„Die eingesetzten Kräfte der ... versahen ihren Dienst vorbildlich.“

Das Polizeibataillon 307(Lübeck) «im Osteinsatz» 1940 -1945

Eine Ausstellung der Landespolizei Schleswig-Holstein, Polizeidirektion Schleswig-Holstein Süd (Lübeck) in Zusammenarbeit mit der Landespolizei Hamburg, Landespolizeischule

Projektleitung: Leitender Polizeidirektor Heiko Hüttmann, Lübeck Projektdurchführung: Studiendirektor Wolfgang Kopitzsch, Hamburg Projektmitglieder: Leitender Kriminaldirektor i.R. Karl-Georg Schulz, Stockelsdorf Polizeihauptkommissar Jochen Lipke, Polizeibezirksrevier Eutin Polizeioberkommissar Wolfgang Schulz, 1. Polizeirevier Lübeck Presse- und Öffentlichkeitsarbeit: Polizeihauptkommissar Detlef Hardt, Lübeck Grafik und Design: Christina Lauer, Hamburg Technische Unterstützung: Medienzentrum der Landespolizeischule Hamburg Herstellung der Ausstellungstafeln: Sören Pedersen, Grafik und Bildbearbeitung, Hamburg Druck des Kataloges: Verlag Schmidt-Römhild, Zweigniederlassung Essen PolizeibataillonGruß- und Vorwort 307

Grußwort Vorwort

Wer die Vergangenheit nicht kennt, wird die Gegenwart nicht verstehen. Wer die Gegenwart nicht versteht, kann die Zukunft nicht gestalten.

