Erdbeerbäume Jennifer Markwirth & Hilke Steinecke
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Erdbeerbäume Jennifer Markwirth & Hilke Steinecke Abstract Te spherical, red-orange-coloured fruits of the strawberry trees (Arbutus) are reminiscent of strawberries, but are neither taste wise nor anatomically or systematically related with them. In the new and the old world there are a total of 11 Arbutus species, most of which occur in the Mediterranean region and Mexico. Tese are evergreen shrubs and trees with mostly conspicuous red bark that dissolves like scales from the trunk. Te Palmengarten cultivates quite large plants of the american strawberry tree (Arbutus menziesii) and the western strawberry tree (Arbutus unedo). Zusammenfassung Die kugeligen, rot-orange gefärbten Früchte der Erdbeerbäume (Arbutus) erinnern auf den ersten Blick an Erdbeeren, haben aber weder geschmacklich noch anatomisch oder systematisch etwas mit diesen gemein. In der Neuen sowie der Alten Welt gibt es ins- gesamt 11 Arbutus-Arten, die vor allem im Mittelmeerraum und Mexiko vorkommen. Es handelt sich um immergrüne Sträucher und Bäume mit meist aufällig roter Rinde, die sich schuppenartig vom Stamm löst. Im Palmengarten vertreten sind recht große Exemplare des Amerikanischen Erdbeerbaums (Arbutus menziesii) und des Westlichen Erdbeerbaums (Arbutus unedo). 1. Namensherkunft worren. Linné hatte ihn vermutlich vom davor Der Gattungsname Arbutus leitet sich von arbu- verbreiteten lateinischen Namen Unedo Plinii tum ab, einer alten römischen Bezeichnung für vulgo übernommen, wobei die Bedeutung des den Erdbeerbaum. Vermutlich bezieht sich der Wortes unedo wohl schon zur Zeit Plinius’ un- Name auch darauf, dass die Früchte essbar sind. bekannt war. Polunin & Huxley (1967) mei- Allerdings sind die Früchte, vor allem, wenn sie nen, dass Plinius der Ältere den Begrif unedo noch nicht ganz reif sind, gar nicht unbedingt so als unum tantum edo (= ich esse nur eine Frucht) wohlschmeckend, obwohl sie lecker aussehen. gedeutet hat, doch auch dies ist nicht geklärt. Die Legende besagt, er habe die Früchte eher fad und, Die Herkunft des Artbeinamens unedo für den wenn nicht voll ausgereift, als zu sauer empfunden. Westlichen Erdbeerbaum (Arbutus unedo) ist ver- Man würde also kein zweites Mal zur Frucht grei- fen, weil diese nicht gut schmecke. Diese Schluss- folgerung wird interessanterweise auch schon mal ins Gegenteil verkehrt: denn die wirklich reifen Früchte sind süß und haben durchaus einen an- genehmen Geschmack. Die Frucht sei also so köstlich, dass der Genuss einer einzigen Frucht schon genügen würde. Weitere Trivialnamen für den Westlichen Erdbeerbaum lauten Westlicher Hagapfel, Landbeere und Sandbeere. 2. Systematik und Verbreitung Die Gattung Arbutus gehört zur Familie der Eri- caceae (Heidekrautgewächse) und ist demnach u.a. verwandt mit Blau- und Preiselbeeren (Vacci- nium-Arten), Schwarzer Krähenbeere (Empetrum nigrum) und Bärentraube (Arctostaphylos uva-ursi). Abb. 1: Üppiger Bestand von Arbutus unedo und Erica arbo- Es sind vier altweltliche und sieben neuwelt- rea auf Salina, Liparische Inseln. (Foto: H. Steinecke) liche Arten bekannt. In der Alten Welt sind sie 39 Abb. 2: Ein Wanderweg auf