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Gemeindefinanzbericht 2016

Editorial

Eine neue Partnerschaft zwischen Bund, Ländern und Kommunen?

Der Flüchtlingszuzug stellt für Deutschland – seine Menschen und seine Institutionen – eine große Her- ausforderung dar. Der Druck, schnell und dennoch nicht hektisch auf die verschiedensten Fragen Antwor- ten zu finden, ist enorm.

Betrachtet man in dieser Frage alleine das fiskalpoli- tische Zusammenspiel zwischen den Ebenen Bund, Ländern und Gemeinden, sind Zeichen einer neuen Qualität zu erkennen: Lange haben die Städte und der Verena Göppert, Deutsche Städtetag als ihre Stimme dafür gekämpft, Ständige Stellvertreterin dass sie von Bund und Ländern als zwar nicht recht- des Hauptgeschäftsführers lich, aber doch politisch gleichwertiger Partner wahr- des Deutschen Städtetages genommen werden. In der Vergangenheit saßen sie all zu oft am Katzentisch. Es wurde nicht nur über ihre Köpfe, sondern auch über ihre berechtigten Interessen hinweg entschieden. Ein Beispiel, dass politische Beschlüsse nicht immer ausreichen, um die gute Absicht vollständig in die Tat Fairness ist angesichts der immensen – auch fiskali- umzusetzen, zeigt sich bei der Veränderung der Bun- schen – Herausforderungen das Gebot der Stunde. In desbeteiligung an den Unterkunftskosten für Hartz-IV- einer Situation, in der alle Ebenen unter Druck stehen, Empfänger (KdU) im Zuge der 5-Milliarden-Entlastung. können nicht allein die eigenen Interessen betrach- Anders als ursprünglich zwischen Bund und Län- tet werden. Von jedem Beteiligten ist der Blick für das dern verabredet, erhalten die Kommunen nach dem Ganze zu bewahren. Die Bedürfnisse des Gegenübers Beschluss des Bundeskabinetts auf dem Weg über sind anzuerkennen. Nicht umsonst sind alle drei Ebenen KdU im Jahr 2018 nicht 1,6 Milliarden Euro, sondern stolz darauf, ihr Handeln am Gemeinwohl zu orientieren. fast 400 Millionen Euro weniger. Das ist korrektur- „Integration fair finanzieren – gute Ansätze weiterver- bedürftig. folgen“. Auch dieser Titel des Gemeindefinanzberichts zeigt: Es ist eine neue Form des Umgangs zu erkennen. Wir wollen, dass Städte mit besonders hohen Sozial- ausgaben zielgerichtet entlastet werden. Das geht Fairness beinhaltet zugleich: Wenn etwas gut läuft, nicht über einen höheren Gemeindeanteil an der Um- wenn Bund und Länder gute Absichten verfolgen, satzsteuer, sondern über eine höhere Bundesbetei- wird dies anerkannt. Der Städtetag wird hier sei- ligung an den Unterkunftskosten. ner Verantwortung gerecht. Das heißt aber natürlich nicht, dass die Kommunen darauf verzichten können, Über viele Monate haben das Thema Flüchtlinge und deutlich Kritik zu äußern, wenn vereinzelt ein Rückfall die vielen hiermit verbundenen Fragen die Nachrich- in alte Muster zu beobachten ist. Ein aktuelles Bei- ten beherrscht. Das heißt aber nicht, dass in ande- spiel ist eine befremdliche Vereinbarung von Bund ren Politikbereichen die Zeit still stand. Leider ist hier und Ländern, die eine Erhöhung des Länderanteils an nicht überall ein neuer partnerschaftlicher Umgang der Umsatzsteuer um 1 Milliarde Euro als kommuna- zu spüren. Ein Beispiel ist das Bundesteilhabegesetz le Entlastung darstellen will. Dadurch soll ein Fünftel und die dabei drohende massive finanzielle Belastung der den Kommunen im Koalitionsvertrag zugesagten kommunaler Haushalte. Es darf nicht sein, dass im 5-Milliarden-Entlastung nicht mehr ihnen unmittelbar Bereich des Flüchtlingszuzugs der hohe Unterstüt- zur Verfügung gestellt werden, sondern an die Länder zungsbedarf der Kommunen anerkannt wird, wäh- gehen. Das heißt, die Kommunen müssen sich dieses rend gleichzeitig an anderer Stelle neue Grundlagen Geld von den Ländern zurückholen. Das ist nicht in für eine Überforderung kommunaler Haushalte gelegt Ordnung. werden.

Deutscher Städtetag – Gemeindefinanzbericht 2016 1 Impressum

Gemeindefinanzbericht 2016 ISBN 978-3-88082-295-5 ISSN 2197-4594

Herausgeber Deutscher Städtetag Hausvogteiplatz 1, 10117 Berlin, Telefon: 030/377 11-0 Gereonstraße 18-32, 50670 Köln, Telefon: 0221/377 1-0 E-Mail: [email protected], Internet: www.staedtetag.de

Geschäftsführendes Präsidialmitglied Helmut Dedy Verantwortlich Volker Bästlein, Leiter Presse- und Öffentlichkeitsarbeit Redaktion Uwe Schippmann, Anja Viohl

Autoren Stefan Anton, Benjamin Holler Aufsätze Dr. Birgit Frischmuth, Jennifer Musil, Dr. Stefan Ronnecker Aufbereitung Datenmaterial Grafiken/Tabellen Sabine Winkler

Mitarbeit Erika Arnold, Marion Quotschalla, Nicole Reinhardt, Silvia Sickel

Layout Grafiken/Tabellen Bertram Sturm Gesamtlayout Elke Postler Foto Foto-Blumrich/Deutscher Städtetag Druck Media GmbH, Hürth

Bezugsquelle Deutscher Städtetag, Gereonstraße 18-32, 50670 Köln, Telefon: 0221/377 1-227, E-Mail: [email protected] Preis für das Einzelheft 15 Euro inkl. MWSt. zzgl. Versandkosten Inhalt

4 Gemeindefinanzbericht 2016 – 43 Bundesteilhabegesetz Schlaglichter 44 Exkurs: Berücksichtigung von Risiken Integration fair finanzieren – und mangelnder Planbarkeit im gute Ansätze weiterverfolgen Mehrebenensystem 4 Finanzlage: Gesamthaushalt noch ausgeglichen, 46 Reform der Grundsteuer aber mit Risiken Von Dr. Stefan Ronnecker

6 Gefälle zwischen den Kommunen verschärft sich 48 Ausblick auf aktuelle Entscheidungen zur Konnexität 7 Investitionsstau: Mehr als 100 Milliarden Euro Von Jennifer Musil werden gebraucht 50 Europäische Standards 7 Entlastung der Kommunen für die Rechnungslegung des muss auch voll bei ihnen ankommen öffentlichen Sektors (EPSAS) 8 Flüchtlingszuzug: Bund, Länder und Kommunen Von Dr. Birgit Frischmuth sind gemeinsam gefordert 52 Kommunales Zinsmanagement 12 Einigung zwischen den Ländern zur im Zeichen negativer Zinsen Grundsteuerreform längst überfällig Von Dr. Birgit Frischmuth

12 Neuordnung der föderalen Finanzbeziehungen 53 Infrastrukturberatung als neues, nutzenstiftendes Angebot für Kommunen? 13 Strukturschwache Städte Von Dr. Birgit Frischmuth müssen gefördert werden

13 Bundesteilhabegesetz – neue Belastungen 55 III. Länderreport der Kommunen vermeiden 55 Länderreport West 13 EPSAS – keinen unnötigen Aufwand treiben 55 Baden-Württemberg 14 Infrastrukturberatung: Umwandlung der 57 Bayern ÖPP Deutschland AG 58 Hessen

60 Niedersachsen 1 5 Gemeindefinanzbericht 2016 62 Nordrhein-Westfalen Integration fair finanzieren – gute Ansätze weiterverfolgen 63 Rheinland-Pfalz Von Stefan Anton und Benjamin Holler 65 Saarland

66 Schleswig-Holstein 15 I. Aktuelle Finanzlage der Kommunen 6 7 Länderreport Ost 15 Rückblick auf das Jahr 2015 67 Brandenburg 17 Entwicklung in den Jahren 2016 bis 2019 69 Mecklenburg-Vorpommern 27 Kommunale Disparitäten – Indikatoren 70 Sachsen 29 Exkurs: Investitionen – verschiedene Blickwinkel 72 Sachsen-Anhalt 32 II. Zentrale Finanzthemen 74 Thüringen 32 Entlastung der Kommunen

33 Finanzrelevante Aspekte des Flüchtlingszuzugs 77 Verzeichnis der Übersichten/ 39 Neuordnung der föderalen Finanzbeziehungen Tabellenanhang

40 Neuordnung der Regionalförderung – Zukunft der Tabellen: Sabine Winkler Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ (GRW)

Deutscher Städtetag – Gemeindefinanzbericht 2016 3 Gemeindefinanzbericht 2016 – Schlaglichter

Integration fair finanzieren – gute Ansätze weiterverfolgen Von Stefan Anton und Benjamin Holler

Im vergangenen Jahr war die prak- Die vorliegenden Schlaglichter des öffentlichen Sektors (EPSAS), gehört tische Arbeit in den Kommunen, aber Gemeindefinanzberichtes skizzieren ebenso hierzu wie die Aktivitäten der auch der politische Diskurs auf allen in knapper Form in einem ersten The- ÖPP Deutschland AG, deren Gründung Ebenen von der Flüchtlingsthematik menblock die Ausgangslage für die eine Reaktion auf die intensive Debatte geprägt. Der Deutsche Städtetag hat finanzpolitischen Fragen. zu Öffentlich-Privaten Partnerschaften frühzeitig und eindringlich darauf hin- war. gewiesen, dass diese Mammutaufga- In einem zweiten Themenblock werden be eine gemeinsame Aufgabe ist, die vor diesem Hintergrund die getroffenen Die Schlaglichter des Gemeindefinanz- angemessen finanziert werden muss. Entscheidungen und die verbleibenden berichts sollen zu all diesen Themen Auch wenn aufgrund der Flüchtlings- Handlungszwänge für die Bundes- und komprimierte und fundierte Informati- zuwanderung erhebliche Risiken und Landespolitik dargestellt. Zunächst onen liefern und transparente Bewer- Belastungen für die kommunalen werden die beiden zentralen und hoch- tungen abgeben. Detailliertere Darstel- Haushalte bestanden und weiterhin – aktuellen Themenkomplexe der Entlas- lungen sind, wie in den Vorjahren, im wenn auch abgeschwächt – bestehen, tung der Kommunen um 5 Milliarden Gemeindefinanzbericht des Deutschen haben die deutschen Städte immer be- Euro sowie die finanzpolitischen Fra- Städtetages zu finden. tont, zu ihrer humanitären Verantwor- gen des Flüchtlingszuzugs behandelt. tung zu stehen. Auch die Reform der Grundsteuer ist ein zentrales Thema; eine über Jahr- Finanzlage: Gesamthaushalt Üblicherweise nehmen Verhandlungs- zehnte dauernde und von vielen Rück- noch ausgeglichen, aber mit prozesse zwischen Bund, Ländern schlägen gekennzeichnete Reformde- Risiken und Kommunen Zeiträume von meh- batte muss jetzt zu einem guten Ab- reren Jahren in Anspruch. In diesem schluss gebracht werden. Die Aussichten für die kommunale Fall jedoch hat die Bundespolitik zu- Finanzlage haben sich dank der ak- sammen mit den Ländern angesichts Auch andere Themen begleiten Finanz- tuellen Vereinbarungen von Bund und des Handlungsdrucks recht schnell politiker beständig über Jahre oder Ländern zur Entlastung der Kommu- reagiert und nach mehreren Sonder- Jahrzehnte. Hierzu zählt die Neuord- nen beziehungsweise zur Flüchtlings- konferenzen wegweisende finanzpoli- nung der föderalen Finanzbeziehun- finanzierung deutlich verbessert. Die tische Entscheidungen getroffen. Dass gen; die letzte große Reform liegt gut Einschätzung der aktuellen Finanzla- diese Entscheidungen trotz der hier- zehn Jahre zurück. Bei wieder ande- ge basiert allerdings auf der Projektion bei von allen Beteiligten abverlang- ren Politikbereichen verschiebt sich des voraussichtlichen Jahresergeb- ten Kompromissfähigkeit so zügig zu- der Fokus, weil sich die Problemlagen nisses 2016 sowie der voraussichtli- stande kamen, ist ein Zeichen für die verändern. Die Gemeinschaftsaufgabe chen mittelfristigen Entwicklung und Handlungs- und Kompromissfähigkeit zur regionalen Wirtschaftsförderung ist unterliegt daher großen Unwägbar- der Politik. Überhaupt ist bemerkens- hierfür das derzeit prägnanteste Bei- keiten. Diese ergeben sich naturge- wert, wie klar im Prozess der Flücht- spiel. Bei anderen Herausforderun- mäß durch die Unsicherheiten zur lingszuwanderung deutlich wurde, wel- gen ist es wichtig, dass die Kommu- weiteren konjunkturellen Entwicklung che Stärken die verschiedenen Ebenen nen dafür sorgen, dass ihre Belange sowie aktuell vor allem angesichts der Bundesrepublik besitzen. Gerade überhaupt in der öffentlichen Debatte der Belastungen im Zusammenhang die kommunale Ebene hat ihre enorme ankommen. Ein Beispiel dafür ist das mit Aufnahme, Unterbringung und Leistungsfähigkeit gezeigt. neue Bundesteilhabegesetz. Die exis- Versorgung der zahlreichen Flücht- tierenden Milliardenrisiken im Zuge linge und den Folgekosten etwa im Auch wenn die Fragen des Zuzugs und der Reform des Bundesteilhabegeset- Bereich des Sozialgesetzbuches II. der Integration von Flüchtlingen im ver- zes müssen berücksichtigt werden. Hinzu kommen die derzeit noch kaum gangenen Jahr im Vordergrund stan- Darüber hinaus gibt es Fachthemen, bezifferbaren Integrationskosten, sei den, so wurden im Bereich der Kom- die die Reaktion auf in der Öffentlich- es in den bestehenden Systemen munalfinanzen natürlich auch weitere keit schon fast vergessene Finanz- der Kinderbetreuung und der Schule Entwicklungen angestoßen, fortgeführt marktkrise und weitere Debatten wider- oder sei es durch neue zusätzliche und teilweise zum (vorläufigen) Ab- spiegeln. Die Einführung Europäischer Maßnahmen und Leistungen und Pro- schluss gebracht. Standards zur Rechnungslegung des gramme.

4 Deutscher Städtetag – Gemeindefinanzbericht 2016 Zusammenfassend lässt sich also fest- tens der Länder) nicht explizit auswei- circa 5 Milliarden Euro. Im Ergebnis stellen, dass weiterhin große Risiken sen. Dies hat methodische Gründe: Die rechnet die Prognose der kommuna- bestehen. Für den Fall, dass diese Prognose der kommunalen Spitzenver- len Spitzenverbände für das laufende Risiken nicht eintreten, ist die Aussicht bände greift, wie auch in den Vorjah- Jahr mit einem gerade noch ausge- für die kommunalen Finanzen aber gut. ren, gerade für das aktuelle Jahr sehr glichenen kommunalen Gesamthaus- Unabhängig hiervon vergrößern sich stark auf die jeweiligen Haushaltsplä- halt. Neben den flüchtlingsbedingten allerdings die regionalen Unterschiede ne der Städte, Kreise und Gemeinden Belastungen sind für die Verschlech- zwischen finanzstarken und struktur- zurück. Diese weisen keinen geson- terung des kommunalen Ergebnisses schwachen Kommunen weiter. derten Prognosebereich „Flüchtlinge“ um etwas mehr als 3 Milliarden Euro aus. Flüchtlingsbedingte Mehrausga- auch steuerrechtsbedingte Gewerbe- Auch wenn im Zusammenhang mit der ben lassen sich lediglich indirekt für steuerausfälle in 2016 verantwortlich. kommunalen Finanzlage derzeit die einzelne Bereiche ermitteln, indem die Im Jahr 2017 sind bei angenommener Fragen nach der Kompensation der prognostizierte Entwicklung mit einem Beruhigung der Flüchtlingsbewegun- flüchtlingsbedingten Ausgabenanstie- Alternativszenario „üblicher“ Steige- gen und steuerrechtlicher Normallage ge im Vordergrund stehen, kann der rungsraten verglichen wird. Der der- nicht zuletzt aufgrund der auf 2,5 Mil- Deutsche Städtetag die flüchtlingsbe- art ermittelte Anstieg gegenüber dem liarden Euro erhöhten Soforthilfe des dingten kommunalen Mehrausgaben Normalniveau beträgt zum Beispiel für Bundes für Kommunen wiederum (man berücksichtige in diesem Zusam- die Ausgaben für soziale Leistungen je Überschüsse zu erwarten. Für die Jah- menhang auch die Zuweisungen sei- nach Jahr circa 2 Milliarden Euro bis re 2018 und 2019 sind Überschüsse

Übersicht 1: Kommunalfinanzen 2014 bis 2019 in den westdeutschen und den ostdeutschen Flächenländern 1) Einnahmen/Ausgaben 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2015 2016 2017 2018 2019 in Mrd. Euro +/- % Einnahmen 2) 205,32 218,21 231,1 241,3 246,0 252,1 6,3 5,9 4,4 2,0 2,5 darunter: Steuern 79,47 84,85 85,6 92,6 94,4 97,8 6,8 0,9 8,2 2,0 3,6 darunter: Grundsteuern 11,31 11,83 12,0 12,2 12,3 12,5 4,5 1,9 1,2 1,2 1,2 Gewerbesteuereinnahmen 33,05 34,91 34,2 38,0 39,0 40,2 5,6 -2,1 11,0 2,9 2,9 Einkommensteueranteil 30,26 32,51 33,5 35,5 37,3 39,3 7,4 3,2 5,8 5,2 5,2 Umsatzsteueranteil 3,68 4,29 4,5 5,5 4,3 4,5 16,8 4,1 24,1 -22,0 3,4 nachrichtlich: Brutto-Gewerbesteueraufkommen 39,73 41,94 41,2 45,7 47,0 48,4 5,6 -1,7 10,8 2,9 2,9 Gebühren 17,46 17,92 18,1 18,3 18,5 18,7 2,6 0,8 1,3 1,1 1,1 Laufende Zuweisungen von Land/Bund 70,48 76,53 87,5 90,9 94,2 97,5 8,6 14,3 3,8 3,7 3,5 Investitionszuweisungen von Land/Bund 7,28 7,37 9,0 9,1 8,6 8,1 1,3 22,6 0,9 -6,0 -5,3 Sonstige Einnahmen 30,63 31,55 30,9 30,5 30,3 30,0 3,0 -2,0 -1,5 -0,6 -1,0 Ausgaben 2) 204,89 215,16 231,1 239,2 246,2 253,9 5,0 7,4 3,5 2,9 3,1 darunter: Personal 52,39 54,18 57,1 59,2 61,0 62,5 3,4 5,4 3,7 3,0 2,5 Sachaufwand 43,16 45,05 49,0 49,9 51,4 52,7 4,4 8,8 1,8 3,0 2,6 Soziale Leistungen 49,42 53,79 59,0 63,5 67,4 70,6 8,8 9,7 7,5 6,2 4,8 Zinsen 3,43 3,32 3,2 3,2 3,2 3,2 -3,2 -2,4 -1,6 -1,0 0,0 Sachinvestitionen 22,23 22,03 25,2 24,7 23,2 23,6 -0,9 14,2 -1,8 -6,2 1,7 davon: Baumaßnahmen 16,93 16,17 19,4 18,9 17,2 17,4 -4,5 19,9 -2,7 -8,9 1,3 Erwerb von Sachvermögen 5,30 5,86 5,8 5,8 6,0 6,2 10,7 -1,7 1,4 2,5 2,7 Sonstige Ausgaben 34,28 36,80 37,6 38,8 40,2 41,4 7,4 2,1 3,2 3,6 3,0 Finanzierungssaldo 0,43 3,05 0,0 2,0 -0,3 -1,8 x x x x x Stärkung der Kommunalfinanzen ab 2018 x x x x 4,5 4,5 x x x x x Übernahme der Kosten der Unterkunft für x x 0,4 0,8 1,2 x x x x x x anerkannte Flüchtlinge Finanzierungssaldo unter Berücksichti- gung der Stärkung der Kommunalfinanzen x x 0,4 2,9 5,4 2,6 x x x x x ab 2018 und der Übernahme der Kosten der Unterkunft für anerkannte Flüchtlinge 3)

1) Für die Jahre 2016 bis 2019 Schätzung auf Basis einer gemeinsamen Umfrage der Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände, der Steuerschätzung Mai 2016 sowie Daten aus dem Arbeitskreis Stabilitätsrat. Differenzen in den Summen durch Rundungen möglich. 2) Ohne besondere Finanzierungsvorgänge (insbesondere Schuldenaufnahmen u. -tilgungen, Rücklagenentnahmen u. -zuführungen, Deckung von Fehlbeträgen aus Vorjahren), ohne kommunale Krankenhäuser. 3) Tatsächlich zu erwartende Anpassungseffekte auf der Ausgabenseite wie z.B. eine Ausweitung der Investitionen wurden nicht berücksichtigt.

Prognose der kommunalen Spitzenverbände und eigene Zusammenstellung und Berechnungen nach Angaben des Statistischen Bundesamtes. Ü1 &Deutscher Städtetag – Gemeindefinanzbericht5 2016 5 ebenfalls zu erwarten, wenn es in voller scheinung tritt, existiert weiterhin. • Zusätzlich ist festzuhalten, dass Höhe zu der von der Bundesregierung Bei einem Teil der Ausgaben für so- alleine die Maßnahmen des Bun- zugesagten dauerhaften finanziellen ziale Leistungen, insbesondere bei des zur Stärkung der Kommunalfi- Entlastung der Kommunen um 5 Milli- der Grundsicherung im Alter, wer- nanzen die Kommunen in die Lage arden Euro kommt; andernfalls drohen den Kostensteigerungen in vollem versetzen, ihre Aufgaben ohne eine teils empfindliche Defizite. Umfang vom Bund getragen; dies Erhöhung ihrer Verschuldung zu er- federt die Problemlage allerdings füllen. Eine sachgerechte Finanzar- Die geschilderten Sonderfaktoren nicht ausreichend ab. chitektur würde hingegen die kom- überlagern verschiedene langfristige munalen Einnahmen so gestalten, Trends bzw. dauerhafte Problemlagen: • Auch die sonstige Ausgaben- und dass die Einnahmenzuwächse auch Einnahmenentwicklung verläuft re- ohne gesetzgeberische Maßnah- • Betrachtet man die Entwicklung gional unterschiedlich. In den finanz- men zur Bewältigung der steigen- der Sozialausgaben ohne die di- stärkeren Kommunen wurde zu- den Ausgaben ausreichend sind. rekt mit dem Flüchtlingszuzug im sätzlicher Finanzierungsspielraum Zusammenhang stehenden Aus- insbesondere für mehr Sachinves- • Eine weitere zentrale Problemlage gaben (Leistungen nach dem Asyl- titionen verwendet. Einnahmenstei- bleiben die zunehmenden Dispa- bewerberleistungsgesetz, Kinder gerungen in diesen Regionen führ- ritäten zwischen den Kommunen, und Jugendhilfe), so ist festzustel- ten also nicht zu einer Verbesserung wie der nachfolgende Abschnitt len, dass der Anstieg selbst ohne des Finanzierungssaldos, sondern zeigt. diese besonderen Belastungen bei zu einem in der Kassenstatistik nur knapp 5 Prozent liegt. Das Problem anhand der Steigerung der Investiti- der ungebremst steigenden Sozi- onen abgebildeten Abbau oder ver- Gefälle zwischen den alausgaben, welches zudem regi- ringerten Aufwuchs des vorhande- Kommunen verschärft sich onal höchst ungleich verteilt in Er- nen Investitionsstaus. Die Entwicklung des Finanzierungssal- dos oder einzelner Ausgabearten aller Übersicht 2: Kommunen in Deutschland ist nur ein Blickwinkel, um sich der finanziellen Bundeshilfe wirkt bei Defizit – Kassenkredite bleiben hoch Lage der Städte, Gemeinden und Ge- meindeverbände in Deutschland zu nä- Kassenkredite und Finanzierungssaldo im Vergleich, in Milliarden Euro hern. Eine Darstellung und Kommen- tierung der aktuellen Finanzlage muss

50 auch den Blick auf die weiter wachsen- den regionalen Disparitäten richten.

40 Die Alltagserfahrung zunehmender re- gionaler Unterschiede wird in der Sta- tistik nicht nur bestätigt, sie wird hier- 30 durch sogar noch gestärkt. Bereits die grobe länderweise Aufgliederung der

20 kommunalen Kassenstatistik, die in- traregionalen Unterschiede oder Unter- schiede zwischen den verschiedenen 10 Gemeindetypen wie Kernstadt, Um- land und ländlichem Raum verwischt, zeigt einen besorgniserregenden Zu- 0 stand. Auch ohne die Heranziehung weiterer Indikatoren, die auf andere Weise die Lebenswirklichkeit der Bür- -10 gerinnen und Bürger betreffen als die 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 kommunale Haushaltslage, ist nach- Finanzierungssaldo vollziehbar, warum viele Beobachter Kassenkredite eine Debatte um regionale Chancenge- rechtigkeit für unausweichlich halten. Finanzierungssaldo in den Jahren 2016 bis 2019 ohne Übernahme der Kosten der Unterkunft Deutlich überdurchschnittliche, positi- Eigene Zusammenstellung und Berechnung nach der Kommunalfinanzstatistik für anerkannte Flüchtlinge und ohne Stärkung der Kommunalfinanzen ab 2018. des Statistischen Bundesamtes, ab 2016 Schätzung. ve Finanzierungssalden waren im Jahr Eigene Zusammenstellung und Berechnung nach der Kommunalfinanzstatistik des Statistischen Bundesamtes, ab 2016 Schätzung. 2015 in Bayern, Baden-Württemberg, Niedersachsen sowie – mit Ausnahme

6 Deutscher Städtetag – Gemeindefinanzbericht 2016 Sachsens – in den ostdeutschen Län- formulieren, welche Unterstützungs- schleiß gefahren. Umfang und Qualität dern zu verzeichnen. Deutlich unter- leistungen sie geben wollen. Ein reines der öffentlichen Infrastruktur müssen durchschnittliche, zudem negative Fi- Lippenbekenntnis zu gleichwertigen verbessert werden. Das würde, auch nanzierungssalden waren hingegen in Lebensverhältnissen ohne darauf fol- wenn man die hiermit verbundenen Hessen, Nordrhein-Westfalen und dem gende Taten hilft nicht, sondern scha- Kosten berücksichtigt, Bürgern wie Saarland zu registrieren. Die Spann- det. Enttäuschung und Vertrauensver- Unternehmen gleichermaßen nutzen. breite zwischen dem bayerischen und lust wären die Folge. dem saarländischen Finanzierungs- saldo liegt mittlerweile bei 277 Euro je Entlastung der Kommunen Einwohner. Investitionsstau: Mehr als muss auch voll bei ihnen 100 Milliarden Euro werden ankommen Bei den Kassenkrediten sind die be- gebraucht kannten Verteilungsmuster verstärkt „Bund, Länder, Kommunen und Sozi- worden: Deutlichen Steigerungen der Der Zustand der Infrastruktur in alkassen müssen finanziell so ausge- Kassenkredite in NRW, Rheinland- Deutschland wird zunehmend beklagt stattet sein, dass sie die ihnen über- Pfalz, dem Saarland und auch Sach- – zu Recht. Die Alltagserfahrungen be- tragenen Aufgaben erfüllen und im sen-Anhalt stehen geringe Rückgänge züglich Qualität und Umfang der öffent- Rahmen ihrer Kompetenzen Weichen- in den anderen Ländern gegenüber. lichen Infrastruktur sind zwar regional stellungen für die Zukunft unseres durchaus unterschiedlich. Aber gerade Landes stellen können.“ Diese klare Die Investitionen sind von deutlichen die hohen Investitionsniveaus von bay- Aussage im Koalitionsvertrag findet und zudem zunehmenden Disparitäten erischen oder baden-württembergi- allseits großen Zuspruch, auch wenn gekennzeichnet: Das Investitionsvo- schen Kommunen verdeutlichen, dass nicht immer klar ist, welche Folgen lumen bayerischer Kommunen wuchs selbst in diesen Regionen ein großer sich hieraus ableiten. Zumindest in Be- leicht überdurchschnittlich auf mittler- Bedarf an Pflege und Ausbau öffentli- zug auf die kommunale Ebene wurde weile 519 Euro je Einwohner, das Inves- cher Infrastruktur besteht, der milliar- aber bereits bei Abschluss des Koaliti- titionsvolumen nordrhein-westfälischer denweit davon entfernt ist, gedeckt zu onsvertrages deutlich, dass die eben- Kommunen ist sogar leicht gesunken sein. Zwischen derjenigen Infrastruk- falls im Koalitionsvertrag verankerte und betrug mit 170 Euro je Einwohner turausstattung und -qualität, die aus finanzielle Stärkung der kommunalen lediglich ein Drittel des bayerischen Ni- Sicht der Kommunen notwendig ist um Ebene um 5 Milliarden Euro jährlich veaus. Vergleichbare Situationen erge- die Anforderungen zu erfüllen, und der nicht nur sinnvoll, sondern auch not- ben sich für Hessen, Rheinland-Pfalz, tatsächlich vorhandenen Infrastruktur wendig ist. Ein Zusammenhang mit das Saarland und einige ostdeutsche in ihrem aktuellen Zustand klafft eine den Kosten des Flüchtlingszuzugs be- Länder. Lücke von beständig weit mehr als steht nicht, glücklicherweise wurde 100 Milliarden Euro. Das Kommunalpa- auch von niemandem ein derartiger Betrachtet man die Summe aus Fi- nel 2016 weist einen Investitionsstau in Zusammenhang konstruiert oder im nanzierungsüberschuss und Investi- Höhe von 136 Milliarden Euro aus. Die Nachhinein behauptet. tionsvolumen, treten die Disparitäten Größenordnung wird auch von Unter- besonders deutlich hervor: Bayerische suchungen der Bundesregierung, hier Zur großen Erleichterung der Städte Kommunen konnten als Summe von dem Bundesministerium für Wirtschaft ist mittlerweile eine Verständigung Finanzierungsüberschuss und Investi- und Energie, bestätigt. zwischen Bund und Ländern zur Um- tionen, also grob vereinfacht gespro- setzung der Entlastung der Kommu- chen der Verbesserung der Vermö- Auch bei einer volkswirtschaftlichen nen um 5 Milliarden Euro ab 2018 er- gensposition nach Instandhaltung und Betrachtung des Investitionsverhal- zielt worden. Der Weg, über den die vor Abschreibungen, 621 Euro je Ein- tens ist es nicht überraschend, dass Entlastung erreicht werden soll, ist wohner verbuchen. Nordrhein-westfä- ein anwachsender Investitionsstau allerdings in vielerlei Hinsicht unzu- lische Kommunen kamen hingegen le- besteht: Die öffentliche Investitions- reichend, in einzelnen Aspekten ist er diglich auf den Betrag von 160 Euro je quote in Deutschland sinkt seit lan- schlicht inakzeptabel. Einwohner. gem. Dabei handelt es sich keinesfalls alleine um ein statistisches Kunstpro- 1,6 Milliarden Euro sollen durch eine Die Unterschiede bestehen nicht nur dukt, das aus den leicht erhöhten In- Erhöhung der Bundesbeteiligung an fort, sie haben sich sogar verschärft. vestitionsquoten aus den ersten Pha- den Kosten der Unterkunft direkt an Bund und Länder müssen sich auf sen der Wiedervereinigung resultiert. die Kommunen fließen. 2,4 Milliarden ihre jeweilige Verantwortung für die Im Ergebnis hat der Sektor Staat in Euro werden durch eine Erhöhung des Bürgerinnen und Bürger der struktur- Deutschland seit dem Jahr 2003 im Gemeindeanteils an der Umsatzsteuer schwachen Städte und ihrer Regionen Saldo desinvestiert. Der reale Wert an die Kommunen fließen. Hierbei wird besinnen. Es sollte dabei eine Selbst- des Nettoanlagevermögens des Staa- der Schlüssel für die Verteilung der verständlichkeit sein, dass die Verant- tes sinkt. Einfacher und drastischer Umsatzsteuer nicht modifiziert. Eine wortlichen in Bund und Ländern klar gesagt. Die Infrastruktur wird auf Ver- Erhöhung des Umsatzsteueranteils der

Deutscher Städtetag – Gemeindefinanzbericht 2016 7 Länder um 1 Milliarde Euro soll eben- im Sozialbereich besonders betrof- einer Verteilung nach dem Gießkan- falls als Bestandteil der Kommunal- fen sind, eine besonders starke Ent- nenprinzip an anderer Stelle mehr Geld entlastung gezählt werden. Die Länder lastung erfahren sollen. Dieses Ziel in die Hand nehmen müssen: Um ein haben zugesichert, dass sie dieses kann am besten durch eine vollstän- weiteres Abdriften strukturschwacher zusätzliche Geld an die Kommunen dige Umsetzung der Entlastung durch Städte und Regionen zu verhindern, weiterleiten wollen. Bereits jetzt ist er- eine Erhöhung der Bundesbeteiligung werden nun die Mittel zur Förderung kennbar, dass einzelne Länder in einer an den Kosten der Unterkunft erreicht der regionalen Wirtschaftsstruktur zeitgleichen Kürzung anderer Länder- werden. Die Städte waren bereit, hier- noch stärker aufgestockt werden müs- mittel für die Kommunen keinen Wider- für eine Bundesauftragsverwaltung sen als ohnehin notwendig. spruch zum Weiterleitungsversprechen in Kauf zu nehmen. Aber die Länder sehen. haben mehr auf eine Aufteilung der Mittel nach Regionalproporz als nach Flüchtlingszuzug: Bund, Vollständig eingelöst wird die Zusage Problemlagen geachtet. Länder und Kommunen aus dem Koalitionsvertrag durch die sind gemeinsam gefordert Verständigung daher nicht. Auch be- Letztlich ist es bedauerlich, dass sich züglich derjenigen 4 Milliarden Euro, der Bund auf diesen Verteilungsme- Die sachgerechte Regelung der mit die direkt in den Kommunalhaushalten chanismus eingelassen hat. Ein Bun- dem Flüchtlingszuzug verbundenen ankommen, muss deutlich Kritik ge- desengagement, das grundsätzlich nur finanzrelevanten Aspekte ist derzeit übt werden. Bund und Länder haben in höchsten Tönen gelobt werden kann, das wichtigste finanzpolitische The- die Frage ignoriert, an welche Kom- erfährt durch die Behauptung, Umsatz- ma – und ist zudem von Komplexi- munen die zusätzlichen Mittel gehen steueranteile für die Länder seien eine tät, Handlungsdruck und Unsicherheit sollen. Der Deutsche Städtetag hat kommunale Entlastung, mehr als nur über zukünftige Entwicklungen ge- sich klar dafür ausgesprochen, dass einen Schönheitsfehler. Auch wird der kennzeichnet. Im Rahmen der Schlag- gerade diejenigen Kommunen, die von Bund als Folge des Hinnehmens und lichter des Gemeindefinanzberichts überproportional hohen Belastungen Umsetzens der Länderwünsche nach soll der Schwerpunkt der Darstellun- gen auf einer Bewertung der Vereinba- Übersicht 3: rungen zwischen Bund und Ländern liegen; Ausgangslage, Herausforde- rungen und Zielkonflikte werden eben- Kommunale Einnahmen in West und Ost 2015 falls behandelt. in Euro je Einwohner Nicht nur bei der Bewältigung der un- mittelbar, tagesaktuell hereinstürmen- den Probleme im Zusammenhang mit 436 der Unterbringung und Versorgung 82 331 der Flüchtlinge zeigten die Kommu- nen als Ganzes, das heißt die Kom- 177 munalverwaltungen, die Kommunal- 984 politik sowie die vielen ehrenamtlich engagierten Bürgerinnen und Bürger 2.962 und sonstigen lokalen Institutionen im 1.180 2.576 Zusammenspiel eine beeindruckende 249 Leistungskraft. Auch für das Gemein- wesen insgesamt, im fiskalpolitischen Zusammenspiel von Bund, Ländern 181 und Kommunen gibt es für alle Betei- 1.210 ligten allerhand Gründe, um auf das 708 Erreichte stolz zu sein. Der immense Flüchtlingszuzug im vergangenen Jahr hinterlässt nicht nur deutlich „Spuren“ West Ost in den kommunalen Haushalten, son- Steuern Investitionszuweisungen dern musste auch fiskalpolitische Kon- Gebühren Sonstige sequenzen haben. Gerade der Bund Laufende Zuweisungen hat überzeugend gezeigt, dass er den Begriff der „Verantwortungsgemein-

Eigene Zusammenstellung und Berechnungen nach der Kommunalfinanzstatistik schaft“ ernst meint. des Statistischen Bundesamtes.

8 Deutscher Städtetag – Gemeindefinanzbericht 2016 Auch die Länder betonen den Ge- in den Vereinbarungen berücksichtigt Bevölkerung einer Stadt wie Augsburg danken einer Verantwortungsgemein- werden, dies erfolgte auch in einigen – oder Wiesbaden. Es ist gut denkbar, schaft; allerdings ist in einigen Ländern leider nicht allen – Bereichen. dass sie sich insbesondere in Zent- die Umsetzung noch unzureichend. Es ren mit ausreichend großer Communi- ist zu hoffen, dass es auch bei diesen Ein ganz großes Thema wurde aller- ty und vielen verfügbaren Wohnungen, Ländern zu dauerhaft tragfähigen Lö- dings nur am Rande berücksichtigt. also gerade in ohnehin strukturschwa- sungen kommt und sich abzeichnen- Dies ist die mögliche und zu erwar- chen Städten, niederlassen werden. de, an vermeintlichen technischen De- tende Binnenmigration anerkannter Bei der Zuordnung neu ankommender tails festhakende Verhandlungsstaus Flüchtlinge. Eine Wohnsitzauflage Flüchtlinge auf die einzelnen Länder alsbald gelöst werden. In einzelnen kann nur für diejenigen anerkannten wird die bis zu diesem Zeitpunkt er- Ländern aufkeimende Befürchtungen, Flüchtlinge ausgesprochen werden, folgte Binnenmigration im Übrigen bis- dass sich Landesregierungen um die die nach dem 31. Dezember 2015 ihre lang nicht berücksichtigt, obwohl dies Umsetzung der von ihnen angenom- Anerkennung erhalten. In Abhängig- zum Beispiel mit Blick auf Integrations- menen Verantwortung drücken wollen, keit von Verfahrensabläufen sind auch möglichkeiten rechtlich durchaus mög- müssen schnell entkräftet werden. viele Flüchtlinge, die nach diesem Da- lich erscheint. tum ihre Anerkennung erhalten haben, Die Schnelligkeit, mit der Vereinba- noch nicht von der Wohnsitzauflage Komplexität ist die zweite große Hür- rungen erzielt werden konnten, ist zu betroffen. Im Ergebnis bedeutet dies, de bei der Erarbeitung sachgerechter begrüßen. Im Idealfall wurde getrennt dass für mehr als eine Viertelmillion und somit konfliktminimierender Lö- für die einzelnen Regelkreise in einem anerkannte Flüchtlinge, die von Anfang sungen. Es ist nicht einfach, heraus- „Drei-Schritt-Modell“ vorgegangen: Zu- 2015 bis Juli 2016 ihre Anerkennung zuarbeiten, welche Ebene zu welchem nächst erfolgte eine prinzipielle poli- erhalten haben, keine Wohnsitzauflage Zeitpunkt mit welchen Ausgaben- tische Verständigung, welche Ebene gilt oder galt. Diese können oder konn- zwängen konfrontiert wird. Zwar ist welche Ausgaben bzw. welchen Aus- ten sich ihren Wohnsitz frei wählen. Die regelmäßig auch die kommunale Ebe- gabenanteil trägt. In einem zweiten Anzahl der Personen entspricht der ne beteiligt, aber dies kann sich zum Schritt wurden Grundsatzentscheidun- gen zum technischen Verfahren getrof- Übersicht 4: fen, mit dem insbesondere Verteilungs- strukturen festgelegt werden. Hier treten regelmäßig immense Zielkon- Kommunale Ausgaben in West und Ost 2015 flikte auf. In einem dritten Schritt wur- in Euro je Einwohner den die politischen und technischen Grundsatzentscheidungen gesetzge- berisch untermauert. Als Regelkreise kann man die verschiedenen Elemen- 552 te von Erstaufnahme, Unterbringung 437 und anschließender Integration verste- 305 hen. Als schwierig kann sich erweisen, dass sich verschiedene Phasen über- 228 lappen. Aufgrund langer Asylverfah- 737 rensdauer (inklusive Wartezeit bis zur 2.925 600 Antragstellung) beginnt bei Personen 2.518 mit Bleibeperspektive die Integration vorzugsweise schon während des lau- 609 545 fenden Asylverfahrens.

Unsicherheit im Sinne einer Unklarheit über zukünftige, eventuell sehr dyna- 722 709 mische Entwicklungen ist eines der beiden dominierenden Elemente der West Ost Verhandlungssituation gewesen. Wel- che Flüchtlinge und wie viele kommen Personal Investitionen wann wo an, wohin ziehen sie gegebe- Sachaufwand Sonstige nenfalls nach ihrer Anerkennung um? Soziales Was machen die nicht anerkannten

Flüchtlinge, wie viele von ihnen wer- Eigene Zusammenstellung und Berechnungen nach der Kommunalfinanzstatistik den über Duldungen weiter im Land des Statistischen Bundesamtes. bleiben? Diese Eventualitäten müssen

Deutscher Städtetag – Gemeindefinanzbericht 2016 9 Beispiel mit dem Aufenthaltsstatus darstellt. Vielmehr wird der Umsatz- Integration: Bund stellt den ändern: Asylbewerber im laufenden steueranteil der Ländergesamtheit um Ländern 2 Milliarden Euro Verfahren erhalten ihre Leistungen 670 Euro je Asylbewerber und Monat bereit zunächst von den Kommunen (unab- angehoben; die regionale Zuordnung hängig von länderindividuellen Rege- der Gelder richtet sich nach den Maß- Bund und Länder haben sich im Juli lungen zur Kostenerstattung bzw. -be- gaben des Länderfinanzausgleichs. 2016 auf eine Änderung der Finanz- teiligung der Länder). Arbeitsuchende Die Verteilung der Gelder erfolgt dabei verteilung zwischen Bund und Ländern anerkannte Asylbewerber, die Leis- grob betrachtet so, wie auch die Ver- aufgrund der Integrationskosten der tungen nach dem SGB II erhalten, füh- teilung der ankommenden Asylbewer- Länder und Kommunen verständigt. In ren sowohl beim Bund als auch bei ber auf die Länder erfolgen soll. Allen den Jahren 2016, 2017 und 2018 wird den Kommunen zu direkten Ausga- Beteiligten ist klar, dass 670 Euro nicht der Umsatzsteueranteil der Länder um ben. Auch musste festgestellt werden, den tatsächlichen Kosten für Erstunter- konstant 2 Milliarden Euro zu Lasten dass die Aussagekraft der Asylbewer- bringung und Versorgung entsprechen. des Bundes erhöht. Auch stellt der berleistungsstatistik in Finanzfragen Es ist allerdings auch keineswegs der Bund in den Jahren 2017 und 2018 je- sehr eingeschränkt ist. Anspruch des Bundes, sämtliche Kos- weils 0,5 Milliarden Euro zur Förderung ten während des Asylverfahrens zu des Wohnungsbaus zur Verfügung. Als Zielkonflikte sind natürlich nicht übernehmen. Diese erneute Erhöhung führt zu jähr- alleine die offensichtlichen Interessen- lichen Bundesmitteln für den sozialen konflikte zwischen den verschiedenen Bund übernimmt flüchtlings- Wohnungsbau in Höhe von 1,5 Milliar- Ebenen anzusehen. Auch andere Ziel- bedingte Unterkunftskosten den Euro. Ergänzend wurde vereinbart, konflikte existieren. Zum Beispiel kann dass es bis Mitte 2018 unter Berück- die Schaffung einer Regelung mit ho- Die Finanzierung der Ausgaben der sichtigung der weiteren Entwicklung her regionaler Treffgenauigkeit, die si- Kommunen im Hartz-IV-System für der Flüchtlingslage eine Anschlussre- cherstellt, dass Gelder dort ankom- Kosten der Unterkunft für anerkann- gelung geben soll. men, wo es für Asylbewerber ausge- te Flüchtlinge wird vom Bund für die geben werden muss, im Widerspruch Dauer von drei Jahren bis 2018 über- Die Tatsache, dass – anders als bei der zu dem Wunsch nach möglichst we- nommen. Nach Auffassung der Kom- Übernahme der flüchtlingsbedingten nigen Eingriffen in finanzverfassungs- munen ist darauf zu achten, dass im Kosten der Unterkunft – die Finanzmittel rechtliche Grundsätze stehen, die di- Rahmen dieser Regelung auch die sich nicht an der Zahl der vor Ort oder rekte Finanzbeziehungen zwischen geduldeten Flüchtlinge mit Bleibe- in einem Land zu integrierenden Flücht- Bund und Kommunen nahezu unmög- recht, die ebenfalls Leistungen nach linge orientieren, kann aufgrund von lich machen. Eine Absicherung der dem SGB II beziehen, zu den aner- Binnenmigration von Flüchtlingen zu Regelung für alle Eventualitäten kann kannten Flüchtlingen gezählt werden. Problemen führen. Die Möglichkeiten, der gewünschten Einfachheit entge- Auch wenn die Vereinbarung bislang Konflikte von vornherein zu verhindern, genstehen. befristet ist, ist kein Befristungsgrund sind nicht voll ausgeschöpft: Es ist an- erkennbar. Denn auch in drei Jahren ders als bei der Finanzierung der Erst- Um ein Fazit zu ziehen: Im Großen werden noch erhöhte Kosten anfal- aufnahme und Versorgung der Flücht- und Ganzen sind gute, teilweise sogar len. linge („670-Euro-Regel“) keine flexible sehr gute Entscheidungen getroffen Regelung geschaffen worden; die 2 Mil- worden. Oftmals müssen aber noch Das genaue Verfahren zur Kosten- liarden Euro jährlich für Integration sind auf Länderebene weitere Regelungen übernahme lehnt sich nach derzeiti- als fixe Summe zu verstehen. Es ist zu erfolgen, damit die Ziele der Abma- gem Stand an das bekannte Verfahren hoffen, dass der unnötige Verzicht auf chungen tatsächlich erreicht werden. aus dem Bildungs- und Teilhabepaket vorsorgende Regelungen nicht schon in Zudem verbleibt eine Reihe von Ri- an, bei dem die Kostenübernahme zwei Jahren zu Konflikten führt. siken, die hätten vermieden werden durch eine länderindividuelle Anhe- können. bung der Beteiligungsquote an den Unabhängig von diesen Bewertungs- Kosten der Unterkunft erfolgt. Hier- fragen ist aber festzuhalten, dass nach Bund beteiligt sich an den durch kann in den Jahren 2017 und Auffassung der Städte ihre Finanzie- Kosten der Erstunterbringung 2018 eine regionalscharfe Entlastung rungsansprüche bezüglich der Integra- und Versorgung sichergestellt werden. Sämtliche Un- tion ohnehin von den Ländern einzulö- sicherheiten über die weitere Entwick- sen sind – und zwar unabhängig davon, Fragen der Finanzierung der Erst- lung können aufgefangen werden. Mit in welchem Umfang die Länder eine unterbringung und Versorgung der dieser Regelung ist der Grundstein Beteiligung des Bundes erzielen kön- Flüchtlinge sind zumindest im Bund- für ein Verfahren gelegt, das prak- nen. Die Vereinbarung zwischen Bund Länder-Verhältnis bereits im vergange- tisch alle Kriterien für eine gute Lö- und Ländern führt daher im Verhält- nen Jahr gelöst worden. Hier ist dar- sung erfüllen kann. Dies hat Vorbild- nis zwischen Ländern und Kommunen auf hinzuweisen, dass die sogenannte charakter. lediglich dazu, dass den Ländern ein 670-Euro-Regel eben keine Pauschale inakzeptables Verweigerungsargument

10 Deutscher Städtetag – Gemeindefinanzbericht 2016 („Der Bund zahlt nicht beziehungswei- rere unterschiedliche Defizitabgren- Regelmäßig wird ausgeführt, dass die se nicht genug, daher können wir auch zungen. Das Gleiche gilt für die Frage hohen Fallkosten bei der Betreuung nicht zahlen.“) entfallen ist. nach den Kosten oder Ausgaben für unbegleiteter minderjähriger Flüchtlin- einen Asylbewerber im Monat: Es gibt ge bzw. Asylbewerber (UMAs) daraus Flüchtlingskosten nicht die „eine“ Zahl. Für die politi- resultieren, dass die umzusetzenden schwer zu ermitteln schen Verhandlungen ist wichtig, dass Standards vor dem Hintergrund einer man sich dieses Umstandes bewusst völlig anderen Zielgruppe der Jugend- „Wie viel kostet ein Flüchtling im Mo- ist und dies auch in den Regelungen hilfe konzipiert worden seien. Die Stan- nat?“ So sehr diese Frage ihre Be- zum Beispiel durch Revisionsklauseln dards dienen dazu, komplexe Problem- rechtigung hat – nicht weil man wissen berücksichtigt. lagen aufzufangen, die bei UMAs weit- möchte, wie viel man sich aus gesamt- aus weniger vorliegen. Nach hiesigem staatlicher Sicht Humanität kosten las- Weitere Regelungen werden Eindruck kann die Finanzierungsrege- sen möchte, sondern um Haushalts- erforderlich lung bezüglich dieser Flüchtlingsgrup- planungen zu betreiben und Kosten- pe nur dann als ausreichend gelten, übernahmen zu klären – so wenig kann Trotz der sehr vorzeigbaren erreichten wenn eine entsprechende Standardan- hierauf eine eindeutige Antwort gege- Ergebnisse sind aus fiskalpolitischer passung und -differenzierung erfolgt. ben werden. Vielmehr kann die Antwort Sicht verschiedene Fragen noch of- Andernfalls ist von erneutem Verhand- nur „Es kommt darauf an.“ lauten. fen: Für sich abzeichnende, aber noch lungsbedarf zwischen Bund und Län- nicht akute Problemlagen sind bislang dern auszugehen. Es ist unklar, was genau zu den Flücht- noch keine Lösungsstrategien erkenn- lingskosten gezählt werden soll. Zu bar. Die Auflistung von verschiedenen Der Umgang mit Vorhaltekosten, bei- unterscheiden sind zum Beispiel die- Handlungs- bzw. Entscheidungsbe- spielsweise für in Reserve gehaltene jenigen Ausgaben, die flüchtlingsspe- darfen ist dabei nicht als Kritik zu ver- Unterbringungsmöglichkeiten, wird in zifisch sind, wie zum Beispiel Sprach- stehen, sondern als Erarbeitung einer den kommenden Monaten oder Jahren kurse, von denjenigen Ausgaben, die To-Do-Liste. finanzpolitische Brisanz bekommen. aufgrund des Bevölkerungszuzugs Die meisten Kostenerstattungsrege- notwendig werden. Noch deutlicher Die Finanzierungsfragen für die Grup- lungen orientieren sich an den unter- sind die Unterschiede je nach Unter- pe der abgelehnten Asylbewerber (hier gebrachten Flüchtlingen. So sehr leer- bringungsart. Eine kostengünstige de- verstanden als Personen, die weder stehende Einrichtungen auch im Sinne zentrale Unterbringung in Wohnungen eine Anerkennung als Flüchtling er- einer Entlastung des Personals zu be- ist oftmals nicht möglich, Traglufthal- halten haben noch subsidiären Schutz grüßen sind, laufen die Kosten oftmals len sind eher kostenintensiv. Der Mix gem. § 4 Abs.1 AsylG zugestanden be- weiter. Hier müssen Lösungen gefun- der Unterbringungsmöglichkeiten wie- kommen) sind bislang nur rudimentär den werden. derum ist sowohl von der lokalen Im- behandelt worden. Es ist nicht, davon mobilienmarktlage als auch von der auszugehen, dass sämtliche abgelehn- Fazit Schnelligkeit abhängig, mit der Un- ten Asylbewerber binnen eines Monats terbringungsmöglichkeiten geschaffen das Land verlassen. Vielmehr ist davon Bislang ist es den verschiedenen Ebe- werden müssen. auszugehen, dass sich die Zahl der nen relativ gut gelungen, das große trotz Ablehnungsbescheides dennoch Konfliktpotential, das die Finanzie- Es werden daher unterschiedliche in der Bundesrepublik bleibenden ab- rung der Flüchtlingskosten beinhaltet, Zahlen genannt werden müssen: Für gelehnten Asylbewerber deutlich erhö- zu begrenzen. Hierin hat sich föderale eine globale Kostenabschätzung ist hen wird. Gerade dann, wenn seitens Stärke gezeigt. sicherlich der auch vom Deutschen des BAMF auch die Fälle aus denje- Städtetag im Jahr 2015 angesetzte nigen Ländern bearbeitet werden, die Vor dem Hintergrund des Zusammen- Wert von 1.000 Euro je Flüchtling und sich nicht durch hohe Anerkennungs- spiels der föderalen Ebenen als poli- Monat weiterhin eine gute Orientie- quoten oder hohe Ablehnungsquoten tisch – wenn auch aus Sicht der Kom- rungsgröße für den unteren Rand (das auszeichnen, wird diese Gruppe an- munen leider nicht unbedingt rechtlich heißt ohne Sondereffekte wie einen wachsen. – gleichberechtigte, dem Gemeinwohl hohen Anteil teurer Unterbringungs- verpflichtete Partner ist alleine vor ei- varianten). Für die Kostenerstattungs- Zudem ist die Frage der Binnenmigra- ner Fehleinschätzung bezüglich der verfahren vor Ort sind sicherlich an- tion anerkannter Flüchtlinge über Län- Rolle des Bundes zu warnen. In der dere, gegebenenfalls ausdifferenzierte dergrenzen bislang nur unzureichend öffentlichen Debatte entsteht zuneh- Kostensätze notwendig. Für Finanz- in den Finanzierungsvereinbarungen mend der Eindruck, als würde der Bund oder Haushaltspolitiker ist es nichts berücksichtigt. Dies kann nicht nur zu Aufgaben der Länder und Kommunen Besonderes, dass Fragen nach Zahlen schwierigen Herausforderungen in Be- „übernehmen“ oder zumindest „finan- nicht eindeutig beantwortet werden zug auf Segregation und Clusterung zieren“ und somit aus seiner eigenen können. So gibt es zum Beispiel auch führen, sondern auch in fiskal-politi- Tasche fremde Ausgaben bezah- je nach Zweck oder Regelkreis meh- scher Hinsicht. len. Die Finanzierung von Aufnahme

Deutscher Städtetag – Gemeindefinanzbericht 2016 11 und Integration der Flüchtlinge kann waige Interessen an einer Verlagerung des als hoch angesehenen Einigungs- aber – unabhängig von Zuständig- der Gesetzgebungskompetenz auf die drucks bislang keine Lösungen ge- keitsfragen – nicht als reine Aufgabe Landesebene dürfen nicht dazu führen, funden worden sind. Der Umgang mit der Länder oder gar der Kommunen die Grundsteuerreform zu verhindern. den finanzrelevanten Aspekten des verstanden werden. Hier ist die – der Flüchtlingszuzugs, die weitaus mehr Begriff soll wiederholt werden – Verant- Auch ist festzustellen, dass der Kern Wechselwirkungen und Verästelungen wortungsgemeinschaft von Bund, Län- der Reformpläne, die Einführung ei- aufweisen als ein einfaches Finanzaus- dern und Kommunen gefragt. Hierbei ner neuen Bewertungsmethodik, sinn- gleichssystem, hat aber gezeigt, dass kommt der Bund seiner Verantwortung voll ist: Das Modell sieht im Bereich auch noch weitaus komplexere Fragen nach. Dies ist viel, aber es ist etwas des Grundvermögens (Grundsteuer B) zwischen Bund, Ländern und Kommu- anderes als ein Almosen an Länder vor, dass der Grund und Boden (Bo- nen gelöst werden können, wenn denn und Kommunen. denwert) zukünftig mit dem jeweiligen der Handlungsdruck und dementspre- lageabhängigen Bodenrichtwert (in chend der Einigungswille hoch genug Euro je Quadratmeter) bewertet wird. sind. Einigung zwischen den Län- Soweit Gebäude auf dem Grundstück dern zur Grundsteuerreform vorhanden sind, wird der Gebäudewert Bei der Debatte um die Neuordnung längst überfällig in Abhängigkeit von Gebäudeart, Brut- der föderalen Finanzbeziehungen sind togrundfläche, Baujahr und Nutzung zumindest dahingehend Fortschrit- Trotz des unbestrittenen Handlungs- mit bundeseinheitlich geregelten Fest- te gemacht worden, dass seitens der bedarfes wurde die Reformdebatte zur beträgen in Euro je Quadratmeter, kor- Länder ein gemeinsamer Vorschlag Grundsteuer jahrelang ohne nennens- rigiert um Abschreibungen, bewertet. erarbeitet worden ist, der dem Bund werte Fortschritte geführt. Alleine die Diese kontinuierlich an die Baupreis- präsentiert wurde. Neben einer Erhö- absehbaren Urteile des Bundesverfas- entwicklung angepassten Festbeträ- hung der Ländermittel insgesamt sieht sungsgerichts, die voraussichtlich eine ge werden aus den durchschnittlichen er keine wesentliche Veränderung der Unvereinbarkeit der derzeitigen Rege- Baukosten entsprechender Gebäude- Verteilungsergebnisse vor; die zu- lungen mit dem Gleichheitsgrundsatz typen abgeleitet. Bodenwert plus Ge- sätzlichen Ländereinnahmen verteilen feststellen werden, haben Bewegung bäudewert ergibt sodann zusammen sich recht gleichmäßig über die einzel- in die Debatte gebracht. Ergebnis ist den Grundsteuerwert. Hierauf je nach nen Länder. Sehr wohl sieht der Vor- ein von der Finanzministerkonferenz Nutzungsart vom Land festzulegende schlag der Länder aber einen neuen mehrheitlich beschlossenes Reform- Messzahlen ergeben den Grundsteu- Verteilungsmechanismus vor. Durch konzept, das vom Deutschen Städte- ermessbetrag. Den jeweiligen Ländern eine Abschaffung des Umsatzsteuer- tag ausdrücklich begrüßt wird. ist es hierdurch möglich, einzelne Nut- vorwegausgleichs in seiner alten Form zungsarten wie zum Beispiel Wohnen wird Nordrhein-Westfalen klar als Je länger mit dem Beginn der Reform steuerlich zu privilegieren. Der derart Zahlerland ausgewiesen. Auch insge- gezögert wird, desto größer ist die Ge- ermittelte Steuermessbetrag wird – wie samt steigt die Summe der sichtbaren fahr, dass die Umsetzungsdauer der bislang auch – mit dem von der Ge- Transfers von finanzstärkeren Län- Reform, die mit sechs Jahren zu ver- meinde festgesetzten Hebesatz multi- der an finanzschwächere Länder. Der anschlagen ist, nicht innerhalb eines pliziert, woraus sich die Steuerschuld Bund lehnt diesen Vorschlag ab; als vom Bundesverfassungsgericht vor- ergibt. wesentlicher Grund wird neben den gegebenen Zeitraums erfolgen kann. von Länderseite geforderten Mehr- Der Handlungsdruck ist enorm, das Die Reform erfüllt alle wesentlichen belastungen des Bundes auch kriti- gemeindliche Steuerausfallrisiko mit Anforderungen der Städte und ist der siert, dass der Ländervorschlag die 13 Milliarden Euro immens. einzig absehbare Weg, massiven Steu- Solidarität zwischen den Ländern ver- erausfällen vorzubeugen. Daher ist es ringere. Es ist zu hoffen, dass es doch noch zu kein Wunder, dass der Städtetag nach- einer einheitlichen Haltung der Länder drücklich an Bund und Länder appel- Aus kommunaler Sicht ist festzuhal- kommen wird. Der Deutsche Städtetag liert, zügig eine für alle Akteure trag- ten, dass jenseits von technischen appelliert an die Länder, sich zügig zu bare Einigung zu erzielen. Fragen die föderale Finanzarchitektur einigen. Insbesondere die bayerische dafür sorgen muss, dass die zentra- Landesregierung lehnt die Reform bis- len Problemfelder wie Investitionsstau, lang aus Gründen ab, die es zu entkräf- Neuordnung der föderalen Altschuldenproblematik und auch die ten gilt. Die Reform muss nämlich nicht Finanzbeziehungen zunehmende Disparität gelöst werden zwangsläufig zu einer höheren Grund- können. Die Frage, ob es einen Um- steuerbelastung führen, wie befürchtet Viele bezeichnen die Verhandlungen satzsteuervorwegausgleich in der bis- wird. Die lokalen Steuer- und Hebesät- zur Neuordnung der föderalen Finanz- herigen Form weiter gibt oder nicht, ze werden durch die Gemeinden fest- beziehungen als extrem komplex und ist für die Kommunen und auch die gelegt und nicht zentral bestimmt. Et- erklären hiermit, dass deswegen trotz Problemlösungskraft des föderalen

12 Deutscher Städtetag – Gemeindefinanzbericht 2016 Finanzsystems – zurückhaltend formu- sichtigt, die den Prozess der Periphe- ten Ausgabensteigerungen erscheinen liert – nicht von besonderer Bedeutung. risierung an die Stelle des statischen unrealistisch niedrig. Das Entlastungs- Konzepts der Peripherie setzt. Auch potential der Reform, das sich aus Ver- bei der Regionalförderung gilt, dass besserungen der kommunalen Steue- Strukturschwache Städte gerade eine gemeinsame und sachge- rungsmöglichkeiten ergeben soll, wird müssen gefördert werden rechte Ursachenanalyse und Problem- hingegen übertrieben. sicht gute Politik ermöglicht. Die Diskussion zur Fortentwicklung Bisher sind alleine grobe und mit Risi- der Gemeinschaftsaufgabe „Verbes- ken versehene Schätzungen möglich. serung der regionalen Wirtschafts- Bundesteilhabegesetz – neue Daher müssen bereits jetzt klare Re- struktur“ (GRW) ab dem Jahr 2020 hat Belastungen der Kommunen gelungen zur Evaluation und entspre- begonnen. Die regionale Wirtschafts- vermeiden chenden Anpassungen der Zahlungs- förderung muss dazu beitragen, dass ströme vereinbart werden, nicht erst Zukunftschancen nicht davon abhän- Die Bundesregierung plant, das derzeit dann, wenn sich die Annahmen als un- gen, in welcher Region Deutschlands geltende Recht der Eingliederungshilfe realistisch optimistisch herausgestellt jemand lebt. In diesem Sinne ist eine im Sinne der UN-Behindertenrechts- haben. Ziel muss es sein, neue Leis- bundesweite Gleichwertigkeit der Le- konvention zu einem eigenen Leis- tungen jetzt seriös gegen zu finanzie- bensverhältnisse weiterhin anzustre- tungsrecht für Menschen mit Behin- ren. Risiken einfach zu ignorieren, so ben. Dies sicherzustellen, liegt auch derung, einem Bundesteilhabegesetz wie es derzeit geschieht, ist kein ak- in der Verantwortung des Bundes. Zu- (BTHG), weiterzuentwickeln. Die mit zeptabler Ansatz. gleich ist festzuhalten, dass es gera- einem entsprechenden Gesetzentwurf de in einem föderalen Staat zwischen verfolgten fachpolitischen Ziele finden den Regionen immer Unterschiede in die Unterstützung der Städte, die oft- EPSAS – keinen unnötigen den Lebensverhältnissen gegeben hat mals Leistungsträger der Eingliede- Aufwand treiben und geben wird. Dies ist auch unprob- rungshilfe sind. lematisch, solange diese Unterschiede Die Europäische Kommission hält an nicht dem Grundverständnis des Sozi- Mit großer Sorge ist allerdings zu kons- ihrem Plan fest, einheitliche und ver- alstaats widersprechen. tatieren, dass der vorliegende Gesetz- bindliche Vorgaben zur Rechnungsfüh- entwurf die Augen vor den finanziellen rung des öffentlichen Sektors (Euro- Der GRW als dem zentralen Instru- Folgen weitgehend verschließt. Im Er- pean Public Sector Accounting Stan- ment der nationalen Regionalpolitik in gebnis droht vielen Kommunen, dass dards – EPSAS) durchzusetzen. Auch Deutschland kommt eine Schlüsselrol- sie diejenigen sind, die für erweiterte wenn eine bereits für das Jahr 2014 le bei der Sicherung gleichwertiger Le- Leistungsversprechen des Bundes die angekündigte Mitteilung der Kommis- bensverhältnisse zu. Die sogenannte Ausgaben zu tragen haben. Eine sogar sion bislang nicht erfolgte, ist mittler- Förderkulisse wird durch die Kombina- im Koalitionsvertrag klar und deutlich weile durch die zuständige General- tion verschiedener Regionalindikatoren genannte Bedingung der Gesetzesre- direktion der Europäischen Union ein bestimmt. Bei der Ermittlung dieses In- form wird eindeutig verfehlt werden. Im Einführungszeitraum von zehn Jahren dikators muss sichergestellt werden, Koalitionsvertrag heißt es: „Dabei wer- angekündigt. dass auch strukturschwache Städte den wir die Neuorganisation der Aus- mit erfasst werden und nicht techni- gestaltung der Teilhabe zugunsten der Die Bundesrepublik ist an dem Pro- sche Unzulänglichkeiten des Indika- Menschen mit Behinderung so regeln, zess der Erarbeitung der EPSAS im tors einen eigentlich unbeabsichtigten dass keine neue Ausgabendynamik Rahmen von Working Groups einge- Ausschluss von der Förderfähigkeit entsteht.“ bunden und wird – nach anfänglich zur Folge haben. Zum Beispiel darf ex- eher zögerlicher Beschäftigung mit trem hohe Arbeitslosigkeit nicht durch Mit dem bisher vorliegenden Gesetz- der Thematik – durch das Bundesmi- durchschnittliche Löhne bei den ver- entwurf kann nicht nur das von den nisterium der Finanzen und den Bun- bliebenen Arbeitsplätzen im Gesamtin- Kommunen verfolgte Ziel einer Ein- desrat vertreten, wobei letzterer wie- dikator „wegnivelliert“ werden. dämmung der bestehenden Ausga- derum durch das bayerische Finanz- bendynamik nicht erreicht werden – ministerium und die Finanzbehörde Zu begrüßen ist, dass sich mittlerwei- das Gegenteil ist vielmehr zu befürch- Hamburg vertreten ist. Die kommuna- le auch beim Bund die Problemsicht ten. Kostentreibende Reformelemente le Ebene ist lediglich in den nationa- dahingehend geändert hat, dass nicht sind geplante Leistungsausweitungen, len Strukturen berücksichtigt. In der mehr Peripherie bzw. ländliche Räume eine Ausweitung des leistungsberech- Arbeitsgruppe der Finanzministerkon- per se als förderfähig gelten, während tigten Personenkreises sowie erhöhte ferenz ist das Innenministerium Rhein- städtische Regionen nahezu ausge- Anrechnungsgrenzen für Einkommen land-Pfalz aktiv, um die kommunale schlossen werden. Vielmehr wird ver- und Vermögen der Leistungsberech- Befindlichkeit abzubilden. Die Wege stärkt die aktuelle Forschung berück- tigten. Die im Gesetzentwurf unterstell- nach Europa sind lang, die kommunale

Deutscher Städtetag – Gemeindefinanzbericht 2016 13 Betroffenheit durch eine Einführung verschlingenden, unnötigem Reform- von EPSAS tendenziell groß. aktionismus führen, dies ist aber nicht zwangsläufig. Zwar ist die Ausrichtung der EPSAS, die Einführung eines periodengerech- Trotz großer Skepsis, ob die Einführung ten Rechnungswesens, unstrittig posi- der EPSAS so ausgestaltet wird, dass tiv zu bewerten. Die meisten deutschen sich der ganze Aufwand lohnt, sind Kommunen rechnen bereits perioden- auch Chancen zu beachten: Die liegen gerecht und bilden nicht nur die laufen- darin, dass die Einführung der EPSAS den Einzahlungen und Auszahlungen zum Anlass genommen wird, die bis- ab, sondern auch den Aufwand und Er- lang sehr zersplitterte Landschaft län- trag. Zudem werden Bilanzen mit dem derindividueller Doppikregelungen in- Ausweis des kommunalen Vermögens nerhalb der Bundesrepublik sowie den veröffentlicht. Trotzdem wurde im Rah- fragmentierten, bislang zeitlich offenen men mehrerer Studien deutlich, dass je Umstellungsprozess von der Kamera- nach Ausgestaltung der EPSAS erneut listik auf die Doppik zu beschleunigen. einmaliger Umstellungsaufwand, aber Im Ergebnis kann eine verlässliche auch zusätzlicher laufender Aufwand Finanzstatistik auf doppischer Basis für die Rechnungslegung entstehen erfolgen. wird.