In der öffentlichen Diskussion über den Rechtsextremismus in Deutsch- Mit vorliegender Dokumentation widmet sich die Lübecker Polizei einem land ist zunehmend deutlich geworden, dass die NS-Vergangenheit in Ausschnitt der polizeilichen Rolle während des 2. Weltkrieges. der Nachkriegszeit nur unzureichend aufgearbeitet wurde. Aus dieser Er- Neben Zuspruch und Unterstützung von allen möglichen Seiten wurde kenntnis erwächst die selbstverständliche Verpflichtung aller gesellschaft- mir gelegentlich die Frage gestellt, warum sich denn die Polizei mit die- lichen Institutionen, sich heute intensiv und vorbehaltlos mit ihrer eige- sen „alten Geschichten“ befasse. Das Interesse der Polizeidirektion SH nen Geschichte und ihrer Rolle im „Dritten Reich" auseinander zu setzen Süd beruht auf folgenden Faktoren: und dabei auch unbequeme Wahrheiten auszuhalten. Will man die Ereignisse in der Hansestadt Lübeck von 1933 bis 1945 in Die Landespolizei Schleswig-Holstein hat sich ihrer Verantwortung in den ihren komplexen Zusammenhängen erfassen, so gehört eine Betrach- letzten Jahren in vorbildlicher Weise gestellt. Die Aufarbeitung der Ge- tung der Lübecker Polizei in jener Zeit dazu. Nur so wird das Bild des schichte des Lübecker Polizeibataillons 307 ist ein neues Beispiel für die Wandels von einer freien in eine unfreie Stadt komplett. Bereitschaft, Lehren aus der Vergangenheit zu ziehen. Das Projekt der Polizeidirektion Schleswig-Holstein Süd macht deutlich, wie menschen- Bei geschichtlichen Betrachtungen der Polizei blieb bis vor wenigen Jah- verachtend und brutal Hitlers Helfer vorgegangen sind. Hier wird endgül- ren der Zeitabschnitt des „3. Reiches“ – auch durch die Polizei selbst – tig mit dem Mythos der „Bandenbekämpfung“ der Polizeibataillone im weitgehend ausgeklammert. Da die Zeit des Nazi-Regimes gerade für die Osten aufgeräumt. Polizei als Bestandteil der Exekutive von hohem generellen Belang ist, sollte dies – mehr als ein halbes Jahrhundert nach Ende des 2. Weltkrie- Die erschütternde Dokumentation von Auswüchsen der NS-Schreckens- ges – so gut es geht nachgeholt werden. Die Dokumentation kann und herrschaft drängt die Frage auf, wie es dazu kommen konnte, dass Poli- will diesen Zeitabschnitt nicht vollständig erfassen. Aber sie leistet einen zeiangehörige zu Mördern wurden. Es bleibt die Frage, welche Schutz- Beitrag dazu. mechanismen versagt haben und welche Umstände das Verhalten beein- flusst oder erst ermöglicht haben. Vor dem Hintergrund der aktuellen Dis- Mein Dank gilt kussion über Fremdenfeindlichkeit und Extremismus müssen wir insbe- – denen, die uns mit der Zuwendung finanzieller Mittel so nachhaltig un- sondere unseren Jugendlichen zeigen, wozu Menschen fähig sein kön- terstützt haben, also der Possehl-Stiftung Lübeck, der Gesellschaft zur nen, wenn ihr Handeln nicht von einem ethischen Grundgerüst getragen Beförderung gemeinnütziger Tätigkeit, der Gewerkschaft der Polizei – wird, in dem die Unantastbarkeit der Würde des Menschen oberste Prio- Kreisgruppe Lübeck –, dem Freundeskreis zur Unterstützung der Poli- rität genießt. zei Schleswig-Holstein e.V. sowie dem Innenministerium des Landes Schleswig-Holstein Ich freue mich über das beeindruckende Ergebnis und besonders darü- – denen, die uns ansonsten sehr geholfen haben, nämlich zahlreiche ber, dass mit dem Stellvertretenden Leiter der Landespolizeischule Ham- Personen und Zeitzeugen aus Lübeck und Umgebung, die uns Material- burg, Wolfgang Kopitzsch, ein Historiker für das Projekt gewonnen wer- ien und Dokumente selbstlos zur Verfügung gestellt haben den konnte, der für seine Aufarbeitung der Geschichte der Polizeibataillo- – denen, die in unermüdlicher Klein- und manchmal auch Großarbeit re- ne über die Grenzen Hamburgs hinaus bekannt ist. cherchiert, kopiert, diskutiert, sortiert, organisiert und arrangiert haben, namentlich den Mitgliedern unseres kleinen Teams LKD a. D. Georg Die Bereitschaft zum Mahnen und Gedenken und das Wissen um die Schulz, PHK Jochen Lipke, PHK Detlef Hardt, POK Wolfgang Schulz. Fehler der Vergangenheit ist Voraussetzung für die Gestaltung einer bes- Ganz besonders danke ich Herrn Studiendirektor Wolfgang Kopitzsch, seren Zukunft. Ich wünsche daher der Polizeidirektion Schleswig-Holstein der es sich nicht hat nehmen lassen, als Hamburgischer Beamter – Süd, dass die Ausstellung viele Menschen erreicht. Allen, die mit ihrer Ar- sozusagen von Hansestadt zu Hansestadt – mit seinem enormen ge- beit zum Gelingen des Projektes beigetragen haben, spreche ich meinen schichtlichen Wissen und großem persönlichen Engagement diese Dank und meine Anerkennung aus. Dokumentation zusammenzustellen.

Klaus Buß Heiko Hüttmann Innenminister des Landes Schleswig-Holstein Leiter der Polizeidirektion Schleswig-Holstein Süd

Polizeidirektion Schleswig-Holstein Süd PolizeibataillonKurze Geschichte der Polizei in Lübeck 307 1852-1937 01

