Wirtschaftsbericht 2020
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Département fédéral des affaires étrangères DFAE Formulaire CH@WORLD: A754 Représentation suisse à: Quito Pays: l’Équateur Date de la dernière mise à jour: 30.07.2021 Wirtschaftsbericht 2020 0 Zusammenfassung Das Jahr 2020 war für Ecuador aus wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Sicht ein kompliziertes und schwieriges Jahr. Während das Haushaltsdefizit, die Staatsverschuldung, der Mangel an fiskalischen Reserven, die schwache Wettbewerbsfähigkeit, das rückläufige Wirtschaftswachstum sowie die Korruption Ecuador bereits vor der Pandemie Kopfschmerzen bereiteten, kamen 2020 weitere Herausforderungen hinzu: Durch die Covid-Pandemie hat die Arbeitslosigkeit, die Informalität und somit auch die Delinquenz im Land bedeutend zugenommen. Insgesamt sind rund 22 Tausend Unternehmen zu Grunde gegangen und es wird von einer der grössten Beschäftigungskrisen in der Geschichte Ecuadors gesprochen, da momentan nur rund 30% der arbeitsfähigen Bevölkerung einer ‘angemessenen’ Beschäftigung nachgeht. Der seit Mai 2021 amtierende Präsident Guillermo Lasso verspricht jedoch eine Besserung der aktuellen Lage, die er durch wirtschaftliche, soziale und institutionelle Reformen herbeiführen will. Dabei spielen seine Impfkampagne, seine Steuerreformen, seine wirtschaftliche Öffnung (diverse Handels- und Investitionsabkommen in Sicht) sowie seine Beschäftigungsreformen eine zentrale Rolle. Eine gute Nachricht aus dem Jahre 2020 ist die die Verbesserung der Handelsbilanz Ecuadors von über 1’000%, die den Nicht-Erdölexporten zu verdanken ist und als historischer Rekord bezeichnet wird. Zudem hat Ecuador 2020 einem ausserordentlichen IWF-Kreditprogramm zugestimmt, das Ecuador in Bezug auf dessen Wettbewerbsfähigkeit, dessen fiskalische Ungleichgewichte sowie dessen Bekämpfung von Armut und Korruption unterstützen soll. Auch das angestrebte Freihandelsabkommen (FHA) mit den USA (Ecuador hat ein «Acuerdo Comercial de Primera Fase» unterschrieben und will ein FHA aushandeln), das FHA mit dem Vereinigten Königreich und der EFTA wie auch der bevorstehende Wiedereinstieg ins CIADI/ICSID (Centro Internacional de Arreglo de Diferencias Relativas a Inversiones / International Centre for Settlement of Investment Disputes) und die angestrebte Mitgliedschaft in der ‘Alianza del Pacífico’ machen Hoffnung auf bessere Handlungsbeziehungen und Investitionsmöglichkeiten sowie auf mehr Transparenz, Glaubwürdigkeit und internationales Vertrauen Ecuadors. Glücklicherweise hat die Pandemie den Schweizer Unternehmen in Ecuador keine schwerwiegenden Schäden hinterlassen und sie konnten sich dank ihrer Anpassungsstrategien ohne grosse Widrigkeiten auf dem Markt behaupten. Im Vergleich zum Jahre 2019 hat die Schweiz ihre Investitionen in Ecuador um das Fünffache erhöht, während die bilateralen Handelsbeziehungen dieses Jahr abnahmen (was vor allem daran liegt, dass die Zentralbank Ecuadors grosse Mengen an Gold zur Raffinierung in die Schweiz exportierte, was sie rund jedes 5. Jahr tut). Es ist zu erwarten, dass sich die Handelsbeziehungen zwischen der Schweiz und Ecuador aufgrund des FHAs Ecuadors mit der EFTA in den nächsten Jahren vertiefen werden. 1 Wirtschaftliche Probleme und Herausforderungen 1.1. Jüngste wirtschaftspolitische Entwicklungen Nach der Regierungszeit von Rafael Correa (2007-2017) sah sich der ehemalige Präsident Lenin Moreno (2017-2021) mit einer schwierigen wirtschaftlichen Situation des Landes konfrontiert, welche dringende Wirtschaftsreformen erforderte. Er musste das Haushaltsdefizit sowie die wachsende Verschuldung reduzieren und das Land sozioökonomisch weiterbringen. Obwohl Morenos Amtszeit von diversen Turbulenzen geprägt war, sind ihm einige Errungenschaften wie beispielsweise die Unterzeichnung des ‘Memorandum of Understanding’ (Extended Fund Facility Agreement) mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) im Jahre 2019 zu verdanken. Ecuador hat 2020 einem IWF-Kreditprogramm 2/17 zugestimmt, das bis 2022 6,5 Mrd. USD zur Verfügung stellt, wovon bereits 4 Mrd. USD ausgezahlt wurden. Voraussichtlich wird der IWF Ecuador im September oder Oktober 2021 weitere 1’000 Mio. auszahlen.1 Die Gelder des IWF werden in vier Schlüsselbereichen eingesetzt: Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit, Bekämpfung fiskalischer Ungleichgewichte, Schutz der Armen und Bekämpfung der weit verbreiteten Korruption. Das Abkommen mit dem IWF, welches einen ‘ausserordentlichen Zugang’ zu dessen Geldern ermöglicht, zeigt, dass Ecuador seine Glaubwürdigkeit und Transparenz bedeutend verbessern konnte. Weiter erliess Moreno am 19. Mai 2020 Dekrete zur Liquidierung von acht öffentlichen Unternehmen, weil diese defizitär oder von öffentlicher Hilfe abhängig waren und dennoch ineffiziente Dienstleistungen