Ein Rechnungswesen kann verschiede- Infrastrukturberatung: nen Zwecken dienen. Dazu zählen zum Umwandlung der Beispiel nach innen gerichtete Fragen ÖPP Deutschland AG wie die Planung, Steuerung des Haus- halts und Sicherung finanzieller Nach- Die ÖPP Deutschland AG ist bislang haltigkeit, aber auch nach außen ge- ein von öffentlichen und privaten Part- richtete Zwecke wie die Darstellung der nern gegründetes Unternehmen, das Kreditwürdigkeit oder der Substanz- als Beratungsunternehmen für öffentli- entwicklung. Je nach Zweck können che Auftraggeber bei der Beratung und zum Beispiel unterschiedliche Bewer- Begleitung Öffentlich-Privater Partner- tungsgrundsätze und Informationsan- schaften ausgerichtet ist. Die bisherige forderungen gewählt werden. Daher ist ÖPP Deutschland AG soll nunmehr zu es vordringlich, dass eine europaweite einer allein von der öffentlichen Hand Verständigung auf die zu verfolgenden getragenen Gesellschaft umgewan- Zwecke erfolgt, bevor orientierungslos delt werden. Vor allem soll der Un- an den Details gearbeitet wird. ternehmenszweck neu definiert wer- den; Ziel soll künftig eine umfassende Aus Sicht der Kommunen sind da- Beratung für Kommunen bei allen bei zwei Elemente hervorzuheben: Beschaffungsvarianten kommunaler Die Grundsätze ordnungsgemäßer Infrastruktur sein. Buchführung dürfen nicht aufgegeben werden. Hierzu gehört gerade bei Be- Aus Sicht des Deutschen Städtetages wertungsfragen das Vorsichtsprinzip. wird diese Neuausrichtung vor allem Auch dürfen durch Bewertungsspiel- hinsichtlich des Unternehmenszwecks räume keine Manipulationsspielräume durchaus begrüßt. Noch stehen jedoch geschaffen werden; ansonsten können eine Reihe von Fragen im Raum. Da- zentrale Zielsetzungen wie die Schaf- zu gehört, ob die vorgesehene Grün- fung europaweiter Vergleichbarkeit dung eines von Kommunen getragenen nicht erreicht werden. Einem hohen Vereins, der an der Gesellschaft An- Umsetzungsaufwand würde kein Er- teile hält, das Ziel der Herstellung kenntnisgewinn gegenüberstehen. der Inhouse-Fähigkeit auf praktikable Weise erreichen kann. Hier ist vorab Die vorliegenden Studien haben zu- eine Reihe von technischen und juris- dem gezeigt, dass dieser Umset- tischen Klärungen erforderlich. Wer be- zungsaufwand je nach Ausgestaltung reits jetzt ein eindeutiges Ja oder Nein der EPSAS unterschiedlich hoch ist. zum Gesamtvorhaben erwartet, macht EPSAS kann zu einem Ressourcen den zweiten Schritt vor dem ersten.

14 Deutscher Städtetag – Gemeindefinanzbericht 2016 Gemeindefinanzbericht

Integration fair finanzieren – gute Ansätze weiterverfolgen Von Stefan Anton und Benjamin Holler

I. Aktuelle Finanzlage ren gerade für das aktuelle Jahr sehr Kommunen in die Lage versetzen, ihre der Kommunen stark auf die jeweiligen Haushaltsplä- Aufgaben ohne eine Erhöhung ihrer ne der Städte, Kreise und Gemeinden Verschuldung zu erfüllen. Eine sach- Die Einschätzung der aktuellen Fi- zurück. Diese weisen keinen geson- gerechte Finanzarchitektur würde hin- nanzlage in Form einer Projektion des derten Prognosebereich „Flüchtlinge“ gegen die kommunalen Einnahmen voraussichtlichen Jahresergebnisses aus. Flüchtlingsbedingte Mehrausga- so gestalten, dass die Einnahmenzu- 2016 sowie der voraussichtlichen mit- ben lassen sich lediglich indirekt für wächse auch ohne gesetzgeberische telfristigen Entwicklung unterliegt gro- einzelne Bereiche ermitteln, indem die Maßnahmen zur Bewältigung der stei- ßen Unwägbarkeiten. Diese ergeben prognostizierte Entwicklung mit einem genden Ausgaben ausreichend sind. sich naturgemäß aus den Unsicher- Alternativszenario „üblicher“ Steige- Zweitens macht der Verlauf des Finan- heiten bezüglich der weiteren kon- rungsraten verglichen wird. Der der- zierungssaldos deutlich, dass bereits junkturellen Entwicklung sowie aktuell art ermittelte Anstieg gegenüber dem kleine Prognoseabweichungen dazu vor allem der Belastungen im Zusam- Normalniveau beträgt zum Beispiel für führen können, dass mit Ausnahme menhang mit Aufnahme, Unterbrin- die Ausgaben für soziale Leistungen je des Jahres 2018 klare Finanzierungs- gung und Versorgung der zahlreichen nach Jahr circa 2 Milliarden Euro bis defizite auftreten. Daher ist es wichtig, Flüchtlinge und den Folgekosten etwa circa 5 Milliarden Euro. ein besonderes Augenmerk auf ent- im Bereich des Sozialgesetzbuches sprechende Einnahme- und Ausgabe- (SGB) II. Hinzu kommen die derzeit Im Ergebnis rechnet die Prognose risiken zu legen. Eine weitere zentrale noch weitgehend unwägbaren Mehr- der kommunalen Spitzenverbände für Problemlage bleiben die zunehmenden belastungen in Verbindung mit Leis- das laufende Jahr mit einem gerade Disparitäten zwischen den Kommunen. tungen zur Integration, sei es in den noch ausgeglichenen kommunalen bestehenden Systemen der Kinder- Gesamthaushalt. Neben den flücht- betreuung und der Schule oder sei es lingsbedingten Belastungen sind für Rückblick auf das Jahr 2015 durch neue zusätzliche Maßnahmen die Verschlechterung des kommuna- und Leistungen und Programme. Prog- len Ergebnisses um etwas mehr als Im Jahr 2015 konnte in den Kern- nosetechnisch ist zudem auf das Phä- 3 Milliarden Euro auch steuerrechts- haushalten der Städte, Landkreise nomen des sogenannten statistischen bedingte Gewerbesteuerausfälle in und Gemeinden überraschend ein Überhangs (Erläuterung siehe Daten- 2016 verantwortlich. Im Jahr 2017 klar positiver Finanzierungssaldo von grundlage der Prognose) hinzuweisen. sind bei angenommener Beruhigung + 3,05 Milliarden Euro erzielt werden. So hat das Statistische Bundesamt zu- der Flüchtlingsbewegungen und steu- Im Jahr 2014 betrug der Überschuss recht festgehalten, dass Investitionen errechtlicher Normallage nicht zuletzt lediglich 0,4 Milliarden Euro. Trotz für die Flüchtlingsunterbringung, die im aufgrund der auf 2,5 Milliarden Euro des Flüchtlingszuzugs und der damit 2. Halbjahr 2015 vorgenommen wur- erhöhten Soforthilfe des Bundes für verbundenen fiskalischen Belastun- den, eventuell noch nicht in der Haus- Kommunen wiederum Überschüsse zu gen konnten die Kommunen den Fi- haltsstatistik enthalten sind. Der Finan- erwarten. Für die Jahre 2018 und 2019 nanzierungsüberschuss im Vergleich zierungssaldo 2015 zeichnet daher ein sind ebenfalls Überschüsse zu erwar- zum Vorjahr erhöhen. Hierfür sind zu positives Bild. Trotz des drastischen ten, wenn es in voller Höhe zu der von mehrere Ursachen zu erkennen: Ers- Rückgangs des für das laufende Jahr der Bundesregierung zugesagten dau- tens stiegen die kommunalen Einnah- prognostizierten Finanzierungssaldos erhaften finanziellen Besserstellung men deutlich. Zu den Steigerungen gegenüber dem Vorjahr ist die Prog- der Kommunen um 5 Milliarden Euro der gemeindlichen Steuereinnahmen nose als optimistisch einzuschätzen. kommt; andernfalls drohen teils emp- und den Steuereinnahmen der Län- findliche Defizite. der (Verbundmasse im kommuna- Die vorliegende Prognose kann flücht- len Finanzausgleich), welche die gute lingsbedingte kommunale Mehraus- Die Veränderung der prognostizierten konjunkturelle Lage widerspiegeln, gaben bzw. Mehrbelastungen (man Finanzierungssaldos weist auf zwei kommen gestiegene Zahlungen der denke an die Zuweisungen seitens der Problemlagen für die Kommunen hin: Länder an die Kommunen im Zusam- Länder) nicht explizit ausweisen. Dies Erstens ist festzuhalten, dass allei- menhang mit der Flüchtlingskrise hin- hat methodische Gründe: Die Prog- ne die Maßnahmen des Bundes zur zu. Zwar decken diese Zahlungen in nose greift wie auch in den Vorjah- Stärkung der Kommunalfinanzen die den seltensten Fällen die Kosten der

Deutscher Städtetag – Gemeindefinanzbericht 2016 15 Kommunen vollständig ab. Gleich- lischen Auswirkungen des Flüchtlings- tionen gilt dies wie eingangs erläutert wohl ist aber die von ihnen ausgehen- zuzugs dagegen schon deutlich ange- mit einem Rückgang von - 0,9 Prozent de Entlastungswirkung offensichtlich. kommen, weitere Folgen stehen aller- nicht. Zugleich ist ein Teil der im Jahr 2015 dings noch aus. Dies zeigt sich auch flüchtlingsbedingt notwendig gewor- in der bundesweiten Entwicklung der Hervorzuheben ist die entlastende Wir- denen Ausgaben noch nicht in den Einnahmen und Ausgaben klar und kung, die auch im vergangenen Jahr Haushalten erfasst: Dies zeigt sich deutlich. Die Ausgaben stiegen im Jahr vom niedrigen Zinsniveau ausgeht: insbesondere bei den Investitionsaus- 2015 mit 5,0 Prozent deutlich stärker Trotz der insgesamt annähernd gleich gaben und liegt sowohl nach Einschät- als im langjährigen Durchschnitt. Das gebliebenen Höhe der Verschuldung zungen des Statistischen Bundes- Gleiche gilt für die Einnahmen, wobei sind die von den Kommunen zu leis- amtes als auch nach Einschätzung der die gesamte Steigerung von 6,3 Pro- tenden Zinszahlungen um gut 100 Mil- kommunalen Spitzenverbände daran, zent sowohl auf deutliche Steigerun- lionen Euro oder - 3,2 Prozent zurück dass viele Baumaßnahmen zur Schaf- gen der laufenden Zuweisungen des gegangen. Noch im Jahr 2010 muss- fung von Unterbringungsmöglichkeiten Bundes und insbesondere der Länder ten die Kommunen Zinszahlungen in noch nicht abgerechnet worden sind. (+ 8,6 Prozent) als auch der Steuerein- Höhe von 4,1 Milliarden Euro leisten, Die Zahlungen für zum Ende des Jah- nahmen (+ 6,8 Prozent) zurückzuführen 800 Millionen Euro mehr als im Jahr res 2015 erstellte Unterkünfte erfolgen sind. Innerhalb der Ausgaben lag zwar 2015. erst im Laufe des Jahres 2016. der Anstieg der sozialen Leistungen (+ 8,8 Prozent) und des Sachaufwands Aufgrund einer Vielzahl von Hebesatz- In einzelnen anderen Bereichen der (+ 4,4 Prozent) weit über den üblichen anhebungen sind die Grundsteuern mit kommunalen Haushalte sind die fiska- Zuwachsraten. Für die Sachinvesti- 4,5 Prozent deutlich stärker gestiegen

Übersicht 5: Kommunalfinanzen 2014 bis 2019 in den westdeutschen und den ostdeutschen Flächenländern 1) Einnahmen/Ausgaben 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2015 2016 2017 2018 2019 in Mrd. Euro +/- % Einnahmen 2) 205,32 218,21 231,1 241,3 246,0 252,1 6,3 5,9 4,4 2,0 2,5 darunter: Steuern 79,47 84,85 85,6 92,6 94,4 97,8 6,8 0,9 8,2 2,0 3,6 darunter: Grundsteuern 11,31 11,83 12,0 12,2 12,3 12,5 4,5 1,9 1,2 1,2 1,2 Gewerbesteuereinnahmen 33,05 34,91 34,2 38,0 39,0 40,2 5,6 -2,1 11,0 2,9 2,9 Einkommensteueranteil 30,26 32,51 33,5 35,5 37,3 39,3 7,4 3,2 5,8 5,2 5,2 Umsatzsteueranteil 3,68 4,29 4,5 5,5 4,3 4,5 16,8 4,1 24,1 -22,0 3,4 nachrichtlich: Brutto-Gewerbesteueraufkommen 39,73 41,94 41,2 45,7 47,0 48,4 5,6 -1,7 10,8 2,9 2,9 Gebühren 17,46 17,92 18,1 18,3 18,5 18,7 2,6 0,8 1,3 1,1 1,1 Laufende Zuweisungen von Land/Bund 70,48 76,53 87,5 90,9 94,2 97,5 8,6 14,3 3,8 3,7 3,5 Investitionszuweisungen von Land/Bund 7,28 7,37 9,0 9,1 8,6 8,1 1,3 22,6 0,9 -6,0 -5,3 Sonstige Einnahmen 30,63 31,55 30,9 30,5 30,3 30,0 3,0 -2,0 -1,5 -0,6 -1,0 Ausgaben 2) 204,89 215,16 231,1 239,2 246,2 253,9 5,0 7,4 3,5 2,9 3,1 darunter: Personal 52,39 54,18 57,1 59,2 61,0 62,5 3,4 5,4 3,7 3,0 2,5 Sachaufwand 43,16 45,05 49,0 49,9 51,4 52,7 4,4 8,8 1,8 3,0 2,6 Soziale Leistungen 49,42 53,79 59,0 63,5 67,4 70,6 8,8 9,7 7,5 6,2 4,8 Zinsen 3,43 3,32 3,2 3,2 3,2 3,2 -3,2 -2,4 -1,6 -1,0 0,0 Sachinvestitionen 22,23 22,03 25,2 24,7 23,2 23,6 -0,9 14,2 -1,8 -6,2 1,7 davon: Baumaßnahmen 16,93 16,17 19,4 18,9 17,2 17,4 -4,5 19,9 -2,7 -8,9 1,3 Erwerb von Sachvermögen 5,30 5,86 5,8 5,8 6,0 6,2 10,7 -1,7 1,4 2,5 2,7 Sonstige Ausgaben 34,28 36,80 37,6 38,8 40,2 41,4 7,4 2,1 3,2 3,6 3,0 Finanzierungssaldo 0,43 3,05 0,0 2,0 -0,3 -1,8 x x x x x Stärkung der Kommunalfinanzen ab 2018 x x x x 4,5 4,5 x x x x x Übernahme der Kosten der Unterkunft für x x 0,4 0,8 1,2 x x x x x x anerkannte Flüchtlinge Finanzierungssaldo unter Berücksichti- gung der Stärkung der Kommunalfinanzen x x 0,4 2,9 5,4 2,6 x x x x x ab 2018 und der Übernahme der Kosten der Unterkunft für anerkannte Flüchtlinge 3)

1) Für die Jahre 2016 bis 2019 Schätzung auf Basis einer gemeinsamen Umfrage der Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände, der Steuerschätzung Mai 2016 sowie Daten aus dem Arbeitskreis Stabilitätsrat. Differenzen in den Summen durch Rundungen möglich. 2) Ohne besondere Finanzierungsvorgänge (insbesondere Schuldenaufnahmen u. -tilgungen, Rücklagenentnahmen u. -zuführungen, Deckung von Fehlbeträgen aus Vorjahren), ohne kommunale Krankenhäuser. 3) Tatsächlich zu erwartende Anpassungseffekte auf der Ausgabenseite wie z.B. eine Ausweitung der Investitionen wurden nicht berücksichtigt.

Prognose der kommunalen Spitzenverbände und eigene Zusammenstellung und Berechnungen nach Angaben des Statistischen Bundesamtes.

16 Deutscher Städtetag – Gemeindefinanzbericht 2016 Ü1 & 5 als die Inflationsrate. Hier wirkten sich auch im Vorjahr sind Kassenkredit- gen Haushaltspläne der Städte, Kreise verstärkte Konsolidierungsanstrengun- anstiege insbesondere in Mecklen- und Gemeinden zurückgreift und somit gen gerade in finanzschwachen Kom- burg-Vorpommern, dem Saarland, keinen gesonderten Prognosebereich munen aus. Nordrhein-Westfalen und Rheinland- „Flüchtlinge“ kennt. Lediglich indi- Pfalz zu verzeichnen. Den Anstiegen rekt lassen sich für einzelne Bereiche Die geschilderten Sonderfaktoren über- bei den ohnehin schon mit hohen flüchtlingsbedingte Mehrausgaben er- lagern zwei langfristige Trends: Kassenkrediten belasteten Kommunen mitteln, der derart ermittelte Anstieg stehen Rückgänge bei Kommunen in der Ausgaben für soziale Leistungen • Betrachtet man die Entwicklung Regionen mit bereits jetzt niedrigeren beträgt zum Beispiel je nach Jahr der Sozialausgaben ohne die di- Kassenkreditbeständen gegenüber. zwischen knapp 2 Milliarden Euro und rekt mit dem Flüchtlingszuzug im knapp 5 Milliarden Euro. Zusammenhang stehenden Ausga- Damit stellt der hohe Kassenkredit- ben (Leistungen nach dem Asylbe- bestand auch weiterhin für die betrof- Bei der Prognose der Entwicklung in werberleistungsgesetz, Kinder und fenen Kommunen ein ernstes Risiko in diesem und in den kommenden Jah- Jugendhilfe), so ist festzustellen, der Finanzplanung dar. Die Zinszahlun- ren blieben verschiedene fiskalische dass der Anstieg selbst ohne die- gen für Kassenkredite sind aufgrund Risiken unberücksichtigt. Hierzu zählt se besonderen Belastungen bei der im Durchschnitt kurzen Laufzeiten insbesondere das Aufkommensrisiko knapp 5 Prozent liegt. Das Problem stark von der aktuellen Zinsentwick- aufgrund einer im Prognosezeitraum der ungebremst steigenden Sozial- lung abhängig und somit nur begrenzt evtl. wirksam werdenden verfassungs- ausgaben, welches zudem regional mittelfristig planbar. Aufwendig aus- rechtlich notwendigen Anhebung des höchst ungleich verteilt in Erschei- gehandelte kommunale Sanierungs- Grundfreibetrages bei der Einkommen- nung tritt – existiert weiterhin. Le- pläne können durch einen Zinsanstieg steuer. diglich bei einem kleinen Teil der schnell unrealisierbar werden. Ausgaben für soziale Leistungen, Ergänzend berücksichtigt wurde hin- insbesondere bei der Grundsiche- gegen die regelmäßig bekräftigte Ab- rung im Alter, werden Kostenstei- Entwicklung in den Jahren sicht des Bundes zu einer massiven gerungen vollumfänglich vom Bund 2016 bis 2019 und dauerhaften Stärkung der Kom- getragen. munalfinanzen ab 2018. Gleiches gilt • Die Ausgaben- und Einnahmenent- Eine Einschätzung der aktuellen Fi- für die Kostenbeteiligung des Bundes wicklung verläuft regional unter- nanzlage in Form des voraussichtli- an flüchtlingsbedingten Mehrausgaben schiedlich. In den finanzstärkeren chen Jahresergebnisses 2016 sowie durch die zugesagte Übernahme der Kommunen wurde zusätzlicher Fi- der voraussichtlichen mittelfristigen Kosten der Unterkunft für anerkannte nanzierungsspielraum insbesonde- Entwicklung unterliegt gerade ange- Flüchtlinge in den Jahren 2016, 2017 re zur Ausweitung der Sachinvesti- sichts der Belastungen im Zusammen- und 2018. Beide Maßnahmen werden tionen verwendet. Einnahmesteige- hang mit dem Flüchtlingszuzug und jedoch lediglich „unter dem Strich“ und rungen in diesen Regionen führten den offenen Fragen zur entsprechen- damit vollständig saldenwirksam aus- also nicht zu einer Verbesserung den Entlastung der Kommunen großen gewiesen, da zum Zeitpunkt der kom- des Finanzierungssaldos, sondern Unsicherheiten. Entsprechend groß ist munalen Haushaltssaufstellung noch zu einem in der Kassenstatistik nur die Bandbreite der fachlich vertretba- kein planungstauglicher Kenntnisstand anhand der Steigerung der Inves- ren Einschätzungen zur Entwicklung über die Maßnahmen bestand. Es wird titionen abgebildeten Abbau bzw. des kommunalen Finanzierungssaldos. im Rahmen der Prognose also nicht verringerten Aufwuchs des Investi- Nach den Schätzungen der kommuna- umgesetzt, dass mit Hilfe der zusätz- tionsstaus. len Spitzenverbände ist im Jahr 2016 lichen Mittel auch zusätzliche Inves- mit einem ausgeglichenen Haushalt zu titionen getätigt werden können. Die Die Kassenkreditentwicklung ist in der rechnen. Trotz des damit verbundenen Prognose gibt ansonsten den Kennt- Dynamik deutlich gebremst; die Kas- deutlichen Rückgangs des für das lau- nisstand von Mitte Juni wieder. senkredite sinken jedoch immer noch fende Jahr prognostizierten Finanzie- nicht. Nachdem vor drei und vor zwei rungssaldos gegenüber dem Vorjahr ist Zusätzlich zur aktuellen Sondersitua- Jahren eine Reihe von Sondereffekten diese Prognose als optimistisch einzu- tion aufgrund des Flüchtlingszuzugs (Schutzschirme, Entschuldungspro- schätzen. ist festzustellen, dass die Entwicklung gramme und ähnliches) den weiteren des kommunalen Finanzierungssaldos, Anstieg der Kassenkredite gedämpft Die vorliegende Prognose weist flücht- insbesondere die erratisch wirken- hatten, verharren diese derzeit weit- lingsbedingte Mehrausgaben bzw. den Schwankungen, in zunehmendem gehend auf dem Niveau von circa Mehrbelastungen (man denke an die Maße von den diskretionären Maßnah- 50 Milliarden Euro. Dabei sind in den Zuweisungen seitens der Länder) nicht men auf Bundesebene zur Stärkung einzelnen Ländern mit hohen Kassen- explizit aus. Dies hat methodische der Kommunalfinanzen geprägt ist. kreditbeständen deutlich unterschied- Gründe, da die Prognose gerade für Dies überdeckt allerdings weiterhin liche Entwicklungen festzustellen. Wie das Jahr 2016 sehr stark auf die jeweili- sehr stabile Entwicklungstrends, bei

Deutscher Städtetag – Gemeindefinanzbericht 2016 17 denen ohne diskretionäre Maßnahmen Für die zukünftige Entwicklung ber- Trotz der sehr günstigen wirtschaft- durch Bund und Länder die kommuna- gen neben möglichen Veränderun- lichen Rahmenbedingungen sind die len Ausgaben schneller steigen als die gen der allgemeinen wirtschaftlichen Kommunen derzeit allein aufgrund Einnahmen. Zugespitzt kann man sa- Entwicklung insbesondere die Zins- der Hilfe von außen in der Lage, in gen, dass sich die Bundespolitik zwar entwicklung und die verschiedenen den nächsten Jahren flächendecken- deutlich kommunalfreundlich zeigt – Tarifverhandlungen Prognoseunsicher- de negative Finanzierungssalden zu ein systematischer und dauerhaft wir- heiten bzw. -risiken. Ein Beispiel: An- vermeiden. Wesentliche Gründe dafür kender Ansatz durch Bund und Länder gesichts eines Kreditvolumens von bis sind der Zwang zur Begrenzung des steht aber noch aus. zu 50 Milliarden Euro, das jährlich neu jahrzehntelang aufgelaufenen Inves- finanziert werden muss, können plötz- titionsstaus, der fachlich und demo- Die Kommunen sind zwar einerseits liche Zinsanstiege um 2 Prozentpunk- grafisch bedingte Anstieg der sozialen Nutznießer von einnahmeerhöhenden te nicht nur kommunale Haushaltssa- Leistungen und nicht zuletzt die mit Programmen, andererseits aber auch nierungspläne zur Makulatur werden der Umsetzung des Inklusionsgedan- negativ Betroffene von ausgabenstei- lassen. Sie könnten auch Korrekturbe- kens verbundenen Kosten. Ohne die gernden bzw. einnahmeverringernden darf bei der vorliegenden Prognose in aufwachsenden zusätzlichen Bundes- Beschlüssen. Ein aktuelles Beispiel sind Höhe von bis zu einer Milliarde Euro mittel für die Kommunen wäre von ei- die Diskussionen um das Bundesteilha- auslösen. Die Kommunen streben ner jährlichen Verschlechterung des begesetz, bei dem für die Kommunen deshalb nach einer dauerhaft wirken- kommunalen Finanzierungssaldos um schwer abschätzbare Risiken im Milliar- den Entlastung innerhalb fester Struk- durchschnittlich eine Milliarde Euro denbereich die Folge sein können. turen. auszugehen.

Übersicht 6: Kommunalfinanzen 2014 bis 2019 in den westdeutschen Flächenländern1) Einnahmen/Ausgaben 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2015 2016 2017 2018 2019 in Mrd. Euro +/- % Einnahmen 2) 174,19 186,00 196,8 206,2 210,6 216,3 6,8 5,8 4,8 2,1 2,7 darunter: Steuern 71,06 76,00 76,5 82,9 84,6 87,6 6,9 0,7 8,3 2,0 3,6 darunter: Grundsteuern 9,92 10,41 10,6 10,7 10,9 11,0 4,9 1,9 1,3 1,3 1,2 Gewerbesteuereinnahmen 29,56 31,37 30,6 34,2 35,1 36,2 6,1 -2,4 11,6 2,8 3,0 Einkommensteueranteil 27,34 29,30 30,2 31,9 33,6 35,3 7,2 3,1 5,7 5,1 5,1 Umsatzsteueranteil 3,17 3,72 3,9 4,8 3,7 3,9 17,4 4,1 24,1 -22,0 3,4 nachrichtlich: Brutto-Gewerbesteueraufkommen 35,88 38,04 37,3 41,5 42,7 43,9 6,0 -2,0 11,3 2,8 3,0 Gebühren 15,26 15,66 15,8 16,0 16,2 16,4 2,6 1,0 1,4 1,2 1,2 Laufende Zuweisungen von Land/Bund 56,09 61,78 70,9 74,0 77,0 80,1 10,1 14,8 4,3 4,1 4,0 Investitionszuweisungen von Land/Bund 5,06 5,16 6,5 6,8 6,3 6,0 2,0 26,5 3,5 -6,0 -5,0 Sonstige Einnahmen 26,72 27,41 27,0 26,6 26,5 26,1 2,6 -1,4 -1,7 -0,4 -1,3 Ausgaben 2) 174,30 183,67 197,4 204,9 211,4 218,3 5,4 7,5 3,8 3,1 3,3 darunter: Personal 43,69 45,31 47,8 49,7 51,2 52,4 3,7 5,6 3,8 3,0 2,5 Sachaufwand 36,55 38,24 41,5 42,6 44,1 45,4 4,6 8,6 2,5 3,5 3,0 Soziale Leistungen 42,41 46,29 50,8 54,7 58,1 61,0 9,1 9,8 7,6 6,3 4,9 Zinsen 3,09 3,03 3,0 2,9 2,9 2,9 -2,1 -2,1 -1,6 -1,0 0,0 Sachinvestitionen 18,94 19,18 21,7 21,5 20,3 20,8 1,3 13,2 -1,0 -5,6 2,4 davon: Baumaßnahmen 14,18 13,82 16,5 16,1 14,8 15,1 -2,5 19,1 -2,0 -8,5 2,1 Erwerb von Sachvermögen 4,75 5,35 5,2 5,4 5,5 5,7 12,6 -2,0 2,0 3,0 3,2 Sonstige Ausgaben 29,61 31,63 32,5 33,6 34,9 35,9 6,8 2,8 3,4 3,7 2,9 Finanzierungssaldo -0,11 2,32 -0,6 1,3 -0,8 -2,0 x x x x x Stärkung der Kommunalfinanzen ab 20183) x x x x 3,7 3,7 x x x x x Übernahme der Kosten der Unterkunft für x x 0,3 0,7 1,0 x x x x x x anerkannte Flüchtlinge 4) Finanzierungssaldo unter Berücksichti- gung der Stärkung der Kommunalfinanzen x x -0,3 2,0 3,9 1,7 x x x x x ab 2018 und der Übernahme der Kosten der Unterkunft für anerkannte Flüchtlinge 5)

1) Für die Jahre 2016 bis 2019 Schätzung auf Basis einer gemeinsamen Umfrage der Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände, der Steuerschätzung Mai 2016 sowie Daten aus dem Arbeitskreis Stabilitätsrat. Differenzen in den Summen durch Rundungen möglich. 2) Ohne besondere Finanzierungsvorgänge (insbesondere Schuldenaufnahmen u. -tilgungen, Rücklagenentnahmen u. -zuführungen, Deckung von Fehlbeträgen aus Vorjahren), ohne kommunale Krankenhäuser. 3) Aufteilung Ost/West entsprechend der Verteilung der Kosten der Unterkunft, der Verteilung des Gemeindeanteils an der USt sowie der Einwohner. 4) Aufteilung Ost/West entsprechend der Einwohner. 5) Tatsächlich zu erwartende Anpassungseffekte auf der Ausgabenseite wie z.B. eine Ausweitung der Investitionen wurden nicht berücksichtigt.

Prognose der kommunalen Spitzenverbände und eigene Zusammenstellung und Berechnungen nach Angaben des Statistischen Bundesamtes.

18 Deutscher Städtetag – Gemeindefinanzbericht 2016 Ü6 Die Chancen für eine Entwicklung, die Hinzuweisen ist zudem auf regional un- Erstens: Die von der Bundesregierung merklich besser verläuft, als unterstellt, terschiedliche Entwicklungen mit ge- zugesagten weiteren Entlastungen für sind gering. Eine deutlich bessere Wirt- genläufigen Effekten. Je nachdem, in die Kommunen sind ein notwendiger schaftsentwicklung als sie im Rah- welchen Regionen zusätzliche Einnah- und richtiger Schritt. Diese Entlastun- men des Arbeitskreises Steuerschät- men anfallen, werden diese entweder gen müssen dauerhaft sein und sie zung und somit auch in der vorliegen- zum Defizitabbau, zur Verbesserung müssen zudem auch an die Entwick- den Prognose ohnehin angenommen der örtlichen Infrastruktur oder auch lung der gesamten Kosten angepasst wurde, erscheint unwahrscheinlich, zur Ausweitung präventiver sozialer werden. Zweitens: Die Instabilität auch ebenso wie eine weitere Absenkung Maßnahmen verwendet. der fiskalischen Rahmenbedingungen des Zinsniveaus oder auch ein weite- und Herausforderungen nimmt zu. Die rer Rückgang der für die Kosten der Angesichts der Vielzahl der bestehen- Kommunen müssen fiskalisch so auf- Unterkunft relevanten Energiepreise. den Prognoseunsicherheiten ist die gestellt werden, dass sie Reserven für Alleine zeitliche Verschiebungen bei Prognose innerhalb des vorgegebenen schwierige Zeiten und vor allem für den steuerrechtsbedingten Steueraus- Spektrums als zuversichtlich zu be- plötzliche und unerwartete Herausfor- fällen bei der Gewerbesteuer können zeichnen. Es erscheint trotz der Unsi- derungen bilden können. Nur so kann den diesjährigen Finanzierungssaldo cherheiten nicht angezeigt, auf die Er- die Notwendigkeit kurzfristiger „Ret- verbessern – allerdings zu Lasten des stellung einer Prognose zu verzichten. tungsaktionen“, die auch noch zeit- Finanzierungssaldos im kommenden Vielmehr verdeutlicht gerade die Unsi- gleich mit den eigentlichen Herausfor- Jahr. cherheit der zukünftigen fiskalischen derungen zu bewältigen sind, vermie- Entwicklung wesentliche Erkenntnisse. den werden.

Übersicht 7: Kommunalfinanzen 2014 bis 2019 in den ostdeutschen Flächenländern 1) Einnahmen/Ausgaben 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2015 2016 2017 2018 2019 in Mrd. Euro +/- % Einnahmen 2) 31,14 32,21 34,3 35,1 35,4 35,8 3,5 6,5 2,2 0,9 1,3 darunter: Steuern 8,41 8,85 9,1 9,7 9,9 10,2 5,2 2,3 6,8 2,1 3,5 darunter: Grundsteuern 1,40 1,42 1,4 1,5 1,5 1,5 1,7 1,4 1,0 1,1 1,0 Gewerbesteuereinnahmen 3,49 3,54 3,6 3,8 3,9 4,0 1,3 0,6 6,3 3,6 2,3 Einkommensteueranteil 2,92 3,21 3,3 3,6 3,8 4,0 9,7 4,2 6,8 5,8 5,8 Umsatzsteueranteil 0,51 0,57 0,6 0,7 0,6 0,6 12,6 4,1 24,1 -22,0 3,4 nachrichtlich: Brutto-Gewerbesteueraufkommen 3,85 3,90 3,9 4,2 4,3 4,4 1,4 1,2 6,3 3,6 2,3 Gebühren 2,20 2,26 2,3 2,3 2,3 2,3 2,8 -0,3 0,8 0,5 0,2 Laufende Zuweisungen von Land/Bund 14,39 14,75 16,6 16,9 17,2 17,4 2,5 12,4 1,8 1,8 1,3 Investitionszuweisungen von Land/Bund 2,22 2,21 2,5 2,4 2,2 2,1 -0,4 13,6 -6,0 -6,0 -6,0 Sonstige Einnahmen 3,92 4,14 3,9 3,9 3,8 3,9 5,8 -5,6 -0,5 -1,6 0,6 Ausgaben 2) 30,59 31,49 33,7 34,3 34,9 35,6 2,9 7,0 1,8 1,6 2,2 darunter: Personal 8,69 8,87 9,3 9,6 9,8 10,1 2,0 4,4 3,4 2,9 2,5 Sachaufwand 6,61 6,81 7,5 7,3 7,3 7,4 3,1 9,9 -2,0 0,0 0,5 Soziale Leistungen 7,00 7,50 8,2 8,8 9,2 9,6 7,1 9,4 6,9 5,3 4,1 Zinsen 0,33 0,29 0,3 0,3 0,3 0,3 -13,9 -5,3 -2,0 -1,0 0,0 Sachinvestitionen 3,29 2,85 3,4 3,2 2,9 2,8 -13,3 20,6 -6,4 -10,1 -3,4 davon: Baumaßnahmen 2,75 2,34 2,9 2,7 2,4 2,3 -14,7 24,8 -6,6 -11,4 -3,5 Erwerb von Sachvermögen 0,54 0,51 0,5 0,5 0,5 0,5 -6,0 1,3 -5,0 -3,0 -3,0 Sonstige Ausgaben 4,67 5,18 5,1 5,1 5,3 5,5 10,9 -2,4 1,8 2,9 3,6 Finanzierungssaldo 0,55 0,73 0,6 0,8 0,5 0,2 x x x x x Stärkung der Kommunalfinanzen ab 20183) x x x x 0,8 0,8 x x x x x Übernahme der Kosten der Unterkunft für anerkannte x x 0,1 0,1 0,2 x x x x x x Flüchtlinge 4) Finanzierungssaldo unter Berücksichtigung der Stärkung der Kommunalfinanzen ab 2018 und x x 0,7 0,9 1,5 1,0 x x x x x der Übernahme der Kosten der Unterkunft für anerkannte Flüchtlinge 5)

1) Für die Jahre 2016 bis 2019 Schätzung auf Basis einer gemeinsamen Umfrage der Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände, der Steuerschätzung Mai 2016 sowie Daten aus dem Arbeitskreis Stabilitätsrat. Differenzen in den Summen durch Rundungen möglich. 2) Ohne besondere Finanzierungsvorgänge (insbesondere Schuldenaufnahmen u. -tilgungen, Rücklagenentnahmen u. -zuführungen, Deckung von Fehlbeträgen aus Vorjahren), ohne kommunale Krankenhäuser. 3) Aufteilung Ost/West entsprechend der Verteilung der Kosten der Unterkunft, der Verteilung des Gemeindeanteils an der USt sowie der Einwohner. 4) Aufteilung Ost/West entsprechend der Einwohner. 5) Tatsächlich zu erwartende Anpassungseffekte auf der Ausgabenseite wie z.B. eine Ausweitung der Investitionen wurden nicht berücksichtigt.

Prognose der kommunalen Spitzenverbände und eigene Zusammenstellung und Berechnungen nach Angaben des Statistischen Bundesamtes.

Deutscher Städtetag – Gemeindefinanzbericht 2016 19 Ü7 Im Detail – gehen. Hintergrund hierfür sind insbe- oder 3,6 Prozent auszugehen. Hinter- Die Einnahmenentwicklung sondere einmalige Belastungen aus grund dieser im langfristigen Vergleich der Steuerrechtsprechung, die sich eher geringen Steigerungsraten ist die Steuereinnahmen im Vergleich zum Vorjahr zu mehr als unterstellte geringe Zuwachsrate der 3 Milliarden Euro aufsummieren kön- sogenannten Unternehmens- und Ver- Für die Prognose der Steuereinnah- nen. Weil diese Steuerausfälle regional mögenseinkünfte (UVE). Die Schwan- men wurden die Werte des Arbeits- höchst ungleich verteilt und in einzel- kungen der Wachstumsraten im Pro- kreises Steuerschätzung von Mai 2016 nen Städten konzentriert sind, ist da- gnosezeitraum haben in geringerem für die einzelnen Steuerarten über- raus resultierend in einzelnen Städten Umfang auch veranlagungstechnische nommen. Für die kommenden Jahre mit ernsthaften, hoffentlich lediglich Gründe. wird eine jahresdurchschnittliche Stei- kurzfristigen Haushaltsproblemen zu gerung von 3,6 Prozent erwartet. Der rechnen. Es ist denkbar, dass die pro- Gemeindeanteil an der Anteil der Steuereinnahmen an den gnostizierten Steuerausfälle sich nicht Einkommenssteuer Gesamteinnahmen beträgt über den auf das Jahr 2016 konzentrieren; dies gesamten Prognosezeitraum relativ liegt u. a. daran, dass die erstattungs- Der Anstieg des Gemeindeanteils an stabil circa 41 Prozent. Im laufenden berechtigten Steuerpflichtigen bei ei- der Einkommenssteuer wird für das Jahr werden die Steuereinnahmen ner späteren Rückzahlung relativ hohe Jahr 2016 auf 3,2 Prozent geschätzt. insgesamt wie auch im Vorjahr bei Verzinsungen erhalten. Während im Das relativ niedrige Wachstum erklärt 85 Milliarden Euro liegen. Jahr 2017 angesichts des unterstellten sich aus Steuerrechtsänderungen (vol- Wegfalls der belastenden Sonderef- le Kassenwirkung der Anhebung des Gewerbesteuer fekte des Vorjahres mit einem erfreuli- Grundfreibetrages im Jahr 2016). Für chen Anstieg von 8,2 Prozent zu rech- die weiteren Jahre von 2017 bis 2019 Die Einnahmen aus der Gewerbesteu- nen ist, so ist in den beiden Folgejah- werden vergleichbare Steigerungs- er (netto) werden – so die Prognose – ren 2018 und 2019 von einem weitaus raten unterstellt. Dabei ist die „kalte im Jahr 2016 um 2,1 Prozent zurück- geringeren Wachstum in Höhe von 2,0 Progression“ anders als vereinzelt un- terstellt nur zu einem geringen Teil für Übersicht 8: diese Steigerungsraten verantwortlich. Ursache dafür ist vielmehr die positi- ve Entwicklung der Bruttolohn- und Kommunale Einnahmen in West und Ost 2015 Gehaltssumme, die wiederum neben in Euro je Einwohner der allgemeinen wirtschaftlichen Ent- wicklung weiterhin von der verstärkten Zuwanderung erwerbstätiger Personen 436 vorrangig aus EU-Ländern profitiert. Der Wegfall belastender Folgen frühe- 82 331 rer Steuerrechtsänderungen stützt das Aufkommen zusätzlich. 177 984 Weitere Steuereinnahmen

2.962 Die Prognose der Grundsteuern ist für 1.180 2.576 249 das Jahr 2016 neben der Berücksichti- gung der allgemeinen Bautätigkeit und der damit einher gehenden Verbreite-

181 rung der Bemessungsgrundlage auch auf die bereits zum Zeitpunkt der Steu- 1.210 erschätzung wirksam gewordenen 708 Hebesatzänderungen zurückzuführen. Für die Jahre 2016 bis 2019 wird, ent- sprechend dem Grundsatz des Ar- West Ost beitskreises Steuerschätzung, auf der Steuern Investitionszuweisungen Basis geltenden Rechtes zu schätzen, Gebühren Sonstige ein Wachstum der Grundsteuern allein Laufende Zuweisungen analog zum Wachstum der Bemes- sungsgrundlage unterstellt.

Eigene Zusammenstellung und Berechnungen nach der Kommunalfinanzstatistik des Statistischen Bundesamtes. Es ist deutlich darauf hinzuweisen, dass die beobachtbare Ausweitung der

20 Deutscher Städtetag – Gemeindefinanzbericht 2016 Bautätigkeit nicht zu einer substantiel- im Rahmen der sogenannten „Sofort- bührenaufkommens (Preiskompo- len Änderung bei der Entwicklung des hilfe“, im Jahr 2017 erfolgt die Aufsto- nente). Dabei ist in Erinnerung zu Grundsteueraufkommens führt. Dies ckung dieser Soforthilfe um eine wei- rufen, dass in zahlreichen Berei- ergibt sich alleine daraus, dass die tere Milliarde. Diese Soforthilfe wird chen die Höhe der Beiträge und Bemessungsgrundlage den gesamten im Jahr 2018 durch eine langfristige (Benutzungs-)Gebühren bewusst Bestand an Immobilien berücksichtigt. Stärkung der Kommunalfinanzen -er im Spannungsfeld von einerseits Dieser Bestand erhöht sich – gemes- setzt. Sie wurde in der Prognose sepa- kommunalem Finanzbedarf bzw. sen an sonst im Steuerbereich übli- rat berücksichtigt, weil sie noch nicht Finanznot und andererseits fach- chen Steigerungsraten – nicht wesent- gesetzgeberisch umgesetzt wurde. und sozialpolitischen Ansprüchen lich durch die Erstellung weiterer Woh- Daher ist für das Jahr 2018 ein ent- und Erfordernissen stehen. Eine nungen. Selbst eine Ausweitung der sprechender Rückgang zu unterstel- Vielzahl von Kommunen sah sich in Bautätigkeit um 50 Prozent würde im len. Im Jahr 2019 entspricht die Stei- den vergangenen Jahren gezwun- Ergebnis nur zu zusätzlichen Steige- gerung des Gemeindeanteils an der gen, auf ihre steigende Finanznot rungen des Grundsteueraufkommens Umsatzsteuer dem allgemeinen Um- mit einer Erhöhung der Beiträge von weniger als einem Prozent führen. satzsteueranstieg. Unterschiede in den und Gebühren auch in diesen Be- Wachstumsraten zwischen Ost- und reichen zu reagieren. Nach hiesiger Einschätzung ist davon Westdeutschland ergeben sich insbe- • Andererseits bewirkt der hohe Kon- auszugehen, dass in deutlich weniger sondere aus der turnusgemäßen Aktu- solidierungsdruck auch eine Re- Gemeinden als in den Vorjahren der alisierung und Umstellung des Auftei- duzierung der gebührenpflichtigen Hebesatz für die Grundsteuer ange- lungsschlüssels des Gemeindeanteils Angebote (Mengenkomponente). hoben werden wird. Dies ist nicht als an der Umsatzsteuer. Schließlich ist zu berücksichtigen, Zeichen für einen verringerten Konso- dass in einer Reihe von Kommunen lidierungsdruck anzusehen. Vielmehr Nicht im Detail in der Prognose dar- der demografische Wandel dämp- ist davon auszugehen, dass viele Ge- gestellt ist die Entwicklung bei den fend auf die Gebühreneinnahmen meinden den falschen und vor allem sonstigen kommunalen Steuern. Viele wirkt. Demgegenüber ist der Zu- das politische Klima belastenden Ein- dieser Steuern weisen eine Bemes- sammenhang zwischen dem Aus- druck vermeiden wollen, dass alleine sungsgrundlage auf, die nicht von der bau der Kindertagesbetreuung und aufgrund des Flüchtlingszuzugs und Inflation abhängt (zum Beispiel die der Gebührenentwicklung nicht so den hiermit verbundenen Ausgaben Hundesteuer). Deshalb wird bei den eng, wie zunächst zu vermuten: In eine Steuererhöhung notwendig wer- sonstigen Steuern von einem Wachs- vielen Städten und Gemeinden flie- de. Da zukünftige Erhöhungen der He- tum unterhalb der Inflationsrate ausge- ßen die Gebühren bzw. Beiträge besätze vom Arbeitskreis Steuerschät- gangen. (die Begrifflichkeiten sind hier un- zungen – der auf Basis des geltenden scharf) direkt an die Träger der Kin- Rechts schätzt – ohnehin nicht in den Gebühren dertagesstätten und werden nicht Prognosen berücksichtigt werden, lei- im Haushalt verbucht. ten sich hieraus allerdings keine be- Basierend auf der Umfrage der kom- sonderen Folgen für die Schätzung ab. munalen Spitzenverbände und im Ein- Laufende und investive klang mit der Entwicklung des Vorjah- Zuweisungen von Bund und Die Entwicklung des Gemeindean- res wird für das Jahr 2016 von einem Ländern teils an der Umsatzsteuer erscheint Anstieg des Gebührenaufkommens in erratisch: Ausgehend von einer Stei- Höhe von lediglich 0,8 Prozent ausge- Die laufenden Zuweisungen von Bund gerung von fast 16,8 Prozent im ab- gangen. Dieser Anstieg liegt im Rah- und den Ländern an die Kommunen gelaufenen Jahr über eine dem An- men der Kostensteigerungen, mit de- werden im aktuellen Jahr weitaus stär- stieg des Umsatzsteueraufkommens nen sich die Kommunen konfrontiert ker wachsen als im Vorjahr, das be- insgesamt entsprechende Steigerung sehen. Für die Folgejahre wird von den reits durch flüchtlingsbedingt erhöhte von 4,1 Prozent im Jahr 2016 und eine Kommunen ein weiterhin niedrigerer Einnahmenzuwächse geprägt war. Bei nochmalige massive Steigerung um Gebührenanstieg erwartet. den laufenden Zuweisungen ist letzt- mehr als 24,1 Prozent im Jahr 2017 lich von einer deutlichen Niveauver- folgt im Jahr 2018 ein Rückgang von Hintergrund dieser Entwicklung sind schiebung und nicht von einem Ein- -22,0 Prozent. Für das Jahr 2019 wird – wie auch in den Vorjahren – zwei maleffekt auszugehen, wobei unterpro- ein moderates Wachstum von 3,4 Pro- gegenläufige Faktoren: portionale Zuwachsraten mittelfristig zent prognostiziert. Die Ursache hierfür zu einem leichten Abbau der Niveau- ist in den jeweiligen Erhöhungen des • Einerseits führen die Kostenent- verschiebung führen. In den späteren Gemeindeanteils an der Umsatzsteu- wicklung und auch die vielerorts Jahren der Prognose liegen die Steige- er, die zur Stützung der kommunalen sehr angespannte kommunale Fi- rungen mit Werten zwischen 2,8 Pro- Finanzkraft vorgenommen werden, zu nanzlage zu einer Erhöhung der zent und 3,6 Prozent deutlich unter- sehen. Im Jahr 2015 und 2016 wirkt jeweiligen Gebühren und somit halb des Zuwachses des kommunalen eine Erhöhung um 500 Millionen Euro auch zu einer Erhöhung des Ge- Ausgabenbedarfs und auch unterhalb

Deutscher Städtetag – Gemeindefinanzbericht 2016 21 der Steuerentwicklung von Bund und onal unterschiedlicher Entwicklungen dereffekts im Vorjahr – kontinuierlich Ländern. Es ist zu beachten, dass den zu beobachten. In den ostdeutschen Jahr für Jahr um mehrere Prozent- überproportionalen Zuweisungsanstie- Kommunen ist aufgrund der degressi- punkte ab um auf niedrigem Niveau zu gen in den ersten Jahren der Prognose ven Ausgestaltung der Sonderbedarfs- stagnieren. Hintergrund hierfür ist ver- auch ein entsprechender Ausgabenan- ergänzungszuweisung (SoBEZ) mit mutlich das seit längerer Zeit niedrige stieg bei den Leistungen für die Versor- deutlich abnehmenden Investitions- Zinsniveau. Dieses hat in den Vorjah- gung und Integration von Asylbewer- zuweisungen zu rechnen. Aufgrund ei- ren dazu geführt, dass viele nicht mehr bern oder der Grundsicherung im Alter nes höheren Ausgangsniveaus in ost- benötigte Immobilien verkauft werden gegenübersteht. deutschen Kommunen wirkt sich das konnten. Die Verkäufe sind weitgehend Kommunalinvestitionsförderungsgesetz erfolgt. Die Einnahmen aus diesem Be- Die Prognose der Entwicklung des Zu- bezogen auf die Steigerungsraten in reich gehen nun zurück. weisungsvolumens unterliegt dabei ostdeutschen Kommunen weniger aus aktuellen und allgemeinen Unsicher- als in westdeutschen Kommunen. Ein zweiter Trend ist bei den sonstigen heiten bzw. Risiken. Aktuell sind Unsi- laufenden Einnahmen festzustellen. Im cherheiten bezüglich der Entwicklung Sonstige Einnahmen mehrjährigen Durchschnitt sind hier der Asylbewerberzahlen, von denen keine nennenswerten Steigerungen die Zuweisungsentwicklung stark be- Wie in den Vorjahren, so ist die Ent- festzustellen. Die Erwartungen bezüg- einflusst ist, zu nennen. Allgemein ist wicklung der sonstigen Einnahmen lich der Gewinnanteile von Unterneh- zudem zu hinterfragen, ob die bislang auch in den kommenden Jahren be- men und Beteiligungen lassen ebenso teilweise sehr ambitioniert wirkenden einflusst durch eine Vielzahl von Son- wie die weiteren Einnahmen kein dau- Sanierungspläne in den Ländern zur dereffekten in einzelnen Kommunen. erhaftes Wachstum erhoffen. Umsetzung der Schuldenbremse nicht Deren Bandbreite ergibt sich durch die zu zusätzlichen Einschnitten in die Menge der erfassten Einnahmepositi- Stärkung der Kommunalfinanzen kommunale Finanzausgleichssysteme onen: Die Gewinnanteile kommunaler ab 2018 führen können. Dies gilt besonders vor Unternehmen sind zum Beispiel nicht dem Hintergrund der zusätzlichen Be- nur geprägt von der Entwicklung der Die von der Bundesregierung prokla- lastungen, die den Ländern aufgrund Rohstoffpreise, des Zinsniveaus und mierte Stärkung der Kommunalfinan- des Flüchtlingszuzugs entstehen. Des der Konjunkturentwicklung, sondern zen ab 2018 über eine Entlastung der Weiteren ist aufgrund der engen Ver- neuerdings auch durch die Energie- Kommunalhaushalte um 5 Milliarden flechtung zwischen den Steuereinnah- wende. Im Rahmen der jeweiligen Ge- Euro pro Jahr ist fest zugesagt und un- men der Länder und den Zuweisungen schäftspolitik vor Ort kann es hierbei umstritten. Auch wurde zwischen Bund an die Kommunen (Verbundquote) jede zu unregelmäßigem Ausschüttungs- und Ländern eine Verständigung über Reduktion des Länderanteils an der verhalten der Unternehmen mit ent- den Entlastungsweg erzielt. Auch über Einkommensteuer durch Steuerrechts- sprechenden Auswirkungen auf die die Finanzierung der Unterkunftskos- änderungen mit Einnahmeausfällen bei kommunalen Einnahmen kommen. ten für anerkannte Flüchtlinge wurde den Kommunen verbunden. Schließ- Ein Gewinnrückgang kommunaler Un- für die Jahre bis 2018 eine Einigung lich besteht das Risiko, dass öffent- ternehmen bzw. ein Verharren in der erzielt: Die Bundesbeteiligung an den lichkeitswirksamen Steigerungen bei Verlustzone kann aber auch – je nach Kosten der Unterkunft wird um 1,6 Mil- Zuweisungen zur fiskalischen Bewäl- Organisationsform – anstatt zu einem liarden Euro erhöht und der Gemein- tigung des Flüchtlingszuzugs Kürzun- Einnahmenrückgang zu einem Anstieg deanteil an der Umsatzsteuer bei Bei- gen bei anderen Länderzuweisungen, der Zuweisungen für generell defizitäre behaltung des bisherigen Schlüssels die weniger im Fokus der Öffentlichkeit Geschäftsbereiche führen und sich da- wird um 2,4 Milliarden Euro erhöht. stehen, gegenüberstehen können. her statistisch durch gestiegene sons- Zudem soll der Umsatzsteueranteil der tige Ausgaben bemerkbar machen. Länder(!) um 1,0 Milliarden Euro erhöht Der Verlauf der Investitionszuweisun- Entsprechende Effekte sind in die Pro- werden, wobei es Aufgabe der Län- gen von Bund und Ländern an die gnose nur eingearbeitet, soweit sie der ist, diese Mittel zur Entlastung der Kommunen ist im Prognosezeitraum den kommunalen Spitzenverbänden Kommunen zu verwenden. Die Ausga- maßgeblich geprägt durch das zu be- aufgrund der Haushaltsumfrage be- ben für Kosten der Unterkunft für aner- grüßende Gesetz zur Förderung von In- kannt waren. Gleiches gilt für außerge- kannte Flüchtlinge werden vom Bund vestitionen finanzschwacher Kommu- wöhnliche Vermögensveräußerungen. übernommen. Eine gesetzgeberische nen und dessen verlängerte Laufzeit. Umsetzung konnte bislang noch nicht Aber auch die Auswirkungen anderer Die Umfragewerte zeichnen unter Be- erfolgen. Förderprogramme, die aufgrund von rücksichtigung verschiedener Son- Befristungen, schwankenden Förder- dereffekte zwei generelle Trends. Die Um im Rahmen der Prognose eine volumen o. ä. nahezu alle den Charak- in den Tabellen nicht gesondert aus- angemessene Berücksichtigung die- ter unstetiger Einzelmaßnahmen auf- gewiesenen sonstigen Einnahmen im ser für die Kommunen essenziellen weisen, tragen hierzu bei. Unabhängig Vermögenshaushalt nehmen – ausge- Entlastung vornehmen zu können, hiervon ist zudem noch ein Trend regi- hend von den Wirkungen eines Son- wurde folgendes Verfahren gewählt:

22 Deutscher Städtetag – Gemeindefinanzbericht 2016 Die 5 Milliarden Euro wurden entspre- nicht unterstellt, dass mit den zusätz- (siehe Anmerkungen zur Datengrund- chend der Verteilungsstruktur der je- lichen Mitteln zusätzliche Ausgaben lage und Methodik). Für den aktuellen weiligen Entlastungsmaßnahme (Ge- getätigt werden. Trotz dieser gerade Prognosezeitraum ist der statistische meindeanteil an der Umsatzsteuer, angesichts des notwendigen Infra- Überhang ebenso zu berücksichti- Kosten der Unterkunft) auf die kom- strukturausbaus und fortschreitenden gen wie der weitere Personalaufbau, munale Ebene in den westdeutschen Investitionsstaus sehr restriktiven An- der ebenfalls als Niveauverschiebung bzw. den ostdeutschen Flächenlän- nahme zeigt diese Darstellungsform anzusehen ist. In gleicher Richtung dern sowie auf die Stadtstaaten auf- die Notwendigkeit der Entlastung der wirken die jüngsten Tarifabschlüsse, geteilt. Die geplante Erhöhung des Kommunen deutlich auf. die auch in das Jahr 2017 fortwirken. Umsatzsteueranteils der Länder wur- Ausgabendämpfende Effekte sind für de ebenfalls hinzugerechnet, hierbei den Prognosezeitraum nur noch in wurde eine gleichmäßige Verteilung Im Detail – eingeschränktem Maß zu erwarten. nach Einwohnerzahlen unterstellt. Die Die Ausgabenentwicklung Der Personalabbau in den Kommu- Übernahme der Kosten der Unterkunft nalverwaltungen ist weitgehend abge- für anerkannte Flüchtlinge wird nach Personalausgaben schlossen, bedeutsame Auslagerun- Einwohnern auf die Kommunen in den gen sind nicht zu erwarten. west- bzw. ostdeutschen Flächenlän- Der im Jahr 2015 festzustellende An- dern aufgeteilt. Die Entlastung ist in stieg der Personalausgaben in Höhe Infolgedessen wird, ausgehend von den entsprechenden Tabellen separat von 3,4 Prozent war trotz des flücht- einer Wachstumsrate von dennoch ausgewiesen und wurde auch inhalt- lingszuzugsbedingten notwendigen moderat angesetzten 5,4 Prozent im lich als Annex zur Prognose ausgestal- Personalbedarfs moderat; dies ist vor Jahr 2016, ein kontinuierlicher Rück- tet: Im Rahmen der Prognose wurde dem Hintergrund, dass der Personal- gang des Personalausgabenanstiegs zudem davon ausgegangen, dass die aufwuchs erst zum Ende des Jahres auf nur noch 2,5 Prozent im Jahr 2019 zusätzlichen Mittel voll finanzierungs- stattfand, erklärlich. Hieraus ergibt unterstellt. Hierbei kam auch die tech- saldowirksam werden. Es wurde also sich ein sogenannter Überhangeffekt nische Annahme zu tragen, dass der von der Bundesregierung prognos- Übersicht 9: tizierte Anstieg der Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer bei den kommunalen Beschäftigten in einer Kommunale Ausgaben in West und Ost 2015 maximal vergleichbaren Größenord- in Euro je Einwohner nung zu erwarten ist.

Sachaufwand

552 Auch die Prognose der Entwicklung der kommunalen Ausgaben für den 437 305 Sachaufwand spiegelt die fiskalischen Belastungen durch den Flüchtlingszu- 228 zug wider. Die Anmietung von Flücht- 737 lingsunterkünften, aber auch deren 2.925 600 Ausstattung und Bewirtschaftung 2.518 haben bereits im letzten Jahr zu ei- nem Anstieg der Sachaufwendungen 609 545 geführt, der sich alleine aus statisti- schen Gründen (sogenannter Über- hang) auch im aktuellen Jahr fortsetzt. Auch die vorliegenden Umfragewerte 722 709 bekräftigen den prognostizierten An- stieg, unabhängig von den tendenzi- ell begrenzenden Faktoren wie einer West Ost niedrigen Inflationsrate und der wei- Personal Investitionen terhin knappen kommunale Finanz- Sachaufwand Sonstige lage. Letztere zeigen ihre Auswirkun- Soziales gen besonders deutlich in den Pro- gnosen für die Jahre 2017 und 2019,

Eigene Zusammenstellung und Berechnungen nach der Kommunalfinanzstatistik wo Wachstumsraten von höchstens des Statistischen Bundesamtes. 3 Prozent unterstellt werden.

Deutscher Städtetag – Gemeindefinanzbericht 2016 23 Soziale Leistungen dürften – die Kommunen vorrangig hier ein immenser Kostenanstieg ver- durch die Kosten der Unterkunft be- bunden sind. Die Ausgaben der Kommunen für so- lastet werden. Das Bildungs- und Teil- ziale Leistungen steigen über den ge- habepaket führt unabhängig von der Neben den oben genannten direkten samten Prognosezeitraum betrachtet vollständigen Kostenerstattung durch Ausgaben sind noch die vielfältigen weiterhin stärker als alle anderen Aus- den Bund ebenfalls zu kommunalen Ausgabeausweitungen zu nennen, die gabearten. In jedem einzelnen Jahr Ausgaben. Die (teilweise) Kompensa- sich im Bereich weiterer integrations- wachsen sie stärker an als die Ausga- tion der verschiedenen Ausgabestei- unterstützender Maßnahmen ergeben. ben insgesamt, sodass sich der Anteil gerungen durch erhöhte Zuweisungen Diese sind nicht nur im Sozialbereich der Ausgaben für soziale Leistungen führt zu erhöhten Einnahmen und wird gegeben. Auch die Anstiege der Per- an den Gesamtausgaben kontinuier- dementsprechend auch dort berück- sonalausgaben für vielfältige Maßnah- lich weiter erhöht. Ab der Mitte des sichtigt. men der Sozialarbeit (siehe dort) oder Prognosezeitraumes werden erstmalig die KiTas in kommunaler Trägerschaft durchschnittlich (!) mehr als 30 Prozent Sofern abgelehnte Asylbewerber aus sind ebenso zu nennen wie die ver- der kommunalen Finanzmittel als di- anderen Gründen weiterhin in Deutsch- stärkten Zuweisungen an KiTas in freier rekte Ausgaben für soziale Leistungen land bleiben, beinhaltet dies ein großes Trägerschaft. gebunden sein. Hinzu kommen noch Ausgabenrisiko im Sozialbereich, dem die in der Ausgabekategorie „Soziale bislang noch keine ausreichende Ge- Unabhängig von flüchtlingsbezogenen Leistungen“ nicht erfassten Ausgaben genfinanzierung durch Bund und Län- Ausgabensteigerungen gilt: Neben den zum Beispiel an freie Träger für den der entspricht. Kosten für die Grundsicherung im Al- Betrieb von Kindertagesstätten oder ter, die zwar über die Kommunen aus- aber das Personal, das in den Kom- Hinzuweisen ist schließlich auf die ho- bezahlt wird, die aber vollumfänglich munalverwaltungen für soziale Zwecke hen Kostenbelastungen im Jugendhil- der Bund erstattet, sind Ausgabestei- eingesetzt wird. febereich, die mit der Betreuung un- gerungen insbesondere bei den weite- begleiteter minderjähriger Flüchtlinge ren konjunkturunabhängigen sozialen Die Auswirkungen der Flüchtlingszu- wanderung zeigen sich im Bereich der Übersicht 10: sozialen Leistungen durch verschie- dene Effekte. Hierbei ist zunächst ge- danklich der „Weg“ der Flüchtlinge Soziale Leistungen der Kommunen ohne Berücksichtigung von aufgabenspezifischen Einnahmen, in Milliarden Euro über die verschiedenen rechtlichen Stationen mit der jeweils unterschied- 50 lichen Kostenträgerschaft zu berück- sichtigen.