Kurze Geschichte der Polizei in Lübeck 1852 bis 1937

Als Beginn der staatlichen Polizei in Lübeck muss das Jahr 1852 gelten. Mit der Gründung des Polizeiamtes standen ein Oberpolizeidiener und zwölf Polizeidiener in der Stadt und den Vorstädten zur Verfügung. 1857 wurden die bisherigen „Landdragoner“ durch neun unberittene Landjäger ersetzt, die für den Schutz der lübeckischen Dörfer zuständig waren. 1867 wurde die Polizei neu organisiert. An die Spitze der Polizei wurde der vom Senat gewählte „Polizeikommissar“ berufen. Die Zahl der Polizeidiener erhöhte sich auf 17, die Zahl der Landjäger auf 16. Die „Nachtwache“ wurde durch ein „Polizeiwachkorps“ (Kommandeur, vier Oberwächter und 42 Wächter) ersetzt. 1877 wurde die nächtliche Bewachung auf die Vorstädte ausgedehnt (zusätzliche 24 Polizeiwäch- ter). Mit Beschluss vom 18. März 1889 wurde die Polizei zum 1. Juni 1889 vollständig reorganisiert. Es entstand die „Schutz- mannschaft“ mit einer Stärke von einem Polizeiinspektor, sechs Polizeiwachtmeistern, 92 Schutzleuten und drei Ha- fenschutzleuten. Alle übrigen Organisationen wurden auf- Verfassungsfeier 1930 Quelle: Privat gelöst. Die verrichtete einen Tag- und Nachtdienst. Im Laufe der folgenden Jahre wurde die Schutzmannschaft In der Weimarer Republik ständig vergrößert. Am 1. Juni 1914 bestand sie aus einem Polizeimajor, zwei Polizeikommissaren (davon einer bei der Ähnlich wie in den anderen Hansestädten brachte die November-Revo- Kriminalpolizei), zehn Polizeiwachtmeistern (zwei bei der lution 1918 schwere Belastungen für die Lübecker Polizei. Aufgrund der Kriminalpolizei), 170 Schutzleuten (davon 14 bei der Kriminal- allgemeinen Entwicklungen (u.a. Reduzierung des Militärs, innere Un- polizei) und 12 Hilfs-Schutzleuten, sowie 60 Reserve- ruhen) wurde auch in Lübeck die Aufstellung einer kasernierten Sicher- Schutzleuten. In den ländlichen Gebieten verrichteten 19 heitspolizei (zunächst grüne Uniformen) in Stärke von 370 Beamten be- Schutzleute ihren Dienst. Insgesamt bestanden in der Stadt schlossen. Daneben sollte die bisherige Schutzmannschaft (blaue Uni- Lübeck fünf Polizeiwachen (Kanzlei-Wache, St.Jürgen-Wa- formen) weiter bestehen. Am 1. Oktober 1919 verfügte die Lübecker che, St. Getrud-Wache, St. Lorenz-Wache, Wache an der Polizei über eine Gesamtstärke von 565 Beamten. Die geplante Stärke der Einsiedelstraße). Sicherheitspolizei wurde – wie in allen deutschen Ländern – dann deutlich reduziert. Zunächst bestand sie aus dem Stab (Kommando) und drei Hundertschaften mit 370 Beamten, die Zahl wurde dann zum 1. April 1921 Verfassungsfeier 1931 Quelle: Privat auf 343 Beamte und zum 1. November 1922 auf 330 Mann reduziert. Die Schutzmannschaft blieb zunächst selbständig und wurde dann aber dem Kommandeur der Sicherheitspolizei unterstellt. Ab dem 1. November 1926 gab es in Lübeck – wie auch in fast allen deutschen Ländern – nur noch blaue Polizeiuniformen. Die kasernierte Sicherheitspolizei und die Schutz- mannschaft wurden zur Ordnungspolizei Lübeck vereinigt. Sie umfasste das Kommando der Schutzpolizei, die Polizeibereitschaft mit technischem Dienst, fünf Polizeireviere und eine Landstaffel für die Beamten im Landgebiet. Eingerichtet wurde auch der Polizeiverwaltungs- dienst (Verkehrs-, Gewerbe-, Markt-, Lebensmittel-, Maß- und Gewichts- polizei, Verwaltungs- und Vollstreckungsdienst).

Polizeidirektion Schleswig-Holstein Süd PolizeibataillonKurze Geschichte der Polizei in Lübeck 307 1852-1937 02

