Die Kriegsmobilmachungen Von 1856, 1870 Und 1914
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Die Kriegsmobilmachungen von 1856, 1870 und 1914 Autor(en): Lüem, Walter Objekttyp: Article Zeitschrift: ASMZ : Sicherheit Schweiz : Allgemeine schweizerische Militärzeitschrift Band (Jahr): 155 (1989) Heft 7-8 PDF erstellt am: 04.10.2021 Persistenter Link: http://doi.org/10.5169/seals-59370 Nutzungsbedingungen Die ETH-Bibliothek ist Anbieterin der digitalisierten Zeitschriften. Sie besitzt keine Urheberrechte an den Inhalten der Zeitschriften. Die Rechte liegen in der Regel bei den Herausgebern. Die auf der Plattform e-periodica veröffentlichten Dokumente stehen für nicht-kommerzielle Zwecke in Lehre und Forschung sowie für die private Nutzung frei zur Verfügung. Einzelne Dateien oder Ausdrucke aus diesem Angebot können zusammen mit diesen Nutzungsbedingungen und den korrekten Herkunftsbezeichnungen weitergegeben werden. Das Veröffentlichen von Bildern in Print- und Online-Publikationen ist nur mit vorheriger Genehmigung der Rechteinhaber erlaubt. 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Der Ernst und die Entschlossenheit, die auf den Soldaten-Gesichtern von 1856,1870 und 1914 zu lesen waren, und die Wucht der Überzeugung, die aus den Worten «Ich schwöre es!» zum Walter Lüem A usdruck kam, griffen ans Herz. Widersprüchliche Notwendigkeiten Mit dem Schwur, dem Vaterlande Die Auslösung einer die Treue zu halten, ist unsere Kriegsmobilmachung stellt in ihrer Militärisch erscheinen die Armee die Grenze Konsequenzen einer an gezogen, Gesamtheit einen staatspolitischen Kriegsmobilmachung getragen vom Vertrauen und der vorerst als einfach: Die Armee tritt Hoheitsakt mit weittragenden unter die Waffen, die militärischen Sympathie des ganzen um innen- und aussenpolitischen, zu erfüllen, die ihrer Schweizervolkes. Aufgaben wirtschaftlichen und militärischen Bestimmung entsprechen. Keine Armee Alle Welt weiss heute, dass Konsequenzen dar. In der ist so sehr auf die zeitgerechte unser Volk nicht den Durchführung und das nur festen Art und Weise, wie sie sich Gelingen ihrer Willen hat, seine Neutralität Mobilmachung angewiesen wie das Milizheer. zu abwickelt, wird sie recht eigentlich verteidigen, sondern dass wir in Denn erst mit der Mobilmachung zu einem «Testlauf» für das, was wird die Milizarmee als Kampfinstrument unserer Armee auch das Instrument die zivilen und militärischen überhaupt gebildet - im Gegensatz besitzen, um in Ausnützung Behörden in Friedenszeiten zum stehenden Heer, das jederzeit unserer günstigen Geländeverhältnisse vorbereitet haben. Aus allen einsatzbereit dasteht. Für die Miliz ist deshalb die Mobilmachung die erste jedem Angreifer, von Mobilmachungen, die hier woher er auch kommen und entscheidende Voraussetzung für mag, dargestellt werden, wurden jeweils ihre Existenz als Armee und damit für einen Widerstand entgegenzusetzen, die notwendigen Lehren gezogen, ihre Aktionsbereitschaft. Gelingt diese dessen Überwindung so dass jede nachfolgende erste Generalprobe, dann ist schon übermächtige Einsätze Truppen viel dass die an besser vorbereitet war als ihre gewonnen. Wichtig ist, und Kriegsmaterial erfordert. Miliz rechtzeitig mobil macht. Sie Vorgängerin. Dennoch blieben muss der Gefahr begegnen, gewisser- Mängel. massen in der Das kleine Finnland ist Vorbereitungsphase für angegriffen zu werden, bevor sie zur uns zum leuchtenden Beispiel Abwehr bereit ist. Dazu kommt, dass die und gleichzeitig auch Quelle des aus dem Zivilleben herausgerissene Selbstvertrauens geworden. Sein Truppe bei der Mobilmachung eine heldenhafter Kampf ist eine gewisse Zeit der Angewöhnung und Vorbereitung braucht. Eine Mobilmachung Bestätigung der Worte von muss daher eher zu früh als zu Albrecht von Haller, die am Beinhaus spät erfolgen. Die Vorzüge der von Murten geschrieben frühzeitigen Mobilmachung wiegen viel standen: schwerer als ihre Nachteile. <Nicht unsrer Ahnen Zahl, Politisch gesehen erfolgen durch eine derart grundlegende nicht künstlichers Mobilmachung Gewehr, Umwälzungen im Leben des Die Eintracht schlug Staates, dass von einem staatlichen den Feind die ihren Arm Ausnahmezustand gesprochen werden belebte.) muss. Eine Bedrohung des Staates bewirkt eine Heute wollen wir uns dessen stets Verlagerung der Kräfte vom Bereich der Innenpolitik auf erinnern und mit Gottvertrauen, denjenigen der Aussenpolitik. Die mutig und geschlossen