Juridikum Nr 4/2014 Zeitschrift Für Kritik Recht Gesellschaft
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, , juridikum nr 4/2014 zeitschrift für kritik recht gesellschaft Die juristische Fachzeitschrift, die nicht dem Mainstream folgt! juridikum zeitschrift für kritik recht gesellschaft Internet und Freiheit und Internet Seit mehr als zwanzig Jahren ist das juridikum die Fachzeitschrift, die rechtliche Fragen in ihrem gesellschaftlichen und politischen Kon- text beleuchtet. Diesem kritischen Anspruch folgend verbindet das juridikum theoretische und praktische Perspektiven. Dabei widmet sich die Rubrik „recht & gesell- schaft“ aktuellen Themen wie etwa Fremden- thema recht, Geschlechterverhältnissen, Polizei- und Strafrecht, sozialen Fragen und menschen- rechtlichen Aspekten. Mit dem „thema“ hat Internet und jede Ausgabe zusätzlich einen inhaltlichen Schwerpunkt. Freiheit Die Aktualität der Beiträge, ihre Praxisrelevanz und Interdisziplinarität machen das juridikum zu einer abwechslungsreichen, anspruchsvol- len und anregenden Lektüre. Die Zeitschrift erscheint vierteljährlich im hochwertigen JURIDIKUM Taschenbuchformat. zeitschrift für kritik | recht | gesellschaft Herausgeber_innen ISSN 1019-5394 Ronald Frühwirth, Eva Pentz, Ines Rössl, recht & gesellschaft Jahresabo (4 Hefte) € 60,– Caroline Voithofer für Studierende, Zivil- und Fakten zu Sachwalterschaft und Behinderung Präsenzdiener € 25,– Rückstellung ‚arisierter‘ Apotheken Einstiegsabo (2 Hefte) € 11,– Tierkonzeptionen in Literatur und Recht zzgl Versandkosten Online bestellen unter: 4/2014 Online bestellen auf: www.juridikum.at Für Context herausgegeben von Ronald Frühwirth, Eva Pentz, Ines Rössl www.juridikum.at und Caroline Voithofer www.verlagoesterreich.at Tel.: +43-1-680 14-0 [email protected] VERLAG juridikum www.juridikum.at Fax: +43-1-680 14-140 www.verlagoesterreich.at ÖSTERREICH juridikum2014_157x225.inddjuridikum_4_2014_cover.indd 11 09.10.2014 16:38:49 11.12.14 13:44 juridikum 4/2014 vor.satz 401 „wir“ und „die anderen“ Caroline Voithofer Es ist schon seltsam: Da versuchen wir Recht zu verstehen, indem wir lesen, forschen, nachdenken, schreiben, uns auf Konferenzen austauschen etc. Dabei vergessen wir aber im Elfenbeinturm leicht das Wesentliche: Was soll Recht? Sollte Recht nicht auch ein Instrument sein, das Gesellschaft1 möglich macht, das Frieden sichert und im Konflikt- fall ein geordnetes Entscheidungs- und Lösungsverfahren bereitstellt? Die Fragen sind zugegebenermaßen rhetorisch, da die angestrebte Funktion der Friedenssicherung unumstritten ist und alle juristischen Fächer durchzieht. Friedensicherung könnte als Leitprinzip gleichsam dem Gesetzgeber wie der Rechtsanwendung dienen. Soweit so gut. Doch wie kann diese Funktion verwirklicht werden, wenn es ein „wir“ gibt, das ein „die anderen“ beinhaltet? Auch das juridikum ist in die Konstruktion des „wir“ und „der anderen“ verstrickt. So war bspw im letzten Heft viel Raum den Fragen des Schutzes von Meinungsäußerungs- und Versammlungsfreiheit gewidmet, tendenziös wirkendem polizeilichem und justiziellem Vorgehen wurde eine klare Absage erteilt. Kritische Jurist_innen wurden – als „wir“ – dabei als solche (re)konstruiert, die demokratische