Bverfg, Beschluss Des Zweiten Senats Vom 2. Juli 2019 - 2 Bve 4/19 - Rn
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BUNDESVERFASSUNGSGERICHT - 2 BvE 4/19 - IM NAMEN DES VOLKES In dem Verfahren über die Anträge festzustellen, a)dass die Ernennung des Herrn Prof. Dr. Stephan Harbarth zum Richter des Bundesverfassungsgerichts durch den Bundespräsidenten nichtig ist; b)dass die Feststellung des Präsidenten des Deutschen Bundestages, Herr Prof. Dr. Stephan Harbarth sei zum Richter des Bundesverfassungsgerichts gewählt, nichtig ist Antragsteller: 1.Dr. Frauke Petry, Platz der Republik 1, 11011 Berlin, 2.Mario Mieruch, Platz der Republik 1, 11011 Berlin, Antragsgegner: 1.der Bundespräsident der Bundesrepublik Deutschland, Herr Frank-Walter Steinmeier, Spreeweg 1, 10557 Berlin, 2. der Präsident des Deutschen Bundes- tages, Herr Dr. Wolfgang Schäuble, Platz der Republik 1, 11011 Berlin, hat das Bundesverfassungsgericht - Zweiter Senat - unter Mitwirkung der Richterinnen und Richter Präsident Voßkuhle, Huber, Hermanns, Müller, 1/11 Kessal-Wulf, König, Maidowski, Langenfeld am 2. Juli 2019 beschlossen: Die Anträge werden verworfen. G r ü n d e : A. Die Antragsteller wenden sich als fraktionslose Mitglieder des 19. Deutschen Bun- 1 destages gegen die Feststellung des Ergebnisses der Wahl von Prof. Dr. Stephan Harbarth zum Richter des Bundesverfassungsgerichts durch den Antragsgegner zu 2. sowie seine Ernennung zum Richter des Bundesverfassungsgerichts durch den Antragsgegner zu 1. I. 1. Die Wahl der vom Bundestag zu berufenden Richter ist in § 6 Abs. 1 BVerfGG 2 geregelt, der durch das Neunte Gesetz zur Änderung des Bundesverfassungsge- richtsgesetzes vom 24. Juni 2015 (BGBl I S. 973) neu gefasst wurde. § 6 BVerfGG (1) 1Die vom Bundestag zu berufenden Richter werden auf Vor- schlag des Wahlausschusses nach Absatz 2 ohne Aussprache mit verdeckten Stimmzetteln gewählt. 2Zum Richter ist gewählt, wer ei- ne Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen, mindes- tens die Mehrheit der Stimmen der Mitglieder des Bundestages auf sich vereinigt. (2) 1Der Bundestag wählt nach den Regeln der Verhältniswahl ei- nen Wahlausschuss für die Richter des Bundesverfassungsge- richts, der aus zwölf Mitgliedern des Bundestages besteht. 2Jede Fraktion kann einen Vorschlag einbringen. 3Aus den Summen der für jeden Vorschlag abgegebenen Stimmen wird nach dem Höchst- zahlverfahren (d'Hondt) die Zahl der auf jeden Vorschlag gewählten Mitglieder errechnet. 4Gewählt sind die Mitglieder in der Reihenfol- ge, in der ihr Name auf dem Vorschlag erscheint. 5Scheidet ein Mit- glied des Wahlausschusses aus oder ist es verhindert, so wird es durch das nächste auf der gleichen Liste vorgeschlagene Mitglied ersetzt. (3) Das älteste Mitglied des Wahlausschusses beruft die Mitglieder 2/11 des Wahlausschusses unverzüglich unter Einhaltung einer La- dungsfrist von einer Woche ein und leitet die Sitzung, die fortgesetzt wird, bis Vorschläge über alle zu wählenden Richter beschlossen sind. (4) Die Mitglieder des Wahlausschusses sind zur Verschwiegen- heit über die ihnen durch ihre Tätigkeit im Wahlausschuss bekannt- gewordenen persönlichen Verhältnisse der Bewerber sowie über die hierzu im Wahlausschuss gepflogenen Erörterungen