www.dbwv.de Das Magazin des Deutschen BundeswehrVerbands /DeutscherBundeswehrVerband Die Bundeswehr Oktober 2019
EHRENAMT IN DER BUNDESWEHR Danke für Euer Engagement!
Haushalt: DBwV kritisiert mittelfristige Planung Personalratswahlen 2020: Beteiligung lebt vom Mitmachen Seit 1956 FöG Partner der
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Einsatzbereitschaft und Ehrenamt
Mit dem Weltgeschehen ist es wie mit dem berühmten Murmeltier: gewisse Logik: Soldaten, aber auch Zivilbeschäftigte der Bundeswehr Man macht den Fernseher an und zack! springt einen die nächste sind Menschen mit Gemeinsinn, Menschen, die Verantwortung MKrise, die nächste Eskalation an. Der Krisenbogen, der häufig als übernehmen, die auch Opferbereitschaft mitbringen. Das ist eine „Ring of Fire“ beschrieben wird, gerade leuchtet seine Glut an einer Voraussetzung für unseren Beruf, der, allen Schwierigkeiten zum neuen Stelle auf: Diesmal ist es Saudi-Arabien. Und während hierzu- Trotz, immer noch das Potenzial hat, einer der erfüllendsten über- lande verzweifelt um die Reste des Atomabkommens mit dem Iran haupt zu sein. Das ist mit Sicherheit auch ein Grund, weshalb so viele gerungen wird und die Bundesregierung um Deeskalation bemüht Soldaten – und mittlerweile eben auch viele Zivilbeschäftigte – im ist, stehen die Saudis vor den Trümmern ihrer Ölanlagen, getroffen DBwV organisiert sind. Und es ist auch die Erklärung dafür, weshalb von Raketen, die möglicherweise aus eben diesem Iran gekommen sich so viele Mitglieder für ihresgleichen engagieren. Nicht nur als sind. Dass die Situation unklar scheint, ist ein typisches Kennzeichen Mandatsträger auf allen Ebenen im Verband, sondern auch in zahl- der aktuellen Krisen. Dass man für den Umgang damit einen guten losen Initiativen, Gruppierungen, Vereinen oder der Kommunalpoli- sicherheitspolitischen Kompass braucht, sollte jedem einleuchten. In tik. Viele von uns leben somit die Demokratie, die sie zu verteidigen der Realität scheint dies nur bedingt der Fall zu sein, anders lässt sich bereit sind. Der Schwerpunkt in dieser Ausgabe gibt einen kleinen das Hickhack um die Verlängerung des Anti-IS-Mandats nicht erklä- Überblick über die Vielfalt dieses Engagements und gelebter Kame- ren. Es mangelt eben noch immer an dem, was man gemäß Weißbuch radschaft. aus dem Jahr 2016 längst stärken wollte: der Strategiefähigkeit der Während ich diese Zeilen schreibe, laufen die letzten Vorbereitun- Bundesregierung. gen für einen der echten Höhepunkte im Verbandsjahr – für unseren Da Risiken und Bedrohungen leider zunehmen, ist es notwendi- Parlamentarischen Abend. Das ist die Gelegenheit, mit allen, die in ger denn je, unser wesentliches Ziel im Auge zu behalten: die Ein- unserer täglichen Arbeit wichtig sind, die uns unterstützen, die am satzbereitschaft der Bundeswehr. Diesem Ziel haben sich auch die selben Strang ziehen, die uns begleiten – und sei es medial –, ein paar Regierungsparteien verschrieben. Auch wenn es materiell und infra- entspannte Stunden abseits der täglichen Arbeit zu verbringen, im strukturell noch keine wesentlichen Fortschritte gibt, soll mit dem Gespräch zu bleiben und einfach mal Danke zu sagen. Den Bericht dieser Tage in den Bundestag kommenden Gesetzentwurf eines Be- über den Abend, aber auch wie wir weiter mit Zuversicht und Tat- soldungsstrukturenmodernisierungsgesetzes ein weiterer Schritt in kraft Verbandspolitik gestalten, lesen Sie dann in der kommenden Richtung Wiederherstellung der vollen Einsatzbereitschaft – im Be- Ausgabe. reich Personal – unternommen werden. Es geht um die Verbesserung der Konkurrenzfähigkeit des Dienstes in der Bundeswehr. Ganz klar: Mit kameradschaftlichen und kollegialen Grüßen Das Gesetz ist gut, viele Maßnahmen werden einen sehr guten Bei- trag leisten können. Allerdings sehen wir noch Verbesserungsbedarf bei einigen Punkten. Als „Jünger“ des „Struck‘schen Gesetzes“, wo- nach kein Gesetz aus dem Bundestag so herauskommt, wie es einge- bracht wurde, sind wir zuversichtlich, noch einiges bewegen zu kön- nen – so wie zuletzt beim Einsatzbereitschaftsstärkungsgesetz. In den letzten Wochen konnte ich etliche Gespräche mit Innenpolitikern im Bundestag führen und für unsere Anliegen werben. Immer wie- der erstaunlich: Viele Politiker sind der Bundeswehr gegenüber sehr aufgeschlossen, zugleich aber sind ihnen die Streitkräfte oft fremd. Es gibt da noch einiges zu tun, einerseits in der Vermittlung von Grund- lagen der Sicherheitspolitik Deutschlands und im Weiteren über den Daseinszweck sowie die Organisation unserer Streitkräfte. Denn das Verständnis des „Wofür Streitkräfte“ bleibt Voraussetzung für die Be- reitschaft von Politik und Gesellschaft, Steuermittel für das wesent- liche Instrument unserer Sicherheitspolitik zur Verfügung zu stellen.
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Dass es in unserem Magazin um uns geht, um Sie, um Euch – das ist nichts Neues. Aber dieses Mal geht es um einen ganz besonderen Aspekt: das Ehrenamt. Wenn ich so darüber nachdenke, hat es eine
André Wüstner, Bundesvorsitzender
DIE BUNDESWEHR | OKTOBER 2019 2 AKTUELL
Die „Tornados“ in Al-Asrak sollen noch bis Ende März 2020 fliegen.