Gliederung der Ordnungspolizei Lübeck 1930

Kommando, Kommandeur: Polizeioberst- Gesamtstärke: leutnant Eschenbach, Vertreter: Polizeima- 2 Offiziere, 6 Beamte jor Schmidt 2 Offiziere, 82 Beamte 1. Polizeirevier (Innenstadt), 33 194 Einwohner Leiter: Polizeihauptmann 1 Offizier, 45 (41) Beamte 2. Polizeirevier (St. Lorenz), südl. Vorstadt 17 672 Einwohner Leiter: Polizeioberinspektor 1 Offizier, 38 Beamte 3. Polizeirevier (St. Jürgen) 21 168 Einwohner Leiter: Polizeihauptmann 1 Offizier, 38 Beamte 4. Polizeirevier (St. Gertrud) 15 754 Einwohner Leiter: Polizeihauptmann 1 Offizier, 38 Beamte 5. Polizeirevier (St. Lorenz), nördl. Vorstadt 17 391 Einwohner Leiter: Polizeihauptmann 4 Offiziere, 108 Beamte. 1 Polizeimajor, 3 Polizeibereitschaft, Polizeioberleutnante/-leutnant, 1 Polizei- Kommandeur: Polizeimajor von Thaden meister, 3 Polizeizugwachtmeister, 9 Polizei-oberwachtmeister, 20 Polizeiwachtmeister, 75 Polizeiunterwachtmeister (einschl. 20-25 Anwärtern)** Übung mit Mecklenburg-Schweriner Polizei 1932 Quelle: Privat zugeteilt: technische Staffel mit Wirtschaftsabteilung 1 Obersekretär, 6 Beamte bildung folgte im wesentlichen dem preußischen Modell und Luftüberwachung* 1 Offizier, 5 Beamte Kraftfahrzug 1 Offizier, 7 Beamte unterschied sich kaum von der in den anderen norddeutschen Nachrichtenzug 1 Offizier, 10 Beamte Ländern. Sanitätsabteilung 4 Beamte Werkstatt 1 Werkmeister, 1 Beamter Einstellungen erfolgten in Lübeck zum 1. Oktober (zeitweise Landstaffel, 3 Kommissariate, 8 Stationen, 5 Kommissare, 24 Beamte 1.5.), und die Ausbildung umfasste neben der dienstlich-fach- 5 Posten 22 649 Einwohner *: Blankensee und Travemünde. **: Anlässlich einer Übung mit der Ordnungspolizei Mecklenburg- lichen Ausbildung (zwei Jahre) auch eine allgemeine Ausbil- Schwerin im Oktober 1932 war folgende Gliederung der Lübecker kasernierten Ordnungspolizei festzu- dung (Klassen U 3 bis U 1 im ersten bis dritten Dienstjahr und stellen: 1 Übungsbereitschaft (3 Züge mit je drei Gruppen zu sieben Beamten), ein schwerer MG-Zug (20 Beamte), ein Radfahrzug (22 Mann, 2 lMG). Gesamt: 6 Offiziere, 4 Zugführer, 104 Wachtmeister und 7 M III bis M I im vierten bis sechsten Dienstjahr). Die Aus- und Kraftfahrer. Weiterbildung des Personals, z.B. der Offiziere, erfolgte in der Quelle: AHL, Polizeiamt Lübeck 13, 231 und Stolz, Geschichte, S. 218. Regel auf preußischen Bildungseinrichtungen der Polizei. Ein erheblicher Teil der eingestellten Polizeibeamten kam nicht aus Lübeck (z.B. am 1.5.1927 von 18 eingestellten Bewerbern, vier Die Organisation der Polizei orientierte sich stark an dem Beispiel Die aus Lübeck, die übrigen aus Schleswig-Holstein und Mecklen- Organisation der Polizei orientierte sich stark am Beispiel Preußens. burg, alle 18 waren Handwerker mit Volksschul- bzw. Ober- Mit dem Polizeibeamtengesetz vom 2. Mai 1928 (rückwirkend ab dem 1. realschulausbildung). Oktober 1927) fanden die Reformen ihren vorläufigen Abschluss. Vorbild Wiederholte Versuche Hamburgs, insbesondere durch den war auch hier Preußen mit dem Polizeibeamtengesetz vom 31. Juli 1927. Polizeipräsidenten Campe und den Chef der Ordnungspolizei, Die Gesamtstärke der Polizei wurde auf 500 Beamte (einschließlich Poli- Polizeioberst Danner, Einfluss auf die Lübecker Polizei zu ge- zeianwärter) festgesetzt. Die Polizeibeamten wurden Beamte auf Lebens- winnen, zum Beispiel durch die Übertragung der polizeilichen zeit. Die kasernierte Ordnungspolizei umfasste eine Hundertschaft (Poli- Aufgaben „ganz oder teilweise“ auf Hamburg, blieben zeibereitschaft). Alle Polizeibeamten mit sechs und weniger Dienstjahren ohnErfoe Erfolg. gehörten zur Polizeibereit-schaft. Sie waren unter anderem zum Wohnen Rückkehr von einer Geländeübung (Palinger Heide) Quelle: Privat in einer Gemeinschaftsunterkunft verpflichtet und bedurften zur Ehe- schließung der Genehmigung des Kommandeurs der Ordnungspolizei. 430 Beamten gehörten zur Ordnungspolizei, 25 Beamte zur Verwaltungs- polizei und 45 Beamte zur Kriminalpolizei. 280 Beamte der Ordnungs- polizei versahen ihren Dienst beim Kommando und den Revieren, 112 Beamte bei der Polizeibereitschaft und 38 im technischen Dienst. Wie in den anderen Hansestädten unterstand die Polizei dem „Polizeiherrn“ (Senator). Er wurde bei der Leitung durch den Beirat (sechs auf sechs Jah- re von der Bürgerschaft gewählte Mitglieder) unterstützt. Die Beamten auf den Polizeirevieren verrichteten einen achtstündigen Schichtdienst (Wochenarbeitszeit 48 Stunden). Die Beamten der kaser- nierten Ordnungspolizei leisteten einen 24-stündigen Dienst im dreitägi- gen Wechsel Ausbildung, Alarmbereitschaft und Wache, Ruhe. Die Aus-

