und im Anschluss beim ADE- vantgarde-Festival in München gespielt, ist in dieser Spielzeit am Staatstheater Kassel zu erleben. +++ Char- lotte Seither leitet und gestaltet Workshops u. a. an der Landesmusikakademie NRW in Heek, bei Jeunesses Musicales auf Schloss Weikersheim, der Musikakade- mie Oer-Erckenschwick des Landesmusikrats NRW und der Landesmusikakademie Berlin.

Rückblick Charlotte Seither hat den ZONTA-Komponistinnen- preis 2007 erhalten. Er wurde am 10. Januar 08 im Rah- men eines Porträtkonzerts in der Universität Witten- Herdecke verliehen, wo sie als „ in residence“ arbeitet. +++ Das BBC Symphony Orchestra unter der Leitung von André de Ridder führte Charlotte Seithers Essay on Shadow and Truth (Chapter I) in London auf. Im gleichen Konzert erklang auch Gran passo für Klavier, gespielt von Mark Knoop (16.11.07). +++ Die BBC Singers führten in London in einem Konzert in St. Gi- les in the Barbican Hall All’ aperto für 16-stimmigen Kammerchor unter der Leitung von Celso Antunes auf (21.2.08).

Partiturausschnitt aus „Essay on Shadow and Truth“

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Nachdem im Februar Matthias Pintschers Orchester- stück „Osiris“ durch Pierre Boulez in Chicago urauf- Der unergründliche Raum geführt wurde, erlebt sein drittes Musiktheater Matthias Pintschers „L‘espace dernier“ und „L’espace dernier“ im Mai in Frankfurt seine Deut- „Osiris“ sche Erstaufführung in konzertanter Form.

„Seit den allerersten kompositorischen Schritten setze ich sein dichterisches Schaffen schon als 18-Jähriger abge- mich mit dem dichterischen Werk von Arthur Rimbaud und schlossen. Er starb im Alter von 37 Jahren in Marseille an seinem Leben auseinander … Die Erregung im ersten Mo- den Folgen einer Beinamputation, nachdem er als Hand- ment der Begegnung mit seiner Dichtung ist bis heute un- lungsreisender in Afrika unterwegs gewesen war. In Pint- gebrochen“ schreibt Matthias Pintscher 2001 an Hans Pe- schers Musiktheater tritt Rimbaud selbst nicht auf, sondern ter Jahn und spricht dann von der immer neuen Beschäfti- ist in seiner Dichtung präsent sowie in Zeugnissen von ihn gung mit Rimbaud unter anderem in den Werken des Zy- umgebenden Menschen, wie seinem afrikanischen Diener klus Monumento, und besonders mit dem Gedicht Départ und Gefährten Djami, seinen Schwestern Vitalie und Isa- aus den Illuminations. „Ein Text spiegelt sich in einem ihm belle, seiner Mutter. jeweils zugeordneten Raum. Der Text wandert von Stück In dem großen musikalischen Gebäude, das Matthias zu Stück und so auch von Raum zu Raum …“ erläutert Mat- Pintscher imaginiert, mit zwei Schauspielern („Die Frau“, thias Pintscher diese immer neue Auseinandersetzung. „Der Mann“), einer Sängerbesetzung aus je einem Kolora- „Der Raum“ wird in der bislang größten Auseinanderset- tur- und lyrischen Sopran, dramatischen Mezzosopran, ho- zung mit Rimbauds Gedicht Départ gleichsam zur Titel ge- hen Tenor und Bassbariton sowie 16 Vokalsolistinnen, ei- benden Klammer: Für sein Musiktheater L‘espace dernier nem Orchester, das in drei Gruppen aufgeteilt ist, weiteren „en quatre parties sur textes et images autour d’œuvre et räumlich gruppierten Instrumenten und Live-Elektronik, de la vie d’Arthur Rimbaud“, 2002 bis 2003 komponiert und geht es um die akustische Tiefendimension von musikali- 2004 an der Opéra Bastille in Paris uraufgeführt, schuf Pint- schem Material. Die Gegenständlichkeit von Sprache und scher ein detailliertes Szenario aus Texten, Körper-, Raum-, gesungenem Wort wird in die komplexe Klanglichkeit der Bewegungs- und Lichtvisionen, mit denen er die Texte über Partitur transformiert und wiederum in die räumliche Per- die musikalische Realisierung in die Tiefe des Raumes pro- spektive übertragen. Die rätselhafte Persönlichkeit des jizierte: eine perspektivische akustische Auslotung eines Dichters wird in eine enigmatische Klangkomposition von Theaterszenariums, die in den konzertanten Aufführungen höchster Faszination umgesetzt – in Klangschöpfungen wie im Großen Saal der Alten Oper Frankfurt und in der Kölner dem „Textgewitter“ der Vokalsolistinnen im zweiten Teil, Philharmonie (wo Pintscher in dieser Spielzeit „Composer „ein sich allmählich aufbauender, verdichtender und sich in residence“ ist) zu einem besonderen Erlebnis werden steigernder Flüsterchor“ oder dem dramatischen Höhe- dürfte. punkt eines musikalischen Infernos der „Saison d’enfer“ im dritten Teil. All das reflektiert das Verlorensein, das obses- „Das blaue Schweigen“ sive Getriebensein dieser Künstlerpersönlichkeit und vielleicht die Trauer darüber: „Et l’horizon s’enfuit dans une Der ideelle Raum, von dem Matthias Pintscher sein Musik- fuite éternelle …“ – Und der Horizont flieht in einer ewigen theater ausgehen lässt, ist der „letzte“, der „unergründliche“ Flucht …“ lässt Pintscher den Diener Djami sprechen – ein – vielleicht das Todeszimmer des Dichters. „Pourquoi l’azur Bild, das wiederum auf die Unendlichkeit des imaginier- muet et l’espace insondable“ beherrscht als Textzeile den ten, unerforschlichen Raumes anspielt und von dem wir ersten Abschnitt des vierteiligen Werkes. Rimbaud hatte in Pintschers Werk eine hörbare Vorstellung vermittelt be- kommen.

Osiris

Während im deutschsprachigen Raum die Deutsche Erst- aufführung von L’espace dernier ein wichtiges Ereignis im Kalender des vielbeschäftigten Bärenreiter-Komponisten ist, zieht die Uraufführung von Osiris, Matthias Pintschers neuer Komposition für großes Orchester, international viel Aufmerksamkeit auf sich. Eine erste Reaktion aus Chicago vermittelt Bewunderung angesichts des Werkes, das Pintscher dem Uraufführungsdirigenten und Mentor Pierre Boulez gewidmet hat. „In dem 23-minütigen Werk erzählt Pintscher die Geschichte von Osiris und macht sie zugleich in musikalischer Figuration erlebbar. Hohe ge- stopfte Trompeten und ein tiefe Kontrabassklarinette spielen Linien wie ein Dialog, während vielfach geteilte Streicher (jeder Spieler hat eine eigene Stimme) eine Art streng regulierter Wasserstrudel darunter schaffen. Pint- scher ist ein erstaunlicher Kolorist. Er lässt die Musiker in fremden Spielweisen agieren, doch die Ergebnisse sind Mit „Osiris“ um die Welt: Pierre Boulez und Matthias Pintscher, hier in sowohl fesselnd als auch brillant“ schreibt Andrew Pat- New York (Foto: Jennifer Taylor) ner in der Chicago Sun.

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Osiris ist eine Co-Commission des Chicago Symphony Orchestra und des London Symphony Orchestra, das am Matthias Pintscher – aktuell 7. und 11. Mai in Brüssel und London unter Pierre Boulez die Ausblick europäischen Erstaufführungen spielen wird. Die ersten europäische Aufführungen von Osiris spielt Marie Luise Maintz das London Symphony Orchestra unter Pierre Boulez in Brüssel und London (7/11.5.08). +++ Matthias Pintscher hat den Auftrag erhalten, ein Neues Werk zur Eröffnung der neuen Elbphilharmonie Hamburg zu schreiben, das „Osiris“ in Chicago und New York – Pressestimmen im September 2010 von den Philharmonikern Hamburg unter der Leitung von Simone Young uraufgeführt wer- It requires more than a single hearing to fully discern the den wird. +++ In Kopenhagen dirigiert Matthias Pintscher score’s structural ingenuity. But „Osiris“ is extraordinarily beim DR Radiosymfoniorkestret eines seiner Orchester- well-made music that reveals real harmonic integrity be- werke (17.4.08). +++ Anders Nyqvist spielt die Urauffüh- neath its glistening, whispering surfaces. Pintscher savors rung von Shining forth for trumpet bei den Wittener delicate restraint, exults in coloristic subtlety. Tagen für Neue Kammermusik (26.4.08). +++ Die Oper Boulez conducted a performance of such punctilious Frankfurt wird die deutsche Erstaufführung des Musik- order that he might have composed „Osiris“ himself. Pint- theaters L’espace dernier unter Paolo Carignani konzer- scher, who shared in the applause, is a distinctive musical tant in der Alten Oper Frankfurt und in der Kölner Phil- voice who merits the acclaim he’s been getting in many harmonie präsentieren (17./18.5.08). +++ Beim Heidelber- quarters of the music world. ger Frühling 2008 ist Matthias Pintscher Künstlerischer John von Rhein / Chicago Tribune 23.2.2008 Leiter des Heidelberger AteliersAteliers, bei dem Neue Musik in Konzerten, Vermittlungsprojekten und Komponisten- Matthias Pintscher, one of the major international success workshops vorgestellt wird (2.–8.4.08). In der Spielzeit stories among young , had his “Osiris” performed 2007/08 ist Matthias Pintscher Composer in residence at the start of Monday’s concert. A little over 20 minutes der Kölner Philharmonie, in der folgenden Spielzeit long and in one continuous movement, “Osiris” plays out 2008/09 Artist in residence beim RSO Stuttgart des SWR. like an encyclopedia of orchestral possibility. One short +++ Das BBC Symphony Orchestra unter Kazushi Ono episode after another explores combinations of sound. The wird in London die Musique de „L’espace dernier“ pour title explains the process: Osiris is the Egyptian god pulve- deux solistes, ensemble vocal et orchestre urauffüh- rized in an act of fratricide and later reassembled fragment ren (8.10.08) +++ Auf einer neuen EMI-CD spielt by fragment by his sister-wife Isis. Emmanuel Pahud zusammen mit dem Radio France PO Noteworthy are the variety, brevity and sheer number Pintschers transir für Flöte und Kammerorchester. of musical ideas. If Carnegie Hall were a restaurant, “Osi- Rückblick ris” would be like a tasting menu of considerable length: a Pierre Boulez dirigierte in Chicago die Uraufführung von high-end chef tweaking the imagination with unlikely and Osiris mit dem Chicago Symphony Orchestra und Folge- startling combinations of ingredients. Brass and mallet per- konzerte in New York (21.–25.2.08). +++ Zur Eröffnung des cussion are given florid solos. Mr. Pintscher’s chain of events ultraschall festivals in Berlin dirigierte Matthias Pint- sometimes dawdles along, sometimes grows into great scher das Deutsche Symphonie Orchester, bei der tran- angry climaxes. sir erklang (20.1.08). +++ Bei musica viva München wur- Bernard Holland / New York Times 28.2.2008 den die Hérodiade-Fragmente von der Deutschen Radio Philharmonie Kaiserslautern unter Christoph Poppen Even with a limited knowledge of this composer’s other aufgeführt (8.2.08). +++ Konzerte mit dem Ensemble Mo- scores, many of them generated by poets, artists, and wri- dern dirigierte Matthias Pintscher in Köln und Frankfurt, ters who dealt with similar colorful subjects, one can see bei denen u. a. nemeton, The Garden und verzeichnete why Osiris would appeal to Pintscher, not only for the spur aufgeführt wurden. (25./28.11.07) +++ Das Ensemble legend’s slightly lurid overlay of melodrama but also for Modern Orchestra unter der Leitung von Pierre Boulez its intriguing imagery of a unity that undergoes fragmen- führte towards Osiris (2006) in Paris, Amsterdam, Frank- tation, disintegration, and eventual reconstruction — an furt, Berlin, Baden-Baden und Köln auf. +++ Das Cleve- inherently musical process that opens endless possibili- land Orchestra unter seinem Chefdirigenten Franz Wel- ties. A first hearing without a score can only communica- ser-Möst war mit den Fünf Orchesterstücken in Cleve- te a rough idea of Pintscher’s methods, but even at that land, New York, Brüssel und Köln zu erleben. Die New York attention is firmly held by the music’s sure dramatic pa- Times fand Matthias Pintschers Stücke „strikingly well cing, canny thematic metamorphoses and sheer instru- made“. +++ Seit 2007 ist Matthias Pintscher Professor für mental fantasy, not to mention Boulez’s magisterial com- Komposition an der Hochschule für Musik und Darstel- mand of a virtuoso orchestra. lende Kunst in München. Peter G. Davis / Musical America 27.2.2008

