28 Sport Nummer 4 | Montag, 4. Jänner 2016 Der Moment, in dem das Lächeln Kraft kostete blickt seinem 26. Geburtstag (7.1.) weniger freudig entgegen als den Jubeltagen zuvor. Der Stubaier rätselt und fischt im Trüben.

Von Florian Madl mehr sagen können als in „Tal“, aus dem er wieder nach ohne Stockerlplatz – für ihn den Tagen zuvor. Und natür- oben kommen müsse. Eine damals eigentlich undenkbar. Innsbruck – Man sah es lich ist die Enttäuschung da. Geschichte, wie sie der Sport Zurückzukommen sei eine Gregor Schlierenzauer ges- Ich bin jetzt auf zwei meiner schreibt und wohl auch dem „Mordsaufgabe“, eine „Chal- tern an. Als der Stubaier nach absoluten Lieblingsschanzen ihm wohlgesonnenen Spon- lenge“. Durchgang eins an den Zu- gesprungen und hatte kei- sor Dietrich Mateschitz ge- Der langjährige Weltklasse- schauerrängen vorbeikam, ne Chance auf ein achtbares fallen könnte. Der, so erzählt springer glaubt hatte er genauso zu kämpfen Ergebnis.“ Durchgang zwei Prock, nehme die Sache gar das Problem zu kennen:„Gre- wie wenige Minuten zuvor bei erlebte der Rekord-Weltcup- nicht tragisch: „Der hat ja so gor fängt an nachzudenken, seinemWertungssprung. Hier viel gewonnen, meint Didi.“ und das brauchst du beim wie da: Der in wenigen Tagen Keine Spur also von Druck. Skispringen nicht.“ Vor ei- 26-Jährige bemüht sich, der „ Den macht sich Gregor ner Talsohle sei keiner gefeit, Alte zu sein, allein – es ge- war sogar vier Jah- Schlierenzauer, der nach Kogler erinnert sich an seinen lingt ihm nicht. Das Lächeln re weg vom Fenster, aber neun Saisonen im Weltcup Alpin-Kollegen Franz Klam- für einen Selfie kam früher auch solche Phasen sind (Sieg in jeder davon) erstmals mer: „Der war auch vier Jahre Auf Schritt und Tritt verfolgt: Der Deutsche und sein Maß- von selbst, in den Momenten wichtig für Athleten.“ zu den Irdischen dieser Bran- weg, aber auch solche Phasen anzug gerieten am Bergisel in den Fokus der Aufmerksamkeit. Foto: Hammerle nach dem Ausscheiden koste- che gehört, wohl am meisten sind wichtig für Athleten. Gre- te es Überwindung. Armin Kogler selbst: „Er ist Perfektionist. gor war immer Top Ten – jetzt Eine Stellungnahme wollte (Ex-Springer) Foto: gepa Und wenn du 24 Stunden lernt er seine wahren Freunde Schlierenzauer gestern keine am Tag daran denkst, wie du kennen.“ abgeben: Er werde in Ruhe sieger vor dem Fernseher einen halben Meter weiter Giftpfeile in analysieren, das augenblick- – ungewohnt für einen wie springen kannst, kostet das liche Tief tue weh, zitierte ihn. „Er versucht, das Positi- Kraft.“ Markus Prock klingt „ Wenn du 24 Stun- ihn sein Pressesprecher. In ve aufzubauen“, registrierte bei diesen Worten mehr wie den daran denkst, seinem Blog kommentierte TV-Experte Andreas Goldber- ein Onkel, nicht wie ein Ma- wie du einen halben „Schlieri“ etwas später: „Ich ger. Manager Markus Prock nager. Die Rodel-Ikone erin- Meter weiter springen Diskussion hätte in den Interviews nicht sieht seinen Neffen in einem nert sich selbst an eine Saison kannst, kostet das Kraft.“

Markus Prock um Anzüge (Manager) Foto: gepa Die Talsohle führte zuletzt zu allerhand Diskussionen, etwa über die gesundheitli- Deutsche und Norweger im che Befindlichkeit. Manager Prock stellt klar: „Wir ließen Anzug-Fokus der Konkurrenz. Gregor durchchecken, aber es geht ihm gut. Er ist mental Beide Cheftrainer rücken nun die leer, aber körperlich erreicht er Topwerte.“ Die Strategie Unterlegenen in ein schlechtes Licht. liege auf der Hand: „Er muss die Situation annehmen, es Von Susann Frank Finale in mit ist ein Weg der kleinen Schrit- kleinen Giftpfeilen zurück: te. Mir gefällt gut, wie er auf- Innsbruck – Früher wurde „Man hat die Messmethoden tritt.“ Der Miederer bringt Be- hinter vorgehaltener Hand verbessert und es gibt eine wunderung für seinen Neffen über Materialvorteile speku- Kontrolle mehr. Man sieht, auf: „Gregor wechselte in den liert, jetzt wird vieles im Netz dass sich die, die hinten sind, vergangenen Jahren mehr- gepostet. Und dort geht es be- mehr darauf konzentrieren mals die Skilänge und den züglich regelwidriger Sprung- als die, die vorne sind“, sti- Anzug. Ein Wahnsinn, wie er anzüge rund. Im Fokus steht chelte Freund-TrainerWerner sich immer hielt.“ vor allem der Deutsche Se- Schuster. Der Wahl-Miemin- Auch Schlierenzauer selbst verin Freund: Auf Facebook ger fügte an: „Severin Freund beschloss den gestrigen Tag kursierte eine Foto-Collage, und waren letz- gelassen: „Es muss sich eini- die den Gesamt-Zweiten mit te Saison vorne und sind es ges ändern, das liegt auf der Burschen in Baggy-Jeans ver- auch heuer. Dass man auf Hand, aber es wird weiterge- gleicht. Ein Witz, schließlich einem hohen Level auch ein hen. Für heute lasse ich es gut darf der Unterschied zwi- Top-Material braucht, ist kei- Demonstrativ ging Gregor Schlierenzauer gestern nach seinem missglückten ersten Wertungssprung auf die Fans sein, werde drüber schlafen. schen Bein- und Schrittlän- ne Neuigkeit.