Hilfsorganisationen. Gegen ein neues Mandat hatten sich in den vergange- nen Wochen wichtige Poli- tiker der SPD gesträubt und auf einen früheren Beschluss des Bundestags zum Abzug der Tornados Ende Oktober verwiesen. Die deutschen Flugzeuge liefern mit Flügen über Syrien fast 100 Prozent der taktischen Luftaufklä- rung, um Verstecke und Foto: Bundeswehr Foto: Rückzugsgebiete der militä- risch geschlagenen IS-Terro- risten zu finden. Bundeskabinett beschließt neues Der Linken-Verteidigungspolitiker Alexander Neu warf der Bundesregierung vor, den Bundes- tag getäuscht zu haben, indem kein Abzug vorbe- Irak-Mandat für Bundeswehr reitet worden sei. Auch das neue Mandat sehe kei- nen Abzugszeitplan vor. „Mit anderen Worten, Berlin. Der Einsatz deutscher Soldaten im Bünd- Bundestag muss erst noch zustimmen. Verteidi- die SPD ist mal wieder vor der Union eingeknickt nis gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) gungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer – der sogenannte Anti-IS-Einsatz läuft faktisch soll nach dem Willen der Bundesregierung um ein begrüßte die Einigung, für die ein Kompromiss auf unbestimmte Zeit weiter.“ weiteres Jahr verlängert werden. Allerdings soll mit der SPD nötig war. Der IS sei in der Fläche Bisherige Erfolge müssten gesichert und ein die Stationierung deutscher Tornado-Aufklärer weitgehend geschlagen und verübe nun Terroran- Wiedererstarken des IS müsse verhindert werden, in Jordanien und der Einsatz von Tankflugzeugen schläge aus dem Untergrund. „Wir stehen jetzt heißt es in dem Mandatstext. „Andernfalls droht für die Anti-IS-Koalition zum 31. März 2020 be- an einem entscheidenden Punkt“, sagte sie wei- ein erneutes Abgleiten in unsichere und volatile endet werden. Dagegen soll die Ausbildungshilfe ter. Werde der Druck zu früh verringert, sei die Verhältnisse mit negativen Auswirkungen auf die für Sicherheitskräfte im Irak bis zum 31. Okto- Terrormiliz wieder in der Lage, zu alter Stärke gesamte Region.“ dpa ber kommenden Jahres laufen. Das sieht das vom zurückzukommen. „Für diesen Kampf brauchen Kabinett in Berlin beschlossene neue Mandat vor. wir die Luftaufklärung, in der insbesondere wir Das Mandat sieht eine Obergrenze von 700 einge- Deutschen spezialisiert sind“, sagte sie. Dies die- setzten Soldaten vor, 100 weniger als bisher. Der ne auch dem Schutz der Zivilbevölkerung und der Ministerin stellt Reformpläne fürs Beschaffungswesen vor Koblenz. Verteidigungsministerin Anne- gret Kramp-Karrenbauer hat in Koblenz die Beschäftigten des BAAINBw (Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr) über die Zukunft
© Stephan Rürup des Beschaffungswesens der Bundeswehr informiert. Bei der Mitarbeiterversamm- lung machte die Ministerin deutlich, dass die Ausrüstung für die Soldatinnen und Soldaten schneller, besser und effizienter -ge liefert werden müsse als dies bisher erfolgt. Kramp-Karrenbauer beruhigte die Mitar- beiter der Behörde jedoch dahingehend, dass das Amt in der jetzigen Rechtsform an den derzeitigen Standorten bestehen bleibt. Diese Aussage stieß im Plenum auf große Zustimmung. Zudem betonte sie in der Versammlung, die in einer ruhigen, offenen und ehrlichen Atmosphäre verlief, dass sie die Gespräche mit den Personalvertretungen und auch dieser Mitarbeiterversammlung in ihre Entscheidungen einfließen lassen wird. Weitere Details auf unserer Website unter www.bit.ly/2kFCEUV ag
DIE BUNDESWEHR | OKTOBER 2019 INHALT 3
Foto: Google Earth 24
Die Krise um die Straße von Hormus verdeutlicht nicht nur unsere Abhängigkeit von freien Seewegen, sie ist auch und vor allem eine Krise der transatlantischen und europäischen Beziehungen. Der Gastbeitrag beleuchtet die Debatte um einen militärischen Einsatz vor Ort.
VERBAND AKTUELL POLITIK
1 Zur Sache: Einsatzbereitschaft und Ehrenamt 18 Haushaltsdebatte: Gut gewappnet gegen Krisen 21 Schweriner Gespräche: Diskurs zur Sicherheitspolitik 20 Truppenbesuche: Politiker on tour 22 Spieße: Wertvoller denn je 23 Mannschaften im DBwV: Starke Typen AUS DER TRUPPE 29 Europa: Northern Group Meeting EUROMIL 30 Heer: Bundestagsabgeordnete zu Besuch beim Heer TITEL 32 Luftwaffe: Logistik im Fokus 34 Marine: Erprobung des NH90 „Sea Lion“ 6 Ehrenamt: Eine Form gelebter Kameradschaft 36 Sanitätsdienst: Interview mit dem Inspekteur 7 Hilfe und Selbsthilfe: Soldaten gegen Sucht 38 Streitkräftebasis: Fachtagung in Berlin 8 Personalrat: Als ziviler Arbeitnehmer engagiert 41 CIR: Berufsbild Kryptologe 10 Familienbetreuung: Mit Wertschätzung belohnt 42 Ressourcen: Karrieretage in Koblenz 12 Offenes Ohr: Initiative für Partnerinnen von Soldaten 56 Betriebliches Gesundheitsmanagement: Gastbeitrag 13 Betreuer: Spaß und Abwechslung im Kinderferiencamp 14 Wertschätzung: Spenden für die Arbeit mit Versehrten FÜR UNSERE MITGLIEDER 16 Kriegsgräberfürsorge: