Der Eiger – Der Berg, Auf Dem Man Niemals Ankommt
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SÜDWESTRUNDFUNK SWR2 Wissen - Manuskriptdienst Der Eiger – Der Berg, auf dem man niemals ankommt Autor: Peter Jaeggi Redaktion: Detlef Clas Regie: Eigenproduktion des Autors Sendung: Donnerstag, 24.07.2008, 8.30 Uhr, SWR 2 Wissen Wiederholung: Montag, 20. Juli 2009, 8.30, SWR 2 Wissen _________________________________________________________________ Bitte beachten Sie: Das Manuskript ist ausschließlich zum persönlichen, privaten Gebrauch bestimmt. Jede weitere Vervielfältigung und Verbreitung bedarf der ausdrücklichen Genehmigung des Urhebers bzw. des SWR. Mitschnitte auf CD von allen Sendungen der Redaktion SWR2 Wissen/Aula (Montag bis Sonntag 8.30 bis 9.00 Uhr) sind beim SWR Mitschnittdienst in Baden-Baden für 12,50 € erhältlich. Bestellmöglichkeiten: 07221/929-6030 _________________________________________________________________ Entdecken Sie den SWR2 RadioClub! Lernen Sie das Radioprogramm SWR2 und den SWR2 RadioClub näher kennen! 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Musik Alphorn O-Ton Heckmair Vor uns haben alle Versuche tragisch geendet. Amstädter Ich weiß nur, dass sich Hitler während diesen vier Tagen der Erstbesteigung stündlich über den Fortgang der Erstbesteigung berichten hat lassen// Musik Alphorn O-Ton Ueli Steck Diese Geschichten, die das passiert sind, die hindern eigentlich viele überhaupt einzusteigen. Obwohl sie eigentlich klettern könnten. Musik Alphorn Moderation Der Eiger – der Berg, auf dem man niemals ankommt. Ein Feature von Peter Jaeggi. Alphorn Atmo Jungfraubahn Erzählerin Da sitzt der Reisende also in diesem Zug. In wenigen Augenblicken, bei Kilometer 3,8 wird er aussteigen – in die Dunkelheit des engen Tunnels. Mitten im Berg. Für gewöhnliche Reisende in der Jungfraubahn verbotenes Niemandsland. Hier, beim Stollenloch, glaubt er, etwas von dem zu finden, was diesen Berg zum Mythos werden ließ. Atmo Zug Atmo Schneeschaufeln Erzählerin Ein Bahnangestellter und ein erfahrener Bergführer begleiten den Reisenden. Bevor das Stollenloch den Blick in grausige Tiefen für ihn frei gibt, schaufeln die beiden den Schnee weg ... für ihn, der nicht schwindelfrei ist, aber unbedingt hierher musste ... Gleich steht der Bergführer in der Wand, so als ob er zu Hause auf dem Balkon wäre ... Der Reisende steigt ihm nach, klammert sich ans Mikrofon, bemüht, den Blick nach unten zu vermeiden. Atmo Eiger (Stille) Erzählerin Für den Reisenden bringt die Ruhe dieses Eigernordwand-Tages etwas Unheimliches .... Stollenloch, 21. Juli 1936. Seit drei Tagen schon sind vier Bergsteiger in der Wand: die Österreicher Edi Rainer und Willy Angerer und die Bayern Andreas Hinterstoisser und Toni Kurz. Sie sind alle jung, der älteste, Angerer, siebenundzwanzig, Kurz, dreiundzwanzig ... Der Fels ist glasig, mit Eis überzogen ... Steine fliegen in freiem Fall hinunter, manche wie Geschosse, mit bösem Brummen ... Sturzbäche aus Schnee und Eis .... Musik Glasharfe Ben Jeger Erzählerin Man wird nie erfahren, was sich genau ereignet hat; wahrscheinlich ist Angerer von einem Stein getroffen worden, ist zur Umkehr gezwungen ... Ein Sturm kommt auf ... Der Eigerbuch-Autor und Bergsteiger Daniel Anker erzählt: O-Ton Daniel Anker Voiceover Das Wetter hat umgeschlagen, sie haben eine Rückkehr versucht, sind schon fast da gewesen. Der Stollenwärter hat sie gehört, doch dann kam es trotzdem zum Unglück, sie haben den Hinterstoisser-Quergang nicht mehr zurückklettern können und am Schluss ist nur Toni Kurz übrig geblieben und man hat versucht, ihn zu retten. Am Schluss ist er unter dramatischen Umständen nur wenige Meter oberhalb der Retter gestorben. Und das ist, so habe ich das Gefühl, von allen Bergunglücken das traurigste und irgendwie auch das sinnloseste. Wenn man heute darüber liest, fährt es einem noch immer durch Mark und Bein – trotz Everest, trotz allem. Musik Glasharfe, Ben Jeger Erzählerin Einer, der dieses Drama hautnah miterlebte, war Arnold Glatthard. An jenem Julitag 1936 gehört er zu denen vier Bergführern, die das Unmögliche versuchen .... Toni Kurz steht auf einem schmalen Felsband unweit des Stollenlochs, von dem aus die Retter in die Wand steigen. O-Ton Arnold Glatthard Voiceover Ja, er hat nicht viel gesagt, er sagte: Ich bin hier, ich bin allein, alle andern sind tot // einer hängt da oben und einer ist da unten und ich bitte um Hilfe. Und wir sagten: sei ruhig, wir probieren, hinzukommen, du wirst gerettet von uns// Und er sagte fortwährend: Ach, es geht ja nicht. Ach es geht ja nicht.