Salina führt wie ein Tunnel Abb. 3: Erdbeerbäume sind typische Arten der Macchie wie durch einen Bestand von Arbutus unedo. auch die Gemeine Myrte, hier an der Westküste von Grie- (Foto: H. Steinecke) chenland in der Nähe von Preveza. (Foto: H. Steinecke) besonders im Mittelmeerraum verbreitet, eine Art noides). Neben Baumheide ist in Griechenland in (Arbutus canariensis) ist ein Endemit der Kanari- der Macchie und in lichten Gebüschen auch die schen Inseln. Der Westliche Erdbeerbaum (Arbutus Myrte (Myrtus communis) ein typischer Begleiter unedo) ist die am nördlichsten gedeihende Art. Er des Erdbeerbaums. Erdbeerbäume sind für viele wird entlang der Atlantikküste kultiviert und kann Insekten eine gute Nahrungsquelle und werden sogar in Irland häufg angetrofen werden. In Süd- häufg von Bienen und Hummeln aufgesucht. Erd- europa trift man die beiden ähnlichen Arten Ar- beerbäume (vor allem A. unedo und A. andrachne) butus unedo und A. andrachne häufg in Macchien werden bei uns in Parks und Gärten vergleichs- und immergrünen Wäldern an, je nach Art mehr weise selten gepfanzt. Mit ihrer späten Blütezeit im Westen bzw. Osten. Bevorzugt werden Stand- ab Herbst ist Arbutus unedo an Gartenstandorten orte mit sauren Böden besiedelt (Schönfelder & aber eine willkommene Nahrungsquelle auch für Schönfelder 1994). In Süditalien, beispielsweise spät fiegende Schmetterlinge (z. B. Admiral). Im auf der Insel Salina (Liparische Inseln) bildet Arbu- Palmengarten kann etwa im Oktober regelmäßig tus unedo auf der feuchten Wetterseite zusammen beobachtet werden, dass diese Schmetterlinge mit mit Baumheide (Erica arborea) ausgedehnte Be- ihren langen Rüsseln den Nektar aus den Erdbeer- stände. Beim Durchwandern derartiger Vegetation baum-Blüten saugen. auf schmalen Pfaden entsteht der Eindruck, sich in einem Tunnel zu befnden, weil sich die Zweige In der Neuen Welt kommen Erdbeerbäume in über einem schließen. In Griechenland (z. B. auf Mittel- und Nordamerika vor. Einzig das Areal der Sporadeninsel Alonissos) kommen beide Arten des Amerikanischen Erdbeerbaums (Arbutus vor, wobei der Östliche Erdbeerbaum an der stär- menziesii) reicht bis ins südliche West-Kanada bis ker rotbraunen Stammfarbe zu erkennen ist. Wenn zum 50. nördlichen Breitengrad hinauf, was etwa beide Arten nebeneinander vorkommen, kann es der Lage von Vancouver Island entspricht. Nur zu Hybridisierungen kommen (Arbutus × andrach- wenige Arten ertragen leichten Frost und gelten 40 Abb. 5: Im griechischen Kloster Kyra Panagia zum Kauf Abb. 4: In Portugal wird aus den Früchten von Arbutus angebotene Stöcke aus Erdbeerbaumholz. unedo ein Schnaps hergestellt (Foto: H. Steinecke) (Foto: H. Steinecke) als bedingt winterhart. In Mittelamerika kommen entlassen. In der Neuen Welt sind auch Kolibris die Erdbeerbäume noch in 3000 m Höhe vor. Die Bestäuber. Nach erfolgreicher Bestäubung und Be- meisten Arten bevorzugen allerdings heißes, nicht fruchtung entwickelt sich eine Beere. Sie hat eine zu trockenes Klima. Es handelt sich um immer- grob strukturierte, warzig-ledrige Haut mit einem grüne Sträucher und Bäume, die 40 Meter Höhe cremigen bis mehligen Fruchtfeisch. Früchte von und ein Alter von durchschnittlich 200 Jahren er- Arbutus reifen