und über die Abstimmung verpflichtet. (5) Ein Wahlvorschlag wird mit mindestens acht Stimmen der Mit- glieder des Wahlausschusses beschlossen. In den §§ 44a, 44b AbgG finden sich Bestimmungen zum Verhältnis der Mandats- 3 ausübung von Abgeordneten des Bundestages zu deren sonstigen Tätigkeiten. Die § 44a Abs. 1 bis 4, § 44b AbgG wurden neu gefasst durch das Sechsundzwanzigste Gesetz zur Änderung des Abgeordnetengesetzes vom 22. August 2005 (BGBl I S. 2482). § 44a AbgG (1) 1Die Ausübung des Mandats steht im Mittelpunkt der Tätigkeit eines Mitglieds des Bundestages. 2Unbeschadet dieser Verpflich- tung bleiben Tätigkeiten beruflicher oder anderer Art neben dem Mandat grundsätzlich zulässig. (2) 1Für die Ausübung des Mandats darf ein Mitglied des Bundes- tages keine anderen als die gesetzlich vorgesehenen Zuwendungen oder andere Vermögensvorteile annehmen. 2Unzulässig ist insbe- sondere die Annahme von Geld oder von geldwerten Zuwendun- gen, die nur deshalb gewährt werden, weil dafür die Vertretung und Durchsetzung der Interessen des Leistenden im Bundestag erwar- tet wird. 3Unzulässig ist ferner die Annahme von Geld oder von geld- werten Zuwendungen, wenn diese Leistung ohne angemessene Gegenleistung des Mitglieds des Bundestages gewährt wird. 4Die Entgegennahme von Spenden bleibt unberührt. (3) 1Nach Absatz 2 unzulässige Zuwendungen oder Vermögens- vorteile oder ihr Gegenwert sind dem Haushalt des Bundes zuzu- führen. 2Der Präsident macht den Anspruch durch Verwaltungsakt geltend, soweit der Erhalt der Zuwendung oder des Vermögensvor- teils nicht länger als drei Jahre zurückliegt. 3Der Anspruch wird durch einen Verlust der Mitgliedschaft im Bundestag nicht berührt. 4Das Nähere bestimmen die Verhaltensregeln nach § 44b. (4) 1Tätigkeiten vor Übernahme des Mandats sowie Tätigkeiten 3/11 und Einkünfte neben dem Mandat, die auf für die Ausübung des Mandats bedeutsame Interessenverknüpfungen hinweisen können, sind nach Maßgabe der Verhaltensregeln (§ 44b) anzuzeigen und zu veröffentlichen. 2Werden anzeigepflichtige Tätigkeiten oder Ein- künfte nicht angezeigt, kann das Präsidium ein Ordnungsgeld bis zur Höhe der Hälfte der jährlichen Abgeordnetenentschädigung festsetzen. 3Der Präsident macht das Ordnungsgeld durch Verwal- tungsakt geltend. 4§ 31 bleibt unberührt. 5Das Nähere bestimmen die Verhaltensregeln nach § 44b. (5) 1Wegen einer nicht nur geringfügigen Verletzung der Ordnung oder der Würde des Bundestages bei dessen Sitzungen kann der Präsident gegen ein Mitglied des Bundestages ein Ordnungsgeld in Höhe von 1 000 Euro festsetzen. 2Im Wiederholungsfall erhöht sich das Ordnungsgeld auf 2 000 Euro. 3Bei gröblicher Verletzung der Ordnung oder der Würde des Bundestages kann das Mitglied für die Dauer der Sitzung aus dem Saal verwiesen und bis zu 30 Sitzungs- tage von der Teilnahme an Sitzungen des Bundestages und seiner Gremien ausgeschlossen werden. 