Theodor Haeckers Christliches Menschenbild Im Kontext Des Kulturkatholizismus

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Theodor Haeckers Christliches Menschenbild Im Kontext Des Kulturkatholizismus Die „Desorientiertheit“ des Menschen – Theodor Haeckers christliches Menschenbild im Kontext des Kulturkatholizismus Dissertation zur Erlangung des Doktorgrads der Theologie der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Augsburg vorgelegt von Daniela Kaschke 2019 Erstgutachter: Prof. DDr. Thomas Marschler Zweitgutachter: Prof. Dr. Roman Siebenrock Tag der mündlichen Prüfung: 7. Februar 2020 Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Sommersemester 2019 von der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Augsburg als Dissertationsschrift angenommen. Ich danke Herrn Prof. Dr. Dr. Thomas Marschler für die Erstellung des Erstgutachtens und die angenehme Zusam- menarbeit am Lehrstuhl für Dogmatik. Hier sei auch Frau Elke Griff gedankt, der guten Seele des Lehrstuhls. Für freundlichen Rat und die Erstellung des Zweitgutachtens danke ich Herrn Prof. Dr. Roman Siebenrock (Innsbruck). Die Hanns-Seidel-Stiftung unterstützte eine wichtige Phase dieses Projekts mit einem Stipendium, auch hierfür sei gedankt. Ideelle Förderung erfuhr ich zudem durch die Graduiertenschule für Geistes- und Sozialwissenschaften der Universität Augsburg. Durch die Vermittlung von Frau Prof. Dr. Kerstin Schlögl-Flierl in ihrer Funktion als Frauenbeauftragter der Fakultät kam ich in den Genuss einer durch das Büro für Chancen- gleichheit der Universität Augsburg finanzierten Hilfskraft während der Elternzeit. Frau Teresa Emanuel, die diese Aufgabe übernahm, war mir über mehrere Monate eine wertvolle Unter- stützung. Vielen Dank dafür! Ein besonderer Dank gilt den zahlreichen Unterstützer*innen aus meinem Freundes- und Kolleg*innenkreis sowie meiner Familie. Sie wissen, dass sie gemeint sind und müssen nicht namentlich genannt werden. 3 Inhaltsverzeichnis 0. Einleitung9 0.1. Forschungsstand . 10 0.2. Fragestellung und Vorgehensweise . 14 I. Die Moderne als Herausforderung für katholische Intellektuelle im be- ginnenden 20. Jahrhundert 19 1. Moderne als Problem 21 2. Neuscholastik 27 3. Modernismusstreit 35 4. Christliche Philosophie 47 4.1. Begriffsgeschichte . 47 4.2. Die Auseinandersetzung über christliche Philosophie . 53 4.3. Hintergrund und Folgen der Auseinandersetzung . 57 5. Erneuerung der katholischen Theologie 63 6. Kulturkatholizismus 73 6.1. Katholische Inferiorität . 76 6.2. Carl Muth und ‚Das Hochland‘ . 78 6.3. ‚Der Brenner‘ . 82 6.4. Anpassung und Patriotismus bis 1918 . 84 6.5. Katholische Selbstvergewisserung in der Weimarer Republik . 86 6.6. Nach 1933 . 93 5 Inhaltsverzeichnis II. Das Ringen um das Verständnis des Menschen – Haeckers christliches Menschenbild im ideengeschichtlichen Kontext 95 1. Theodor Haecker – Biographische Stationen 97 1.1. Herkunft und Werdegang . 98 1.2. Publizistische Tätigkeit . 99 1.3. Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus . 102 2. „Was ist der Mensch?“ – Haeckers Personverständnis 109 2.1. Der Mensch in der Schöpfung . 109 2.2. ‚Geist sein‘ als Merkmal der Gottebenbildlichkeit . 113 2.2.1. Der menschliche Geist und der Geist Gottes . 113 2.2.2. Der Geist des Menschen in seiner dreifaltigen Ausgestaltung . 