der Notwendigkeit, die Existenz des Staates Zukunft entgegenblicken. Walter Lüem, durch den Einsatz von Machtmitteln Oberst a D, Herrliberg, zu schützen, erhält Priorität. Die Bern, im Januar 1940 Dr. phil. I, steht als Verstärkung der Machtmittel führt R. Verwaltungsratspräsident Minger» an der Spitze der nicht nur zu Einschränkungen beim Welti-Furrer AG, Zürich einzelnen, sondern - im Fall der 422 ASMZ Nr.7/8/1989 Schweiz - auch zu einer Begrenzung Schweizerischen Eidgenossenschaft aber auch den politischen Forderungen des Mitspracherechts der Kantone andererseits verursachte vorerst keine Nachdruck zu verleihen und die und nolens volens zu einer Ausdehnung Probleme. Mit dem Durchbruch der Vorbereitungen für einen kriegerischen der Kompetenzen des Bundes. demokratischen Ideen verstärkte sich Konflikt voranzutreiben. Dabei So gesehen bedeutet eine aber auch in Neuenburg die Tendenz blieb nichts dem Zufall überlassen, Generalmobilmachung eine radikale Umstellung zur Loslösung von Preussen, und im und beide Mittel wurden genau des ganzen staatlichen Lebens, Gefolge der Februarrevolution von berechnet und streng kalkuliert eingesetzt. eine Umstellung, die zu einschneidenden 1848 proklamierten die Neuenburger rechtlichen, aber auch zu Demokraten die Republik. Bestärkt wurde der Bundesrat in wirtschaftlichen Konsequenzen führt. Der Preussenkönig Friedrich seiner Haltung durch eine kräftige Die Generalswahl, die Truppenvereidigung, Wilhelm IV wollte aber auf Neuenburg Aufwallung des Nationalgefühls, das die Verschärfung des nicht verzichten, und im Londoner im «Roulez Tambours» beredten Militärstrafrechts, die Ausdehnung der Protokoll von 1852 anerkannten die Ausdruck fand. Die öffentliche Meinung Requisitionsbefugnisse, der Kriegsbetrieb europäischen Grossmächte das preus- stand geschlossen hinter dem der Verkehrsanstalten und sische Besitzrecht auf Neuenburg. Zu Entschluss der Landesregierung, einem andere Massnahmen verursachen einer Durchsetzung dieses Rechtes militärischen Vorstoss Preussens mit zusammen mit dem Vollmachtenregime boten sie aber nicht Hand. gleichen Mitteln entgegenzutreten des Bundesrates einen aussergewöhn- In der Nacht vom 2. auf den 3. und für die republikanische Form lichen Eingriff in das Leben der September 1856 schlugen die Neuenburger Neuenbürgs einen Krieg auf sich zu Nation. Royalisten los und besetzten das nehmen. Der wohl schwerste Eingriff liegt Schloss in Neuenburg. Die Bürgerwehren Auf diplomatischem Gebiet musste aber in den wirtschaftlichen der Republikaner eroberten die Schweiz auf gewiegte Vermittler Konsequenzen: Es scheiden nicht nur die aber das Schloss zurück und nahmen Rückgriff nehmen. Die sparsame arbeitsfähigsten Männer aus dem Ar- 480 Mann gefangen. Bauernrepublik unterhielt Gesandtschaften beitsprozess aus, was auf die Dauer Damit war der seit 1848 gewisser- nur in Rom und Wien. schwere Störungen der Wirtschaft und massen vorprogrammierte Konflikt Bundesrat Jonas Furrer wurde anfangs auch des öffentlichen und privaten eine Tatsache. Preussen forderte Dezember 1856 - eher zu spät - zu den Lebens befürchten lässt. Parallel dazu energisch die Freilassung der Gefangenen süddeutschen Staaten geschickt, um entstehen dem Staat jeden Tag ganz und drohte der Schweiz mit Krieg. Der diese von der Erteilung einer erhebliche Kosten, und dies zudem schweizerische Bundesrat blieb indessen Durchmarscherlaubnis an Preussen noch in einer Zeit, in der die Importe unnachgiebig, und insbesondere abzuhalten. Die Entsendung Johann Konrad und Exporte ins Stocken geraten oder Bundesrat Jakob Stämpfli bezog die Kerns zu Napoleon III. geschah gar gänzlich zum Erliegen kommen. Angst der Grossmächte vor einer erst, nachdem dieser nach einem Bei einer solchen Ausgangslage ist neuen Revolution geschickt in seine erfolglosen Vermittlungsversuch mit es verständlich, dass die politischen Überlegungen ein. So stellte er die General Dufour den Preussen freie Behörden eine Mobilmachung so spät Freilassung nur für den Fall in Hand gegen die Schweiz eingeräumt als möglich verfügen, während von Aussicht, dass Preussen auf Neuenburg hatte. militärischer Seite immer mit guten endgültig verzichte. Die Krise spitzte sich über Gründen eine frühzeitige Mobilmachung Diesem seinem politischen Willen Weihnachten 1856 und den Neujahrstag verlangt wird. verlieh der Bundesrat Nachdruck, 1857 zu. König Friedrich Wilhelm IV Dieses Spannungsverhältnis