Direkt nach der Einreise und auch wäh- 40 rend der ersten 15 Monate des laufen- den Asylverfahrens erhalten eingereis- te Flüchtlinge Leistungen nach dem 30 Asylbewerberleistungsgesetz. Leis- tungsträger ist hierbei im Allgemeinen die kommunale Ebene, wobei Entlas- 20 tungswirkungen aufgrund von Lan- deserstaufnahmeeinrichtungen zu ver- zeichnen sind. Aus integrations- bzw. sozialpolitischen Gründen ist unabhän- 10 gig vom rechtlichen Status der Flücht- linge zudem bereits kurze Zeit nach der Einreise der Schul- und Kitabesuch für 0 Flüchtlingskinder sinnvoll; auch dies 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 führt zu fiskalischen Belastungen. Sozialhilfe in Einrichtungen Jugendhilfe Leistungen nach SGB II Sonstige Im Fall einer Anerkennung verringern Sozialhilfe außerhalb v. Einrichtungen Leistungen nach dem sich daher zumeist die kommunalen Leistungen für Bildung und Teilhabe Asylbewerberleistungsgesetz Auszahlungen, weil im Rahmen der Leistungen nach dem SGB II – die Eigene Zusammenstellung und Berechnungen nach der Kommunalfinanzstatistik des Statistischen Bundesamtes. zunächst vom größten Teil der aner- Zur Problematik der Erfassung und Zuordnung flüchtlingsverursachter Ausgaben siehe Text. kannten Flüchtlinge bezogen werden

24 Deutscher Städtetag – Gemeindefinanzbericht 2016 Übersicht 11: Soziale Leistungen in den Kommunalhaushalten 2012 bis 2015 Art der Leistung 2012 2013 2014 2015 2013 2014 2015 2012 2013 2014 2015 in Mio. Euro +/- % Euro/Einwohner 1) Westdeutsche und ostdeutsche Flächenländer zusammen Ausgaben Sozialhilfe außerhalb v. Einrichtungen 6.897,2 7.450,7 8.130,4 8.722,2 8,0 9,1 7,3 92,3 99,4 108,0 115,8 Sozialhilfe in Einrichtungen 15.887,9 16.574,2 17.354,1 17.858,4 4,3 4,7 2,9 212,5 221,2 230,5 237,2 Leistungen nach dem SGB II 2) 11.322,9 11.908,0 11.788,8 12.432,9 5,2 -1,0 5,5 151,5 158,9 156,6 165,1 darunter: für Unterkunft und Heizung 10.938,3 11.583,3 11.440,0 12.072,7 5,9 -1,2 5,5 146,3 154,6 151,9 160,3 Leistungen für Bildung und Teilhabe 270,4 248,4 243,6 278,7 -8,1 -1,9 14,4 3,6 3,3 3,2 3,7 Jugendhilfe 7.355,3 7.710,5 8.307,4 9.279,1 4,8 7,7 11,7 98,4 102,9 110,3 123,2 Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz 3) 753,6 1.036,8 1.585,9 3.143,6 37,6 53,0 98,2 10,1 13,8 21,1 41,7 Sonstige Soziale Leistungen 1.934,0 2.021,9 2.005,3 2.071,5 4,5 -0,8 3,3 25,9 27,0 26,6 27,5 Soziale Leistungen insgesamt 44.421,3 46.950,4 49.415,6 53.786,3 5,7 5,3 8,8 594,2 626,5 656,2 714,3 Westdeutsche Flächenländer Ausgaben Sozialhilfe außerhalb v. Einrichtungen 6.186,6 6.661,4 7.280,0 7.842,2 7,7 9,3 7,7 99,4 106,7 115,9 124,9 Sozialhilfe in Einrichtungen 14.190,5 14.717,0 15.410,4 15.984,8 3,7 4,7 3,7 228,0 235,7 245,4 254,5 Leistungen nach dem SGB II 2) 8.756,2 9.220,4 9.237,8 9.902,6 5,3 0,2 7,2 140,7 147,7 147,1 157,7 darunter: für Unterkunft und Heizung 8.429,7 8.963,2 8.953,6 9.611,7 6,3 -0,1 7,4 135,5 143,5 142,6 153,1 Leistungen für Bildung und Teilhabe 175,4 170,6 168,6 185,2 -2,7 -1,2 9,8 2,8 2,7 2,7 2,9 Jugendhilfe 6.257,3 6.608,8 7.128,0 7.799,8 5,6 7,9 9,4 100,6 105,8 113,5 124,2 Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz 3) 669,2 923,0 1.404,0 2.663,0 37,9 52,1 89,7 10,8 14,8 22,4 42,4 Sonstige Soziale Leistungen 1.723,9 1.808,4 1.785,1 1.911,7 4,9 -1,3 7,1 27,7 29,0 28,4 30,4 Soziale Leistungen insgesamt 37.959,0 40.109,6 42.413,8 46.289,5 5,7 5,7 9,1 610,0 642,3 675,4 737,1 Ostdeutsche Flächenländer Ausgaben Sozialhilfe außerhalb v. Einrichtungen 710,7 789,3 850,3 879,9 11,1 7,7 3,5 56,7 63,2 68,0 70,4 Sozialhilfe in Einrichtungen 1.697,4 1.857,2 1.943,8 1.873,6 9,4 4,7 -3,6 135,5 148,6 155,4 149,8 Leistungen nach dem SGB II 2) 2.566,8 2.687,7 2.551,0 2.530,0 4,7 -5,1 -0,8 204,9 215,1 204,0 202,3 darunter: für Unterkunft und Heizung 2.508,7 2.620,2 2.486,4 2.460,7 4,4 -5,1 -1,0 200,2 209,7 198,8 196,8 Leistungen für Bildung und Teilhabe 95,0 77,9 74,9 93,6 -18,0 -3,9 25,0 7,6 6,2 6,0 7,5 Jugendhilfe 1.098,0 1.101,6 1.179,5 1.479,4 0,3 7,1 25,4 87,6 88,1 94,3 118,3 Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz 3) 84,4 113,7 181,8 480,6 34,7 59,9 164,4 6,7 9,1 14,5 38,4 Sonstige Soziale Leistungen 210,1 213,5 220,3 159,6 1,6 3,2 -27,6 16,8 17,1 17,6 12,8 Soziale Leistungen insgesamt 6.462,3 6.840,8 7.001,9 7.496,7 5,9 2,4 7,1 515,8 547,4 559,9 599,5

1) Berechnet mit den Einwohnerzahlen zum 31.12. des jeweiligen Jahres (2015 mit Stand 31.12.2014). 2) Ohne anteilige Ausgaben für Bildung und Teilhabe, die separat ausgewiesen werden. 3) Zur Problematik der Erfassung und Zuordnung flüchtlingsverursachter Ausgaben siehe Text.

Eigene Zusammenstellung und Berechnungen nach der Kommunalfinanzstatistik des Statistischen Bundesamtes. (Vierteljährliche Kassenergebnisse der kommunalen Haushalte, Kernhaushalt).

Leistungen zu verzeichnen. Die entlas- reichen existierende Finanzierungsum- Sachinvestitionen tenden Effekte der guten Arbeitsmarkt- weg vom Bund über die Länder. Dieser lage sind bereits in den vergangenen Umweg führt nicht nur zu einer teilwei- Die Prognose der kommunalen Investi- Jahren in den Kommunalhaushalten sen Abschöpfung der Mittel durch die tionen unterliegt ebenfalls besonderen angekommen, weitere Entlastungen Länder. Eine eindeutige Zuordnung ist Unsicherheitsfaktoren: Weil Haushalts- sind nicht zu erwarten. Es ist darauf auch deshalb nicht möglich, weil die lage und Investitionen eng zusammen- hinzuweisen, dass die sogenannte So- entsprechenden Bundesmittel als Be- hängen, ist für die Prognose der Inves- forthilfe des Bundes nicht dazu führt, standteil der allgemeinen Länderhaus- titionen entscheidend, ob Mehreinnah- dass die kommunalen Ausgaben sin- halte zum Teil verrechnet werden oder men oder auch unterdurchschnittliche ken, sondern dass die kommunalen zusammen mit anderen Ausgleichen an Ausgabenzuwächse in Kommunen mit Einnahmen an anderer Stelle (Zuwei- die Kommunen weitergeleitet oder nicht defizitären Haushalten oder in Kom- sungen) steigen. als gesonderte Einnahmen verbucht munen ohne defizitäre Haushalte an- werden. Dass eine Nennung der Netto- fallen. Hier ist auch angesichts der Es ist kaum möglich, bei den sozialen Belastung der Kommunen durch sozi- verstärkten Sensibilisierung für Defizite Leistungen den Ausgaben aufgaben- ale Leistungen nicht erfolgt, ist daher die Tendenz erkennbar, dass in finanz- bezogene kompensierende Einnah- schlichtweg methodischen Gründen schwächeren Kommunen die Haus- men sachgerecht gegenüberzustellen, geschuldet und stellt keine Negierung haltskonsolidierung oberste Priorität um hierdurch eine Netto-Belastung der der bereichsweisen Finanzierungs- und hat. Die ohnehin niedrigen Investitions- Kommunen darzustellen.Ü11 Verantwort- Verantwortungsübernahme des Bundes niveaus werden hierfür nochmals abge- lich dafür ist u. a. der in einzelnen Be- oder verschiedener Länder dar. senkt bzw. zusätzliche Einnahmen zum

Deutscher Städtetag – Gemeindefinanzbericht 2016 25 Großteil zur weiteren Defizitabsenkung Übersicht 12: verwendet. In den finanziell stabilen Kommunen hingegen stehen der Erhalt und die Ertüchtigung der Infrastruktur Erhöhte Investitionen aufgrund des Flüchtlingszuzugs Sachinvestitionen in den kommunalen Haushalten 1992 bis 2019 in Milliarden Euro als gleichberechtigtes Ziel neben dem Schuldenabbau (auch ohne aktuelle Defizite wurden im Allgemeinen in der Vergangenheit Investitionen teilweise 35 Auswirkungen des Auswirkungen des kreditfinanziert). Einnahmezuwächse Konjunkturpakets erhöhten Investi- führen in finanziell stabilen Kommunen in den Jahren 2009 tionsbedarfs durch daher zwar nur in geringem Umfang zu 30 bis 2011 Flüchtlingszuzug einer Verbesserung des Finanzierungs- saldos. Sie bewirken aber eine auch gesamtstaatlich sinnvolle Ausweitung 25 der Investitionstätigkeit.

20 Die kommunalen Spitzenverbände ge- hen aufgrund dieser Analyse davon aus, dass das Gesetz zur Förderung 15 von Investitionen finanzschwacher Kommunen (KInvFöG) diesen Kom- munen nicht nur die Finanzierung be- 10 reits geplanter Investitionen erleichtern wird, sondern zum Teil auch zu einer 5 Ausweitung des Investitionsniveaus führen wird. Die Verlängerung des Zeit- raums für die Verwendung der zusätz- 0 lichen Mittel führt dazu, dass durch 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 das KInvFöG lediglich eine Anhebung des Investitionsvolumens um höchs- ostdeutsche Flächenländer tens 2 Prozentpunkte je Jahr erfolgt. westdeutsche Flächenländer Weit bedeutsamer für den kurzfristigen Verlauf der Investitionen ist hingegen der Flüchtlingszuzug. Hier ergibt sich Bis 2015 eigene Zusammenstellung und Berechnung nach der Kommunalfinanzstatistik des Statistischen Bundesamtes. Ab 2016 Schätzung. in zweifacher Hinsicht ein Sonderef- fekt, der vor allem für 2015 und 2016 von Bedeutung ist: Zunächst ist auf die dringend notwendigen Investitionen überproportionaler Investitionsanstieg schnittlichen Zinsbindung). Die kom- zur kurzfristigen Sicherung der Wohn- im laufenden Jahr gegenüber. Das In- munalen Spitzenverbände unterstellen situation der Flüchtlinge hinzuweisen. vestitionsniveau wird voraussichtlich dabei im Wesentlichen als technische Andere Investitionen wurden – alleine im nächsten Jahr ähnlich hoch blei- Annahme eine Konstanz der derzeiti- aufgrund knapper Planungsressourcen ben, bis im darauffolgenden Jahr mit- gen Zinsniveaus. Sie gehen davon aus, in den Kommunen – verschoben, so- tels einer deutlichen Absenkung der dass sich die Portfoliostruktur ange- dass aus diesem Grund kein deutlicher Investitionen wieder das Normalni- sichts der günstigen Zinssituation hin Investitionsanstieg zu erwarten war. veau erreicht wird. zu längerfristigen Krediten verändert Zugleich aber konnten viele Investi- wird. Dies führt grundsätzlich zu höhe- tionen für die Flüchtlingsunterbrin- Zinsen ren Kreditzinsen als die Wahl kurzfris- gung, die im 2. Halbjahr 2015 vorge- tiger Laufzeiten. Weil jedoch die zu re- nommen wurden, noch nicht in der Die Entwicklung der kommunalen Zins- finanzierenden Kredite zu Zeiten eines Haushaltsstatistik erfasst werden, zum ausgaben ist angesichts eines in der höheren Zinsniveaus abgeschlossen Beispiel weil die Schlussrechnungen Summe weitgehend konstanten Schul- wurden, geht die Prognose in Summe noch nicht gestellt und bezahlt sind. denstandes der kommunalen Ebene von einem sinkenden Zinsniveau aus. insbesondere abhängig von der Ent- Die aufgelisteten Effekte überlagern wicklung der Zinssituation, der derzei- Sonstige Ausgaben sich. Im Ergebnis ist der ausgewiese- tigen Portfoliostruktur (jährliches Wie- ne Investitionsrückgang im Jahr 2015 deranlagevolumen) und der verfolgten Die Entwicklung der sonstigen Aus- nachvollziehbar. Diesem Rückgang Änderung der Portfoliostruktur (unter- gaben ist von einer Vielzahl von Ein- steht aber voraussichtlich ein weit stellte Steigerung der Dauer der durch- zeleffekten geprägt. Deren Wirkungen

26 Deutscher Städtetag – Gemeindefinanzbericht 2016 können im Detail weder verfolgt noch tuellen Jahres ein besonderer Schwer- die entlastenden Wirkungen dennoch dargestellt werden. Hervorzuheben ist, punkt auf die Umfrage zu den Haus- deutlich zu machen, wurde ausgewie- dass die Zuweisungen an Dritte, zum haltsplanungen gesetzt wird, wobei sen, wie sich der Finanzierungssaldo Beispiel an freie Träger im Bereich der Erkenntnisse über aktuelle Entwick- entwickeln würde, wenn die zusätzli- Jugendhilfe oder der Kindertagesbe- lungen, wie zum Beispiel den Tarifab- chen Mittel alleine zur Verbesserung treuung, unter den sonstigen Ausga- schluss, zur Ergänzung herangezogen des Finanzierungssaldos eingesetzt ben erfasst werden. Hierdurch, das werden. Für die Folgejahre erfolgt unter würden. heißt durch den zuzugsbedingten An- Abgleich mit den Haushaltsplanungen stieg der zu finanzierenden KiTa-Plät- der Gemeinden verstärkt eine Trend- Erläuterung: ze, erklärt sich die im Prognosezeit- fortschreibung unter Rückgriff auf die Statistischer Überhang raum zunächst hohe Zuwachsrate der Kassen- beziehungsweise Jahresrech- sonstigen Ausgaben, die sich mittel- nungsstatistik, korrigiert um zu erwar- Für das bessere Verständnis der Pro- fristig an ihr Normalniveau annähert. tende Effekte zum Beispiel aufgrund gnose für das laufende Jahr ist auf der wirtschaftlichen Entwicklung oder das Konzept des „statistischen Über- Datengrundlage der zu erwartenden Steigerung von hangs“ hinzuweisen. Ursache hierfür der Prognose, Methoden Bezieher von Leistungen nach dem ist, dass die Zahl ankommenden der SGB II (anerkannte Flüchtlinge). Be- Flüchtlinge im Verlauf des letzten Jah- Datengrundlage züglich der Methoden für die Prognose res überproportional angestiegen ist. ausgewählter Bereiche ist zu verwei- Dadurch war der Bestand an Flücht- Die Prognose bündelt Informationen sen auf die Bedeutung der Ergebnisse lingen zum Ende des Jahres deutlich aus verschiedenen Datenquellen. Zu- des Arbeitskreises Steuerschätzungen höher als im Durchschnitt des letzten grunde gelegt werden: für die Prognose der Steuereinnahmen Jahres. Dies führt dazu, dass es selbst oder der Haushaltsplanungen der Län- bei einem Verharren des Flüchtlingsbe- • die Ergebnisse einer aktuellen Um- der für die Prognose der Entwicklung stands auf dem Niveau vom Ende des frage der kommunalen Spitzen- der Zuweisungen. letzten Jahres zu einer deutlichen Stei- verbände mit knapp 1000 teilneh- gerung des durchschnittlichen Flücht- menden Städten, Landkreisen und Neben einer verbesserten Prognose- lingsbestandes in diesem Jahr im Ver- Gemeinden: Sie erfasst die Ergeb- genauigkeit ist eine Konsequenz die- gleich zum durchschnittlichen Bestand nisse des Haushaltsjahres 2015 so- ses Vorgehens, dass es nicht möglich des Vorjahres kommt. Dieser statisti- wie Werte aus den Haushaltspla- ist, im Rahmen der Prognose Einzelef- sche Überhang führt zu einer weiteren nungen 2016 bis 2019. fekte zum Beispiel des Flüchtlingszu- drastischen Steigerung flüchtlingsbe- • die Ergebnisse der vierteljährlichen zugs separat zu nennen. Die obigen zogener Ausgaben im Vorjahresver- Kassenstatistik (2014 und 2015) Werte des flüchtlingszuzugsbedingten gleich, obwohl der in der Prognose un- beziehungsweise der Jahresrech- Anstiegs der Sozialausgaben wurden terstellte Flüchtlingszuzug stark nach- nungsstatistik (bis 2013) des Sta- daher ermittelt, indem dem prognosti- gelassen hat. tistischen Bundesamtes zierten Anstieg der Sozialausgaben ein • die Prognose des Arbeitskreises hypothetischer Anstieg, der sich aus Steuerschätzungen vom Mai 2016 einer Trendfortschreibung ergibt, ge- Kommunale Disparitäten – • die Ergebnisse der vierteljährlichen genübergestellt wurde. Indikatoren Gewerbesteuerumfrage des Deut- schen Städtetages Die Prognose umfasst alleine die kom- Eine Darstellung und Kommentierung • weitere Analysen und Prognosen munalen Kernhaushalte, die Extra- der aktuellen Finanzlage wäre ohne anderer Stellen (zum Beispiel des haushalte werden nicht betrachtet. eine Betrachtung der regionalen Dis- Instituts für Arbeitsmarkt- und Be- Auslagerungen oder auch Kommuna- paritäten unvollständig. Obwohl die rufsforschung, IAB) sowie Erkennt- lisierungen größeren Maßstabs sind Daten der aktuellen Kassenstatistik nisse aus der laufenden Arbeit nicht bekannt. regional lediglich nach Bundesländern der kommunalen Spitzenverbände unterscheiden, dienen sie hier bereits (KSV). Verschiedene politische Absichtserklä- alleine aufgrund ihrer Aktualität als In- rungen konnten nicht im Detail berück- dikatoren. Die regionalen Unterschie- Methoden sichtigt werden. Insbesondere die Ver- de und ihre Entwicklungen werden einbarungen zwischen Bund und Län- nachfolgend anhand der verfügbaren Im Rahmen der Prognoseerstellung dern zur kommunalen Entlastung um länderweisen Aufgliederung der kom- verwendet die KSV einen Methoden- 5 Milliarden Euro sowie die vereinbar- munalen Kassenstatistik aufgezeigt. mix, wobei je nach Jahr und Einnah- te Übernahme der Kosten der Unter- Dies bedeutet, dass sowohl die intra- men- beziehungsweise Ausgabenart kunft für anerkannte Flüchtlinge wur- regionalen Unterschiede als auch die unterschiedliche Methoden zum Ein- den nicht im Rahmen der eigentlichen Unterschiede zwischen verschiedenen satz kommen. Generell lässt sich Prognose bei bestimmten Einnahme- Gemeindetypen (Kernstadt, Umland, sagen, dass bei der Prognose des ak- bzw. Ausgabearten berücksichtigt. Um ländlicher Raum) hier ebenso wenig

Deutscher Städtetag – Gemeindefinanzbericht 2016 27 Übersicht 13 Finanzierungssaldo, Kassenkredite und Sachinvestitionen 2015 Finanzierungs- Änderung Kassenkredite 2015 Anstieg Kassen- Sachinvestitionen Änderung Sach- Land saldo 2015 Finanzierungssaldo im kredite im Vergleich 2015 investitionen im Vergleich zum Vorjahr zum Vorjahr Vergleich zum Vorjahr in Mio. Euro Baden-Württemberg 959 532 98 -53 4.309 33 Bayern 1.290 -316 200 -114 6.588 362 Brandenburg 267 159 752 -29 578 -137 Hessen -235 29 6.525 -31 1.388 -83 Mecklenburg-Vorpommern 110 104 701 -30 270 -40 Niedersachsen 579 399 2.927 -419 1.996 8 Nordrhein-Westfalen -176 1.313 27.482 1.027 2.994 -94 Rheinland-Pfalz 84 453 6.509 186 966 -33 Saarland -174 -4 2.094 89 169 -37 Sachsen 12 -314 96 1 1.023 -143 Sachsen-Anhalt 131 151 1.410 97 450 -90 Schleswig-Holstein -3 27 677 -85 768 85 Thüringen 206 81 176 -36 532 -27 West 2.325 2.433 46.511 600 19.179 240 Ost 726 181 3.135 2 2.853 -438 Insgesamt 3.051 2.615 49.646 602 22.032 -198

Eigene Zusammenstellung und Berechnungen nach der Kommunalfinanzstatistik des Statistischen Bundesamtes.

dargestellt werden wie Unterschiede, verbessert. Als äußerst besorgniserre- onsvolumen nordrhein-westfälischer die sich nicht auf die Haushaltssituati- gend ist die Entwicklung im Saarland Kommunen ist sogar leicht gesunken on beziehen. Aus dem Verzicht auf eine einzustufen. Der ohnehin weit unter- und betrug mit 170 Euro je Einwohner regional differenziertere oder nach Ge- durchschnittliche Finanzierungssaldo lediglich ein Drittel des bayrischen Ni- meindetypen oder Problemfeldern (Ar- hat sich nicht nur gegenüber den Kom- veaus. Vergleichbare Situationen erge- beitslosigkeit, Bildung, Bevölkerungs- munen in den anderen Flächenländern ben sich für Hessen, Rheinland-Pfalz, entwicklung) gegliederte Darstellung deutlich verschlechtert, sondern sogar das Saarland und einige ostdeutsche darf nicht abgeleitet werden, dass die- insgesamt. Die Spannbreite zwischen Länder. se Problemaspekte von untergeordne- dem bayerischen und saarländischem ter Bedeutung wären. Finanzierungssaldo liegt mittlerweile Ein Rechenbeispiel verdeutlicht den bei 277 Euro je Einwohner. Abstand zwischen den Investitionsni- Deutlich überdurchschnittliche, positi- veaus in den verschiedenen Ländern ve Finanzierungssalden waren in Bay- Bei den Kassenkrediten sind die be- auf andere Weise: Damit in allen Län- ern, Baden-Württemberg, Niedersach- kannten Verteilungsmuster verstärkt dern die kommunalen Investitionen sen sowie – mit Ausnahme Sachsens worden, obwohl sich im Vorjahresver- dem Niveau der bayrischen Kommu- – in den ostdeutschenÜ13 Ländern zu ver- gleich das Gesamtvolumen der Kas- nen entsprechen könnten, müssten zeichnen. Deutlich unterdurchschnitt- senkredite kaum verändert hat: Deut- die kommunalen Investitionen bundes- liche, zudem negative Finanzierungs- lichen Steigerungen der Kassenkredite weit um 17 Milliarden Euro auf knapp salden waren hingegen in Hessen, in NRW, Rheinland-Pfalz, dem Saar- 40 Milliarden Euro gesteigert werden NRW und dem Saarland zu registrie- land und auch Sachsen-Anhalt stehen – dies entspricht einem zu fordernden ren. Unterdurchschnittliche, aber (na- geringe Rückgänge in den anderen Anstieg um mehr als 75 Prozent! hezu) positive Finanzierungssalden Ländern gegenüber. Gerade in NRW konnten in Rheinland-Pfalz, Sachsen und Sachsen-Anhalt ist die Entwick- Betrachtet man die Summe aus Fi- und dem Saarland verzeichnet werden. lung der Kassenkredite im Zusammen- nanzierungsüberschuss und Investi- hang mit dem Finanzierungssaldo als tionsvolumen, treten die Disparitäten Bei der Entwicklung der Spreizung ist deutlicher Hinweis auf starke intraregi- besonders deutlich hervor: Bayrische bezüglich der Finanzierungssalden ein onale Disparitäten zu bewerten. Kommunen konnten als Summe von uneinheitliches Bild festzustellen: Der Finanzierungsüberschuss und Investi- Vorsprung bayrischer Kommunen ist Die Investitionen sind von deutlichen, tionen, also grob vereinfacht gespro- deutlich geringer geworden. Der Finan- zudem zunehmenden Disparitäten ge- chen der Verbesserung der Vermö- zierungssaldo bayrischer Kommunen kennzeichnet: Das Investitionsvolumen gensposition nach Instandhaltung und hat sich verringert, zugleich hat sich bayrischer Kommunen wuchs leicht vor Abschreibungen, 621 Euro je Ein- der Finanzierungssaldo in NRW und überdurchschnittlich auf mittlerweile wohner verbuchen. Nordrhein-west- Rheinland-Pfalz überdurchschnittlich 519 Euro je Einwohner, das Investiti- fälische Kommunen kamen hingegen

28 Deutscher Städtetag – Gemeindefinanzbericht 2016 Übersicht 14: Finanzierungssaldo, Kassenkredite und Sachinvestitionen 2015 in Euro je Einwohner Finanzierungs- Änderung Kassenkredite 2015 Anstieg der Kassen- Sachinvestitionen Änderung Land saldo 2015 Finanzierungssaldo im kredite im Vergleich 2015 Sachinvestitionen im Vergleich zum Vorjahr zum Vorjahr Vergleich zum Vorjahr in Euro je Einwohner Baden-Württemberg 89 50 9 -5 402 3 Bayern 102 -25 16 -9 519 28 Brandenburg 109 65 306 -12 235 -56 Hessen -39 5 1.071 -5 228 -14 Mecklenburg-Vorpommern 69 65 439 -19 169 -25 Niedersachsen 74 51 374 -54 255 1 Nordrhein-Westfalen -10 74 1.558 58 170 -5 Rheinland-Pfalz 21 113 1.623 46 241 -8 Saarland -175 -4 2.117 90 171 -37 Sachsen 3 -77 24 0 252 -35 Sachsen-Anhalt 58 68 631 43 201 -40 Schleswig-Holstein -1 10 239 -30 271 30 Thüringen 96 38 81 -17 247 -13 West 37 39 741 10 305 4 Ost 58 14 251 0 228 -35 Insgesamt 41 35 659 8 293 -3

Eigene Zusammenstellung und Berechnungen nach der Kommunalfinanzstatistik des Statistischen Bundesamtes.

lediglich auf den Betrag von 160 Euro Exkurs: Investitionen – erzielt werden sollen, für die verschie- je Einwohner. Bei saarländischen Kom- verschiedene Blickwinkel denen Debatten eigentlich zielführend? munen war das Finanzierungsdefizit Entwicklungen wie die Diskussionen sogar höher als die Investitionen. Eine reine Darstellung der Investiti- um öffentlich-private Partnerschaft onsentwicklung und ihrer regionalen (ÖPP), aber auch Thesen der „vorsor- Wenngleich die Daten der Kassensta- Unterschiede lässt naturgemäß ver- genden Sozialpolitik“ und die dort ver- tistik – gleichsam als Fieberthermome- schiedene Fragen offen. Drei Aspekte wendeten Begründungslinien geben ter – alleine einen ersten Eindruck ver- werden im diesjährigen Gemeinde- Anlass, hierüber nachzudenken. mitteln können, ist klar festzustellen: finanzbericht etwas näher betrachtet. Die Disparitäten bestehen nicht nur Aus rein quantitativer Sicht werden KfW-Kommunalpanel fort, sie haben sich sogar verschärft. zwei Aspekte herausgehoben: Rei- des Difu Zudem zeigen die Daten – insbeson- chen die Investitionen denn aus, um dere bei der Betrachtung der Summe den Bedarf an Infrastruktur zu decken Der Zustand der Infrastruktur in aus Investitionen und Finanzierungs- oder zumindest den nicht gedeckten Deutschland wird zunehmend beklagt. saldo – auf, dass auchÜ14 für die Zukunft Bedarf, den Investitionsstau, zu verrin- Hier sind die Kommunen besonders eine Fortsetzung des Trends zu erwar- gern? Antworten gibt das vom Deut- gefordert: Auch wenn die finanzielle ten ist, wenn nicht deutlich gegenge- schen Institut für Urbanistik (Difu) er- Situation angesichts der verstärkten steuert wird. stellte KfW-Kommunalpanel. Auch ist Bedeutung ausgeglichener Finanzie- zu fragen, wie es mit der Entwicklung rungssalden nicht mehr Investitionen Zunehmende Disparitäten sind zwar des sogenannten Investitionsstocks, zulässt, leisten sie – je nach Abgren- für die einzelne Stadt kaum beherrsch- also grob gesprochen dem um Ab- zung – immer noch gut die Hälfte der bar, ein Gegensteuern aus eigener schreibungen korrigierten Wert der öffentlichen Investitionen. Das Difu Kraft erscheint kaum möglich. Den- Infrastruktur, aussieht. Schlagzeilen erhebt regelmäßig im Auftrag der Kre- noch darf nicht gemutmaßt werden, machte der Befund, dass mindestens ditanstalt für Wiederaufbau (KfW) den dass zunehmende Disparitäten ein un- die kommunale Ebene in ihrer Gesamt- Unterschied zwischen derjenigen Infra- abwendbares Schicksal seien. Die Fra- heit nicht in der Lage ist, den Bestand strukturausstattung und -qualität, die ge ist vielmehr, wer gegensteuern kann an vorhandener Infrastruktur zu halten. aus Sicht der Kommunen notwendig ist (und muss). Bund und Länder müssen Und drittens, dies ist eher eine konzep- um die Anforderungen zu erfüllen, und sich auf ihre jeweilige Verantwortung tionelle Betrachtung: Reicht die Fokus- der tatsächlich vorhanden Infrastruktur für strukturschwache Städte und Regi- sierung auf die Investitionen im klassi- in ihrem aktuellen Zustand. Hier klafft onen besinnen. Regionale Unterschie- schen Sinn aus? Ist der Investitions- beständig eine Lücke von weit mehr de sind nur zu einem begrenzten Aus- begriff, der zumeist verstanden wird als 100 Milliarden Euro. Das Kommu- maß akzeptabel. als Ausgaben für Infrastruktur, mit de- nalpanel 2016 weist einen Investi- nen in der Zukunft positive Wirkungen tionsstau in Höhe von 136 Milliarden

Deutscher Städtetag – Gemeindefinanzbericht 2016 29 Euro aus. Die Größenordnung wird im Für das laufende Jahr ist laut Umfra- lung der Geschwindigkeit, mit der der Übrigen auch von Untersuchungen der ge von einer Verschärfung der Unter- vorhandene Investitionsstock wächst, Bundesregierung, hier dem Bundesmi- schiede auszugehen. Der erwartete In- kann nach einer Phase des starken nisterium für Wirtschaft und Energie, vestitionszuwachs in den finanzstarken Infrastrukturausbaus sogar sinnvoll bestätigt. Kommunen ist doppelt so hoch wie in und angezeigt sein. den finanzschwachen. Die jahresaktuellen Investitionsrück- Im Falle Deutschlands – und insbe- stände schwanken geringfügig, kennen Die Folgen sind ebenso naheliegend sondere der kommunalen Ebene – aber mittelfristig nur die Tendenz nach wie inakzeptabel: Niedrige Investiti- bedeuten die zurückgehenden Inves- oben: Der Investitionsstau wächst. Ur- onen gefährden die Standortqualität, titionsquoten aber nicht alleine ein sache sind neben den Problemen beim betroffene Kommunen haben große verlangsamtes Aufwachsen des In- Erhalt der bestehenden Infrastruk- Schwierigkeiten, am allgemeinen Auf- vestitionsstock. Vielmehr ist ernüch- tur auch gestiegene Anforderungen schwung teil zu haben. Disparitäten ternd festzustellen: Der reale Wert an Umfang und vor allem Qualität der verschärfen sich. des Nettoanlagevermögens des Staa- Infrastruktur. Die gestiegenen Anforde- tes ist gesunken – und tut dies auch rungen ergeben sich nicht alleine aus Ergänzend sei angemerkt: Im Rahmen weiterhin. Seitdem vor gut 10 Jahren veränderten technischen Möglichkei- des Flüchtlingszuzugs sind große In- erstmals eine Phase der zurückgehen- ten, sondern auch aus geänderten po- vestitionsbedarfe vorhanden, die sich den Nettoanlageinvestitionen zu ver- litischen Prioritäten (Kinderbetreuung, teilweise auch in den Kernhaushalten zeichnen war, muss man von einem Inklusion) sowie steigenden gesetzlich der Kommunen niederschlagen. Nach Substanzverzehr – formal: negativen fixierten Standards. hiesiger Einschätzung weist das Kom- Nettoanlageinvestitionen – bei der öf- munalpanel deswegen keine flücht- fentlichen Infrastruktur sprechen. Auf Neben der reinen Ermittlung einer glo- lingsbedingt deutlich erhöhten Investi- der kommunalen Ebene sind die ne- balen Summe des Investitionsrück- tionsbedarfe aus, weil der Befragungs- gativen Nettoanlageinvestitionen so standes zeigt das KfW-Panel noch zeitpunkt der Kommunen vor dem gravierend, dass sie nur in einzelnen deutlich mehr: So wird festgestellt, Höhepunkt des Flüchtlingszuzugs lag. Jahren von den positiven Nettoan- auf welche Bereiche sich der Inves- lageinvestitionen von Bund und Län- titionsrückstand verteilt. Neben dem Desinvestition in dern übertroffen werden konnten. Bildungsbereich steht auch der Ver- Deutschland kehrsbereich oben an, beide Politikfel- Auch bei einer kritischen Betrachtung der weisen zusammen die Hälfte des Der Wandel kommunaler Haushalte der Datengrundlage bleibt es also da- Investitionsbedarfes auf. von „Investitionshaushalten“ zu „So- bei: Der Wert der öffentlichen Infra- zialhaushalten“ ist seit längerem allge- struktur in Deutschland sinkt. Eine In den gebührenfinanzierten Bereichen mein bekannt. Ebenso ist seit langem Verbesserung von Umfang und Quali- hingegen sind zwar für die Zukunft bekannt, dass die öffentliche Investi- tät der öffentlichen Infrastruktur wird – unbestritten hohe Investitionsbedarfe tionsquote in Deutschland nach den auch unter Berücksichtigung der hier- vorhanden, es besteht aber kein Inves- Daten der volkswirtschaftlichen Ge- mit verbundenen Kosten – Bürgern wie titionsstau. Zudem sind hinreichend samtrechnung, die diesem Abschnitt Unternehmen gleichermaßen nutzen. Rücklagen und Finanzierungsmöglich- zugrunde liegen, sinkt. Dabei handelt keiten vorhanden. es sich keinesfalls alleine um ein sta- Debatten um tistisches Kunstprodukt, das aus den den Investitionsbegriff Das Kommunalpanel zeigt auch deut- leicht erhöhten Investitionsquoten aus lich auf, dass in Abhängigkeit von der den ersten Phasen der Wiedervereini- Es gibt nur wenige Begriffe im Rahmen Haushaltslage sehr starke Unterschie- gung resultiert. Nicht ausreichend the- der Debatten um öffentliche Finanzen, de zwischen den jeweiligen Investiti- matisiert ist, dass der Sektor Staat in die so positiv konnotiert werden wie onsmöglichkeiten der Städte liegen. Deutschland seit dem Jahr 2003 im derjenige der „Investitionen“. Zugleich Es bestätigt dabei mit anderem Fokus Saldo desinvestiert hat. Einfacher und ist aber auch festzustellen, dass immer die Befunde anhand der bundesland- drastischer gesagt. Die Infrastruktur wieder diskutiert wird, ob mit den In- bezogenen Kassenstatistik: Niedrige wird auf Verschleiß gefahren. vestitionen, so wie sie in der Statistik Investitionen sind die Folge defizitä- abgegrenzt werden, denn auch dasje- rer Haushalte. Während in Kommu- Sinkende Investitionsraten sind nicht nige erfasst wird, was für die entspre- nen ohne ausgeglichenen Haushalt per se negativ. Sofern eine ausgebau- chende Debatte relevant ist. Selbst die Investitionen je Einwohner durch- te Infrastruktur vorhanden ist, die nur wenn man den eventuell allzu fachli- schnittlich 177 Euro betragen, lagen noch geringfügig an sich ändernde Be- chen Einwand außer Acht lässt, dass sie in Kommunen mit (trotz des hö- darfe angepasst werden muss, kann es in „der“ Statistik oder auch dem öf- heren Investitionsniveaus!) ausgegli- nach einem Infrastrukturaufbau durch- fentlichen Rechnungswesen mehrere chenem Haushalt mit 290 Euro je Ein- aus ein Rückgang der Investitions- Definitionen von Investitionen gebe, wohner mehr als 60 Prozent darüber. quoten angezeigt sein. Eine Drosse- scheint es durchaus lohnenswert, den

30 Deutscher Städtetag – Gemeindefinanzbericht 2016 Investitionsbegriff und seine Verwend- weit verbreitet. Kaum jemand würde Diskussion um öffentliche Haushalte, barkeit für verschiedenartige (finanz-) z. B. davon ausgehen, dass Flughäfen um die Frage, was wir uns angesichts politische Debatten genauer anzu- im statistischen Sinn meistens nicht zu knapper finanzieller Mittel leisten wol- schauen. den öffentlichen Investitionen zählen, len, vorangetrieben werden soll. Es ist weil sie zumeist in privatwirtschaftl- denkbar, dass hierbei zunächst (!) eine Die verschiedenen Debatten um die ichen Rechtsformen betrieben werden. Fokussierung auf die Frage der Infra- Schuldenbremse und deren Vorläufer- Die zweite Lesart bedeutet „Es wird zu struktur hilfreich ist, da sie weit unstrit- regelungen haben es allerdings bislang wenig investiert“ also „Die existierende tiger ist als die Frage der Zukunftswirk- schwierig gemacht, den Investitions- Infrastruktur ist unzureichend und sub- samkeit von einzelnen Ausgaben im begriff unter die Lupe zu nehmen. Zu optimal.“ Sozialbereich. klar war die Verbindung zwischen ei- nem geänderten Investitionsbegriff und Die Spannungslage zwischen den bei- Zwar ist die Feststellung, dass gera- einer Erhöhung der Verschuldungs- den Interpretationen wird deutlich, de auf kommunaler Ebene seit langem spielräume der öffentlichen Haushalte. wenn der Satz „Investitionen in Köpfe nicht ausreichend investiert werden Bei der Überlegung, ob ein geänderter statt in Beton!“ fällt. Bildungsausga- kann, unbestritten richtig, sie kann Investitionsbegriff sinnvoll sein könne, ben werden als Investition verstanden. und muss aber präzisiert werden: Viele stand daher sofort die Vermutung im Der Gedanke des Humankapitals und Kommunen, gerade die finanzschwa- Raum, dass Ziel dieser Änderung ein seiner Vermehrung wird zumindest teil- chen unter ihnen, sind aufgrund haus- erweiterter Ausgabespielraum sei. Dies weise übernommen, auch wenn sich haltsrechtlicher Beschränkungen we- führte dazu, dass über einen langen fragen lässt, inwiefern eine Investition der in der Lage, im Bildungs- und Sozi- Zeitraum Diskussionen um den Inves- nur in Bereichen erfolgen kann, in de- albereich ausreichend Vorsorge für die titionsbegriff tendenziell angespannt nen auch eine Verfügungsgewalt über Zukunft zu betreiben noch dazu, ihren und wenig fruchtbar waren. das Investitionsobjekt existiert. Vertre- Bürgern und Unternehmen ein ange- ter eines „vorsorgenden Sozialstaats“ messenes Maß an gut unterhaltener Mittlerweile wird über öffentliche In- argumentieren oftmals ebenso mit der Infrastruktur zu bieten. vestitionen im Allgemeinen – sofern Zukunftswirksamkeit jetzt erfolgender nicht auch die regionale Verteilung Be- Sozialausgaben, die in zukünftig hö- standteil der Diskussion ist – meist im heren Einnahmen und geringeren Kos- Zusammenhang mit der Feststellung tenbelastungen liege. Um Infrastruk- „Es wird zu wenig investiert“ gespro- turausgaben handelt es sich hierbei chen. An dieser Stelle setzt eine neue jedoch nicht, KiTa- und Schulgebäude Diskussion über Sinn und Zweck des sind in diesen Zusammenhängen meist bisherigen Investitionsbegriffs an. nur am Rande gemeint. Es erscheint zwar zumindest zweifelhaft, ob denn Die Feststellung „Es wird zu wenig in- Ausgaben in die bessere Ausbildung vestiert“ spricht zwei Aspekte an, die unserer Kinder vergleichbar mit Aus- üblicherweise mit dem Begriff der (öf- gaben für Forschung und Entwicklung fentlichen) Investition verbunden wer- wirklich als „Investition“ bezeichnet den. werden können. Schließlich besteht ja keine Verfügungsgewalt über das Er- Erstens dient eine Investition mehr gebnis dieser Anstrengungen, wie zum oder weniger der Vorsorge für die Zu- Beispiel Kommunen in strukturschwa- kunft. Die Investition wird mit dem Ziel chen Regionen mit entsprechendem der Vermeidung von zukünftigen Aus- „Brain-Drain“ schmerzlich erfahren. gaben, der Generierung von zukünfti- Unabhängig davon ist jedoch der zu- gen Einnahmen oder zumindest dem kunftsorientierte Charakter, der neben Ziel der langfristigen Leistungsabgabe hier nicht betrachteten Gerechtigkeits- des Investitionsobjektes betrieben. Zu- fragen des Bildungszugangs existiert, meist wird hier Investition als ein Ge- unstrittig. gensatz zum Konsum verstanden. Nach hiesiger Einschätzung haben bei- Zweitens wird aber eine Investition de Fragen, erstens, ob genug für die meistens – keineswegs immer! – mit Infrastruktur ausgegeben wird, und der Schaffung öffentlicher Infrastruk- zweitens, ob ausreichend (und auf ziel- tur gleichgesetzt. Dies ist nachvoll- führende Weise) für die Zukunft vor- ziehbar, schließlich ist die Gleichung gesorgt wird, ihre volle Berechtigung. „öffentliche Infrastruktur = Ergebnis Klare Konzepte und genaue Frage- öffentlicher Investition“ immer noch stellungen sind notwendig, wenn die

Deutscher Städtetag – Gemeindefinanzbericht 2016 31 II. Zentrale Finanzthemen Bundes- und Landespolitik. Zunächst mangelnder Planbarkeit bei finanzpo- werden die beiden zentralen und hoch- litischen Fragen sachgerecht umge- Im vergangenen Jahr war die praktische aktuellen Themenkomplexe der Entlas- gangen werden kann. In einem zweiten Arbeit in den Kommunen, aber auch tung der Kommunen um 5 Milliarden Exkurs wird auf aktuelle Fragen bei der der politische Diskurs auf allen Ebenen Euro sowie die finanzpolitischen Fra- Raumentwicklung eingegangen: Pe- von der Flüchtlingsthematik geprägt. gen des Flüchtlingszuzugs behandelt. ripherisierung als Prozess beschreibt Vom Deutschen Städtetag wurde auf Auch die Reform der Grundsteuer ist zutreffend, was mit strukturschwachen die Notwendigkeit einer angemessenen ein zentrales Thema; eine über Jahr- Städten passieren kann und sollte den Finanzierung dieser Mammutaufgabe zehnte dauernde und von vielen Rück- bislang statischen Begriff der Periphe- wieder und wieder hingewiesen. Auch schlägen gekennzeichnete Reformde- rie ersetzen. wenn aufgrund der Flüchtlingszuwan- batte muss jetzt zu einem guten Ab- derung erhebliche Risiken und Belas- schluss gebracht werden. tungen für die kommunalen Haushalte Entlastung der Kommunen bestanden und in meist deutlich abge- Auch andere Themen begleiten Finanz- schwächter Form weiterhin bestehen, politiker beständig über Jahre oder Zur großen Erleichterung der Städte ist wurde seitens der deutschen Städte Jahrzehnte, weil immer wieder Ände- mittlerweile eine Verständigung zwi- nie die humanitäre Aufgabe als solches rungs- und Aktualisierungsbedarf exis- schen Bund und Ländern zur Umset- infrage gestellt. tiert. Hierzu zählt die Neuordnung der zung der Entlastung der Kommunen föderalen Finanzbeziehungen, die letz- um 5 Milliarden Euro erzielt worden. Verglichen mit den üblichen Zeiträu- te große Reform liegt gut zehn Jahre Damit wird der drohenden Entkernung men von mehreren Jahren, die Ver- zurück. Bei wieder anderen Politikbe- lokaler Selbstverwaltung entschieden handlungsprozesse zwischen Bund, reichen verschiebt sich nach und nach entgegengewirkt. Zugleich ist aber Ländern und Kommunen in Anspruch der Fokus, weil sich die adressierten deutlich darauf hinzuweisen, dass der nehmen, hat die Bundespolitik zusam- Problemlagen verändern. Die Gemein- Weg, über den die Entlastung erreicht men mit den Ländern sehr schnell re- schaftsaufgabe zur regionalen Wirt- werden soll, in vieler Hinsicht unzurei- agiert und wegweisende finanzpoliti- schaftsförderung ist hierfür das derzeit chend ist – in einzelnen Aspekten ist sche Entscheidungen getroffen. Dass prägnanteste Beispiel. Dann wiederum er schlicht inakzeptabel. Eine vollstän- diese Entscheidungen trotz der hier- ist es bei manchen Herausforderungen dige Einlösung der Zusage aus dem bei von allen Beteiligten abverlangten wichtig, dass gerade die Kommunen Koalitionsvertrag erfolgt durch die Ver- Kompromissfähigkeit so schnell ge- dafür sorgen, dass sie überhaupt in ständigung nicht. troffen wurden, ist ein Zeichen für die der öffentlichen Debatte ankommen. Handlungs- und Kompromissfähigkeit Die existierenden Milliardenrisiken im „Bund, Länder, Kommunen und Sozi- der Politik – auch in einem vermeint- Zuge der Reform des Bundesteilhabe- alkassen müssen finanziell so ausge- lich schwerfälligen föderalen Rahmen. gesetzes müssen berücksichtigt wer- stattet sein, dass sie die ihnen über- Überhaupt ist bemerkenswert, wie klar den. Auch gibt es Fachthemen, die die tragenen Aufgaben erfüllen und im im Prozess der Flüchtlingszuwande- Reaktion auf in der Öffentlichkeit schon Rahmen ihrer Kompetenzen Weichen- rung deutlich wurde, welche Stärken fast vergessenen Krisen oder Debat- stellungen für die Zukunft unseres der föderale Drei-Ebenen-Aufbau der ten widerspiegeln. Die Einführung der Landes stellen können.“ Diese klare Bundesrepublik besitzt. Gerade die EPSAS, Europäischer Standards zur Aussage im Koalitionsvertrag führte kommunale Ebene hat ihre enorme Rechnungslegung des öffentlichen zu einer Ankündigung, die ebenfalls im Leistungsfähigkeit gezeigt. Sektors, gehört ebenso hierzu wie die Koalitionsvertrag verankert und von Aktivitäten der ÖPP Deutschland AG den Kommunen einhellig begrüßt wur- Auch wenn die Fragen des Zuzugs und (Partnerschaften Deutschland), deren de. Es wurde festgeschrieben, dass der Integration von Flüchtlingen im Gründung eine Reaktion auf die in- „die Kommunen im Rahmen der Ver- letzten Jahr im Vordergrund standen, tensive Debatte zu Öffentlich-Privaten abschiedung des Bundesteilhabege- so wurden im Bereich der Kommunal- Partnerschaften war. Als weitere The- setzes im Umfang von fünf Milliarden finanzen natürlich auch unabhängig men sind die Auswirkungen negativer jährlich von der Eingliederungshilfe hiervon verschiedene Entwicklungen Zinssätze auf das kommunale Zins- entlastet werden“ sollen. angestoßen, fortgeführt und teilweise management ebenso enthalten wie die zum (vorläufigen) Abschluss gebracht. aktuelle Rechtsprechung zu Konnexi- Zunächst war unklar, ab wann diese tätsfragen. Entlastung wirken soll. Dennoch wur- Der vorliegende Teil II des Gemeinde- de die Zielsetzung der Entlastung als finanzberichtes skizziert vor dem Hin- Desweiteren befasst sich der Gemein- ebenso richtig wie notwendig begrüßt. tergrund der in Teil I dargestellten ak- definanzbericht mit zwei grundsätzli- Um bereits frühzeitig Entlastungeffekte tuellen Finanzlage die Entscheidungen, chen Fragen: In einem ersten Exkurs eintreten zu lassen, wurde im Rahmen die auf bundes- und länderpolitischen wird erläutert, wie in einem kompli- der sogenannten Soforthilfe zunächst Ebene getroffen wurden sowie die ver- zierten Mehrebenensystem, wie es die der Gemeindeanteil an der Umsatz- bleibenden Handlungszwänge für die Bundesrepublik ist, mit Risiken bzw. steuer als auch die Bundesbeteiligung

32 Deutscher Städtetag – Gemeindefinanzbericht 2016 an den Kosten der Unterkunft (KdU) zu- auf die Sozialstruktur und die finanziel- Arbeitsort ohne Beschäftigte von nächst um je eine halbe Milliarde Euro le Belastung der Kommune durch Sozi- Gebietskörperschaften und Sozi- erhöht (2015 und 2016), um in einem alausgaben zu. Dort, wo der Anteil der alversicherungen sowie deren Ein- zweiten Schritt (2017) um eine weitere Langzeitarbeitslosen und Grundsiche- richtungen (Gewichtung 50 Pro- Milliarde Euro (Gemeindeanteil an der rungsempfänger hoch ist, ist auch die zent) und aus dem Anteil der einzel- Umsatzsteuer) bzw. eine weitere halbe finanzielle Belastung durch die -Unter nen Gemeinde an der Summe der Milliarde Euro (Bundesbeteiligung an kunftskosten hoch. Zudem finden sich sozialversicherungspflichtigen Ent- den KdU) erhöht zu werden. hier häufig soziale Brennpunkte, eine gelte am Arbeitsort ohne Entgelte hohe Arbeitslosigkeit, ein hoher Mi- von Beschäftigten von Gebietskör- Im weiteren Verfahren stellte sich her- grantenanteil und auch ein erhöhtes perschaften und Sozialversicherun- aus, dass eine Entlastung im Zuge des Risiko von Alters- und Kinderarmut. gen sowie deren Einrichtungen (Ge- Bundesteilhabgeldes nicht zielführend Dies führt zum Beispiel zu hohen Aus- wichtung 25 Prozent). Die Schlüs- ist (zum Bundesteilhabegesetz siehe gaben bei den Hilfen zur Erziehung. selbestandteile der Beschäftigten S. 43). Dies führte dazu, dass noch- und deren Entgelte werden hierbei mals von allen Beteiligten weitere Ent- Auch ist eine Entlastung mittels der mit dem gewogenen durchschnittli- lastungswege geprüft werden muss- KdU relativ (!) sicher vor direkten Zu- chen örtlichen Gewerbesteuer-He- ten. Die Positionierung des Deutschen griffen der jeweiligen Länder. besatz gewichtet. Städtetages ließ sich hierbei von der • Ein Teil der Entlastung der Kommu- Frage leiten, welche Kommunen durch Zur ebenso großen Überraschung wie nen soll durch eine Erhöhung des überproportional hohe Belastungen auch Entrüstung der Städte bezogen Umsatzsteueranteils der Länder (!) im Sozialbereich besonders betroffen Bund und Länder eine ganz neue Me- um eine Milliarde Euro erfolgen. sind. thode einer vermeintlichen „Kommu- Hierzu wird ein Festbetrag bei der nal-Entlastung“ in ihre Verständigung Aufteilung der Umsatzsteuer zwi- Unter den verschiedenen prinzipiell ein: Der Bund überlässt den Ländern schen Bund und Länder (§ 1 Fi- denkbaren Entlastungswegen wurde Umsatzsteuerpunkte und diese sagen nanzausgleichsgesetz FAG) verein- daher folgerichtig eine Anhebung der dem Bund (nicht den Kommunen!) zu, bart. Ein direkter, isolierter Ausweis Bundesbeteiligung an den Kosten der dass sie mit diesem Geld schon die dieser zusätzlichen Einnahmen wird Unterkunft um 5 Milliarden Euro als Kommunen unterstützen würden – und in den einzelnen Länderhaushalten richtiger Weg angesehen, um die Kom- überhaupt, dass die Kommunen ja Teil nicht zwangsläufig erfolgen. Es ist munen zu entlasten. Dieser Entlas- der Länder seien, für die die Länder daher nicht ohne weiteres mög- tungsweg wurde eingefordert, obwohl Verantwortung übernehmen. Letztlich lich, zu überprüfen, ob Zusagen der hiermit ein Übergang zu einer Bun- haben sich Bundesregierung und Län- Länder, sie würden das Geld an die desauftragsverwaltung im Bereich des der am 16. Juni 2016 auf einen Entlas- Kommunen weiterleiten, reine Lip- Sozialgesetzbuch II verbunden ist und tungweg geeinigt. Im Detail sieht die penbekenntnisse bleiben oder tat- sich damit die derzeitige Aufgabentei- Vereinbarung wie folgt aus: sächlich umgesetzt werden. lung zu Gunsten der Bundesagentur für Arbeit und zu Lasten der kommu- • 1,6 Milliarden Euro werden durch Letztlich ist es enttäuschend, dass nalen Träger verschieben würde. eine Erhöhung der Bundesbeteili- sich der Bund auf diese Zusage an die gung an den Kosten der Unterkunft Länder eingelassen hat. Ein Bundes- Die Beweggründe für die Forderung direkt an die Kommunen fließen. engagement, dass grundsätzlich nur in nach einer vollständigen Entlastung • 2,4 Milliarden Euro werden durch höchsten Tönen gelobt werden kann, über die KdU anstelle einer anteiligen eine Erhöhung des Gemeindean- erfährt durch die Behauptung, Umsatz- oder vollständige Entlastung über eine teils an der Umsatzsteuer an die steueranteile für die Länder seien eine Erhöhung des Gemeindeanteils an der Kommunen fließen. Hierbei wird kommunale Entlastung, mehr als nur Umsatzsteuer waren insbesondere der Schlüssel für die Verteilung einen Schönheitsfehler. Fragen der regionalen Verteilung der der Umsatzsteuer nicht modifiziert, Gelder angesichts der zunehmenden wobei allerdings die ohnehin fixier- Disparität zwischen Regionen: Un- ten Änderungen bzw. Aktualisie- Finanzrelevante Aspekte strittige Wirkung einer KdU-Lösung rungen beibehalten werden (§ 5b des Flüchtlingszuzugs ist, dass die finanzielle Entlastung vor des Gemeindefinanzreformgesetz allem den Städten und Regionen, die – GFRG). Diese im GFRG genannte Bei der Bewältigung der unmittelbar, stark durch Sozialausgaben belastet Schlüsselzahl setzt sich zusammen tagesaktuell hereinstürmenden Proble- sind, zu Gute kommen würde. Dieses aus dem Anteil der einzelnen Ge- me im Zusammenhang mit der Unter- Verteilungsmuster entspricht dem Ziel, meinde an dem Gewerbesteuerauf- bringung und Versorgung der Flüchtlin- gerade die strukturschwachen Städte kommen (Gewichtung: 25 Prozent), ge erlebten die Kommunen als Ganzes, nachhaltig von Sozialausgaben zu ent- dem Anteil der einzelnen Gemeinde das heißt die Kommunalverwaltungen, lasten. Die Sozialgesetzbuch-II-Quote an der Anzahl der sozialversiche- die Kommunalpolitik, die vielen ehren- lässt recht verlässlich Rückschlüsse rungspflichtig Beschäftigten am amtlich engagierten Bürgerinnen und

Deutscher Städtetag – Gemeindefinanzbericht 2016 33 Bürger und sonstigen lokalen Institu- Für die nachfolgenden Darstellungen Als finanzpolitische Rahmenbedingun- tionen im Zusammenspiel, eine wah- wird daher folgender Weg gewählt: Zu- gen sind zu nennen: Die Ausgabelast re Sternstunde. Sie zeigten ihre volle nächst wird dargelegt, welche beson- liegt vielfach bei den Kommunen; un- Leistungskraft. deren Anforderungen an die Finanzie- bestritten ist, dass die Kommunen von rungsregelungen gestellt werden, Lö- weit mehr Ausgaben betroffen sind als Auch im fiskalpolitischen Zusammen- sungskriterien werden kurz skizziert. sie tragen könnten oder sollten. Zu- spiel von Bund, Ländern und Kommu- Im Anschluss daran werden die wich- gleich sind direkte Finanzbeziehungen nen gibt es für alle Beteiligten allerhand tigsten Vereinbarungen auf Bundes- zwischen Bund und Kommunen nur Gründe, um auf das Erreichte stolz zu ebene, getrennt nach den hierdurch je- sehr eingeschränkt möglich; allerdings sein. Der immense Flüchtlingszuzug im weils abgedeckten Kosten, vorgestellt gibt es einige etablierte „Umwege“ vergangenen Jahr hinterlässt nicht nur und bewertet. Ergänzend finden sich (Kostenbeteiligung, Steueraufteilung, deutlich „Spuren“ in den kommuna- Anmerkungen zur Kostenfrage als sol- politisch zweckgebundene Zuweisun- len Haushalten, sondern musste auch cher – Anmerkungen zu Kostenstruk- gen an Länder) mit spezifischen Vor- fiskalpolitische Konsequenzen haben. turen, Kostenträgerschaften und den und Nachteilen. Kostenstrukturen und Gerade der Bund hat überzeugend Schwierigkeiten bei der Ermittlung ei- jeweilige Herausforderungen bei der gezeigt, dass er unter einer Verant- ner klaren, über verschiedene Situatio- Integration (insbesondere Wohnungs- wortungsgemeinschaft nicht nur eine nen und Regionen hinweg gültigen und und Arbeitsmarktlage) unterscheiden Worthülse für Sonntagsreden versteht. einheitlich abgegrenzten Kostengröße. sich von Ort zu Ort deutlich. Gerade Er hat viel getan, um eine „kalte Kom- Zudem sei auf den Exkurs „Berück- im Zusammenspiel mit der Binnenmi- munalisierung“ der flüchtlingsbeding- sichtigung von Risiken und mangeln- gration der anerkannten Flüchtlinge ten Ausgaben zu verhindern. Auch die der Planbarkeit im Mehrebenensys- sind regional höchst unterschiedliche Länder betonen den Gedanken einer tem“ hingewiesen, der versucht, allge- fiskalische Belastungen zu erwarten. Verantwortungsgemeinschaft; aller- meine Hinweise für den Umgang mit Die Gesamthöhe der Belastung ist auf- dings ist in einigen Ländern die Um- Risiken und mangelnder Planbarkeit zu grund der unsicheren Entwicklung der setzung noch unzureichend. Es ist zu erarbeiten. Flüchtlingszahlen und der Unsicher- hoffen, dass es auch bei diesen Län- heiten bei der Abschätzung der Inte- dern zu dauerhaft tragfähigen Lösun- Ausgangslage, grationsgeschwindigkeit in Höhe und gen kommt und sich abzeichnende Anforderungen und Kriterien Dauer unklar. Zudem gibt es einzelne Verhandlungsstaus, die vordergründig Sonderthemen, die fiskalisch höchst durch technische Detailfragen verur- Die Ausgangslage für die Ausgestal- bedeutsam sind, zugleich aber ihre ei- sacht werden, vermieden werden. In tung bzw. Anpassung der Finanzbe- genen Dynamiken haben (zum Beispiel einzelnen Ländern aufkeimende Ver- ziehungen zwischen den föderalen unbegleitete minderjährige Flüchtlinge). dachtsmomente, dass sich Landesre- Ebenen ist hoch komplex. Sie ist von gierungen um die Umsetzung der von hoher Dynamik, Unsicherheiten über Der Deutsche Städtetag hat hierbei ihnen angenommenen Verantwortung die weitere Entwicklung sowie Kos- nicht alleine die Fragen, die im Zusam- drücken wollen, müssen schnell ent- tenstrukturen geprägt. Hinzu kommen menhang mit der Erstunterbringung kräftet werden. politische Unklarheiten – welche Ebe- und Versorgung der Flüchtlinge entste- ne sollte in welchem Umfang belastet hen, thematisiert. Schon früh wurden Von Anbeginn war die Frage des Um- werden? – Zur Lösung dieser Heraus- auch die finanziellen Herausforderun- gangs mit den finanzrelevanten As- forderung ist eine mehrfache Auftei- gen für die Integration der Menschen pekten des Flüchtlingszuzugs von lung der verschiedenen Felder vorge- mit Bleibeperspektive vom Städtetag immenser Komplexität, unsicheren nommen worden. Die erste Aufteilung in den Fokus gerückt. Er hat insbeson- Prognosen aber auch unsicheren Da- war eine zeitliche Streckung der ein- dere auf die finanziellen Belastungen tengrundlagen geprägt. Es ist nicht zelnen Problemlagen – die Diskussion hingewiesen, die aufgrund der not- trivial, herauszuarbeiten, welche Ebe- über die Finanzierung der Unterbrin- wendigen Ausgaben zur Förderung der ne zu welchem Zeitpunkt mit welchen gung und Erstversorgung erfolgte in Integration der Flüchtlinge, der wach- Ausgabenzwängen konfrontiert wird. einem ersten Schritt bereits im Herbst senden Anforderungen an die Bildungs- Auch ist unklar, welche Flüchtlinge 2015, Regelungen zu dauerhaft stei- infrastruktur sowie der flüchtlingsbe- wann wo ankommen und wohin sie genden kommunalen Sozialausgaben dingt steigenden Sozialausgaben auf gegebenenfalls umziehen. Es musste (bzw. einem Teil hiervon) und Integra- die Kommunen zukommen werden. festgestellt werden, dass die Aussage- tionskosten erfolgten erst im Sommer Auch betonte er, dass Maßnahmen für kraft der Asylbewerberleistungsstatis- 2016. Ansatzweise gelang auch eine eine Ausweitung des Wohnungsbaus tik in Finanzfragen sehr eingeschränkt zweite Aufteilung in eine finanzpoliti- und zur Vermeidung von Obdachlosig- ist. Daher wurde auch der Deutsche sche Diskussion – wer soll wieviel zah- keit nach der Anerkennung von Flücht- Städtetag nicht müde zu betonen, dass len? – und eine finanztechnische Dis- lingen unerlässlich sind. einfache, zielgenaue und nachteilsfreie kussion – wie gelangt das Geld dort- Lösungen nicht verfügbar sind. hin, wo es hin soll?