Arbeitseinsätze im In- und Ausland 17 Vertrauensperson: In offener Diskussion 27 Ansprechpartner Auslandseinsatz 78 Ansprechpartner Verband intern Zu unserem Titelbild: 43 Beteiligungsrechte: Personalratswahlen 2020 Bundeswehrangehörige, die 58 Ehemalige/Versorgung: Zwölfter Teil der Beihilfeserie freiwillig und unentgeltlich 60 SaZ-Kurier: Besucherandrang beim Infotag ihre Kameraden unterstützen, 63 Reservisten: Wie geht es weiter mit der Reserve? engagieren sich weit über 64 Zivile Beschäftigte: Interesse am öffentlichen Dienst das dienstlich Notwendige 66 KTMS-Jahresprogramm 2020 hinaus. Wertschätzung, ein 68 Aus den Landesverbänden glückliches Lächeln und liebe 76 Justitia: Überschreitung der Altersgrenze von 65 Jahren Worte wie im abgebildeten 80 Gedenken Dankesbuch sind ihnen Lohn 82 FöG-News: Betreuung von Angehörigen und Ansporn. (Foto: DBwV/ 87 Personalia Schmidt) MAGAZIN
48 Leserbriefe Unsere Beilage „Qualifikation und Ausbildung“ finden Sie ab 84 Freizeit: Kino, CD/DVD, Auto, Rätsel Seite 49 in dieser Ausgabe. 88 Impressum
DIE BUNDESWEHR | OKTOBER 2019 4 HISTORISCHES KALENDERBLATT 1949 Vor 70 Jahren Vor 70 Jahren Deutsche Demokratische Deutscher Gewerkschaftsbund Republik (DDR) wird 13 (DGB) in München gegründet
Foto: picture-alliance/dpaFoto: ausgerufen Oktober Erster Baustein für das Prinzip der Sozialpartner- Keine fünf Monate nach Gründung der schaft, nach dem auch der BundeswehrVerband Bundesrepublik Deutschland war auch arbeitet: Am 13. Oktober 1949 wird in München der demokratische neue der zweite deutsche Staat ausgerufen: Am 7. Oktober erklärte sich der 2. Deut- Dachverband der Gewerkschaften für sche Volksrat im Gebäude der DWK in der Leipziger Straße in Ost-Berlin am die Bundesrepublik gegründet – der
7. Oktober 1949 zur Provisorischen Volkskammer. Er setzte die Verfassung Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB). picture-alliance/dpaFoto: der DDR in Kraft, womit die Deutsche Demokratische Republik gegründet In den Westzonen waren schon kurz war. Die wurde von der Einheitspartei SED geführt und etablierte ein dikta- nach dem Zweiten Weltkrieg erste Ar- torisches Regime auf dem Gebiet der nach dem Zweiten Weltkrieg sowjetisch beitnehmervertretungen entstanden. besetzten Zone. Dabei hatte die sowjetische Militäradministration (SMAD) Die westlichen Besatzungsmächte be- zunächst formal ein pluralistisches Parteiensystem in ihrer standen dabei auf einem Aufbau von 1949 Zone ermöglicht. Sie genehmigte die Wiederbetätigung von unten nach oben. Doch erst nachdem sich die Westzonen im April 1949 zur KPD und SPD sowie die Neugründungen der CDU und sogenannten „Trizone“ zusammengeschlossen hatten und die Gründung LDP. Als eine Fusion der KPD mit der SPD zur gemeinsa- der Bundesrepublik vorbereitet war, lagen alle Voraussetzungen für die men Arbeiterpartei nicht zustande kam, setzten die Sowjets Gründung des Dachverbands der deutschen Gewerkschaften vor. Der DGB 7 auf Druck. Sie nötigten die (Ost-)SPD durch massiven Druck wurde am 13. Oktober 1949 in München von 16 Branchengewerkschaften Oktober 1946 zu einer Zwangsvereinigung mit der KPD zur SED. Bei gegründet. Der Gründungskongress, auch Parlament der Arbeit genannt, Wahlen im Oktober 1946 erreichte die SED mit 47,5 Prozent wählte den 74-jährigen Hans Böckler zum ersten DGB–Vorsitzenden. Das nicht die angestrebte absolute Mehrheit. Über die Volks- Prinzip der Einheitsgewerkschaft war nun programmatischer Grundsatz kongressbewegung holte die SED jedoch neue Blockparteien und Massenor- der DGB–Gewerkschaften. Politische Richtungsgewerkschaften, wie sie in ganisationen in den antifaschistischen Block. Zudem wurde ein sogenannter der Weimarer Republik bestanden, sollten so von vornherein ausgeklam- Deutscher Volksrat berufen, der eine Verfassung für Gesamtdeutschland zur mert werden. Rechtliche Grundlage aller berufsständischen Interessenver- Gründung einer Deutschen Demokratischen Republik ausarbeiten sollte. Im tretungen ist der Artikel 9 des Grundgesetzes, der die Koalitionsfreiheit zur März 1949 wurde eine auf einem entsprechenden Entwurf der SED von 1946 Wahrung wirtschaftlicher Interessen garantiert. fh fußende Verfassung vom 1. Deutschen Volksrat angenommen. Im Mai 1949 wurde über Einheitslisten der 3. Volkskongress gewählt. Doch selbst jetzt erzielten die Einheitsparteien keine Mehrheit. Also wurden kurzer- Vor 90 Jahren 1929 hand die ungültigen Stimmzettel als Ja-Stimmen gewertet. Am Abend des 16. Börsenkrach an der New Yorker Wall Mai 1949 wurde dann offiziell bekannt gegeben, dass 66,1 Prozent der Wähler mit „Ja“ gestimmt hätten. Der so „gewählte“ 3. Volkskongress bestätigte am 30. Street löst Weltwirtschaftskrise aus Mai 1949 die Verfassung und setzte den 2. Deutschen Volksrat als ständiges Die „Goldenen Zwanziger“ 24 Organ ein. fh endeten