Prinzipien aufrechterhalten und dennoch den Rechtsstaat hinterfragen. Als „die ande- ren“ wurden alle, die gegen demokratische Prinzipien handeln, und eher politisch rechts gesinnt sind, (re)konstruiert. So unbestritten wichtig die behandelten Themen sind, so sehr laufen wir Gefahr im „kritischen Elfenbeinturm“ Nebenwirkungen zu übersehen, die die Funktionserfüllung der Friedenssicherung gefährden. Denn – und ich hoffe hier auf einen Wahrnehmungs- fehler meinerseits – es scheint, als würden sich die Positionen des „wir“ und „der ande- ren“ verhärten; Feindbilder – darunter zT alt bewährte – auf allen Seiten (wieder)auf- leben. Sei es, dass die Rosa Lila Villa in Wien mit „Tötet Schwule“ beschmiert wird,2 dass Gedenksteine für ermordete Jüdinnen und Juden verunstaltet werden3 oder dass Jugendliche aus Europa für den Islamischen Staat in den Kampf ziehen.4 1 Vielleicht sogar eine offene iS Poppers? Vgl Popper, Die offene Gesellschaft und ihre Feinde7 (1992). 2 Vgl etwa: DerStandard, Morddrohung auf der Fassade der Rosa Lila Villa in Wien, 27.9.214 http://derstandard. at/2000006126637/Morddrohung-auf-der-Fassade-der-Rosa-Lila-Villa-in-Wien (3.11.2014). 3 Vgl für eine Dokumentation antisemitischer und weiterer politisch motivierte Gewaltvorfälle die gesammelten Bei- spiele des Forums gegen Antisemitismus unter: http://www.fga-wien.at/de/news.html (3.11.2014). 4 Vgl etwa ORF, Was Jugendliche zu IS treibt, http://orf.at/stories/2251608/2251632/ (3.11.2014). juridikum_4_2014.indd 401 11.12.14 14:34 402 Caroline Voithofer, „wir“ und „die anderen“ Das alles sind Symptome einer gefährlichen Entwicklung, gegen die sich kritische Jurist_innen stark machen müssen. Dafür bieten sich gleich mehrere Anknüpfungs- punkte. Einer davon ist die Idee der Universalität der Menschenrechte. Sie verträgt kei- ne Unterscheidung zwischen „wir“ und „den anderen“. Wenn die Menschenrechte nur für „die meinen“ gelten, dann sind sie nicht universal. Und wer sind denn schon die „meinen“? Da stellen sich sofort Fragen nach Identitätskonstruktionen, wobei wir – als kritische Jurist_innen – aus den Legal Gender Studies wissen, dass es keine heterogene Gruppe gibt; dass jede_r zudem mehrere zugeschriebene Eigenschaften hat, die sich in ihrem Zusammenwirken auf die eigene zugeschriebene soziale Stellung und das Selbst- bild auswirken. Sollen wir dieses Wissen über Bord werfen, anstatt mit dem Wissen die einzig stringente Konsequenz zu ziehen: Jeder Mensch ist grundsätzlich gleich viel wert und verdient die gleiche Anerkennung und Würde. Ein Feindbild kann daher nur ein ungerechtes Verhältnis sein, gegen das mit demo- kratischen Mitteln anzukämpfen ist. Die einfachsten (rechts)ethischen Prinzipien dürfen nicht in schwierigen Situationen vergessen werden. Übertragen auf die Menschenrechte heißt das, wenn ich sie für mich in Anspruch nehmen will, muss ich sie auch anderen Menschen zugestehen. Das heißt nicht, jede_n gleichermaßen mögen zu müssen, bein- haltet aber Toleranz und Respekt vor Menschen mit anderen Lebensweisen und Einstel- lungen. Im Idealfall gelingt es, sich in andere hineinzuversetzen5 und in einen Dialog zu treten. Wer die Erfahrung macht, dass andere einem_einer mit Respekt begegnen, wird sich schwerer