“ zu. Das Lächeln kostete Kraft, aber bald will der Stubaier wieder der Alte sein. Foto: Hammerle Morgen schauen wir weiter.“ ge bei Skispringern nur drei Auch sein Kollege aus St.Jo- Zentimeter betragen. hann, Norwegens Cheftrai- FIS-Materialkontrolleur ner Alex Stöckl, konnte sich Sepp Gratzer betonte ges- einen Seitenhieb in Richtung Mut zum Absprung tern am Bergisel, „es wird bei der unterlegenen Skisprung- jedem Bewerb, jedem Wer- Nationen nicht verkneifen: tungslauf gemessen“. Durch- „Ich denke, dass bei der Tour- Noch wird alles schöngeredet gefallen ist dabei gestern nee die Spekulationen größer Killian Peier, der unbekannte werden. Wenn Leute vorne Von Alexander Pointner zeigen wollten, was sie rende Gedanken ablaufen Mich wunderte es in Schweizer wurde disqualifi- sind, dann versucht man et- draufhaben. zu lassen. Das fällt einem den vergangenen Tagen, ziert. Alle anderen Anzüge wie was zu finden. Und wenn ie sehr hatten Ich bin in den ver- Springer, der in Höchst- wie viele ÖSV-Betreuer die der Top-Favoriten wurden man am Schanzentisch kei- W die Österreicher gangenen Jahren oft dafür form ist, natürlich leichter. am Trainerturm herum- als regelkonform eingestuft. nen technischen Unterschied darauf gehofft, kritisiert worden, mich zu Doch wer dieses Potenzial schwirrten. Das Stütz- Trotzdem bleiben Zweifel, die sieht, dann muss man schau- dass die beiden Spitzen- sehr auf das Wettkampf- hat, dem machen auch punktsystem wurde offen- der Salzburger en, ob man beim Anzug etwas reiter am Bergisel Nerven coaching zu konzentrieren kleine Fehler nichts aus. bar ordentlich ausgeweitet. (gestern in Innsbruck auf findet.“ zeigen würden. Dann und das technische Fein- Österreich ist im Nati- Ob wie damals, als wir 2006 Platz elf) aussprach: „Viel- Stöckl, meist positiv ge- erlaubte sich sowohl Prevc tuning zu sehr den Stütz- onencup hinter Deutsch- in Innsbruck ein ähnliches leicht machen es manche stimmt und durch die Erfolge (missglückter Sprung) als punkttrainern zu über- land, Norwegen und Slowe- Ergebnis einfuhren (mit schlau, das ist schwer zu sa- seines Teams bei der Tournee auch Freund (Sturz) im lassen. Doch inzwischen nien auf den vierten Platz immerhin fünf Athleten gen. Die Kontrollen sind si- eigentlich bestens gelaunt, Probedurchgang einen wird in vielen Nationen abgerutscht. Gern wird unter den 20), von höchster cher gut, die Fotos sind aber wirkte bei diesem Thema so- Patzer. Doch die Einzigen, auf hohem Niveau gear- darüber philosophiert, dass Stelle eine Krisensitzung schon verdächtig.“ gar richtig verstimmt. „Wenn die das offensichtlich beitet und schlussendlich von den „Superadlern“ ja einberufen wird, wage ich Neben den Deutschen mit es nicht läuft, dann fängt man nervös gemacht hat, waren ist entscheidend, wer zum kaum noch jemand übrig zu bezweifeln. Denn noch Freund stehen auch noch die an zu jammern und schickt die ÖSV-Adler. Hayböck richtigen Zeitpunkt seine sei. Doch dass wir nach wird alles schöngeredet. mannschaftlich geschlossen Bilder in der Gegend umher“, und Kraft sahen plötzlich beste Leistung bringt. Es Sotschi in der Besetzung starken Norweger im Fokus. sagte der 42-Jährige. Wen ihre Chance, wollten das geht um die Performance Schlierenzauer, Diethart, Alexander Pointner (44), Im Nationencup führen die er damit genau meinte, ließ Klassement mit überra- beim Wettkampf, die bei Kraft, Hayböck bzw. Kofler erfolgreichster Skisprung- Deutschen vor den Wikin- Stöckl offen. Vielleicht aber genden Sprüngen zu ihren Spitzenathleten nicht noch zwei Teambewerbe Trainer aller Zeiten, gern, die Österreicher sind hatte auch er mitbekommen, Gunsten drehen. Doch wer durch noch mehr Training gewonnen haben, wird kommentiert für die nur auf Platz vier. So schlecht dass der in einer Krise befind- im Skispringen zu viel will, verbessert werden kann. Es dabei gern übersehen. Das TT das Schanzen- wie seit Jahren nicht mehr. liche Gregor Schlierenzauer scheitert kläglich. So wie zählt die Fähigkeit, auto- Potenzial wäre da, doch die Geschehen. So spielen die erfolgreichen zuletzt Fotos von der Bindung die restlichen Österreicher, matisierte Bewegungen mit Ausbeute ist bisher enttäu- alexanderpointner.at Cheftrainer beider Teams den der norwegischen Skispringer die auf ihrer Heimschanze Leichtigkeit und ohne stö- schend mager. Foto: Forcher Ball kurz vor dem Tournee- gemacht hatte.