in einer Katas Oktober trophe: Der folgenreichste Börsenzusammenbruch der Vor 70 Jahren Geschichte vom 24. Oktober 1929 an stürzte die Mao Tse-tung proklamiert die Volksrepublik China Welt in eine wirtschaftliche und politische Krise. Die an der New Yorker Börse notierten Unternehmen verloren allein am 24. Ein langer Weg lag hinter dem Chef der Kommu- Oktober von 11 bis 13 Uhr rund 11 Milliarden US-Dollar, ungefähr 1,5 Pro- nistischen Partei (KP) Chinas, als er am 1. Ok- zent des damaligen Jahres-Bruttosozialprodukts der USA. Der Tag ist in Euro- tober in Peking die Volksrepublik China ausrief. pa als Schwarzer Freitag bekannt geworden, da die schlechten Nachrichten den Und das in jeder Hinsicht. Vorausgegangen waren Alten Kontinent erst am 25.10. erreichten, einem Freitag. Vorausgegangen war Machtkämpfe Mao Tse-tungs und seiner Partei eine Spekulationsblase. In den 1920er Jahren hatte eine unaufhaltsam schei-
Foto: picture-alliance/dpaFoto: mit den Kuomintang unter Führung Tschiang nende Hausse den Dow Jones getrieben. Neben Großanlegern und Firmen Foto:picture alliance/Glasshouse Images alliance/Glasshouse Foto:picture Kai-sheks. Und in dieser Auseinandersetzung investierten auch zahlreiche Kleinanleger. Als der Dow Jones jedoch in den drohte Tschiang in den 30er Jahren die Ober- ersten Oktoberwochen 1929 deutlich verlor, brach Nervosität aus. Banken und hand zu behalten. Mao musste 1934/35 mit rund Investmentfirmen begannen mit Stützungskäufen. Doch der Crash war nicht 90 000 Gefolgsleuten flüchten und einige der unwegsamsten Regionen Chinas mehr aufzuhalten. Er zog sich über Tage hin. Endgültig brach der Markt am durchqueren. Am Ende des rund ein Jahr währenden sogenannten Langen darauffolgenden Dienstag (29.10.) zusammen, der im angelsächsischen Raum Marschs waren mehr als 12 000 Kilometer zurückgelegt, nur rund 7 000 Kom- als Schwarzer Dienstag bekannt ist. An diesem Tag versuchten alle Investoren, munisten übriggeblieben und Mao unangefochtener Führer der KP Chinas. gleichzeitig ihre Aktien zu verkaufen. Die Banken forderten ihr Geld zurück Die Heldengeschichte gehört seither zu den Gründungsmythen der Volks- und zwangen oft die Anleger, ihre als Sicherheit hinterlegten Aktien zu verkau- republik. In den abgelegenen Gebieten im Norden Chinas überdauerten die fen. Verkäufe zu jedem Preis ließen einige Aktien im Wert um 99 Prozent fal- Anhänger Maos die kommenden Jahre. Japan hatte inzwischen Teile Chinas len. In Europa brachen ebenfalls die Aktienmärkte zusammen, etliche Vermö- besetzt und nach der Kapitulation des Kaiserreichs entbrannte die Macht- gen wurden zerstört und Unternehmen mussten aufgeben. Die meisten Länder frage neu. Maos Volksbefreiungsarmee konnte sich letztlich durchsetzen. Sie hatten aus der Zeit des Ersten Weltkriegs noch Schulden bei den USA, die nun hatte die Landbevölkerung hinter sich und profitierte von ihr Geld zurückzogen. Neben den USA traf die Finanz- und Wirtschaftskrise 1949 der Korrumpierbarkeit der Kuomintang. Tschiang floh Deutschland am härtesten. Die Regierung Heinrich Brünings setzte auf harte schließlich auf die Insel Taiwan. Sparpolitik. Die Nachfrage brach zusammen und eine Deflation entstand. Die Mit der Ausrufung der Volksrepublik war Mao am Ziel. Arbeitslosigkeit wuchs bis 1933 auf über 30 Prozent. Extremistische Parteien In den folgenden Jahrzehnten wuchs das Riesenreich der wie die NSDAP errangen Wahlerfolge. Die Weltwirtschaftskrise war erst im 1 Mitte zu einer Weltmacht heran. fh Jahr 1933 überwunden, als Adolf Hitler bereits die Macht errungen hatte. fh Oktober
DIE BUNDESWEHR | OKTOBER 2019 NOTIZEN AUS DER HAUPTSTADT 5
Jan Meyer, Herausgeber Berlin Skyline © rare – Fotolia.com Dicke Schiffe, kühne Ratschläge und ein fetter Schuss in den Ofen
Bayerns Minister- nisterium, zu verbessern. Dezentralisierung und präsident Markus das Zusammenführen von Führungsverantwor- Söder sagt: Die tung und Ressourcen auf der jeweiligen Ebene Bundeswehr sind der Schlüssel zum Erfolg.“ braucht einen
Foto: picture alliance/dpaFoto: Hubschrauber- ✶✶✶✶ träger – aber vor allem eine bessere Manchmal ist es schon ganz praktisch, wenn man Ausstattung und nicht selbst auslöffeln muss, was man angerührt mehr Munition. hat … Das dürfte sich die künftige EU-Kommissi- onspräsidentin Ursula von der Leyen in Brüssel ge- dacht haben, als sie die jüngsten Nachrichten vom Bundesrechnungshof im „Spiegel“ lesen musste. Die Kontrolleure haben sich mit einem Projekt befasst, das von der Leyen 2016 als Verteidigungsministerin bei der Münchner Sicherheitskonferenz verkündet hatte: die Ausbildung von syrischen Flüchtlin- gen. Ursprünglich sollten sie die neu erworbenen Wenn das so weitergeht, haben wir bald wieder eine sion“ zum Beispiel. Oder „dysfunktionale Struk- Kenntnisse dann beim Wiederaufbau ihrer