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Über das Vergessen Beat Furrers neue Klangraumerforschungen

Nachdem sein Klavierkonzert in Köln, Paris und München viel Aufmerksamkeit auf sich gezogen hat, „ein dramati- Beat Furrer – aktuell sches, spannungsvolles, fast unheimlich hintergründiges ‚Doppel‘“, wie Gerhard Rohde schrieb, arbeitet Beat Furrer Ausblick an mehreren Kompositionen und einem neuen Musikthe- Der Heidelberger Frühling präsentiert in einem Ge- ater. In lotófagos II entwickelt er in Zusammenarbeit mit sprächskonzert Kammermusik (8.4.08). +++ Für das dem Pariser IRCAM seine Raumklangforschungen weiter Festival Agora in Paris komponiert Beat Furrer lotófa- und schreibt zugleich ein Stück über das Vergessen. FAMA, gos II für zwei Soprane, Instrumente und Elektronik sein Hörtheater über den Widerhall von Erinnerungen und (20.6.08). +++ FAMA wird bei den Salzburger Festspie- Geschichten, wird bei den Salzburger Festspielen und len vom Klangforum Wien (10.8.08) aufgeführt, die erstmals in Berlin zu hören sein. Berliner Erstaufführung veranstaltet die Deutsche Die Lotosfresser – Lotófagos – so nannte Beat Furrer 2007 Staatsoper Unter den Linden in ihrer Spielstätte „Ma- seine Komposition für Sopran und Kontrabass, in der es um gazin“ (4.9.08). +++ Beat Furrer ist einer der Kompo- nisten, die an dem Großprojekt „into ...“ Komposito- rische Annäherungen an Istanbul, Dubai, Johannes- burg und Pearl River Delta des Ensemble Modern und Siemens Arts Program in Zusammenarbeit mit dem Goethe-Institut mitwirken.

Rückblick Die Uraufführung des Konzerts für Klavier und Or- chester spielte Nicholas Hodges mit dem Sinfonieor- chester des WDR unter der Leitung von Peter Rundel. Eine eigene Fassung für Klavier und Ensemble führte das Ensemble Intercontemporain unter Leitung des Komponisten auf (12.1.08). +++ Die italienische Erstauf- führung von canti notturni wurde zusammen mit still vom Orchester der RAI Turin gespielt (28.1.08). +++ FAMA setzte seine erfolgreiche Aufführungsfolge in In Paris bei der Uraufführung von Philipp Maintz’ océan und Beat Furrers Konzert für Klavier und Ensemble mit dem Ensemble Moskau und Madrid fort. Intercontemporain: Die Sopranistin Marisol Montalvo mit Beat Furrer und Philipp Maintz (Foto: Arnfried Zerche) Philipp Maintz – aktuell einen Zustand der Erinnerungslosigkeit geht, in Anspielung an die Gefährten des Odysseus, die Lotos aßen, um zu ver- Ausblick gessen. „Wir waren in einer Wüste, umgeben von unserem Philipp Maintz bereitet eine neue Orchesterkomposi- eigenen Bild, das wir nicht wieder erkannten. Wir hatten tion vor: archipel. musik für großes Orchester wird die Erinnerung verloren ...“ hieß es dort bei José Angel Va- in seiner Heimatstadt Aachen vom Sinfonieorchester lente. Thema ist das Hinübergleiten in einen „anderen“ Aachen unter der Leitung von Marcus R. Bosch urauf- Zustand, den man vielfach umschreiben kann: als das Frem- geführt (22./23.10.08). +++ In Paris wird in einem „Con- de, die Vergessenheit, die Wüste, den Tod. In lotófagos II für cert franco-allemand“ in der Halle Saint Pierre NAHT zwei Soprane, Instrumente und Elektronik, das Beat Furrer (yo no pido a la noche explicaciones) vom Ensemble für das Pariser Festival „agora“ im Juni 2008 komponiert, multilaterale gespielt (19.6.08). +++ Die Komposition wird es auch um die Erinnerung gehen. Eines der besonde- ferner, und immer ferner für Orgel solo wird Eckhard ren klanglichen Phänomene, mit denen Beat Furrer hier ar- Manz in der Frankfurter Katharinenkirche in einer beitet, entsteht in Zusammenarbeit mit dem Pariser IRCAM: Neufassung uraufführen (10.8.08). +++ Bei Musik der Schon seit mehreren Jahren arbeiten verschiedene Klang- Zeit des WDR in Köln wird das Absolut Trio tourbillon. labors an der sogenannten „Wellenfeldsynthese“, einer musik für violine, violoncello und klavier zur Urauf- neuartigen, quasi holografischen Beschallung, die eine lü- führung bringen (22.11.08). ckenlos gleitende, dreidimensionale Darstellung von Klän- gen im Raum ermöglicht. Beat Furrers lotófagos II gehört Rückblick zu den ersten größeren Kompositionen überhaupt, die sich Das Ensemble Intercontemporain spielte unter Leitung diese Technik zunutze machen. Neben anderen Werken ist von Beat Furrer die Uraufführung von océan. musik als nächstes großes Projekt das Musiktheater Wüstenbuch für sopran, großes ensemble und live-elektronik mit in Arbeit, das nach einem Libretto von Händl Klaus im April Marisol Montalvo als Solistin (12.1.08). +++ Die italie- 2009 im Theater Basel in Kooperation mit den Wiener Fest- nische Erstaufführung von gelände/zeichnung spielte wochen, dem Festival d’Automne Paris und der Maerz Maria Grazia Bellocchio in Mailand (15.2.08). Musik Berlin uraufgeführt wird. Marie Luise Maintz

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Don Quijote, Peter Pan, eine römische Märtyrerin und Ostersequenz und eine amerikanische Prostituierte sind nur einige der Figuren, die in den Werken der italienischen Kom- Kindermusiktheater ponistin Roberta Vacca auftauchen. Vielfältig sind Die italienische Komponistin Roberta Vacca ihre Stoffe und ihre musikalischen Mittel.

Roberta Vacca (* 1967) studierte Komposition zunächst bei terns, so dass ein außergewöhnlicher Klaviers- Matteo D’Amico und Mauro Cardi in L’Aquila. Ein Aufbau- atz entsteht. Sus-Round (2007) greift einige Har- studium bei Azio Corghi in Rom schloss sich an. Die ästhe- monien aus einer Klavieretüde Ligetis auf. Mit tische Übereinstimmung, die sie mit so unterschiedlichen Corda barocca (2004) versucht sie, den Klang des Komponisten wie Kaija Saariaho und Ivan Fedele entdeck- Klaviers in den Klang einer Sitar zu transformie- te, trug zu einer Weiterentwicklung ihres kompositorischen ren. Dafür verwendet sie eine kleine Metallket- Handwerks bei, ohne dass ihr spielerischer Ansatz beim te, die sie auf den Saiten platziert. Begleitet wird Komponieren davon beeinträchtigt wurde. Ihre Kreativität dies von einem Ostinato gestimmter Trommeln, entzündet sich häufig an lebendigen Klangvorstellungen, deren Klang sie durch die Präparation einiger tie- literarischen Anregungen und surrealen Wortspielen, so fer Saiten mit Radiergummis nachbildet. dass ihre Musik stark von fantastischen und theatralischen Wichtige kammermusikalische Werke sind Komponenten geprägt ist. Der Umgang mit Texten, der Ein- Baby Blues (2002) für Klarinette, Perkussion und satz der gesprochenen oder gesungenen Stimme gehört zu Klavier, Sextans Uraniae für Flöte, Perkussion den wichtigsten Triebfedern ihrer Arbeit. und Elektronik sowie …Insistevi leggera… für So verwendete sie Lewis Carrolls Text Through the Ensemble. Looking-Glass (Alice hinter den Spiegeln) für ihre Kompo- Zu den bedeutenden Orchesterwerken gehören Le stan- sition Days of light (2000) für Sopran, Streichtrio und Kla- ze della Luna (2002), Il canto muto und Trave Barocca, des- vier und übertrug dabei die sprachlichen Assonanzen des sen Titel ein Anagramm des Namens der Komponistin ist. Vokalparts auf die Musik. Roberta Vacca konzentriert sich in ihrer Arbeit besonders Die Texte der Nonne Suor Maria Crocifissa, die sich durch auf Musiktheaterwerke für Kinder. Mit der Absicht, Kinder die plastische Kraft ihrer Bilder auszeichnen, dienten als auf spielerische Weise an klassische Musik heranzuführen, Basis für den Melolog Relazioni (1999) für zwei Schauspie- gründete sie 1995 gemeinsam mit Paola Campanini die lerinnen und Klavier. Theatergruppe Burattinmusica, die mit Formen des musi- Die Memoiren von Nell Kimball, einer amerikanischen kalischen Puppentheaters für Kinder experimentiert und Prostituierten des 19. Jahrhunderts, bildeten das narrative z. B. eine Bearbeitung von Strawinskys Petruschka auf die Material sowohl für Intimorosamente (2001) für Schauspie- Bühne brachte. lerin, Altsaxophon, Violine, Violoncello und Perkussion als Die Kinderoper C’era una volta … la principessa dispet- auch für die „elektronische“ Oper American Dreams (2007), tosa entstand als Gemeinschaftswerk mehrerer Komponis- in der die rohen, mitleiderregenden Beschreibungen Kim- ten und wurde im Jahr 2000 bei einer von der Accademia balls mit Gedichten von Emily Dickinson verflochten sind. Nazionale S. Cecilia organisierten Konzertreihe für Kinder Persönliche Aufzeichnungen der Komponistin über den uraufgeführt. Ebenfalls in diesem Rahmen kam 2003 Il Qua- tragischen Anschlag auf die Zwillingstürme des World derno Di Musica Di Maddalena zur Aufführung, eine Oper, Trade Center wurden zur Grundlage von Uno (2001) für die in der Welt der Zwerge spielt und in deren Partitur auch Sopran und Streichorchester. Musik von J. S. Bach eingearbeitet ist. Eine weitere dramatische Geschichte einer Frau, der rö- Im Jahr 2004 komponierte Roberta Vacca gemeinsam mischen Märtyrerin Santa Cecilia, inspirierte Eya (2002), ein mit Mauro Cardi Trash, eine „musicalopera“, die zahlreiche umfangreiches Fresco für gemischten Chor und Orchester. Stilepochen von der Gregorianik bis zum Rock durchquert. Die Vorstellung unterdrückter Vitalität wird hier mit ver- Sie erzählt die Geschichte von drei Straßenkehrern, die mit schiedenen musikalischen Mitteln umgesetzt: Der Text Müll spielen und sich Instrumente aus Tetra-Paks, Plastik- wird fragmentiert, die Stimmen flüstern Silben, Wörter sind schläuchen und Blechdosen bauen. auf ihre Phoneme und deren spielerische Rhythmik (rrrd, Im Jahr 2000 gewann Roberta Vacca den Premio Cemat n-n-n, t-t-t) reduziert, auf Emissionen von Atemluft, auf er- mit der Projektidee für ihre Oper Gattomachia (2001), frei stickte Schreie. nach Lope de Vega. Im Zentrum der Erzählung, die sich auf Von einer ebenso starken Imaginationskraft sind auch das berühmte Katzenduett (Duetto buffo di due gatti) von Vaccas Instrumentalkompositionen geprägt, in denen sie Rossini bezieht, stehen die Liebesangelegenheiten zweier sich häufig auf musikalische Traditionen bezieht. Vor al- Katzen. Hier werden die Kinder direkt in die Aufführung ein- lem in ihren Klavierwerken neigt sie dazu, musikalische bezogen, als Perkussionsinstrumente dienen Küchengeräte. Strukturen als geometrische Formen zu organisieren. Dabei Zu Vaccas neueren Kinderopern gehören Avventure Di erkundet sie die Möglichkeiten des Instruments in seiner Don Chisciotte, Ah! Alice und Peter Pan, an der auch ein Rap- Gesamtheit und schließt dabei auch die Besaitung und den Musiker beteiligt ist. Besonders erfolgreich war die heitere Korpus ein. Komödie Chi rapì la topina Costanza?, eine Oper nach Mo- In der Komposition De-Sequentia (1999) über die Oster- zarts Entführung aus dem Serail, deren Figuren jedoch in sequenz Victimae paschali laudes geht sie spielerisch mit Mäuse verwandelt sind. Gianluigi Mattietti der Überkreuzung der Hände und den Resonanzen der (Übersetzung: Christine Anderson) Obertöne auf den Saiten um. In Nomen (2003) beschäftigt sie sich mit den Intervallen der Septime, die sich aus der Information: Die Kompositionen Roberta Vaccas erscheinen Zelle B-A-C-H gewinnen lassen, und arbeitet mit einer kom- bei RAI Trade, Vertrieb in Deutschland und der Schweiz: plexen Verflechtung rhythmischer und melodischer Pat- Alkor-Edition, in Osteuropa: Editio Bärenreiter Praha.