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Machtübergabe und Drittes Reich

Unmittelbar nach der Machtübergabe an die Nationalsozialisten in Lübeck am 6.3.1933 wurden durch den „kommissarischen Polizeileiter“ Schröder sofort fünf Beamte in den Ruhestand versetzt und 18 (künd- bare) Beamte aus „dienstlichen Gründen“ entlassen. Am 10.3.1933 wur- den „bis auf weiteres“ beurlaubt: sechs Beamte (ein Polizeimeister, fünf Polizeihauptwachtmeister, ein Kriminalassistent. Gekündigt wurden am 10.3.1933 drei Beamte des 1. Polizeireviers, ein Beamter des 2. Polizei- reviers, drei Beamte des 3. Polizeireviers und fünf Beamte der Polizei- bereitschaft. Zum 31.3.1933 wurden nach § 9 (Polizeibeamtengesetz) sieben Polizeioberwachtmeister, fünf Polizeiwachtmeister und zwei Poli- zeiunterwachtmeister entlassen. Die Liste der entlassenen bzw. beur- Heldengedenktag, März 1934 Quelle: Privat laubten Beamten vom 9.5.1933 weist insgesamt 26 Beamte auf: 1 Po- lizeioberstleutnant, 1 Polizeimajor, 1 Polizeioberleutnant, 7 Polizei- oberwachtmeister, 5 Polizeiwachtmeister, 3 Polizeiunterwachtmeister, 5 Polizeihauptwachtmeister, 1 Kriminalassistent, 1 Polizeianwärter (ver- Der Kommandeur der Ordnungspolizei (seit 1919), Polizeioberstleutnant mutlich aufgrund seiner jüdischen Herkunft). Zum 30.6.1933 wurden Eschenbach, und sein Vertreter, Polizeimajor Schmidt, wurden am 6. März nach § 16 b (Polizeibeamtengesetz) ein Kriminalassistent und vier Polizei- 1933 durch den „Staatskommissar“ und späteren Polizeipräsidenten hauptwachtmeister in den Ruhestand versetzt. In der Regel wurden Mitte Schröder mit sofortiger Wirkung beurlaubt. Die Leitung der Polizei über- 1933 alle bereits erfolgten Entlassungen und Ruhestandsversetzungen nahm vorübergehend der Leiter des 1. Polizeireviers und Nationalsozialist, mit dem Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums vom 7. Polizeihauptmann Sorge, der allerdings bereits zum 30.9.1933 in den April 1933 begründet. Danach ergab sich folgendes Bild. Ruhestand versetzt wurde. Neben Eschenbach und Schmidt wurden Insgesamt wurden 1933 zwölf Polizeibeamte in den Ruhestand versetzt auch der Polizeihauptmann Rönnau (bis auf weiteres seit dem 21.4.1932 und 41 (nach anderen Angaben 39) aus dem Dienst entlassen. Diese beurlaubt), der Polizeioberleutnant Schwalbe und der Polizeiobersekretär Zahl ist im Vergleich zu anderen Ländern des Reiches bemerkenswert Schulz in den Ruhestand versetzt. hoch. In der Regel lag die Quote bei den Offizieren zwischen zehn bis Ein Versuch des Polizeimajors Schmidt (nach 1945 zeitweise Komman- fünfzehn Prozent und bei den Mannschaften bei ca. ein bis zwei Pro- deur der Schutzpolizei in Lübeck), gegen die Gewaltmaßnahmen am zent. Aus der Bereitschaft wurden zwei Beamte, aus dem 1. Polizeirevier 6.3.1933 vorzugehen, scheiterte an der mangelnden politischen Unterstüt- (81 Beamte) ein Beamter, aus dem 2. Polizeirevier (36 Beamte) fünf Be- zung. amte, aus dem 3. Polizeirevier kein Beamter und von der Dienststelle in Die Nationalsozialisten, die lange Zeit in Lübeck einen schwierigen Stand Schlutup (vier Beamte) zwei entlassen. Nach anderen Angaben wurden hatten, vertrauten bei der Durchsetzung ihrer Machtansprüche nicht etwa in der Zeit vom 1.4.1933-31.3.1934 zwölf Beamte in den Ruhestand ver- der Lübecker Polizei, sondern zogen zu diesem Zweck mecklenburgi- setzt und 39 nach dem § 4 des Gesetzes zur Wiederherstellung des sche Polizei heran, die bereits vor 1932 stark nationalsozialistisch ge- Berufsbeamtentums entlassen (davon vier unkündbare und 35 künd- prägt war (siehe unter Personen den Werdegang des zeitweiligen Kom- bare Beamte). Diese Zahlen sind ein Beleg dafür, dass ein erheblicher mandeurs der Landespolizei von Mecklenburg-Schwerin Leo Petri). Teil der Lübecker Polizei in der Weimarer Republik demokratisch einge- stellt und engagiert war, denn in der Regel erfolgten Entlassungen und Versetzungen in den Ruhestand nur bei besonders aktiven und enga- gierten Polizeibeamten.