zerstör- ansehnliche Hochseeflotte! Im Frühjahr brach- turen“. Sie hindern die Führungsorganisation der ten Heimat nach dem Bürgerkrieg einsetzen. Das Wte Annegret Kramp-Karrenbauer, damals noch Bundeswehr daran, effektiv zu sein, sie erzeugen Fazit des Rechnungshofs fällt dem Bericht nach nicht Verteidigungsministerin, einen deutsch-fran- das, was der Wehrbeauftragte Hans-Peter Bartels verheerend aus: Das Programm sei „sowohl unwirt- zösischen Flugzeugträger ins Gespräch, jetzt regt ein „Bürokratiemonster“ nennt. Wie man dem zu schaftlich als auch unwirksam“ gewesen. Und diese der bayerische Ministerpräsident Markus Söder Leibe rücken könnte, das hat der Generalinspekteur Bilanz wird sauber belegt: In den Jahren 2016 und die Beschaffung eines Hubschrauberträgers an, jetzt die Teilnehmer des „Lehrgangs Generalstabs-/ 2017 haben 217 Flüchtlinge an jeweils vierwöchi- mit dem die deutsche Marine „vom leider bald eis- Admiralstabsdienst National“ untersuchen lassen, gen Schnupperkursen teilgenommen. Die Kosten: freien Nordmeer bis zum Südchinesischen Meer“ völlig frei von bestehenden Vorgaben und Struktu- fünf Millionen Euro, pro Kopf rund 23 000 Euro. unseren Bündnisverpflichtungen nachkommen ren. Das taten die künftigen militärischen Führer 900 000 Euro gingen für Dolmetscher drauf, 2,4 könne. Tatsächlich hat Söder im Interview mit der dann auch, wie Teilnehmer der „Welt“ berichteten. Millionen für die Personalkosten der beteiligten „Bild am Sonntag“ eine Reihe hörenswerter Sätze Ihre Erkenntnis: In ihrer jetzigen Struktur sei die Soldaten. Für eine halbe Million wurde Werkzeug gesagt. Gefragt, ob der Klimaschutz wirklich das Bundeswehr nicht „kriegstauglich“, da zu wenig an beschafft, das die Flüchtlinge anschließend gar wichtigste Thema Deutschlands sei, antwortete er, Landes- und Bündnisverteidigung ausgerichtet. Ihr nicht benutzen durften – aus „Sicherheitsgründen“. ökologische Fragen müssten mit der konjunkturel- Vorschlag: Führung müsse „neu gedacht“ werden, Am Ende fanden dann nur ganze zwei Flüchtlinge len Entwicklung verbunden werden. Ebenso wie die Organisation an hybride Konfliktbilder ange- einen Job. in Zukunftsthemen und Infrastruktur müsse in passt, der „Wasserkopf“ verkleinert werden. Statt Sicherheit investiert werden. Seine klare Forderung: Heer, Luftwaffe, Cyber, Sanität und SKB brauche Deutschland soll das Zwei-Prozent-Ziel anstreben. man schlanke „Systemverbünde“, zuständig für Mit dem zusätzlichen Geld sollten dann nicht nur Land, Luft, See und den Cyberraum. neue Schiffe, sondern auch eine bessere Ausstattung Generalinspekteur Eberhard Zorn seinerseits für die Soldaten, Ersatzteile und Munition gekauft will die Führungsorganisation kontinuierlich
werden. Letztere besonders, denn: „Die Bundes- weiterentwickeln und kündigte an, dazu die Bundeswehr/Kraatz Foto: wehr hat nach Einschätzung vieler Experten nur für „Impulse“ des Nachwuchses in seine Überlegun- einen Tag Munition. Wir sollten eine Reserve von gen einfließen zu lassen. Der Bundesvorsitzende mindestens einem Monat haben.“ Oberstleutnant André Wüstner begrüßt die Re- formbestrebungen. Er sagte der „Welt“: „Eine An- ✶✶✶✶ passung der nationalen Führungsorganisation ist dringend geboten. Unsere Ministerin muss den Es gibt Worte, die sind genauso schlimm wie die Mut aufbringen, die Führungs- und Steuerungs- Teuer und ineffektiv: Die Ausbildung syrischer Flüchtlinge Dinge, die sie beschreiben. „Verantwortungsdiffu- fähigkeit in der Bundeswehr, beginnend im Mi- durch die Bundeswehr war kein Erfolg.
DIE BUNDESWEHR | OKTOBER 2019 6 TITEL: EHRENAMT
Ehrenamt als eine Form gelebter Kameradschaft
Das freiwillige Engagement von Soldaten für ihre Kameraden ist vielfältig
Stellen lösen lässt. Deshalb zählt auch hier der ehrenamtliche Ansatz, um eine umfängliche Be- treuung der Familien erreichen zu können. Dass sich auch außerhalb der gesetzlich vorgegebenen Bereiche Angehörige der Bundeswehr für ihre Kameraden engagieren, zeigt beispielhaft die Sol- datenselbsthilfe gegen Sucht. Eine weitere Form der Familienbetreuung sind die im Norden mit Unterstützung der Evangeli- schen Arbeitsgemeinschaft für Soldatenbetreu- ung ausgerichteten Feriencamps. Hier werden Kinder von Soldaten während der Ferien und außerhalb der Urlaubszeiten ihrer Eltern betreut – ausschließlich von Freiwilligen. Ein völlig an- deres Thema ist die Kriegsgräberfürsorge. Hier nehmen Kameraden Urlaub, um die Kriegsgräber deutscher Soldaten im Ausland zu pflegen und zu erhalten. Das ist ebenfalls Ehrenamt im klassi- schen Sinne. Das Ehrenamt geht weit über das dienstlich Er- forderliche hinaus. Angehörige der Bundeswehr stellen sich diesem gerne, es liegt im Selbstver- ständnis des Soldatentums und spiegelt sich bei- Foto: magele-picture-stock.adobe.com Foto: spielsweise in der gelebten Kameradschaft wider.