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„Ein Stück über einen, der sich an die Stromquelle ,Geschichte‘ anschließt, zum Schluss abgeschaltet wird und neben einer Stehlampe sitzt und ins Dunk- Ein Leben in Deutschland le sieht. … Ein langer Tod, ein schnelles Leben. Bio- Torsten Raschs Oper „Rotter“ nach dem Stück von graphie als Arbeitsfeld für Geschichte und Bühne.“ Thomas Brasch in Köln Thomas Brasch

ERSTER AKT, I – Weimarer Republik, chaotische Verhältnis- se, Wirtschaftskrise! Ein Fleischer und sein Kunde bejam- mern Deutschland. Der Fleischerlehrling Rotter zerlegt ein Schwein und beklagt sein junges Schicksal und die schlech- ten Aussichten. Sein Messer trifft die eigene Pulsader. – Ster- ben als Lösung? Da kommt Lackner, der Gegenspieler und Individualist, Dieb und Frauenheld, ausgehungert und müde nach zuviel Sex. Er will Fleisch, umsonst natürlich; Rotters Probleme interessieren ihn nicht. Rotters Kampf- ansage: „Dein Leben gegen meins.“ Er wird entlassen.

II – Rotter, jetzt im Braunhemd, erzählt seinen Freunden von der grandiosen Beisetzung des Reichspräsidenten Hinden- burg. (Danach wurde „Führer“ Hitler Staatsoberhaupt.) Sie plündern ein jüdisches Geschäft. Dessen Inhaber glaubt Ein deutscher Mann. „Rotter“ in Köln (Foto: Klaus Lefebvre) noch, dass die Polizei ihm hilft.

III – Rotter und die junge Elisabeth: sie will ihn ins Bett lo- kleidern. Ein Deserteur? Ab an die Wand! Lackner schreit: cken, sie bittet, zieht sich aus. Er erzählt seinen Traum, in der Krieg ist aus, und Rotter räumt schon Trümmer auf. Die dem die Angebetete ein Kaninchen ist. Elisabeth bekommt Soldaten erschießen sich gegenseitig, und Lackner stiehlt Angst. sich, wie immer, davon. Die „Alten Kinder“ rufen nach Rot- ter. IV – Ein Bahnhof und viel Abschied: die Männer gehen in den Krieg, auch Rotter, gerade mit Elisabeth verheiratet. Trä- ZWEITER AKT I – Ein neues Deutschland wird aufgebaut, nen und Rührung bei seiner Mutter, seiner alten Lehrerin und Rotter singt ganz vorne mit im Chor! Fräulein Berthold und seinem Ausbilder. Viel Alkohol bei Herrn Maschke. Lackner kommt aus dem Gefängnis nach II – Elisabeth hütet Kinder. Kein eigenes dabei; der Ehemann sechs Jahren, er hat nur noch ein Auge und Wut gegen Rot- ist auch nicht da, der schreibt nur Briefe von Baustellen der ter, der ihn denunzierte. Rotter wird wütend, denn Elisa- DDR und Mutter Rotter liest sie vor. beth hat mit Lackner geschlafen. Da war doch eine Schwan- gerschaft, wer war der Vater? Schlägerei. Übrig bleiben die III – 17. Juni 1953. Eine Baustelle. Auch Lackner beim Bau des Lehrerin und der blutende Rotter. Schornsteins, aber gezwungen „auf Bewährung“. Er hört Radio: „STREIK“ in Berlin! Für Lackner auch keine Lösung: V – Es ist Krieg! Drei Soldaten halten ihre Stellung und war- „Der alte Hut auf eine neue Glatze. Freiheit im Leistungs- ten auf Rotter. Plötzlich Stille. Lackner kommt in Frauen- lohn, ha, ha.“ Streit unter den Arbeitern, ob man mitmacht oder nicht? Rotter, der Baustellenleiter und Funktionär, will Torsten Rasch Ordnung schaffen. Sie mauern ihn ein und streiken mit. Nur Rotter Lackner geht den eigenen Weg. Rotter träumt im Schorn- Oper in zwei Akten stein. Die „Alten Kinder“ befreien ihn. Am nächsten Mor- Libretto von Thomas Brasch, bearbeitet von gen haben russische Panzer die Ordnung wieder hergestellt. Katharina Thalbach und Christoph Schwandt Uraufführung: 23.2.2008 Oper Köln, Musikal. IV –1961: Deutschland wird geteilt. Elisabeth ist 48 Jahre alt Leitung: Hermann Bäumer, Inszenierung: und gibt Rotter die Urne mit der Asche seiner Mutter. Rot- Katharina Thalbach ter hätte eine schöne Drei-Zimmer-Wohnung. Es ist zu spät. Orchester: Picc, 1, AFl, 2, Eh, Es-Klar, 2, BKlar, 2, Elisabeth fährt wieder ab. Kfag – 4,3,3,1 – Pk, Schlg (2) – Akk – Ham, Cel, Hfe – Str V – Zehn Jahre später. Rotter wird gefeiert, ist „Held der Ar- Personen: Rotter (Bass-Bariton), Fleischer/ beit“. Orden und viel Wodka. Lobeshymnen und dann: „Rot- ter, du bist jetzt im Ruhestand!“. „Nein“, schreit da der alte Torsten Rasch Kunde/Maschke/Polizist (Tenor), Lackner (Te- (Foto: Klaus Lefebvre) nor), Stridde/Tetzner/2. Arbeiter (Bariton), Rotter, betrunken und verrückt und bricht zusammen. Ehm/Kutz/3. Arbeiter (Bass), Rotmaler/Der Vorsitzende (Bass), Elisabeth (Mezzosopran), Frau Rotter VI – Im Niemandsland. Es geht ans Sterben. Noch einmal (Alt), Fräulein Berthold (Koloratursopran) Lackner. Zwei alte Männer und ein kleiner Frieden kurz vor Verlag: Faber Music, Vertrieb: Alkor-Edition Schluss. Geister, Erscheinungen, und Rotter sieht sich end- lich ins Gesicht.

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Michael Jarrell arbeitet mit exquisiten Klang- schichtungen. Durch eine ständige Erweiterung und Überarbeitung entstehen Werkzyklen, die unver- Bebungen kennbar die Klangsprache des Schweizers sprechen. Neue Werke von Michael Jarrell Ein Bericht über seine neuesten Kompositionen.