115 2.2.3. Erkennen . 117 2.2.4. Wille . 121 2.2.5. Fühlen . 125 2.2.6. Ziel des Geistes . 131 3. Personverständnis im theologischen Kontext 133 3.1. Zeitgenössische Schultheologie . 133 3.1.1. Einleitung . 133 3.1.2. Aufbau der Handbücher . 135 3.1.3. Die Verfasstheit des Menschen bei Joseph Pohle . 137 3.1.4. Die Verfasstheit des Menschen bei Franz Diekamp . 138 3.1.5. Die Verfasstheit des Menschen bei Bernhard Bartmann . 140 3.2. Das Personverständnis von Michael Schmaus . 143 3.2.1. Schöpfung . 143 3.2.2. Gott und Mensch . 145 3.2.3. Gottebenbildlichkeit . 147 3.2.4. Der Mensch als Geschöpf Gottes nach seiner verleiblichten Geistigkeit . 149 3.2.5. Der Mensch als Geschöpf Gottes nach seiner von der Geistseele geformten Leiblichkeit . 154 3.2.6. Herz . 155 3.3. Haecker und Schmaus – eine vergleichende Betrachtung . 157 3.3.1. Schöpfung – Mensch – Geist . 157 6 Inhaltsverzeichnis 3.3.2. Herz . 161 3.3.3. Kurzer Exkurs zu Augustinus . 166 4. „Der Christ und die Geschichte“ – Haeckers Geschichtsphilosophie 171 4.1. Geschichte und Metaphysik . 171 4.2. Das Wesen der Geschichte . 173 4.3. Der Mensch als Träger der Geschichte . 177 4.4. Der Fortschritt in der Geschichte . 179 4.5. Drei geschichtewirkende Mächte . 181 4.6. Die Einheit der Geschichte . 183 4.7. Überlieferung von Geschichte . 185 4.8. Wiederholung . 187 4.9. Kirche und Geschichte . 189 4.10. Anfang und Ende von Geschichte . 190 5. Geschichte im christlich-philosophischen Kontext 193 5.1. Josef Bernharts Geschichtsphilosophie . 193 5.2. Bernhart und Haecker im Vergleich . 200 6. „Christentum und Kultur“ – Haeckers Kulturverständnis 205 6.1. Schönheit . 205 6.1.1. Schönheit als Transzendentalie . 205 6.1.2. Das Schöne im Verhältnis zum Fühlen . 206 6.1.3. Das Schöne im Verhältnis zum Wahren und Guten . 209 6.1.4. Schönheit als Gegenwart . 210 6.1.5. Schönheit des Bösen . 211 6.2. Kunst . 212 6.3. Kultur . 218 7. Das Kulturverständnis im Kontext des zeitgenössischen Katholizismus 225 7.1. Die Unvereinbarkeit von Christentum und Kunst bei Rudolf Müller-Erb . 225 7.2. Haeckers Erwiderung . 229 7 Inhaltsverzeichnis III. Theodor Haecker – ein Kulturkatholik in Auseinandersetzung mit der Moderne 237 1. Haeckers theologischer und philosophischer Denkrahmen 239 2. Haeckers christliche Existenzphilosophie 249 3. Haecker als Schriftsteller und Zeitkritiker mit prophetischem Anspruch 253 4. Philosophie und Leben: Denken als Widerstand 257 4.1. Zeitenwende . 257 4.2. Chaos und Pervertierung des Ordo . 259 4.3. Macht – Geschichte – Politik . 261 4.4. Reichsideologie . 262 4.5. Rassen . 264 4.6. Herrgott-Religion . 265 4.7. Fazit . 268 5. Haecker als Kulturkatholik im Spannungsfeld von Moderne und Antimoderne 269 6. Ausblick und Schluss 273 6.1. Ausblick . 273 6.2. Schluss . 277 Literaturverzeichnis 281 Autorenregister 291 8 0. Einleitung „Die Frage, die spezifisch moderne Frage: Was ist der Mensch? entspringt aus einer viel wil- deren, verzweifelteren Desorientiertheit als die sokratische: Was bin ich?