34 Deutscher Städtetag – Gemeindefinanzbericht 2016 Auch in Bezug auf diejenigen Ausga- Zu beachten ist – wie eingangs er- lung, die vergleichende Bewertungen ben, die über die Finanzierung der Er- wähnt – dass einfache, zielgenaue und ermöglichen würde, würde angesichts stunterbringung und Versorgung hin- nachteilsfreie Lösungen nicht verfüg- der Vielzahl der zu berücksichtigenden ausgehen, hat der Deutsche Städtetag bar sind. Vielmehr müssen bei der Aus- Details (Aufteilung Kostenträgerschaf- die Verantwortungsgemeinschaft von gestaltung der Finanzierungssysteme ten, Abgrenzung des von Erstattungs- Bund, Ländern und Kommunen betont viele Kriterien berücksichtigt werden; regelungen erfassten Personenkreises, und in einem detaillierten Beschluss es wird nicht gelingen, alle Kriterien Kostenstrukturen und deren regionale des Hauptausschusses am 24.2.2016 gleichermaßen zu berücksichtigen. Mit Differenzierung, Zeitpunkte der Be- klare finanzpolitische und finanztechni- dieser Feststellung lassen sich jedoch zugsgrößen bzw. des Zahlungsstro- sche Anforderungen an das Finanzie- nicht beliebige Lösungen rechtfertigen, mes etc.) den Rahmen sprengen. rungssystem gestellt: es gibt dennoch gute und weniger gute Lösungen. Als Stichworte zur Bewer- Positiv hervorzuheben ist, dass in Aus finanzpolitischer Sicht erwar- tung einer Lösung, die zugleich auch Bezug auf die Situationsanalyse mit tet der Deutsche Städtetag, dass Hinweise auf die vorhandenen Schwie- dem besonderen Risiko der Überlas- der Bund einen erheblichen Teil der rigkeiten und Zielkonflikte geben, sind tung einzelner Städte und Gemeinden zuwanderungsbedingten Mehrbelas- folgende Punkte zu nennen: schnell Konsens mit Bund und Län- tungen der Kommunen trägt und sie dern hergestellt werden konnte. Auch dementsprechend entlastet. Von den • Umfang der fachpolitischen Ein- die oben formulierten Zielsetzungen Ländern erwarten die Kommunen, griffe (zum Beispiel Bundesauf- des Städtetages scheinen weit über dass sie sowohl ihrer Pflicht zur - Er tragsverwaltung, Bildungs- und Teil- die kommunale Ebene hinaus geteilt bringung von Integrationsleistungen habe-Mechanismen, Umfang der zu werden, wie zum Beispiel ein Be- im schulischen Bereich als auch ih- Umklassifikation von Maßnahmen schluss der Finanzministerkonferenz ren Finanzierungsverpflichtungen bei in erstattungs- oder abrechnungs- vom Frühjahr dieses Jahres zeigte: In der Bereitstellung von Angeboten in fähige Maßnahmen) diesem Beschluss führte die Finanz- der frühkindlichen Bildung gegenüber • Umfang der finanzverfassungs- ministerkonferenz zum Beispiel aus, den Kommunen nachkommen. Zudem rechtlichen Eingriffe (Modifikation dass die Kommunen jetzt schon an die müssen sie die Bundesentlastungen von Grundsätzen des Länderfinanz- Grenzen ihrer finanziellen Möglichkei- für die Kommunen entsprechend ihrer ausgleichs, Schaffung von direk- ten gehen. Nicht nur bei der Aufnah- Verantwortung für die kommunale Fi- ten Finanzbeziehungen) me und Erstbetreuung, sondern auch nanzausstattung soweit nötig ergän- • Umfang von sonstigen verfas- bei der Integration entstehe ein gro- zen. Von Bund und Ländern gemein- sungsrechtlichen Eingriffen (Zu- ßer Aufwand. Ein weitergehendes En- sam erwartet der Deutsche Städtetag, ständigkeiten) gagement des Bundes sei notwendig, dass sie die durch den plötzlichen • Administrierbarkeit (Einfachheit der hieß es in dem Beschluss. Auch wur- Bevölkerungszuwachs entstehenden Regelung, Schnelligkeit des Mittel- de das Fehlen verlässlicher Prognosen Investitionsbedarfe bei der ohnehin flusses) festgestellt und als Folge hieraus die unterfinanzierten kommunalen Infra- • Konfliktmanagementpotential (Klar- Sinnhaftigkeit eines Pro-Kopf-Systems struktur sowie im sozialen Wohnungs- heit, Eindeutigkeit der Revisionen / hervorgehoben. Unzulänglichkeiten bei bau finanzieren. Anpassungen, Transparenz, insbe- den gefundenen Regelungen lassen sondere bei Weiterleitung über Län- sich gegebenenfalls aus der speziellen Aus finanztechnischer Sicht muss si- der) Verhandlungssituation heraus erklären. chergestellt werden, dass die zusätz- • Kommunale Risiken (Weiterlei- An mangelndem Kooperationswillen lichen Finanzmittel zügig genau dort tungsrisiken, Evaluations- und Re- der Beteiligten hat es, wie andere Ele- ankommen, wo sie benötigt werden. visionsmöglichkeiten, Transparenz) mente der verschiedenen Vereinbarun- An die Ausgestaltung der Finanzie- • Größe des Regelkreises (Um- gen zwischen Bund und Ländern zei- rungswege sind hierbei vier zentrale fang von Kompensationsleistun- gen, nicht gelegen. Anforderungen zu stellen: Die Finan- gen, Wechselwirkungen zwischen zierungswege müssen erstens die Un- verschiedenen Transfermechanis- Erstaufnahme und gewissheit über die Anzahl der Flücht- men und Finanzausgleichssyste- Unterbringung linge und zweitens die Ungewissheit men) über die Verteilung der Flüchtlinge • Güte der regionalen Treffsicherheit Bereits im Herbst vergangenen Jah- berücksichtigen. Unabhängig davon (Länderebene, Kommunalebene) res einigten sich Bund und Länder müssen sie drittens in das Geflecht über die Änderung der Umsatzsteu- föderaler Finanzbeziehungen einge- Diese Kriterien lassen sich zur Bewer- eraufteilung mit dem Ziel eines Aus- passt werden können sowie viertens tung der verschiedenen Vereinbarun- gleiches für diejenigen Belastungen, die Schnittstellenproblematik zwi- gen auf Bundesebene heranziehen. die im Zusammenhang mit der Unter- schen dem Asylbewerberleistungsge- Auf eine Darstellung der Regelungen in bringung und Versorgung der großen setz und dem Sozialgesetzbuch be- den einzelnen Ländern muss an dieser Zahl von Flüchtlingen entstehen. Kon- achten. Stelle verzichtet werden. Eine Darstel- kret hieß es: „Der Bund trägt ab dem

Deutscher Städtetag – Gemeindefinanzbericht 2016 35 1.1.2016 einen Teil der Kosten für den ten, dass die Asylbewerberleistungs- Stand an das bekannte Verfahren aus Zeitraum von der Registrierung bis statistik bezüglich der vollständigen dem Bildungs- und Teilhabepaket an, zur Erteilung eines Bescheides durch Kosten- bzw. Ausgabenerfassung bei dem die Kostenübernahme durch das BAMF (Bundesamt für Migration Mängel aufweist. eine länderindividuelle Anhebung der und Flüchtlinge). Das geschieht, in- Beteiligungsquote an den Kosten der dem der ermittelte durchschnittliche Auch wurde kritisiert, dass die Verein- Unterkunft erfolgt. Hierdurch kann in Aufwand pro Asylbewerber nach dem barung nur einen Teil der im Zusam- den Jahren 2017 und 2018 eine regi- Asylbewerberleistungsgesetz in Höhe menhang mit dem Flüchtlingszuzug onalscharfe Entlastung sichergestellt von 670 Euro monatlich an die Länder entstehenden Kosten abdeckt. Da- werden. Sämtliche Unsicherheiten erstattet wird. Einbezogen sind alle her ist von besonderem Interesse, ob über die weitere Entwicklung können Fälle, die am 1.1.2016 im Verfahren sind die nachfolgend vorgestellten, erst im aufgefangen werden. Mit dieser Rege- und im Laufe des Jahres ins Verfahren Sommer dieses Jahres gefundenen lung ist der Grundstein für ein Verfah- kommen für die jeweilige Dauer.“ Regelungen ausreichend sind, um die ren gelegt, das praktisch alle Kriterien verbleibenden Lücken sachgerecht zu für eine gute Lösung erfüllen kann. Eine Auch wenn frühzeitig absehbar war, schließen. Fortführung nach dem Jahr 2019 wur- dass die angesetzten Abschlagszah- de nicht explizit angesprochen. Hierzu lungen unzureichend sein würden, hat Kosten der Unterkunft gibt es gegebenenfalls noch Unklar- diese Vereinbarung, die später noch heiten. Bundeskanzlerin Merkel teilte um frühzeitigere Abrechnungszeit- Die Finanzierung der Ausgaben der im Rahmen einer Pressekonferenz mit, punkte ergänzt wurde, gehalten, was Kommunen für Kosten der Unterkunft dass „seitens des Bundes die Kosten, man sich von ihr versprechen konn- für anerkannte Flüchtlinge wird – so die den Kommunen für die Unterbrin- te: Die Spitzabrechnung führt zu ei- das Ergebnis einer Vereinbarung zwi- gung derjenigen entstehen, die einen ner sachgerechten und konfliktmini- schen Bund und Ländern vom 7.7.2016 anerkannten Flüchtlingsstatus haben, mierenden Anpassung der Zahlungen – durch den Bund für die Dauer von drei für drei Jahre“ übernommen werden. an die eingetretenen Entwicklungen. Jahren übernommen. Hierbei wird sei- Letztlich lässt die Formulierung offen, Dies wurde auch im Vorfeld erwartet. tens des Bundes von Größenordnun- ob sich die Drei-Jahresfrist auf den in- Der Deutsche Städtetag lobte daher gen in der Höhe von 0,4 bis 1,3 Milli- dividuellen Flüchtling bezieht (also ob diese Vereinbarung unter anderem arden Euro pro Jahr im Zeitraum von die Kosten der Unterkunft für einen im im Gemeindefinanzbericht: „Für die- 2016 bis 2018 ausgegangen. Die Grö- Jahr 2017 anerkannten Flüchtling bis jenigen Bereiche, die von der Verein- ßenordnungen erscheinen sachge- zum Jahr 2020 übernommen werden) barung abgedeckt sind, entspricht die recht. Nach Auffassung der Kommunen oder ob eine Anschlussregelung ab Vereinbarung sehr genau den Anfor- ist darauf zu achten, dass im Rahmen dem Jahr 2019 notwendig wird. derungen des Deutschen Städtetages dieser Regelung auch die Flüchtlinge an eine sachgerechte Beteiligung des mit Bleiberecht, die ebenfalls Leistun- Mit dieser Regelung ist der Grundstein Bundes.“ gen nach dem Sozialgesetzbuch II be- für ein Verfahren gelegt worden, die bei ziehen, zu den anerkannten Flüchtlin- der richtigen technischen Umsetzung Dieser Einschätzung folgte allerdings gen gezählt werden. praktisch alle Kriterien einer guten Lö- eine deutliche Einschränkung: „Aller- sung erfüllen kann. Dies hat Vorbild- dings hat die Regelung eklatante Lü- Das vorgesehene Verfahren ist zweige- charakter. cken, dies führt zu einer zweigeteilten teilt: Als Zielstellung für die Verteilung Bewertung.“ Die aufgelisteten Lücken der zusätzlichen Mittel im Jahr 2016 Integration existieren teilweise weiterhin. haben sich Bund und Länder auf eine Verteilung analog zum Königsteiner Bund und Länder haben sich im Juli Dies betrifft die Problematik der regio- Schlüssel verständigt. Die Zielsetzung 2016 auf eine Änderung der Finanz- nalen Streuung. Der Betrag von erscheint nachvollziehbar. Erst im Lau- verteilung zwischen Bund und Ländern 670 Euro je Asylbewerber bestimmt fe dieses Jahres wird durch die Bun- aufgrund der Integrationskosten der die Höhe der Änderung der Umsatz- desagentur für Arbeit genau erfasst Länder und Kommunen verständigt. steueraufteilung. Dieser erhöhte Um- werden, ob ein Bezieher von Leistun- Die Vereinbarung beinhaltet drei zent- satzsteueranteil wird allerdings wie gen für Kosten der Unterkunft ein an- rale Elemente: der gesamte Umsatzsteueranteil über erkannter Flüchtling ist oder eine an- den Länderfinanzausgleich an die dere Historie hat. Insofern ist es na- Erstens wird in den Jahren 2016, 2017 Länder weitergeleitet, nicht nach Zahl heliegend, für das laufende Jahr den und 2018 der Umsatzsteueranteil der der Asylbewerber in einem Land. Eine Maßstab heranzuziehen, nach dem die Länder um konstant 2 Milliarden Euro Spitzabrechnung zur ex-post-Berück- Flüchtlinge auf die einzelnen Bundes- zu Lasten des Bundes erhöht. Zwei- sichtigung der tatsächlichen und nicht länder verteilt wurden. tens stellt der Bund in den Jahren 2017 alleine der prognostizierten bundes- und 2018 jeweils 0,5 Milliarden Euro weiten Zahl der Asylbewerber wurde Das genaue Verfahren zur Kostenüber- zur Förderung des Wohnungsbaus zur vereinbart. Mittlerweile ist unumstrit- nahme lehnt sich nach derzeitigem Verfügung. Drittens soll es bis Mitte

36 Deutscher Städtetag – Gemeindefinanzbericht 2016 2018 unter Berücksichtigung der wei- Anpassung zu berücksichtigen wären nennung dieser Schwierigkeiten steht teren Entwicklung der Flüchtlingslage oder nicht, wurde nicht eingegangen. keinesfalls im Widerspruch zu den zum eine Anschlussregelung geben. Es ist zu hoffen, dass dieses Unterlas- Beispiel aus Bayern und NRW bekann- sen – anders mag man es kaum zu be- ten Ansätzen, die Gesamtkosten der Es ist etwas unklar, welche Kosten zeichnen – nicht schon in zwei Jahren kommunalen Ebene zu ermitteln. genau mit dieser Regelung als abge- zu unnötigen Konflikten führt. golten gelten sollen und welche nicht. Der Deutsche Städtetag hat unter an- Offen erscheint dies zum Beispiel bei Die Tatsache, dass eine Anschlussre- derem im Gemeindefinanzbericht 2015 Schulerweiterungen, die unabhängig gelung geplant ist, kann dabei nicht mit dem Betrag von 1.000 Euro je von der Flüchtlingseigenschaft alleine als eine Entschärfung angesehen wer- Flüchtling und Monat gearbeitet, hier- aufgrund der flüchtlingszuzugsbedingt den, denn sie beinhaltet zwei Aspek- bei allerdings nur auf den ersten Blick steigenden Schülerzahlen notwendig te: Erstens wurden frühere Nachver- mit einer vermeintlich eindeutigen Zahl werden. Unabhängig hiervon bleiben handlungen mit der angekündigten gearbeitet. Zugleich wurde in dersel- die Länder aufgefordert, flüchtlings- Anschlussregelung ausgeschlossen. ben Publikation eine Vielzahl von Grün- bedingte kommunale Mehrbedarfe in Die Entwicklung bei den unbegleite- den genannt, warum diese Zahl ledig- sämtlichen Bereichen zu kompensie- ten minderjährigen Flüchtlingen hat lich eine Untergrenze darstellt, die aus ren. gezeigt, dass das Festhalten an einer einer Reihe von Gründen im Einzelfall starren Regelung auch bei geändertem deutlich nach oben abweichen kann. Die Tatsache, dass – anders als bei der Umfeld zu enormen Spannungen füh- Übernahme der flüchtlingsbedingten ren kann. Zweitens bedeutet der Ver- Entsprechend argumentierten auch die Kosten der Unterkunft – die Finanzmit- weis auf Anschlussregelungen aber Länder bei der von ihnen genannten tel sich nicht an der Zahl der vor Ort auch, dass offensichtlich seitens des Zahl von flüchtlingsbedingten Mehr- zu integrierenden Flüchtlinge orientiert, Bundes erkannt worden ist, dass a) In- ausgaben im Jahr 2016 (genannt wur- kann aufgrund von Binnenmigration tegration länger als drei Jahre dauern den 20,9 Milliarden Euro für das Jahr von Flüchtlingen zu Problemen führen. kann und dass b) auch bei zukünftigen 2016). In einem Bericht führt die von Dies gilt umso mehr, je größer die Zahl Flüchtlingen die entsprechenden Kos- den Ländern gebildete Arbeitsgruppe der anerkannten Flüchtlinge ist, für die ten von Ländern und Kommunen in selbst deutlich aus, wie diese Zahl an- die Wohnsitzauflage nicht gilt. der Aufteilung der Finanzausstattung hand der Haushaltsplanungen der Län- der öffentlichen Haushalte eine geson- der ermittelt wurde und ergänzte: „Eine Das Konfliktregulierungspotential ist derte Berücksichtigung finden werden. indirekte – und nur teilweise – Berück- nicht voll ausgeschöpft: Es ist anders Im besten Fall wird der verbleibende sichtigung der finanziellen Belastungen als bei der Finanzierung der Erstauf- Zeitraum genutzt, um die anstehenden der Kommunen erfolgt insofern, als die nahme und Versorgung der Flüchtlin- Neuverhandlungen auf Basis von mehr Zahlungen der Flächenländer an ihre ge („670-Euro-Regel“) keine „atmen- Transparenz und Klarheit zu gestalten. Gemeinden – insbesondere Erstattun- de“ Regelung geschaffen worden; die gen für entstandene finanziellen Be- 2 Milliarden Euro pro Jahr sind als fixe Kosten lastungen im Zusammenhang mit der Summe zu verstehen. Auch beinhal- Unterbringung und Betreuung – in den tet die Regelung keine Verständigung Sowohl innerhalb der einzelnen Länder Daten enthalten sind. Eine vollständige über die als „angemessene Integra- als auch zwischen Bund und Ländern Darstellung der in den Kommunen ver- tionsausgaben“ angesehene Größe. ist kein flächendeckender Konsens anschlagten Kosten ist aufgrund der Es bleibt offen, ob Änderungen bei bezüglich der anzusetzenden Zah- Vielzahl unterschiedlicher Ansätze und der weiteren Entwicklung bzw. Abwei- len gegeben. Aus Sicht der Städte ist der Notwendigkeit langwieriger Erhe- chungen von bisherigen Erwartungen besonders darauf hinzuweisen, dass bungen in dem vorgegebenen Zeitrah- (Umfang Flüchtlingszuzug, Ausmaß enorme technische Schwierigkeiten men nicht möglich.“ Integrationsaufwand etc.) zu erneuten bei der Herleitung einer zuverlässigen Konflikten zwischen Bund und Län- und belastbaren Zahl für die Kosten Eine Bundesaufstellung derjenigen dern führen werden. Auf die früheren je Flüchtling und Monat existieren. Als Kosten, von denen der Bund selbst be- Problematiken bei den Kosten für die Ursache können zum Beispiel Punkte troffen ist, machte zudem anhand eini- unbegleiteten minderjährigen Flücht- wie die unterschiedliche Verfügbarkeit ger sehr fragwürdiger Kostenbestand- linge, die zu anfangs politisch strittigen von Wohnraum vor Ort und entspre- teile deutlich, dass auch die Frage, Nachjustierungen in immenser Höhe chende Unterschiede bei der Struk- welche Kosten hinzugerechnet werden führten, wird hingewiesen. An dieser tur der Unterbringungsarten genannt sollen und welche nicht, diskutiert wer- Stelle wurde unnötigerweise (!) das werden. Die unterschiedlichen Kosten den muss. Konfliktregulierungspotential „atmen- je nach Unterbringungsart sind hinrei- der“ Regelungen mit automatischen chend bekannt. Vergleichbares gilt in Es werden sich daher weiterhin keine Anpassungsverfahren nicht einmal an- Abhängigkeit von der Kurzfristigkeit, sicheren und eindeutigen Prognosen satzweise ausgeschöpft. Auch auf die mit der Unterkunftsmöglichkeiten be- über die durch den Flüchtlingszuzug Nennung von Kriterien, die bei einer reitgestellt werden mussten. Die Be- verursachten Kosten erstellen lassen

Deutscher Städtetag – Gemeindefinanzbericht 2016 37 können. Selbst die Fallkosten kön- Finanzierungsvereinbarungen berück- ausreichend gelten, wenn eine ent- nen sich noch dynamisch entwickeln. sichtigt. Eine Wohnsitzauflage kann sprechende Standardanpassung bzw. Auch die Erhebung ex post muss gro- nur für diejenigen anerkannten Flücht- -differenzierung erfolgt. Andernfalls ße technische Schwierigkeiten über- linge ausgesprochen werden, die nach ist von erneutem Verhandlungsbedarf winden. Dieser Umstand sollte in allen dem 31.12.2015 ihre Anerkennung zwischen Bund und Länder auszuge- Verhandlungen als Fakt anerkannt wer- erhalten. In Abhängigkeit von Verfah- hen. den. rensabläufen sind auch viele Flücht- linge, die nach diesem Datum ihre Der Umgang mit Vorhaltekosten wird in Drohende Konfliktpunkte Anerkennung erhalten haben, noch den kommenden Monaten oder Jahren nicht von der Wohnsitzauflage betrof- finanzpolitische Brisanz bekommen. Trotz der sehr vorzeigbaren erreichten fen. Im Ergebnis bedeutet dies, dass Die meisten Kostenerstattungsrege- Ergebnisse sind aus fiskalpolitischer für mehr als eine Viertelmillion aner- lungen orientieren sich an den unter- Sicht verschiedene Fragen noch of- kannte Flüchtlinge, die im Zeitraum gebrachten Flüchtlingen. So sehr leer- fen: Für sich abzeichnende, aber noch von Anfang 2015 bis Juli 2016 ihre stehende Einrichtungen auch im Sinne nicht akute Problemlagen sind bislang Anerkennung erhalten haben, keine einer Entlastung des Personals zu be- noch keine Lösungsstrategien erkenn- Wohnsitzauflage galt oder gilt. Diese grüßen sind, laufen die Kosten oftmals bar. Damit bereits frühzeitig an Lösun- konnten oder können sich ihren Wohn- weiter. Hier werden Lösungen gefun- gen gearbeitet werden kann, sollen die sitz frei wählen. Die Anzahl der Perso- den werden müssen. – nach jetziger Einschätzung – wich- nen entspricht der Bevölkerung einer tigsten Punkte kurz benannt und skiz- Stadt wie Augsburg oder Wiesbaden. Auch zeichnet sich ab, dass die länder- ziert werden. Zudem ist derzeit nicht geplant, dass internen Differenzierungen oftmals un- die regionale Zuordnung neu ankom- zureichend sind. Nach bisherigen Er- Die Finanzierungsfragen für die Grup- mender Flüchtlinge die Binnenmigrati- fahrungen sind Großstädte nicht allei- pe der abgelehnten Asylbewerber (hier on anderer Flüchtlinge berücksichtigt. ne von einem überdurchschnittlichem verstanden als Personen, die weder In der Folge ist daher weiterhin zu er- Zuzug von anerkannten Flüchtlingen eine Anerkennung als Flüchtling er- warten, dass Binnenmigration in nen- betroffen. Es zeichnet sich auch ab, halten haben noch subsidiären Schutz nenswertem Umfang stattfindet. Dies dass in Städten je Flüchtling höhere gem. § 4 Abs.1 Asylgesetz zugestan- kann nicht nur zu schwierigen Heraus- Kosten anfallen. Dies gilt ganz offen- den bekommen) sind bislang nur ru- forderungen in Bezug auf Segregation sichtlich bei den Unterbringungskos- dimentär behandelt worden. Im Rah- und Clusterung führen, sondern stellt ten: Auch ein Blick in die Statistiken men der 670-Euro-Regelung wird der auch eine fiskalpolitische Herausforde- der Bundesagentur für Arbeit offen- Länderanteil an der Umsatzsteuer rung dar. Spätestens dann, wenn diese bart, dass gerade im Niedrigpreisseg- für jeden abgelehnten Asylbewerber Herausforderungen nicht nur abseh- ment die Kosten für eine spezifische für einen ganzen Monat einmalig um bar sind, sondern manifest werden, ist Bedarfsgemeinschaft in den Städten 670 Euro erhöht. Es ist allerdings illu- mit erneuten Diskussionen zu rechnen. eines Landes weitaus höher sind als in sorisch davon auszugehen, dass sämt- Während innerhalb der einzelnen Län- den ländlicher geprägten Regionen. liche abgelehnten Asylbewerber bin- der – den politische Willen der Landes- nen eines Monats das Land verlassen. regierungen vorausgesetzt – jeweils Fazit Vielmehr ist davon auszugehen, dass genug Steuerungsmöglichkeiten vor- sich die Zahl der trotz Ablehnungsbe- handen sind, um die Verteilungsfragen Bislang ist es den verschiedenen Ebe- scheides dennoch in der Bundesrepu- zu lösen, ist dies auf Bundesebene nen relativ gut gelungen, das enorme blik bleibenden abgelehnten Asylbe- und zwischen den Ländern aus tech- Konfliktpotential, das die Finanzie- werber massiv erhöhen wird. Gerade in nischen und finanzverfassungsrecht- rung der Flüchtlingskosten beinhaltet, Ländern mit einer mittleren Schutzquo- lichen Gründen weitaus schwieriger. zu begrenzen. Hierin hat sich föderale te werden viele Fälle auftreten, in de- Stärke gezeigt. Vor dem Hintergrund nen längere Duldungen absehbar sind. Regelmäßig wird ausgeführt, dass die des Zusammenspiels der föderalen Bislang werden seitens des BAMF hohen Fallkosten bei der Betreuung Ebenen als politisch – wenn auch aus vorrangig Fälle aus denjenigen Län- unbegleiteter minderjähriger Flüchtlin- Sicht der Kommunen leider nicht un- dern bearbeitet werden, die sich durch ge (umF) daraus resultieren, dass die bedingt rechtlich – gleichberechtigte, hohe Anerkennungsquoten oder hohe umzusetzenden Standards vor dem dem Gemeinwohl verpflichtete Partner Ablehnungsquoten auszeichnen. Die Hintergrund einer völlig anderen Ziel- ist allerdings vor einer Fehleinschät- Gruppe der abgelehnten, aber gedul- gruppe der Jugendhilfe konzipiert wor- zung bezüglich der Rolle des Bundes deten Asylbewerber wird sich zukünf- den seien. Die Standards dienen dazu, zu warnen. tig massiv erhöhen. komplexe Problemlagen aufzufangen, die bei umFs weitaus weniger vorlie- In der öffentlichen Debatte entsteht Die Frage der Binnenmigration aner- gen. Nach hiesigem Eindruck kann zunehmend der Eindruck, als wür- kannter Flüchtlinge über Ländergren- die Finanzierungsregelung bezüglich de der Bund Aufgaben der Länder zen ist bislang nur unzureichend in den dieser Flüchtlingsgruppe nur dann als und Kommunen „übernehmen“ oder

38 Deutscher Städtetag – Gemeindefinanzbericht 2016 zumindest „finanzieren“ und somit aus bezeichnen würde. Einige Klärungen des Umsatzsteuervorwegausgleichs seiner eigenen Tasche fremde Ausga- sind aber durchaus erreicht worden. in seiner bisherigen Form als auch des ben bezahlen. Diese Wahrnehmung bisherigen Länderfinanzausgleichs im und Wortwahl mag im Ausnahmefall Bemerkenswert bei den gesamten Dis- engeren Sinne. Anstelle dieser beiden dann vertretbar sein, wenn es sich um kussionen und Verhandlungen ist die Elemente sieht der Vorschlag eine Auf- gesonderte Finanzierungswege wie Vermischung vieler fiskalpolitisch re- teilung des Umsatzsteuervolumens die Übernahme der flüchtlingsbeding- levanter Beziehungen zwischen Bund, zwischen den Ländern vor – in der ten Kosten der Unterkunft (s. o.) han- Ländern und Kommunen. Zudem ist Konstruktionsweise dem Umsatzsteu- delt. Dieser Eindruck trifft jedoch kei- oftmals unklar, welche der vielen vor- ervorwegausgleich ähnlich –, bei der nesfalls auf die sogenannte 670-Euro- handen Streitpunkte im Rahmen einer kein direkter Ausweis der Verteilungs- Regelung zur Finanzierung der Erst- „großen Vereinbarung“ zu den födera- wirkungen erfolgt. Die Ermittlung des aufnahme der Flüchtlinge oder die jetzt len Finanzbeziehungen geklärt werden Umfangs des indirekten Ausgleichs vorliegende Vereinbarung zur Umsatz- sollen und für welche Themenbereiche orientiert sich eher am ursprünglichen steueränderung aufgrund der Integra- isolierte Einzellösungen gefunden wer- direkten horizontalen Finanzausgleich. tionskosten zu. den sollen. Betroffen hiervon sind bzw. Eine Reihe von weiteren Maßnahmen waren zum Beispiel die Gemeindever- dient der Austarierung der Interessen- Vielmehr wird in diesen Fällen das in kehrsfinanzierung (bislang ungelöst), positionen der einzelnen Länder. Viele der Finanzverfassung hierfür auch so die Regionalisierungsmittel (mittlerwei- der hierfür notwendigen Elemente las- vorgesehene „finanzpolitische Schar- le gelöst) oder eine „Fortschreibung“ sen sich nicht zwingend mit Sachargu- nier“ der Umsatzsteueraufteilung ge- (de facto Neueinführung) der erhöhten menten begründen, dies wird von Län- nutzt. In deutlichem Gegensatz zu Gewerbesteuerumlagen zur Finanzie- dervertretern in bemerkenswert offener früheren Anpassungen der Umsatz- rung der Deutschen Einheit (mittlerwei- Form auch so kommuniziert. steueraufteilung erfolgen jetzt zwar le anscheinend abgewendet). die Änderungen weitaus regelgebun- Seitens des Bundes wurde der Vor- dener und mit größerer inhaltlicher Weitere wesentliche Aspekte der fö- schlag der Länder insbesondere mit Fundierung. Dies ändert aber nichts deralen Finanzbeziehungen wurden drei Arten von Argumenten abgelehnt. daran, dass geringere Einnahmen für zu Recht von Anfang an abgekop- Auch unterbreitete der Bund einen Ge- den Bund etwas anderes als eine „Fi- pelt. Diese betreffen insbesondere die genvorschlag, der überraschenderwei- nanzierung durch den Bund“ ist. Die Flüchtlingsfinanzierung sowie die Ent- se in seinen regionalen Verteilungswir- Tatsache, dass die Änderung der Fi- lastung der Kommunen laut Koalitions- kungen weitgehend identisch ist. nanzaufteilung nicht als Ausgabeposi- vertrag (siehe Darstellungen zu diesen tion im Bundeshaushalt deutlich wird, Fragen in den jeweiligen Kapiteln des • Erstens weist der Bund die Höhe unterstreicht diese Sichtweise. Und Gemeindefinanzberichts). Aus kom- der Forderung der Länder zurück. die oben angesprochenen alternati- munaler Sicht bedenklich ist der Um- So klafft zwischen dem Gegenvor- ven Transferwege der Kostenübernah- stand, dass verschiedene kommunale schlag des Bundes und dem Län- me werden auch vorrangig deswegen Probleme, die auch im Zusammen- dervorschlag eine Lücke in Höhe gewählt, weil hierdurch regionale Ver- hang einer Neuordnung der födera- von derzeit circa 1 Milliarde Euro. teilstrukturen besser abgebildet wer- len Finanzbeziehungen gelöst werden Je stärker sich die regionalen Steu- den können. könnten und sollten, außen vorblieben: erkraftdisparitäten entwickeln, des- Hierzu gehört insbesondere das Alt- to größer wird diese Lücke. Der Bund kommt seiner Verantwor- schuldenproblem sowie die Stärkung • Zweitens meldet der Bund allge- tung nach. Dies ist viel, aber es ist et- der kommunalen Investitionskraft. mein finanzpolitische Bedenken an, was anderes als ein Almosen an Län- indem er darauf verweist, dass der der und Kommunen. Länderfinanzausgleich Ländervorschlag föderale Grund- prinzipien, hier die Solidarität der Mittlerweile existiert zum Länderfi- Länder untereinander, systema- Neuordnung der föderalen nanzausgleich, dem Kernbereich der tisch aushebele. Hintergrund hier- Finanzbeziehungen Verhandlungen, ein von allen Ländern für ist der Umstand, dass der Bund getragener Einigungsvorschlag. Auch weit stärker als bislang in die Un- Entgegen anderslautender Absichtser- existiert hierzu eine ausformulierte Ge- terstützung der finanzschwachen klärungen von Bund und Ländern er- genposition des Bundes. Diese unter- Länder eingebunden wäre, wäh- folgte eine Vereinbarung zur Neuord- scheidet sich nicht nur in Fragen der rend die finanzstarken Länder keine nung der föderalen Finanzbeziehungen Finanzmittelaufteilung zwischen dem direkten Transfers an finanzschwa- bislang nicht. Es wäre zwar übertrie- Bund und der Ländergesamtheit vom che Länder leisten müssten. ben, wenn man die Ergebnisse der Ländervorschlag. • Drittens führt der Bund zu einzel- vielen verschiedenen Gespräche mit nen Bausteinen des Ländervor- unterschiedlicher Zusammensetzung Zentraler Baustein des Ländervor- schlags finanzverfassungsrechtli- als echten Fortschritt in der Diskussion schlags ist die Abschaffung sowohl che Bedenken an.

Deutscher Städtetag – Gemeindefinanzbericht 2016 39 Eine Einigung erfolgte wie gesagt nicht. Bezüglich der sogenannten Entflech- Euro aufgestockt wird, sollte die För- Der weitere Verlauf ist offen. tungsmittel, die nach der Föderalis- derschwelle auf 20 Millionen Euro ab- musreform die bisherige Finanzhilfe gesenkt werden. Erhöhte Gewerbesteuer- ablösen und als sogenanntes Länder- umlagen programm 1,33 Milliarden Euro jähr- Bund und Länder sind aufgerufen, für lich umfassen, gilt Folgendes: Die die ÖPNV-Infrastruktur sowie für Er- Im vergangenen Jahr waren erste Be- Länder verständigten sich im Rahmen halt, Sanierung und Erneuerung ver- strebungen der westdeutschen Flä- des von ihnen erarbeiteten Kompro- kehrswichtiger Straßen und Verkehrs- chenländer zu erkennen, das Auslaufen missvorschlags zur Neuordnung der ingenieurbauwerke in den Städten und der erhöhten Gewerbesteuerumlagen Bund-Länder-Finanzbeziehungen vom Gemeinden umfassend Verantwortung für die Beteiligung der westdeutschen 3.12.2015 darauf, auf eine Fortführung zu übernehmen und ein verlässlicher Kommunen an den Kosten der deut- der Entflechtungsmittel in ihrer bisheri- Partner der Städte bei der Finanzierung schen Einheit zu hintertreiben. Diesen gen Form ab 2020 zu verzichten, wenn des kommunalen Verkehrs zu bleiben. Bestrebungen trat der Deutsche Städ- der Umsatzsteueranteil der Länder um Dies bedeutet auch ein höheres finan- tetag entgegen:; In verschiedenen Zu- den entsprechenden Betrag erhöht zielles Engagement: Für die im Rah- sammenhängen machte er deutlich, wird. men der bisher durch Entflechtungs- dass ein vermeintliches „Beibehalten“ mittel in Höhe von 1,34 Milliarden Euro der Gewerbesteuerumlagen de facto Das Bundesprogramm zum Gemeinde- geförderten Verkehrsprojekte – voraus- eine Erhöhung also Neubelastung verkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG), sichtlich zukünftig durch die Länder – wäre. Betroffen hiervon wären im Üb- das derzeit der Finanzierung und För- ist ein tatsächlicher Bedarf in Höhe rigen auch die ostdeutschen Gemein- derung von Großprojekten dient (Pro- von mindestens 1,96 Milliarden Euro den, weil sich eine bundeseinheitliche jektvolumen > 50 Millionen Euro), soll jährlich abzusichern. Der Bedarf kann, Regelung mit unterschiedlichen Belas- nach Einigung von Bund und Ländern wie Teil I des Gemeindefinanzberichts tungen ost- und westdeutscher Kom- vom 24.9.2015 (Flüchtlingsgipfel) dau- deutlich gemacht hat, nicht durch die munen nicht mehr begründen lassen erhaft fortgeführt werden. Förderfä- kommunalen Haushalte oder Verkehrs- würde. Verschiedene Landesregierun- hig sind bisher investive Maßnahmen unternehmen aufbracht werden kann. gen haben mittlerweile deutlich ge- beim öffentlichen Personennahverkehr macht, dass sie von dem im Gemein- (ÖPNV) und dem regionalen Schienen- definanzreformgesetz geregelten Aus- verkehr, allerdings keine Sanierungen. Neuordnung der laufen der Umlagen nicht abrücken Gesetzgeberisch umgesetzt wurde die- Regionalförderung – Zukunft wollen. Die Problematik der erhöhten se Vereinbarung bislang noch nicht. der Gemeinschaftsaufgabe Gewerbesteuerumlagen zur Finanzie- „Verbesserung der regionalen rung des Fonds Deutsche Einheit so- Aufgrund der langen Projektvorlauf- Wirtschaftsstruktur“ (GRW) wie des Solidarpakts scheint somit zeiten führen die Ungewissheiten über mittlerweile geklärt. die Gemeindeverkehrsfinanzierung ab Die Diskussion zur Fortentwicklung der 2020 bereits jetzt zu einem Planungs- Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung Gemeindeverkehrs- stillstand. der regionalen Wirtschaftsstruktur“ finanzierung (GRW) ab dem Jahr 2020 hat begon- Diese nicht nur für die kommunalen nen. Im Koalitionsvertrag zwischen Weiterhin problematisch ist die immer Haushalte, sondern auch für die Bür- CDU, CSU und SPD im Bund heißt es noch ungewisse Zukunft der Gemein- ger und die Wirtschaft missliche Lage hierzu: „Ab 2020 ist ein weiterentwi- deverkehrsfinanzierung. Durch die Fö- darf nicht länger anhalten. Daher for- ckeltes System der Förderung struk- deralismusreform I wurde die entspre- dert der Deutsche Städtetag, dass der turschwacher Regionen erforderlich. chende Finanzhilfe 2006 abgeschafft. Bund kurzfristig einen Gesetzentwurf Ein solches System muss sich auf die Gleichzeitig sollen die Finanzströme zur Fortsetzung und Aufstockung des strukturschwachen Regionen in den bis 2019 entflochten werden. Bis zur GVFG-Bundesprogramms über das jeweiligen Bundesländern konzentrie- vollständigen Entflechtung werden we- Jahr 2019 hinaus vorlegt. Das GV- ren und daher die Differenzierung zwi- sentliche Teile der Finanzhilfe als soge- FG-Bundesprogramm muss bedarfs- schen Ost und West beseitigen. […] nannte Entflechtungsmittel vom Bund gerecht erhöht werden: Es muss um Unser Ziel sind gleichwertige Lebens- zur Verfügung gestellt. Die Neuord- die Förderung von dringenden Sanie- verhältnisse in ganz Deutschland.“ nung auch der Verkehrsinfrastruktur- rungsmaßnahmen und um großmaß- finanzierung durch Bund und Länder stäbliche Maßnahmen, die über den Gerade für den Deutschen Städtetag ist seither eine wesentliche Forderung ÖPNV hinaus einen Beitrag zum Kli- ist das Thema „Disparität“ von zentraler des Deutschen Städtetages. Vordring- maschutz durch den Umweltverbund Bedeutung. Die Dresdener Erklärung, liches Ziel muss bleiben, eine nach- leisten (zum Beispielüberörtliche Rad- die im Rahmen der letzten Hauptver- haltige Verkehrsinfrastrukturfinanzie- schnellverkehrswege), erweitert wer- sammlung des Städtetages verabschie- rung für Bund, Länder und Kommunen den. Unter der Voraussetzung, dass det wurde, bildete dabei einen Meilen- sicherzustellen. das Programm auf rund 500 Millionen stein in der städtetagsinternen Debatte.

40 Deutscher Städtetag – Gemeindefinanzbericht 2016 In einem vorbereitenden Präsidiums- Entwicklungskonzepte, Regional- regionen eingeteilt, die – auf der Ba- beschluss hat der Deutsche Städtetag und Clustermanagements) sis der Berufspendlerverflechtungen – sein Verständnis von Reichweite und • Maßnahmen zur Stärkung der Wett- die Zentren der regionalen Arbeits- Bedeutung des Prinzips der gleichwer- bewerbsfähigkeit und Innovations- märkte mit ihren jeweiligen Einzugs- tigen Lebensverhältnisse geklärt: kraft von kleinen und mittleren bzw. Verflechtungsbereichen enthal- Unternehmen ten. Die Arbeitsmarktregionen werden „Für das Präsidium steht fest, dass Zu- anhand eines Gesamtindikators in kunftschancen nicht davon abhängen Im Rahmen der GRW legen Bund und eine Reihenfolge von der struktur- dürfen, in welcher Region Deutsch- Länder gemeinsam die Fördergebiete bzw. wirtschaftsschwächsten Arbeits- lands jemand lebt. In diesem Sinne ist sowie die Förderhöchstsätze und da- marktregion bis hin zur struktur- bzw. eine bundesweite Gleichwertigkeit der mit auch das innerdeutsche Förder- wirtschaftsstärksten Arbeitsmarktre- Lebensverhältnisse weiterhin anzustre- gefälle, die Fördertatbestände und die gion gebracht (Ranking). Der Gesamt- ben. Dies sicherzustellen, liegt auch in GRW-Mittelverteilung fest. Die GRW indikator setzt sich aus den folgenden der Verantwortung des Bundes. Zu- wird durch den Europäischen Fonds für Regionalindikatoren zusammen: gleich ist festzuhalten, dass es gerade Regionale Entwicklung (EFRE) ergänzt. in einem föderalen Staat zwischen den a) Durchschnittliche Arbeitslosen- Regionen immer Unterschiede in den Das Volumen der bewilligten GRW-Mit- quote der Jahre 2009 bis 2012 Lebensverhältnisse gegeben hat und tel (einschließlich der EFRE-Mittel) be- (45 Prozent) geben wird. Dies ist unproblematisch, trug im Jahr 2014 circa 1,25 Milliarden b) Bruttojahreslohn je sozialversiche- solange diese Unterschiede nicht dem Euro, hiervon entfielen circa 20 Prozent rungspflichtig Beschäftigtem in Grundverständnis des Sozialstaats wi- (244 Millionen Euro) auf den Ausbau ei- 2010 (40 Prozent) dersprechen.“ ner leistungsfähigen kommunalen wirt- c) Erwerbstätigenprognose 2011 bis schaftsnahen Infrastruktur. 2018 (7,5 Prozent) Da die derzeitigen Instrumente der Re- d) Infrastrukturindikator (Stand: 30.9. gionalpolitik diesen Ansprüchen nicht Die GRW-Förderung ist im Grundsatz 2012) (7,5 Prozent)“ vollständig genügen, ist die Weiter- auf ausgewählte, als „strukturschwach“ ent-wicklung des Systems der Förde- bezeichnete Regionen beschränkt. Vor Aus Sicht von strukturschwachen rung strukturschwacher Regionen ein der Wiedervereinigung lag der Fokus Städten ist hervorzuheben, dass der notwendiger Schritt. Dabei kommt der auf ländlichen Regionen, nach der Wie- Gesamtindikator so aufgebaut ist, dass GRW eine Schlüsselrolle bei der Siche- dervereinigung lag der Schwerpunkt auf über die einzelnen Regionalindikato- rung gleichwertiger Lebensverhältnisse ostdeutschen Regionen. Im Einklang ren beziehungsweise potentiellen Pro- zu. mit gleichlaufenden Diskussionen zum blemfelder gemittelt wird. Auch eine Konzept der Gleichwertigkeit der Le- extrem hohe Arbeitslosenquote führt Strukturen und Grundlagen bensverhältnisse erfolgte mit der neuen dann nicht zur Kennzeichnung einer der Gemeinschaftsaufgabe Förderperiode Juli 2014 bis Dezember Region als „strukturschwach“, wenn „Verbesserung der regionalen 2020 zumindest argumentativ eine Ab- die verbliebenen Arbeitsplätze gute Wirtschaftsstruktur“ kehr von einer einseitigen Förderung Löhne aufweisen. Dies ist zum Bei- des vermeintlich benachteiligten ländli- spiel dann der Fall, wenn regionale Die GRW wird von der Bundesregie- chen Raums. Eine vollständige inhaltli- Tariflöhne eher hoch sind und/oder rung als das zentrale Instrument der che Umsetzung dieser Abkehr erfolgte aufgrund der funktionalen Differen- nationalen Regionalpolitik in Deutsch- allerdings noch nicht. Zentral ist hier die zierung zwischen Zentrum und Peri- land angesehen. Seit der Finanzreform Unterscheidung zwischen dem Konzept pherie die vorhandenen Arbeitsplätze von 1969 nimmt der Bund im Rahmen der „Peripherie“ als einer Lagebeschrei- eher höherqualifizierte Beschäftigte der GRW die von ihm gesehene (Mit-) bung einer Region und dem Konzept der benötigen. Verantwortung für eine ausgewogene „Peripherisierung“ als einem Prozess, regionale Entwicklung in Deutschland der auch von einem Niedergangspro- Disparitäten, Ursachenanalyse wahr. Wesentliche Förderinstrumente zess erfasste Zentren betreffen kann und Erscheinungsformen sind in vier Programmbereichen zu fin- (siehe hierzu Textbox 1, S. 42). den: In Bezug auf die Ursachenanaly- Die Grundlage der aktuellen regionalen se kommunaler Disparitäten und die • Förderung gewerblicher Investitio- Verteilung ergibt sich durch die Anwen- grundlegenden Wahrnehmungen zu nen dung eines Regionalindikatorenmo- Ursachen von Strukturschwächen alt- • Ausbau einer leistungsfähigen kom- dells, das innerhalb des sogenannten industrieller Regionen (Abwärtsspirale munalen wirtschaftsnahen Infra- Koordinierungsrahmens wie folgt be- etc.) sind mittlerweile keinerlei Unter- struktur schrieben ist: schiede zwischen der Bundesregierung, • Maßnahmen zur Vernetzung und dem Deutschen Städtetag oder ande- Kooperation zwischen lokalen Ak- „Das Bundesgebiet wird flächende- ren Institutionen mehr festzustellen. teuren (beispielsweise regionale ckend in sogenannte Arbeitsmarkt- Auch bei der Frage, wie sich Struktur-

Deutscher Städtetag – Gemeindefinanzbericht 2016 41 aller Gemeinden dahingehend, dass Textbox 1: „Peripherisierung von Städten“ — sie gleichzeitig ein höheres Lohnniveau das Problem bekommt einen Namen und eine höhere Arbeitslosigkeit auf- weisen. Im Vergleich zu anderen Städ- Gerade der Städtetag spricht im politischen Bereich die Problematik zunehmender ten weisen strukturschwache Städte Disparitäten zwischen verschiedenen Regionen explizit an. Mittlerweile ist festzu- eine deutliche höhere Arbeitslosigkeit stellen, dass der in der Vergangenheit thematisierte statische Gegensatz zwischen (insbesondere im Bereich der Lang- ländlichen und städtischen Regionen in Deutschland nicht mehr dominant ist, zeitarbeitslosigkeit) sowie ein deutlich sondern durch einen Gegensatz zwischen strukturschwachen und strukturstarken Städten beziehungsweise Regionen abgelöst wurde. unterdurchschnittliches Lohnniveau auf. Daraus folgt, dass die zum Beispiel in der Regionalpolitik noch dominanten Indi- katoren wie geografische Lage, Erreichbarkeit oder Bevölkerungsdichte keines- Zu oft existiert der falsche Eindruck, wegs mehr in der Lage sind, den Prozesscharakter der dynamischen Abstiegs- dass ein im Bundesvergleich durch- entwicklung von betroffenen Städten und ihren Regionen zu umschreiben. Diese schnittliches Lohnniveau bei struktur- Indikatoren sind zu statisch ausgerichtet. In der sozial- und raumwissenschaft- schwachen Städten als ein Zeichen für lichen Forschung ist die Thematik Gegenstand verstärkter, auch konzeptueller die Abwesenheit ernster sozio-öko- Debatten. Neben dem Bundesinstitut für Bau-, Stadt und Raumforschung (BBSR) nomischer Problemlagen angesehen ist das Leibniz-Institut für Raumbezogene Sozialforschung (IRS) als institutionel- werden könne. Dieses Lohnniveau bei ler Akteur hervorzuheben. den noch vorhandenen Arbeitsplätzen In den Debatten wurde ein neues Konzept etabliert, das im wissenschaftlichen existiert jedoch oftmals vorrangig auf- Kontext mit dem Begriff der „Peripherisierung“ (engl.: „peripheralization“) bezeich- grund des industriehistorischen „Er- net wird. Im Kern geht es darum, dass der früheren weitgehend statisch orientier- bes“ und der überregionalen Gültigkeit ten Betrachtungsweise der Problematik in peripheren Räumen – die zumeist als von Tarifverträgen. ein „Abgekoppelt-Sein“ und „Nicht-Teilhaben“ ländlicher Räume an städtischen Errungenschaften gesehen wurde – eine neue, prozess- und dynamikorientierte Neuausrichtung Sichtweise entgegengesetzt wird, die den relativen und absoluten Abstieg von der Gemeinschaftsaufgabe Städten (und zumeist auch ihren umliegenden Regionen) betrachtet. „Verbesserung der regionalen Das „Abgekoppelt-Sein“ als Zustand wird nunmehr durch ein „Abgekoppelt-Wer- Wirtschaftsstruktur“ den“ und Niedergang als Prozess analytisch abgelöst. Wichtige Bestandteile der Die Fragen nach dem notwendigen Peripherisierung sind nicht nur die Abwanderung von Bevölkerung, insbesondere der Leistungsträger. Auch der zunehmende Verlust von Entscheidungsfunktionen Volumen einer neu ausgestalteten Ge- in betroffenen Städten ist wesentliches Element: Sowohl für das ehemalige Zent- meinschaftsaufgabe sowie die Fragen rum als auch für das Umland werden die relevanten Entscheidungen nicht mehr in nach einer neuen Abgrenzung der För- den Zentren vor Ort getroffen (Verlust der Zentrumsfunktion). Besonders deutlich dertatbestände liegen auf der Hand. wird dies im Zusammenhang mit dem Verlust des lokalen Mittelständlers oder auch Sie werden mit Verweis auf zwei neue den Folgen fehlgeleiteter Funktionalreformen. Ergänzend werden mit der schlei- Studien mit dem Titel „Lehren aus chenden Abkoppelung von der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung und dem Strukturwandel im Ruhrgebiet schlimmstenfalls auch noch der Entstehung eines negativen Selbst- beziehungs- für die Regionalpolitik“ bzw. „Weiter- weise Fremdwahrnehmung der Stadt Aspekte betrachtet, die zu einer Verstärkung entwicklung einer gesamtdeutschen der Abwärtsspiralen führen. Regionalpolitik ab 2020“ beantwortet werden müssen. Darüber hinaus wird Es ist Aufgabe von Bund und Ländern, ein Abrutschen einzelner Städte und Regio- nen zu verhindern. Dazu gehört auch die Aufgabe, zum Beispiel mittels intensiverer insbesondere die regionale Vertei- Gutachtenvergabe die Forschung in diesem Bereich voranzutreiben. Der Prozess lungswirkung zu diskutieren sein. Auch der Peripherisierung muss von wissenschaftlicher Seite noch stärker ausgeleuch- unter der Prämisse einer Beibehaltung tet werden. Je besser die Ursachenzusammenhänge erkannt werden, desto bes- der grundsätzlichen Systematik der ser kann fatalen Entwicklungen frühzeitig – und somit wirksam – gegengesteuert Bestimmung der förderfähigen Regio- werden. nen anhand eines Indikatorenmodells sind verschiedene Weiterentwicklun- gen denkbar. schwäche auswirkt, ist eine sehr gute chen) strukturschwache Städte im Grundlage für die weitere Ausgestal- Vergleich zum Bundesdurchschnitt Hierbei ist zu prüfen, wie im Rahmen tung des Fördersystems gegeben. aller Gemeinden eine extrem hohe Ar- der Verknüpfung der verschiedenen beitslosigkeit und zugleich ein durch- „Regionalindikatoren“ sichergestellt Der Bundesdurchschnitt aller Gemein- schnittliches Lohnniveau aufweisen. werden kann, dass nicht viele von Pe- den wird durch alle Regionen, also Ebenso unterscheiden sich städtische ripherisierung betroffene Zentren aus sowohl städtische als auch ländliche Regionen allgemein (also unabhängig gerade dem Grund von einer Förde- Regionen, bestimmt. Es ist unbestrit- von der Frage, ob Strukturschwäche rung ausgeschlossen werden, weil ein ten, dass (grob vereinfacht gespro- vorliegt oder nicht) vom Durchschnitt (noch) durchschnittliches Lohnniveau

42 Deutscher Städtetag – Gemeindefinanzbericht 2016 eine weit überproportionale Arbeits- Bundesteilhabegesetz als potentiell Leistungsberechtigte losigkeit rechentechnisch kompen- bekannt. Es ist daher höchst frag- siert. Die Bundesregierung plant, das derzeit lich, wie die genauen Effekte aus- geltende Recht der Eingliederungshilfe sehen werden. Hier besteht ein • Erstens kann an eine Ausweitung im Sinne der UN-Behindertenrechts- enormes Kostenrisiko, das durch der einbezogenen Indikatoren ge- konvention zu einem eigenen Leistungs- die vom Bund in den Berechnun- dacht werden. Gerade aus Sicht recht für Menschen mit Behinderung, gen zugestandene Summe von 100 strukturschwacher Städte könnten einem Bundesteilhabegesetz (BTHG), Millionen Euro gerade angesichts hier zum Beispieldie erreichten Bil- weiterzuentwickeln. Hierzu wurde mitt- der Fallkosten und der Vielzahl der dungsabschlüsse der Bevölkerung lerweile ein Gesetzentwurf erarbeitet. Personen, für die dieses Angebot als wertvoller und sachgerechter Viele der dort verankerten fachpoliti- prinzipiell in Betracht kommt, nicht Indikator angesehen werden. schen Ziele finden die Unterstützung ansatzweise abgedeckt zu sein • Zweitens kann überlegt werden, ob der Städte, die oftmals Leistungsträger scheint. und wie die Verknüpfung der ver- der Eingliederungshilfe sind. • Zweitens sieht der Gesetzentwurf schiedenen Regionalindikatoren zu neue Leistungen vor, beispielswei- einem Gesamtindikator verändert Mit großer Sorge ist allerdings zu kon- se neue Formen bei der Teilhabe werden sollte. Bislang werden vie- statieren, dass der vorliegende Ge- zur Arbeit. Das Budget für Arbeit le nach landläufigem Verständnis setzentwurf die Augen vor den finan- wird flächendeckend eingeführt. strukturschwache Zentren deswe- ziellen Folgen weitgehend schließt. Im Neben den seit langem bestehen- gen von einer Förderung ausge- Ergebnis droht den Kommunen, dass den Werkstätten für Menschen mit schlossen, weil ein (noch) durch- sie diejenigen sind, die für erweiterte Behinderung werden andere Leis- schnittliches Lohnniveau eine weit Leistungsversprechen des Bundes die tungsanbieter zugelassen. Hier überproportionale Arbeitslosigkeit Ausgaben zu tragen haben. Eine sogar besteht das Risiko, dass ein zu- rechentechnisch kompensiert. Die- im Koalitionsvertrag klar und deutlich sätzliches Angebot kreiert wird, ser Missstand kann durch eine ge- genannte Bedingung der Gesetzesre- dass sich selbst seine Nachfrage änderte Verknüpfung der Indika- form wird eindeutig verfehlt werden. Im schafft. Die Folge können erheb- toren und/oder eine bessere Be- Koalitionsvertrag heißt es: „Dabei wer- liche Fallzahl- und somit Kosten- rücksichtigung des Ausmaßes der den wir die Neuorganisation der Aus- steigerungen sein. Auch im Bereich Abweichung eines Indikators vom gestaltung der Teilhabe zugunsten der der Bildung, der Mobilität und der Mittelwert behoben werden. Menschen mit Behinderung so regeln, Assistenz werden neue Leistungen • Zwar wäre drittens grundsätz- dass keine neue Ausgabendynamik eingeführt, anstatt die vorrangigen lich denkbar, dass für städtische entsteht.“ Leistungssysteme auf die Belange und ländliche Regionen (als wei- von Menschen mit Behinderungen tere Gruppe wäre voraussichtlich Mit dem bisher vorliegenden Gesetz- auszurichten. Auch hier sind Ver- die Kategorie des Umlandes ein- entwurf kann nicht nur das von den haltensänderungen von Betroffe- zufügen) die Indikatoren jeweils Kommunen verfolgte Ziel einer Ein- nen zu erwarten, deren Ausmaß nur getrennt berechnet werden. Eine dämmung der bestehenden Ausga- schwer abschätzen lässt. getrennte Indikatorenberechnung bendynamik nicht erreicht werden. Das • Drittens sieht der Gesetzentwurf hätte allerdings eventuell zur Fol- explizit genannte Ziel der Verhinderung vor, die anrechnungsfreien Beträge ge, dass hiermit eine politisch zu einer neuen Ausgabendynamik wird beim Einkommen und Vermögen zu treffende Aufteilung des gesam- ebenfalls nicht erreicht: Leistungsaus- erhöhen. ten Fördervolumens auf die jewei- weitungen in der Eingliederungshilfe ligen Räume Stadt/Umland/länd- stehen weder entsprechenden Ein- Nur aus Sicht der Bundesregierung er- licher Raum verbunden wäre. Dann sparpotentiale durch die Verpflichtung gibt sich ein Jahr für Jahr um mehr als würde die Gefahr drohen, dass vorrangiger Leistungsträger entgegen 10 Prozent wachsendes Einsparpoten- regionale Verteilungsdiskussionen noch sind wirksame Möglichkeiten zur zial aufgrund verbesserter Steuerungs- die problemorientierte Diskussion Verbesserung der Steuerungsmecha- möglichkeiten, das bereits wenige überlagern. nismen geschaffen worden. Von fiska- Jahre nach der vollen Umsetzung der lischer Bedeutung sind folgende risiko- Reform das Volumen von einer halben Gerade dann, wenn der GRW die Auf- behaftende Punkte: Milliarde überschreiten soll. Die Städte gabe zukommt, regionale Disparitäten sehen keine Verbesserungen ihrer zu bekämpfen, ist eine sorgsame Ana- • Erstens wird der leistungsberech- Steuerungsmöglichkeiten, die zu Ein- lyse der Ursachen für Disparitäten un- tigte Personenkreis neu definiert sparungen führen könnten. erlässlich. Hier sind klare Fortschritte und dabei ausgeweitet, so dass zu sehen. Die Erkenntnis, dass auch mehr Menschen zukünftig Leistun- Gerade seitens des Bundes wurden eine deutliche Mittelaufstockung erfor- gen in Anspruch nehmen könnten. daneben die konnexitätsrechtlichen derlich ist, wächst aber allenfalls lang- Viele dieser neu leistungsberech- Auswirkungen der vorgeschlagenen sam. tigten Personen sind bislang nicht Reform nicht beachtet.