Es bleibt eine zitternde Bebung … von Michael Jarrell ist ein Auftragswerk des WDR Köln (mit Unterstützung der Stif- tung Pro Helvetia) und kam am 1. November 2007 in der Kölner Philharmonie zur Uraufführung. Der Untertitel Nachlese III weist darauf hin, dass das Werk zu einem Zy- klus gehört. Dessen Ausgangspunkt ist Michael Jarrells vor nicht langer Zeit komponiertes Stück Nachlese für Streich- quartett, das im August 2007 im Rahmen des Lucerne Fes- tival vom Carmina Quartett uraufgeführt wurde. Darauf folgte die Uraufführung von Nachlese II für Violine und Violoncello bei „Musica 2007“ in Straßburg durch die Solis- ten des Ensemble Contrechamps. Es bleibt eine zitternde Bebung … ist ein Doppelkonzert für Klarinette, Violoncello und Orchester, für das zu einem bereits bestehenden Stück für Klarinette und Violoncello der orchestrale Kontext ge- schrieben wurde. So wie ein Porträt von Giacometti durch die Anhäufung von Strichen einen Gesichtsausdruck und einen Blick bekommt, so erhält das Schaffen Jarrells eine bestimmte Prägung, indem er seine Werke immer wieder überarbeitet. Jarrells neue Komposition hat ihren Ursprung in dem Stück Bebung für Klarinette, Violoncello und Instrumen- talensemble (1995). Wie auch bei dem Duo Aus Bebung für Klarinette und Violoncello (1996) gründet die Kompositi- onsweise auf einer bestimmten Auffassung des Begriffs der Bebung: „Bebung ist eine Art Vibrato, wie sie der Technik und der Bauweise des Clavichords eigen ist. Sie entsteht durch eine Modifizierung des Fingerdrucks auf die Taste des Instruments, was zu ganz leichten Veränderungen der Ton- höhe führt“, erklärt dazu Michael Jarrell. Der Komponist geht also von einer alten Technik aus und gibt ihr eine zeitgenössische Form. Tonsatz, melodische Wendungen, Details und Gesamtheit sind ganz von diesem Michael Jarrell (Foto: GTG/François Grobet) Konzept bestimmt. Aber auch in der Verbindung der drei Werke untereinander herrscht eine Art Vibrato, eine feine Variation eines einzigartigen Klangeffekts. Zwischen Be- Elektronik (2001), Abschied für Klavier und Orchester (2001, bung, Aus Bebung und Es bleibt eine zitternde Bebung … Uraufführung im Rahmen von „Musica 2005“) und, in bestehen Schwingungen. Und die Wahrnehmung des Zu- jüngster Zeit, … un temps de silence … für Flöte und Orches- hörers wird jedes Mal auf etwas Anderes gelenkt. In Es ter, uraufgeführt von Emmanuel Pahud und dem Orches- bleibt eine zitternde Bebung … entfaltet der Orchesterpart tre de la Suisse Romande unter der Leitung von Heinz Hol- die ganze instrumentale Bandbreite und erzeugt so sehr liger. Die Konzerte für Violine bzw. Klavier und Orchester wirkungsvolle Effekte und ungemein reiche Klänge. erfuhren eine nachträgliche Version für Soloinstrument In der gleichen Weise sind die beiden Fassungen von und Instrumentalensemble. Man kann sagen, dass Jarrell Congruences miteinander verbunden. Die erste Version die Musik wie Materie behandelt, die er plastisch gestaltet. (1988/89) wurde für Midi-Flöte, Oboe, Instrumentalen- Sein Werk ist wie die Leinwand eines Malers, und die Far- semble und Elektronik geschrieben, die zweite Version ben darauf stellen seine Stücke dar. (1991) für Flöte, Oboe und Orchester. Im Anschluss an diese Eine Einspielung der Werke … prisme / incidences …, beiden Werke entstand das Stück Sillages für Flöte, Oboe, Sillages und Abschied erschien im September 2007 beim Klarinette und Orchester. Label aeon, ergänzt durch eine von Michael Jarrell vorge- Ein solch vielfältiges Kompositionsverfahren vermag nommene Instrumentierung dreier Etudes von Claude De- alle Möglichkeiten zu ergründen, welche die Gattung des bussy, dessen 90. Todestag man im kommenden Jahr be- Konzertes bietet, die im Übrigen für den Schweizer Kom- geht; was uns Gelegenheit gibt mitzuteilen, dass Michael ponisten schon seit vielen Jahren ein fruchtbares Wir- Jarrell am 8. Oktober seinen 50. Geburtstag feiern wird … kungsgebiet darstellt. Nach Bebung komponierte Michael Benoît Walther Jarrell …prisme / incidences … für Violine und Orchester (1998), Un long fracas somptueux de rapide céleste … für Schlagwerk und Orchester (1998/2001), Droben schmettert Information: Die Komposition Michael Jarrells erscheinen ein greller Stein für Kontrabass, Instrumentalensemble und bei den Editions Henry Lemoines (Vertrieb: Alkor-Edition)

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„Armide“, „Thésée“ und die „Comédies-ballets“ – auf Die ganze Pracht von der Basis der Gesamtausgabe beginnt Jean-Baptiste Lully sich seinen Platz auf den Bühnen wieder- Versailles zuerobern. Ein weiterer barocker Komponist, der in Neues von der Lully-Gesamtausgabe die erste Riege aufschließt.

Die Wiederentdeckung des Musiktheaters der Epoche Lud- In der Serie der „Comédies-ballets“ sind zwei Bände er- wigs XIV. passt in die aktuelle Landschaft einer neuartigen schienen, ein weiterer Band ist in Form einer Aufführungs- Theaterpraxis und einer Forschungsaktualität, die sich mit partitur und des Stimmenmaterials bereits fertiggestellt, der Intermedialität der Feste am Hof des Sonnenkönigs und ein vierter Band dieser Serie der Edition wird zur Zeit lekto- des Hofballetts, der Comédie-ballet und der Tragédie en riert und geht demnächst in die Herstellung. Die Tragédie- musique intensiv auseinandersetzt. Die Einbeziehung von ballet Psyché (hrsg. von John S. Powell und Herbert Schnei- Parklandschaft, Architektur, Bühnendekoration, Kostüm, der) kam Ende 2007 heraus, der Cembalo-Auszug ist im No- dichterischer Sprache, Musik und Tanz sowie die Interak- tensatz und das Stimmenmaterial in Vorbereitung. Am tion von Komödie, Tragödie, Hofballett, italienischer und Textbuch dieses letzten Werkes der Zusammenarbeit von französischer Musik eröffnet für die Aufführungen auf Molière und Lully waren drei der renommiertesten Thea- heutigen Bühnen große Chancen. terautoren der französischen Klassik beteiligt: Die vorzüg- In der kritischen Lully-Gesamtausgabe erschien 2003 die lichen Dialoge des Werkes verfassten Molière und Pierre letzte Tragédie en musique Armide (hrsg. von Lois Rosow) Corneille, die gesungenen Texte Philippe Quinault, der spä- mit Partitur, Stimmen und Cembaloauszug. Nach Auffüh- tere Hauptlibrettist Lullys. Für eine Aufführung der Psyché rungen in Washington ist für Herbst 2008 eine Neuproduk- benötigt man, wie bei den Comédies-ballets Monsieur de tion im Pariser Théâtre des Champs-Elysées mit Les Arts Pourceaugnac und Le Bourgeois gentilhomme (2006 in der Florissants unter der Leitung von William Christie geplant. Gesamtausgabe erschienen, hrsg. von Jérôme de La Gorce Die Tragédie en musique Thésée, die im Februar 2008 und H. Schneider) Schauspieler, die im Fall der Psyché Ale- ebenfalls im Théâtre des Champs-Elysées durch Emmanu- xandriner vorzutragen haben. Musikalisch bietet das Werk elle Haïm in der Inszenierung von Jean-Louis Martinoty in seinem Prolog und den fünf Intermedien Vokal- und aufgeführt wurde, ist zur Zeit in der Herstellung (hrsg. von Tanzmusik, die zum Besten gehört, was Lully komponiert Pascal Denécheau), ein Werk, das eine besonders komplexe hat, so z. B. eine italienische Klageszene mit Vokal- und In- Quellenüberlieferung hat, die in der Kritischen Ausgabe des strumentalsätzen, herrliche Chöre im Prolog und im Finale Textbuchs und der Partitur ihren Niederschlag findet. Das des fünften Akts, Ensembles und solistische Gesänge. Un- Aufführungsmaterial der Kritischen Ausgabe des Thésée ter den Tänzen ragen Menuette und ausdrucksstarke pan- soll bis Ende 2008 verfügbar sein. tomimische Tänze (Zyklopen-, Furien-, militärische und

„Thésée“ am Théâtre des Champs-Elysées, Premiere: 20.2.2008, Orchestre et Chœur Le Concert d’Astrée, Musikalische Leitung: Emmanuelle Haïm, Inszenierung: Jean-Louis Martinoty (Foto: Alvaro Yanez)

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komische Tänze) hervor. Psyché ist ein Werk mit großen Kontrasten, die von tiefer Trauer bis zum militärischen Spektakel reichen. Zahlreiche Stücke gehörten zu den „Schlagern“ ihrer Zeit. Vom „Divertissement Royal“ Les Amants magnifiques (hrsg. von Bruce Gustafson), einer Comédie-ballet von Mo- lière mit einem mythologischen Stoff, liegen bereits eine Aufführungspartitur und das Stimmenmaterial vor. Dem I. Akt geht das erste Intermedium voraus, in dem Ludwig XIV. in der Rolle Neptuns und im sechsten in der Apolls hätte auftreten sollen. Diese beiden Intermedien dienten wie die Opernprologe der Huldigung des Sonnenkönigs und der königlichen Propaganda. Das dritte Intermedium, das umfangreichste, ist eine Pastorale, das vierte besteht aus Pantomimen, im letzten werden Delphische Spiele vor- geführt. Für die Schauspielszenen benötigt man Schauspie- ler (Prosadialoge), für die Intermedien Sänger, Sängerinnen, einen Chor und Ballett. Der Notensatz zweier weiterer sehr erfolgreicher und im heutigen Theater Erfolg versprechender Comédie-ballets von Molière und Lully, George Dandin und Les Plaisirs de l’île enchantée (hrsg. von Catherine Cessac), wird in nächs- ter Zeit begonnen und soll bis 2009 abgeschlossen sein. George Dandin ist interessant durch den Gegensatz von bei- ßender Sozialkritik der Komödie und abgehobener pasto- ral-mythologischer Welt der Intermedien, der gegenüber sich George Dandin als indifferent zeigt. Für die Auffüh- rungen schuf Carlo Vigarani prachtvolle Bühnenbilder, die zusammen mit der Musik Lullys, Tänzen, Chören und solis- tischen Gesängen dem Werk seinen spezifischen Zauber verleihen. Der erste Band der kirchenmusikalischen Werke mit dem berühmten, mit Pauken und Trompeten besetzten Te Deum und Lullys erstem „Grand Motet“ Jubilate Deo (hrsg. Patricia Beaman, The New York Baroque Dance Company, in der von John H. Heyer) erscheint im Sommer 2008. Inszenierung von Lullys „Armide“ der Opera Lafayette Washington, Die Orchesterpartituren der in der Lully-Gesamtausga- Musikal. Leitung/Inszenierung: Ryan Brown, Premiere 3.2.2007 (Foto: Louis Forget) be edierten Werke spiegeln die aufführungspraktischen Be- dingungen, wie sie Lully in den von ihm geleiteten Auffüh- rungen praktizierte. Bekanntlich spielten dabei die Gene- ralbassinstrumente in den Instrumental- und Tanzsätzen nicht mit. Deshalb erscheint eine Generalbassbezifferung Info lediglich in den Cembalo-Auszügen der Lully-Gesamtaus- gabe. Sie sind, kritisch überprüft, den handschriftlichen Jean-Baptiste Lully Quellen der Werke und besonders den posthum erschiene- Œuvres complètes. Georg Olms Verlag, www.olms.de nen Drucken entnommen, d. h. für Aufführungen, in de- Von allen edierten Werken sind die Partitur (mit wissen- nen aus klanglichen Gründen die Generalbassinstrumen- schaftlicher Einleitung, Anmerkungen zur Aufführungs- te in Tänzen oder Instrumentalsätzen benötigt werden, praxis, Textbuch mit Einführung und Kritischem Bericht), steht eine Bezifferung zur Verfügung, die eine gewisse Au- der Cembalo-Auszug, das Stimmenmaterial, das Text- thentizität beanspruchen kann, da sie in relativer zeitlicher buch in elektronischer Form und in nächster Zeit auch Nähe zur Werkentstehung und der französischen Auffüh- Orchestersuiten für konzertante Aufführung durch Kam- rungstradition entstammen. Das Stimmenmaterial ent- merorchester erhältlich. Der Verleih der Aufführungsma- spricht den Ansprüchen, die von den Vertretern der histo- teriale erfolgt über die Alkor-Edition Kassel. rischen Aufführungspraxis heute daran gestellt werden: auch in allen Instrumentalstimmen ist der gesungene Text eingetragen, so dass jeder Instrumentalist den dramati- schen Verlauf und – besonders wichtig – die sprachliche Akzentuierung der Gesänge mit- bzw. nachvollziehen kann. Herbert Schneider

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Nürnberg hat auf den richtigen Mann gesetzt. Die Beglü(u)cktes Franken zweiten Christoph Willibald Gluck gewidmeten Fest- Zum zweiten Mal: die Gluck-Festspiele des spiele haben weitere Facetten aus dem Werk des gro- Staatstheaters Nürnberg ßen Franken gezeigt.