“1 Theodor Haecker (1879–1945) formuliert diesen Satz in seinem 1933 erschienenen und mit über sechs Auflagen am stärksten in der Öffentlichkeit wahrgenommenen Buch „Was ist der Mensch“, aus dem auch Auszüge in der Zeitschrift „Das Hochland“ veröffentlicht wurden.2 Nicht zufällig im Jahr der Machtergreifung Hitlers verleiht er seiner Sorge darüber Ausdruck, dass der Mensch sich im „Chaos der Zeit“3, die er als „antispirituale“ Zeit erlebt, verlieren könne. Doch seine Bedenken greifen tiefer. Sie äußern sich als grundsätzliche Kritik an der modernen Welt, in der alle „Be- trüger“ seien und das „aktive Böse dieser Welt [...] in der Form der Formlosigkeit in Presse und Publikum zu Hause, in Parlamentarismus, Wählerschaft, Bank- und Geldwirtschaft, lauter anony- men, vollkommen verantwortungslosen, nicht faßbaren Massenmächten“4 zu finden sei. Auch Religionen und Philosophien werden im „Warenhaus unserer liberalen Zeit [...] feilgeboten“5. Die Ausdifferenzierung der Wissenschaften führe zu einer „ungeheuerlichen babylonischen Geistes- und Sprachverwirrung, so daß bald keiner mehr den anderen versteht“6. Er erlebt die „Hysterie, daß nicht nur ein neues Zeitalter, sondern sogar ein neuer Äon anhebe“ und beklagt, dass „‚unsere‘ Zeit [...] starke Tendenzen [habe,] eben dieses ewige Wesen zu leugnen, den Men- schen radikal sich ändern zu lassen“7 und dass „[o]hne den christlichen Glauben [...] Europa nur ein Sandkorn im Wirbelwind der Meinungen, Ideen und Religionen“8 dem Untergang geweiht sei. Angesichts dieser Umbrüche stelle sich die Frage: „Wohin gehen wir in der Zeit?“9 Weit über eine bloß pessimistische Kulturkritik und schwermütige Grundstimmung hinaus offenbart Theodor Haeckers Werk ein genuines, tiefes Leiden an den Folgen einer Umwälzung, 1 Theodor Haecker, Was ist der Mensch? In: Werke. Bd. 4. München 1965, 9–175, hier 106. 2 Vgl. Theodor Haecker, Was ist der Mensch? In: Hochland 30 (1933) 1, 289–308. 3 Vgl. Theodor Haecker, Chaos der Zeit. In: Hochland 30 (1933) 2, 1–23. 4 Theodor Haecker, Satire und Polemik. In: Werke. Bd. 3. München 1961, 9–305, hier 43. 5 Ebd., 44. 6 Theodor Haecker, Vergil – Vater des Abendlandes. In: Werke. Bd. 5. München 1967, 9–142, hier 12. 7 Ebd., 15. 8 Theodor Haecker, Christentum und Kultur. München 1927, 15. 9 Haecker, Was ist der Mensch?, 16. 9 0. Einleitung wobei durch die damit verbundenen Entfremdungsprozesse der Mensch sich selbst zur offenen Frage wird. In einer solch zerrissenen und orientierungslosen Welt eine bleibend gültige Antwort auf die Frage nach dem Menschen zu finden, ist sein Kernanliegen. Theodor Haecker, der eine „in den 1920er- und 1930er- Jahren [...] öffentlich bekannte Persönlichkeit“10 war, stellt in den Mittelpunkt seiner Arbeit, die sich im weitesten Sinne mit „Christentum und Kultur“11 befasst, die Reflexion über den „christlichen Menschen“12. 0.1. Forschungsstand Betrachtet man die für eine anthropologische Fragestellung relevante Literatur, stellt man fest, dass in der bisherigen Forschung keine umfassenden systematischen Studien zu Haeckers Werk vorgelegt wurden. Die wichtigsten Beiträge sind zum einen Eugen Blessings13 Schrift aus dem Jahr 1959, die anlässlich des 80. Geburtstages Theodor Haeckers einen Einblick in dessen „Gestalt und Werk“ gibt, und Walter Schnarwilers14 Studie über Theodor Haeckers christliches Menschenbild, die drei Jahre später folgte; zum anderen, aus neuerer Zeit, Florian Mayrs15 Einführung in Haeckers Werk aus dem Jahr 1994 und Karin Massers literaturwissenschaftliche Studie
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