Von Marco Thiele gesamtgesellschaftlich ein Unsere Mitglieder kennen das: Die ehrenamt- Rückgang dieses Engage- liche Tätigkeit ist ein Grundpfeiler unseres ments beklagt wird, fin- UBundeswehrVerbands. Vom Vorsitzenden der den sich doch noch viele Vielen genügt die Belohnung durch örtlichen Kameradschaft bis hoch zum Bundes- Menschen, die sich für an- vorstand funktioniert unsere Interessenvertre- dere einsetzen, ohne nach leuchtende Kinderaugen, durch tung ehrenamtlich. einer materiellen Entloh- Dankesworte, durch ein glückliches Vieles in unserer Gesellschaft fußt auf einem nung zu fragen. Vielen funktionierenden Ehrenamt. Sportvereine, genügt die Belohnung Lächeln. kirchliche Vereinigungen, soziale Hilfen wie zum durch durch leuchtende Beispiel die Tafeln, Kommunalpolitik, Jugend- Kinderaugen im Ferien- FREGATTENKAPITÄN MARCO THIELE oder Elterngruppen, die Flüchtlingshilfe, das camp, durch Dankesworte THW oder die Freiwilligen Feuerwehren und so bei den Tafeln, durch ein weiter wären nicht möglich ohne die engagierten glückliches Lächeln von Menschen, die direk- Neben dem eingangs erwähnten Engagement im und überwiegend unentgeltlichen Tätigkeiten te Hilfe erfahren. Tatsächlich findet aktuell ein privaten Umfeld, das hier nicht näher beleuchtet vieler Menschen. Was übrigens in der untenste- Umdenken gerade bei jungen Menschen statt, das wird, aber gleichwohl immens wichtig ist, geht es henden Definition fehlt, ist der Umstand, dass Ehrenamt wird dankenswerterweise wiederent- uns an dieser Stelle um die Angehörigen der Bun- dieses Engagement zusätzlich zur „normalen“ deckt. deswehr, die sich über das normale Maß hinaus Arbeit stattfindet – also in der Freizeit, nach Auch innerhalb der Bundeswehr ist das Ehren- für ihre Kameraden und Kollegen einsetzen. Ih- Feierabend oder am Wochenende. Auch wenn amt ein nicht zu vernachlässigender Faktor. Hier nen gelten unsere Anerkennung und unser Dank fallen zuerst die Vertrauensperson oder der Perso- für ihre Tätigkeit. Und vielleicht gelingt es da- nalrat ins Auge. Beides sind gesetzlich veranker- durch auch, weitere Freiwillige zu gewinnen, die Eh·ren·amt te Institutionen – ihre tatsächliche Umsetzung sich einsetzen, um an bekannten oder vielleicht steht und fällt aber mit dem Engagement der ge- noch unbekannten Stellen zu helfen. /'e:rən|amt,Éhrenamt/ wählten Kandidaten. In der Familienbetreuung Substantiv, Neutrum [das] gibt es ebenfalls eine gewisse Zahl an Dienstpos- [ehrenvolles] (besonders öffent- ten, die mit sehr engagierten Menschen besetzt Fregattenkapitän Marco Thiele ist im Bun- liches) Amt, das überwiegend sind. Gleichwohl ist der Arbeitsansatz deutlich desvorstand zuständig für die Arbeitsgruppe „Be- unentgeltlich ausgeübt wird höher, was sich nicht immer durch zusätzliche treung und Fürsorge”.
DIE BUNDESWEHR | OKTOBER 2019 TITEL: EHRENAMT 7 Foto: SSHS Foto: Foto:DBwV/gr. Darrelmann Foto:DBwV/gr.
Auf zahlreichen Veranstaltungen zeigt die SSHS Flagge, hier Auch zum BundeswehrVerband unterhält die SSHS gute Kontakte. Hier begrüßt Vorsitzender Thomas Eckeberg beim Gesundheitstag am 4. September in Bonn. DBwV-Chef Oberstleutnant André Wüstner während der vom SSHS ausgerichteten Sommerrüstzeit 2016. Hilfe und Selbsthilfe
Wer knüpft am besten den Gesprächsfaden zu Menschen, die von Krankheit und Leid gezeichnet sind? Genau: derjenige, der diese Erfahrung selbst gemacht hat. Deswegen ist Hauptmann Thomas Eckeberg, Vorsitzender der Soldatenselbsthilfe gegen Sucht (SSHS), ein glaubwürdiger Fürsprecher und Organisator der Selbsthilfeeinrichtung. Denn früher war er selbst alkoholkrank. Heute hilft er Kameraden, von Suchtmitteln aller Art loszukommen.
Die Bundeswehr: Sie sind seit zehn Jahren Vor- der Stigmatisierung der Betroffenen entgegen- fen haben. Das ist ein steter Ansporn, mit der Ar- sitzender der SSHS. Was treibt Sie an, dieses wirken soll, offen ansprechen und die Menschen beit in der SSHS fortzufahren. Engagement so lange neben dem Dienst zu be- informieren. treiben? Welches Ereignis im Zusammenhang mit Ihrem Hauptmann Thomas Eckeberg: Vor allem die Was ist Ihre emotionale „Belohnung“ für die Engagement ist Ihnen besonders in Erinnerung Dankbarkeit, dass ich meine eigene Krankheit Tätigkeit in der SSHS? geblieben? erkannt und zum Stillstand gebracht habe. Mit Die Tätigkeit in der SSHS ist für mich auch eine Eine ganz besondere Erinnerung ist sicherlich die meinen Erfahrungen möchte ich fehlende oder Art „Lebensversicherung“, um „trocken“ zu blei- Reportage des Y-Magazins aus dem Jahr 2015, in unvollständige Informationen bei Vorgesetzten, ben. Das funktioniert, weil ich mich auf diese der die SSHS und ich vorgestellt wurden. Dort Kameraden, Freunden, Bekannten, Familienmit- Weise immer wieder mit dem Thema beschäftige konnte ich ausführlich über meine Sucht berich- gliedern und auch bei Ärzten mit Vorträgen und und sehe, was Suchterkrankungen anrichten kön- ten. Interessant und neu war für mich die Sicht- Veranstaltungen ergänzen. Das ist und bleibt ein nen. Nicht umsonst sagt man auch: „Gehe immer weise meiner Familie. Denn die Redakteure vom stetiger Prozess. Des Weiteren möchte ich Betrof- wieder in eine Selbsthilfegruppe, um trocken zu Magazin hatten angefragt, ob sie auch meine Kin- fenen verschiedene Wege aus der Sucht aufzeigen bleiben.