Vor mehr als 240 Jahren schrieb Gotthold Ephraim Lessing ren des 20. Jahrhunderts Zyklen mit den fünf „großen“ einen nachdenklichen Vierzeiler auf seinen großen Dich- Werken Glucks (Orfeo, Alceste, Iphigenie in Aulis, Armide terkollegen Klopstock: und Iphigenie in Tauris) geplant hatten, aber daran schei- terten, bedenkt man weiter, dass es weder der Wiener „Wer wird nicht einen Klopstock preisen Staatsoper noch der Pariser Oper bisher gelungen ist, einen doch wird ihn jeder lesen – nein; Gluck-Zyklus im Spielplan zu realisieren, dann wird deut- wir wollen weniger gepriesen lich, welches Neuland man in Nürnberg betreten hat. und fleissiger gelesen sein.“ Als man 2003 an die Planung der 1. Internationalen Gluck-Opernfestspiele ging, konnte man im Nürnberger Was Lessing hier auf Klopstock münzte, könnte ähnlich Haus am Richard-Wagner-Platz bereits auf erste Schritte für seinen Zeitgenossen Christoph Willibald Gluck gelten verweisen. Damals waren bereits Glucks Iphigenie auf Tau- – unbezweifelt ist sein Rang als der zentrale Opernrefor- ris in der Inszenierung von Claus Guth – gemeinsam mit mer des 18. Jahrhunderts, als der musiktheatralische Vor- den Salzburger Festspielen und dem Opernhaus Zürich in läufer von Mozart, Berlioz und Wagner – aber seine Werke den Jahren 2000 und 2001 produziert – und Glucks bekann- gehören – trotz Orfeo ed Euridice – zu den selteneren Gäs- testes Werk Orfeo ed Euridice (Inszenierung: Olivier Tam- ten auf den Spielplänen, und auch die Renaissance der Ba- bosi) herausgebracht – als eigene Premiere kam im Früh- rockoper ist bisher an Gluck eher vorbeigegangen. jahr 2005 Iphigenie in Aulis und in Erlangen die Opera Um so wichtiger ist die Initiative, die vor nunmehr drei comique Merlins Insel dazu, und als Gastspiel des Hessi- Jahren, im Frühjahr 2005, von Nürnberg ausging. Das schen Staatstheaters aus Wiesbaden konnten die Festspie- damals frischgebackene Staatstheater Nürnberg präsen- le Armide zeigen – vier zentrale Meisterwerke und ein kaum tierte die ersten Internationalen Gluck-Opernfestspiele und gespieltes heiteres Werk aus der Wiener Zeit – so etwas gab machte damit deutlich, dass man sich nicht nur regional, es bis dahin an keinem anderen europäischen Opernhaus. sondern vor allem künstlerisch dem großen Opernreformer Aber nicht nur die Vielfalt der Werke Glucks, sondern auch Christoph Willibald Gluck, der im nahen Erasbach 1714 ge- die unterschiedliche szenische und musikalische Lesart boren wurde, verpflichtet fühlte. Festspiele für Gluck – da- zeigten, wie viel an dramatischer Herausforderung das mit stellte man sich bewusst und selbstbewusst in einen Werk Glucks umfasst. Und der fest mit den Gluck-Festspie- Zusammenhang mit der Mozart-Pflege Salzburgs und der len verbundene internationale wissenschaftliche Kongress, Wagner-Pflege Bayreuths. Ziel dieser Festspiele, die von ausgerichtet von der Internationalen Gluck-Gesellschaft in Anfang an als Triennale angelegt waren, war und ist es, das Verbindung mit der Universität Erlangen, dem Forschungs- Musiktheaterwerk Glucks in aktuellen Eigenproduktionen institut für Musiktheater der Universität Bayreuth und der und hochrangigen Gastspielen zu pflegen, aber auch die Deutschen Forschungsgesellschaft, verband auf ideale Wei- seit Jahrzehnten überfällige Gluck-Renaissance anzusto- se Wissenschaft und Praxis. ßen und Impulse zu geben, die auch außerhalb Frankens Im März 2008 wurde der fulminante Beginn fortgesetzt. aufgenommen werden. Wenn man zudem bedenkt, dass Die Nürnberger Staatsoper präsentierte – nach einem Ga- gleichermaßen die Hamburgische Staatsoper wie die lakonzert mit der inzwischen weltweit erfolgreichen rus- Dresdner Semperoper in den achtziger und neunziger Jah- sischen Mezzosopranistin Marina Prudenskaja und unter der Leitung von Reinhard Goebel, der inzwischen zu einem der vielseitigsten und inspirierendsten Dirigenten der Alte- Musik-Szene geworden ist – Glucks zweites Reformwerk, Alceste in der ersten, wenig gespielten italienischen Fas- sung von 1767. Auch hier stellte sich mit Bruno Weil eine der zentralen Dirigentenpersönlichkeiten für die Musik des 18. und frühen 19. Jahrhunderts in den Dienst der Gluck- Pflege, und Bruno Klimek, der bereits mit einer Antigona des italienischen Gluck-Adepten Tommaso Traetta seine Nähe zum Musiktheater des 18. Jahrhunderts unter Beweis gestellt hat, inszenierte. Und wer sich mit Details ausein- andersetzen wollte – auch Orfeo, das andere Reformwerk, stand wieder auf dem Spielplan. Alceste war auch inhaltlich das Zentrum der Gluck- Opernfestspiele 2008, denn neben Glucks Meisterwerk trat – überhaupt erstmals szenisch realisiert – Händels unvoll- ständig überlieferte Masque Alceste aus dem Jahr 1750 als Koproduktion mit dem Markgrafentheater Erlangen und dem Studio für Alte Musik der Musikhochschule Nürnberg Turbulent-heitere Begegnung zwischen Orient und Okzident: (Musikalische Leitung: Andreas Paetzold, Inszenierung: Glucks „Pilger von Mekka“ in der Produktion der Bayerischen Wulf Konold, Ausstattung Markus Pysall, Dramaturgie: Tina Theaterakademie (Foto: A. T. Schaefer) Hartmann). Und als dritte Alceste-Vertonung kam als Gast-

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spiel aus Weimar Anton Schweitzers deutsche Oper nach dem Libretto von Christoph Martin Wieland, ebenfalls im Markgrafentheater in Erlangen (Musikalische Leitung: Michael Hofstetter, Regie: Hendrik Müller, Ausstattung: Mira Voigt) – eine Produktion, die im Oktober 2007 aus An- lass der Wiedereröffnung der Anna-Amalia-Bibliothek he- rausgebracht wurde. Der frühe Gluck der italienischen Ope- ra seria stellte sich als Gastspiel der Ludwigsburger Fest- spiele mit dem 1763 – also noch nach Orfeo – komponier- ten Ezio ein (Musikalische Leitung: Michael Hofstetter, In- szenierung und Bühne: Peer Boysen), und die Bayerische Theaterakademie München ergänzte die reiche Werkpalet- te mit Glucks komischem Singspiel Die Pilger von Mekka, die unmittelbar ein Vorbild für Mozarts Entführung aus dem Serail darstellen (Musikalische Leitung: Alexander Liebreich, Inszenierung: Vera Nemirova, Ausstattung: Wer- ner Noack) – übrigens mit einer deutschen Übersetzung, die aus Anlass einer ‚Musteraufführung’ 1780 in Wien im Auftrag Kaiser Josephs II. entstand und von dem Gluck-For- scher Horst Lederer erstmals ediert wurde (s. takte 2/2007, S. 12). In einem weiteren konzertanten Beitrag der Festspiele präsentierte das L’Orfeo-Kammerorchester aus Linz unter der Leitung von Michi Gaigg erst vor wenigen Jahren edier- Carsten Süß (Admetos) und Frances Pappas (Alceste) in der Nürnberger te Sinfonien Glucks in Verbindung mit Instrumentalkon- Neuinszenierung von „Alceste“, Musikalische Leitung: Bruno Weil, zerten seiner Wiener Zeitgenossen Haydn und Wagenseil, Inszenierung: Bruno Klimek (Foto: Jutta Missbach) und auch das junge Publikum sollte nicht „unbe’gluckt“ sein: Mit Honigkuchen für Zerberus stellte das Staatsthea- finanzieren, irrt: die Festspiele wurden fast vollständig aus ter eine im eigenen Hause entstandene Oper für Kinder von Sponsorenmitteln finanziert – die gute Partnerschaft von Melanie Hirsch und Rebekka Stanzel nach Glucks Orfeo vor. 2005 setzte sich fort in der Zusammenarbeit mit der Nürn- Und schließlich Glucks Beitrag zum Ballett: Das Erato- berger Versicherungsgruppe, mit der IHK-Kulturstiftung, Tanzensemble aus Freiburg und das Orchester La Banda den Freunden der Staatsoper, der Deutschen Bank, der unter der Leitung von Wolfgang Riedelbauch zeigten Glucks Schöller-Familienstiftung, dem Haus Müller-Medien, von Tanzpantomimen Don Juan und Semiramis. Mit dem Mark- Frau Henriette Schmidt-Burkhardt und der Deutschen For- gräflichen Reithaus in Triesdorf, der ehemaligen Sommer- schungsgemeinschaft. residenz der Markgrafen von Ansbach, kam zum Nürnber- Die Gluckfestspiele vom 7. bis zum 16. März 2008, ange- ger Opernhaus und dem Markgrafentheater in Erlangen ein füllt mit hochkarätiger Musik, realisiert von renommier- dritter Spielort – die ganze mittelfränkische Region stand ten Solisten, Orchestern und Dirigenten, zeigten erneut, also im Zeichen Glucks. Und auch diesmal gab es ein drei- dass sie an Vielfalt und künstlerischer Konzentration zu tägiges wissenschaftliches Symposion. Zu den Themen „Al- den spannendsten Festspielen für das Musiktheater des ceste auf der (Opern)bühne. Deutsches Nationaltheater in 18. Jahrhunderts gehören. Wulf Konold Wien und Opera seria“ referierten renommierte Wissen- Intendant des Staatstheaters Nürnberg schaftler aus dem In- und Ausland. Und wer glaubt, ein solches spezialisiertes Festival lie- ße sich nur mit dem massiven Einsatz öffentlicher Gelder Info: www.staatstheater-nuernberg.de