so langsam, dass vollreife Früchte oft reichen können. gleichzeitig mit Blüten der nächsten Generation auftreten. Anfangs sind diese noch grün, werden 3. Habitus später gelb und erscheinen dann durch Rotfärbung Alte Bäume und Sträucher haben charakteristischer- der erhabenen Warzen rot-orange. Die mehligen weise weit ausladende Kronen, die oft so breit wer- Beeren enthalten mehrere Samen. den, wie der Baum hoch wächst. Ihre Rinde ist glatt, meistens aufallend rot gefärbt und blättert 4. Kulturelles ab. Die lederigen wechselständig angeordneten Der römische Dichter Ovid erwähnt den Erdbeer- immergrünen Blätter sind ganzrandig oder gesägt. baum (vermutlich A. unedo) in seiner Beschrei- Auf der Oberseite sind sie glänzend. Die meist bung des Goldenen Zeitalters in seinen berühmten weißen oder manchmal auch zart-rosafarbenen Metamorphosen (ca. 8 n. Chr.): Blüten sehen wie typische glöckchenförmige Blü- ten diverser Heidekrautgewächse aus. Sie werden … und von schneidender Pfugschar in endständigen Rispen gebildet. Die Krone ist nimmer verletzt gab alles von selbst die gesegne- krugförmig mit kurzen Kronlappen. Die Pollen- te Erde, säcke der Staubblätter haben an ihrer Spitze ein und mit Speisen zufrieden, die zwanglos waren charakteristisches Anhängsel. Der Pollen wird in gewachsen, Vierereinheiten (Tetraden) aus den Pollensäcken lasen sie Arbutusfrucht, Erdbeeren an sonniger 41 Halde und Kompott eignen. Aber natürlich können sie oder am rauhen Gerank Brombeeren und rote auch frisch vom Baum bzw. vom Boden genascht Cornellen werden. Reife, also zum Verzehr geeignete Früchte und von dem ästigen Baume des Iupiter fallende fallen gleich vom Zweig. In Portugal wird aus Erd- Eicheln. beerbaumfrüchten der Schnaps Medronho (Ma- droño ist der spanische Name der Erdbeerbäume), Ein Erdbeerbaum ist auf dem Wappen Mad rids in Griechenland Koumaro-Raki produziert. Auf abgebildet. Dieser steht hier auf einer Wiese bzw. Sardinien und in der Maremma ist der Erdbeer- grünem Schildfuß mit grüner Laubkrone und baum-Honig Amaro di Corbezzolo eine besondere roten Früchten, an dem sich ein schwarzer Bär Spezialität, der in Feinkostgeschäften und Gour- aufrichtet, wohl um an die Früchte zu gelangen. metrestaurants angeboten wird. Er schmeckt leicht Dieses Motiv ist ebenso als Denkmal auf der Plaza bitter und recht kräftig. de la Puerta del Sol verewigt. Der Erdbeerbaum ist auch in Italien sehr populär, wächst er doch In größeren Mengen verzehrt, sollen die Früchte in vielen Landesteilen. Seine Farben (grüne Blät- betäubend wirken, ebenso wie daraus gewonnene ter, weiße Blüten, rote Früchte) entsprechen den Genuss- und Lebensmittel. Thomas Wright Nationalfarben Italiens. (1848) beschreibt den Erdbeerbaum als einen Baum mit Früchten, die eine giftige Wirkung entfalten, wenn man zu viele von ihnen isst: Ver- 5. Nutzung mutlich handelt es sich dabei um den Östlichen Plinius der Ältere konnte dem Geschmack der Erdbeerbaum (Arbutus andrachne). Erdbeerbaum-Früchte wahrscheinlich nicht sehr viel abgewinnen (s. o.). Menschen mit sensiblen Medizinisch können die Früchte gegen Durch- Geschmacksknospen sei der Verzehr der Früchte fall wirksam werden. In der römischen Mythologie dennoch empfohlen. Früchte von Arbutus