4Das Nähere regelt die Ge- schäftsordnung des Bundestages. § 44b AbgG Der Bundestag gibt sich Verhaltensregeln, die insbesondere Be- stimmungen enthalten müssen über 1. die Fälle einer Pflicht zur Anzeige von Tätigkeiten vor der Mit- gliedschaft im Bundestag sowie von Tätigkeiten neben dem Mandat; 2. die Fälle einer Pflicht zur Anzeige der Art und Höhe der Einkünf- te neben dem Mandat oberhalb festgelegter Mindestbeträge; 3. die Pflicht zur Rechnungsführung und zur Anzeige von Spenden oberhalb festgelegter Mindestbeträge sowie Annahmeverbote und Ablieferungspflichten in den in den Verhaltensregeln näher be- stimmten Fällen; 4. die Veröffentlichung von Angaben im Amtlichen Handbuch und im Internet; 5. das Verfahren sowie die Befugnisse und Pflichten des Präsidi- ums und des Präsidenten bei Entscheidungen nach § 44a Abs. 3 und 4. 2. Der gegenwärtige Vizepräsident des Bundesverfassungsgerichts gehörte seit 4 2009 bis zu seiner Wahl zum Richter des Bundesverfassungsgerichts dem Deut- schen Bundestag an und war zuletzt Stellvertretender Vorsitzender der CDU/CSU- Fraktion. Gegenüber dem Antragsgegner zu 2. machte er veröffentlichungspflichtige 4/11 Angaben zu seinen entgeltlichen Tätigkeiten neben dem Abgeordnetenmandat, unter anderem als Rechtsanwalt sowie Mitglied des Vorstands einer Rechtsanwalts AG und als Geschäftsführer einer Rechtsanwaltsgesellschaft mbH. 3. Der Wahlausschuss für die Richter des Bundesverfassungsgerichts schlug dem 5 Deutschen Bundestag nach mehrheitlicher Beschlussfassung in der Sitzung vom 19. November 2018 vor, Prof. Dr. Stephan Harbarth als Nachfolger für den Richter des Bundesverfassungsgerichts im Ersten Senat Prof. Dr. Ferdinand Kirchhof zu wählen (vgl. BTDrucks 19/5861). Der Wahlvorschlag wurde aufgrund einer interfraktionellen Vereinbarung als Zusatztagesordnungspunkt 1 in die Tagesordnung der 65. Sitzung des Bundestages vom 22. November 2018 aufgenommen. Nach Durchführung des Wahlverfahrens gab einer der für den Antragsgegner zu 2. amtierenden Vizepräsi- denten des Bundestages bekannt, dass der Abgeordnete Prof. Dr. Stephan Harbarth mit der erforderlichen Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen zum Richter des Bundesverfassungsgerichts gewählt sei. Der Abgeordnete nahm die Wahl an (vgl. BT-Plenarprotokoll 19/65, S. 7454 [A, B]). An der Wahl hatte die An- tragstellerin zu 1. teilgenommen, der Antragsteller zu 2. fehlte entschuldigt. Der Bundesrat wählte in seiner 972. Sitzung vom 23. November 2018 den zum 6 Richter des Bundesverfassungsgerichts gewählten Prof. Dr. Stephan Harbarth ein- stimmig zum Vizepräsidenten des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BR-Plenarproto- koll 972, S. 411). Am 30. November 2018 wurde er durch den Antragsgegner zu 1. ernannt. II. Mit ihren am 22. Mai 2019 eingegangenen Anträgen begehren die Antragsteller die 7 Feststellung, dass die Ernennung des Herrn Prof. Dr. Stephan Harbarth zum Richter des Bundesverfassungsgerichts durch den Antragsgegner zu 1. und die Feststellung des Antragsgegners zu 2., Herr Prof. Dr. Stephan Harbarth sei zum Richter des Bun- desverfassungsgerichts gewählt, nichtig sind. Zur Begründung führen die Antragstel- ler im Wesentlichen aus: 1. Die Anträge seien zulässig. Die Feststellung des Wahlergebnisses und die Er- 8 nennung seien taugliche Antragsgegenstände eines Organstreitverfahrens. Es han- dele sich um Maßnahmen der Antragsgegner, die Rechte der Abgeordneten verletz- ten. Gerügt würden Verstöße gegen Art. 38 Abs. 1 und Art. 97 Abs. 1 GG sowie das in Art. 20 Abs. 1 GG Ausdruck findende Demokratieprinzip. Auch die Sechs-Monats- Frist