“ Meine Arbeit in der SSHS ist für mich der befragen könnten. Ich stimmte zu und gab und sie dabei begleiten und betreuen. also ein Stück weit Selbsthilfegruppe. meinen Kindern freie Hand. Sie konnten alles so erzählen, wie sie es empfunden haben. Das haben Wie vereinbaren Sie das mit ihren sonstigen Welche Erfahrungen machen Sie darüber hin- sie dann auch getan – und das war tatsächlich die Verpflichtungen? aus? emotionale Aufarbeitung pur. fh Für meine Arbeit in der Soldatenselbsthilfe gegen Ich bin auch nach zehn Jahren als Vorsitzender Sucht e.V. als betrieblicher Suchtkrankenhelfer immer wieder erstaunt, wie schlecht die Men- und als Vorsitzender bleibt es nicht aus, dass viele schen informiert sind – sowohl über Suchter- Dinge am Abend oder am Wochenende erledigt krankungen als auch über die Hilfsangebote, die werden. Natürlich kann ich jedoch für Vorträ- wir als Selbsthilfeeinrichtung machen. Da stehen SSHS Foto: ge, die während der normalen Dienstzeit in den Menschen vor mir und sagen: „Das habe ich noch Einheiten stattfinden, nicht den Abend oder das nie gehört!“ oder „Das habe ich gar nicht gewusst, Wochenende nutzen. Hier kommt es auf Abspra- dass es so etwas überhaupt gibt!“ Eine wirklich Hauptmann chen und die Unterstützung der Vorgesetzten an. schöne Erfahrung ist jedoch die Rückäußerung Thomas Eckeberg (l.) Auch ein „Tag der Gesundheit“ an einem Stand- vieler Betroffener, denen wir helfen konnten. Sie mit Generalinspekteur ort ist eine hervorragende Möglichkeit. Bei sol- sind einfach sehr dankbar für unsere Unterstüt- Eberhard Zorn beim chen Gelegenheiten können wir unser Anliegen, zung. Viele melden sich, nachdem sie erfolgreich Tag der offenen Tür der das oft nach wie vor ein großes Tabu darstellt und eine Therapie gegen ihre Erkrankung durchlau- Bundesregierung
DIE BUNDESWEHR | OKTOBER 2019 TITEL: EHRENAMT
„Mit dem DBwV habe ich einen starken Verband im Rücken“
Rolf Dieter Schrader ist Fotograf im Fachmedienzentrum und im Gesamtpersonalrat an der Unteroffizierschule des Heeres und im örtlichen Personalrat Delitzsch aktiv. Denn für ihn ist es wichtig, sich einzubringen und etwas zu bewegen.
Kameraden ist ein amtlichen Tätigkeit in den Personalvertretungen wesentlicher Teil zu finden. meiner statusgrup- Die Informationen, die ich als Mitglied im penübergreifenden DBwV bekomme, helfen mir bei meiner Arbeit
Foto: DBwV/Scheurer Foto: Tätigkeit. In diesen als Gruppensprecher und nun als stellvertreten- Gesprächen hört der Vorsitzender der Truppenkameradschaft De- man nicht nur die litzsch viel Zeit zu sparen. Schwierigkeiten he- raus, sondern findet Erfahrene Personalvertreter raten dazu, mit auch Lösungsmög- der Arbeit im Personalrat an der Basis zu begin- lichkeiten. Natürlich nen, ehe man sich später zur Wahl in das nächst- müssen auch die Per- höhere Gremium stellt. Was halten Sie davon? sonalratssitzungen Das kann ich voll und ganz unterstreichen. Es hat vorbereitet werden. mir die Arbeit deutlich erleichtert, dass ich die Arbeit von der Basis her lernen und in die Aufga- Mit welchen Vor- be hereinwachsen musste. Insbesondere die vielen stellungen haben Sie Zusammenhänge zu erlernen und zu erkennen, Ihr Mandat ange- bedarf es viel Zeit. treten? Wie gesagt, ich woll- Foto:xxxxxxxxxxxxx Was würden Sie jemandem raten, der sich te etwas bewegen möglicherweise zur Wahl zur Vertrauensperson und mich einbrin- Wer selbst in einem ersonalrat mitarbeiten m chte, kann sich für die Wahlen im nächsten ahr oder zum Personalratsmitglied stellen würde, aufstellen lassen. gen. Das dieses wich- aber noch unentschlossen ist? tig ist, hat sich bei Dieses ist eine sehr schöne Frage und darauf kann den letzten beiden ich nur sagen: Trauen Sie sich, lassen Sie sich auf Die Bundeswehr: Wie und wann sind Sie zu Ihrer Umgliederungen an meiner Dienststelle gezeigt. die Liste setzen, bringen Sie sich ein und bewegen ehrenamtlichen Tätigkeit gekommen? Hier war es sehr wichtig, für die Bundeswehrbe- Sie die Dinge mit! Rolf Dieter Schrader: Im Vorfeld der Personal- schäftigten der Dienststelle da zu sein und ihnen ratswahlen 2004 bin ich von Kollegen ange- zum Beispiel Versetzungsängste zu nehmen. Wollen Sie bei den nächsten Wahlen wieder an- sprochen wurden, ob ich mir vorstellen könnte, treten? im Personalrat mitzuarbeiten. Seitdem bin ich Konnten Sie etwas davon erreichen? Im Jahr 2020 werde ich natürlich wieder für den Mitglied im Gesamtpersonalrat an der Unterof- Ich habe aus meiner Sicht einiges erreicht. Bei- örtlichen und den Gesamtpersonalrat kandidie- fizierschule des Heeres und im örtlichen Perso- spielhaft möchte ich die Verbesserung von Ar- ren. Erstmals stelle ich mich auch zur Wahl im nalrat Delitzsch. Mittlerweile bin ich seit 2016 beitsplätzen unserer Dienststelle nennen. Beson- Bezirkspersonalrat beim Kommando Heer. der Gruppensprecher Arbeitnehmer im örtlichen ders stolz bin ich auf unsere Dienstvereinbarung und im Gesamtpersonalrat. zur Regelung der Arbeitszeit, die wir auf der Ebene des Gesamtpersonalrats und später im ört- Warum haben Sie sich wählen lassen? lichen Personalrat geschlossen haben. Hier habe Mir war es wichtig, etwas zu bewegen und mich ich mich besonders einbringen