tun, Hass zu empfinden und weniger anfällig für Feindbildkonstruktionen sein. Radikalisierungen werden unwahrscheinlicher. Und ja, es ist viel schwieriger, eine offene Gesellschaft zu leben und mit ihren Mitteln zu erhalten, als Feindbilder zu schaf- fen und auf andere einzutreten. Dr. in Caroline Voithofer ist Universitätsassistentin am Institut für Zivilrecht an der Universität Innsbruck und Mitheraus- geberin des juridikum; [email protected] 5 Vgl Holzleithner, Kein Fortschritt in der Liebe? Gerechtigkeit und Anerkennung in Nahbeziehungen, in Koller (Hrsg), Gerechtigkeit im politischen Diskurs der Gegenwart (2001) 252. juridikum_4_2014.indd 402 11.12.14 14:34 juridikum 4/2014 inhalt 403 Inhaltsverzeichnis vor.satz 401 „wir“ und „die anderen“ Caroline Voithofer merk.würdig 405 Die Spieltheorie als Theorie der sozialen Interaktion Miriam Broucek 409 „Pizza bleibt“, Pizza geht Die Räumung der Mühlfeldgasse 12 Maria Sagmeister 413 Verselbstständigte Verwaltung Maximilian Pichl recht & gesellschaft 416 Benachteiligt die Sachwalterrechtspraxis kognitiv behinderte Menschen? Eine empirische Analyse gerichtlicher Entscheidungen über Anregungen von Sach walterschaft Walter Fuchs 429 Rechtliche Probleme bei der Rückstellung ‚arisierte‘ Apotheken in Österreich Alfred Fehringer 441 Leinwandmesser und Co – human gelesen Vom Wert literarischer Tierkonzepte für die rechtliche Tierkonzeptionen Laura Pavlidis thema 455 Vorwort: Internet und Freiheit Matthias C. Kettemann 459 Die Schönheit der Chance: Utopien und das Internet Thorsten Thiel 472 Digitaler ziviler Ungehorsam Spurensuche der Dissidenz im digitalen Zeitalter Theresa Züger 483 Kritisieren heißt Filtrieren Eine Kritik kritischer Praxis in sozialen Netzwerken Tom Poljanšek 494 Postsouveräne Subjektivität im Netz Shitstorms im Spiegel von Genderdiskursen Jennifer Eickelmann 506 Relevanz des Urheberrechts bei der Entstehung (und Bewältigung?) von menschenrechtsbezogenen Konflikten im Internet Dominik König 514 Ist Freiheit utopisch? Die internationale Politik der freien Meinungsäußerung im Internet Ben Wagner juridikum_4_2014.indd 403 11.12.14 14:34 404 Inhalt 522 Rechtsansprüche auf generische Top-Level Domains (gTLDs) nach der Marktliberalisierung Eine kritische Untersuchung zentraler Begriffe des Domainnamensrechts Tobias Mahler nach.satz 533 Zwiespältige Debatten Ein Tag auf der Konferenz „Männerpolitik. Beiträge zur Gleichstellung der Geschlechter“ Ines Rössl (Wien), Nadja Lorenz (Wien), Karin Lukas (Wien), Eva Impressum Maria Maier (Wien), Andrea Maihofer (Basel), Ugo juridikum Mattei (Turin/Berkeley), Alfred J. Noll (Wien), Heinz zeitschrift für kritik | recht | gesellschaft Patzelt (Wien), Arno Pilgram (Wien), Ilse Reiter-Zat- www.juridikum.at, ISSN: 1019-5394 loukal (Wien), Birgit Sauer (Wien), Oliver Scheiber Herausgeber_innen: (Wien), Marianne Schulze (Wien), Alexander Somek Für Context – Verein für freie Studien und brauchbare (Iowa), Richard Soyer (Wien/Linz), Heinz Steinert † Informationen (ZVR-Zahl: 499853636) herausgegeben (Frankfurt am Main), Bea Verschraegen (Wien/ von: Ronald Frühwirth, Eva Pentz, Ines Rössl und Bratislava), Ewald Wiederin (Wien), Maria Windhager Caroline Voithofer (Wien), Michaela Windisch-Grätz