anboten. Dazu gehören unter anderem die ecuadorianische Post, die Fluggesellschaft (Tame) und die Eisenbahn (Ferrocarriles).2 Eine weitere Maßnahme Morenos war die Schaffung eines Stabilisierungsfonds mit Öleinnahmen und eines 12-Jahres-Plans zur Reduzierung des Schuldenstands auf 40% des Bruttoinlandsprodukts (BIP) bis 2032. Trotz dieser Massnahmen war Moreno, vor allem aufgrund der makroökonomischen Krise sowie der Corona-Pandemie, weder in der Lage, die Wettbewerbsfähigkeit seines Landes auf internationaler Ebene wiederzuerlangen, noch die wachsende Staatsverschuldung und den Mangel an fiskalischen Reserven zu bewältigen. Auch der seit Mai 2021 amtierende Präsident Guillermo Lasso will sein Land durch Wirtschaftsreformen sowie soziale und institutionelle Veränderungen wiederbeleben. Innenpolitisch stehen dabei seine Impfkampagne 9/100 (in den ersten 100 Amtstagen 9 Mio., also die Hälfte aller Ecuadorianerinnen und Ecuadorianer, impfen), die Verbesserung der sozialen Sicherheit und die Verringerung der Arbeitslosenquote im Vordergrund. Zusätzlich umfasst der Wirtschaftsplan Lassos erhebliche Steuerreformen, die drei Hauptziele enthalten: die Generierung eines nachhaltigen Wirtschaftswachstums, welches Arbeitsplätze von hoher Qualität sichern soll, die Schaffung einer finanziellen Stabilität sowie der transparente und effiziente Umgang mit öffentlichen Geldern. Um die Wirtschaft wieder zu reaktivieren, wird der Staat durch 350 Mio. USD von der ‘Corporación Financiera Nacional’ (CFN) unterstützt und die kleineren Unternehmen und politischen Minderheiten (z.B. Frauen und Indígenas) sollen durch die Hilfe von grossen Korporationen überleben können.3 In Bezug auf Lassos aussenpolitische Reformen lautet seine Devise «mehr Ecuador auf der Welt und mehr von der Welt in Ecuador» («más Ecuador en el mundo y más mundo en el Ecuador»)4: Lasso ist offen für Geschäfte mit ausländischen Unternehmen sowie auch umgekehrt: Er bestrebt diverse Handels- und Investitionsabkommen mit verschiedenen Ländern und multinationalen Unternehmen (Genaueres dazu im Kapitel 2.1.). Aufgrund der parlamentarischen Stärke der Linken und des Faktes, dass Lassos Partei in der Wirtschaftskommission untervertreten ist – bzw. dass die Wirtschaftskommission von den Pachakutik dominiert wird – wird es für Lasso schwierig werden, seine wirtschaftsfreundlichen Anliegen und Investitionsabkommen durchzubringen.5 Die Herausforderungen, die sich dem neuen Präsidenten stellen, sind also vielfältig: Dazu gehören die hohe Verschuldung des Landes, die steigende Arbeitslosigkeit aufgrund der Corona-Pandemie sowie die prekäre Lebenslage von immigrierten Menschen und Menschen aus marginalisierten Gesellschaftsschichten. Um sich den vielen Herausforderungen zu stellen, hat die Regierung unter Lasso einen vierjährigen Entwicklungsplan (‘Plan de Desarollo’ 1 https://www.elcomercio.com/actualidad/negocios/ecuador-derechos-especiales-giro-fmi-octubre.html 2 https://www.primicias.ec/noticias/economia/deudas-empresas-publicas-liquidacion-ecuador/ 3 https://www.primicias.ec/noticias/economia/reforma-tributaria-cueva-exenciones-impuestos-lucha/ 4 https://www.primicias.ec/noticias/politica/canciller-ajustar-nombramientos-diplomaticos/ 5 Economist Intelligence Unit, Ecuador Country Report, June 2021 3/17 2021-2025) entwickelt, der wirtschaftliche, soziale und institutionelle Reformen beinhaltet. Von zentraler Wichtigkeit ist dabei der Umgang des Präsidenten mit der Corona-Krise, der wachsenden Arbeitslosigkeit, den Staatsschulden und dem rückläufigen Wirtschaftswachstums. Im Folgenden wird kurz auf die zentralen wirtschaftlichen Herausforderungen eingegangen: Erstens auf die Staatsverschuldung, zweitens auf das negative Wirtschaftswachstum, drittens auf die Inflationsrate, viertens auf die ecuadorianische Beschäftigungskrise und fünftens auf die wirtschaftlichen Auswirkungen der Covid-19-Pandemie. 1.2. Staatsverschuldung Die öffentliche Auslandsverschuldung belief sich im Dezember 2020 auf 45’367.5 Mio. USD, was 48,9% des BIP entspricht. Zum Vergleich: im Dezember 2019 lag die Auslandverschuldung bei 41'495.6 Mio. USD, was damals 38.6% des BIP entsprach.6 Die öffentliche Inlandsverschuldung im Dezember 2020 betrug 17’792.2 Mio. USD (18,01% des BIP), womit die Gesamtschuld Ecuadors auf insgesamt 63’165.11 Mio. USD (63,93% des BIP)7 stieg (der IWF spricht von einer Gesamtschuld von 62’429 Mio. USD, also von 64.6% des BIP)8. Die Regierung hatte sich eigentlich zum Ziel gesetzt, die Staatsschuld unter 40% des BIP zu halten, aber die Wirtschaftskrise, die durch die Covid-19-Pandemie verschärft wurde, erlaubte es nicht, dieses Ziel zu erreichen. Ecuador musste sich aufgrund der Pandemie vor allem bei multilateralen und internationalen Organismen, bei Banken und bei anderen Staaten verschulden, um seine Kosten zu decken. So erhielt Ecuador Kredite