können. Auch bei einbringen zu können. Über die Personalvertre- Personalmaßnahmen konnte in der Vergangen- tungsgremien hat man diese Möglichkeit, etwas heit einiges bewirkt werden. für die Beschäftigten aller Statusgruppen ver- bessern zu können. Mit dem Deutschen Bun- Eine Frage, die sicher vor allem diejenigen inter- deswehrVerband habe ich einen starken Verband essiert, die sich möglicherweise selbst zur Wahl im Rücken. Es war mir wichtig zu wissen, dass aufstellen lassen würden: Wieviel Zeit inves- jemand da ist, der mich jederzeit unterstützt. tieren Sie in Ihr Ehrenamt? Dieses ist eine sehr schwierige Frage und lässt sich Worin besteht im Wesentlichen Ihre Arbeit? nicht so genau beziffern. Hier ist es immer eine Das tägliche Gespräch mit meinen Kolleginnen Herausforderung, ein gesundes Verhältnis zwi-
und Kollegen sowie den Kameradinnen und schen den dienstlichen Aufgaben und der ehren- Rolf Dieter Schrader Foto: USH - Fachmedienzentrum
DIE BUNDESWEHR | OKTOBER 2019 TITEL: EHRENAMT 9
„Positives Feedback motiviert zusätzlich“
Oberstleutnant Torsten Klein ist seit 1988 bei der Bundeswehr und aktuell Referent im Re- Oferat P I 5 des Verteidigungsministeriums. Seit sieben Jahren ist er zudem ehrenamtlich als Mit-
glied im örtlichen Personalrat (ÖPR) des BMVg DBwV/Scheurer Foto: aktiv. „Zum einen macht mir die gemeinsame Arbeit mit meinen Kameraden und den Kolle- ginnen und Kollegen Spaß. Zum anderen be- kommen wir viel positives Feedback, und das motiviert zusätzlich“, nennt er einige Gründe, warum er seitdem dabei ist. An die Anfänge kann er sich noch gut erin- nern: „Mir fehlte ehrlich gesagt die Vorstellung davon, womit sich ein örtlicher Personalrat im Ministerium tatsächlich beschäftigen würde. Nach der Wahl stellte ich dann fest, dass ich damit nicht allein war.“ Wenn man aber mit Engagement und Ideenreichtum an eine solche Aufgabe herangehe, könne gemeinsam viel für die Beschäftigten erreicht und das Vertrauen der Wähler in ihren Personalrat gewonnen werden. Ob zivil oder in Uniform: Personalvertreter haben immer ein offenes Ohr für die Kameraden und Kollegen. Wenn die Dienststellenleiterin zugleich Ver- teidigungsministerin ist, hat das auch Auswir- Bei den Aufgaben des ÖPR BMVg Berlin gibt „Für weitere Sitzungen wie das Monatsgespräch kungen auf die Arbeit des ÖPR. Denn damit be- es seiner Einschätzung nach keine Unterschiede oder Gespräche mit den Abteilungsleitungen steht eine ständige Nähe zur Leitung des BMVg, zu den örtlichen Personalräten anderer Dienst- kann da noch ein halber Tag hinzukommen“, nicht nur zur Ministerin, sondern auch zu den stellen. Zu den Themengebieten gehörten unter berichtet der Offizier. Da die Teilnahme an der Staatssekretären und den Abteilungsleitungen. anderem die Arbeitsbedingungen, Personalan- Grundschulung und an Tagungen immer im „Man muss angesichts dieser Nähe aufpassen, gelegenheiten und Auswahlverfahren bei Nach- Rahmen von Freistellungen und somit in der Ar- nicht auf falschen Ebenen zu agieren. Beteiligung besetzungen von Dienstposten im Hause. „Da- beitszeit stattfand, fühle er sich in seiner Freizeit ist nicht umsonst gestuft organisiert“, sagt Klein. rüber hinaus nehmen die Anträge auf Mehrar- nicht eingeschränkt. Die übergeordneten Angelegenheiten seien Sache beit, Telearbeit und mobiles Arbeiten einen im- des Gesamtvertrauenspersonenauschusses und mer größeren Anteil ein“, erzählt er. Keine Zeit zum „Ausprobieren“ des Hauptpersonalrats, der sodann über die vor- Grundsätzlich investiert Klein einen halben Klein selbst ist 2012 gefragt worden, ob er bereit gegebenen Ebenen unterbeteiligt. bis einen Tag in der Woche für die ÖPR-Arbeit. wäre, im Personalrat mitzuwirken. „Ja“ gesagt zu haben, hat er bis heute nicht bereut. Und er rät auch anderen dazu, sollten sie in eine ähnliche Situation kommen: „Grundsätzlich bin ich der Meinung, dass man nicht ablehnen sollte, wenn man für ein Ehrenamt vorgeschlagen wird. Die Zu Torsten Klein: Wählergruppe wird sich zuvor gute Gedanken zu dem Vorschlag und zur Person gemacht ha- Geboren am 23. Oktober 1967 ben.“ Allerdings gebe es bei der Übernahme ei- in Lübeck nes Ehrenamts kein „Ausprobieren“. Im Zweifel seien dann die Vorgänger oder Kameraden in • Eintritt in die Panzertruppe der vergleichbarer Funktion die richtigen Ansprech- Bundeswehr 1988 partner. Wenn man sich aber für die Arbeit als • 1991 Studium der Pädagogik in Personalvertreter entscheide, müsse man bereit Hamburg sein, sie über die vorgesehene Legislaturperiode • Verwendungen als KpChef 5./ entschlossen und engagiert auszuüben. PzBtl 74, KpChef Stabskompanie Er selbst will auch bei den Personalratswahlen PzBrig 18, Stv BtlKdr PzBtl 183, im kommenden Jahr wieder antreten. „Ich würde Ltr StudFachBer B HSU/UniBw H mich sehr freuen, auch weiterhin für die Gruppe • Teilnahme an Einsätzen in Bosni- der Soldaten im Gremium aktiv sein zu können“, en-Herzegowina und Afghanistan sagt Klein. Zudem gebe es noch einige Dinge, die • Aktuell Referent im BMVg, der ÖPR weiterführen und zum Guten bewegen Referat P I 5 (Hochschulen der könne. GK Bundeswehr) Ein vollständiges Interview mit Oberst- leutnant Torsten Klein lesen Sie online unter: https://bit.ly/2lSiZ4k
DIE BUNDESWEHR | OKTOBER 2019 TITEL: EHRENAMT