Deutscher Städtetag – Gemeindefinanzbericht 2016 43 Die Städte fordern daher neben inhalt- der Überforderung. Eine vermeintlich Risiko und Unsicherheit daher ers- lichen Korrekturen eine seriöse und mangelnde Planbarkeit von Politik ist tens die Fähigkeit, Abstimmungen nachvollziehbare Berechnung der fi- hier übrigens nicht Thema. Bei den zwischen den verschiedenen Ebe- nanziellen Auswirkungen des Gesetz- nachfolgenden Überlegungen wird na- nen auf den politischen Kern zu entwurfs. Dort, wo aus technischen turgemäß ein kommunaler Blickwinkel konzentrieren und die finanztech- Gründen alleine grobe und mit Risiken eingenommen. Dies rechtfertigt sich nische Umsetzung nach der poli- versehene Schätzungen möglich sind, auch dadurch, dass die Kommunen tischen Klärung anzugehen. Denn muss dies offen angesprochen -wer als kleinste Ebenen im Staatsaufbau dies erhöht in Fällen von akutem den. Hierfür sind bereits jetzt klare Re- zwangsläufig mit den relativ(!) größten Handlungsbedarf die Entschei- gelungen zur Evaluation und entspre- Risiken konfrontiert sind. Zu beach- dungsgeschwindigkeit und verhin- chenden Anpassungen der Zahlungs- ten ist außerdem, dass Kommunen dert ansonsten drohende Über- ströme zu vereinbaren. Ziel muss es seit langem von Entscheidungen, die lasterscheinungen bei einzelnen sein, neue Leistungen seriös gegen zu sie selbst nicht treffen, massiv beein- Akteuren (zumeist auf der unteren finanzieren. Das BTHG ist zudem kein flusst werden. Auch ist zu betonen, Ebene). Einzelfall, bei dem besondere Anfor- dass sowohl die Größe als auch die fi- • Zweitens gibt es Situationen, in de- derungen an die Kostenfolgeabschät- nanzielle Lage von Kommunen höchst nen bereits eine (Verteilungs-) Ent- zung gestellt werden. Möglichkeiten unterschiedlich ist. Diese Heteroge- scheidung getroffen werden muss, zum Umgang mit Unsicherheitsfakto- nität bedingt besondere Schwierig- bevor überhaupt annähernd vor- ren werden im folgenden Exkurs the- keiten. Trotz aller mehr oder weniger hersehbar ist, wie sich die Situation matisiert. Risiken einfach zu ignorie- auffälligen Interessengegensätze ist entwickelt. Dies kann bei inhärent ren, ist kein akzeptabler Ansatz. aber immer wieder zu betonen, dass unsicheren externen Entwicklun- Bund, Länder und Gemeinden sich je- gen wie zum Beispiel der Zahl der weils zugestehen, dass auch die an- neu eintreffenden Flüchtlinge oder Exkurs: Berücksichtigung deren Ebenen wie sie selbst gemein- aber auch bei größeren Reformen von Risiken und wohlorientiert sind und daher für eine der Fall sein. Auch eine gute Geset- mangelnder Planbarkeit gemeinsame Sache agieren. Dies zesfolgenabschätzung kann nicht im Mehrebenensystem ist in potentiellen Konfliktsituationen immer Planungssicherheit garan- wichtig. tieren; dies ist als solches nicht zu Mittlerweile ist oft zu hören, dass an- bemängeln. Die Unsicherheit muss gesichts von Globalisierung, Vernet- Es lassen sich je nach Situation drei aber berücksichtigt werden und darf zung, technischem Fortschritt und vie- Strategien zum Umgang mit Unsicher- keinesfalls geleugnet werden. In ler anderer Gründe Planbarkeit nicht heit und mangelnder Planbarkeit her- entsprechenden Fällen werden die mehr gegeben sei und dies ein erns- ausarbeiten. Unsicherheiten im Vorfeld im Sinne tes Problem darstelle. Gleichzeitig sind von automatischen Anpassungsme- Stimmen zu hören, die darauf hinwei- • Schnelle, nicht vorhersehbare Ver- chanismen zu berücksichtigen sein, sen, dass auch vor den vielen hier ge- änderungen des Umfeldes wird es damit die Entscheidung auch bei nannten Entwicklungen Planbarkeit immer geben. Besondere Schwie- verschiedenen Entwicklungen sach- nicht gegeben war, höchstens der (ir- rigkeiten treten dann auf, wenn gerecht bleibt und Bestand haben rige) Glaube hieran. Zudem seien die schnelle Entscheidungen erzielt kann. Letztlich geht es um Fragen Ansprüche an Planbarkeit immens ge- werden müssen, weil sich aus der der Risikoaufteilung, die keinesfalls stiegen, sei die Fähigkeit zu kurzfris- Situation ein besonderer Entschei- einseitig zu Lasten der kleinsten und tigen Reaktionen gerade in der Politik dungsdruck ergibt. Als prägnan- somit anfälligsten Einheiten ent- aufgrund immer engerer Regelungs- tes Beispiel können Wirtschafts- schieden werden dürfen. zusammenhänge gesunken und seien krisen dienen: Unmittelbare Ent- • Drittens ist für den Umgang mit gerade die Kommunen viel weniger scheidungszwänge zum Beispiel kleineren Risiken eine weitere „robust“ als früher. in Bezug auf die Rettung einzelner Strategie zu benennen, die bereits Bankinstitute oder gar der Finan- im Vorfeld wirken muss: Die Her- Beide Sichtweisen verweisen auf ei- zierungsfähigkeit einzelner Staaten stellung von Robustheit sollte die nen gemeinsamen Punkt. Der Um- können nicht vertagt werden (eine obigen aufwändigen Verfahren so gang mit mangelnder Planbarkeit ist Vertagung würde die Nicht-Rettung unnötig wie möglich werden las- in der Politik schwierig und oftmals implizieren). Gefragt sind daher sen. Wenn anhand von mittel- und unzureichend. Dies gilt insbesonde- Rahmenbedingungen, die auch bei langfristig aufgebauten Reserven re dann, wenn innerhalb eines Mehr- demokratischen Verfahren schnelle kurzfristige Überlasterscheinung ebenenkontextes Finanzbeziehungen Entscheidungen zulassen. Vor dem (fiskalisch, personell) aufgefangen zwischen den verschiedenen Gebiets- Hintergrund aktueller Erfahrungen werden können, kann von Robust- körperschaftsebenen betroffen sind. gehört im Mehrebenensystem zu heit oder von „Resilienz“ gespro- Im Ergebnis bedeutet mangelnde den entsprechenden Vorausset- chen werden. Im Kern geht es da- Planbarkeit für Kommunen die Gefahr zungen eines guten Umgangs mit rum, nicht die Risiken als solche

44 Deutscher Städtetag – Gemeindefinanzbericht 2016 zu reduzieren, sondern die Fähig- Knapp gesprochen ist die Fähigkeit zur verlagern, haben sich als besonders keit zum Verkraften negativer Ent- kurzfristigen politischen Einigung ohne gutes Mittel der Konfliktregulierung wicklungen zu vergrößern. Neben vertragliche beziehungsweise gesetz- erwiesen. den hier vorrangig angesproche- liche Umsetzung gefragt. nen Fragen der verfügbaren Res- Es muss also die Fähigkeit geschaffen sourcen sind auch die verfügbaren Beispiel II: werden, bei politischen Vereinbarun- (Entscheidungs-) Kompetenzen zu Unsichere Gesetzesfolgen- gen die Unsicherheiten zu berücksich- erwähnen, die aufgrund des Sub- abschätzung tigen („Wer zahlt bei welcher Entwick- sidiaritätsprinzips bei den Kommu- lung was?“). Es muss gleichzeitig dafür nen vorhanden sind. Bei der Einführung eines Bundesteil- gesorgt werden, dass diese Vereinba- habegesetzes sind die entstehenden rung auch sicher umgesetzt werden Zur Verdeutlichung werden verschie- Kosten direkt abhängig von durch die kann, indem die Anpassungsmecha- dene Möglichkeiten, im Bereich der Gesetzesänderung ermöglichten, aber nismen geklärt werden und die Daten- Finanzpolitik mit unterschiedlichen For- kaum zu quantifizierenden Verhaltens- verfügbarkeit gesichert wird. men mangelnder Planbarkeit umzuge- änderungen großer Personengrup- hen, anhand von Beispielen illustriert. pen. Die Kommunen fürchten Mehr- Beispiel III: belastungen in Milliardenhöhe, die Schwankende Gewerbesteuer- Beispiel I: vom zuständigen Bundesministerium einnahmen Flüchtlingszuzug bestritten werden. Streng genommen handelt es sich bei der Bearbeitung Die Widerstandsfähigkeit gegen beein- Ein sachgerechter Umgang mit kurz- dieses Konfliktes um eine technische trächtigende Ereignisse wird unter dem fristig auftretenden Ereignissen setzt Frage: Der Bund sagt eine Übernah- Stichwort der „Resilienz“ behandelt die Fähigkeit zum schnellen und ko- me eventueller Mehrkosten (politische und wird in verschiedenen Kontexten operativen Handeln über alle Ebenen Frage) grundsätzlich zu, bestreitet diskutiert – sei es die Resilienz gegen hinweg voraus. Neben allgemeinen aber, dass es zu Mehrkosten kommen wirtschaftliche Rückschläge, demo- Voraussetzungen wie die Bereitschaft würde. graphische Entwicklungen oder auch zur Verantwortungsübernahme ge- den Klimawandel. hört hierzu insbesondere gegenseiti- Eine Lösung für den Konflikt kann nur ges Vertrauen zwischen den Akteuren. gefunden werden, wenn die fiskali- Nur als Einschub sei erwähnt, dass Nur bei gegenseitigem Vertrauen ist es schen Unsicherheiten bei den Geset- mit der Forderung nach Resilienz aber möglich, politische Zusagen als kurz- zesfolgen akzeptiert und von vorn- auch eine Verlagerung der Verantwor- fristigen Ersatz langwierig zu verhan- herein im Gesetzgebungsverfahren tungszuweisung einhergehen kann: delnder detaillierter Vereinbarungen berücksichtigt werden. Dies bedeutet, Schlimmstenfalls wird die Verantwor- und Gesetze zu verwenden. dass die Gesetzesfolgen genau be- tung für die Sicherstellung von Resili- obachtbar gemacht werden müssen enz dann nicht mehr bei denjenigen Ak- Deutlich wurde dies etwa bei den (Ausgabensteigerungen im Vergleich teuren, die ein Risiko erst verursachen, landesinternen Diskussionen um die zur unterstellten Normalentwicklung) verortet, sondern bei denjenigen, die Übernahme der Flüchtlingskosten. und bereits jetzt Anpassungsklauseln von einem Risiko betroffen sind. Da- Dort, wo schnell politische Zusagen zur fiskalischen Kompensation verein- bei müssen die Grundsätze klar sein: zur Kostenübernahme – oder auch nur bart werden müssen, die automatisch Ein Akteur, der Risiken zu verantworten zur Übernahme eines Teils der Kosten, ohne weitere politische Verhandlungen hat, hat im Normalfall die Folgen dieser dies dann aber klar ausgesprochen – greifen. Von einer potentiellen Konflikt- Risiken direkt zu übernehmen. Alterna- durch die Landesregierung erfolgte, eskalation muss hingegen ausgegan- tiv können vorab Kompensationsrege- war es möglich, die politische Energie gen werden, wenn aus politischer Sicht lung mit den Betroffenen getroffen wer- schnell auf Fragen der Organisation eine Zusage gemacht wird, die hinter- den. Wie oben dargestellt wurde, sind und Kommunikation vor Ort zu kon- her nicht eingehalten werden kann die Kommunen keinesfalls in allen Fäl- zentrieren und somit der eigentlichen oder deren Einhaltung nicht überprüft len diejenigen, die die Risikoabsiche- Herausforderung mit voller Kraft zu be- werden kann. Daher ist im Vorfeld auf rung übernehmen müssen. gegnen. eine entsprechende Sicherstellung der Datenverfügbarkeit zu achten. Bei genuin kommunalen Risiken aller- Auch beinhaltete eine Kostenübernah- dings, wozu zum Beispiel kurzfristi- meerklärung eine deutliche Entspan- Vergleichbares gilt auch bei unklaren ge Einnahmeschwankungen bei einer nung bezüglich der Diskussion um die Entwicklungen, die nicht durch die lokalen gewinnabhängigen Steuer nun Verteilung der Flüchtlinge, vorhande- Gesetzgebung geschaffen werden: einmal gehören, muss den Kommunen ne Ressourcen konnten so besser ge- Regelungen, die wie etwa Pro-Kopf- die Möglichkeit gegeben sein, selbst nutzt werden. Die Herausforderungen Pauschalen Ungewissheiten über die Risikovorsorge treffen zu können. konnten daher auch leichter gelöst Zahl der zu versorgenden Flüchtlinge In einer wohlhabenden Stadt mit im werden. auf die fiskalische robusteste Ebene Durchschnitt starken, aber auch stark

Deutscher Städtetag – Gemeindefinanzbericht 2016 45 schwankenden Gewerbesteuereinnah- konferenz (FMK) hat am 3.6.2016 mit bemessener Umsetzungsfristen Steu- men (man denke an einen vor Ort do- 14 zu 2 Stimmen beschlossen, über erausfälle in Höhe von rund 13 Milli- minierenden weltweit agierenden Mit- die Länder Hessen und Niedersach- arden Euro jährlich für gleich mehrere telständler) ist es sicher Verantwortung sen eine Bundesratsinitiative für eine Jahre in Folge auf die Städte und Ge- der Kommunalpolitik, für ausreichend umfassende Reform der Grundsteu- meinden zukommen. Reserven für einen ein oder zwei Jahre er zeitnah auf den Weg zu bringen. dauernden Gewerbesteuereinbruch zu Der Deutsche Städtetag hat diese Ob letztendlich eine Neuregelung zu- sorgen. In der krisengeschüttelten, alt- Reformpläne ausdrücklich begrüßt. stande kommt, bleibt allerdings nach industrialisierten Stadt kann die Stadt wie vor ungewiss. Der FMK-Beschluss dieser Verantwortung zur Vorsorge Ausgelöst wurde diese Entwicklung für eine Grundsteuerreform wurde gegen kurzfristig auftretende massive durch eine Reihe von Klageverfahren zwar mit einer großen Ländermehr- Einnahmeausfälle aber nicht nachkom- vor dem Bundesverfassungsgericht heit, jedoch gegen die Stimmen der men. (BVerfG), in denen die bewertungs- Freien und Hansestadt Hamburg und rechtlichen Regelungen der Grund- insbesondere des Freistaats Bayern Es war daher ein völlig falscher Ansatz, steuer umfassend auf den verfas- gefasst. im Rahmen der letzten Gemeinde- sungsrechtlichen Prüfstand gestellt finanzkommission das Problem von werden. Die Verfahren sind inzwischen Die hinsichtlich der Mehrheitsverhält- Gewerbesteuerschwankungen mit ei- so weit vorangeschritten, dass jeder- nisse im Bund besonders bedeutsame ner radikalen Abkehr vom Prinzip einer zeit mit einer Entscheidung des BVerfG bayerische Ablehnung der Reform- an der lokalen Wirtschaftskraft gekop- gerechnet werden muss. Alle Prozess- pläne wurde in der Medienberichter- pelten Steuer „lösen“ zu wollen. Viel- beobachter gehen davon aus, dass stattung vor allem mit vermeintlichen mehr muss dafür gesorgt werden, dass das Gericht die derzeitigen Bewer- Mehrbelastungen für die Bürgerin- Gewerbesteuerschwankungen nicht tungsregeln als unvereinbar mit dem nen und Bürger begründet, die es zu mehr ein gravierendes Problem dar- allgemeinen verfassungsrechtlichen verhindern gelte. Nach übereinstim- stellen, weil ausreichend Reserven zur Gleichheitsgrundsatz erklären wird. menden Bekundungen von Bund und Abfederung vorhanden sind. Für die dann notwendige gesetzliche Ländern soll die Reform aber unter Neuregelung und die anschließend er- allen Umständen aufkommensneu- Widerstandskraft ist nicht einfach ge- forderliche Neubewertung des gesam- tral ausgestaltet werden. Zudem ent- geben, sie muss erarbeitet werden. ten Grundbesitzes ist ein Zeitrahmen scheiden bei der Grundsteuer ohnehin Hierzu braucht es Ressourcen. von mindestens sechs Jahren zu ver- nicht Bund und Länder abschließend anschlagen. über die Steuerbelastung, sondern al- lein die Kommunen. Sie bestimmen im Reform der Grundsteuer Allerdings muss stark damit gerech- Reformmodell wie schon bisher über net werden, dass das BVerfG dem das verfassungsrechtlich verbürgte Von Dr. Stefan Ronnecker Gesetzgeber nur eine deutlich kürzere kommunale Hebesatzrecht autonom Frist für eine Reform einräumen wird. über das Aufkommens- und damit Reforminitiative der Länder Zu lange schon hat der Gesetzgeber Belastungsniveau bei der Grundsteu- die Warnungen der Finanzrechtspre- er. Einen Automatismus zwischen der Die Debatte um eine Reform der chung ignoriert und alle Reformbe- Wahl der Bemessungsgrundlage und Grundsteuer ist über viele Jahre hin- mühungen im Sande verlaufen lassen. dem finalen Belastungsniveau gibt es weg ohne nennenswerte Fortschritte Sollte der Gesetzgeber jetzt aber sehr also weiterhin nicht. Etwaige Interes- geführt worden. Dabei wird die Dring- zügig eine Reform samt überzeugen- sen an einer Verlagerung der Gesetz- lichkeit einer Reform heute von nie- der Zeitplanung für deren Umsetzung gebungskompetenz auf die Landes- mandem mehr bestritten. Die aktuel- auf den Weg bringen, dann bestehen ebene dürfen nicht dazu führen, die le Bewertung des Grundvermögens doch noch gute Chancen, dass das Grundsteuerreform zu verhindern. stützt sich schließlich immer noch auf BVerfG diesen Planungen bei der Be- Wertverhältnisse, die einst im Jahr messung eines Übergangszeitraums Gleichwohl bleibt bei dieser gegen- 1964 (für Ostdeutschland sogar im für die Fortgeltung des bisherigen sätzlichen Interessenlage vorerst un- Jahr 1935) galten. Trotzdem hat der Rechts weitgehend Rechnung tragen gewiss, ob der Bund die Gesetzge- Bundesgesetzgeber lange Zeit nicht wird. bungspläne der Länder auch gegen die politische Kraft aufbringen kön- die bayerische Position unterstützen nen, eines der vielen zwischenzeitlich Insoweit hat der Bundesgesetzgeber wird. Im Koalitionsvertrag auf Bundes- entwickelten Reformmodelle umzu- jetzt die letzte Chance, der Rechtspre- ebene ist hierzu vereinbart, dass eine setzen. chung doch noch zuvor zu kommen – im Grundsatz befürwortete – Grund- und eine geordnete Reform nach ei- steuerreform eine „gemeinsame Posi- Seit Juni dieses Jahres besteht aber genem Zeitplan durchzuführen. Bliebe tion der Länder“ voraussetzt. Diese wieder Hoffnung auf ein baldiges Ende die aktuelle Reformchance dagegen Prozessbedingung ist aus Bundessicht der Hängepartie. Die Finanzminister- ungenutzt, könnten wegen zu knapp noch nicht vollständig erfüllt.

46 Deutscher Städtetag – Gemeindefinanzbericht 2016 Neue Bewertungsmethodik Übersicht 15:

Die bisherige Struktur des Besteue- Projektphasen Grundsteuerreform rungsverfahrens bleibt im FMK-Mo- Projektschritt Zeitraum dell erhalten. Die Finanzämter wer- • Fortführung des geltenden Grundsteuerrechts. bis einschl. 2026 • Reformgesetz zur Änderung des Grundgesetzes und des Bewertungsgesetzes. 2016 den auch zukünftig für die Bewertung • Aufbau der EDV-Infrastruktur für die Bewertung in den Finanzämtern und damit der Grundstücke zuständig sein, also verbunden einer Daten-Schnittstelle zwischen Finanzamt und (kommunalen) die Grundsteuermessbeträge ermitteln - Vermessungs- und Katasterverwaltungen (Übermittlung der Bodenrichtwerte), und festsetzen. Die Städte und Ge- - Bauverwaltungen (Mitteilungsverfahren bei genehmigungs- oder 2017 – 2022 anzeigepflichtigen baulichen Veränderungen und Nutzungsänderungen), meinden werden sodann wie bisher die - Adressverwaltungen der Steuerämter. Grundsteuerhebesätze autonom fest- • Reformgesetz zur Änderung des Grundsteuergesetzes. legen können und durch Anwendung • Wertfeststellungszeitpunkt (Stichtag, der für neue Grundstücksbewertung maßgeblich ist). 01.01.2022 der Hebesätze auf die Messbeträge die • Anforderung von Steuererklärungen bei den Bürgern durch das Finanzamt. 2023 • Aufbau einer elektronischen Messbescheiddaten-Übertragung von den Finanzämtern an die Grundsteuer selbst festsetzen und er- kommunalen Steuerämter. heben. Auch für Stundung und Erlass • Gesetzliche Festlegung der Grundsteuermesszahlen durch Bund und Länder. 2023 – 2026 der Grundsteuer bleibt die kommuna- • (Vorab-)Information an die Gemeinden über das final zu erwartende Messbetragsvolumen durch die Finanzämter. le Ebene zuständig. Neue Aufgaben • Hebesatzfestlegung für die neue Grundsteuer durch die Gemeinden. 2026 kommen damit auf die Kommunen al- • Erstmalige Festsetzung und Erhebung der neuen Grundsteuer durch die Gemeinden. ab 2027 lenfalls im Bereich der Bauaufsichts- • Weitere Hauptfeststellungen. alle 6 Jahre sowie der Vermessungs- und Kataster- verwaltungen in Form zusätzlicher Da- tentransfers an die Finanzverwaltung zu.

Das Modell sieht im Bereich des Auf die so ermittelten Grundsteuerwer- Zeitschiene der Reform Grundvermögens (Grundsteuer B) vor, te werden sodann wie bisher Messzah- dass der Grund und Boden (Boden- len angewandt, die zum Grundsteu- Die gesetzgeberische Umsetzung der wert) zukünftig mit dem jeweiligen ermessbetrag führen. Neu ist hierbei, Reformpläne der Länder soll einem lageabhängigen Bodenrichtwert (in dass die Messzahlen nicht mehr ab- Stufenkonzept folgen. Im ersten Schritt Euro je Quadratmeter) bewertet wird. schließend durch Bundesrecht gere- werden lediglich die gesetzlichen Be- Soweit Gebäude auf dem Grundstück gelt sein werden. Im Rahmen einer wertungsregeln für den Grundbesitz vorhanden sind, wird der Gebäude- Öffnungsklausel sollen die Länder das im Bewertungsgesetz (BewG) an die wert in Abhängigkeit von Gebäude- Recht erhalten, im Rahmen bestimm- verfassungsrechtlichen Anforderungen art, Bruttogrundfläche, Baujahr und ter Korridore landesspezifisch von den angepasst und dabei auch gleichzeitig Nutzung mit bundeseinheitlich gere- Bundesmesszahlen abzuweichen. So vereinfacht. So sollen die Finanzämter gelten Festbeträgen in Euro je Qua- können die Länder etwa bestimmte im Bereich der Bewertungsstellen in dratmeter, korrigiert um Abschreibun- Nutzungsarten, wie das Wohnen, ge- die Lage versetzt werden, umgehend gen, bewertet. Diese kontinuierlich an genüber anderen Nutzungsarten steu- mit dem Aufbau der notwendigen Ver- die Baupreisentwicklung angepassten erlich privilegieren. Ü15waltungsstruktur für den Prozess ei- Festbeträge werden aus den durch- ner flächendeckenden Neubewertung schnittlichen Baukosten entsprechen- Das nachgelagerte gemeindliche He- beginnen zu können. Ergänzend dazu der Gebäudetypen abgeleitet. Boden- besatzrecht bleibt hiervon aber völlig erfolgt eine Änderung des Grundgeset- wert plus Gebäudewert ergibt sodann unberührt, so dass die Öffnungsklau- zes, mit der aufgekommene Zweifels- zusammen den Grundsteuerwert. Im sel den Ländern nur Spielräume für fragen zur Reichweite der Bundesge- Ergebnis strebt die neue Grundsteu- Eingriffe in die Tarifstruktur eröffnet, setzgebungskompetenz für die Grund- er B damit nicht mehr den Verkehrs- also in die Verteilung der Steuerlasten steuer ausgeräumt werden. wert als Bewertungsziel an, sondern zwischen den verschiedenen Steu- einen deutlich einfacher zu ermitteln- erzahlergruppen. Eingriffe der Län- Lediglich diese beiden – die reine Be- den Kostenwert. der in das Tarifniveau und damit die wertungsmethodik und die Gesetz- gemeindlichen Einnahmenpotenziale gebungskompetenz regelnden – Ge- Im Bereich des land- und forstwirt- sind dagegen nicht auf diesem Weg setzesänderungen würden demnach schaftlichen Vermögens (Grundsteuer möglich, da Messzahlensenkungen noch in dieser Legislaturperiode zum A) soll dagegen wie bisher ein Ertrags- der Länder durch allgemeine Hebes- Abschluss gebracht werden. Die wertverfahren zur Anwendung gelan- atzsteigerungen der Kommunen auf- Überarbeitung des Grundsteuerge- gen. Auch dieses Bewertungsverfah- kommensbezogen kompensiert wer- setzes (GrStG) selbst mit seinen Re- ren ist durch Einführung zahlreicher den können. gelungen etwa zur Steuerpflicht, zu Pauschalierungen erheblich verein- den Steuerbefreiungen und den Tarif- facht worden. strukturen würde erst nachgelagert

Deutscher Städtetag – Gemeindefinanzbericht 2016 47 in der nächsten Legislaturperiode er- Ausblick auf aktuelle sehen — nicht die Kostenverursacher. folgen. Entsprechendes gilt für alle Entscheidungen zur Was bleibt, ist aber das finale Ergeb- übrigen Begleitregelungen etwa im Be- Konnexität nis, dass die Kommunen verpflichtet reich des Finanzausgleichs oder bei werden, kostenintensive neue Aufga- sonstigen Abgaben, die teilweise auf Von Jennifer Musil ben oder alte Aufgaben mit besseren die Grundsteuerbemessungsgrundlage — sprich teureren Standards — wahr- aufsetzen (zum Beispiel Landwirt- Aus kommunaler Sicht sind die neue- zunehmen, ohne dass dafür zusätz- schaftskammerbeiträge). Die Tabelle ren gerichtlichen Entscheidungen zur liche Finanzmittel seitens der „Bestel- „Projektphasen“ (siehe S. 47) zeigt über- Konnexität vor allem eins, uneinheit- ler“ bereit gestellt werden. blicksartig, welche Projektschritte grob lich. Dabei ist das Kernanliegen der in welchen Zeiträumen geplant sind. gesetzlich festgehaltenen Regelungen Ganz konkret zeichnen sich in den ak- zur Konnexität in den Ländern so ver- tuelleren Entscheidungen der Landes- Soweit das Reformkonzept wie von meintlich einfach: Derjenige, der Auf- verfassungsgerichte bzw. Verfassungs- der Ländermehrheit geplant umge- gaben durch Gesetz schafft, soll auch gerichtshöfe folgende Tendenzen ab: setzt wird, werden die Städte und für sie bezahlen! Gemeinden erstmals 2027 die neue Landesverfassungsgericht Grundsteuer administrieren müssen. Aus kommunaler Sicht ist dabei das Sachsen-Anhalt, Urteil vom Organisatorische Anpassungsbedarfe Konnexitätsprinzip im Sinne einer so- 30.6.2015 — LVG 2/14 werden sich aber schon im Vorfeld genannten Veranlassungskonnexität einstellen, da die Kommunen je nach entscheidend. Veranlassungskonnexi- Im Urteil des Landesverfassungs- landesrechtlicher Aufgabenzuordnung tät daher, da die Ebene, die eine Aufga- gerichtes Sachsen-Anhalt vom schon ab 2023 einige – für die Bewer- be gesetzlich verantwortet (EU/Bund/ 30.6.2015 wurde der als teilweise tung unerlässliche – kommunale Da- Land) oft nicht mit derjenigen identisch zulässig erachteten Verfassungsbe- tengrundlagen an die Finanzverwaltung ist, die sie ausführt (Kommune). Bund schwerde teilweise wegen Verletzung übermitteln müssten (zum Beispiel Bo- und Länder, neigen dazu, neue Aufga- des Konnexitätsprinzips stattgegeben. denrichtwerte, Adressdaten, Bauanzei- ben zu schaffen oder bei bestehenden gen). Zudem müssen die Städte und Aufgaben die Standards zu verbessern Die Beschwerdeführerinnen – Ver- Gemeinden auch schon vor 2027 mit und deren Umsetzung auf die Kommu- bandsgemeinden – wendeten sich ge- der Schaffung der notwendigen eige- nen zu übertragen, ohne für die De- gen die Änderungen im Kinderförde- nen EDV-Strukturen beginnen, um dann ckung der damit entstehenden Kosten rungsgesetz (KiFöG 2013). Mit seinem spätestens ab 2027 die neuen Grund- zu sorgen. Urteil hat das Landesverfassungsge- steuermessbescheide der Finanzämter richt Sachsen die 2013 beschlosse- auf elektronischem Wege entgegenneh- Um genau dieses zu unterbinden, exis- nen Änderungen des KiFöG 2013 im men und weiterverarbeiten zu können. tieren Regeln zur Kostenübernahme Wesentlichen als verfassungsgemäß bei der Einführung neuer Aufgaben bestätigt. Die Übertragung der Verant- Die Neubewertung allen Grundbesit- beziehungsweise bei der Übertragung wortung für den Kinderbetreuungsan- zes soll spätestens 2026, also im Jahr neuer Aufgaben. So etwa beispielhaft spruch auf die Landkreise (sogenannte vor dem eigentlichen Start der neuen das KonnexAG NRW. Hiernach muss Hochzonung) stelle keinen Eingriff in Grundsteuer abgeschlossen sein. So das Land NRW im Rahmen einer Kos- das kommunale Selbstverwaltungs- wird sichergestellt, dass die Gemein- tenfolgeabschätzung darstellen, wel- recht der Gemeinden dar. Nach der den erst dann den neuen Hebesatz für che Kosten mit der Ausführung der Landesverfassung von Sachsen-An- die neue Grundsteuer festlegen müs- neuen Aufgabe verbunden sind, und halt seien neben den Gemeinden auch sen, wenn sie auch das neue Messbe- wie diese aufgebracht werden sol- die Landkreise gleichrangige Träger tragsvolumen über alle gemeindlichen len („konnexitätspflichtig“, § 1 Abs. 1 der kommunalen Selbstverwaltung. Grundstücke hinweg kennen und somit KonnexAG NRW). Schutzlücken erge- Der Gesetzgeber dürfe deshalb aus das zu erwartende Steueraufkommen ben sich aber immer dann, wenn etwa Zweckmäßigkeitsgründen grundsätz- verlässlich kalkulieren können. nicht das Land, sondern der Bund/die lich Aufgaben der Gemeinden auf die EU die neuen Aufgaben durch Geset- Landkreise verlagern, solange der in- Im Ergebnis würde das vorgelegte ze schafft, das Land diese nach Art. stitutionelle Bestand der Gemeinden FMK-Modell allen wesentlichen Anfor- 84 Grundgesetz (GG) als eigene An- hierdurch nicht ausgehöhlt werde. derungen der Städte an eine Grund- gelegenheit durchführt, das Land aber steuerreform genügen und der Gefahr keine neuen Ausführungsgesetze zur Nachdem trotz deutlicher Kritik seitens massiver Steuerausfälle vorbeugen. Durchführung durch die Kommunen er- der Kommunen 2013 die Leistungsver- Der Deutsche Städtetag appelliert da- lassen muss, da bereits alte, allgemein pflichtung von der Gemeinde- auf die her nachdrücklich an Bund und Län- gehaltene Ausführungsgesetze diese Kreisebene hochgezont wurde, haben der, nun zügig eine Einigung herbeizu- Aufgaben generell auf die Kommunen die Gemeinden keine Planungs- und führen, die alle maßgeblichen Akteure bereits übertragen haben. In solchen Koordinierungsfunktion mehr und sind mittragen können. Fällen sind die Länder — förmlich ge- nicht Vertragspartner der zwischen

48 Deutscher Städtetag – Gemeindefinanzbericht 2016 Landkreis und freien Trägern geschlos- Umsetzung des bundesrechtlichen kann das Land vor allem, anders als sen Vereinbarungen. Sie tragen aber KiFöGs vom 10.12.2008. Die Antrags- die Kommunen, von seinen politischen die Restfinanzierungsverantwortung. stellerinnen rügten einen unzureichen- Mitwirkungsrechten im Bund Gebrauch Da zudem auch die Standards deutlich den Mehrbelastungsausgleich für die machen sowie landesrechtliche Aufga- ausgeweitet wurden, stiegen die Kos- durch den Ausbau der frühkindlichen benzuweisungen Kraft eigener Gestal- ten. Damit verbunden war und ist der Förderung entstehenden Mehrkos- tungsmacht aufheben oder kostende- ständige Streit um einen adäquaten ten seitens des Landesregierung und ckend abändern.“ finanziellen Ausgleich seitens des des Landesgesetzgebers. Insbesonde- Landes. re war Angriffsgegenstand in diesem Verfassungsgerichtshof Rhein- Verfahren das Unterlassen eines kos- land-Pfalz, Urteil vom 18.3.2016 Deshalb sei, so das Landesverfas- tendeckenden finanziellen Ausgleichs — VGH N 9/14, VGH N 13/14 sungsgericht, § 2 b KiFöG 2013 mit als sonstige Handlung eines Verfas- Art. 87 Abs. 3 LV unvereinbar, soweit sungsorganes nach Art. 130 Abs. 1 In diesem Urteil stellt der Verfassungs- für die Gemeinden neue Finanzie- LV. Die erforderliche Verpflichtung von gerichtshof klar, dass die Eingliede- rungspflichten ohne Mehrkostenaus- Landesregierung oder Landtag ergab rung einer Kommune in eine andere gleich geschaffen worden seien. Mit sich nach Ansicht der Antragsstelle- (im Vollzug eines Landesgesetzes) kei- dem KiFöG 2013 hat der Gesetzgeber rinnen aus dem Konnexitätsprinzip nen konnexitätsrelevanten Sachverhalt die Finanzierung der Kindertagesein- (Art. 49 Abs. 5 LV). darstelle. richtungen umfassend neugeordnet. Dagegen bestünden grundsätzlich kei- Der Antrag wurde bereits wegen feh- Die Kommunen Herdorf und Daaden ne verfassungsrechtlichen Bedenken. lender Antragsbefugnis und Fristver- hatten die Eingliederung der bisher Allerdings habe der Gesetzgeber nicht säumnis als unzulässig zurückgewie- verbandsfreien Stadt Herdorf in die ausreichend sichergestellt, dass mög- sen. Die Antragsbefugnis fehle, da die Verbandsgemeinde Daaden, die im liche Mehrbelastungen der Gemeinden Antragsstellerinnen sich auf eine Ver- Rahmen einer Kommunal- und Verwal- ausgeglichen werden. Mehrbelastun- letzung ihres Rechts auf Selbstverwal- tungsreform nach § 1 Herdorf EinglG gen können insbesondere dadurch ent- tung in seiner Ausprägung durch die erfolgte, gerügt. Unter anderem man- stehen, dass der frühere Eigenanteil der Konnexitätsbestimmungen in Art. 49 gele es an einer Beachtung des Kon- freien Träger entfalle und die Träger von Abs. 5 LV beriefen. Dieser Anspruch nexitätsprinzips aus Art. 49 Abs. 5 LV Kindertagesstätten künftig an höhere setze jedoch zwingend voraus, dass Rheinland Pfalz, so hatten sie ausge- Qualitätsstandards gebunden seien. ein konnexitätsrelevanter Sachverhalt führt. Ein finanzieller Ausgleich für die im Sinne dieser Bestimmung vorliege. mit der Eingliederung übergehenden Auch in der Übertragung der Finan- Das Land müsse durch die Aufgaben- Lasten im Eingliederungsgesetz sei zierungsaufgaben ohne ausreichende übertragung Kostenverursacher sein. nicht vorgesehen. Die Anträge wurden Kostendeckungsregelung liege ein un- Dies sei bei einer Veränderung der Auf- abgewiesen. Der Begründungsansatz zulässiger Eingriff in die Finanzhoheit gaben durch Bundesrecht nicht der mit einer Verletzung des Konnexitäts- der Gemeinden. Unter Aufgabe seiner Fall, wenn sich der Beitrag des Lan- prinzips (Art. 49 Abs. 5 LV) trage nicht, bisherigen Rechtsprechung sprach desgesetzgebers – wie hier – auf eine es fehle die entsprechende Antrags- das Landesverfassungsgericht aus, mehrere Jahre zuvor erlassene allge- befugnis. „Eine auf diesen Einwand dass auch neu begründete Finanzie- meine Zuständigkeitszuweisung an die gestützte Verfassungswidrigkeit des rungspflichten dem Konnexitätsprinzip Kommunen beschränke. Ein bloßes angegriffenen Eingliederungsgesetzes unterlägen, die einen integralen Be- Unterlassen des Landes etwa in Form setzt zwingend voraus, dass ein kon- standteil einer neuen – lediglich Drit- des „Unterlassens“ der Rückholung nexitätsrelevanter Sachverhalt im ten übertragenen – Aufgabe darstellten der Aufgabe reiche als konnexitätsre- Sinne des Art. 49 Abs. 5 LV vorliegt. (Abkehr von LVerfGE 9, 390 [404 f.]). levanter Sachverhalt nicht aus. „ […] Daran fehlt es hier.“ (Rn. 90) […] „Die Insoweit werden die Kommunen zwar im Rahmen der Eingliederung ei- Mit Rücksicht auf eine bis Ende 2016 nicht durch das Konnexitätsprinzip im ner verbandsfreien Gemeinde nach ohnehin geplante Evaluierung der Fi- Sinne des Art. 46 Abs. 5 LV vor Mehr- § 8 Abs. 2 KomVwRGrG erfolgende nanzierungsregelungen hat das Gericht belastungen geschützt. Sie sind aber Aufgabenübertragung auf derselben dem Gesetzgeber zur Schaffung einer angesichts der allgemeinen Finanzga- kommunalrechtlichen Ebene […] be- verfassungsgemäßen Neuregelung eine rantie des Art 49. Abs. 6 LV auch nicht gründet keine Übertragung neuer Auf- Frist bis zum 31.12.2017 gesetzt. schutzlos gestellt. [...] [Es] ist daher im gaben im Sinne des Art. 49 Abs. 5 Rahmen des Art. 49 Abs. 6 LV auch LV. […] „Auch wenn das Konnexitäts- Verfassungsgerichtshof Rhein- dem Umstand Rechnung zu tragen, prinzip den einzelnen Gemeinden und land-Pfalz, Beschluss vom dass das Land verpflichtet ist, die fi- Gemeindeverbänden eine subjektive 30.10.2015 — VGH N 65/14 nanziellen Belange seiner Kommunen Rechtsstellung verleiht, geht es in- auf Bundesebene als eigene zu wah- haltlich vorrangig darum, im Verhältnis Die Antragsstellerinnen wehrten sich ren und durchzusetzen. Denn bei bun- zwischen dem Land und den Kommu- erfolglos gegen die landesrechtliche desrechtlich zugewiesenen Aufgaben nen die potenzielle Mehrbelastung als

Deutscher Städtetag – Gemeindefinanzbericht 2016 49 solche für die Gesamtheit der betroffe- Einführungszeitraum von zehn Jahren das Bundesministerium der Finanzen nen Gemeinden und Gemeindeverbän- vor. Nach diesen Plänen sollen in den und den Bundesrat vertreten. Durch de festzustellen.“ […] „Erfolgt jedoch ersten fünf Jahren die Mitgliedstaaten den Bundesrat ist das Bayerische innerhalb derselben kommunalrechtli- bei der freiwilligen Umstellung auf ein Finanzministerium und die Hambur- chen Ebene eine Übertragung von Auf- doppisches Rechnungslegungssystem ger Finanzbehörde beauftragt, in den gaben, scheidet eine […] Mehrbelas- (basierend auf IPSAS) von der Kom- Beratungsgremien der Europäischen tung und damit gleichsam ein konne- mission auch finanziell unterstützt wer- Union tätig zu werden. xitätsrelevanter Sachverhalt aus“ […] den. Zeitgleich sollen die EPSAS ent- (Rn.91) wickelt werden. Diese sollen nach der Die Finanzministerkonferenz hat auf Bewertung der Kommission nicht un- Ebene der Staatssekretäre eine Ar- Aus kommunaler Sicht ein äußerst nötig von dem Bezugsrahmen der IP- beitsgruppe eingerichtet, in der neben uneinheitliches Bild, das zukünftige SAS abweichen. dem Bundesministerium der Finan- Verfahren einem hohen Prozessrisiko zen die Finanzministerien der Länder aussetzt. Die Tendenz der Landesver- Die eigentliche Umstellung auf EPSAS- Baden-Württemberg, Bayern, Bran- fassungsgerichte, Schutzlücken fest- Standards soll in den Mitgliedstaaten denburg, Hamburg, Hessen, Nieder- zustellen, die Zuständigkeit zu deren dann in der zweiten Phase erfolgen. sachsen sowie Thüringen vertreten Behebung aber auf Verfassungskom- sind. Als Vertreter der für die Kom- missionen bzw. politische Mechanis- Im Herbst 2015 hatte die Kommission munen zuständigen Ressorts ist die men – wie das Wahrnehmen von kom- eine Working Group EPSAS eingerich- Innenministerkonferenz durch das In- munalen Interessen in der Pflicht der tet, die als Expertengremium die Kom- nenministerium Rheinland-Pfalz in der Länder zu verantworten – abzuschie- mission mittel- bis langfristig bei der Arbeitsgruppe berücksichtigt. ben, ist äußerst unbefriedigend. Auch Entwicklung, Einführung und Umset- wenn eine solche Feststellung, wie sie zung der EPSAS unter Einbeziehung Aktuelle Studie: Vergleich durch die Gerichte teilweise getroffen der Expertise aus den Mitgliedstaaten der IPSAS mit den Standards wurde, grundsätzlich erfreulich und zu unterstützt. Insgesamt fünf Unterar- staatlicher Doppik begrüßen ist, so bringt sie doch nicht beitsgruppen (sogenannte Cells) sollen das für die neuen Aufgaben dringend der Working Group EPSAS zuarbeiten. Ende März 2016 wurde ein im Auf- benötigte zusätzliche Geld in die klam- Die Mitgliedstaaten sollen insbesonde- trag des Bundesministeriums der Fi- men kommunalen Kassen. re die Belange der unterschiedlichen nanzen erstellter Vergleich der IPSAS Ebenen des öffentlichen Sektors – in mit den Standards staatlicher Doppik Deutschland sind das also Bund, Län- publiziert. In dem umfassenden For- Europäische Standards der, Gemeinden/Gemeindeverbände schungsgutachten kommen die Auto- für die Rechnungslegung und Sozialversicherungsträger – ein- ren zu dem Ergebnis, dass eine Sys- des öffentlichen Sektors bringen. temumstellung mit einem nicht zu (EPSAS) vernachlässigenden Aufwand gerade Formale Beschlüsse oder Entschei- zu Beginn der Reform einhergeht. Die Von Dr. Birgit Frischmuth dungen werden in diesen Gremien Herausforderungen bestehen nicht gefasst. Die Europäische Kommission hält an • bei den sich ändernden Prozessen ihrem Plan fest. In der EU sollen ein- Nationale Strukturen zur (zum Beispiel bei der Zeitwerter- heitliche und verbindliche europäische Begleitung der EU-Debatte mittlung, der internen Leistungs- Vorgaben zur Rechnungsführung des verrechnung oder der Kostenerfas- öffentlichen Sektors (EPSAS) durchge- Während sich die kommunale Ebene sung, der Ermittlung der Steuer- setzt werden. Grundlage für die Erar- seit dem Bekanntwerden der EU-Pläne forderungen und der notwendigen beitung dieser Vorgaben sind die ver- sehr intensiv mit IPSAS, dem Vergleich verstärkten Kommunikation zwi- öffentlichten International Public Sec- zur kommunalen Doppik und dem zu schen Fachbereichen und der tor Accounting Standards (IPSAS). erwartenden Zusatzaufwand einer er- Buchhaltung), neuten Umstellung der Rechnungs- • im Bereich der IT (vor allem mit Zur Vorbereitung des Gesetzgebungs- legungsstandards auseinandersetzt, Blick auf die Berichtsstrukturen verfahrens auf EU-Ebene war schon war das Thema auf staatlicher Ebene zum Beispiel bezogen auf die Seg- in 2014 eine Mitteilung der Kommis- nur sehr zögerlich und zunächst nur in mentberichterstattung) und sion an den Rat und das Europäische Hessen und Hamburg beachtet wor- • in besonderem Maße bei den be- Parlament erwartet worden. Das ist den. Es hat einige Zeit in Anspruch ge- troffenen Akteuren. nicht erfolgt. Zwischenzeitlich teilte nommen, bis Bund und Länder Struk- aber die für das Projekt innerhalb der turen aufbauten, die den europäischen Vor allem die Mitarbeiter in den Kommission zuständige Generaldirek- Entwicklungsprozess von EPSAS kon- Buchhaltungen und Fachverwaltungen tion Eurostat mit, sie sehe für die Ent- tinuierlich begleiten. Deutschland wird werden entsprechend den Ergebnis- wicklung der EPSAS nunmehr einen inzwischen in den EU-Gremien durch sen des Gutachtens vor einem nicht

50 Deutscher Städtetag – Gemeindefinanzbericht 2016 unerheblichen Schulungs- und Wei- hört sicherlich auch die Frage, ob das Anlass zu Fehlinterpretationen bieten. terbildungsaufwand stehen. Es wird bisher eingeschlagene Tempo einer Es bestehen daher eher Zweifel, dass auch eine erhöhte Arbeitslast in ei- Vergemeinschaftung angemessen ist. IPSAS im Vergleich zum HGB zu einer nigen Bereichen erwartet. Aber auch Subsidiarität und Proportionalität ge- höheren Transparenz gegenüber den die Empfänger der Berichte — Politik hen dabei oft verloren. Die in den letz- Steuerzahlern und zu einer besseren und Verwaltungsmanagement — wer- ten Jahren zu beobachtende Tendenz, Finanzkommunikation mit Investoren den vor neue Anforderungen gestellt. immer mehr Kompetenzen auf die führt. Die für Deutschland an der eu- Ebene von Brüssel zu ziehen, stößt ropäischen Debatte maßgeblich betei- Aktuelle Studie: zunehmend auf Widerstand. Bezogen ligten Wortführer sollten sich vor die- Die Machbarkeitsstudie auf das Thema EPSAS ist festzustel- sem Hintergrund an den Grundsätzen der Freien und Hansestadt len, dass ein zusätzlicher Nutzen sol- ordnungsgemäßer Buchführung orien- Hamburg (FHH) cher Standards für deutsche Kommu- tieren. nen eher fraglich ist, denn durch die Für das Rechnungswesen der Freien Einführung der kommunalen Doppik in Für eine europaweit abgestimmte und Hansestadt Hamburg (FHH) wurde den zurückliegenden 10 Jahren verfü- Finanzberichterstattung wäre es wün- in 2016 ein Proof-of-Concept zu den gen diese bereits über ein perioden- schenswert, wenn bei der Umrech- Umsetzungsmöglichkeiten von EPSAS gerechtes Rechnungswesen. Deutlich nung der einzelnen nationalen sta- auf Basis des aktuellen Rechnungs- wird dies zum Beispiel im Positions- tistischen Haushaltsdaten eine Über- legungssystems der FHH anhand un- papier der Kommunalen Gemein- leitungs-/Kongruenztabelle vorläge, um terschiedlicher Kriterien erstellt. Aus- schaftsstelle für Verwaltungsmanage- vergleichbare Aussagen treffen zu gehend von den derzeitigen IPSAS- ment (KGSt) vom März 2016 mit dem können. Damit sollten manipulierbare Regelungen wurden neben normativen Titel „Was bedeutet die Einführung der Finanzstatistiken künftig vermieden auch organisatorische und technische europäischen Rechnungslegungsstan- werden. Aspekte in die Beurteilung einbezogen. dards für die Kommunen (EPSAS)?“. Bei den gegenwärtigen Arbeitsstruk- Chancen der aktuellen Im Ergebnis dieser Untersuchung wird turen auf EU-Ebene zur Entwicklung Debatte erkennen deutlich, dass die von der Europäi- der EPSAS finden hingegen die Steu- schen Kommission gewählte Ausprä- erungserfordernisse und Erfahrungen Eine Chance bietet die aktuelle De- gung der IPSAS als Referenzstandard der europäischen Kommunen keine batte um EPSAS in Deutschland den- für einen europäischen Rechnungs- direkte Berücksichtigung. noch. Nämlich die Chance zu einer legungsstandard für den öffentlichen Zusammenführung der wesentlichen Sektor (EPSAS) erhebliche Auswir- Gleichwohl spricht vieles für eine stär- Regelungen der kommunalen Doppik, kungen auf die Umstellungskosten der kere Harmonisierung des öffentlichen die derzeit durch föderale Vielfalt ge- anwendenden Gebietskörperschaften Rechnungswesens in der EU. Dafür kennzeichnet sind. Der bundesweite haben wird. sollte sich die EU-Kommission aber auf Diskurs, wie auch die Evaluierung der die Erarbeitung einheitlicher Grundsät- Reform des Gemeindehaushaltsrechts Normativ sei deshalb ein Rechnungs- ze öffentlicher Buchführung beziehen. in den Mitgliedstädten des Deutschen legungsstandard zu fordern, der das Ein solcher Ansatz wäre in den bereits Städtetages von 2011 haben ergeben, Schutzinteresse öffentlicher Haushalte über ein doppisches Rechnungswe- dass genau in dieser Vielfalt ein Man- im Sinne finanzieller Nachhaltigkeit un- sen verfügenden Staaten (einschließ- gel der Reform gesehen wird. Zumal terstützt. Dies ist auch die Variante, in lich ihrer Kommunen) mit begrenztem die Vergleichbarkeit doppischer Da- der für bereits vorhandene kaufmänni- zusätzlichem Aufwand umsetzbar. Be- ten über Landesgrenzen hinweg durch sche Rechnungswesensysteme ein nur vor es auf EU-Ebene um die rein tech- diese Vielfalt zusätzlich erschwert wird. relativ geringer ergänzender Umstel- nischen Standards der Rechnungs- Zudem könnte durch die europäische lungsaufwand anzunehmen sei. Auch legung geht, sollte deshalb zunächst Debatte die Phase des Übergangs des angesichts der international relativ un- Konsens zum Zweck des neuen Rech- öffentlichen Sektors von der Kamera- terschiedlichen Ausprägung von be- nungswesens und den daraus abge- listik auf die Doppik in Deutschland reits IPSAS anwendenden Gebietskör- leiteten Grundsätzen der öffentlichen zumindest zeitlich begrenzt werden. perschaften erscheine dies vertretbar. Rechnungslegung erreicht werden. Zumal gerade diese Übergänge zu- sätzliche Probleme für die Finanzsta- EU-weite Grundsätze und Die Grundsätze ordnungsgemäßer tistik schaffen. Eine qualitativ hoch- Prinzipien sind erforderlich Buchführung, an denen sich die kom- wertige Finanzstatistik ist jedoch eine munale wie auch die staatliche Doppik wichtige Prämisse für die Gestaltung Derzeit ist die Europäische Union auf orientieren, sind auch hinsichtlich ihrer der Finanzbeziehungen und -ausglei- den Prüfstand gestellt. Das Ergebnis Auslegung über viele Jahrzehnte ge- che zwischen den Ebenen der öffent- der Abstimmung der Bürger des Verei- reift. Werden solche Grundsätze aufge- lichen Hand. nigen Königreichs über den Verbleib in geben, sind Daten aus der öffentlichen der EU wirft viele Fragen auf. Dazu ge- Rechnungslegung zu erwarten, die

Deutscher Städtetag – Gemeindefinanzbericht 2016 51 Die ersten inzwischen im bundeswei- langt, sichere, risikoarme Anlageform diese bietenden Institute kalkulieren ten Dialog zu beobachtenden Bemü- zu wählen. Damit fallen die erreich- eine für sie auskömmliche Marge ein. hungen um den verstärkten fachlichen baren Erträge sehr gering aus. In der und politischen Austausch zu den aktuellen Negativzinsphase stellt sich Einigen Städten gelingt es damit der- bestehenden Regelungen der Rech- zudem in besonderer Weise die Frage, zeit, trotz hoher oder auch steigender nungslegung im öffentlichen Sektor wie die Gelder in ihren Kapitalwerten, Kassenkreditbestände, die Finanzie- werden deshalb von den Städten und wenn schon nicht real, so zumindest rungskosten in der Summe auf niedri- ihrem Verband nicht nur begrüßt, son- nominal erhalten werden können. gem Niveau zu halten. Allerdings steigt dern aktiv unterstützt. mit wachsender variabler Verzinsung Bezogen auf kommunale Stiftungen auch das Zinsänderungsrisiko. sind die Praktiker gefordert, über ge- Kommunales Zins- eignete Anlagestrategien die erforder- Zinssicherung durch Derivate management im Zeichen lichen Erträge zu erwirtschaften, um negativer Zinsen den Stiftungszweck weiter erfüllen zu Zinssicherung kann unter anderem können. Bei den örtlichen Debatten um durch den Einsatz von Derivaten er- Von Dr. Birgit Frischmuth Anlagerichtlinien sind deshalb neben reicht werden. Im Zeitalter der posi- dem Ziel Sicherheit der Anlage auch tiven Zinslandschaft wurden in den Das kommunale Zinsmanagement steht ein angemessener Ertrag, Liquidität zurückliegenden Jahren verbreitet vor sich ändernden Herausforderun- und Nachhaltigkeit wesentliche Krite- Payer Swaps genutzt, um das Zinsän- gen. Hauptanlass für diese Änderun- rien. derungsrisiko variabel verzinster Dar- gen ist die Negativzinsstrategie der lehen abzusichern. Alternativ konn- Europäischen Zentralbank (EZB). Die Negative Zinsen bei te und kann die Stadt auch je nach derzeitige Zinsstrategie der EZB stellt Kassenkrediten Marktsituation Darlehen mit langfris- viele der bisherigen Regeln im Finanz- tiger Zinsbindung (Festzinskredite) management auf den Kopf. Zudem Die aktuelle Statistik zeigt deutlich: Die aufnehmen. Solche Festzinskredite werden die Konsequenzen der in den Kassenkreditbestände der Kommunen sind in der Regel vergleichsweise kos- letzten Jahren verschärften Banken- sind weiterhin hoch (rund 51 Milliarden tenintensiv. Deshalb wurde verbreitet regulierung und einer zunehmenden Euro) und in vielen Kommunen in den als kostengünstigere Variante anstel- Konsolidierung der Bankenlandschaft letzten Monaten auch weiter gestie- le eines Festzinskredits über die Nut- spürbar. gen. Diese Darlehen sind in der Re- zung von sogenannten synthetischen gel variabel mit Bezug auf den Euribor Festzinskrediten eine Zinssicherung Aktuell ist auf dem Geldmarkt viel Li- als Bezugsgröße verzinst. Der Euribor erreicht. quidität vorhanden. Nicht nur Banken, (Euro Inter Bank Offered Rate) ist ein auch institutionelle Anleger suchen Referenz-Zinssatz für Termingelder mit Ein synthetischer Festzinskredit ent- händeringend nach rentierlichen An- unterschiedlichen Laufzeiten im Inter- steht, wenn ein variabel verzinstes lagemöglichkeiten. Diese Marktsitu- bankengeschäft. Seit einigen Mona- Darlehen durch ein Derivat in ein fest- ation strahlt nicht nur auf die sich ten ist dieser Bezugswert negativ. Das verzinstes Darlehen geswitcht wird. In bietenden Möglichkeiten beim kom- gilt nicht nur für sehr kurze Laufzei- der positiven Zinslandschaft war das munalen Schuldenmanagement aus. ten. Derzeit ist selbst der 12-Monats- unproblematisch und hat gut funktio- Auch für das Management der kom- Euribor negativ. So lag dieser zum niert. In der aktuellen Negativzinssi- munalen Rücklagen bestehen im ak- Beispiel am 6.7.2016 bei -0,062 Pro- tuation versagt der Mechanismus je- tuellen Marktumfeld Handlungserfor- zent, der 6-Monats-Euribor wurde mit doch in vielen Fällen. Er versagt aber dernisse. -0,189 Prozent und der 3-Monats-Eu- nur, weil einige Banken mit Blick auf ribor mit -0,293 Prozent ausgewiesen. ihre eigene Ertragssituation die Ver- Kommunale träge der Bestandsgeschäfte neu in- Anlagestrategien So bieten bei Neuabschlüssen oder terpretieren. In diesen Fällen unter- Umschuldungen derzeit einige Ban- stellt die Bankenseite eine Zinsunter- Kommunale Rücklagen hatten Ende ken (vor allem niederländische, belgi- grenze für variabel verzinste Darlehen 2015 ein Volumen von bundesweit ins- sche, vereinzelt auch deutsche Institu- bei Null. Diese Untergrenze wird bei gesamt 52,3 Milliarden Euro. Zu den te) Kommunen Darlehen mit negativer dem daraufsitzenden Derivat jedoch Geldanlagen des Hoheitsbereiches Verzinsung. Diese Institute zahlen also ausgeschlossen. So sei der Negativ- gehören unter anderem Kassenmittel, an die Kommune einen Zins statt einen zins durch die Kommune zu zahlen. Mittel der rechtlich unselbständigen solchen für das Darlehen zu verlangen. Damit ist der ursprünglich vereinbarte Stiftungen der Kommunen, wie auch Bei einem solchen Vorzeichen ist aus und beabsichtigte Zinstausch gestört Rücklagen zum Beispiel für bestehen- Sicht der Banken die sichere Anlage und funktioniert nicht mehr. Deshalb de Pensionsverpflichtungen. Die Prä- bei einer deutschen Kommune, mit ge- suchen betroffene Kommunen derzeit misse – Sorgfaltspflicht im Umgang ringeren Negativzinsen das lukrativere vermehrt das Gespräch mit den Ban- mit kommunalem Vermögen – ver- Geschäft. Und selbstredend – auch ken für angemessene Lösungen, um

52 Deutscher Städtetag – Gemeindefinanzbericht 2016 die bei Vertragsschluss beabsichtig- geschuldeten Festzins gegen einen aufgenommen und war im Februar te Sicherungsfunktion auch bei einem variablen Zins zahlen. Konnex sind 2015 an einer Gemeinschaftsanleihe negativen Fixing des Euribor erfüllen mithin Zinssatz-Swap-Verträge, die mit Essen, Herne, Remscheid, Solin- zu können. Vielfach konnten auch be- wirtschaftlich betrachtet zumindest gen und Wuppertal beteiligt. reits Lösungen gefunden werden. partiell entweder ein variabel verzins- liches Darlehen in ein synthetisches Auf diesem Wege gelingt es zusätzli- Aktuelle Rechtsprechung zu Festzinsdarlehen oder ein Festzins- che Gläubigergruppen anzusprechen. Beratungspflichten der Ban- darlehen in ein synthetisch variabel Die letzten Anleihen hatten eine Lauf- ken verzinsliches Darlehen umwandeln. zeit von 10 Jahren. Aufgrund der ho- hen Nachfrage konnten attraktive Im März 2016 hat sich der Bundesge- Fremdmittelfinanzierung Konditionen für die beteiligten Städte richtshof (BGH) erneut mit den Bera- erfolgt weiter in hohem Anteil eingeworben werden. Mit zunehmen- tungspflichten von Banken beschäftigt. über Kommunalkredite der Praxis wird auch der Aufwand bei Der BGH hat unter anderem dargelegt, der Vorbereitung und der notwendigen unter welchen eng gesetzten Vor- Auch gegenwärtig wird der Bedarf Kommunikation bei den Anleihen über- aussetzungen ein „konnexes Grund- deutscher Kommunen an Fremdmit- schaubarer. geschäft“ zum Zinssatz-Swap-Vertrag telfinanzierung in hohem Anteil (über zu bejahen ist, so dass die beratende 90 Prozent) über Kommunalkredite Grundsätzlich gilt bei allen Alternativen Bank keine Aufklärung über den an- gedeckt. Verschiedene Erhebungen zum Kommunalkredit zu prüfen, ob sie fänglichen negativen Marktwert des haben in jüngster Zeit aber auch erge- für Kommunen auf Grund der kommu- Swap-Vertrages schuldet. ben, dass gerade höher verschuldete nal- und bankenaufsichtsrechtlichen Kommunen weniger Angebote bei Kre- Regelungen zulässig sind. Der Grund- Der BGH hat mit Blick auf nicht be- ditanfragen erhalten. Schon deshalb satz der Sparsamkeit und Wirtschaft- stehende Aufklärungspflichten zum müssen auch künftig die Bemühun- lichkeit ist ein wesentlicher Gradmes- negativen Marktwert sehr enge Gren- gen fortgesetzt werden, die Bonität ser. Ein weiteres wichtiges Prüfkrite- zen für den Begriff der Konnexität ge- aller Kommunen zu sichern. Die Ent- rium bei der Ansprache zusätzlicher setzt. Keine Aufklärungspflichten sind schuldungs- und Konsolidierungspro- potenzieller Investoren – ob diese danach nur zu vermuten, wenn der gramme für Kommunen in schwierigen ohne ein externes Rating durch Rating- Zinssatz-Swap-Vertrag mit der Bank Haushaltssituationen in nahezu al- agenturen Finanzierungen gewähren geschlossen wird, die zugleich Dar- len Bundesländern sind weiterhin von – bleibt derzeit unverändert. In jedem lehensgeberin des Kunden ist. Der hohem Wert. Es darf zu keinem Zah- Falle stellt jedoch die Ansprache des Bezugsbetrag des Zinssatz-Swap- lungsverzug oder gar Zahlungsausfall Kapitalmarktes hohe Anforderungen Vertrags muss der zur Rückzahlung gegenüber Kreditinstituten, auch nicht an die Finanzkommunikation der Kom- ausstehenden Valuta eines bereits im Einzelfall, kommen. mune. bestehenden oder zeitgleich abge- schlossenen Darlehensvertrags ent- Alternativen zum sprechen oder darf ihn jedenfalls Kommunalkredit Infrastrukturberatung als nicht übersteigen. Die Laufzeit des neues, nutzenstiftendes Zinssatz-Swap-Vertrags muss bei va- Um bestehenden Risiken der Liquidi- Angebot für Kommunen? riabel verzinslichen Darlehen der des täts- und Zinssicherung entgegenzu- Darlehensvertrags und bei Festzins- wirken, werden Alternativen zum Kom- Von Dr. Birgit Frischmuth darlehen der Laufzeit der Zinsbindung munalkredit getestet. Schuldschein- gleichstehen oder darf sie jedenfalls darlehen werden inzwischen in vielen Derzeit wird auf Bundesebene die Um- nicht überschreiten. Die Zahlungs- Städten genutzt. Mit Anleihen haben wandlung der ÖPP Deutschland AG pflichten der Bank müssen sich mit vor allem Großstadtverwaltungen in („Partnerschaft Deutschland“, PD) in dem vom Kunden in dem zugeordne- den letzten Jahren Erfahrungen ge- eine rein öffentlich getragene GmbH ten Darlehensvertrag übernommenen sammelt. Ende Mai 2016 wurde erneut mit Nachdruck vorangetrieben. Die variablen oder festen Zins mindestens eine Gemeinschaftsanleihe in NRW be- Neuausrichtung der PD soll noch in im Sinne einer partiellen Absicherung geben. Beteiligt waren die Städte Ha- 2016 vollzogen werden. gegenläufiger Zinsrisiken decken. gen, Remscheid und Solingen. Das war Die Bank muss jeweils zum gleichen nun die vierte NRW-Städteanleihe. Die Dabei geht es zum einen darum, neue Stichtag entweder den auf denselben Nachfrage der Investoren war hoch. Gesellschafter für die PD zu finden. Basiswert (etwa einen Referenzzins- Die private Seite wird sich zurück- satz) bezogenen variablen Zinssatz Die Stadt Bochum platzierte im Mai ziehen. Gerade die Beteiligung der des Kunden aus dem Darlehensver- 2016 zum ersten Mal eine eigene privaten Partner hatte in der Vergan- trag im Tausch gegen einen festen Zins Stadtanleihe mit einem Volumen von genheit wiederholt (berechtigt oder übernehmen oder dem Kunden den 115 Millionen Euro. Zuvor hatte Bo- unberechtigt sei dahingestellt) zu kri- von ihm aus dem Darlehensvertrag chum bereits Schuldscheindarlehen tischen Stimmen gegenüber der PD

Deutscher Städtetag – Gemeindefinanzbericht 2016 53 geführt. Die Organisation LobbyCon- Projekten geäußert. In einem Erfah- Förderung öffentlicher trol forderte, die ÖPP Deutschland AG rungsbericht (vom September 2011) Kooperationen aufzulösen, da sie eine Einladung zu wurde — ohne Bezug zur Tätigkeit der Lobbyismus zulasten der Bürger sei. PD, aber im Hinblick auf den Einsatz Für die Weiterentwicklung gerade von Transparency Deutschland betonte, externer Berater – festgestellt: In rund öffentlichen Kooperationen, die in einer dass klare Auftraggeber- und Auftrag- 80 Prozent der geprüften Projekte hat- beachtlichen Zahl von Mitgliedstädten nehmerbeziehungen öffentlich-priva- ten die öffentlichen Auftraggeber exter- des Deutschen Städtetages bereits ge- ter Partnerschaften aus Sicht der Kor- ne Berater beauftragt, die regelmäßig lebte Praxis ist, gilt es, die erforderli- ruptionsprävention eindeutig vorzu- auch Beratungsleistungen zur Frage chen steuer- und vergaberechtlichen ziehen seien. der Wirtschaftlichkeit erbrachten. Die Rahmenbedingungen weiter zu ver- Rechnungshöfe stellten unter ande- bessern. Ein Beispiel für den ÖPNV in Zum anderen geht es bei der Neu- rem fest, dass sich in vielen Fällen die NRW ist der Zusammenschluss von ausrichtung der PD darum, den Un- Arbeitsergebnisse der Berater durch neun kommunalen Verkehrsunterneh- ternehmenszweck neu zu definieren. mangelnde Nachvollziehbarkeit „aus- men „spurwerk.nrw“, um enger zusam- Zumal die Zahl der ÖPP-Vorhaben in zeichnen“. Zum Teil wären die Grenzen men zu arbeiten, gemeinsam Großauf- Deutschland sehr überschaubar ge- zwischen Beratung und Lobbying flie- träge zu erteilen und dadurch Effizienz- blieben ist. Jene, die solche Partner- ßend. Bei einigen geprüften Maßnah- gewinne zu erzielen. schaften anstreben, können zur Ori- men überstiegen die Transaktionskos- entierung hinsichtlich grundsätzlicher, ten den ursprünglich geplanten Betrag Neuausrichtung der ÖPP allgemeiner Fragen inzwischen auf um- erheblich, sodass die Wirtschaftlichkeit Deutschland AG wird fassende Ausarbeitungen ( zum Bei- der ÖPP-Beschaffungsvariante bereits befürwortet spiel den ÖPP-Mustervertrag für ein dadurch infrage gestellt war. Inhabermodell im Hochbau, Standards Der Hauptausschuss des Deutschen für Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen) Im Fokus: alle Beschaffungs- Städtetages hat die Initiative zur Neu- zugreifen. varianten (nicht nur ÖPP) ausrichtung der ÖPP Deutschland AG in ihrer Gesellschafterstruktur und Das künftige Unternehmen soll Die künftige PD muss offen für alle neugefassten Unternehmenszielen be- viel mehr als die bisherige PD eine Beschaffungsvarianten sein. Unter- fürwortet. Gegenwärtig ist noch nicht „Infrastrukturberatungsgesellschaft für stützung beim Planungs- und Umset- abschließend geklärt, wie die Inhouse- Kommunen“ werden, wie sie unter zungsprozess von Projekten kann für Fähigkeit im Verhältnis zwischen einer anderem von der Expertenkommis- all jene Kommunen eine Entlastung interessierten Stadt und der PD herge- sion „Stärkung von Investitionen in sein, die vor dem Hintergrund fortge- stellt werden kann. Dazu werden inte- Deutschland“ (Fratzscher-Kommissi- setzter Haushaltskonsolidierungspro- ressierte Kommunen selbst Anteile an on) im April 2015 vorgeschlagen wur- zesse in den vergangenen Jahren mas- der PD erwerben können. Der Bund de. Kommunen sollen bei Bedarf in der siv Personal abbauen mussten. Eine ist grundsätzlich bereit, seine Anteile Planung und Durchführung von Investi- Umfrage des Bundesministeriums für in einem gewissen Maß interessierten tionsvorhaben unterstützt werden, um Wirtschaft und Energie, die mit Unter- Kommunen für diesen Zweck zur Ver- diese unabhängig von der gewählten stützung der kommunalen Spitzenver- fügung zu stellen. Geprüft wird der- Beschaffungsvariante so wirtschaftlich bände im 1. Halbjahr 2015 die Antwor- zeit noch, wie sinnvoll und praktikabel wie möglich zu realisieren. Um einen ten von mehr als 1.000 kommunalen es ist, einen speziellen rechtsfähigen einfachen Zugang zu Beratungsleis- Finanzverantwortlichen erfasste, hatte Verein zugründen, der Anteile an der tungen des Unternehmens zu erhalten, zum Ergebnis, dass etwa zwei Drittel PD erwirbt und dem interessierte Mit- soll es für Kommunen die Möglichkeit der Befragten die zu geringen perso- gliedsstädte des Deutschen Städteta- geben, im Wege der Inhouse-Vergabe nellen Ressourcen vor Ort als einen ges beitreten können. Wesentlich zur die PD zu beauftragen. wichtigen Faktor für den Investitions- Beantwortung dieser Frage ist, welche rückstand der eigenen Kommune be- Kosten mit einer solchen Vereinslö- Bedarf an neutraler Beratung werten. Eigene Kapazitäten auch für sung verbunden sind. bei Investitionsvorhaben komplexere Infrastrukturmaßnahmen vorzuhalten sei entsprechend der Er- Ein Bedarf der Städte an kostengüns- hebung vielfach unwirtschaftlich. Sinn- tiger, neutraler Beratung bei Investiti- voller sei es, Kompetenzen zu bün- onsvorhaben kann unterstellt werden deln, auf die kommunale Verwaltungen und wurde unter anderem auch von bei Bedarf zurückgreifen können. Dies den Rechnungshöfen bestätigt. Die gelte für alle Phasen des Projektzyklus Rechnungshöfe des Bundes und der und unabhängig davon, welche Be- Länder haben sich mehrfach zur Wirt- schaffungsvariante (ÖPP oder konven- schaftlichkeit insbesondere von ÖPP- tionell) gewählt wird.

54 Deutscher Städtetag – Gemeindefinanzbericht 2016 III. Länderreport Länderreport West nen Maßnahmen zu Mehrausgaben in Höhe von einmalig 1,4 Milliarden Euro Der Länderreport beschreibt aus Baden-Württemberg addieren und zu laufenden Kosten von städtischer Sicht die wesentlichen circa 750 Millionen Euro führen werden. Entwicklungen der finanzpolitischen In Baden-Württem- Die Kommunen werden kaum akzeptie- Gesetzgebung in den Ländern. Im berg wirken im Be- ren können, dass das Land einerseits Vergleich zu den vorangegangenen richtszeitraum noch kommunale Sparbeiträge verlangt und Berichtszeiträumen ist festzustellen, die Vereinbarungen andererseits dieses Geld für zusätzli- dass die Diskussionen über die kom- zum kommunalen Fi- che Ausgaben verwenden will. Für die munale Finanzausstattung, Haupt- nanzausgleich, die anstehenden harten Verhandlungen und Nebenansätze der Finanzaus- im Jahr 2012 in den wäre zumindest wünschenswert, wenn gleichssysteme, Landeszuweisungen Verhandlungen der Gemeinsamen Fi- diese als Ergebnis wieder eine langfris- und Konsolidierungsprogrammen in nanzkommission zum Doppelhaushalt tige Vereinbarung zwischen Land und vielen Ländern vor den aktuellen Her- 2013/2014 getroffen wurden. Das Land Kommunalen Landesverbände her- ausforderungen der Flüchtlingsauf- und die kommunalen Landesverbände vorbringen würden. Wie in der voran- nahme in den Hintergrund geraten hatten sich darauf verständigt, dass gegangenen Legislaturperiode würde sind. Vielerorts boten die Kostener- der sogenannte Konsolidierungsbei- eine solche Verständigung, sofern sie stattungssysteme, die auf eine stabile, trag – also die Vorwegentnahme aus eine auskömmliche Finanzierung si- niedrige Zahl von Asylbewerbern aus- der Schlüsselmasse zugunsten des cherstellt, den Kommunen ausreichen- gelegt waren, keine ausreichende Ant- Landeshaushalts – in den Jahren 2013 de Planungssicherheit gewähren. wort auf die dynamische Entwicklung und 2014 von 365 Millionen Euro um der Flüchtlingszahlen. In Abhängigkeit jeweils 25 Millionen Euro auf 340 Milli- Allerdings könnte nach den Plänen von der finanziellen Leistungsfähigkeit onen Euro, und in 2015 und 2016 (Dop- der neu gewählten Regierungskoa- und/oder -bereitschaft der jeweiligen pelhaushalt des Landes) nochmals um lition der kommunale Finanzausgleich Landesregierung konnten die Finan- jeweils 25 Millionen Euro auf nunmehr in Baden-Württemberg insgesamt no- zierungssysteme in vielen Ländern 315 Millionen Euro reduziert wird. velliert werden: Nach dem Koalitions- verbessert werden, wenn auch nicht vertrag sollen in den kommunalen Fi- immer zur vollen Zufriedenheit der Nach der Landtagswahl 2016 und nanzausgleich ein Flächenzuschlag Kommunen. der anschließenden Bildung einer Re- sowie ein Demografiefaktor eingeführt gierung unter Beteiligung von Bünd- werden, um die Finanzierung für die Neben der Flüchtlingskostenfinanzie- nis 90/Die Grünen und der CDU haben Kommunen im ländlichen Raum zu rung bleiben Struktur- und Streitfragen die beiden Regierungsfraktionen in sichern. Bisher wird der kommunale des kommunalen Finanzausgleichs das den Koalitionsverhandlungen aller- Finanztopf überwiegend einwohner- prägende Thema in den Gesprächen dings verkündet, dass zum Abbau bezogen verteilt. Der baden-württem- zwischen Ländern und Kommunen. des strukturellen Defizits im Landes- bergische Städtetag hat sich in der Auch die Landesverfassungsgerichte haushalt auch die Kommunen ihren Vergangenheit bereits klar gegen ei- tragen ihren Teil zur Weiterentwicklung Beitrag leisten müssten – ohne dass nen Flächenzuschlag ausgesprochen. der Debatten bei. Im Übrigen reicht die dies im Koalitionsvertrag konkretisiert Auch ein Demografiefaktor kann nicht Themenpalette von Konnexitätsfragen wurde. Die Eckpunkte zum Landes- dazu dienen, trotz geänderten Struk- über die Kita-Finanzierung bis hin zur haushalt 2017 sehen nun 800 Millio- turen den Status quo künstlich am Digitalisierung des Rettungsfunks und nen Euro struktureller Einsparmaß- Leben zu erhalten, sondern muss mit ist damit so vielfältig wie die kommu- nahmen vor, mit denen die Landesre- der notwendigen Anpassung der Infra- nalen Strukturen in den Ländern. gierung die „schwarze Null“ erreichen struktur an die veränderten Verhältnis- will. 430 Millionen Euro davon sollen se einhergehen. Die ostdeutschen Städte und Gemein- durch Kürzungen im Personalbereich den sind aufgrund ihrer strukturell ge- und bei den Kommunen eingespart Neues könnte sich mit der neuen Lan- prägten Steuerschwäche auch mehr werden. Die kommunalen Befürchtun- desregierung auch für die Finanzver- als ein Vierteljahrhundert nach der gen, wieder stärker zur Konsolidierung fassung in Baden-Württemberg erge- deutschen Wiedervereinigung noch in des Landeshaushalts herangezogen ben: Bisher ist die Schuldenbremse besonderem Maße von Zuweisungen zu werden, scheinen sich damit zu be- nur in der Landeshaushaltsverordnung abhängig. Dies schlägt sich auch in wahrheiten. verankert. Nach dem Koalitionsvertrag den jeweiligen Finanzausgleichssyste- soll diese nun in die Landesverfassung men nieder. Der Länderreport trägt die- Offen bleibt derzeit, unter welchen aufgenommen werden. Aus kommuna- sen differenzierten Rahmenbedingun- Voraussetzungen die neue Landesre- ler Sicht sollte mit der Aufnahme der gen durch eine gesonderte Darstellung gierung die genannten Sparziele um- Schuldenbremse in die Landesverfas- Rechnung. setzen will. Auf Protest stößt zudem, sung gleichzeitig die Zusicherung ei- dass sich die im Koalitionsvertrag ner auskömmlichen kommunalen Fi- ohne Haushaltsvorbehalt vorgesehe- nanzausstattung verbunden werden.