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Neue Bücher

Neue Bücher und vielen anderen. Bekannte Kompositionen wie Die ver- kaufte Braut erscheinen dabei in einem neuen Licht, ver- Bernhard Morbach: Die Musikwelt des Barock. Neu erlebt gessene oder kaum bekannt gewordene Werke erfahren die in Texten und Bildern. Mit über 50 Werken auf CD-ROM. ihnen zustehende Würdigung. Bärenreiter-Verlag 2008. 3o2 Seiten mit zahlreichen Abbil- dungen. € 26,95 / CHF 48.50. Susanne Gläß: Carl Orff. Carmina Burana. Bärenreiter Werk- Für Musik und Gesellschaft öffneten sich ab 1600 neue einführung. Bärenreiter-Verlag 2008. 160 Seiten. € 13,95 / Horizonte: Die Gattung Oper entstand, Städte und Bürger CHF 25.10. spielten eine größere Rolle im Musikleben, und auch in der Für ihre Werkeinführung hat Susanne Gläß Carl Orffs Car- Neuen Welt wurde die europäische Musik rezipiert. Werke mina Burana frisch gehört, eingehend untersucht und von Bach und Händel werden heute noch viel gespielt, aber dabei den aktuellen Kenntnisstand berücksichtigt. In 25 auch unbekanntere Komponisten haben oft ebenso Beacht- Kapiteln werden die 25 Nummern des Werks textnah, gut liches geschaffen. Bernhard Morbach schildert diese Ent- verständlich und mit Blick für die Praxis der Aufführung wicklungen in bewährter Weise. Der Leser wird mit Johann kommentiert. Gleichzeitig werden sie aber auch in den Zu- Mattheson als zeitgenössischem Gewährsmann durch die sammenhang weit über das Werk hinausweisender The- Welt der Formen und Gattungen geführt. Die CD-ROM ent- men wie Mittelalter, Claudio Monteverdi, Tanz, Improvisa- hält den Notentext von über 50 Kompositionen im PDF-For- tion, Weltmusik, Faschismus und Sexualität gestellt. mat, eine Sammlung von Bildern mit Musikdarstellungen sowie ergänzende Texte. Stefan Hanheide: PACE. Musik zwischen Krieg und Frieden. Vierzig Werkporträts. Bärenreiter-Verlag 2007. 284 Seiten. Hans-Klaus Jungheinrich: „Hudba”. Annäherungen an die € 14,95 / CHF 26.90. tschechische Musik. Bärenreiter-Verlag 2007. 216 Seiten. Durch die Jahrhunderte trauerten auch die Komponisten € 19,95 / CHF 35,90. in ihrer Musik um die Toten, drückten die Hoffnung auf „In der Musik liegt das Leben der Tschechen”, sagte Bedrich Frieden aus, feierten Frie- Smetana. Dieser Musik, tschechisch „Hudba”, geht Hans- densschlüsse und ent- Klaus Jungheinrich in den zehn brillant geschriebenen Es- warfen Bilder einer neu- says seines neuen Buches nach. Der Musikkritiker, der als en Zukunft. Stefan Han- Redakteur der „Frankfurter Rundschau” über fast vier Jahr- heide stellt in seinem zehnte die Musikkultur in Deutschland und weit darüber Buch vierzig solcher Wer- hinaus publizistisch begleitet hat, entwirft dabei auf ganz ke von der Renaissance persönliche Weise ein facettenreiches Panorama der tsche- chischen Musikkultur als Teil der europäischen Geschich- te – und gesteht den Lesern seine nun nicht mehr verborgene Lie- be zu Smetana, Dvo- řák, Janáček, Martinů

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Neue CDs

bis ins 21. Jahrhundert in kurzen Porträts vor. Von Guillau- Georg Friedrich Händel: Riccardo Primo me Dufay über Haydns Missa in tempore belli und Beetho- Kammerorchester Basel, Leitung: Paul Goodwin vens Fidelio bis hin zu Werken von Phil Glass und Violeta deutsche harmonia mundi Dinescu reicht die historische Bandbreite. Vertreten sind alle Joseph Haydn: Il ritorno di Tobia wichtigen musikalischen Gattungen von Oper und Orato- Capella Augusta, Leitung: Andreas Spering. Naxos rium, Symphonik und Konzert über Kammer-, Klavier- und Orgelmusik bis hin zu Chormusik und Sololied. Neben der Wolfgang Amadeus Mozart: Idomeneo musikalischen Gestaltung spielen historischer Hintergrund Orchestra of the Antipodes, Leitung: Antony Walker. und politischer Kontext eine wichtige Rolle. ABC Classics

Musik und Musikforschung. Johannes Brahms im Dialog Wolfgang Amadeus Mozart: Die Zauberflöte mit der Geschichte. Eine Veröffentlichung des Brahms-Ins- Chor und Orchester der Oper Zürich, Musikal. Leitung: tituts an der Musikhochschule Lübeck. Hrsg. von Wolfgang Nikolaus Harnoncourt, Inszenierung: Martin Kusej Sandberger und Christiane Wiesenfeldt. Bärenreiter-Verlag Deutsche Grammophon (DVD) 2007. 360 Seiten. € 39,95 / CHF 71.90. Wolfgang Amadeus Mozart: Die Zauberflöte (engl.) Johannes Brahms’ Dialog mit der Geschichte gehört zu den Filmproduktion: Kenneth Brannagh spannendsten Aspekten der Brahms-Forschung und ist Chamber Orchestra of Europe, Leitung: James Conlon. noch nie aus so vielen Perspektiven zusammenhängend SonyBMG / France Télévision Distribution (DVD) betrachtet worden. Der Band versammelt zwölf Beiträge renommierter Autoren zum Komponisten, Dirigenten, Edi- Hector Berlioz: Le carnaval romain, auf: Concert Ouvertures tor, Lehrer und musikhistorisch ambitionierten Briefpart- SWR Sinfonieorchester Baden-Baden und Freiburg, ner Johannes Brahms. In diesem Zusammenhang werden Leitung: Sylvain Cambreling. hänssler erstmals zahlreiche bislang unveröffentlichte Quellen und Anton Bruckner: 4. Sinfonie Briefe vorgestellt. Lucerne Festival Orchestra, Leitung: Claudio Abbado Lucerne Festival Edition Ingo Harden/Gregor Willmes: PianistenProfile. 600 Inter- preten: ihre Biografie, ihr Stil, ihre Aufnahmen. Bärenrei- Anton Bruckner: 9. Sinfonie ter-Verlag 2008. ca. 800 Seiten. € 69,– / CHF 124.20. – Orchestre de la Suisse Romande, Leitung: Marek Janowski Erscheint im Mai 2008. Pentatone Neben den großen Operngöttern waren es seit dem 19. Jahr- Anton Bruckner: Die Sinfonien hundert vor allem die Pianisten, deren Spiel und deren oft Württembergische Philharmonie, Leitung: Roberto exzentrische Persönlichkeiten es schafften, das Publikum Paternostro. Antes Edition in den Bann zu schlagen, ja oft sogar zu hypnotisieren. Auch wenn die „Event-Kultur“ von heute Stars zu „machen“ ver- Josef Bohuslav Foerster: 1. und 2. Sinfonie sucht und dabei oft ganz andere Faktoren in den Vorder- Osnabrücker Symphonieorchester, Leitung: Hermann grund stellt als die musikalischen Fähigkeiten, ist der My- Bäumer. MDG thos des genialen Pianisten nicht verblasst. Die Gemeinde Matthias Pintscher: transir der Klaviermusikfreunde ist nach wie vor zahlreich. Ihre Emmanuel Pahud, Radio France PO, EMI Classics Mitglieder brauchen die PianistenProfile. Das Handbuch, konkurrenzlos in Umfang und Aktualität, versammelt 600 Pianisten vom Beginn der Tonaufzeichnungen bis in die Gegenwart. Neben den wichtigsten biografischen und dis- kografischen Informationen steht das Klavierspiel selbst im Mittelpunkt der Einträge. Ingo Harden und Gregor Willmes verstehen es, aus einer profunden und unbestechlichen Kenntnis heraus jedem der beschriebenen Künstler gerecht zu werden, indem sie seine Interpretation und seine pia- nistische Philosophie herausarbeiten. So entsteht Eintrag für Eintrag das Mosaik einer großen musikalischen Epoche. Das Buch ist unverzichtbar für Pianisten, Pianophile, Festi- valmanager und Redakteure, für alle, die mehr über die Pro- tagonisten einer faszinierenden Kunst wissen wollen.

Bach-Dokumente, Band VI. Ausgewählte Dokumente zum Nachwirken Johann Sebastian Bachs 1801–1850. Hrsg. und erläutert von Andreas Glöckner, Anselm Hartinger und Ka- ren Lehmann. Neue Bach-Ausgabe, Supplement Band VI. Bärenreiter-Verlag 2007. 782 Seiten. € 289,– / CHF 520,20.

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Festspielsommer 2008 (Auswahl)

Dresdner Musikfestspiele Grange Park Opera Festival de Sully et du Loiret Georges Bizet: Carmen Manfred Trojahn: La Grande Jacques Offenbach: Ritter Blaubart Wolfgang Amadeus Mozart: Der Musikal. Leitung: Franz Welser- Magia (Uraufführung) Musikal. Leitung: Richard Schauspieldirektor/ Möst Musikal. Leitung: Jonathan Balcombe Antonio Salieri: Prima la musica Inszenierung: Matthias Hart- Darlington Inszenierung: Stephen Langridge (konz.) mann Inszenierung: Albert Lang ab 5. Juni 2008 Opera fuoco, Leitung: David Stern ab 28. Juni 2008 ab 10. Mai 2008 14. Juni 2008 Händel-Festspiele Halle Festival Agora, Paris Drottningholm Slottsteater Georg Friedrich Händel: Rodrigo Zürcher Festspiele Beat Furrer: lotófagos II für zwei Festival (konz.) Georg Friedrich Händel: Rinaldo Soprane, Instrumente und Joseph Haydn: Il mondo della Al Ayre Español Musikal. Leitung: William Elektronik (Uraufführung) luna Leitung: Eduardo López Banzo Christie N.N. Musikal. Leitung: Mark Tatlow 12. Juni 2008 Inszenierung: Claus Guth 20.6.2008 Inszenierung: William Relton ab 15. Juni 2008 ab 24. Mai 2008 Georg Friedrich Händel: Ekhof Festival Gotha Ariodante Johann Strauß: Die Fledermaus Wolfgang Amadeus Mozart: Die Bad Lauchstädt, Theater-Sommer Musikal. Leitung: Federico Maria Musikal. Leitung: Franz Welser- Gärtnerin aus Liebe Wolfgang Amadeus Mozart: Die Sardelli Möst Musikal. Leitung: Herman Breuer Entführung aus dem Serail Inszenierung: Stephen Lawless Inszenierung: Michael Inszenierung: Patrick Rohbeck Gastspiel Opernhaus Halle 12. Juni 2008 Sturminger ab 26. Juni 2008 ab 24. Mai 2008 ab 20. Juni 2008 Greifswalder Bachwoche Münchner Opernfestspiele Wolfgang Amadeus Mozart: Christoph Willibald Gluck: Orfeo : Fidelio Wolfgang Amadeus Mozart: Le nozze di Figaro ed Euridice (konz.) Musikal. Leitung: Marc Idomeneo Gastspiel Opernhaus Halle Greifswalder Domchor, Orchester Minkowski Musikal. Leitung: Kent Nagano ab 6. September 2008 der Greifswalder Bachwoche Inszenierung: Jürgen Flimm Inszenierung: Dieter Dorn 15. Juni 2008 ab 22. Juni 2008 ab 27. Juni 2008, Premiere: 18. Juni 2008