– Und so, mit diesen letzten Worten, ist er einfach gestorben ... Musik Alphorn Atmo Wind hinter dem Stollenloch Lesung Zitat 24. Juli 1938. Es ist fünfzehn Uhr dreißig. Wir sind die ersten Menschen, die die Nordwand des Eiger durchstiegen haben. Freude? Erlösung? Taumel des Triumphs? Nichts von alledem. Die Befreiung kommt zu plötzlich, unsere Sinne und Nerven sind zu abgestumpft, unsere Körper zu müde, um einen Gefühlsrausch zu gestatten. Fünfundachtzig Stunden waren Fritz Kasparek und ich, einundsechzig Stunden Anderl Heckmair und Wiggerl Vörg in der Wand. Heinrich Harrer. O-Ton Harrer Und wie wir dann, aus den Schwierigkeiten des Abstieges niederkamen auf das große Eisfeld oberhalb der Station Eigergletscher, sahen wir unten in der Ferne eine riesige Menschenmenge stehen. Da kam uns ein Bub uns entgegen und fragt mich: kommt ihr aus der Eigernordwand? Das haben wir bejaht, und da lief er hin und schrie: Sie kommen! Sie kommen! – Da haben wir erst begriffen, dass uns die ganze Welt zugeschaut hatte durch diese Fernrohre und auch mitgelitten hatte. Da kam das Bewusstsein schon, das wir die Ersten waren, die die Eigernordwand bestiegen haben. Erzählerin Heinrich Harrer. Damals vor 11 Jahren am Tisch seines Hauses hoch über dem Tal in Hüttenberg, Kärnten, hört der Reisende dem 86jährigen zu ... Vielleicht sind die Bilder, die dabei in seinem Kopf entstehen, die noch größeren Geschichten ... Heinrich Harrer ist später nochmals weltberühmt geworden mit seinem Buch und Hollywoodfilm «Sieben Jahre in Tibet» über seine Zeit mit dem jungen Dalei Lama ... Heinrich Harrer stieg 1938 zusammen mit Fritz Kasparek in die Wand, Kasparek, der später in den Anden abstürzte ... Vor 10 Jahren lebte auch noch Andreas alias Anderl Heckmair, der 2005 im 99. Altersjahr starb ... Er, der damals die Eigernordwand-Erstbegehung anführte, nachdem er mit Ludwig Vörg einen Tag nach dem Duo Harrer - Kasparek in die Wand stieg ... Ludwig Vörg starb als Soldat im Zweiten Weltkrieg ... Andreas Heckmair, damals 92 Jahre alt, traf der Reisende im Reiheneinfamilienhaus in Oberstorf ... O-Ton Heckmair Die hab ich mir ein Jahr schon vorher schon angschaut und die ganze Wand war weiß.//Da hab ich gewusst, das ist keine reine Kletterei, sondern eine Eisgeherei.// Und darauf hab ich mich eingestellt und hab mir 12-Zacken-Steigeisen von einem befreundeten Schmied machen lassen /// Und das war mit ein Grund, warum ich so gut gehen hab können// Harrer hat sich in der Wand auch getäuscht, er hat gmeint, er gehe in Felssachen. Er hatte nicht einmal Steigeisen, das kann ich Ihnen ruhig sagen// Und Kasparak, das war alles mehr oder weniger ein Ehrgeiz für ihn// Die waren vor uns in der Wand drin, haben biwakiert und wir haben sie eingeholt.//Und ich hab sie auf ihre Unzuverlässigkeit ihrer Ausrüstung aufmerksam gemacht// Und mein Kamerad, Wiggerl Vörg, viel gutmütiger als ich, der hat das erlösende Wort gefunden: hängen wir halt zusammen und bilden eine Seilschaft. O-Ton Harrer Das Gefährlichste war sicher, als wir in der Spinne waren und das schwere Gewitter kam und die Lawinen über uns drüber sind. Da hat man sich nur angeklammert an einen Haken, den man geschlagen hat im Eis und dann hab ich den Rucksack über meinen Kopf gestülpt, der hat dann riesige Löcher gehabt von den Steinschlägen. Mein Freund hatte den Handrücken zerschmettert, weil er sich den Kopf geschützt hat, die andern hatten Helme auf und waren etwas besser geschützt. Und ich erinnere mich ganz gut, wie wir nach Grindel kamen, hat der Totengräber zu mir gesagt: ah, ihr seid auch Kandidaten, ich grab euch schon mal das Loch. Mein Partner, der Kasparek, war ein verrückter Raucher, der hat sich also eine Zigarette angezündet und ich hab von der Mutter noch so ein riesiges doppeltes Butterbrot noch gehabt, das habe ich gegessen, das war eigentlich die einzige Nahrung in den vier Tagen in der Eiger Nordwand, weil man keine Zeit gehabt hat oder keinen Appetit, man ist ja nur durstig und man will ja nur trinken und deswegen hatte ich einen Spirituskocher mit. Musik / Alphorn O-Ton Harrer Wir hatten, nachdem wir die Spinne hinter uns gebracht hatten, allen Ballast abgeworfen, ich hab einen ganzen Brotlaib