Deutscher Städtetag – Gemeindefinanzbericht 2016 55 Übersicht 16: Steuerverbundwirtschaft 2016 in den westdeutschen Ländern – Verbundgrundlagen und Verbundquoten in v. H. Verbundgrundlagen 1) Baden- Bayern Hessen* Niedersachsen Nordrhein- Rheinland- Saarland Schleswig- Württemberg Westfalen Pfalz Holstein Einkommensteuer 23,0 12,75 - 15,5 23,0 2) 21,0 20,573 17,83 Körperschaftsteuer 23,0 12,75 - 15,5 23,0 2) 21,0 20,573 17,83 Umsatzsteuer 23,0 12,75 - 15,5 23,0 2) 21,0 20,573 17,83 Gewerbesteuerumlage 23,0 12,75 ------Länderfinanzausgleich (BEZ) 23,0 12,75 - 15,5 - 27,0 20,573 17,83 Grunderwerbsteuer 3) 38,85 4) 38,1 - 33,0 23,0 2) 27,0 20,573 17,83 Kraftfahrzeugsteuer bzw. Kompensationszahlungen für 17,54 52,5 - 15,5 - 27,0 20,573 17,83 Kfz-Steuer und LKW-Maut

1) Andere teilweise herangezogene Verbundgrundlagen (z. B. Feuerschutzsteuer) werden hier nicht näher aufgeschlüsselt. 2) Der Verbundsatz enthält 1,17 %-Punkte zur vorläufigen pauschalen Abgeltung von kommunalen Ausgleichsansprüchen aus der Abrechnung von Einheitslasten. 3) Beteiligung in Nordrhein-Westfalen nur an 4/7 und in Rheinland-Pfalz nur an 7/10 der Einnahmen aus der Grunderwerbsteuer. 4) In Baden-Württemberg steht der Anteil an der Grunderwerbsteuer in Höhe von 38,85 den Stadt- und Landkreisen zu. *) Hessen hat auf ein sog. rechnungsgestütztes Bedarfssystem umgestellt. Bei diesem Modell wird die Höhe der Finanzausgleichsmasse nicht im Wege einer prozentualen Beteiligung (Verbundquote) an den Verbundgrundlagen berechnet, sondern über eine rechnungsgestützte Bedarfsmessung. Hessen verzichtet daher vollständig auf die Ausweisung einer Beteiligungsquote.

Eigene Zusammenstellung und Berechnungen nach den Finanzausgleichsplanungen bzw. Finanzausgleichsgesetzen der Länder (Stand: Juni 2016).

Andernfalls droht den kommunalen auf die unbürokratische Lösung einer Ende 2011 hatten sich Landesregie- Kassen ein Schicksal als finanzielles Direktbuchung gesetzt hatten, zeigten rung und kommunale Landesverbän- Notventil des Landeshaushalts, wie die sie sich mit dem geschlossenen Kom- de im Rahmen des Pakts für Familien angekündigte Sparrunde zum Wohle promiss zufrieden. mit Kindern darauf verständigt, dass des Landeshaushalts bereits jetzt er- das Land ab 2014 68 Prozent der kom- ahnen lässt. Für die Anschlussunterbringung der munalen Ausgaben für die Kleinkind- Menschen mit einem Aufenthaltstitel betreuung übernimmt. Für die Jahre Noch vor der Landtagswahl hatten beziehungsweise die Unterbringung 2012 und 2013 wurde eine deutliche die kommunalen Spitzenverbände mit nach zwei Jahren in der vorläufigen Erhöhung der Förderpauschalen ver- der damaligen Landesregierung eine Unterbringung gibt es dagegen bis- einbart. Diese Erhöhung hat den Aus- Finanzierungsvereinbarung getroffen, her noch keine Vereinbarung über eine bau der Kleinkindbetreuung im Land die den Leistungen der Kommunen Verteilung der Lasten zwischen Land deutlich beschleunigt. Bedingt durch bei der Aufnahme und Unterbringung und Kommunen. Das Land engagiert die neue Berechnungssystematik der Flüchtlinge gerechtÜ16 wird: Für die sich bisher lediglich mit verschiede- sank dann die Landesförderung im Kosten der vorläufigen Unterbringung nen, allerdings teilweise nur sehr ge- Jahr 2014 aber auf 453 Millionen Euro (Zeitraum bis zur Entscheidung über ring dotierten Förderprogrammen. Ein -115 Millionen Euro weniger. Statt der das Aufenthaltsrecht, maximal aber Integrationskonzept gibt es ebenso zugesagten 68 Prozent liegt die Be- zwei Jahre) wurde für die Jahre 2015 wenig wie eine konkrete Zusage zu teiligungsquote des Landes vielfach und 2016 eine sogenannte nachlaufen- einer verbesserten Förderung des so- deutlich darunter. Um den vereinbar- de Spitzabrechnung der Kosten nach zialen Wohnungsbaus. Im Koalitions- ten Landesanteil wieder auf das ange- dem Asylbewerberleistungsgesetz vertrag ist allerdings ein „Pakt für In- strebte Maß zu erhöhen und dauerhaft (AsylbLG) durchgesetzt. Das bisheri- tegration“ mit den Kommunen sowie in allen Kommunen zu garantieren, ge System der Pauschalen wurde da- ein Landeswohnraumförderprogramm wurden entsprechende Veränderun- durch abgelöst: Die Pauschalen blie- „Wohnungsbau BW“ angekündigt. Die gen am Berechnungssystem angesto- ben demnach zwar bestehen, werden Diskussionen werden künftig auch mit ßen. Während sich beim Kostenersatz aber als Abschlagszahlung betrachtet. Blick auf die vom Bund angekündigten die prozentuale Beteiligung des Lan- Beginnend im Jahr 2016 können die Finanzhilfen für die Integrationsleis- des zwischenzeitlich eingespielt hat, Stadt- und Landkreise dann für 2015 tungen geführt werden, die unbedingt sieht der kommunale Finanzausgleich und 2016 gegebenenfalls entstandene auf der kommunalen Ebene ankom- für die Betreuung der Kinder über höhere Kosten mit dem Land abrech- men müssen. Die weitere Entwicklung 3 Jahren weiterhin nur einen Festbe- nen. Hintergrund dafür war die zum Teil bleibt abzuwarten. trag vor. Dieser Förderbetrag wurde sehr unterschiedliche Entwicklung ins- seit 2013 nicht mehr angepasst und besondere bei den liegenschaftsbezo- Neben den Kosten der Flüchtlingsun- berücksichtigt weder Tarifsteigerun- genen Kosten (während in einigen Krei- terbringung und -integration und des gen noch die erhöhte Zahl zu betreu- sen die entsprechenden Pauschalen- sozialen Wohnungsbaus spielt auch ender Kinder durch den Zuzug von bestandteile auskömmlich waren, ging die Erhöhung der Finanzierung für die geflüchteten Familien. Weitere wich- die Schere in anderen Gebieten immer Betreuung der Kinder ab 3 Jahren eine tige Handlungsfelder in den nächsten weiter auf). Obwohl die kommunalen Rolle in den anstehenden Finanzver- Jahren werden die Finanzierung der Spitzenverbände im Land zunächst handlungen: Schulbaumodernisierung sowie der

56 Deutscher Städtetag – Gemeindefinanzbericht 2016 Ausbau der Ganztagsschulbetreuung Übersicht 17: in der Sekundarstufe 1 sein. Strukturreform des kommunalen Finanzausgleichs in Bayern Altes Modell FAG 2016 Bayern (Strukturreform) Berechnung der Steuerkraftmesszahl Mit dem bayerischen Nivellierungshebesätze Finanzausgleichsge- Grundsteuer A + B 250 % 310 % setz 2016 wurde das Gewerbesteuer 300 % 310 % Teilanrechnung der über den Nivellierungshebesätzen – 10 % lange, hart und in liegenden Steuereinnahmen nicht immer sachli- Berechnung der Ausgangsmesszahl cher Diskussion aus- Einwohnerbasierter Hauptansatz (Einwohnergewichtung) unverändert; der Hauptansatz liegt für eine Gemeinde je nach gehandelte Reform- Einwohnerzahl zwischen 112 % und max. 150 %. Anwendung des 10jährigen Demografiefaktors bei der Einwohnerzahl. paket zur Strukturreform bei den Ge- Ergänzungsansatz für Kreisfreiheit unverändert; 10 % vom Hauptansatz meindeschlüsselzuweisungen zu einem Ergänzungsansatz für Strukturschwäche unverändert; bei überdurchschnittlicher Zahl an Arbeitslosen ersten Abschluss gebracht. Der Eini- im Verhältnis zur Steuerkraft gung ging zunächst eine gutachterli- Ergänzungsansatz für Belastung durch Sozialhilfe und durch Verhältnis der Zahl der Personen in che Untersuchung zur Überprüfung der Grundsicherung für Arbeitsuchende für kreisfreie Städte und tatsächlichen Aufwendungen Bedarfsgemeinschaften nach Landkreise zur Umlagekraft SGB II (Gewichtungsfaktor Verteilungsgerechtigkeit durch das Fi- 3,1/Person) nanzwissenschaftliche Forschungsins- Ergänzungsansatz für Kinder in Tageseinrichtungen für – Gewichtungsfaktor 1,0/Kind titut zu Köln voraus. Daran schloss sich kreisfreie Städte und kreisangehörige Gemeinden Sonderschlüsselzuweisungen unverändert; im Falle einer unterdurchschnittlichen eine langwierige Diskussion zu den ge- Steuerkraft troffenen Feststellungen und Empfeh- lungen an. Die daraus resultierenden Vorschläge haben in dem schließlich gefundenen Kompromiss keine voll- • Die Nivellierungshebesätze für die die Erwartung nach einer entsprechen- ständige Umsetzung gefunden. Grundsteuer A und B sowie die den Anpassung der Kreis-/Bezirksum- Gewerbesteuer wurden erhöht lagesätze deutlich gemacht. Nach jet- Aus kommunaler Sicht konnte im Er- und einheitlich bei 310 Punkten zigem Diskussionsstand werden aber gebnis das funktionierende Finanz- festgelegt. Darüber hinaus enthält nur wenige Landkreise substanzielle ausgleichssystem nachhaltig optimiert die Steuerkraftermittlung zusätzlich Umlagesenkungen vornehmen. Auch werden. Die erfolgten Änderungen sind 10 Prozent der tatsächlichen Steu- bei den Bezirken wird es lediglich in dabei vor dem Hintergrund der in der ereinnahmen, die aus Hebesätzen zwei Regierungsbezirken Senkungen Vergangenheit vorgenommenen Nach- über dem Nivellierungswert resul- geben. Das bedeutet, dass die Umla- justierungen zu bewerten, die vor allem tieren. gebelastung der Städte und Gemein- Verbesserungen für die kleinen Ge- den im Jahr 2016 steigt. meinden mit sich gebracht hatten. Mit der Anhebung der Nivellierungs- hebesätze für alle Realsteuern auf Die bayerischen Kommunen erhalten Im Zuge der Strukturreform wurde die 310 Prozent und eine darüber hinaus seit 2012 als Sonderform der im Fi- bisherige Berechnungssystematik mo- gehende AnrechnungÜ17 von 10 Pro- nanzausgleich vorgesehenen Bedarfs- difiziert: zent der über dem Nivellierungshebe- zuweisungen die sogenannten Sta- satz liegenden Realsteuereinnahmen bilisierungshilfen. Diese Finanzhilfen • Es wurde die Anzahl der Kinder in kommt es zu einer höheren Anrech- zielen primär auf den Abbau der Ver- Tageseinrichtungen als neues Be- nung der tatsächlichen Steuereinnah- schuldung und können von Kommu- darfskriterium aufgenommen, um men bei der Steuerkraftmesszahl. Dies nen beantragt werden, die sich in ei- die steigende Ausgabenbelastung hat nicht nur Auswirkungen auf die ner finanziellen Notlage befinden (zum in diesem Bereich angemessen im Höhe der Schlüsselzuweisungen, son- Beispiel negative freie Finanzspanne, Finanzausgleich zu berücksichtigen. dern auch auf die Kreis- und Bezirks- ungünstige finanzielle Bewegungs- • Für die Belastungen der kreisfrei- umlagebelastungen der Städte und freiheit, hohe Verschuldung) oder mit en Städte und der Landkreise im Gemeinden. strukturellen Härten zu kämpfen haben sozialen Bereich wird als neuer In- (zum Beispiel weit unterdurchschnittli- dikator die Zahl der Personen in Die geänderte Abrechnungssystema- che Steuerkraft, Einwohnerrückgang). Bedarfsgemeinschaften nach So- tik trug wesentlich dazu bei, dass es Die Finanzmittel werden innerhalb zialgesetzbuch II (SGB II) herange- in den Städten und Gemeinden im Jahr des kommunalen Finanzausgleichs zogen. Bislang erfolgte die Berück- 2016 aufgrund der höheren Steuerkraft bereitgestellt. Aufgrund der niedrige- sichtigung auf Grundlage der tat- zu einem deutlichen Anstieg der Um- ren Steuerkraft und des Einwohner- sächlichen Ausgaben. Aus diesem lagekraft um durchschnittlich 9,6 Pro- rückgangs lag der regionale Förder- Grund stand dieser Soziallasten- zent kam. Die Städte und Gemeinden schwerpunkt in den vergangenen Jah- ausgleich häufig in der Kritik. hatten im Vorfeld der Strukturreform ren im nordöstlichen Teil Bayerns.

Deutscher Städtetag – Gemeindefinanzbericht 2016 57 Grundvoraussetzung für die Gewäh- • wenn sie Empfänger von Stabili- des Steuerverbundes für Hessen im rung von Stabilisierungshilfen ist die sierungshilfen in den Jahren 2014 Vergleich zum vorausgegangenen Aus- Bereitschaft zu Konsolidierungsmaß- oder 2015 waren oder gleichsjahr. Man muss daher von ei- nahmen. Die Kommunen müssen des- • wenn ihr Saldo der freien Finanz- nem Mischsystem sprechen: Der Ge- halb Konsolidierungskonzepte nach spitze in den letzten drei Jahren vor setzgeber hat ein rechnungsgestütz- einem vorgegebenen 10-Punkte-Kata- der Antragsstellung negativ war. tes und am Steuerverbund orientiertes log aufstellen, im Gemeinderat be- kommunales Finanzausgleichssystem schließen und regelmäßig über den Koordiniert wird die Verteilung der geschaffen. Vollzug berichten. Bei den Konsolidie- Fördermittel in den bayerischen Re- rungsbemühungen stehen insbeson- gierungsbezirken, in denen jeweils re- Um die Mischung noch zu vollenden, dere Maßnahmen wie Anpassung der gional eingesetzte Beiräte individuelle lässt der Gesetzgeber horizontal an- Realsteuerhebesätze (mindestens auf Förderkriterien und Verteilungsme- ders als vertikal nicht nach dem rech- den größenklassenspezifischen Lan- chanismen festgelegt haben. Für eine nungsgestützt ermittelten Bedarf ver- desdurchschnitt), Erlass von Straßen- möglichst breite Förderung verfolgen teilen. Vielmehr unterteilt er wie zuvor ausbaubeitragssatzungen, Erhebung die Bezirksregierungen die grund- nach allgemeinen Zuweisungen – also von kostendeckenden Gebühren bei sätzliche Zielrichtung, in Abstimmung Schlüsselzuweisungen, besonderen kostenrechnenden Einrichtungen und mit den antragsberechtigten Kommu- Finanzzuweisungen und Investitions- der Abbau von übermäßigen freiwilli- nen der Höhe nach überschaubare zuweisungen. Schlüsselzuweisungen gen Leistungen im Mittelpunkt. und kompakte Förderprojekte auf den werden weiterhin steuerkraftabhängig Weg zu bringen. auf Grundlage eines als „veredelten“ Die Mittel für die Bedarfszuweisun- Einwohners dargestellten Gesamtan- gen wurden in den vergangenen Jah- Hessen satzes verteilt. Dabei wird bei den ren schrittweise erhöht. Im Jahr 2016 kreisangehörigen Städten neben der erfolgte eine weitere Aufstockung um Der Hessische Land- Einwohnerzahl allerdings nicht mehr 30 Millionen Euro auf 150 Millionen tag hat im Jahr auf die Einwohnerdichte, sondern auf Euro. Von den kommunalen Spitzen- 2015 mit dem zum die zentralörtliche Funktion abgestellt, verbänden wird kritisiert, dass der 1.1.2016 in Kraft ge- um die zusätzlichen Ausgabenbedarfe überwiegende Anteil (98,4 Millionen tretenen neuen Fi- durch eine höhergewichtete Einwoh- Euro) mittels Umschichtung aus dem nanzausgleichsge- nerzahl in der Bedarfsberechnung zu allgemeinen Steuerverbund finanziert setz 2016 mit einem berücksichtigen. wird. Dies entspricht einem Anteil von historischen Systemwechsel das rund 66 Prozent. Diese Mittel fehlen Finanzbeziehungsgeflecht von Land Auch das Verhältnis der Kommunen bei den Schlüsselzuweisungen. Der zu Kommunen und der Kommunen untereinander wird nach konventio- finanzielle Anteil, den das Land an den untereinander nachhaltig verändert nellem Regelwerk abgewickelt: Das Stabilisierungshilfen trägt, sollte des- (siehe Gemeindefinanzbericht 2015, System der Kreisumlage richtet sich halb sukzessive ausgeweitet werden. S. 71 ff.). Ziel war die Einführung ei- ebenso wie die in Hessen erhobene nes Bedarfsmodells im Kommunalen Schulumlage – zwischen dem Kreis Von den Mitteln, die der Bund im Rah- Finanzausgleich. Dennoch wäre es als Schulträger und den kreisange- men des Kommunalinvestitionsförder- nicht zutreffend, das neue Finanzaus- hörigen Nicht-Schulträgergemeinden gesetzes bereitstellt, entfallen auf Bay- gleichssystem (FAG-System) in Hes- – nach Hebesatz und Umlagegrundla- ern 289 Millionen Euro. Diese Mittel sen schlicht als Bedarfsmodell zu be- ge. Der vertikal ermittelte Bedarf spielt sollen in Bayern für die energetische zeichnen: hier ebenfalls keine Rolle. Die Umlage Sanierung kommunaler Gebäude, Ver- wird lediglich in der vertikalen Be- besserung der Barrierefreiheit sowie Bestimmend für die vertikale Finanz- darfsrechnung mittels Hochrechnung städtebauliche Maßnahmen verwendet verteilung ist zwar die auf kamerale in der Weise einbezogen, dass sie den werden. Gemeinden können Förder- Jahresrechnungen der Vorjahre ge- Bedarf der umlageberechtigten Land- mittel beantragen, stützte Bedarfsermittlung. Maßgeb- kreise mindert, den Bedarf der umla- lich für den kommenden kommunalen gepflichtigen Gemeinden erhöht. • wenn ihre durchschnittliche Fi- Finanzsausgleich 2017 ist der Durch- nanzkraft von 2011 bis 2013 unter schnitt der Jahresrechnungen 2012, Damit beinhaltet das Finanzaus- dem Landesdurchschnitt der je- 2013 und 2014. Die Finanzausgleichs- gleichsgesetz gleich zwei Bedarfsbe- weiligen Gemeindegrößenklasse masse wird jedoch nach der be- griffe: einen zur vertikalen Verteilung liegt und sie entweder in einem darfsunabhängigen, an den Landes- eingesetzten, rechnungsgestützt er- Raum mit besonderem Handlungs- einnahmen orientierten sogenannten mittelten, Bedarf und einen rein fiktiv bedarf liegen oder ihr Schulden- Verstetigungsgröße fortgeschrieben. nach Kenzahlen, von vor allem zent- stand am 31.12.2013 den Landes- Die Finanzausgleichsmasse wächst ralörtlich gewichteten Einwohnern er- durchschnitt übersteigt oder jährlich entsprechend dem Zuwachs mittelten Bedarf.

58 Deutscher Städtetag – Gemeindefinanzbericht 2016 Nachdem das Ausgleichsjahr 2016 In der Lesart des Landes sind somit tieren dies nicht, weil sie schon bisher noch sehr stark von Übergangsvor- von den 4,5 Milliarden Euro, die im zahlreiche Umlagen zahlen müssen. Es schriften geprägt war, wird das kom- Finanzausgleich des Jahres 2017 für steht zu erwarten, dass aus den Rei- mende Rechnungsjahr 2017 das erste die hessischen Kommunen bereitge- hen der so betroffenen Kommunen Rechnungsjahr sein, in dem das neue stellt werden, fast 1,3 Milliarden Euro Klage beim Staatsgerichtshof erhoben Recht seine volle Wirkung entfaltet. Ob als „freiwilliger Zuschlag des Landes“ werden wird mit dem Ziel, das neue das System robust und frei von „rech- zu verstehen. Mit dem Land darüber FAG 2016 als nicht verfassungsgemäß nungsgestützter Volatilität“ ist, wird zu streiten, ob es diesen 1,3-Milliar- anzusehen. Die Klagefrist endet mit sich im kommenden Ausgleichsjahr den-Betrag als „freiwilligen Zuschlag“ dem Jahr 2016. zeigen. oder als verfassungsmäßig geschul- dete Leistung zu bewerten hat, ist un- Einer kompletten Überprüfung der Fi- Allerdings darf man das Ausgleichjahr ter Praktikern zunächst müßig. Dem nanzströme müssen sich die sieben 2017 noch nicht als das erste Jahr der Euro in der kommunalen Kasse sieht Sonderstatusstädte – kreisangehörige Systembewährung erachten. Zu sehr man nicht an, ob er freiwillig fließt oder Städte zwischen 50.000 und 100.000 dominieren die beachtlichen Steuer- pflichtgemäß. Einwohnern – gemeinsam mit ihren je- erträge, die auf Land und Kommunen weiligen „Kragenkreisen“ unterziehen. 2016 und wohl auch noch 2017 zu- Bedeutung erhält diese sonst eher Die Überörtliche Prüfung, sonst nur kommen, den Finanzausgleich. Wegen akademische Diskussion, wenn in mit reinen Prüfungsaufgaben befasst, der günstigen Steuerertragslage wird künftigen Jahren das Land Teile des soll nun auch mit dem Ziel ihre Fest- ein wesentlicher Streitpunkt zwischen Zuwachses dieser von ihm sogenann- stellungen treffen, diese für die künfti- Land und Kommunen verdeckt, der ten freiwilligen Leistung gesetzesge- gen kommunalen Finanzbeziehungen bei weniger sprudelnden Steuerquel- mäß einbehalten wird. Dieser Einbe- einzusetzen. Die Sonderstatusstädte len aufbrechen wird: Es geht um die halt wäre nur dann verfassungsgemäß, beteiligen sich aktiv an dieser Prüfung, angemessene Finanzausstattung der wenn das Land hier wirklich nur einen weil sie erwarten, dass manche über- hessischen Kommunen – eine auch „freiwilligen Zuschlag“ leisten würde. holte Regel zu ihren Gunsten geändert bundesweit in der Diskussion stehen- werden wird. de Fragestellung. Immerhin zeigt sich schon jetzt mit Blick auf die kommenden beiden Jah- Die kreisangehörigen Städte und Ge- Zwar schafft das neue hessische re, dass es den kommunalen Spit- meinden in Hessen fürchten im Zuge Finanzausgleichsgesetz dankenswert zenverbänden in Hessen gelungen der Neuordnung um den friedenstiften- klar eine begriffliche Unterscheidung: ist, eine deutliche Verschlechterung den „Deckel“ auf den Hebesätzen von Die Kommunen haben – dem Urteil des in der Finanzverteilung abzuwenden: Kreis- und Schulumlage. Bei 58 Pro- Hessischen Staatsgerichtshof folgend Mit der Vereinbarung vom 13.7.2015 zent Gesamthebesatz – Kreisumlage- – einen verfassungsrechtlich garantier- haben Hessens Kommunen eine Norm, hebesatz und Schulumlagehebesatz ten Anspruch auf finanzielle Mindest- die noch im Gesetzesentwurf stand, addiert – liegt seit 2010 eine rechts- ausstattung, ohne Rücksicht auf die abwehren können. Nach dieser Norm aufsichtliche Obergrenze. Bei einer Finanzkraft des Landes. Darüber hin- hätten sie zwar die Entlastungsmilliar- Überschreitung dieser Obergrenze hat aus haben sie einen Anspruch auf an- den des Bundes (2,5 Milliarden Euro die Aufsichtsbehörde in jedem Fall auf- gemessene Finanzausstattung unter 2017, 4 Milliarden Euro 2018) in ihren sichtsbehördliche Maßnahmen zu prü- Berücksichtigung der Finanzkraft des kommunalen Kassen gefunden. Sie fen. Landes. wären aber unmittelbar von der Fi- nanzausgleichsmasse abgezogen wor- Jetzt droht den kreisangehörigen Ge- Der Umfang von Mindestausstattung den. Jetzt gibt es nach der Vereinba- meinden, dass kein neuer „Deckel“ und angemessener Finanzausstattung rung keinen Abzug. Auch die „fünfte kommt: Höhere Nivellierungshebesätze ist aber jeweils zu gering gewählt. Der Milliarde“ an Bundesmitteln aus Berlin lassen eine Obergrenze von 58 Punk- Gesetzgeber sieht seine verfassungs- im Jahr 2018 – Hessen erhält davon ten ins Leere laufen. Um überhaupt mäßige Finanzausstattungspflichten rund 73 Millionen Euro – wird nach ord- noch Wirkung zu erzielen, müsste die auf einem sehr viel niedrigeren Niveau nungsgemäßer Weiterleitung durch die Grenze auf 52 oder höchsten 53 He- als es die regelmäßig der Entwicklung Länder in den Kommunen verbleiben. besatzpunkte abgesenkt werden. Um des Steuerverbundes folgende „Ver- diese neue Obergrenze ringen die ge- stetigungsgröße“ vorgibt. Er setzt zu- Trotz unüblich hoher Steuererträge meindlichen Verbände in Hessen. dem zwischen angemessener Finanz­ bleiben nicht alle Untiefen des neuen ausstattung und Verstetigungsgröße FAG-Systems verdeckt. Die fünf kreis- Käme es nicht dazu, würden in Hes- einen „Stabilitätsansatz“ an, zu dem freien Städte verzeichnen als Gruppe sen im kreisangehörigen Raum inten- er das Land aber ebenfalls nicht als tiefe Einschnitte im Vergleich zum alten sive Diskussionen über die Höhe der verfassungsrechtlich verpflichtet -an FAG-System. Die Städte, die nunmehr Kreisumlagen geführt werden. Die sieht. erstmals in Hessen ab 2016 „Solida- kreisangehörigen Gemeinden müss- ritätsumlage“ leisten müssen, akzep- ten ein enges Überwachungssystem

Deutscher Städtetag – Gemeindefinanzbericht 2016 59 einrichten und die Landkreise nach Die Gutachter haben in einem ers- zeitigen FAG-Systems (einen für Kom- strengen Regeln ihren kreisangehöri- ten Schritt die geltenden Hauptan- munen unter 100.000 und einen für gen Gemeinden Rechenschaft bezüg- satzfaktoren in § 5 NFAG überprüft. Kommunen über 100.000 Einwohnern) lich ihres Kreisumlage- und Schulträ- Die Hauptansatzstaffel im geltenden eine sogenannte Gleitzone einzufüh- gerbedarfs ablegen. NFAG ist demnach empirisch beleg- ren. In dieser Gleitzone soll jeder Kom- bar und auch gegenüber möglichen mune ein individueller Nivellierungshe- Niedersachsen Alternativen (zum Beispiel zentralört- besatz bei der Grundsteuer und Ge- lichen oder kommunalrechtlichen Ein- werbesteuer zugerechnet werden. Die niedersächsi- stufungen) überlegen. Ausgehend von schen Kommunen ha- aktualisierten Grunddaten stellen die Vor diesem Hintergrund unterbreiten ben sich im Berichts- Gutachter fest, dass mit Blick auf die die Gutachter zwei Umsetzungsvor- zeitraum vor allem Zuschussbedarfe der Städte ab 50.000 schläge: – wie in den vergan- Einwohnern die Hauptansatzfaktoren genen Jahren schon um 10 Prozentpunkte bzw. im Fall der 1. Keine Veränderungen am geltenden – mit der Reform des Landeshauptstadt Hannover sogar um Finanzausgleichssystem vorneh- kommunalen Finanzausgleichs sowie 15 Prozentpunkte angehoben werden men. mit der Finanzierung der flüchtlings- müssten. Eine entsprechende Anpas- 2. Einführung einer Gleitzone in für die bezogenen Kosten beschäftigt. Da- sung würde zu einer Besserstellung Nivellierungshebesätze verbunden rüber hinaus steht eine umfassende von Städten mit über 32.000 Einwoh- mit der Anhebung des Hauptan- Novellierung des kommunalen Haus- nern führen, kleinere Städte und Ge- satzfaktors bei 50.000 Einwohnern haltsrechts an. meinden würden dagegen verlieren. um 5 Prozent von bisher 125 auf 130 Prozent. Die niedersächsische Landesregierung Die Gutachter bewerten dieses rein hatte sich in ihrem Koalitionsvertrag rechnerische, statistische Ergebnis je- Da beide Lösungen durch die damit aus dem Jahr 2013 das Ziel gesetzt, doch mit Blick auf das sogenannte Zir- verbundenen Umverteilungseffekte den kommunalen Finanzausgleich kelschlussargument kritisch: Sofern die eine deutliche Schlechterstellung ent- (NFAG) insbesondere im Hinblick auf Zuschussbedarfe als Grundlage für die weder der Städte und Gemeinden mit die demographische Entwicklung, die Bestimmung der Unterschiede in den weniger als 32.000 Einwohner oder zunehmenden regionalen Disparitäten kommunalen Finanzbedarfen herange- aber der für die Gleitzone vorgese- und die besonderen Probleme finanz- zogen werden, würden insbesondere henen Städte mit 50.000 bis 100.000 schwacher Kommunen zu überprüfen. finanzkräftige Gebietskörperschaften Einwohner bedeuten würde, stellen Im Zuge dieser Reformbestrebungen alimentiert und das Gefälle zwischen die Ergebnisse die kommunale Land- konnten im Berichtszeitraum entschei- den Kommunen damit letztlich aus schaft in Niedersachsen vor eine Zer- dende Weichenstellungen vorgenom- dem Verteilungssystem heraus festge- reißprobe. Auch wenn die politischen men werden, die aber zugleich neue schrieben. Die (verfassungs-)rechtliche Gespräche zur Umsetzung der Er- Fragen aufgeworfen haben. Beurteilung dieser Argumentation ist gebnisse des Gutachtens noch nicht bislang nicht abschließend geklärt und vollständig abgeschlossen wurden, So wurde in der zweiten Jahreshälfte wird in den Ländern unterschiedlich deutet sich an, dass man – der ersten 2015 ein Gutachten des Niedersäch- bewertet: Während das Landesverfas- Empfehlung der Gutachter folgend – sischen Instituts für Wirtschaftsfor- sungsgericht Sachsen-Anhalt gestützt vermutlich keine Veränderungen am schung (NIW) vorgelegt, das von der auf das Zirkelschlussargument im Jahr Finanzausgleichssystem vornehmen Landesregierung mit einer umfassen- 2012 die Einwohnerveredelung abge- wird. den Überprüfung des horizontalen lehnt hat, bestätigte der Verfassungs- kommunalen Finanzausgleichs unter gerichtshof Nordrhein-Westfalen 2014 Die Aufnahme, Unterbringung, Versor- Berücksichtigung des gegenwärtigen dagegen das Prinzip der Einwohner- gung und Integration von Flüchtlin- Aufgabenbestandes und der sich dar- veredelung im nordrhein-westfälischen gen waren auch in Niedersachsen ein aus ergebenden Finanzbedarfe beauf- Gemeindefinanzierungsgesetz. bestimmendes Thema in den Ausein- tragt worden war. Dabei sollte unter andersetzungen mit dem Land. Nicht anderem untersucht werden, wie de- Die Gutachter versuchen dem mut- zuletzt mit Blick auf die im Zuge der mografische Veränderungen, die Ein- maßlichen Zirkelschluss zu begegnen, Aufgabenwahrnehmung bei den Kom- wohnerzahl oder raumordnungsrecht- indem sie sogenannte Ausreißer, also munen entstehenden Kosten. liche Einstufungen bei der Verteilung etwa Städte mit besonders hohen Ein- von Mitteln berücksichtigt werden. nahmen, eliminieren und die Hauptan- Im Zuge des ersten Nachtragshaushal- satzstaffel auf Grundlage der entspre- tes des Landes sind nun Änderungen Das nun vorliegende Gutachten zeigt chend bearbeiteten Grunddaten neu des niedersächsischen Aufnahmege- einige mögliche Änderungsoptionen berechnen. Weiter sprechen sie sich setzes vorgesehen, die eine finanzi- auf, ohne jedoch einen zwingenden dafür aus, zwischen den bestehenden elle Verbesserung für die Kommunen Anpassungsbedarf zu konstatieren. zwei Nivellierungshebesätzen des der- bei der Erstattung von Kosten, die mit

60 Deutscher Städtetag – Gemeindefinanzbericht 2016 der Unterbringung und Versorgung von Übersicht 18: Flüchtlingen verbundenen sind. So ist unter anderem vorgesehen, Struktur des kommunalen Finanzausgleichs* • die Kostenabgeltungspauschale in den alten Ländern bereits im Jahr 2016 von jährlich 9.500 Euro auf 10.000 Euro pro Person anzuheben und Steuerverbund Sonstige • den Berechnungsmaßstab für die obligatorisch fakultativ Landes- und Anzahl der zu berücksichtigenden • Einkommensteuer • Länderfinanzausgleich • Körperschaftsteuer • Gewerbesteuerumlage Bundesmittel Personen um ein Jahr nach vorne • Umsatzsteuer • Grunderwerbsteuer zu verlegen und sich damit am ver- • Landessteuern Mittelherkunft gangenen anstelle des vorvergan- genen Jahres zu orientieren.

Während die Anhebung der Pauschale vor dem Hintergrund der tatsächlichen Kosten recht gering ausfällt, ermög- licht die Anpassung bei der Erhebung der Personenzahlen zumindest eine 44,9 % 55,1 % begrenzte Aktualität, die vor dem Hin- tergrund der dynamischen Entwicklung der Zuwanderung von großer Bedeu- Freiheitsgrad tung ist. Ob die Anpassungen bei der Spezielle Zuweisungen Allgemeine Zuweisungen Kostenabgeltung für Unterbringung (zweckgebunden) (disponibel) und Versorgung aber ausreichen wer- den, um die befürchteten kommunalen Defizite in diesem Bereich deutlich zu verringern, bleibt auch nach der – noch ausstehenden – Umsetzung der Be- schlüsse abzuwarten. Umso mehr rückt nun aber die Finanzierung der im Zuge 0,6 % Gesundheit Bedarfs- 0,6 % der Integration anstehenden Aufgaben und Sport zuweisungen in das Blickfeld. Hier drängen die nie- 1,3 % Zentrale Sonstige allg. 9,5 % dersächsischen Kommunen auf belast- Verwaltung Zuweisungen bare Finanzierungsmodelle und fordern 3,2 % Gestaltung Schlüssel- 45 % der Umwelt zuweisungen die Landesregierung auf, die bislang Verwendung 5,4 % Schule und Kultur zugesagten Bundesmittel vollständig 34,4 % Soziales an die Kommunen weiterzuleiten. und Jugend

Im Berichtszeitraum hat sich die Lan- desregierung zudem an die Novellie- rung des kommunalen Haushalts- und Rechnungswesens begeben. Dazu soll * nach Finanzausgleichsgesetzen der kommunalen Rechnungsstatistik 2013 die Kommunalhaushalts- und -kassen- verordnung (KomHKVO) neu erlassen und die bisherige Gemeindehaushalts- und -kassenverordnung (GemHKVO) aufgehoben werden. vorhandene Liquiditätskredite ab- • Aus Vereinfachungsgründen soll gebaut werden müssen, bevor eine die Wertgrenze für (geringwertige) Neben zahlreichen weiteren Änderun- (anteilige) Finanzierung von Investi- Vermögensgegenstände von 150 gen, redaktionellen Anpassungen und tionen aus Überschüssen getätigt auf 1.000 Euro erhöht werden. Überarbeitungen sind die folgenden werden kann. • Bei der im niedersächsischen schwerpunktmäßigen Veränderungen • Es soll ermöglicht werden, den Haushaltsrecht vorgesehenen im Entwurf der KomHKVO vorgesehen: konsolidierten Gesamtabschluss Rückstellungsbildung für Umlagen der Kommune bei Feststellung der nach dem Finanzausgleichsge- • Es soll klargestellt werden, dass bei dauernden Leistungsfähigkeit zu setz wird durch eine klarstellende Zahlungsüberschüssen zunächst berücksichtigen. Regelung zur Berechnung der

Deutscher Städtetag – Gemeindefinanzbericht 2016 61 Rückstellung eine einheitliche Vor- kommunalen Mindestfinanzausstat- Analyse in Auftrag geben, die das Vor- gehensweise ermöglicht. tung. Ein zwischenzeitlich durch die liegen systematischer Übernivellie- • Die im bisherigen Haushaltsrecht kommunalen Spitzenverbände – unab- rungen prüfen soll. Bis die Ergebnisse vorgesehene Möglichkeit einer hängig von den anhängigen Verfahren der Überprüfung vorliegen, soll das Trennung des Vermögens in ein zum GFG – in Auftrag gegebenes und Gemeindefinanzierungssystem weit- Verwaltungsvermögen und ein re- vom Rechtswissenschaftler Prof. Dr. gehend unverändert bestehen blei- alisierbares Vermögens, bei jeweils Lange vorgelegtes verfassungsrechtli- ben. Dies gilt zumindest für das anste- unterschiedlichen Bewertungsan- ches Gutachten zur Mindestfinanzaus- hende GFG 2017. sätzen, wird abgeschafft: Sie hat stattung wird in den Urteilen zwar be- sich in der Praxis nicht bewährt rücksichtigt. Der darin vorgetragenen Auch die Solidaritätsumlage, die an und ist kaum zur Anwendung ge- Argumentation für einen grundgesetz- die sogenannte nachhaltige Abun- kommen. lich geschützten Kernbereich der kom- danz anknüpft und der Mitfinanzie- munalen Mindestfinanzausstattung – rung der Konsolidierungshilfe nach Die vorgesehenen Änderungen zei- unabhängig von der wirtschaftlichen dem Stärkungspaktgesetz dient, wird gen, dass auch noch Jahre nach der Situation des Landes – folgt der VGH verfassungsgerichtlich beklagt. Die Einführung der doppischen Haus- aber nicht. klagenden Kommunen machen vor haltsrechnung das kommunale Haus- dem nordrhein-westfälischen VGH haltsrecht aufgrund der praktischen Die Bestätigung der interkommunalen geltend, die Ausgestaltung der Soli- Erfahrungen in den Kommunen weite- – horizontalen – Verteilungsparameter daritätsumlage verletze die im Grund- rer Anpassungen bedarf. Gleichwohl durch den VGH in Bezug auf den Sozi- gesetz den Gemeinden zugewiesenen wird vermutlich auch die Umsetzung allastenansatz fällt nicht mehr so deut- Ertragshoheiten, das Nivellierungs- der angestrebten Novellierung wieder lich aus wie in den vorhergegangenen beziehungsweise Übernivellierungs- neue Fragen und praktische Probleme Entscheidungen. Der Soziallastenan- verbot, das Übermaßverbot sowie das aufwerfen. satz im nordrhein-westfälischen GFG interkommunale Gleichbehandlungs- dient der Verteilung der Finanzmittel gebot. Als eine Art „Rückfallebene“ Nordrhein-Westfalen auf der gemeindlichen Ebene. Ein we- haben sie diese Beschwerden eben- sentlicher Teil der Aufgabenwahrneh- falls beim Bundesverfassungsgericht Nachdem für eine mung im Sozialbereich erfolgt jedoch eingereicht. kurze Zeit etwas bei den Kreisen. Im Zusammenhang Ruhe in die langjäh- mit der Aufteilung der Teilschlüssel- Eine Entscheidung des VGH Nord- rigen Diskussionen, massen zwischen der Kreis- und der rhein-Westfalen ist noch in diesem Jahr Begutachtungen und Gemeindeebene und mit der Umlage- zu erwarten. Aus der mündlichen Ver- Reformmaßnahmen erhebung durch die Kreise äußert der handlung, die im Sommer 2016 statt- zum kommunalen Fi- VGH nun Zweifel an der Verfassungs- gefunden hat, ließ sich keine eindeu- nanzausgleich eingekehrt war, zeich- mäßigkeit der damit verbundenen Um- tige Tendenz in der richterlichen Beur- nen sich nach der Rechtsprechung des verteilung. Zwar sind diese Zweifel mit teilung ableiten. Insbesondere vor dem nordrhein-westfälischen Verfassungs- Blick auf das GFG 2012 noch nicht Hintergrund des – je nach Ausgang des gerichtshofs (VGH) nun neue Konflikt- einschlägig. Sie müssen für zukünftige landesverfassungsrechtlichen Verfah- linien ab. Gesetzgebungsverfahren aber beach- rens – sich anschließenden Verfahrens tet werden. vor dem Bundesverfassungsgericht Mit den Urteilen vom 10.5.2016 in den darf man auf das Urteil aus Münster Verfahren VerfGH 19/13 und VerfGH Der VGH hatte den Gesetzgeber be- gespannt sein. 24/13 hat der Verfassungsgerichtshof reits in seinem Urteil vom 19.7.2011 den im Gemeindefinanzierungsgesetz zum GFG 2008 aufgefordert, die Ver- Vor den Herausforderungen, die sich (GFG) 2012 geregelten kommunalen teilungssystematik insbesondere vor im Berichtszeitraum ganz praktisch Finanzausgleich als verfassungskon- dem Hintergrund der Höhergewich- aus der Unterbringung und Versor- form bestätigt. Im Rahmen der Urteils- tung des Soziallastenansatzes zu prü- gung der Flüchtlinge in den Kommu- begründung stellt der VGH in erster fen. Nach Ansicht des VGH konnte mit nen ergeben haben, traten Finanzie- Linie auf den Vorbehalt der Leistungs- dem im Sommer 2012 vom Innenmi- rungsfragen zunächst in den Hinter- fähigkeit des Landes und das inter- nisterium in Abstimmung mit den kom- grund. Bald zeigte sich jedoch, dass kommunale Gleichbehandlungsgebot munalen Spitzenverbänden in Auftrag die bislang bestehenden Kostenaus- ab. gegebenen finanzwissenschaftlichen gleichsmechanismen den aktuellen Gutachten noch keine ausreichende Entwicklungen nicht gerecht werden Die Urteile verdeutlichen die Verfes- gutachterliche Klärung herbeigeführt konnten. Zum Ende des Jahres 2015 tigung der Rechtsprechungslinie des werden. Die Landesregierung wird da- wurden daher nach zähen Verhand- VGH bezüglich des landesverfassungs- her mit Blick auf die vom VGH erkann- lungen entsprechende Veränderun- rechtlich vorgesehenen Leistungsfä- ten möglichen Verzerrungswirkungen gen des Flüchtlingsaufnahmegeset- higkeitsvorbehalts des Landes bei der eine erneute finanzwissenschaftliche zes (FlüAG) vereinbart.

62 Deutscher Städtetag – Gemeindefinanzbericht 2016 • Ab dem Jahr 2017 erfolgt eine Um- große Lücken. Ob die nun bundessei- Rheinland-Pfalz stellung der bislang jährlich ausge- tig getroffenen finanziellen Zusagen zahlten Pauschale auf eine Monats- geeignet sind, die Kommunen voll- Der rheinland-pfälzi- pauschale in Höhe von 866 Euro je ständig von den entstehenden Mehr- sche Verfassungsge- Flüchtling und Monat ab Zuwei- kosten zu entlasten, ist mehr als un- richtshof (VGH) hat sung in die Kommune für die Dauer gewiss – zumal sie auch zeitlich be- sich im Berichtszeit- des Verfahrens. fristet wurden. Insofern wird genau zu raum mehrfach mit • Mit Rücksicht auf eine notwendi- beobachten sein, wie sich die tatsäch- Fragestellungen be- ge Vorlaufzeit zur Einführung eines lichen Integrationskosten entwickeln schäftigt, die die Städ- statistischen Systems zur kommu- und ob die vereinbarten Summen aus- te und Gemeinden unmittelbar berüh- nalscharfen Erfassung der Flücht- kömmlich sein können. Zudem ist mo- ren. So traf er gleich zwei Feststel- linge je Monat wurde das Jahr 2016 mentan völlig offen, wann und in wel- lungen zur Anwendung der Konne- als Übergangsjahr angesehen und chem Umfang auch die Kommunen in xitätsbestimmungen in der Landes- die Jahrespauschale vorläufig bei- NRW finanziell von den Bundesmitteln verfassung: Die Klagen gegen die behalten. Die Kommunen erhalten profitieren werden. Das Land hat hier landesrechtliche Umsetzung des bun- im Jahr 2016 für jeden, vom gel- bereits eigene Ansprüche angemel- desrechtlichen Kinderförderungsge- tenden FlüAG erfassten Flücht- det. setzes (VGH N 65/14) und die Einglie- ling eine erhöhte Jahrespauschale derung einer verbandsfreien Stadt in in Höhe von 10.000 Euro (bisher Die flüchtlingsbedingten Mehrausga- eine Verbandsgemeinde (VGH N 9/14) 7.578 Euro). Bei einem weiteren ben stellen insbesondere diejenigen wurden jeweils zu Ungunsten der kla- Anstieg der Flüchtlingszahlen in Kommunen vor große Herausforde- genden Kommunen entschieden (vgl. 2016 sollen im vierten Quartal wei- rungen, die im Rahmen des Stär- S. 49). Auch in Fragen des kommu- tere Gespräche zur Nachsteuerung kungspakts Stadtfinanzen ab dem nalen Finanzausgleichs entschied der geführt werden. Jahr 2016 erstmalig den Haushalts- VGH nicht im Sinne der Kommunen. • Zusätzlich wird die Jahrespau- ausgleich in Planung und Ergebnis schale auch für die bisher nicht erreichen müssen. Bislang hatte sich Mit Beschluss vom 30.10.2015 hat er vom FlüAG erfassten Gedulde- der Stärkungspakt vor dem Hinter- die von mehreren Gebietskörperschaf- ten nach § 60a Aufenthaltsgesetz grund der großen Konsolidierungs- ten gegen die Neuregelung des kom- (AufenthG) gezahlt, die zum Stich- bereitschaft in den teilnehmenden munalen Finanzausgleichs erhobenen tag 31.12.2014 in NRW registriert Städten und der guten konjunkturellen Normenkontrollanträge als unzulässig waren (13.620 Personen). Ab 2017 Rahmenbedingungen als erfolgreich zurückgewiesen (VGH N 29/14, 30/14 wird diese Personengruppe eben- erwiesen. Nun muss sich die Robust- und 31/14). Die Entscheidung steht falls mit monatlich aktualisierten heit des Konsolidierungs­programms­ im Kontext des Urteils des VGH vom Zahlen erfasst und in der Pauscha- mit Blick auf die aktuellen Entwick- 14.2.2012 (VGH N 3/11), das den Ge- le berücksichtigt. lungen bewähren. Die Städte und Ge- setzgeber angesichts stark gestiegener meinden dürfen daher mit den finan- Sozialausgaben und der infolgedessen Durch diese Vereinbarung konnten ziellen Herausforderungen nicht allein starken Belastung der kreisfreien Städ- die flüchtlingsbezogenen Zuweisun- gelassen werden. te und Landkreise zu einer Neurege- gen an die Kommunen deutlich er- lung des Finanzausgleichs verpflichtet höht werden. Einige Fragen mussten Dass die Landesregierung inzwischen hatte. Dieser Pflicht war der Gesetzge- jedoch offen bleiben: So stellt sich mit der sogenannten Dritten Stufe des ber mit dem Landesgesetz zur Reform auch die erhöhte Kostenpauschale Stärkungspakts Überlegungen zu ei- des kommunalen Finanzausgleichsge- von 10.000 Euro pro Person und Jahr ner Erweiterung des Teilnehmerkrei- setzes, das zum 1.1.2014 in Kraft trat, in vielen Kommunen als nicht kosten- ses anstellt, bleibt vor diesem Hin- zwar nachgekommen, die mit der Neu- deckend dar – mangels belastbarer tergrund eher eine Randbemerkung. regelung verbundene Erhöhung der Daten war bislang aber nicht zu klä- Trotz sprudelnder Steuereinnahmen Finanzzuweisung aus Landesmitteln ren, ob auch die durchschnittlichen ist das Land nicht bereit, zusätzliche war und ist aus Sicht der Kommunen Ausgaben deutlich darüber liegen. Mittel zur Verfügung zu stellen. Die in Rheinland-Pfalz allerdings völlig un- In einer gemeinsamen Erfassung der Erweiterung des Teilnehmerkreises zureichend. Daher wurde im Weg des kommunalen Spitzenverbände sollen ist daher sehr beschränkt: Nur einer Normenkontrollantrags der VGH ange- bis Mitte des Jahres 2017 die tatsäch- Handvoll von Kommunen wird somit rufen. lichen Kosten für Unterbringung und die Teilnahme am Programm unter ver- Versorgung gemeinsam mit dem Land gleichbaren Bedingungen ermöglicht. In seiner Begründung des Beschlusses erhoben werden. Dies wird die nach wie vor andauernde führt der VGH an, dass die Normen- Schieflage bei den Kommunalfinanzen kontrollanträge unter anderem deshalb Auch in den Fragen der Mitfinanzie- nicht ansatzweise beseitigen. unzulässig seien, weil die Antragstel- rung bei den Integrationskosten be- ler durch die angegriffene Neuregelung stehen aus kommunaler Sicht noch des Landesfinanzausgleichsgesetzes

Deutscher Städtetag – Gemeindefinanzbericht 2016 63 (LFAG) nicht unmittelbar beschwert sei- Damit hat der VGH in seinem Be- vom Land bereitgestellten. Fraglich en und der Grundsatz der Subsidiarität schluss nur zu formalen Fragen Stel- sind ebenfalls die Verweise des VGH der Normenkontrolle nicht gewahrt sei. lung genommen und keinerlei Aus- auf Sonderprogramme des Bundes zur Ein unmittelbarer Nachteil läge insbe- sage dazu getroffen, ob die Finanz- Investitionsförderung und Flüchtlings- sondere deshalb nicht vor, weil die indi- ausstattung der kommunalen Ebene unterbringung. Der VGH könnte so ver- viduelle finanzielle Lage der Antragstel- durch das neue LFAG ausreichend standen werden, dass Vereinbarungen ler erst durch die Konkretisierung der und verfassungsgemäß ist. Mit seiner zur Finanzierung außergewöhnlicher, Regelungen des LFAG im Rahmen der Entscheidung nimmt der VGH daher zusätzlicher oder kurzfristig angestie- Festsetzung der jeweiligen Zuweisun- in Kauf, dass sich über mehrere Jah- gener Kosten in die Beurteilung der gen und Umlagen unmittelbar gestaltet re an der desaströsen Finanzsituation allgemeinen Finanzausstattung einzu- würde. Für die verfassungsrechtliche der Kommunen nichts ändert. Unab- beziehen sind. Dabei sollten die den Bewertung müsste zunächst die end- hängig davon, ob der VGH ablehnt, Vereinbarungen entgegenstehenden gültige Höhe der Zuweisungen festste- die Höhe der kommunalen Finanzaus- Mehrbelastungen in der Finanzaus- hen. Vor dem Hintergrund der komple- stattung nach der Reform bereits jetzt gleichsystematik ausreichend gewür- xen Mechanismen des kommunalen zu beurteilen, bleibt es für das Land digt werden. Sonst laufen die Kom- Finanzausgleichs sei es unabdingbar, bei der rechtlichen Verpflichtung, eine munen Gefahr, dass Kompromisslö- zunächst genaue Informationen über die auskömmliche Finanzierung der Kom- sungen zur fairen Kostenverteilung tatsächliche Entwicklung der Schlüssel- munen sicherzustellen. Es blieb daher zwischen Kommunen und Land bei zuweisungen seit der Neuregelung zum bei der – unerfüllten – Forderung der Sonderlasten durch die Verrechnung 1.1.2014 zu erhalten. Bloße Prognosen drei kommunalen Spitzenverbände in mit der allgemeinen Finanzausstat- und Modellrechnungen seien hier nicht Rheinland-Pfalz, im Landeshaushalt tung für die Kommunen ein finanzielles ausreichend. 2016 endlich deutliche Verbesserun- Nullsummenspiel ergeben. Gleiches gen der Kommunalfinanzen vorzuneh- gilt für Bundesmittel, die zur Entlas- Zudem wies der VGH darauf hin, dass men. tung der Kommunen vorgesehen sind, sich die erforderliche Landesleistung letztlich aber nur im Landeshaushalt auch in Abhängigkeit zur sonstigen Aus kommunaler Sicht ist nicht nach- ankommen. Finanzausstattung der Kommunen vollziehbar, dass der VGH das Normen- bemesse. Angeführt wurden hier ne- kontrollverfahren an der Zulässigkeit Alle vor dem VGH antragstellenden ben konjunkturell bedingten Mehrein- scheitern ließ. Die Zulässigkeit ergibt Kommunen hatten bereits vorsorg- nahmen insbesondere die (vermeint- sich schon daraus, dass die Sach- lich Klage gegen die Schlüsselzuwei- liche) Besserstellung der Kommunen und Rechtslage in dem Verfahren, das sungsbescheide des Jahres 2014 vor durch das Investitionsprogramm des zu dem Urteil vom 14.2.2012 geführt den Verwaltungsgerichten erhoben. Bundes sowie durch die Bundesmit- hat, bereits aufgearbeitet wurde und Auch für das Jahr 2015 sind nunmehr tel zur Aufnahme und Unterbringung es daher keines fachgerichtlichen Ver- Musterverfahren eingeleitet. Es ist da- der Asylbewerber. Ohne die genauen fahrens mehr bedarf. Auch haben die von auszugehen, dass sich die Verwal- langfristigen, finanziellen Folgen sol- Normenkontrollanträge zweifellos all- tungsgerichte frühestens 2017 mit der cher Sonderprogramme zu kennen, gemeine Bedeutung, da das LFAG die Sache befassen werden. Die desaströ- sei eine Beurteilung des Sachverhalts finanzielle Ausstattung aller Kommu- se finanzielle Situation der Kommunen nicht möglich. Überdies würde eine nen im Land regelt. Verdeutlicht wird in Rheinland-Pfalz würde so für weite- Befassung des VGH mit der Angele- dies dadurch, dass das rheinland- re Jahre zementiert. Zu befürchten ist, genheit zum jetzigen Zeitpunkt dazu pfälzische Innenministerium die Anträ- dass im Falle einer für die Kommunen führen, dass der VGH „einen noch ge als Musterprozess anerkannt und letztlich positiven Entscheidung des nicht abgeschlossenen politischen eine Übertragung des Urteils auf alle VGH in fernerer Zukunft, diese keine Aushandlungsprozess beurteilen und Kommunen zugesichert hat. Zudem rückwirkende Geltung haben wird. Die damit zugleich in diesen eingreifen entstehen den Antragstellern (und den Festlegung einer mindestens drei Jah- müsste.“ Hierfür bestünde kein Anlass. Kommunen in Rheinland-Pfalz insge- re umfassenden Frist zur Evaluierung Schließlich stellt der VGH auf einen samt) aufgrund der unzureichenden der Wirksamkeit von Neuregelungen Mindestzeitraum für verlässliche ver- Finanzmittelausstattung durch das am LFAG erschwert deren verfas- fassungsrechtliche Beurteilungen ab, Land sehr wohl schwere und unab- sungsgerichtliche Überprüfung deut- in dem Erkenntnisse über die tatsäch- wendbare Nachteile – nicht zuletzt da- lich. Die Kommunen könnten prak- liche Entwicklung der Einnahmen der durch, dass nun erneut der verwal- tisch klaglos gestellt werden, wenn Kommunen vorliegen müssen. Für den tungsgerichtliche Rechtsweg einge- der Gesetzgeber nun in regelmäßigen vorliegenden Fall markiere eine Drei- schlagen werden muss. Abständen vor Ablauf des Betrach- jahresfrist ab Inkrafttreten den frühest- tungszeitraums Veränderungen am möglichen Zeitpunkt, um die Wirkung Bedenklich sind aus kommunaler Sicht LFAG vornimmt. Die Hängepartie um der Reform zu überprüfen. die Ausführungen des VGH bezüglich eine auskömmliche Finanzausstattung der Anrechnung anderer finanzieller der Kommunen in Rheinland-Pfalz Mittel als die der im Rahmen des LFAG geht also weiter.