„Die Zauberflöte“ in Salzburg, Musikalische Leitung: Riccardo Muti, Inszenierung: Pierre Audi, Premiere: 2006, Wiederaufnahme 2008 (Foto: Klaus Lefebvre)

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Termine (Auswahl) April 2008 April 2008

Münchner Opernfestspiele Bregenzer Festspiele 2.4.2008 Freiburg 5.4.2008 Prag, Prazské Premiéry Georg Friedrich Händel: Ernst Krenek: Kehraus um Matthias Pintscher: Study II for Andrea Lorenzo Scartazzini: Tamerlano St. Stephan Treatise on the Veil Katarakt Musikal. Leitung: Ivor Bolton Musikal. Leitung: John Axelrod Mitglieder des ensemble (Tschech. Erstaufführung) Inszenierung: Pierre Audi Inszenierung: Michael Scheidl recherche Komorní filharmonie Pardubice ab 15. Juli 2008 ab 30. Juli 2008 Leitung: Leoš Svárovský 3.4.2008 Stuttgart (Premiere) Festival d’Aix-en-Provence Salzburger Festspiele Wolfgang Amadeus Mozart: 5.4.2008 Köln, Deutschlandfunk Wolfgang Amadeus Mozart: Wolfgang Amadeus Mozart: Idomeneo –> Charlotte Seither: Never real, Zaïde Don Giovanni Musikal. Leitung: Manfred always true für Akkordeon solo Camerata Salzburg Musikal. Leitung: Bertrand Honeck (Uraufführung) Musikal. Leitung: Louis Langrée de Billy Inszenierung: Waltraud Lehner Margit Kern (Akkordeon) Inszenierung: Peter Sellars Inszenierung: Claus Guth ab 27. Juni 2008 ab 27. Juli 2008 3.4.2008 Heidelberg, 5.4.2008 Bielefeld (Premiere) Heidelberger Atelier Alessandro Scarlatti: Griselda Wolfgang Amadeus Mozart: Così Beat Furrer: FAMA Matthias Pintscher: Sieben Musikal. Leitung: Carolin fan tutte Vokalensemble NOVA, Klang- Bagatellen mit Apotheose der Nordmeyer Camerata Salzburg forum Wien Glasharmonika Inszenierung: Peer Boysen Musikal. Leitung: Christophe Leitung: Beat Furrer Ernesto Molinari (Bassklarinette) Rousset 10. August 2008 6.4.2008 Trier (Premiere) Inszenierung: Abbas Kiarostami 4.4.2008 Regensburg Jean-Philippe Rameau: Dardanus ab 4. Juli 2008 Wolfgang Amadeus Mozart: Die (Premiere) Musikal. Leitung: Franz Zauberflöte Joseph Haydn: L’isola disabitata Brochhagen Styriarte Graz Musikal. Leitung: Riccardo Muti Musikal. Leitung: Thomas Inszenierung: Wolf Widder Wolfgang Amadeus Mozart: Inszenierung: Pierre Audi Peuschel Idomeneo ab 13. August 2008 Inszenierung: Doris Buske 6./8.4.2008 Reggio Emilia Musikal. Leitung: Nikolaus (Premiere) / ab 19.4.2008 Madrid Harnoncourt Antonín Dvořák: Rusalka 4.4.2008 Paris, Théâtre des / ab 3.5.2008 Baden-Baden, Inszenierung: Nikolaus und Musikal. Leitung: Franz Welser- Champs-Elysées Pfingstfestspiele Philipp Harnoncourt Möst Georg Friedrich Händel: Tolomeo, Ludwig van Beethoven: Fidelio ab 1. Juli 2008 Inszenierung: Jossi Wieler, Sergio Re d’Egitto (konz.) Arnold Schönberg Chor Wien, Morabito Il Complesso Barocco Mahler Chamber Orchestra Schlossfestspiele Schwerin ab 17. August 2008 Leitung: Alan Curtis Leitung: Claudio Abbado Georges Bizet: Carmen Inszenierung: Chris Kraus Musikal. Leitung: Matthias Musikfestival Grafenegg 4.4.2008 Göttingen Foremny Hector Berlioz: La damnation de Rudolf Kelterborn: Herbstmusik. 7.4.2008 Freiburg Inszenierung: Frank Bernd Faust (konz.) Sieben Stücke für Orchester Nicolaus A. Huber: Versuch über Gottschalk Tschechischer Philharmonischer (Dt. Erstaufführung) Sprache ab 4. Juli 2008 Chor Brünn,Tonkünstler- Göttinger Symphonie Orchester Ensemble ecco Orchester Niederösterreich Leitung: Christoph Mueller Ostseefestspiele Stralsund Leitung: Kristjan Järvi 11.4.2008 Detmold Georges Bizet: Die Perlenfischer 21. August 2008 4.4.2008 Heidelberg, –> Giselher Klebe: Chlestakows (konz.) Heidelberger Atelier Wiederkehr Orchester und Chor des Theaters Lucerne Festival Matthias Pintscher: nemeton; (Uraufführung) Vorpommern Christoph Willibald Gluck: Don svelto Musikal. Leitung: Erich Wächter Leitung: Egbert Funk Juan; Semiramis Yuko Suzuki (Schlagzeug), Jean- Inszenierung: Kay Metzger ab 8. Juli 2008 Les Musiciens du Louvre Guihen Queyras (Violoncello) u. a. Leitung: Marc Minkowski 12./13.4.2008 Berlin Carinthischer Sommer Ossiach 27. August 2008 5.4.2008 Heidelberg, Bohuslav Martinů: Incantation Thomas Daniel Schlee: „Ich, Hiob“ Heidelberger Atelier Viktoria Postnikova (Klavier), Musikalische Einstudierung: Beat Furrer: presto; lotófagos; Deutsches Symphonie-Orchester Wolfgang Dörner apoklisis; aria Leitung: Gennadi Rozhdestvensky Inszenierung: Mascha Pörzgen Matthias Pintscher im Gespräch ab 26. Juli 2008 mit Beat Furrer 13.4.2008 Bonn (Premiere) Mitglieder des Festivalensembles Charles Gounod: Margarete Musikal. Leitung: Wolfgang Lischke Inszenierung: Vera Nemirova

[Premiere] (Deutsche Erstaufführung) -> [[Uraufführung]]

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Termine (Auswahl) April 2008 April 2008April 2008 Mai 2008

13.4.2008 Aachen (Premiere) 18.4.2008 Brüssel, Ars musica 26.4.2008 Hannover (Premiere) 4.5.2008 Kopenhagen (Premiere) Christoph Willibald Gluck: Orfeo Beat Furrer: aria Georges Bizet: Carmen Wolfgang Amadeus Mozart: ed Euridice Nadar Ensemble Musikal. Leitung: Jahbom Koo Le nozze di Figaro Musikal. Leitung: Daniel Jakobi Inszenierung: Monique Musikal. Leitung: Graeme Jenkins Inszenierung: Martin Philipp 23.4.2008 London Wagemakers Inszenierung: Kasper Bech Matthias Pintscher: Hérodiade- Holten 13.4.2008 Nürnberg Fragmente 26.4.2008 Kiel (Premiere) Manfred Trojahn: Ariosi per (Brit. Erstaufführung) Joseph Haydn: L’isola disabitata 7. 5.2008 Brüssel (Europ. Erstauf- soprano, clarinetto di bassetto e Marisol Montalvo (Sopran), Musikal. Leitung: Simon Rekers führung) / 11.5. 2008 London orchestra London Philharmonic Orchestra Inszenierung: Daniel Karasek Matthias Pintscher: Osiris Nürnberger Philharmoniker Leitung: Vladimir Jurowski London Symphony Orchestra Leitung: Wulf Konold 26.4.2008 Witten, Tage für Neue Leitung: Pierre Boulez 24.4.2008 Sevilla, Teatro de la Kammermusik 13.4.2008 Kassel Maestranza (Premiere) –> Matthias Pintscher: shining forth 10.5.2008 Dresden Matthias Pintscher: Lieder und Wolfgang Amadeus Mozart: Don for trumpet –> Manfred Trojahn: La Grande Schneebilder Giovanni (Uraufführung) Magia. Frei nach Eduardo De Marisol Montalvo (Sopran), Eric Musikal. Leitung: Antoni Ros Anders Nyqvist (Trompete) Filippos gleichnamigem Nielsen (Klavier) Marba Schauspiel. Libretto: Christian Inszenierung: Mario Gas 27.4.2008 Wien Martin Fuchs 15./18./22./27.4.2008 Ingolstadt / Beat Furrer: spur (Uraufführung) 30. und 31.5.2008 Bayreuth 24.4.2008 Ulm (Premiere) Österr. Ensemble für Neue Musik Musikal. Leitung: Jonathan Christoph Willibald Gluck: Georg Friedrich Händel: Alcina Leitung: Beat Furrer Darlington Die Pilger von Mekka Musikal. Leitung: Gordian Inszenierung: Albert Lang Münchner Kammerochester Teupke 29.4./2.5.2008 Krefeld / Musikal. Leitung: Alexander Inszenierung: Igor Folwill 30.4./1.5.2008 Mönchengladbach 13.5.2008 Tosterglope bei Liebreich –> Charlotte Seither: Essay on Lüneburg Inszenierung: Vera Nemirova 25.4.2008 Strasbourg (Premiere) Shadow and Truth Charlotte Seither: Floating Christoph Willibald Gluck: (Uraufführung) rotation 15.4.2008 Birmingham / Iphigénie en Aulide Niederrheinische Symphoniker Ensemble Drip and drop 17.4. 2008 London Musikal. Leitung: Claude Leitung: Graham Jackson Leitung: Ulla Grümmer Georg Friedrich Händel: Flavio, Schnitzler Re de’Longobardi (konz.) Inszenierung: Renaud Doucet 14.5.2008 Tours (Premiere) Academy of Ancient Music Georges Bizet: Carmen Leitung: Christopher Hogwood 25.4.2008 Dresden, Staats- Musikal. Leitung: Jean-Yves operette (Premiere) Ossonce 17.4.2008 München, Wolfgang Amadeus Mozart: Die Inszenierung: Gilles Bouillon Pinakothek der Moderne Zauberflöte –> Miroslav Srnka: Pouhou vlnou. Musikal. Leitung: Ernst Theis 15.5.2008 Ludwigshafen Klavierquintett Inszenierung: Axel Köhler –> Eberhard Streul/Andreas N. (Uraufführung) Tarkmann: Na warte, sagte Mitglieder des Bayerischen 25./26./27.4.2008 München, Schwarte; Die verlorene Melodie Staatsorchesters Biennale (Uraufführung) Charlotte Seither: One-woman- Deutsche Staatsphilharmonie 17.4.2008 Kopenhagen opera Rheinland-Pfalz Matthias Pintscher: Orchester- Cornelia Melian (Stimme), Regie: Leitung: Dirk Kaftan werk Judy Wilson DR Radiosymfoniorkestret 16.5.2008 Madrid (Premiere) Leitung: Matthias Pintscher 25./26.4.2008 Lissabon Wolfgang Amadeus Mozart: Hector Berlioz: La damnation de La clemenza di Tito 18.4.2008 Lausanne (Premiere) Faust (konz.) Musikal. Leitung: Víctor Pablo Georg Friedrich Händel: Giulio Coro & Orquestra Gulbenkian Pérez Cesare Leitung: John Nelson Inszenierung: Massimo Gasparon Musikal. Leitung: Ottavio Dantone 26.4.2008 Freiburg (Premiere) Inszenierung: Emilio Sagi Wolfgang Amadeus Mozart: Mitridate Musikal. Leitung: Lutz Rademacher Inszenierung: Ludger Engels

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Mai 2008 Mai 2008 Mai 2008 Juni 2008

16.5.2008 Weimar, Frühjahrstage 23.5.2008 Bordeaux (Premiere) 28.5.2008 Nantes (Premiere) 1.6.2008 Linz (Premiere) für zeitgenössische Musik Wolfgang Amadeus Mozart: Wolfgang Amadeus Mozart: Così Georg Friedrich Händel/ Charlotte Seither: passage Idomeneo fan tutte Wolfgang Amadeus Mozart: Acis innocent für zwölf Stimmen Musikal. Leitung: Karen Musikal. Leitung: Mark und Galatea Vokalensemble ARS NOVA Kamensek Shanahan Musikal. Leitung: Dennis Russell Leitung: Sabine Wüsthoff Inszenierung: Yannis Kokkos Inszenierung: Pierre Constant Davies Inszenierung: Magdalena 17.5.2008 Gelsenkirchen 23.5.2008 Prag, Prager Frühling 29./30.5.2008 Essen Fuchsberger Hector Berlioz: La damnation de Miroslav Srnka: Reservoirs Matthias Pintscher: Transir für Faust (konz.) Ostravská banda Flöte und Kammerorchester 2.6.2008 Lenzburg (Schweiz) Neue Philharmonie Westfalen Leitung: Peter Kotík Magali Mosnier (Flöte), Essener Rudolf Kelterborn: Streichquar- Leitung: Cosima Sophia Osthoff Philharmoniker tett Nr. 5 24.5.2008 Flensburg (Premiere) Leitung: Matthias Pintscher Sarastro-Quartett 17.5.2008 Frankfurt, Alte Oper Wolfgang Amadeus Mozart: Don (Dt. Erstaufführung) / Giovanni 30.5.2008 Lübeck 2.6.2008 Basel 18.5.2008 Köln, Philharmonie Musikal. Leitung: Mihkel Kütson Wolfgang Amadeus Mozart: Die Rudolf Kelterborn: 15 Moments Matthias Pintscher: L’espace Inszenierung: Jan-Richard Kehl Zauberflöte musicaux für Klaviertrio dernier (konz.) Musikal. Leitung: Roman Brogli- absolut trio Vokalsensemble des SWR, 25.5.2008 London Sacher Frankfurter Museumsorchester Matthias Pintscher: towards Osiris Inszenierung: Anthony Pilavachi 6.6.2008 Buenos Aires, Teatro Leitung: Paolo Carignani (Brit. Erstaufführung) Avenida (Premiere) London Philharmonic Orchestra 30.5.2008 Dortmund (Premiere) Jacques Offenbach: La Belle 17.5.2008 Poissy (Frankreich) Leitung: Vladimir Jurowski Georg Friedrich Händel: „Delirio Hélène Christoph Willibald Gluck: Le amoroso“ Musikal. Leitung: Dante Ranieri Cinesi (konz.) 25.5.2008 Köln Musikal. Leitung: N.N. Inszenierung: Peter MacFarlane Il complesso barocco Charlotte Seither: Echoes of O’s; Inszenierung: Sebastian Hirn, Leitung: Alan Curtis Floating rotation Xin Peng Wang 6.6.2008 Clermont-Ferrand Ensemble Drip and drop, Georg Friedrich Händel: Orlando 18.5.2008 Magdeburg Leitung: Ulla Grümmer 31.5.2008 Würzburg (Premiere) (konz.) Leoš Janáček: Glagolitische Wolfgang Amadeus Mozart: Don Leitung: Arie van Beek Messe 25.5.2008 Almere Giovanni Magdeburger Philharmonie, Wolfgang Amadeus Mozart: Musikal. Leitung: Viktor Åslund 7./8.6.2008 Linz Magdeburger Domchor, Zauberflöte Inszenierung: Bernhard Stengele Franz Schubert/Heinz Winbeck: Magdeburger Singakademie Nationale Reisopera Enschede Winterreise Leitung: Barry Jordan Musikal. Leitung: Andreas 31.5.2008 Hannover, GEDOK Brucknerorchester Linz Stoehr Charlotte Seither: Never real, Leitung: Dennis Russell Davies 19.5.2008 Budapest Inszenierung: Gerrit Timmers, always true für Akkordeon solo Hector Berlioz: Benvenuto Cellini Mirjam Koen Margit Kern (Akkordeon) 13.6.2008 Stuttgart (Premiere) (konz.) Wolfgang Amadeus Mozart: Nationalphilharmoniker 26.5.2008 Drottningholm Zaïde Budapest (Premiere) Musikal. Leitung: Kristina Joseph Haydn: Il mondo della luna Sibenik 22.5.2008 Paris, Opéra National Musikal. Leitung: Mark Tatlow Inszenierung: Florentine Klepper (Premiere) Inszenierung: William Relton Christoph Willibald Gluck: 13.6.2008 Oldenburg Iphigénie en Tauride 27.5.2008 Detmold Charlotte Seither: Sieben Freiburger Barockorchester –> Giselher Klebe: 8. Sinfonie für Verlautbarungen; Dir, mir zu; Musikal. Leitung: Ivor Bolton Kammerorchester und Orgel One-woman-opera; Minzmeißel; Inszenierung: Krzysztof (Uraufführung) Koy; Echoes of O’s Warlikowski Detmolder Kammerorchester Christina Ascher (Mezzosopran), Leitung: Eckhard Fischer Gabriele Wulff (Klavier) 22.5.2008 La Coruña (Premiere) Wolfgang Amadeus Mozart: Così 27.5.2008 Madrid (Premiere) 15.6.2008 Zürich (Premiere) fan tutte Christoph Willibald Gluck: Georg Friedrich Händel: Rinaldo Musikal. Leitung: Donato Orphée et Euridice (konz.) Musikal. Leitung: William Renzetti Coro e Orquesta Sinfónica de Christie Inszenierung: NN Madrid Inszenierung: Claus Guth Leitung: Jesús López Cobos

[Premiere] (Deutsche Erstaufführung) -> [[Uraufführung]]

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Termine (Auswahl) Juni 2008 Juni / Juli 2008August / September 2008 September 2008

15.6.2008 Straßburg (Premiere) 26.6.2008 Berlin, Universität der 10.8.2008 Frankfurt 12.9.2008 Biel (Premiere) Ludwig van Beethoven: Fidelio Künste (Premiere) –> Philipp Maintz: ferner, und Joseph Haydn: L’isola disabitata Musikal. Leitung: Marc Albrecht Manfred Trojahn: Limonen aus immer ferner Musikal. Leitung: Thomas Rösner Inszenierung: Andreas Baesler Sizilien (Uraufführung der revidierten Inszenierung: Wolfram Mehring Musikal. Leitung: Errico Fresis Fassung) 18.6.2008 München, Bayer. Inszenierung: Dagny Müller, Eckhard Manz (Orgel) 19./20./26./27.9.2008 Berlin, Staatsoper (Premiere) Karoline Gruber, Manfred Konzerthaus Wolfgang Amadeus Mozart: Trojahn 10.8.2008 Wien, Theater an der Ernst Krenek: Dark Waters Idomeneo Wien (Premiere) Modern Art Ensemble Musikal. Leitung: Kent Nagano 29.6.2008 Zürich (Premiere) Wolfgang Amadeus Mozart: Die Inszenierung: Dieter Dorn Georges Bizet: Carmen Zauberflöte 20.9.2008 Köln Musikal. Leitung: Franz Welser- Arnold Schoenberg Chor, Wiener Giselher Klebe: Warum hat die 20.6.2008 Paris, Festival agora Möst Symphoniker Sonne einen Aschenrand –> Beat Furrer: lotófagos II für zwei Inszenierung: Matthias Hart- Musikal. Leitung: Jean- Markusvokalensemble Porz Soprane, Instrumente und mann Christophe Spinosi Leitung: Thomas Wegst Elektronik Inszenierung: Achim Freyer (Uraufführung) 3.7.2008 Hamburg (Premiere) 20.9.2008 Bozen N. N. Francesco Cavalli: La Calisto 4.9.2008 Berlin, Deutsche Beat Furrer: Spur Musikal. Leitung: Alexander Staatsoper Klangforum Wien 24.6.2008 Lübeck Soddy Beat Furrer: FAMA (konz.) Leitung: Baldur Brönnimann –> Hugo Distler: Vier Motetten aus Inszenierung: Aldona Farrugia Klangforum Wien dem Oratorium „Die Weltalter“ Leitung: Beat Furrer 22.9.2008 Vence (Frankreich) (Uraufführung) 17.7.2008 Madrid (Premiere) Thomas Daniel Schlee: Wacht Kammerchor und Orchester der Wolfgang Amadeus Mozart: 5.9.2008 Amsterdam auf, Harfe und Saitenspiel Musikhochschule Lübeck Idomeneo Joseph Haydn: Armida (konz.) Wiener Concert Verein Leitung: Gerd Müller-Lorenz Musikal. Leitung: Jesús López Radio Kamer Filharmonie Leitung: Errol Girdlestone Cobos Leitung: Jaap van Zweden 25./27.6.2008 La Coruña (Premie- Inszenierung: Luc Bondy 27.9.2008 Luzern (Premiere) re) 8.9.2008 Montreux Ernst Krenek: Kehraus um Wolfgang Amadeus Mozart: 19.7.2008 Frankfurt, Palmen- Beat Furrer: Konzert für Klavier St. Stephan Le nozze di Figaro garten (Premiere) und Ensemble Musikalische Leitung: John Orquesta Sinfónica de Galicia Jacques Offenbach: Die Großher- (Schweiz. Erstaufführung) Axelrod Leitung: Victor Pablo Pérez zogin von Gerolstein N.N. (Klavier), Ensemble Inszenierung: Michael Scheidl Musikal. Leitung: Hagen Yun Contrechamps Inszenierung: Rainer Pudenz Musikalische Leitung: Beat 29.9.2008 Brüssel Furrer Georg Friedrich Händel: Ariodante (konz.) Les Talens Lyriques Leitung: Christophe Rousset

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