64 Deutscher Städtetag – Gemeindefinanzbericht 2016 Saarland Soweit diese Zuweisungen aus der ein Ausgleich für wesentliche kommu- Sondermasse nicht zur Deckung der nale Belastungen vorgesehen, die sich Das Verhältnis zwi- Mehraufwendungen ausreichen, er- aus der Übertragung neuer Aufgaben schen Kommunen folgt anstelle einer wünschenswer- durch ein Gesetz oder aus einer Än- und Land ist an der ten ergänzenden Landesfinanzierung derung übertragener Aufgaben durch Saar seit langem lediglich eine haushaltsrechtliche ein Gesetz oder eine Rechtsverord- konfliktbehaftet. Die „Lösung“. Das „eigentlich“ zulässi- nung ergeben. Die davon betroffenen Finanznöte des Lan- ge strukturelle Defizit einer Gemein- Gemeinden oder Gemeindeverbän- des (neben Berlin, de kann um die flüchtlingsbezogenen de erhalten auf Grundlage einer Kos- Bremen, Sachsen-Anhalt und Schles- Mehraufwendungen erhöht werden, tenfolgeabschätzung einen entspre- wig-Holstein Empfänger von Bundes- indem die Bedingungen zur Begren- chenden finanziellen – pauschalierten hilfen zur Konsolidierung) spiegeln zung des strukturellen Defizits in den – Ausgleich für die entstehenden not- sich hier in einer erheblichen Verla- teilnehmenden Kommunen – die im wendigen, durchschnittlichen Aufwen- gerung des Konsolidierungsdrucks Rahmen des KELF zur Auszahlung der dungen. Auch bei einer nachträglich auf die kommunale Ebene wider. Der Konsolidierungshilfen festgeschrieben festgestellten Abweichung von der 2013 eingeführte, viel zu niedrig do- sind – entsprechend angepasst wer- Kostenfolgeabschätzung wird der fi- tierte kommunale Entlastungsfonds den. Allerdings bleibt auch weiterhin nanzielle Ausgleich für die Zukunft an- (KELF), hat an der desolaten Finanzla- die Pflicht der Gemeinden bestehen, gepasst. ge zahlreicher saarländischer Städte bis spätestens 2024 einen zahlungs- und Gemeinden nichts ändern kön- bezogenen Haushaltsausgleich zu er- Aufgrund des deutlichen Anstiegs der nen. Seine Bemühungen zur Stabili- reichen. Der Möglichkeit der Erhöhung Gemeindeverbandsumlagen im Saar- sierung der Kommunalhaushalte mit der Defizitobergrenze zur Erfüllung der land, die zwischen den Jahren 2000 dem KELF hat das Land immer wieder Voraussetzungen für den Erhalt von bis 2014 um fast 50 Prozent zugenom- selbst durch Eingriffe in das Finanz- KELF-Mitteln (und auch zur Erfüllung men haben, hat die Landesregierung ausgleichssystem oder andere Kür- der Voraussetzungen für die Geneh- gemeinsam mit dem saarländischen zungen von kommunalen Zuweisun- migung des Haushalts) in bestimmten Landkreistag ein Gutachten zur ver- gen konterkariert. Jahren stehen somit ein entsprechend gleichenden Untersuchung der finan- erhöhter Konsolidierungsbedarf und ziellen Situation der Gemeindeverbän- Dies gilt auch für den Berichtszeit- also umso strengere Maßnahmen in de in Auftrag gegeben. Das Gutachten raum: Mit dem Haushaltsbegleitgesetz den Folgejahren bis 2024 gegenüber. hat die Senkung der Gemeindever- 2016/2017 wurde die im Jahr 2012 in Dies verdeutlicht aus kommunaler bandsumlage zum Ziel. Besondere Be- einem Umfang von 16 Millionen Euro Sicht, dass es dem Land an der Bereit- rücksichtigung soll die Untersuchung eingeführte Kürzung der Finanzaus- schaft und/oder an den erforderlichen der Soziallasten finden. Zudem soll gleichsmittel zur anteiligen Finanzie- Finanzmitteln fehlt, um den Kommu- es Ursachen für die große Spanne bei rung von Kulturausgaben des Landes nen die dringend benötigte Unterstüt- den Umlagesätzen zwischen den ein- und der Ausgaben des Landes für die zung zukommen zu lassen. zelnen Gemeindeverbänden ermitteln. Eingliederungshilfe erneut um 6 Milli- Das europaweit ausgeschriebene Gut- onen Euro angehoben. Mit dem nun Die im Rahmen des im Frühjahr 2015 achten soll im Ergebnis aufzeigen, wie erreichten Stand von 34 Millionen zwischen Land und Saarländischem Steuerungsmöglichkeiten verbessert, Euro in 2017 hat sich die Kürzung der Städte- und Gemeindetag vereinbarten Synergieeffekte genutzt und hierdurch Finanzausgleichsmasse zur Stützung „Kommunalpakets Saar“ vorgesehene bessere wirtschaftliche Ergebnisse er- von Landesaufgaben in weniger als Konkretisierung der saarländischen zielt werden können. Die Ergebnisse fünf Jahren bereits verdoppelt. Konnexitätsregeln hat inzwischen Ein- dürften auch von den umlagezahlen- gang in die Landesverfassung gefun- den Städten und Gemeinden mit Span- Weitere Vorwegabzüge erfolgen zur den. Bislang war bezüglich der Aufga- nung erwartet werden. Bildung einer „Sondermasse Flücht- benübertragung durch das Land ledig- lingskosten“. Damit werden die vom lich geregelt, dass Bestimmungen über In einem weiteren Versuch, unge- Bund in den Jahren 2016 und 2017 die Deckung der Kosten zu treffen sind nutzte Konsolidierungspotentiale bei zusätzlich bereitgestellten Mittel zur und das Land den Gemeinden und Ge- allen Kommunen aufzudecken, greift Finanzierung der kommunalen Auf- meindeverbänden die zur Durchfüh- die Landesregierung auf die überört- wendungen für die Unterbringung und rung der übertragenen Aufgaben er- liche Prüfung durch das Landesver- Versorgung von Flüchtlingen einem forderlichen Mittel ganz allgemein zu waltungsamt zurück. Das Landesver- separaten Topf zugeführt und außer- sichern hat. Nun erfolgte mit dem Ge- waltungsamt – zugleich auch Kom- halb der Verteilungskriterien des Fi- setz zur Änderung der Verfassung des munalaufsichtsbehörde – soll deutlich nanzausgleichssystems zum Aus- Saarlandes und des Kommunalselbst- stärker in die Wirtschaftlichkeits- gleich der Mehrbelastungen an die verwaltungsgesetzes vom 13.7.2016 prüfung bei den Kommunen einstei- Gemeinden und Gemeindeverbände eine vollständige Neufassung der Kon- gen. Das sieht die Fortentwicklung ausgezahlt. nexitätsregel in Art. 120 LV. Darin ist der kommunalhaushaltsrechtlichen

Deutscher Städtetag – Gemeindefinanzbericht 2016 65 Vorschriften vom 13.7.2016 mit den verbesserung werden damit fortge- tet und stufenweise auf 2.000 Euro er- darin enthaltenen Erweiterungen und setzt. Darüber hinaus wird nun auch höht. Für jeden aus der Erstaufnahme Konkretisierungen des Aufgabenkata- die Verbesserung des Fachkraft-Kind- auf die Kreise und kreisfreien Städte logs der überörtlichen Prüfung vor. Ob Schlüssels angestrebt. verteilten Asylsuchenden, erhalten es dem Gemeindeverbandsgutachten die aufnehmenden kreisfreien Städte und der überörtlichen Prüfung tatsäch- Die Vereinbarung sieht die Bereitstel- und – über die Kreise – die aufneh- lich gelingen wird, konkrete Umset- lung zusätzlicher Mittel für die Abgel- menden Ämter und amtsfreien Städ- zungsvorschläge zu formulieren, bleibt tung der Mehrkosten für die Betreu- te und Gemeinden, eine Integrations- abzuwarten. Schließlich kam auch die ung von Flüchtlingskindern in Höhe und Aufnahmepauschale in Höhe von letzte Begutachtung der kommunalen von insgesamt 25 Millionen Euro vor. 1.000 Euro. Ab dem 1.3.2016 wurde Finanzsituation durch den Finanzwis- Für Investitionen in die Kita-Infrastruk- die Pauschale auf 2.000 Euro erhöht. senschaftler Prof. Dr. Junkernheinrich tur werden insgesamt 42 Millionen Die Städte und Gemeinden werden (Kaiserslautern) im Ergebnis nur zu Euro bereitgestellt. Die Verbesserung die Mittel vollständig für Kosten im eher allgemeinen und wenig innovati- des Fachkraft-Kind-Schlüssels erfolgt Zusammenhang mit der Integration, ven Hinweisen zum Beispiel zur Perso- aus nicht benötigten Konnexitätsaus- Unterbringung und Versorgung von nalausstattung und zur Höhe der He- gleichsmitteln, ergänzt um Mittel aus Flüchtlingen einsetzen. Auf ein auf- besätze für die Grundsteuer B. Die in dem wegfallenden Betreuungsgeld wändiges Verwendungsnachweisver- diesem Gutachten mit einer Höhe von und wird im Jahr 2017 mit 11 Millionen fahren wurde verzichtet. Damit geht jährlich 160 Millionen Euro bezifferte Euro, 2018 mit 20 Millionen Euro finan- das Land gegenüber den Kommunen strukturelle Lücke bei den Kommunal- ziert. Darüber hinaus werden Mittel für in Vorleistung für Mittel, die der Bund haushalten dürfte sich bislang jeden- die Förderung von Familienzentren, voraussichtlich erst im Jahr 2017 aus- falls nicht spürbar verringert haben. die pädagogische Fachberatung und kehrt. das Qualitätsmanagement bereitge- Schleswig-Holstein stellt. Im kommunalen Finanzausgleich hat die vorgesehene Regelüberprüfung In Schleswig-Holstein Die im Zusammenhang mit der Unter- der Aufteilung der Teilschlüsselmas- sind in der zweiten bringung, Versorgung und Integration sen nach einer finanzwissenschaft- Jahreshälfte 2015 von Flüchtlingen und Asylsuchenden lichen Begutachtung durch das Nie- wichtige Vereinbarun- entstehenden Kosten haben im Be- dersächsische Institut für Wirtschafts- gen im Bereich der richtszeitraum zu weiteren Gesprä- forschung (NIW) zu Veränderungen Finanzbeziehungen chen zwischen den Kommunen und geführt. Die Überprüfung auf Basis des Landes zu den dem Land geführt. In den Verhandlun- des Referenzzeitraums 2010 bis 2013 Kommunen getroffen worden. Insbe- gen konnte aus kommunaler Sicht eine war im Finanzausgleichsgesetz fest- sondere dank der Vereinbarungen verbesserte Beteiligung des Landes geschrieben. Sie war so vorzuneh- zwischen Land und Kommunen erzielt werden. men, dass die Ergebnisse im Finanz- ausgleichsjahr 2016 umgesetzt wer- • zum weiteren Ausbau der Kinder- Ab dem 1.1.2016 werden den Kommu- den konnten. Ziel des Gutachtens war betreuung und zur Fortsetzung von nen für die gesamte Dauer des Asyl- die Berechnung der prozentualen Do- Maßnahmen zur Qualitätsverbes- verfahrens bis zur Entscheidung über tierung der drei Teilschlüsselmassen serung bis 2018 und den Asylantrag 90 Prozent der Kosten des kommunalen Finanzausgleichs in • im Zusammenhang mit der Unter- für Leistungen nach dem Asylbewer- Schleswig-Holstein (Teilmasse für Ge- bringung, Versorgung und Integra- berleistungsgesetz (AsylbLG) durch meindeaufgaben, Kreisaufgaben und tion von Flüchtlingen und Asylsu- das Land erstattet. Für Asylsuchende übergemeindliche Aufgaben). chenden in Schleswig-Holstein in den Kommunen, für die der Bund keine Kosten übernimmt, die aber den- Die Gutachter sind zum Ergebnis ge- konnten die Finanzbeziehungen des noch einen Anspruch auf Leistungen kommen, dass sich das Aufteilungs- Landes zu den Kommunen in wichti- nach dem AsylbLG haben, tragen Land verhältnis der Schlüsselmasse auf Ba- gen Punkten substantiell fortentwickelt und Kommunen wie bisher die Kosten sis des Durchschnitts der Jahre 2010 werden. im Verhältnis 70:30. bis 2013 im Vergleich zum geltenden Recht in Richtung der Kreisaufgaben Land und Kommunen haben sich da- In Schleswig-Holstein wird den Kom- verändert. Auch wenn sich aus den rauf verständigt, dass das Land zum munen über die Kostenbeteiligung bei Rechtsvorschriften zur Regelüberprü- weiteren Ausbau der Kinderbetreuung der Unterbringung hinaus eine Inte- fung kein Automatismus für die Über- und zur Fortsetzung von Maßnahmen grationspauschale vom Land zur Ver- nahme des rechnerischen Ergebnisses zur Qualitätsverbesserung bis 2018 fügung gestellt. Diese wurde im Zuge entnehmen lässt, wurden die Ergebnis- zusätzliche Mittel zur Verfügung stellt. der getroffenen Vereinbarungen ab se – systematisch folgerichtig – in das Die in den Jahren 2014 und 2015 be- dem 1.1.2016 zu einer „Integrations- Finanzausgleichsgesetz 2016 über- gonnenen Maßnahmen zur Qualitäts- und Aufnahmepauschale“ ausgewei- führt. Die Teilmasse für Kreisaufgaben

66 Deutscher Städtetag – Gemeindefinanzbericht 2016 steigt somit um 2,71 Prozentpunkte ser rechnerisch aus dem Abgleich von empirisch in den Gutachten abgebilde- auf 52,04 Prozent an. Die Gewichte Deckungsmittelverbrauch und De- te deutliche Ungleichverteilung zu Las- der beiden anderen Teilmassen sinken ckungsmittelbestand ermittelte Koeffi- ten der kommunalen Ebene wird somit dementsprechend, allerdings in unter- zient in den betrachteten Jahren 2008 fortgeschrieben. schiedlichem Maße: Für Gemeindeauf- bis 2014 knapp unter dem Wert 1 liegt. gaben ergibt sich mit 32,58 Prozent Dieser würde im Idealzustand eine Das aktuellste Gutachten des FiFo ein Rückgang um 2,53 Prozentpunkte Gleichverteilung der Finanzmittel kenn- Köln, wurde im Rahmen der regelmäßi- während der Anteil der Teilmasse für zeichnen. Damit deuten die Ergebnisse gen Überprüfung des Finanzausgleichs übergemeindliche Aufgaben nahezu auf eine leichte Ungleichverteilung der im Jahr 2015 erstellt. Die Gutachter unveränderte 15,38 Prozent (-0,18 Pro- Mittel zu Gunsten des Landes hin, die stellten fest, dass sich beginnend mit zentpunkte) beträgt. allerdings nach Ansicht der Gutach- 2008 ein Trend zu Ungunsten der Kom- ter – unter anderem auch im Vergleich munen abzeichnet. Soweit sich dieser Unterdessen bleibt die mit dem FAG mit weiteren Flächenländern – in einem Trend fortsetzt, empfahlen die Gutach- 2015 umgesetzte umfassende Reform tolerablen Korridor liegt. ter eine Anpassung der Verbundquote. des kommunalen Finanzausgleichs Neben dieser Einschätzung zur verti- (vgl. GFB 2015, Seite 82 f.), die von den Die Fragen der angemessen Finanz- kalen Verteilung enthielt das Gutachten Städten als Verbesserung der interkom- ausstattung der Kommunen und der mit Blick auf die horizontalte Verteilung munalen Gerechtigkeit wahrgenommen gleichmäßigen Verteilung zwischen innerhalb der kommunalen Ebene zu- wurde, in der Bewertung einzelner Ak- den beiden Ebenen sollten weiterhin dem Empfehlungen für den Hauptan- teure weiterhin umstritten: Drei der elf genau beobachtet werden. Dies gilt satz (hier eine größere Spreizung der Landkreise des Landes haben eine Ver- nicht zuletzt vor dem Hintergrund des Staffelklassen) sowie für den Jugend- fassungsbeschwerde eingelegt, und gutachterlichen Hinweises, dass für hilfelastenausgleich. Letzterer richtet auch die Oppositionsfraktionen haben die Berechnungen am aktuellen Rand sich nach der Anzahl der Fälle bei den ein abstraktes Normenkontrollverfah- nur die weniger belastbaren Daten der Hilfen und Beratungen für junge Men- ren gegen das Land angestrengt. Die Kassenstatistik zur Verfügung stan- schen und Familien und der Zahl der Anträge richten sich primär gegen die den. Betrachtet man die Finanzlage Personen unter 18 Jahren in Bedarfs- Veränderungen in der horizontalen Um- in den kreisfreien Städten und einer gemeinschaften. Er ist zurzeit aus- verteilung zwischen den Kommunen, zunehmenden Anzahl anderer zent- schließlich als interkommunales Ver- sprechen aber auch vertikale Aspekte raler Orte, die geprägt ist von Defizi- teilungsinstrument gestaltet. Bei einer der Mittelverteilung zwischen Land und ten, hohen Schulden und fehlenden (notwendigen) Erhöhung der Dotierung kommunaler Ebene an, die im Zuge der Gestaltungsmöglichkeiten, stellt sich empfehlen die Gutachter eine Beteili- Reform unverändert geblieben sind. die Finanzausstattung gerade nicht gung des Landes aus eigenen Mitteln. Weiterhin werden die Kommunen mit als auskömmlich dar. An den enor- 17,83 Prozent an den Steuereinnah- men Einnahmezuwächsen von Bund Diese Detailfragen der Kommunalfi- men des Landes einschließlich Län- und Ländern partizipieren die Städte in nanzierung werden jedoch weiterhin derfinanzausgleich und Bundesergän- Schleswig-Holstein ebenfalls nicht in überlagert von der Diskussion über zungszuweisungen beteiligt. Dies war ausreichendem Maße. das Verwaltungsreformkonzept. Das – ebenso wie der Leistungsfähigkeits- vom Landtag verabschiedete Leitbild vorbehalts in der Landesverfassung für die Verwaltungsstrukturreform 2019 – im Rahmen der Reform aus Landes- Länderreport Ost sieht unter anderem eine Orientierung sicht nicht verhandelbar. an Mindesteinwohnerzahlen für Land- Brandenburg kreise und kreisfreie Städte vor, deren Im Zuge der verfassungsrechtlichen Anwendung für die kreisfreien Städte

Wappen des Landes Brandenburg Verfahren hat die Landesregierung das David Liuzzo 2006 Im kommunalen Fi- Cottbus, Brandenburg an der Havel Finanzwissenschaftliche Forschungs- nanzausgleich des und Frankfurt (Oder) die Einkreisung institut an der Universität zu Köln (FiFo) Landes Branden- nach sich ziehen würde. Die mit dem damit beauftragt, die Verteilungssym- burg hat es im Be- Entzug der Kreisfreiheit verbundene er- metrie zwischen Land und Kommunen richtszeitraum keine zwungene Abgabe von Aufgaben stellt zu untersuchen. In dem nun vorgeleg- wesentlichen Verän- aus städtischer Sicht einen erhebli- ten Gutachten ziehen die Gutachter derungen gegeben. chen Eingriff in die kommunale Selbst- – nach einer Abwägung alternativer Das bedeutet zunächst auch, dass verwaltung und einen Verstoß gegen Ansätze – zur Überprüfung den soge- – obwohl sich bereits zwei finanzwis- das auch europarechtlich geschützte nannten Symmetriekoeffizienten her- senschaftliche Gutachten in den Jah- Subsidiaritätsprinzip dar. Die Stadtbe- an, der ursprünglich an der Techni- ren 2012 und 2015 mehr oder weniger völkerung wird durch die Einkreisung schen Universität Kaiserslautern zum deutlich für eine Anhebung der Ver- in ihrem Recht, eigene Angelegenhei- ebenenübergreifenden Abgleich der bundquote ausgesprochen haben – ten in eigener Verantwortung zu regeln, Finanzausstattung entwickelt wurde. der bestehende Verbundsatz in Höhe deutlich eingeschränkt. Der Deut- Sie kommen zum Ergebnis, dass die- von 20 Prozent beibehalten wird. Die sche Städtetag hat sich daher, u. a.

Deutscher Städtetag – Gemeindefinanzbericht 2016 67 mit Blick auf die Überlegungen in Bran- Übersicht 19: denburg, in einer Resolution deutlich gegen die aktuell diskutierten Einkrei- Struktur des kommunalen Finanzausgleichs sungsmodelle ausgesprochen und an in den ostdeutschen Ländern 2016 die Länder appelliert, bei geplanten Verbundgrundlage sog. Verbundquotensystem sog. Bedarfssystem *) Branden- Mecklenburg- Sachsen- kommunalen Gebietsreformen die Ge- Sachsen Thüringen burg Vorpommern Anhalt staltungsmacht kreisfreier Städte nicht Beteiligungsquoten bzw. -beträge durch den Entzug der Kreisfreiheit ein- Gemeinschaftsteuern 20,00 21,173489 3) 21,45 1) - - zuschränken. Landessteuern etc.: 20,00 21,173489 4) 21,45 - - - Gewerbesteuerumlage 20,00 21,17 21,45 - - Die kommunalen Spitzenverbände - Grunderwerbsteuer 20,00 21,17 21,45 - - - Kraftfahrzeugsteuer bzw. haben die Diskussionen zur Verwal- Kompensationszahlungen für 20,00 21,17 21,45 - - tungsstrukturreform regelmäßig kon- Kfz-Steuer u. d. LKW-Maut. struktiv begleitet. Dabei hat sich der - sonstige Steuern 20,00 21,17 21,45 - - Verband immer für eine Stärkung der Länderfinanzausgleich 20,00 21,17 21,45 - - Bundesergänzungszuweisungen Städte, Gemeinden und Ämter einge- - Fehlbetrags-BEZ gem. § 11 II FAG 20,00 21,17 21,45 - - setzt und stets betont, dass eine an - Sonderbedarfs-BEZ Ost gem. § 11 III FAG 40,00 21,173789 5) 21,45 - - den Einwohnergrößenklassen differen- - Sonderbedarfs-BEZ SGB II 147,63 Mio. € 84,4 Mio. € 6) 208,2 Mio. € - - zierte, umfassende Funktionalreform gem. § 11 IIIa FAG Grundvoraussetzung für Entscheidun- 1) Vom Umsatzsteueranteil des Freistaates Sachsen werden die KiFöG-Betriebskostenmittel i. H. v. 42,3 Mio. Euro abgezogen. 2) Nach Vorwegabzug eines Anteils von 436,6 Mio. Euro (sog. IfG-SoBEZ). gen über neue Verwaltungsstrukturen 3) Unberücksichtigt bleiben 16,1 Mio. Euro Umsatzsteuereinnahmen des Landes zur Finanzierung von Betriebsausgaben der Kindertagesbetreuung. Unberücksichtigt bleiben zudem 69,5 Mio. Euro Umsatzsteuer gem. Asylvereinbarung Bund-Länder. ist. Kommunale Vorschläge zur Über- 4) Unberücksichtigt bleiben die Einnahmen von 7,9 Mio. Euro aus der Feuerschutzsteuer. tragung von Aufgaben auf die kreisan- 5) Unberücksichtigt bleiben bei den Landeseinnahmen 242,8 Mio. Euro, die dem IfG-Anteil an den SoBEZ entsprechen. 6) Die SoBEZ gem. § 11 III a FAG werden in Mecklenburg-Vorpommern nicht im FAG M-V berücksichtigt, sondern in Höhe der Netto-Einnahmen gehörige Ebene sind allerdings weit- von 84,4 Mio. Euro im Rahmen des AG SGB II M-V gemeinsam mit den Einsparungen des Landes beim Wohngeld den Landkreisen und kreisfreien Städten zugewiesen. gehend unberücksichtigt geblieben. *) Thüringen und Sachsen-Anhalt haben auf ein sog. Bedarfssystem umgestellt. Bei diesem Modell wird die Höhe der Finanzausgleichsmasse nicht im Durch die maßgebliche Orientierung Wege einer prozentualen Beteiligung (Verbundquote) an den Verbundgrundlagen berechnet, sondern über eine aufgaben- und ausgabenorientierte Bedarfsmessung. Sachsen-Anhalt und Thüringen verzichten daher vollständig auf die Ausweisung einer Beteiligungsquote. an (Mindest-)Einwohnerzahlen­ im vor- Eigene Zusammenstellung nach den Finanzausgleichsplanungen der Länder. Stand: Juni 2016 gelegten Konzept wird der Grundsatz, Strukturen aus Aufgaben abzuleiten, umgedreht. Für die interkommuna- le Funktionalreform fehlt es zudem an oder der Übernahme von Aufgaben ausgleichgesetzes vom 15.3.2016 der Absicherung eines Mehrkosten- im Zuge der Funktionalreform aus- wurden Veränderungen am Finanz- ausgleichs. Dies ist geboten, weil in geschlossen werden? ausgleich vorgenommen, die die Fra- der Vergangenheit strittig war, ob sich ge der Finanzierung der Kosten für das strikte Konnexitätsprinzip auch auf Nicht untersetzt ist nach wie vor Asylbewerberinnen und Asylbewer- interkommunale Aufgabenverlagerun- die Ankündigung, das Land werde ber sowie Flüchtlinge betreffen. Mit gen bezieht. die Transformationskosten vollständig dem Änderungsgesetz wurden die übernehmen. Die in Aussicht gestellte zusätzlichen Umsatzsteueranteile, die Vor allem fehlt es nach wie vor an ei- Summe von 1,5 Millionen Euro dürfte der Bund im Rahmen seiner Kosten- nem belastbaren Finanzierungskon- nur einen Bruchteil Ü19der erforderlichen beteiligung für die Aufnahme der Asyl- zept. Ohne ein solches können aber Migrationskosten abdecken. Die Aus- bewerberinnen und Asylbewerber und keine Strukturentscheidungen getrof- gliederungskosten im Falle der Auf- Flüchtlinge den Ländern zur Verfügung fen werden. Offen ist auch die Zielrich- gabenabgabe der kreisfreien Städte stellt, aus der Verbundmasse heraus­ tung, Ausgestaltung und Umfang der sind, soweit ersichtlich, nicht abge- genommen. In Brandenburg sieht sich angekündigten Standardanpassungs- deckt. Dies müsste der Vollständigkeit das Land als alleiniger Kostenträger zuschüsse: halber in die Betrachtung einbezogen für die genannten Bereiche. Die Auf- werden. Auch die Ermittlung der Kos- gabenwahrnehmung, die in den Land- • Welche konkreten freiwilligen oder ten eines erforderlichen Strukturhilfe- kreisen und kreisfreien Städten er- pflichtigen Aufgaben können durch programms für die Regionen, die ihren folgt, wird finanziell im Rahmen der die angekündigten Standardanpas- Kreissitz verlieren werden, steht aus. Kostenerstattung über die Pauscha- sungszuschüsse gefördert werden? Überlegungen zu einer Finanzierung len des Landesaufnahmegesetzes aus • Auf welchem Niveau sollen unter- der Teilentschuldung und anderer Re- Landessicht vollständig finanziert. So- schiedlich vollzogene Aufgaben formkosten aus dem Finanzausgleich mit stünde die erhöhte Umsatzsteuer- angeglichen werden? Werden mit treten die Kommunen entschieden beteiligung vollständig dem Land, und der Reform Standardabsenkungen entgegen. nicht anteilig über den Verbundsatz verbunden? auch den Kommunen zu. Die kommu- • Wie kann ein Anstieg der Kreisum- Mit dem Sechsten Gesetz zur Ände- nalen Spitzenverbände haben dem- lagen infolge von Einkreisungen rung des brandenburgischen Finanz- gegenüber die enge Verquickung mit

68 Deutscher Städtetag – Gemeindefinanzbericht 2016 dem Landesaufnahmegesetz sowie soll auf Grundlage der tatsächlich not- ziert. Gleiches bei den Umsatzsteuer- die damit verbundene Kürzung der wenigen Aufwendungen spätestens verschiebungen vom Bund auf die Län- Verbundgrundlagen kritisiert. Die Kos- Ende 2017 erfolgen. der für die Flüchtlingskosten: Das Land tenerstattungspauschale pro Asylbe- nahm davon sofort die Hälfte für sich, werber und Jahr falle derzeit mit einer Mecklenburg-Vorpommern von dem Rest bekommen viele kreisan- Höhe von 9.200 Euro zu gering aus gehörige Städte und Gemeinden trotz und müsse an den tatsächlichen Be- Die Konflikte zum ihres hohen Engagements nichts. darf angepasst werden. Die dem Ein- kommunalen Finanz- griff in die Verbundmasse zugrunde ausgleich in Meck- Die auch gegenüber dem Landtag ge- liegende Annahme einer vollständigen lenburg-Vorpommern äußerte Kritik der Kommunen führte im Kostenerstattung sei somit zurückzu- haben sich auch im Berichtszeitraum nicht zu einer Erhö- weisen. Berichtszeitraum fort- hung der Beteiligungsquote. Wenigs- gesetzt: So wurde das tens wurden im Rahmen der Kofinan- Erschwerend tritt hinzu, dass auch das Finanzausgleichsgesetz (FAG) 2016 als zierung der Fördermittel des Bundes Landesaufnahmegesetz im Berichts- eines der wichtigsten Gesetze für die für den Breitbandausbau die kommu- zeitraum eine Novellierung erfahren Städte und Gemeinde ohne die for- nalen Finanznöte berücksichtigt, so hat, deren finanzielle Auswirkungen mal vorgeschriebene Beteiligung der dass das Land 20 Prozent der Investiti- im Vorfeld nicht vollständig abzuse- kommunalen Landesverbände von der onskosten übernehmen und den kom- hen waren. Die Kommunen hatten sich Regierung in den Landtag eingebracht munalen Eigenanteil von 10 Prozent überwiegend kritisch mit dem Entwurf – vermutlich weil sich bereits bei den unbürokratisch vorstrecken will. Die der Landesregierung auseinanderge- Beratungen im FAG-Beirat abzeich- Kommunen haben das begrüßt. setzt. Die Kritik richtet sich auch gegen nete, dass die Kommunen geschlos- den hohen Verwaltungs- und Abrech- sen eine höhere Beteiligung nach dem Allerdings reiht sich diese Entschei- nungsaufwand, der mit dem Vollzug Gleichmäßigkeitsgrundsatz einfordern dung ein in eine Kette von Maßnah- verbunden sein wird. würden. men, die zu Lasten der größeren Städte in Mecklenburg-Vorpommern Im Ganzen wirkt das Gesetz nicht so, Der Gleichmäßigkeitsgrundsatz soll gingen: Da der kommunale Eigenan- als sei es von Vertrauen getragen. Die eine angemessene Beteiligung von teil aus dem kommunalen Sonderver- Landkreise und kreisfreien Städte müs- Land und Kommunen an den Gesamt- mögen des Kommunalen Aufbaufonds sen ihr Verwaltungshandeln vielfach einnahmen beider Ebenen gewährleis- finanziert wird, fehlt es an einen Aus- offenlegen, Unterkünfte auf Zulassung ten. Inzwischen stehen aber mehrjäh- gleich für die größeren Städte, die bei beim Land beantragen und Tatbestän- rigen Landeshaushaltsüberschüssen in der Förderung des Breitbandausbaus de der Kostenerstattung einzeln bean- dreifacher Millionenhöhe nur sehr ma- leer ausgehen. Die Städte verweisen tragen. Darüber hinaus sind die Land- gere Haushaltsabschlüsse der Kom- zudem auf die finanziellen Verbesse- kreise und kreisfreien Städte einer be- munen gegenüber. Die kommunalen rungen für den ländlichen Raum aus sonderen Sonderaufsicht des Landes Kassenkredite erklimmen trotz steigen- dem bundesweit einmaligen Gemein- unterstellt. Insgesamt erhält die Aufga- der Steuereinnahmen immer neue Re- de- und Bürgerbeteiligungsgesetz, das benwahrnehmung nach Einschätzung kordwerte und der Kostendeckungs- den Gemeinden und Menschen vor Ort der Kommunen im Land Brandenburg grad im Landeshaushalt hat sich weit Anteile an der Wertschöpfung durch dadurch den Charakter einer Landes- besser entwickelt als der kommunale den Ausbau der Windenergie gewäh- auftragsverwaltung. Kostendeckungsgrad. ren soll. Außerdem sollen die Fusio- nen kleinerer Gemeinden und zentra- Weiter wird kritisiert, dass mit der Zudem fordern die Kommunen eine ler Orte mit „Hochzeitsprämien“ und Novellierung keine Kostenprognose angemessene Beteiligung an den Um- einem Entschuldungsprogramm für verbunden war. Das strikte Konnexi- satzsteuermehreinnahmen des Landes. überschuldete Gemeinden gängig ge- tätsprinzip und die hierzu durch das Diese hatte der Bund für Entlastungen macht werden. Auch hier kommt das Verfassungsgericht entwickelten Prä- der Kommunen im Zusammenhang Geld aus dem Kommunalen Aufbau- missen wurden insofern nicht einge- mit dem Kindergarten- und Krippen- fonds, letztlich also aus Mitteln, die halten. Unter Verweis auf die Konne- rechtsanspruch vorgesehen. Sie wer- sonst auch den Städten zur Verfügung xitätsregeln wurde insbesondere kri- den aber in Mecklenburg-Vorpommern gestanden hätten. Zuletzt fehlt es im- tisiert, dass das Gesetz vorsieht, den für konnexitätsrelevante Standardver- mer noch an einem Ausgleich für die amtsfreien Gemeinden und Ämtern mit besserungen und Entlastungen bei den vom Landesverfassungsgericht wegen der Bereitstellung von Einrichtungen Elternbeiträgen verwendet. Auch bei handwerklicher Fehler einkassierte, für die vorläufige Unterbringung eine der Entlastung durch die Übernahme vom Grundsatz her aber akzeptierte, neue Pflichtaufgabe zur Erfüllung nach der Grundsicherung für Ältere und Er- Stadt-Umland-Umlage. Weisung ohne finanziellen Ausgleich werbsunfähige durch den Bund bedient zu übertragen. Eine Überprüfung der sich das Land, in dem es dafür die Zu- Dabei werden zusätzliche verlässliche Bestimmungen zur Kostenerstattung weisungen an die Kom munen redu- Finanzmittel benötigt, um zum Beispiel

Deutscher Städtetag – Gemeindefinanzbericht 2016 69 Schulen an steigende Schülerzahlen überörtlichen Sozialhilfeträger und Lösungsansätze der Gutachter für die anzupassen, räumliche Voraussetzun- deren Finanzierung. Damit wird die vertikale Verteilung reichen dem Ver- gen für Ganztagsangebote, Inklusion Kommunalisierung mit dem Sozialhil- nehmen nach von leichten Verbesse- und Integration von Zuwanderern zu fefinanzierungsgesetz 2002 rückgän- rungen bis zu schmerzhaften Reduzie- schaffen, Kita-Plätze weiter auszubau- gig gemacht und mit der Festlegung rungen der FAG-Leistungen, je nach- en und Straßen und Brücken zu sanie- als Aufgabe des übertragenen Wir- dem welche Berechnungsformel zu ren. Die kommunale Doppik belegt den kungskreises nach fast 15 Jahren die Grunde gelegt wird. Für die einzelne Werteverzehr gut und macht deutlich, Steuerungsfunktion wieder in die Lan- Stadt ebenso entscheidenden Fragen dass das Geld für den Erhalt der Infra- deshoheit zurückgeholt. Die Finanz- zur konkreten horizontalen Verteilung struktur nicht reicht: Obwohl die Kom- verantwortung verbleibt gleichwohl sind dann noch nicht einmal im Ansatz munen in Mecklenburg-Vorpommern auf der Ebene der Landkreise und bearbeitet. 2015 finanziell in der Gesamtheit auch kreisfreien Städte. Zurzeit betragen nach mehreren dürren Jahren endlich die Nettoausgaben insgesamt mehr Es ist fraglich, ob der Zeitplan wegen einmal wieder Haushaltsüberschüsse als 30 Prozent des FAG-Volumens. der in der Vorwahlzeit nicht zu erhalten- erzielt haben, sind die Investitionsaus- Das Land kompensiert dies durch den Grundsatzentscheidungen über- gaben der Kommunen historisch ein- eine hohe quotale Landesbeteiligung. haupt eingehalten werden kann und gebrochen. Die Haushaltsüberschüsse Die beiden großen Städte fühlen sich vor allem, ob sich der im September von 129 Millionen Euro stammen zu aber schlecht behandelt, weil ihre Er- 2016 neu zu wählende Landtag die Er- einem guten Viertel aus statistischen stattungsquote deutlich niedriger fest- gebnisse des Gutachtens zu eigen ma- Änderungen bei der Verbuchung der gelegt wurde als die der Landkreise. chen wird oder eigene Lösungsansätze Zuwendungen aus dem Kommunalen Die Städte prüfen, ob dafür eine hin- entwickeln wird. Die vielen Hilfs-, Son- Aufbaufonds, zum anderen aus unge- reichende sachliche Rechtfertigung der-, und Förderprogramme außerhalb planten Mehreinnahmen durch Bun- gegeben ist. Abgemildert, aber nicht des FAG laufen nach und nach bis 2017 des- und Landeshilfen. Im Sozialbe- gelöst, ist damit das Problem des dy- aus. Und der Zeitdruck, den Kommu- reich, der zwar immer noch bei über namischen Anstiegs der Kosten der nen eine verlässliche, verfassungssi- 150 Prozent des West-Niveaus liegt, Eingliederungshilfe. chere und aufgabengerechte und an- trug der Rückgang der Ausgaben bei gemessene Finanzausstattung auch für den Kosten der Unterkunft (KdU) zu Am 4.9.2016 wird in Mecklenburg- die Zukunft zu gewähren, wächst un- den guten Abschlüssen bei. Vorpommern ein neuer Landtag ge- aufhaltsam. wählt. Eine zentrale Frage an die neue Über die Aufteilung der vom Bund an Landesregierung wird die überfällige Sachsen die Länder zugesagten Integrations- Novellierung des FAG zum 1.1.2018 pauschale gibt es in Mecklenburg-Vor- sein. Der Grundstein dafür wurde be- In Sachsen wurden pommern noch keine Verständigung. reits mit der Beauftragung eines Gut- im Beobachtungszeit- Gerade die großen Städte sind bei den achtens gelegt, das nach der Wahl raum zwischen den bisherigen Verteilungsmechanismen, vorgelegt werden soll. So bleibt zurzeit kommunalen Verbän- die sich an den zugewiesenen Flücht- aber noch vollkommen offen, welche den und den Ministe- lingen orientierten, zu kurz gekommen. Veränderungen am Finanzausgleichs- rien für Finanzen und Nach der in Mecklenburg-Vorpommern system vorgenommen werden. Inneres zwei Teilkom- schnellen Entscheidung über die An- plexe im Sinne eines Gesamtpaketes erkennung zieht es viele anerkann- In den Kämmereien wächst daher die behandelt. Dabei ging es einmal um te Flüchtlinge in die größeren Städte. Unruhe, weil man zum Beispiel bei den die eigentlichen Themen des Finanz- Dort müssen Wohnungen vorgehalten, Planungen für Investitionen in Mecklen- ausgleichsgesetzes (FAG), bei denen Schulen und Kitas aufgebaut und vor burg-Vorpommern die Finanzierbarkeit vor allem eine Verständigung über Vor- allem eine gute soziale Begleitung ge- über den Finanzplanungszeitraum dar- sorge, allgemeine Deckungsmittel und währleistet werden. Nur mit einer aus- stellen muss. Da das FAG eine grund- Schlüsselzuweisungen gefunden wer- reichenden Beteiligung der Städte an legende Novelle werden soll, ist die den musste. Zum anderen waren die den Integrationsmitteln des Bundes notwendige Planungssicherheit nicht Verhandlungen mit Themen befrachtet, wird gewährleistet, dass die neuen gegeben. Hier wird deutlich, dass eine die streng genommen keine FAG-The- Mitbürger möglichst schnell ihren Le- verlässliche und sichere Planungs- men sind, für die kommunale Familie bensunterhalt durch eigene Arbeit si- grundlage durch eine vernünftige FAG- aber im Hinblick auf die allgemeine Fi- chern und in der Gemeinschaft mitma- Ausstattung sich durch nichts, auch nanzausstattung eine hohe Bedeutung chen können. nicht durch großzügige Fördermittel- haben. Dies betrifft insbesondere die programme ersetzen lässt. Asylbewerberleistungspauschale. Zum 1.1.2016 ist auch ein neues Aus- führungsgesetz zum SGB XII in Kraft Die Verunsicherung wächst auch, Im Finanzausgleich steigt der kommu- getreten. Es enthält eine grundlegen- da noch unklar ist, wie sich die FAG- nale Finanzmassenanteil von den der- de Neuregelung zu den Aufgaben der Masse ab 2018 entwickeln wird. Die zeitigen 35,93 Prozent auf zukünftig

70 Deutscher Städtetag – Gemeindefinanzbericht 2016 36,83 Prozent im Jahr 2018 an. Dies ist über 2017 um weitere 77,5 Millionen von einer prognostizierten Anzahl der vor allem auf die Integration des Mehr- Euro an. Ohne Umschichtung wäre die LE in dem jeweiligen Jahr abhängig belastungsausgleichs der Verwaltungs- Schlüsselmasse der Kreisfreien Städte ist. Diese kann sich jedoch in der Re- reform von 2008 in das SächsFAG ab um rund 92 Millionen Euro gestiegen, alität deutlich ändern, da insbesonde- dem Jahr 2017 zurückzuführen. Im die der kreisangehörigen Gemeinden re die Zugangszahlen, aber auch die Jahr 2017 werden auf diesem Wege nur um rund 28 Millionen Euro. Bearbeitungsgeschwindigkeit durch 154,8 Millionen Euro in das FAG über- das BAMF heute noch nicht festste- führt. Steigen die Steuereinnahmen Die Asylbewerberpauschale des hen. Deshalb wurde für das Jahr 2016 beim Land und in den Kommunen Flüchtlingsaufnahmegesetzes (FlüAG), – wie von kommunaler Seite intensiv an, profitieren die Kommunen zu- die zuletzt zum 1.1.2015 nach schwie- eingefordert – ein nachträgliches Ab- künftig verstärkt davon, weil ihr Anteil rigen Verhandlungen auf jährlich rechnungsverfahren auf Grundlage der nach dem Gleichmäßigkeitsgrundsatz I 7.600 Euro je Leistungsempfänger (LE) Anzahl der LE vereinbart, deren Höhe (GMG I) und damit auch die Schlüssel- angehoben worden war, wird im Jahr sich dann über die Elastizität unmittel- zuweisungen steigen. Mit dem GMG I 2016 und in den folgenden Jahren hö- bar auf die Höhe der Pauschale aus- wird auf den Gleichlauf von Landesein- her ausfallen. Nach Vorschlägen eines wirkt. Stellt sich also am Jahresende nahmen abzüglich Finanzausgleichs- finanzwissenschaftlichen Gutachtens eine höhere durchschnittliche Anzahl masse und kommunalen Steuereinnah- zur Evaluierung der FlüAG-Pauschale von Leistungsempfängern im Freistaat men zuzüglich Finanzausgleichsmasse soll sich die für die einzelnen Jahre be- Sachsen ein, wird auch die Gesamt- abgestellt. Auf der Grundlage der ak- rechnete Pauschale an den für die Ver- pauschale je Leistungsempfänger stei- tuellen Steuerschätzung erfährt die Fi- gangenheit ermittelten anrechnungs- gen (und umgekehrt). nanzausgleichsmasse damit einen zu- fähigen Kosten sowie an der Entwick- sätzlichen „Schub“, der sich 2020 be- lung der LE-Zahlen bemessen. Auch für die Jahre 2017 und 2018 wird reits in einem niedrigen zweistelligen es eine Erhöhung der FlüAG-Pauscha- Millionenbetrag auswirkt. Mit der Inte- Für das Jahr 2015 ermittelte der Gut- le gegenüber der 2015 festgesetzten gration des Mehrbelastungsausgleichs achter als anrechenbare Kosten 11.064 Pauschale i.H.v. 7.600 Euro geben. für die Verwaltungsreform in das FAG Euro je LE bei einer durchschnittlichen Der Pauschale wurde eine Leistungs- haben die kommunalen Landesverbän- Zahl von 22.662 LE. Je höher die An- empfängerzahl von 19.000 (2017) und de ein langfristig verfolgtes Ziel endlich zahl der LE ist, desto stärker steigt die 14.800 (2018) zugrunde gelegt. Dar- erreicht. Flüchtlingspauschale je LE an. Umge- aus folgt über die Elastizität eine Pau- kehrt gilt dies ebenfalls. Im FlüAG-Gut- schale i.H.v. 9.558 Euro (2017) bzw. Mit dem Gleichmäßigkeitsgrundsatz II achten wird dies als „Elastizität“ be- 9.410 Euro (2018). Da es auch insoweit (GMG II) strebt das sächsische Fi- zeichnet. Die Elastizität berücksichtigt, zu erheblichen Abweichungen der An- nanzausgleichssystem ein Gleichlau- dass bei steigenden Flüchtlingszahlen zahl der LE kommen kann, wurde eine fen zwischen dem kreisfreien und dem neue Kapazitäten aufgebaut werden Revisionsklausel vereinbart. kreisangehörigen Raum an. Im kom- müssen, die nach den Erfahrungen der munalen Finanzausgleich der Jahre Vergangenheit vor allem höhere Unter- Unabhängig von einer Anpassung der 2017/2018 werden dazu 50 Millionen bringungskosten nach sich ziehen. Im Pauschale für das Jahr 2016 durch das Euro vom kreisfreien in den kreisan- umgekehrten Fall gehen laut Gutach- Abrechnungsverfahren erhalten die gehörigen Raum umgeschichtet. Die ten die Unterbringungskosten mit ei- Landkreise und Kreisfreien Städte für kreisfreien Städte erhalten im Gegen- ner sinkenden Anzahl der LE zurück, das Jahr 2016 zusätzlich eine Bedarfs- zug – allerdings auf vier Jahre befristet weil unterstellt wird, dass zunächst zuweisung i.H.v. 20 Millionen Euro, – einen höheren Anteil der Mittel aus die preisintensivsten Einrichtungen zahlungswirksam im Jahr 2017, die dem Investprogramm „Brücken in die abgebaut oder anderweitig verwen- analog zur FlüAG-Pauschale verteilt Zukunft“, das im Zusammenhang mit det werden können. Die gutachterlich wird. Sollte es bei den angenommenen dem Investitionskraftstärkungsgesetz ermittelte Elastizität beträgt 0,17. Das 31.100 LE im Jahr 2016 bleiben, wür- (Umsetzung des Kommunalinvestiti- bedeutet, dass eine Zunahme der LE de so insgesamt eine Pauschale i.H.v. onsförderungsgesetz des Bundes) auf- von 10 Prozent zu einem Anstieg der 11.143 Euro je LE ausgezahlt. gelegt wurde. Des weiteren erhalten FlüAG-Pauschale in Höhe von (i.H.v.) sie Bedarfszuweisungen im Zusam- 1,7 Prozent führt. Enttäuscht zeigen sich die sächsischen menhang mit dem Hartz-IV-Lasten- Kommunen zunächst über die in der ausgleich und ein kleines Stadtbud- Für das Jahr 2016 werden zurzeit mittelfristigen Finanzplanung vorge- get „Schulhausbau erhalten“ (jeweils durchschnittlich 31.100 LE erwartet. sehenen Kürzungen der Investitions- 10 Millionen Euro/Jahr). Trotz GMG II- Nach Anrechnung eines kontrovers mittel im Bereich des Schulhausbaus Umschichtung in einem Volumen diskutierten Eigenanteils der Kommu- und für den kommunalen Straßen- und von 50 Millionen Euro steigt auch die nen ergibt sich eine FlüAG-Pauscha- Brückenbau, die in der mittelfristigen Schlüsselmasse der kreisfreien Städte le in Höhe von 10.500 Euro je LE für Finanzplanung des Freistaats Sachsen von 2016 zu 2017 um 41,6 Millionen 2016. Probleme wirft bei diesem Mo- vorgesehen sind. Im Bereich des Schul- Euro an. Im Jahr 2018 steigt sie gegen- dell auf, dass die Höhe der Pauschale hausbaus wollte die Staatsregierung

Deutscher Städtetag – Gemeindefinanzbericht 2016 71 die Investitionsmittel von derzeit 2015 und der Frühjahrsprojektion der erneut stark rückläufig. Dies gilt auch, 56,9 Millionen Euro jährlich auf jeweils Bundesregierung zur Preisentwick- wenn man die in die Kostenerstattung 11,9 Millionen Euro in den Jahren 2017 lung 2015 aktualisiert. Zudem wurde des Aufnahmegesetzes überführten und 2018 kürzen. Selbst unter Berück- die Schlüsselmasse durch die neu auf- Mittel in der Betrachtung ausklammert. sichtigung von jeweils 30 Millionen genommene „Besondere Zuweisung Umso größer waren die Erwartungen Euro aus dem Zukunftssicherungs- zur Stärkung der kommunalen Finanz- der Kommunen an die neue Landes- fonds wären die Mittel gegenüber dem kraft“ um jeweils 25 Millionen Euro für regierung, das Thema der unzurei- Status quo abgesunken. Dagegen be- 2015 und 2016 ergänzt. Die Verteilung chenden Finanzausstattungen nach steht besonders in den Großstädten erfolgt proportional nach der Höhe der der Landtagswahl 2016 endlich einer durch steigende Schülerzahlen, aber Schlüsselzuweisungen. Lösung beziehungsweise einem ernst- auch sachsenweit durch die Inklusion haften Lösungsansatz zuzuführen. Die von Schülern mit Förderbedarf sowie Überlagert war die Revision 2016 zu- Koalitionsvereinbarung von CDU, SPD die zunehmende Anzahl von Flücht- dem von der dynamischen Entwicklung und Bündnis 90/DIE GRÜNEN greift ei- lingskindern ein weiter wachsender der Flüchtlingszahlen. Entsprechend nige der im Vorfeld von den Kommu- Investitionsbedarf. Auch die kommu- wurde zum 1.1.2016 die Kostenerstat- nen aufgestellten Erwartungen auf: nalen Straßenbaumittel sollten eine tung für die Aufnahme und Unterbrin- Kürzung von jährlich 125 (2016) auf gung der Asylbewerber und Gedulde- • Mit Blick auf das FAG schlägt die künftig 93 Millionen Euro jährlich erfah- ten auf Wunsch der Spitzenverbände neue Landesregierung eine Abkehr ren. Dabei hatten Freistaat und Kom- aus dem FAG in das Aufnahmegesetz von dem bisherigen dynamischen munen im Rahmen der Verhandlungen (AufnG) überführt. Durch die damit ver- Modell (alle 2 Jahre Anpassung an zum Investitionspaket noch vereinbart, bundene Überführung der Kostener- fortlaufende Statistik) vor. Nunmehr dass das Land seinen Finanzierungs- stattung i.H.v. rund 48 Millionen Euro soll die FAG-Masse nach einer anteil am Investitionspaket nicht durch in das Aufnahmegesetz verringerte vorzunehmenden Bereinigung der Kürzungen bei den allgemeinen In- sich einerseits die verteilbare Finanz- FAG-Bedarfsermittlung bereits im vestitionszuweisungen „refinanziert“. masse im FAG, zugleich wurde aber Jahr 2016 um knapp 80 Millionen Inzwischen zeichnet sich jedoch ab, eine Kostenerstattungspauschale für Euro und ab 2017 um rund 182 Mil- dass in dem noch nicht veröffentlich- die Landkreise und kreisfreien Städte lionen Euro steigen und dann für ten Entwurf des Staatshaushaltsplanes als Aufgabenträger der Flüchtlings- den Zeitraum der Legislaturperio- auch die investiven Zuschüsse an die aufnahme festgesetzt. Dabei ist auch de bis einschließlich 2021 festge- kommunale Ebene wieder angeho- die weitgefasste Revisionsklausel zur schrieben werden. Die bisherigen ben werden und dann in etwa auf dem Kostenerstattung in § 2 Abs. 6 AufnG größeren FAG-Reformen im Zwei- Niveau der Vorjahre verbleiben. positiv hervorzuheben. Damit konnte jahresturnus und die damit zusam- wesentlich schneller auf die Kosten- menhängenden Revisionsverfahren Sachsen-Anhalt dynamik reagiert werden als es beim würden demnach entfallen. Eine aufgabenbezogenen FAG und dessen Neuberechnung des Bedarfs wäre Das bedarfsorientierte Rückgriff auf die amtliche Statistik der somit erst zum Ende der Legislatur- Finanzausgleichssys- Fall war. periode für die neue Legislaturperi- tem in Sachsen-An- ode notwendig. halt sieht grundsätz- Die unter Beteiligung der kommunalen • Die Erhöhung der FAG-Masse lich eine regelmäßige Spitzenverbände evaluierte und von soll unter anderem durch die von Bedarfsermittlung auf 6.800 Euro auf 10.470 Euro angepass- den kommunalen Spitzenverbän- Grundlage statisti- te Pauschale gilt ab 2016. Bis spätes- den geforderte Rücknahme des seit scher Daten der Vergangenheit vor. tens zum 31.3.2017 erfolgt eine erneu- 2015 zur Anwendung kommenden Aufgrund der Fortschreibung des so te Überprüfung der Pauschale. Für die Benchmarkansatzes „Best Practice ermittelten Bedarfs auf die konkreten Abrechnungen der Kostenerstattung für Sachsen-Anhalt“, die Rücknahme FAG-Jahre und der Heranziehung der 2015 hat man sich ausnahmsweise da- der in 2015 vorgenommenen Kür- Steuerschätzung – anstelle der Steu- rauf verständigt, die bei den kreisfreien zung des pauschalen Tilgungsbei- ereinnahmen laut amtlicher Statistik – Städten und Landkreisen entstandenen trages sowie die Rücknahme des sind Revisionsverfahren seit der Um- Kosten aufgabenträgerspezifisch abzu- seit 2015 bedarfsmindernd ange- stellung auf den bedarfsorientierten Fi- rechnen. Dies ist zu begrüßen, da an- rechneten kommunalen Entlastung nanzausgleich systemimmanent. Dabei sonsten einzelne Aufgabenträger durch des Bundes (Anteil an der Vorab- übernimmt die Revision nicht die Funk- die Anwendung der 10.470 Euro eine milliarde) vorgenommen werden. tion einer Spitzabrechnung, erfolgt hier Überkompensation oder eine Unterde- • Für 2017 sollen zudem wieder die doch lediglich eine Aktualisierung der ckung erfahren hätten. gemeindlichen Steuer-Isteinnah- Prognoseansätze. Im Rahmen der Re- men angerechnet werden. Zurzeit vision für das Jahr 2016 wurde noch im Die Zuweisungen an die Städte, Krei- greift die Bedarfsermittlung hier auf Jahr 2015 die FAG-Bedarfsermittlung se und Gemeinden im Rahmen des die Daten der Steuerschätzung zu- auf Basis der Mai-Steuerschätzung kommunalen Finanzausgleichs waren rück. Im Zusammenspiel der damit

72 Deutscher Städtetag – Gemeindefinanzbericht 2016 insgesamt vier Anpassungen der den. Das Thema kochte erwartungsge- alitionsfraktionen ein Gesetz zur Än- bisherigen Bedarfsermittlung er- mäß in der öffentlichen und politischen derung des KAG beschlossen, ohne höht sich die FAG-Masse ab 2017 Wahrnehmung extrem hoch, nachdem die kommunalen Spitzenverbände an- um rund 182 Millionen Euro auf die Abwasserverbände die Übergangs- zuhören. Trotz deren Warnung wurde 1.628 Millionen Euro. Im Zeitraum frist nutzten, um offene Forderungen in zum einen die Möglichkeit geschaffen, 2017 bis 2021 soll die korrigierte Höhe von rund 125 Millionen Euro gel- die Vollziehung von Verwaltungsakten, FAG-Masse als Festbetrag ohne tend zu machen. die nach Maßgabe der zeitlichen Über- weitere Anpassungskriterien aus- gangsregelung des § 18 Abs. 2 ergan- gereicht werden. Per Erlass des Ministeriums für Inne- gen sind, von der Unanfechtbarkeit res und Sport wurden die kommunalen des Verwaltungsaktes abhängig zu ma- Trotz dieser positiven Signale aus der Aufgabenträger daher Anfang 2016, chen. Die Aufgabenträger haben dem- Koalitionsvereinbarung blieb zumindest das heißt kurz vor der Landtagswahl, nach darüber zu entscheiden, sowohl der erste Gesetzentwurf zur Anpassung „gebeten“, Entscheidungen über an- die Widerspruchsverfahren als auch des FAG 2016 bisher hinter den Erwar- hängige Widersprüche sowie über die die Zahlung der Beiträge bis zu einer tungen der Kommunen zurück. In dem sofortige Vollziehung von Beitragsbe- endgültigen Klärung der Rechtslage Entwurf vermischte das Land – auf scheiden zum Ausgleich von Vorteilsla- auszusetzen. Darüber hinaus steht nun kommunaler Seite nicht nachvollzieh- gen, die unter die einjährige Über- ebenfalls im Ermessen der Aufgaben- bar – die Frage nach der Anrechnung gangsregelung fallen, auszusetzen. träger, mit dem Abgabenschuldner ei- der seit 2015 vom Bund bereits initiier- Ebenfalls wurde darum gebeten, auf nen Vergleichsvertrag über kommunale ten Entlastung der Kommunen in Form die grundsätzlich bei der Aussetzung Abgaben zu schließen. der Vorabmilliarde mit der aktuellen He- der Vollziehung anfallenden Zinsen rausforderung im Bereich der Flücht- möglichst zu verzichten. Begründet Konfliktbelastet ist das Gesetz auch lingsintegration. Demzufolge würde wurden diese „Bitten“ mit anhaltenden dahingehend, dass es das Thema der sich die laut Koalitionsvertrag für 2016 Diskussion über die Rechtmäßigkeit Verzinsung nach § 238 AO, welches angekündigte Aufstockung um 80 Mil- der Erhebung der sogenannte Altan- viele Kommunen in letzter Zeit auch im lionen Euro zunächst nur auf rund die schließerbeiträge in der Öffentlichkeit Bereich der Gewerbesteuerrückforde- Hälfte belaufen. Aufgrund der Bund- sowie im politischen Raum, die in Fol- rungen immer stärker bewegt hat, auf- Länder-Vereinbarung vom 7.7.2016 zur ge der Beschlüsse des Bundesver- greift. Ob der nun gewählte Weg einer Integrationspauschale zeichnet sich fassungsgerichts vom 12.11.2015 zur variablen Verzinsungsregelung (2 Pro- nun jedoch die Bereitschaft zur Erhö- Rechtslage in Brandenburg (Az.: 1 BvR zent über dem Diskontsatz nach § 247 hung auf die ursprünglich avisierten 2961/14, 1 BvR 3051/14) aufkamen. BGB), der richtige ist, darf angesichts 80 Millionen Euro ab. eines erheblichen Überwachungs- und Obwohl das Oberverwaltungsgericht Verwaltungsmehraufwandes, der bei Sehr schnell hat die neue Landesre- des Landes Sachsen-Anhalt (OVG der praktischen Umsetzung der Rege- gierung eine Änderung des Kommu- LSA) die einjährige Übergangsfrist in lung zu erwarten ist, bezweifelt wer- nalabgabengesetzes (KAG) beschlos- mehreren Entscheidungen bestätigt den. Dass nunmehr die gewünschte sen. Erst im Dezember 2014 hatte der hatte, kam aus dem politischen Raum Ruhe einkehrt, ist nicht in Sicht. Schon Landtag von Sachsen-Anhalt das KAG die Forderung, die Rechtslage in Sach- für den Herbst haben die Koalitions- unter anderem mit dem Ziel geändert, sen‐Anhalt im Hinblick auf die Rege- fraktionen eine nächste Änderung des den Vorgaben des Bundesverfassungs- lungen zur zeitlichen Obergrenze für KAG angekündigt, mit der u. a. die Bei- gerichts (BVerfG) Rechnung zu tragen. die Beitragsfestsetzung und zur ein- tragserhebungspflicht gelockert -wer Das Gericht hatte festgehalten, dass geräumten Übergangsfrist (§§ 13 b, den soll. die Erhebung eines Beitrags nicht zeit- 18 Abs. 2 KAG‐LSA) einer rechtlichen lich unbegrenzt nach Eintritt der Vor- Prüfung zu unterziehen. Neben dem FAG und dem KAG bewegt teilslage erfolgen kann. Zur Umsetzung die Kommunen nach wie vor das Kin- dieser Rechtsprechung wurde in Sach- Von kommunaler Seite wurde wieder- derförderungs-gesetz (KiFöG). Nach- sen-Anhalt eine 10-jährige Ausschluss- holt darauf aufmerksam gemacht, dass dem trotz deutlicher Kritik seitens der frist eingeführt und ein Übergangs- die Rechtslage im Land Brandenburg Kommunen 2013 die Leistungsver- zeitraum für bis zum Inkrafttreten des nicht auf Sachsen‐Anhalt übertragbar pflichtung von der Gemeinde- auf die Gesetzes nicht realisierter Beiträge bis ist. Dennoch stellten die Koalitions- Kreisebene hochgezont wurde, haben zum Ende des Jahres 2015 eingeräumt. partner in ihrer Koalitionsvereinbarung die Gemeinden keine Planungs- und Damit sollte einem angemessenen ein Moratorium der Einziehung der Bei- Koordinierungsfunktion mehr und sind Ausgleich zwischen den Interessen der träge bis zur höchstrichterlichen Klä- nicht Vertragspartner der zwischen Allgemeinheit an einer ordnungsgemä- rung der umstrittenen Rechtsfragen in Landkreis und freien Trägern geschlos- ßen Umsetzung einer vollständigen Er- Aussicht. senen Vereinbarungen. Sie tragen aber hebung der Beiträge und dem Interesse die Restfinanzierungsverantwortung. des einzelnen Bürgers an einer Belas- Im Schnelldurchlauf wurde innerhalb Da zudem auch die Standards deut- tungsklarheit Rechnung getragen wer- nur einer Sitzungswoche durch die Ko- lich ausgeweitet wurden, stiegen die

Deutscher Städtetag – Gemeindefinanzbericht 2016 73 Kosten. Damit verbunden war und ist Thüringen Die umstrittene Bedarfsermittlung des der ständige Streit um einen adäqua- Landes kam hingegen zum Schluss, ten finanziellen Ausgleich seitens des Trotz der Ankündi- dass die voraussichtliche Finanzaus- Landes. Inzwischen hat das Landes- gung der 2014 ge- gleichsmasse zur Deckung der er- verfassungsgericht Sachsen-Anhalt wählten Landesregie- mittelten Bedarfe ausreichen würde. festgestellt, dass das KiFöG teilweise rung, die finanzielle Selbst die für diesen Fall eigentlich gegen das Konnexitätsprinzip versto- Situation der Kommu- vorgesehene Fortschreibung des bis- ße: Zulasten der Beschwerdeführerin- nen nachhaltig zu verbessern, hat sich herigen Bedarfs hätte ohne Verände- nen würde eine Finanzierungspflicht die kommunale Finanzausstattung im rungen und unter Berücksichtigung geschaffen und die bestehende Finan- Berichtszeitraum noch verschlechtert. der ermittelten Zusatzbedarfe sowie zierungspflicht für in freier Trägerschaft Die Ende 2015 verabschiedete FAG- Ausgleichsleistungen für Standard- betriebene Kindertagesstätten ausge- Novelle beinhaltet mit einer Finanzaus- erhöhungen und zusätzliche Aufga- weitet werden, ohne dass zugunsten gleichsmasse von jeweils 1.901 Millio- ben aber noch FAG-Leistungen in der Beschwerdeführerinnen Kostende- nen Euro für die Jahre 2016 und 2017 Höhe von insgesamt 2.113 Millionen ckungsregelungen vorgesehen seien (Doppelhaushalt) kommunale Min- Euro ergeben. Zur nun vorgesehenen (vgl. S. 48). dereinnahmen in Höhe von 85 Millio- Finanzausgleichsmasse fehlen somit nen Euro gegenüber dem Jahr 2015. 212 Millionen Euro. Viele Kommunen hatten die Hoffnung, Berücksichtigt man die zusätzlichen dass mit der neuen Landesregierung kommunalen Aufgaben, die ausweis- Die fiktive Bedarfsermittlung und de- die Gewährleistungsverantwortung für lich mit den Finanzausgleichsmittel fi- ren Auswirkungen auf die kommunale die Kindertagesbetreuung wieder in nanziert werden (Verwaltungskosten in Finanzausstattung werden somit wei- die Hand der Gemeinden gelegt wird. der Flüchtlingsbetreuung, Sonderlas- terhin kritisch betrachtet. Insbesondere Jedoch enthält der Koalitionsvertrag tenausgleich Kurorte, Beseitigung von wird bemängelt, dass sich die Kosten- hierzu keine Aussagen. Bereits der in- Umweltbelastungen), erhalten die Thü- entwicklung alleine an der Verbraucher- zwischen in den Landtag eingebrachte ringer Kommunen 122 Millionen Euro preisentwicklung orientiert. Steigende Gesetzentwurf zur Anpassung der Lan- weniger als im Jahr 2015. Personal-, Sach- und Zweckausgaben despauschale ausschließlich an den (insbesondere im Sozialbereich) wer- Tarifvertrag 2015 macht hingegen deut- Die Gesamteinnahmen der Kommu- den somit nur unzureichend berück- lich, dass die Finanzierung nicht dem nen aus Steuern und den Zuweisun- sichtigt. Darüber hinaus wird kritisiert, tatsächlichen Finanzierungsbedarf ge- gen aus dem kommunalen Finanzaus- dass Finanzmittel des Bundes, die zur recht wird. Auch die Absichtserklärung gleich sollen sich im Sinne des Thü- kommunalen Entlastung bereitgestellt für 2017, die Finanzierungssystematik ringer Partnerschaftsmodells in einem werden, mit dem fiktiven Bedarf -ver des KiFöG auf den Prüfstand zu stel- stabilen Verhältnis zu den Einnahmen rechnet werden und damit nicht voll- len, lässt die Kommunen angesichts des Landes, abzüglich der den Kom- ständig an die Kommunen weitergelei- der bisherigen Erfahrungen zweifeln, munen zufließenden Finanzmasse im tet werden. dass damit eine aufgabengerechte und kommunalen Finanzausgleich, entwi- auskömmliche Finanzierung durch das ckeln. Betrachtet wird dabei stets ein Als problematisch wird angesehen, Land erfolgen soll. Inwieweit dies mit Dreijahresdurchschnitt der vorange- dass der Mehrbelastungsausgleich der Ankündigung im Koalitionsvertrag gangenen Jahre. Das Land stützt die gem. § 23 ThürFAG Bestandteil der vereinbar ist, das Konnexitätsprinzip vorgenommenen Anpassungen im Fi- Finanzausgleichsmasse ist und so- in Richtung einer strikten Konnexitäts- nanzausgleich auf die Übergangseva- mit in das Thüringer Partnerschafts- pflicht weiterzuentwickeln, bleibt abzu- luation, die im Zuge der Einführung modell einbezogen wird. Dadurch ist warten. des Partnerschaftsmodells ermitteln nicht auszuschließen, dass die Kom- sollte, ob der für das Jahr 2013 unter- munen höhere Standards und neue stellte kommunale Finanzbedarf zur Auftragsangelegenheiten selbst aus Deckung der tatsächlichen Aufwen- der Schlüsselmasse finanzieren müs- dungen ausreichend war. 2013 wie- sen. Die Pflicht, höhere Standards sen die kommunalen Haushalte einen und neue Auftragsangelegenheiten im Fehlbedarf zwischen den Bruttoaus- Rahmen von Auftragsangelegenheiten gaben des Verwaltungs- und Vermö- zu finanzieren, ist jedoch Aufgabe des genshaushalts einerseits und den Ein- Landes, das diese Aufgaben den Kom- nahmen einschließlich der Zuweisun- munen zur Erledigung übertragen hat. gen des Landes andererseits aus und Zwar regelt das Thüringer Finanzaus- dokumentierten so, dass die kommu- gleichsgesetz bereits jetzt, dass der nale Finanzausstattung nicht ausrei- Mehrbelastungsausgleich außerhalb chend war. des Thüringer Partnerschaftsmodells

74 Deutscher Städtetag – Gemeindefinanzbericht 2016 erfolgt. Dennoch belegt die letzte FAG- Als Neuerung findet sich im Finanz- • auf der Notwendigkeit, die neue Novelle, dass spezialgesetzliche Kos- ausgleich nun eine getrennte Auswei- ICE-Trasse München-Erfurt­Berlin tenerstattungsregelungen in die Pau- sung der Schlüsselzuweisungen für die sicherheitstechnisch auf dem neu- schale überführt werden und somit die Aufgaben der Kinderbetreuung. Damit esten Stand abzusichern sowie Finanzierung neuer Aufgaben und hö- wird die Transparenz der Kindertages- • auf dem Rückstand Thüringens zu herer Standards von den Kommunen stättenfinanzierung in Thüringen deut- anderen Bundesländern, die die selbst übernommen werden müssen. lich verbessert. neue Technik bereits seit längerer Beispielhaft sei auf die Überführung Zeit eingeführt haben und nun auf der Verwaltungskosten für die Grund- In den vergangenen Jahren wurde vom die ,,Abschaltung“ der Analogfunk- sicherung im Alter und bei Erwerbs- zuständigen Fachministerium insbe- strukturen drängen. minderung oder auch der Verwaltungs- sondere gegenüber den Elternvertre- kosten für die Flüchtlingsbetreuung tungen konsequent die Auffassung ver- Die Kommunen, die teilweise unter hingewiesen. Die hierfür anfallenden treten, der Freistaat Thüringen würde entsprechenden Zusicherungen des Aufwendungen, aber auch die Auswir- den kommunalen Trägern 100 Prozent Landes zuletzt noch Investitionen in kungen des veränderten Berechnungs- der Kosten für die Aufgabe „Kinder- das analoge Funknetz getätigt hat- verfahrens (etwa bei den Personal- und tagesbetreuung“ erstatten. Nunmehr ten, sehen somit eine hohe (Finanzie- Gemeinkosten) führen dazu, dass der wird deutlich, dass in den Schlüsselzu- rungs-)Verantwortung beim Land und Gesamtansatz beim Mehrbelastungs- weisungen lediglich 13,6 Prozent, das der Deutschen Bahn AG. Der Streit ausgleich 2016 gegenüber dem lau- heißt nur circa 70 Millionen Euro für entzündet sich weniger an den einma- fenden Jahr um fast 60 Millionen Euro den Aufgabenbereich Kindertagesbe- ligen Anschaffungskosten, die über ansteigt, während gleichzeitig aber treuung enthalten sind. Darüber hinaus bestehende Förderstrukturen (aller- die Schlüsselzuweisungen um circa war dem parlamentarischen Verfahren dings zulasten ebenfalls notwendiger 80 Millionen Euro sinken. Den höhe- zu entnehmen, dass circa 256 Millio- Fahrzeugbeschaffungen) abgewickelt ren Mehrbelastungsausgleich finan- nen Euro von den Kommunen aus ihren werden können. Ein größeres Anlie- zieren die Kommunen auf Kosten der eigenen Steuereinnahmen verwendet gen ist den Kommunen, die Träger des Schlüsselzuweisungen somit in voller werden müssen, um die Aufgabe Kin- Rettungsdienstes sowie die Bahn als Höhe selbst. Genau diese Verrechnung dertagesbetreuung auszufinanzieren. Hauptnutznießer entlang der ICE-Tras- hat aber der Thüringer Verfassungs- se aufgrund der zu erwartenden deut- gerichtshof als nicht vereinbar mit der Nach den Einnahmebeschaffungs- lich höheren Nutzungsintensität mit in Thüringer Verfassung angesehen. grundsätzen des § 54 Abs. 2 ThürKO die Verantwortung zu nehmen. Sie for- werden die Kommunen nicht umhin dern daher, den kommunalen Anteil an Während in Sachsen-Anhalt der Über- kommen, den möglichen Gebühren- den Betriebskosten deutlich abzusen- prüfungszeitraum für den kommuna- rahmen auszureizen, bevor sie den ken, während die ebenfalls vom Digi- len Finanzausgleich auf die Dauer von Gebührenhaushalt „Kindertagesstät- talfunk profitierenden Beteiligten Bahn fünf Jahren (das heißt einer Legislatur- ten“ mit allgemeinen Steuermitteln AG und Krankenkassen in die Finan- periode) verlängert wird, geht Thürin- ausgleichen dürfen. Dieser Gebüh- zierung eingebunden werden sollten. gen jetzt den umgekehrten Weg: Hier renanstieg könnte zumindest größ- hat man die Revisionsfrist von fünf auf tenteils verhindert werden, wenn das Alles in allem wird die Zahl der Kom- jährliche oder zweijährliche Abstände Land seiner Verpflichtung nachkäme munen, die keinen ausgeglichenen verkürzt. Damit wird den Kommunen und die zusätzlichen Mittel des Bun- Haushalt vorlegen können, die zur Er- ein weiteres Stück Planungssicherheit des, die es aufgrund des Gesetzes zur stellung eines Haushaltssicherungs- genommen. Es bleibt abzuwarten, auf Verbesserung der Unterbringung, Ver- konzepts verpflichtet sind und die auf welcher Grundlage die kommunale Fi- sorgung und Betreuung ausländischer die Gewährung von Bedarfszuweisun- nanzausstattung der Jahre ab 2018 be- Kinder und Jugendlicher erhält, an die gen angewiesen sind, immer größer messen werden soll. Ungeachtet des- Kommunen weiterleiten würde. werden. sen wird derzeit im Auftrag der beiden thüringischen kommunalen Spitzen- Intensiv diskutiert wurde im Berichts- verbänden gutachterlich untersucht, zeitraum auch über die Finanzierung ob und inwieweit das praktizierte Ver- der Kosten für die Einführung des fahren zur Übergangsevaluation mit Digitalfunks für die Rettungskräfte in der derzeitigen Rechtslage tatsächlich Thüringen. Der von der Landesregie- übereinstimmt und die aktuelle Rege- rung erst kurzfristig als notwendig an- lungen zum thüringischen Finanzaus- gesehene Technologiewechsel beruht gleich generell den Verfassungsvorga- aus kommunaler Sicht auf zwei Fak- ben entsprechen. toren:

Deutscher Städtetag – Gemeindefinanzbericht 2016 75

Verzeichnis der Übersichten/Tabellenanhang

Verzeichnis der Übersichten Tabellenanhang

5 Übersicht 1: Kommunalfinanzen 2014 bis 2019 78 Tabelle 1a: Einnahmen und Ausgaben in den westdeutschen und ostdeutschen Flächenländern der Gemeinden (Gv) in den westdeutschen und ostdeutschen Ländern 2005, 2015 6 Übersicht 2: Kassenkredite und Finanzierungssaldo bis 2019 8 Übersicht 3: Kommunale Einnahmen in West und Ost 2015 79 Tabelle 1b: Einnahmen und Ausgaben der 9 Übersicht 4: Kommunale Ausgaben in West und Ost 2015 Gemeinden (Gv) in den westdeutschen und ostdeutschen Flächenländern Änderungs- 16 Übersicht 5: Kommunalfinanzen 2014 bis 2019 raten; 2005 bis 2019 in den westdeutschen und ostdeutschen Flächenländern 80 Tabelle 2: Steuereinnahmen der Städte 18 Übersicht 6: Kommunalfinanzen 2014 bis 2019 in den westdeutschen und ostdeutschen in den westdeutschen Flächenländern Ländern 2015

19 Übersicht 7: Kommunalfinanzen 2014 bis 2019 83 Tabelle 3: Entwicklung der Gewerbe- in den ostdeutschen Flächenländern steuerumlage 2000 bis 2020 20 Übersicht 8: Kommunale Einnahmen in West und Ost 2015

23 Übersicht 9: Kommunale Ausgaben in West und Ost 2015

24 Übersicht 10: Soziale Leistungen der Kommunen 2000 bis 2015

25 Übersicht 11: Soziale Leistungen in den Kommunalhaushalten 2012 bis 2015

26 Übersicht 12: Sachinvestitionen in den kommunalen Haushalten 1992 bis 2019

28 Übersicht 13: Finanzierungssaldo, Kassenkredite und Sachinvestitionen nach Ländern

29 Übersicht 14: Finanzierungssaldo, Kassenkredite und Sachinvestitionen nach Ländern in Euro/Einwohner

47 Übersicht 15: Projektphasen der Grundsteuerreform

56 Übersicht 16: Steuerverbundwirtschaft 2016 in den westdeutschen Ländern

57 Übersicht 17: Strukturreform des kommunalen Finanzausgleichs in Bayern

61 Übersicht 18: Struktur des kommunalen Finanzausgleichs in den alten Ländern

68 Übersicht 19: Struktur des kommunalen Finanzausgleichs in den ostdeutschen Ländern 2016

42 Textbox 1: „Peripherisierung von Städten“ — das Problem bekommt einen Namen

Deutscher Städtetag – Gemeindefinanzbericht 2016 77 Tabelle 1a: Einnahmen und Ausgaben der Gemeinden (Gv) in den west- und ostdeutschen Flächenländern 2005, 2015 bis 2019 1) Art der Einnahmen und Ausgaben west- und ostdeutsche Länder westdeutsche Länder ostdeutsche Länder 2005 2015 2016 2017 2018 2019 2005 2015 2016 2017 2018 2019 2005 2015 2016 2017 2018 2019 in Mrd. Euro I. Verwaltungshaushalt Einnahmen Steuern (netto) 2) 54,29 84,85 85,6 92,6 94,4 97,8 49,12 76,00 76,5 82,9 84,6 87,6 5,17 8,85 9,1 9,7 9,9 10,2 darunter: Grundsteuern 8,47 11,83 12,0 12,2 12,3 12,5 7,28 10,41 10,6 10,7 10,9 11,0 1,19 1,42 1,4 1,5 1,5 1,5 Gewerbesteuer (netto) 23,33 34,91 34,2 38,0 39,0 40,2 21,01 31,37 30,6 34,2 35,1 36,2 2,32 3,54 3,6 3,8 3,9 4,0 nachr.: Gewerbesteuer (brutto) 29,13 41,94 41,2 45,7 47,0 48,4 26,49 38,04 37,3 41,5 42,7 43,9 2,64 3,90 3,9 4,2 4,3 4,4 Gemeindeant. a. d. Umsatzsteuer 2,63 4,29 4,5 5,5 4,3 4,5 2,24 3,72 3,9 4,8 3,7 3,9 0,39 0,57 0,6 0,7 0,6 0,6 Gemeindeant. a. d. Einkommen- 18,61 32,51 33,5 35,5 37,3 39,3 17,41 29,30 30,2 31,9 33,6 35,3 1,20 3,21 3,3 3,6 3,8 4,0 steuer Zahlungen v. Bund, Land einschl. Familienleistungs- 44,17 76,53 87,5 90,9 94,2 97,5 32,10 61,78 70,9 74,0 77,0 80,1 12,08 14,75 16,6 16,9 17,2 17,4 ausgleich Gebühren 3) 15,96 17,92 18,1 18,3 18,5 18,7 13,94 15,66 15,8 16,0 16,2 16,4 2,01 2,26 2,3 2,3 2,3 2,3 Sonstige Einnahmen 19,57 22,86 23,1 23,0 23,2 23,1 16,93 19,78 19,9 19,8 20,0 20,0 2,64 3,07 3,2 3,2 3,2 3,2 Einnahmen d. Verwaltungs- 133,99 202,15 214,2 224,7 230,3 237,2 112,09 173,22 183,1 192,7 197,8 204,1 21,90 28,93 31,1 32,1 32,5 33,1 haushalts Ausgaben Personalausgaben 40,75 54,18 57,1 59,2 61,0 62,5 33,81 45,31 47,8 49,7 51,2 52,4 6,94 8,87 9,3 9,6 9,8 10,1 Laufender Sachaufwand 30,25 45,05 49,0 49,9 51,4 52,7 25,54 38,24 41,5 42,6 44,1 45,4 4,70 6,81 7,5 7,3 7,3 7,4 Soziale Leistungen 35,24 53,79 59,0 63,5 67,4 70,6 29,45 46,29 50,8 54,7 58,1 61,0 5,79 7,50 8,2 8,8 9,2 9,6 Zinsausgaben 4,74 3,32 3,2 3,2 3,2 3,2 3,98 3,03 3,0 2,9 2,9 2,9 0,76 0,29 0,3 0,3 0,3 0,3 Zahlungen a. öffentlichen Bereich 6,07 8,54 9,0 9,2 9,4 9,5 5,65 8,03 8,5 8,7 8,9 9,0 0,42 0,50 0,5 0,5 0,5 0,5 Sonstige Ausgaben 12,60 21,79 22,9 24,1 25,5 26,7 10,40 18,13 19,1 20,2 21,4 22,4 2,20 3,66 3,8 4,0 4,1 4,3 Ausgaben d. Verwaltungs- 129,63 186,65 200,3 209,2 217,8 225,2 108,82 159,03 170,7 178,8 186,5 193,1 20,81 27,63 29,5 30,4 31,3 32,2 haushalts II. Vermögenshaushalt Einnahmen Inv.-Zahlungen v. Bund, Land 7,64 7,37 9,0 9,1 8,6 8,1 4,69 5,16 6,5 6,8 6,3 6,0 2,95 2,21 2,5 2,4 2,2 2,1 Veräußerungserlöse 5,93 4,92 4,8 4,4 4,1 3,8 5,33 4,50 4,4 4,1 3,8 3,5 0,60 0,41 0,4 0,4 0,3 0,3 Beiträge 4) 1,76 1,50 1,6 1,6 1,6 1,6 1,57 1,37 1,4 1,5 1,5 1,5 0,18 0,14 0,1 0,1 0,1 0,1 Sonstige Einnahmen 1,63 2,28 1,5 1,4 1,4 1,4 1,37 1,76 1,3 1,3 1,2 1,1 0,25 0,52 0,2 0,2 0,2 0,3 Einnahmen d. Vermögens- 16,95 16,06 16,9 16,6 15,7 15,0 12,97 12,78 13,7 13,5 12,8 12,2 3,98 3,28 3,2 3,0 2,9 2,8 haushalts Ausgaben Sachinvestitionen 18,74 22,03 25,2 24,7 23,2 23,6 14,83 19,18 21,7 21,5 20,3 20,8 3,90 2,85 3,4 3,2 2,9 2,8 davon: Baumaßnahmen 14,38 16,17 19,4 18,9 17,2 17,4 10,98 13,82 16,5 16,1 14,8 15,1 3,40 2,34 2,9 2,7 2,4 2,3 Erwerb v. Sachvermögen 4,36 5,86 5,8 5,8 6,0 6,2 3,85 5,35 5,2 5,4 5,5 5,7 0,51 0,51 0,5 0,5 0,5 0,5 Sonstige Ausgaben 5) 4,81 6,47 5,7 5,4 5,2 5,1 4,06 5,47 4,9 4,7 4,6 4,5 0,75 1,01 0,7 0,7 0,6 0,6 Ausgaben d. Vermögenshaushalts 23,55 28,51 30,8 30,1 28,4 28,7 18,90 24,64 26,7 26,2 24,9 25,3 4,65 3,86 4,2 3,9 3,5 3,4 Bereinigte Einnahmen (ohne be- 150,94 218,21 231,1 241,3 246,0 252,1 125,06 186,00 196,8 206,2 210,6 216,3 25,89 32,21 34,3 35,1 35,4 35,8 sondere Finanzierungsvorgänge) Bereinigte Ausgaben (ohne beson- 153,18 215,16 231,1 239,2 246,2 253,9 127,72 183,67 197,4 204,9 211,4 218,3 25,46 31,49 33,7 34,3 34,9 35,6 dere Finanzierungsvorgänge) Finanzierungssaldo -2,24 3,05 0,0 2,0 -0,3 -1,8 -2,66 2,32 -0,6 1,3 -0,8 -2,0 0,42 0,73 0,6 0,8 0,5 0,2 Stärkung der Kommunalfinanzen x x x x 4,5 4,5 x x x x 3,7 3,7 x x x x 0,8 0,8 ab 2018 6) Übernahme der Kosten der Unter- x x 0,4 0,8 1,2 x x x 0,3 0,7 1,0 x x x 0,1 0,1 0,2 x kunft für anerkannte Flüchtlinge 7) Finanzierungssaldo unter Berücksichtigung der Stärkung der Kommunalfinanzen ab 2018 x x 0,4 2,9 5,4 2,6 x x -0,3 2,0 3,9 1,7 x x 0,7 0,9 1,5 1,0 und der Übernahme der Kosten der Unterkunft für anerkannte Flüchtlinge 8)

1) In den Flächenländern (ohne Stadtstaaten), ohne Krankenhäuser mit kaufmännischem Rechnungswesen und ohne ausgegliederte Einrichtungen. 2005 Rechnungsergebnisse; 2015 Vierteljährliche Kassenstatistik, für die Jahre 2015 bis 2019 Schätzung auf Basis einer gemeinsamen Umfrage der Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände, der Steuerschätzung Mai 2016 sowie Daten aus dem Arbeitskreis Stabilitätsrat. Die Zahlungen von kommunaler Ebene sind jeweils abgesetzt. 2) Einschl. steuerähnliche Einnahmen. 3) Einschl. zweckgebundene Abgaben. 4) Und ähnliche Entgelte. 5) Insbesondere Finanzinvestitionen. 6) Aufteilung Ost/West entsprechend der Verteilung der Kosten der Unterkunft, der Verteilung des Gemeindeanteils an der USt sowie der Einwohner. 7) Aufteilung Ost/West entsprechend der Einwohner. 8) Tatsächlich zu erwartende Anpassungseffekte auf der Ausgabenseite wie z.B. eine Ausweitung der Investitionen wurden nicht berücksichtigt. Differenzen in den Summen durch Rundungen möglich.

Prognose der kommunalen Spitzenverbände und eigene Zusammenstellung und Berechnungen nach Angaben des Statistischen Bundesamtes. T1a78 Deutscher Städtetag – Gemeindefinanzbericht 2016 Tabelle 1b: Einnahmen und Ausgaben der Gemeinden (Gv) in den westdeutschen und ostdeutschen Flächenländern Änderungsraten; 2005 - 2019 1) Vergleichszeitraum west- und ostdeutsche Länder westdeutsche Länder ostdeutsche Länder 2005 2015 2016 2017 2018 2005 2015 2016 2017 2018 2005 2015 2016 2017 2018 ------2005 2015 2016 2017 2018 2019 2015 2016 2017 2018 2019 2015 2016 2017 2018 2019 2015 2016 2017 2018 2019 Art der Einnahmen und Ausgaben (jahresdurchschnittliche) Veränderung in % in v. H. des Westniveaus 2) I. Verwaltungshaushalt Einnahmen Steuern (netto) 4,6 0,9 8,2 2,0 3,6 4,5 0,7 8,3 2,0 3,6 5,5 2,3 6,8 2,1 3,5 49,9 58,5 59,4 58,5 58,6 58,5 darunter: Grundsteuern 3,4 1,9 1,2 1,2 1,2 3,6 1,9 1,3 1,3 1,2 1,8 1,4 1,0 1,1 1,0 77,4 68,5 68,2 68,0 67,9 67,8 Gewerbesteuer (netto) 4,1 -2,1 11,0 2,9 2,9 4,1 -2,4 11,6 2,8 3,0 4,3 0,6 6,3 3,6 2,3 52,3 56,6 58,4 55,6 56,0 55,6 nachr.: Gewerbesteuer (brutto) 3,7 -1,7 10,8 2,9 2,9 3,7 -2,0 11,3 2,8 3,0 4,0 1,2 6,3 3,6 2,3 47,3 51,5 53,2 50,8 51,2 50,9 Gemeindeant. a. d.Umsatzsteuer 5,0 4,1 24,1 -22,0 3,4 5,2 4,1 24,1 -22,0 3,4 3,8 4,1 24,1 -22,0 3,4 83,5 77,2 77,2 77,2 77,2 77,2 Gemeindeant. a. d. Einkommensteuer 5,7 3,2 5,8 5,2 5,2 5,3 3,1 5,7 5,1 5,1 10,3 4,2 6,8 5,8 5,8 32,8 54,9 55,5 56,1 56,5 56,8 Zahlungen v. Bund, Land 5,6 14,3 3,8 3,7 3,5 6,8 14,8 4,3 4,1 4,0 2,0 12,4 1,8 1,8 1,3 178,4 119,9 117,4 114,6 112,0 109,1 einschl. Familienleistungsausgleich Gebühren 1,2 0,8 1,3 1,1 1,1 1,2 1,0 1,4 1,2 1,2 1,2 -0,3 0,8 0,5 0,2 68,5 72,5 71,6 71,2 70,7 70,0 Sonstige Einnahmen 1,6 0,9 -0,3 0,7 -0,2 1,6 0,5 -0,6 1,1 -0,1 1,5 3,8 1,5 -2,1 -0,6 74,1 78,0 80,6 82,3 79,7 79,2 Einnahmen d. Verwaltungshaushalts 4,2 6,0 4,9 2,5 3,0 4,4 5,7 5,2 2,7 3,2 2,8 7,4 3,1 1,4 1,7 92,7 83,9 85,2 83,5 82,5 81,3 Ausgaben Personalausgaben 2,9 5,4 3,7 3,0 2,5 3,0 5,6 3,8 3,0 2,5 2,5 4,4 3,4 2,9 2,5 97,3 98,3 97,1 96,8 96,7 96,7 Laufender Sachaufwand 4,1 8,8 1,8 3,0 2,6 4,1 8,6 2,5 3,5 3,0 3,8 9,9 -2,0 0,0 0,5 87,3 89,4 90,5 86,5 83,6 81,6 Soziale Leistungen 4,3 9,7 7,5 6,2 4,8 4,6 9,8 7,6 6,3 4,9 2,6 9,4 6,9 5,3 4,1 93,3 81,3 81,0 80,5 79,8 79,1 Zinsausgaben -3,5 -2,4 -1,6 -1,0 0,0 -2,7 -2,1 -1,6 -1,0 0,0 -9,3 -5,3 -2,0 -1,0 0,0 90,6 47,7 46,2 46,0 46,0 46,0 Zahlungen a. öffentlichen Bereich 3,5 5,3 2,9 1,3 1,4 3,6 5,6 3,1 1,4 1,5 1,9 0,0 -0,8 0,4 0,5 34,9 31,4 29,8 28,7 28,4 28,1 Sonstige Ausgaben 5,6 5,1 5,4 5,8 4,6 5,7 5,3 5,7 6,1 4,5 5,2 4,3 3,8 4,4 5,0 100,5 101,5 100,5 98,7 97,1 97,6 Ausgaben d. Verwaltungshaushalts 3,7 7,3 4,4 4,1 3,4 3,9 7,4 4,7 4,3 3,5 2,9 6,9 2,9 3,0 2,8 90,7 87,2 86,9 85,4 84,3 83,7 II. Vermögenshaushalt Einnahmen Inv.-Zahlungen v. Bund, Land -0,4 22,6 0,9 -6,0 -5,3 0,9 26,5 3,5 -6,0 -5,0 -2,8 13,6 -6,0 -6,0 -6,0 297,7 215,3 193,3 175,6 175,6 173,7 Veräußerungserlöse -1,9 -3,3 -6,9 -6,9 -6,9 -1,7 -3,0 -7,0 -7,0 -7,0 -3,6 -6,6 -6,0 -6,0 -6,0 53,3 46,2 44,5 45,0 45,5 45,9 Beiträge -1,5 3,9 1,9 1,5 1,6 -1,4 4,9 2,5 2,0 2,0 -2,9 -6,0 -4,7 -5,0 -4,2 55,6 50,4 45,2 42,0 39,1 36,8 Sonstige Einnahmen 3,4 -32,2 -6,8 -3,0 -1,2 2,5 -24,0 -5,0 -6,0 -7,0 7,4 -60,0 -18,5 19,5 32,9 87,7 147,9 77,8 66,8 84,9 121,3 Einnahmen d. Vermögenshaushalts -0,5 5,2 -1,9 -5,3 -4,6 -0,1 6,9 -0,8 -5,4 -5,0 -1,9 -1,4 -6,7 -4,5 -3,2 145,7 128,9 118,9 111,8 112,8 114,9 Ausgaben Sachinvestitionen 1,6 14,2 -1,8 -6,2 1,7 2,6 13,2 -1,0 -5,6 2,4 -3,1 20,6 -6,4 -10,1 -3,4 124,8 74,7 79,6 75,3 71,7 67,6 davon: Baumaßnahmen 1,2 19,9 -2,7 -8,9 1,3 2,3 19,1 -2,0 -8,5 2,1 -3,7 24,8 -6,6 -11,4 -3,5 146,8 85,1 89,2 85,0 82,3 77,8 Erwerb v. Sachvermögen 3,0 -1,7 1,4 2,5 2,7 3,3 -2,0 2,0 3,0 3,2 0,1 1,3 -5,0 -3,0 -3,0 62,2 47,8 49,4 46,0 43,3 40,7 Sonstige Ausgaben 3,0 -12,5 -5,3 -2,3 -2,1 3,0 -9,6 -5,0 -2,0 -2,0 3,1 -28,0 -7,0 -4,0 -3,0 87,0 92,7 73,8 72,3 70,8 70,1 Ausgaben d. Vermögenshaushalts 1,9 8,1 -2,4 -5,5 1,0 2,7 8,2 -1,8 -5,0 1,6 -1,8 7,9 -6,5 -9,1 -3,3 116,7 78,7 78,5 74,7 71,5 68,1 Bereinigte Einnahmen 3,8 5,9 4,4 2,0 2,5 4,0 5,8 4,8 2,1 2,7 2,2 6,5 2,2 0,9 1,3 98,2 87,0 87,5 85,4 84,4 83,2 (ohne besondere Finanzierungsvorgänge) Bereinigte Ausgaben 3,5 7,4 3,5 2,9 3,1 3,7 7,5 3,8 3,1 3,3 2,1 7,0 1,8 1,6 2,2 94,5 86,1 85,7 84,1 82,8 81,9 (ohne besondere Finanzierungsvorgänge) Finanzierungssaldo x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x Stärkung der Kommunalfinanzen ab 2018 x x x x x x x x x x x x x x x x x x x 104,4 104,4 Übernahme der Kosten der Unterkunft für x x x x x x x x x x x x x x x x x x 101,1 101,0 x anerkannte Flüchtlinge Finanzierungssaldo unter Berück- sichtigung der Stärkung der Kommunal- finanzen ab 2018 und der Übernahme der x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x Kosten der Unterkunft für anerkannte Flüchtlinge

1) Ohne Stadtstaaten, ohne Krankenhäuser mit kaufmännischem Rechnungswesen und ohne ausgegliederte Einrichtungen. Berechnet nach Tabelle 1a. 2) Relation der jeweiligen Euro je Einwohner-Zahlen für die neuen Länder zu denen für die alten Länder. Ab 2015: Einwohnerzahlen 31.12.2014

Prognose der kommunalen Spitzenverbände und eigene Zusammenstellung und Berechnungen nach Angaben des Statistischen Bundesamtes. T1b Deutscher Städtetag – Gemeindefinanzbericht 2016 79 Tabelle 2: Steuereinnahmen der Städte in den westdeutschen und ostdeutschen Ländern1) 2015 Ergebnisse für 2015 Stadt Grundsteuern Gewerbesteuer Hebesätze Gemeinde- Steuerein- ______Gemeinde- (Netto-) Grund- Gewerbe- Grund- anteil nahmen (netto) Aufkommen (Brutto-) Aufkommen anteil a.d.ESt Einnahmen 2) betrag 3) steuer steuer B a.d.USt insgesamt Städte +/- % / +/- % / +/- % / +/- % +/- % mit ... bis unter ... Mio. Euro Mio. Euro Mio. Euro Mio. Einwohnern geg. Ein- geg. Ein- geg. Ein- v.H. v.H. Mio. Euro geg. geg. Euro Vorjahr wohner 4) Euro Vorjahr wohner 4) Euro Vorjahr wohner 4) Vorjahr Euro Vorjahr Berlin 780,8 0,5 225,02 1.480,6 -3,5 426,71 1.351,2 -3,8 104,08 410 810 182,4 1.398,4 9,0 3.810,5 2,7 Hamburg 445,3 1,9 252,62 1.887,0 -8,2 1.070,45 1.607,8 -8,1 227,75 470 540 184,9 1.345,2 17,6 3.631,8 2,8 München 314,3 -0,1 219,85 2.454,7 5,4 1.717,07 2.104,1 5,3 350,42 490 535 170,3 1.049,7 9,7 3.645,9 6,5 Köln 220,5 9,9 210,68 940,9 -3,4 898,91 802,7 -6,6 189,24 475 515 101,7 507,1 21,8 1.647,9 4,5 Frankfurt am Main 204,1 -4,8 284,34 1.767,3 3,0 2.462,70 1.476,0 0,7 535,37 460 500 135,5 384,7 1,8 2.218,4 0,7 Stuttgart 152,0 -0,7 248,23 608,1 11,7 992,97 502,9 10,5 236,42 420 520 70,8 341,3 7,6 1.087,8 7,8 Düsseldorf 140,8 2,2 232,97 821,9 -1,5 1.359,60 701,8 -0,2 309,00 440 440 83,5 329,2 12,5 1.266,0 3,8 Dortmund 117,7 11,6 202,72 295,6 2,7 509,17 254,7 4,0 104,98 485 610 45,1 221,9 12,0 662,4 9,7 Essen 131,6 15,0 229,39 305,0 -5,7 531,62 256,0 -7,3 110,75 480 670 41,2 239,0 6,6 681,8 2,2 Bremen 137,1 0,6 248,56 381,0 -2,3 690,54 323,9 -2,3 150,12 460 580 40,8 209,7 3,8 728,2 0,7 Leipzig 94,2 2,6 173,02 242,6 -10,6 445,61 223,0 -10,3 96,87 460 650 35,6 140,0 15,8 498,8 0,2 Dresden 76,1 0,4 141,95 208,5 -1,4 388,72 193,2 -0,5 86,38 450 635 34,6 158,9 10,9 471,6 5,2 Hannover 145,2 -0,2 277,25 547,5 20,9 1.045,64 455,9 15,5 227,31 460 600 56,9 231,1 7,0 905,8 10,3 Nürnberg 113,3 -0,7 226,15 393,9 0,2 786,02 335,5 7,2 175,84 447 535 51,4 264,0 2,3 766,7 4,5 500.000 und mehr 3.073,1 1,8 228,40 12.334,6 0,1 916,73 10.588,6 -0,5 200,00 458 595 1.234,9 6.820,1 10,9 22.023,6 4,0 Duisburg 130,4 25,0 268,51 224,7 38,9 462,79 193,4 39,3 90,74 510 855 29,2 169,4 8,9 541,1 22,9 Bochum 86,0 6,7 237,65 153,1 45,4 423,05 131,8 46,1 85,46 495 645 21,8 151,2 5,0 400,4 16,6 Wuppertal 74,1 0,1 214,41 180,4 15,2 522,25 154,8 15,7 106,58 490 620 22,3 142,7 6,6 403,2 8,6 Bielefeld 67,1 8,3 203,60 187,2 7,8 567,51 159,8 7,4 118,23 480 580 24,4 128,8 9,4 387,8 8,6 Bonn 92,6 29,2 294,79 222,0 26,5 707,05 190,7 26,5 144,30 490 680 26,2 175,6 15,1 491,7 21,6 Münster 59,3 7,7 196,19 277,4 9,1 918,09 235,8 9,5 199,59 460 510 27,1 146,0 16,9 473,3 11,6 Karlsruhe 47,4 1,0 157,93 245,8 7,3 819,30 214,4 14,6 190,54 430 420 28,7 155,6 9,8 454,5 11,1 Mannheim 64,0 2,4 213,31 305,8 11,0 1.020,01 254,1 8,1 237,21 430 450 32,8 143,2 4,2 505,7 7,1 Augsburg 46,3 3,5 164,83 120,3 -24,5 427,81 104,2 -20,2 98,35 435 485 21,7 129,0 7,9 302,3 -4,1 Wiesbaden 57,1 -1,0 207,67 263,1 3,8 956,33 225,0 6,1 217,35 440 475 24,7 151,1 -0,1 468,4 3,2 Gelsenkirchen 37,4 2,0 145,31 84,9 104,6 329,66 71,1 97,5 68,68 480 545 14,3 79,3 8,5 209,6 27,2 Mönchengladbach 47,7 -0,9 185,74 139,6 1,7 543,60 120,2 0,3 114,44 475 520 16,0 100,0 8,0 290,2 3,1 Braunschweig 45,6 -0,4 183,47 137,7 -12,6 554,25 116,9 -13,1 123,17 450 450 19,3 113,7 8,7 301,9 -1,5 Chemnitz 36,0 -0,3 147,88 95,4 -8,4 391,72 88,5 -7,8 87,05 450 580 16,7 62,6 9,0 206,2 -0,4 46,2 7,4 190,03 145,6 -17,8 598,53 124,1 -19,1 126,01 475 525 18,8 84,3 -11,1 278,3 -10,6 Kiel 38,3 -1,3 157,60 132,9 272,7 546,51 102,2 203,3 127,10 430 500 16,8 86,4 5,9 249,2 43,2 Halle (Saale) 24,4 0,9 105,06 49,7 -8,4 213,87 46,8 -7,0 47,53 450 500 13,4 56,4 8,4 143,8 2,0 Magdeburg 31,0 0,5 133,32 82,1 -6,4 353,49 76,1 -6,2 78,55 450 495 16,3 61,2 10,0 187,8 1,4 Krefeld 47,5 11,2 213,29 113,9 8,5 512,04 98,7 13,3 106,68 480 533 16,3 80,7 13,9 249,7 13,0 Freiburg im Breisgau 48,8 1,4 219,55 178,3 23,9 802,33 146,6 19,7 191,03 420 600 15,2 102,1 14,0 320,5 15,1 Lübeck 36,1 0,8 168,46 73,0 -19,8 340,60 61,7 -20,5 79,21 430 500 13,5 70,9 8,5 188,1 -4,3 Oberhausen 41,9 8,5 200,40 81,0 4,8 386,93 73,2 13,5 70,35 550 640 11,6 79,9 10,3 214,3 12,1 Mainz 37,3 9,9 180,22 145,7 16,4 703,96 124,2 11,1 159,99 440 480 18,1 101,3 68,3 285,8 27,9 Erfurt 26,5 -1,2 128,45 83,1 0,8 403,00 76,6 0,7 85,75 470 490 14,6 60,7 15,4 181,8 5,8 Rostock 22,6 1,4 110,79 83,0 6,2 406,37 76,7 6,9 87,39 465 480 12,2 54,6 9,2 169,2 7,4 200.000 bis unter 500.000 1.291,6 6,6 191,68 3.805,8 10,5 564,80 3.267,6 10,4 122,94 459 554 492,0 2.686,9 9,6 7.904,9 9,8 Kassel 36,1 0,3 185,57 162,0 15,2 832,02 136,6 15,2 189,10 440 490 17,9 80,9 11,5 277,3 11,8 Hagen 48,0 1,0 257,16 92,6 45,1 496,15 78,9 43,4 95,41 520 750 12,5 69,4 4,6 215,3 16,3 Saarbrücken 35,0 0,0 197,57 131,3 18,0 742,10 109,9 14,9 164,91 450 460 16,9 58,3 5,7 225,1 9,7 Hamm 31,8 18,4 180,05 65,2 -3,0 369,14 55,6 -2,1 79,39 465 600 8,9 58,0 9,9 158,1 7,6 Mülheim an der Ruhr 41,3 14,5 247,11 117,7 44,4 704,23 101,5 45,7 143,72 490 640 12,3 80,5 7,0 240,1 22,7 Potsdam 20,0 -1,0 122,20 60,9 -6,6 371,19 55,4 -9,1 82,49 450 520 10,9 60,5 13,9 149,0 2,8 Ludwigshafen am Rhein 30,6 3,2 186,61 198,0 13,2 1.208,68 159,1 15,2 298,44 405 420 19,5 61,6 11,2 275,6 12,1 Leverkusen 37,2 -1,4 230,44 56,1 95,2 347,16 52,6 201,0 73,09 475 592 13,8 74,5 9,3 181,5 30,4 Oldenburg (Oldenburg) 31,2 8,2 193,67 101,6 7,6 631,18 86,0 8,6 143,78 439 445 10,9 69,4 11,1 202,2 10,6 Osnabrück 31,4 2,3 200,38 81,1 -20,1 516,80 68,5 -19,1 117,45 440 460 13,1 59,8 2,7 179,9 -5,2 Solingen 33,4 2,6 212,74 86,0 18,5 548,48 72,0 14,0 115,47 475 590 9,5 68,1 5,8 187,8 8,8 Heidelberg 27,0 0,6 174,76 131,5 32,3 849,99 108,8 31,5 212,50 400 470 12,1 74,2 11,6 224,4 19,4 Herne 21,4 1,2 138,45 39,0 7,7 252,39 32,9 5,6 52,58 480 560 8,0 52,0 8,4 119,0 7,3 Neuss 33,4 -0,9 218,68 174,5 8,5 1.142,89 146,4 8,7 251,18 455 495 14,4 72,8 8,4 269,8 7,2 Darmstadt 35,4 17,0 233,02 167,0 3,1 1.099,79 146,0 7,0 258,77 425 535 15,3 82,1 6,8 281,6 8,8 Regensburg 27,2 4,9 191,37 226,4 2,1 1.590,98 187,3 2,8 374,35 425 395 17,0 81,6 11,9 313,5 6,6 Ingolstadt 27,1 5,9 207,02 111,2 -44,1 848,77 95,7 -39,7 212,19 400 460 14,3 79,5 13,8 216,8 -17,9 Würzburg 21,9 0,7 176,27 79,2 12,9 637,77 66,8 14,6 151,85 420 450 11,6 66,4 11,3 167,0 11,4 Wolfsburg 22,9 1,6 186,42 86,7 -71,9 705,11 51,6 -79,6 195,86 360 420 17,8 59,6 11,9 154,4 -54,9 Fürth 23,8 1,1 195,57 60,3 2,3 496,62 52,5 7,1 112,87 440 555 7,1 65,4 10,6 149,5 7,7 Offenbach am Main 27,1 24,1 224,07 67,7 16,8 559,84 55,9 15,2 127,24 440 600 8,6 46,5 -4,3 142,6 9,3 T2a80 Deutscher Städtetag – Gemeindefinanzbericht 2016 Ergebnisse für 2015 Stadt Grundsteuern Gewerbesteuer Hebesätze Gemeinde- Steuerein- ______Gemeinde- (Netto-) Grund- Gewerbe- Grund- anteil nahmen (netto) Aufkommen (Brutto-) Aufkommen anteil a.d.ESt Einnahmen 2) betrag 3) steuer steuer B a.d.USt insgesamt Städte +/- % / +/- % / +/- % / +/- % +/- % mit ... bis unter ... Mio. Euro Mio. Euro Mio. Euro Mio. Einwohnern geg. Ein- geg. Ein- geg. Ein- v.H. v.H. Mio. Euro geg. geg. Euro Vorjahr wohner 4) Euro Vorjahr wohner 4) Euro Vorjahr wohner 4) Vorjahr Euro Vorjahr Ulm 25,6 2,4 211,68 100,4 32,3 831,89 82,6 38,4 231,08 360 430 12,8 65,5 12,3 190,6 21,1 Heilbronn 25,6 2,7 213,93 121,8 24,2 1.016,25 100,2 26,0 254,06 400 430 10,7 53,0 6,5 194,6 15,5 Pforzheim 24,7 0,8 207,02 80,0 -12,1 670,26 66,6 -15,0 159,59 420 500 9,0 48,1 0,1 152,5 -6,3 Göttingen 27,2 2,1 231,21 73,8 16,8 627,48 64,2 24,1 145,93 430 590 9,0 48,5 6,1 152,2 13,6 Bottrop 19,1 1,4 164,73 35,5 18,9 305,65 30,1 17,8 62,38 490 590 5,5 46,8 12,2 103,9 12,4 Recklinghausen 22,2 12,3 194,75 39,9 12,3 349,15 34,7 16,0 68,46 510 650 5,4 47,0 11,6 111,8 13,2 Reutlingen 18,3 -0,0 162,42 52,8 20,8 469,74 43,7 21,9 123,62 380 400 7,5 57,2 2,5 130,1 8,6 Koblenz 20,1 2,1 179,99 90,2 -7,9 809,65 73,4 -9,0 192,77 420 420 10,3 46,9 15,2 154,7 1,2 Bremerhaven 25,6 2,8 232,39 49,4 0,6 448,85 41,6 0,6 103,18 435 530 6,1 37,2 1,7 115,4 2,8 Remscheid 31,2 30,8 286,22 56,1 2,5 514,41 47,9 1,0 104,98 490 784 8,5 45,9 1,1 136,9 7,2 Trier 16,4 0,7 151,22 65,4 5,9 602,78 54,7 2,3 143,52 420 420 7,1 35,3 13,9 117,2 7,2 Jena 11,2 0,7 103,40 63,9 21,7 590,24 59,4 24,3 131,16 450 495 6,5 33,8 15,6 111,4 19,3 Erlangen 23,7 1,2 222,33 67,1 -18,2 630,69 61,7 -10,7 143,34 440 500 13,0 77,2 11,2 175,8 2,1 Siegen 17,0 -0,5 169,84 52,9 6,6 526,83 44,3 5,1 112,09 470 475 18,1 30,5 -19,6 112,6 6,0 100.000 bis unter 200.000 951,1 4,7 197,44 3.245,2 -0,5 673,69 2.725,2 0,3 156,02 432 512 401,8 2.094,0 8,1 6.290,3 5,0 Hildesheim 22,7 2,3 226,89 42,2 0,5 422,55 35,5 -0,1 96,03 440 540 6,6 37,6 3,1 105,8 3,0 Cottbus 12,7 2,3 127,81 32,5 -0,8 326,85 29,8 0,6 81,71 400 480 6,5 30,1 7,3 80,5 4,0 Salzgitter 19,1 4,8 193,17 49,0 -40,4 495,19 45,9 -30,4 120,78 410 430 8,5 36,3 1,7 112,6 -13,1 Kaiserslautern 21,0 9,2 215,53 66,4 43,2 681,43 54,7 51,5 166,20 410 460 6,9 35,1 11,2 121,5 24,2 Witten 23,6 16,6 245,86 44,2 -7,6 461,22 38,8 -6,8 92,24 500 690 5,9 41,7 8,3 112,6 5,2 Gera 14,6 4,1 154,32 25,3 14,8 267,94 23,3 14,8 57,01 470 600 5,2 22,9 7,7 66,8 9,4 Iserlohn 15,8 1,3 170,22 48,7 -1,9 523,89 41,5 -2,9 109,14 480 496 6,0 37,4 2,8 102,4 0,7 Schwerin 16,3 5,3 176,69 30,7 4,1 333,00 28,3 5,9 79,29 420 630 6,6 27,4 8,2 80,3 7,2 Ludwigsburg 15,1 3,5 166,24 81,5 12,4 893,97 66,6 12,0 238,39 375 375 7,4 48,7 5,2 144,8 8,1 Zwickau 11,7 -2,0 128,81 47,2 -36,1 518,22 43,2 -37,0 115,16 450 510 8,2 22,9 8,0 87,4 -20,6 Hanau 17,2 7,5 188,60 68,3 2,6 751,28 52,8 -12,9 174,72 430 460 11,5 47,7 47,0 131,1 13,1 Esslingen am Neckar 15,9 -2,3 176,45 84,4 30,8 933,45 70,9 28,4 239,35 390 400 7,3 51,2 3,8 148,2 14,3 Düren 18,2 1,0 203,90 45,0 7,1 505,93 37,9 5,2 112,43 450 590 6,3 30,2 7,8 94,9 6,0 Tübingen 16,0 2,1 186,28 37,6 -8,8 437,45 30,8 -9,3 115,12 380 560 4,8 44,5 10,3 97,5 2,7 Flensburg 14,4 1,4 170,08 40,1 38,8 473,17 33,3 34,4 115,41 410 480 5,3 28,7 5,7 84,8 15,0 Gießen 19,0 2,3 228,52 43,0 9,5 516,77 32,6 -5,9 123,04 420 600 7,0 34,4 56,3 94,9 17,5 Dessau-Roßlau 10,6 -0,3 127,26 25,2 -0,1 303,80 23,0 -2,7 67,51 450 460 4,8 21,0 5,5 61,1 2,9 Villingen-Schwenningen 13,4 1,7 163,19 48,0 -3,7 586,25 39,1 -2,5 162,85 360 425 5,2 36,1 1,5 97,4 1,4 Konstanz 13,1 2,5 160,14 57,3 -3,8 701,15 45,1 -7,2 179,78 390 410 4,1 41,1 13,1 107,5 2,2 Worms 14,2 8,4 175,09 42,3 6,6 521,96 34,4 4,4 124,28 420 440 4,6 31,3 9,4 92,0 8,7 Neumünster 13,6 7,8 174,81 35,1 0,9 452,08 29,6 5,1 110,26 410 480 4,5 21,2 6,5 70,8 7,1 Wilhelmshaven 15,6 7,1 206,81 29,8 37,6 393,89 24,7 36,3 89,52 440 480 3,9 25,0 4,2 70,8 15,6 Viersen 11,2 -1,0 149,10 60,6 74,5 806,98 52,9 86,9 179,33 450 450 4,6 29,8 8,8 100,7 37,7 Delmenhorst 12,5 10,6 167,16 14,1 4,6 188,06 11,8 0,3 44,25 425 470 2,7 25,0 0,3 54,2 4,1 Gladbeck 12,6 0,4 169,48 18,8 -34,5 253,76 16,2 -33,7 52,87 480 690 2,9 26,6 11,7 60,6 -7,2 Castrop-Rauxel 12,1 1,5 164,10 18,1 1,4 246,36 15,7 3,9 49,27 500 625 2,2 28,4 9,6 59,9 6,6 Marburg 8,9 -1,1 121,77 145,6 86,9 1.991,11 117,6 86,2 538,14 370 330 5,7 32,1 2,8 165,8 52,0 Lüneburg 11,9 1,3 163,87 34,4 -13,7 474,25 27,4 -21,0 112,92 420 440 4,6 29,8 10,6 75,8 -4,4 Bamberg 11,1 2,1 154,73 37,5 1,9 521,32 30,6 -0,9 133,67 390 425 6,9 36,7 12,6 85,5 6,0 Bayreuth 11,5 1,3 160,25 92,4 33,0 1.290,61 81,6 51,1 330,93 390 425 6,0 33,8 7,3 132,9 30,6 Brandenburg an der Havel 7,8 -0,2 109,42 19,5 14,2 274,45 17,7 13,8 68,61 400 480 3,7 18,3 6,6 48,0 8,3 Bocholt 11,2 0,5 157,54 39,1 7,7 552,52 33,3 10,6 127,90 432 420 4,8 29,1 9,2 79,7 9,5 Celle 12,4 5,5 179,74 39,5 -17,1 574,83 33,1 -16,9 140,20 410 440 4,6 26,7 5,5 78,9 -4,5 Aschaffenburg 12,1 14,7 178,11 49,7 -9,3 729,44 41,2 -8,5 182,36 400 400 6,5 36,1 5,2 96,0 0,6 Landshut 11,3 2,0 167,59 47,9 -16,3 709,86 39,3 -17,7 169,01 420 430 4,7 37,8 8,3 93,4 -4,8 Aalen 9,2 -0,2 136,50 36,1 -1,5 538,75 29,2 -2,1 149,65 360 370 4,4 34,6 4,7 79,1 2,2 Kempten (Allgäu) 10,2 0,8 156,07 38,4 -1,8 585,67 31,3 -3,6 151,34 387 380 4,9 31,1 7,2 77,8 2,6 Fulda 9,8 1,1 149,33 49,8 11,1 759,93 38,0 -2,4 199,98 380 330 6,5 24,4 13,1 79,8 5,1 Herford 11,2 2,9 170,69 42,1 2,9 642,97 35,8 3,9 147,81 435 440 5,4 24,8 8,2 78,6 6,0 Plauen 7,6 0,3 118,50 14,4 -17,6 224,28 13,2 -18,9 52,16 430 450 3,3 14,7 2,7 39,6 -5,2 Neuwied 10,3 11,5 161,63 24,9 10,8 390,88 20,4 9,4 96,51 405 420 3,8 21,9 5,9 57,7 8,5 Weimar 6,1 3,4 96,22 16,4 9,3 258,77 15,0 8,7 64,69 400 400 2,7 17,7 17,6 43,0 11,8 Neubrandenburg 9,5 -0,3 150,11 23,3 2,7 367,71 21,3 1,9 83,57 440 550 4,4 17,5 6,5 53,7 3,9 Sindelfingen 13,5 -0,3 216,44 123,0 39,3 1.977,13 104,5 38,8 534,36 370 360 9,5 33,3 1,4 162,4 23,8 Rosenheim 9,5 -0,3 156,76 39,3 4,7 646,03 33,1 4,8 161,51 400 420 4,9 32,7 9,3 80,3 6,4 Schwäbisch Gmünd 9,0 0,0 151,39 41,0 10,8 692,58 33,2 12,2 182,26 380 430 3,7 26,9 3,0 74,2 7,8 Friedrichshafen 9,8 1,3 168,57 37,7 -32,0 645,40 29,4 -34,7 184,40 350 340 5,0 32,0 4,9 78,7 -13,4 Offenburg 10,2 2,0 177,46 50,7 1,7 878,95 41,0 -1,4 231,30 380 420 5,7 26,2 7,3 85,2 3,2 Frankfurt (Oder) 7,1 0,9 122,38 12,1 7,3 210,45 10,4 1,7 52,61 400 480 3,5 16,7 7,0 38,5 4,7 T2bDeutscher Städtetag – Gemeindefinanzbericht 2016 81 Ergebnisse für 2015 Stadt Grundsteuern Gewerbesteuer Hebesätze Gemeinde- Steuerein- ______Gemeinde- (Netto-) Grund- Gewerbe- Grund- anteil nahmen (netto) Aufkommen (Brutto-) Aufkommen anteil a.d.ESt Einnahmen 2) betrag 3) steuer steuer B a.d.USt insgesamt Städte +/- % / +/- % / +/- % / +/- % +/- % mit ... bis unter ... Mio. Euro Mio. Euro Mio. Euro Mio. Einwohnern geg. Ein- geg. Ein- geg. Ein- v.H. v.H. Mio. Euro geg. geg. Euro Vorjahr wohner 4) Euro Vorjahr wohner 4) Euro Vorjahr wohner 4) Vorjahr Euro Vorjahr Greifswald 4,9 11,7 85,65 15,5 26,3 273,76 14,2 25,4 64,41 425 480 2,9 15,3 12,1 37,9 17,9 Hameln 14,3 16,9 253,33 28,2 5,6 500,23 23,4 0,5 109,94 455 550 4,6 21,2 2,9 65,7 4,9 Neu-Ulm 9,6 9,3 172,22 40,2 33,6 721,72 33,2 34,7 200,48 360 375 3,4 31,0 10,9 77,3 20,5 Baden-Baden 12,6 -1,6 236,19 39,1 -9,0 733,55 33,0 -8,2 193,04 380 490 4,9 29,2 4,8 83,8 -0,1 Neustadt an der Weinstraße 8,0 1,6 151,30 24,0 14,1 457,37 20,1 15,2 114,34 400 400 2,3 23,9 10,9 55,1 11,2 Wolfenbüttel 9,2 2,5 177,14 28,0 12,6 542,27 23,3 10,8 126,11 430 430 2,3 22,6 5,1 58,5 7,3 Schweinfurt 10,8 -1,4 209,86 65,4 -6,1 1.266,40 53,1 -7,5 342,27 370 385 7,4 20,6 6,6 92,0 -1,6 Goslar 9,7 4,9 192,06 18,7 4,9 370,93 15,8 7,7 88,74 418 445 2,7 17,8 1,9 47,3 3,3 Emden 10,5 -0,9 210,37 54,8 -22,0 1.096,33 49,3 -8,2 261,03 420 480 5,3 16,3 9,2 83,3 -1,8 50.000 bis unter 100.000 722,6 3,5 170,26 2.504,3 5,3 590,07 2.101,4 5,0 146,20 404 461 300,9 1.695,0 8,4 4.926,6 6,9 Passau 8,3 1,5 165,78 31,5 -4,9 631,19 26,0 -4,9 157,80 400 390 4,7 22,8 7,0 61,8 2,0 Speyer 8,5 0,7 170,76 34,0 -7,6 681,48 27,7 -8,8 168,27 405 400 3,6 22,7 4,6 64,6 -1,0 Bad Kreuznach 8,6 16,6 176,78 27,1 34,3 554,89 22,5 35,3 137,01 405 450 3,5 16,5 11,2 53,5 23,9 Lörrach 8,2 1,1 169,43 21,4 -5,8 440,86 17,1 -6,8 122,46 360 405 2,7 27,8 17,2 58,4 6,6 Frankenthal (Pfalz) 7,5 -0,4 156,44 19,1 -11,4 401,01 15,2 -16,7 97,81 410 410 2,7 18,3 0,3 45,3 -4,8 Heidenheim an der Brenz 7,5 -3,1 158,21 36,3 58,0 770,16 28,3 53,9 213,93 360 360 3,7 22,5 7,1 64,0 23,1 Wittenberg 4,9 -4,8 104,14 29,1 19,7 624,87 26,4 18,7 166,63 375 385 2,8 10,6 5,7 45,0 12,2 Straubing 8,3 8,6 180,78 31,5 7,8 685,12 25,4 3,0 171,28 400 360 3,8 21,0 6,1 58,6 6,1 Filderstadt 6,8 2,4 151,76 30,7 28,2 686,03 25,3 26,5 173,68 395 360 2,4 27,7 2,4 62,9 11,7 Gotha 5,1 13,3 113,71 15,3 -3,0 342,64 14,0 -3,3 85,66 400 470 2,6 10,2 9,1 32,8 3,7 Landau in der Pfalz 6,9 1,9 155,20 23,3 0,4 523,42 18,3 -10,3 131,18 399 430 3,2 23,1 78,0 52,2 23,2 Hof 7,9 -0,3 178,97 23,9 22,2 539,29 20,2 19,4 134,82 400 410 3,1 17,4 4,7 48,8 9,8 Neustadt am Rübenberge 8,0 1,5 183,22 11,0 -7,1 253,68 9,0 -13,9 59,00 430 440 1,3 18,2 2,1 37,4 -1,4 Wismar 5,5 10,0 130,76 13,8 16,2 326,50 12,8 16,8 75,93 430 550 2,1 9,5 -4,6 30,9 9,2 Memmingen 6,4 1,3 152,75 31,2 15,4 738,39 25,1 17,9 223,76 330 350 3,5 20,5 6,3 55,7 11,7 Kaufbeuren 5,2 1,8 124,65 15,6 10,5 370,66 12,2 6,6 112,32 330 385 1,9 18,8 7,2 38,2 6,5 Eisenach 5,4 -1,2 129,67 12,2 -8,6 292,02 11,2 -8,9 63,48 460 472 3,1 11,0 5,9 31,9 0,3 Weiden i.d.Opf. 7,0 11,8 166,87 17,8 -7,3 424,68 14,7 -6,4 111,76 380 400 3,4 18,6 8,6 43,7 4,0 Nordhausen 4,7 3,6 112,27 14,6 -1,9 350,05 13,4 -0,3 87,51 400 402 2,8 9,3 12,0 30,6 4,8 Falkensee 4,5 -0,2 106,85 7,1 26,9 170,86 6,4 26,9 48,82 350 400 0,9 18,1 9,6 30,1 11,3 Amberg 5,2 -1,6 125,56 25,8 10,1 620,51 21,5 13,2 163,29 380 340 2,9 20,1 6,1 49,9 9,2 Coburg 4,8 -0,2 116,17 57,0 24,6 1.388,56 43,1 16,5 462,85 300 300 5,5 21,1 7,7 74,6 11,6 Freiberg 4,2 -0,1 102,45 21,7 16,3 530,77 19,1 9,0 136,10 390 425 2,9 10,4 9,7 36,8 9,3 Stendal 3,6 2,4 90,35 9,7 11,4 240,87 8,7 8,9 61,76 390 390 2,2 8,9 6,0 23,9 7,0 Pirmasens 7,3 6,2 183,36 16,9 -21,7 421,19 14,1 -21,8 101,49 415 410 2,9 11,7 6,7 37,7 -6,4 Ansbach 5,8 1,2 143,86 20,4 23,5 510,35 16,5 23,5 141,76 360 360 3,1 20,5 7,6 46,0 12,2 Nürtingen 7,1 -0,2 177,75 17,0 -25,7 425,43 14,2 -25,7 109,08 390 390 2,3 20,2 0,2 45,2 -8,7 Schwabach 6,4 14,6 160,56 24,6 19,3 617,09 19,5 19,9 158,23 390 450 2,1 22,1 5,7 50,3 11,6 Bautzen 3,6 0,8 91,04 16,0 8,4 406,00 14,7 9,0 101,50 400 380 3,1 9,6 9,7 31,2 8,8 Völklingen 7,0 8,0 180,07 18,7 39,7 483,79 15,7 36,5 107,99 448 485 2,7 10,2 1,9 37,4 17,5 Pirna 3,9 13,6 102,34 11,7 0,7 309,26 10,7 0,7 77,31 400 440 1,7 8,6 11,0 25,2 6,9 Suhl 4,6 2,7 126,68 10,0 -11,3 274,88 9,3 -9,4 63,19 435 472 2,3 10,6 5,7 27,0 -1,1 Zweibrücken 5,2 0,7 151,89 16,1 -26,6 472,82 14,9 -26,1 112,58 420 400 2,4 11,9 -1,3 35,2 -11,9 Mühlhausen/Thüringen 3,3 1,3 100,27 8,7 -2,8 261,83 7,9 -3,4 65,46 400 400 1,7 7,0 11,9 20,4 3,9 Biberach an der Riß 5,1 5,4 163,27 118,7 33,4 3.765,39 93,9 33,4 1.141,03 330 300 4,6 18,4 8,7 123,0 27,1 Riesa 3,7 0,3 117,89 11,9 17,3 384,12 10,8 17,0 96,03 400 470 1,7 6,8 5,8 23,1 10,2 Neuruppin 3,5 10,4 115,60 8,2 11,1 267,76 7,4 12,5 72,37 370 400 1,5 8,4 10,6 21,4 13,1 Schwedt/Oder 4,4 -0,1 146,63 11,9 21,3 393,35 10,7 21,7 112,39 350 445 1,6 9,6 2,2 26,5 9,4 Landsberg am Lech 4,2 0,6 146,77 30,3 16,3 1.067,25 24,6 18,6 313,90 340 370 1,7 16,7 11,1 47,2 14,4 Eisenhüttenstadt 4,0 15,9 146,04 10,6 44,8 384,53 9,6 47,5 97,35 395 445 1,8 7,3 -5,3 22,9 17,5 Hennigsdorf 2,9 6,9 113,13 9,4 116,5 362,96 8,8 125,8 95,52 380 410 2,8 8,3 7,1 22,9 27,7 Hohen Neuendorf 2,4 4,3 94,22 2,8 12,0 112,80 2,5 10,1 36,39 310 360 0,4 11,3 8,2 16,6 7,8 Delitzsch 2,7 0,7 109,07 4,8 10,3 193,37 4,4 9,2 49,58 390 450 1,0 6,1 8,9 14,5 7,3 Quedlinburg 2,9 3,6 117,69 5,5 -6,4 222,98 5,1 -4,3 53,09 420 430 1,3 5,3 5,4 14,8 2,8 Lindau (Bodensee) 4,4 -0,2 179,18 15,0 14,0 606,51 11,4 6,7 159,61 380 405 1,5 13,1 8,5 31,0 6,9 Teltow 2,7 -0,1 109,31 10,5 30,9 425,98 9,4 29,9 133,12 320 400 1,0 10,2 21,5 23,4 21,6 Glauchau 2,5 0,2 109,34 5,6 -26,9 242,95 5,1 -28,4 63,10 385 490 1,3 5,1 7,0 14,2 -9,8 Annaberg-Buchholz 2,1 1,8 101,89 6,1 22,9 297,39 5,6 24,4 76,25 390 400 1,2 4,1 8,7 13,0 14,3 20.000 bis unter 50.000 254,8 3,3 135,99 972,3 11,5 518,94 810,5 9,7 139,67 372 403 118,8 688,0 8,1 1.901,7 8,7 Traunstein 3,1 2,4 159,36 11,1 -0,8 572,68 9,0 -1,1 152,72 375 375 1,6 11,1 10,6 24,8 5,8 Auerbach/Vogtl. 1,9 0,7 97,77 4,5 42,7 234,99 4,0 39,3 61,84 380 400 0,8 4,0 9,0 10,8 16,1 Forst (Lausitz) 1,9 1,2 98,02 4,0 -7,6 210,13 3,6 -10,3 60,04 350 400 0,5 4,2 45,4 10,4 11,7 Leinefelde-Worbis 2,1 19,7 110,73 9,1 18,3 489,39 8,3 22,5 123,90 395 395 1,0 4,0 13,1 15,7 19,2 Neuenhagen bei Berlin 1,5 2,4 88,04 5,2 -3,0 295,84 4,6 -3,0 98,61 300 350 0,4 7,6 9,4 14,2 4,4 T2c82 Deutscher Städtetag – Gemeindefinanzbericht 2016 Ergebnisse für 2015 Stadt Grundsteuern Gewerbesteuer Hebesätze Gemeinde- Steuerein- ______Gemeinde- (Netto-) Grund- Gewerbe- Grund- anteil nahmen (netto) Aufkommen (Brutto-) Aufkommen anteil a.d.ESt Einnahmen 2) betrag 3) steuer steuer B a.d.USt insgesamt Städte +/- % / +/- % / +/- % / +/- % +/- % mit ... bis unter ... Mio. Euro Mio. Euro Mio. Euro Mio. Einwohnern geg. Ein- geg. Ein- geg. Ein- v.H. v.H. Mio. Euro geg. geg. Euro Vorjahr wohner 4) Euro Vorjahr wohner 4) Euro Vorjahr wohner 4) Vorjahr Euro Vorjahr Bad Reichenhall 3,0 -1,3 175,04 7,3 46,5 421,31 6,1 46,4 110,87 380 370 1,0 7,2 10,9 17,6 18,3 Finsterwalde 1,4 -1,2 83,79 3,7 -22,6 224,55 3,2 -21,4 70,17 320 350 0,7 3,6 16,6 8,9 -3,1 Neustadt b.Coburg 1,4 -2,8 92,71 7,3 33,8 480,94 5,8 30,1 126,56 380 300 0,9 5,7 -1,4 13,9 10,3 Kamenz 1,7 2,7 113,54 6,7 5,7 438,91 6,1 7,3 111,12 395 420 1,0 3,2 5,3 12,1 6,2 Lauchhammer 1,6 14,3 105,04 -5,7 x -379,76 -5,2 x -108,50 350 400 0,6 3,4 9,5 0,7 x Taucha 1,7 -0,1 115,36 5,1 5,2 345,06 4,7 6,6 87,36 395 430 0,6 4,3 -8,5 11,7 -0,3 Gräfelfing 1,5 0,1 113,50 54,6 63,2 4.111,61 39,5 64,4 1.644,65 250 200 1,1 11,0 5,9 53,0 44,6 Velten 1,2 1,1 106,42 4,7 -12,9 402,03 4,3 -12,3 116,53 345 355 0,6 3,4 12,0 9,7 -1,7 Erkner 1,0 -0,9 87,00 1,5 30,8 129,03 1,3 26,3 43,01 300 400 0,2 3,5 7,6 6,2 9,5 Sassnitz 1,0 -1,0 104,05 3,4 -55,6 354,90 3,2 -54,4 95,92 370 380 0,4 2,0 11,7 6,6 -34,5 Teterow 1,0 1,7 121,38 2,5 -35,3 293,45 2,4 -33,6 71,57 410 480 0,3 1,6 -5,8 5,7 -18,6 bis unter 20.000 27,0 2,4 106,26 124,8 10,7 490,74 100,8 7,7 160,63 306 363 11,6 80,0 8,6 221,9 7,7 Insgesamt 6.320,2 3,5 201,39 22.987,0 2,7 732,48 19.594,0 2,3 165,51 443 544 2.560,0 14.064,2 9,8 43.268,9 5,7

1) Nur unmittelbare Mitgliedstädte des Deutschen Städtetages. Daten der Vierteljahresstatistik/Finanzrechnung. Teilweise vorläufige Ergebnisse. 2) Nach Abzug der Gewerbesteuerumlage. 3) Grundbetrag = Aufkommen dividiert durch Hebesatz multipliziert mit 100. 4) Bezogen auf den Einwohnerstand 31.12.2014.

Eigene Zusammenstellung und Berechnungen nach Angaben der Städte.

Tabelle 3: Entwicklung der Gewerbesteuerumlage 2000 bis 2020 Erhöhung infolge Erhöhung Absenkung infolge Erhöhung Absenkung infolge Erhöhung „Normal“- Gewerbe- infolge Unternehmen- für Fonds Anteil der Gewerbesteuerumlage Jahr Gewerbesteuer- durch den Gesamt-Umlage Umlage kapitalsteuer- Steuersenkungs- steuerreform- Deutsche am Gewerbesteueraufkommen1) änderungsgesetz Solidarpakt Abschaffung gesetz gesetz 2008 Einheit alte und alte neue alte neue Bund Länder Bund Länder Bund Länder Bund Länder Alte Länder neue Länder Länder Länder Länder Länder Vervielfältiger in v.H. v.H. 2000 19 19 7 x x x x x x 9 29 83 45 21,0 12,6 20,4 2001 19 19 6 5 5 x x x x 8 29 91 54 23,0 15,4 22,5 2002 19 19 6 11 11 x x x x 7 29 102 66 25,1 17,6 24,5 2003 19 19 6 17 17 x x x x 7 29 114 78 30,0 21,5 29,4 2004 19 19 6 19 19 -18 -18 x x 7 29 82 46 20,5 13,4 20,0 2005 19 19 6 19 19 -19 -19 x x 8 29 81 44 20,1 11,8 19,4 2006 T2d19 19 6 16 16 -19 -19 x x 7 29 74 38 18,8 11,5 18,3 2007 19 19 6 16 16 -19 -19 x x 6 29 73 38 17,9 11,0 17,4 2008 19 19 6 16 16 -19 -19 -4 -4 6 29 65 30 17,3 8,7 16,5 2009 19 19 6 16 16 -19 -19 -3 -3 5 29 66 32 15,8 8,7 15,1 2010 19 19 6 16 16 -19 -19 -1,5 -1,5 7 29 71 35 17,3 8,8 16,6 2011 19 19 6 16 16 -19 -19 -1,5 -1,5 6 29 70 35 17,7 10,2 17,0 2012 19 19 6 16 16 -19 -19 -1,5 -1,5 5 29 69 35 17,6 8,7 16,9 2013 19 19 6 16 16 -19 -19 -1,5 -1,5 5 29 69 35 17,1 9,0 16,4 2014 19 19 6 16 16 -19 -19 -1,5 -1,5 5 29 69 35 17,0 9,6 16,3 2015 19 19 6 16 16 -19 -19 -1,5 -1,5 5 29 69 35 16,8 9,3 16,2 2016 19 19 6 16 16 -19 -19 -1,5 -1,5 5 29 69 35 17,1 9,9 16,5 2017 19 19 6 16 16 -19 -19 -1,5 -1,5 52) 29 69 35 16,9 9,9 16,3 2018 19 19 6 16 16 -19 -19 -1,5 -1,5 42) 29 68 35 16,9 9,9 16,3 2019 19 19 6 16 16 -19 -19 -1,5 -1,5 42) 29 68 35 16,9 9,8 16,3 2020 19 19 6 16 16 -19 -19 -1,5 -1,5 03) 03) 353) 353) - - -

1) Ab 2006: Alte Länder einschl. Berlin-Ost und neue Länder ohne Berlin-Ost. 2) Prognose auf Grundlage der Steuerschätzung Mai 2016. 3) Nach geltendem Bundesrecht enden die Erhöhungen gem. § 6 Abs. 3 und 5 GemFinRefG zum 31.12.2019. Nachlaufend erfolgen allerdings noch die Abrechnungen der Einheitslasten des Jahres 2018 in 2020 und des Jahres 2019 in 2021. Nach derzeitigem Stand erscheint unwahrscheinlich, dass Zahlungen seitens der Gemeinden erforderlich werden.

Eigene Zusammenstellung und Berechnungen nach Angaben des BMF und des Statistischen Bundesamtes.

Deutscher Städtetag – Gemeindefinanzbericht 2016 83 TA3 Der Deutsche Städtetag – die Stimme der Städte

Der Deutsche Städtetag ist die Stimme der Städte – als kommunaler Spitzen- verband der kreisfreien sowie der meisten kreisangehörigen Städte in Deutsch- land. Als Solidargemeinschaft der Städte vertritt er die Idee der kommunalen Selbstverwaltung gegenüber Bund, Ländern, Europäischer Union, staatlichen und nichtstaatlichen Institutionen und Verbänden. Seine Arbeit und Dienst- leistungen orientiert der Deutsche Städtetag vor allem an den Anforderungen und Interessen der unmittelbaren Mitgliedsstädte sowie ihrer Bürgerinnen und Bürger.

Im Deutschen Städtetag – dem größten kommunalen Spitzenverband – haben sich rund 3.400 Städte und Gemeinden mit rund 51 Millionen Einwohnern zusam- mengeschlossen. 202 Städte sind unmittelbare Mitglieder, darunter alle kreisfreien Städte, einschließlich der Stadtstaaten Berlin, Hamburg und Bremen.

Aufgaben

• Der Deutsche Städtetag vertritt aktiv die kommunale Selbstverwaltung. Er nimmt die Interessen der Städte gegenüber Bundesregierung, Bundestag, Bundesrat, Europäischer Union und zahlreichen Organisationen wahr.

• Der Deutsche Städtetag berät seine Mitgliedsstädte und informiert sie über alle kommunal bedeutsamen Vorgänge und Entwicklungen.

• Der Deutsche Städtetag stellt den Erfahrungsaustausch zwischen seinen Mitgliedern her und fördert ihn in zahlreichen Gremien.

Zentrale Ziele des Verbandes

Die Städte müssen handlungsfähig bleiben, denn sie erbringen einen Großteil der öffentlichen Leistungen für die Bürgerinnen und Bürger. Um hierbei wachsen- den Herausforderungen gerecht zu werden, sollten Bund und Länder die Städte als Partner begreifen. Für neue Aufgaben der Kommunen muss die Finanzierung gesichert sein.