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Das Misstrauen in die Lübecker Polizei wird auch in der Tatsache deutlich, zum Mai 1937 in den Konzentrationslagern Esterwegen und dass am 13. März 1933 eine „Hilfspolizei“ aus Stahlhelm, SA und SS in Sachsenhausen unter schweren Folterungen festgehalten. Nach seiner einer Stärke von 260 Mann aufgestellt wurde (aufgelöst am 9. Mai 1933). Um- Freilassung zog Leber zu seiner Familie nach Berlin und engagierte sich fangreiche Massenverhaftungen („Schutzhaft“) wurden seit dem 20. März aktiv im Widerstand gegen den Nationalsozialismus. Bei einem erfolgrei- 1933 durchgeführt. Zahlreiche Menschen wurden in das Marstall- chen Attentat auf Hitler sollte er in einer neuen Regierung Innenminister Gefängnis eingeliefert, viele direkt nach Hamburg gebracht. Darunter werden. Nach einer Denunziation wurde er am 5. Juli 1944 verhaftet, auch der führende Sozialdemokrat Dr. Fritz Solmitz, der bereits am 11. zum Tode verurteilt und am 5. Januar 1945 in Berlin-Plötzensee hinge- März 1933 verhaftet wurde und unter entwürdigenden Umständen durch richtet. die Stadt zum Burgtor-Gefängnis geführt wurde. In der Nacht vom 18. auf Eschenbach und Schmidt wurden durch die nationalsozialistischen mekk- den 19. September 1933 kam Solmitz in Fuhlsbüttel unter nie geklärten lenburgischen Polizeioffiziere Polizeimajor Kriegbaum (NSDAP-Mitglied Umständen ums Leben. Bereits in der Nacht vom 31. Januar zum 1. seit dem 1.3.1932) und Polizeihauptmann Susemihl (NSDAP seit dem Februar 1933 war einer der bekanntesten Lübecker Sozialdemokraten, Dr. 1.8.1930) ersetzt. Kriegbaum wurde am 1.4.1933 zum Polizeioberstleut- Julius Leber, in Begleitung mehrerer Parteifreunde auf dem Nachhause- nant, Susemihl zum Polizeimajor befördert. weg in eine Schlägerei mit Nationalsozialisten geraten, bei der durch einen Die bisherigen Lübecker Polizeioffziere Polizeioberleutnant Templin Begleiter Lebers ein Nationalsozialist ums Leben kam. Auf die Verhaftung (1.4.1933 Polizeihauptmann), Polizeioberleutnant Roloff (1.7.1933 Polizei- Lebers reagierte die Lübecker Arbeiterschaft mit massiven Protesten. hauptmann), Polizeioberleutnant Kenzler (1.1.1934 Polizeihauptmann) und Leber verließ nach seiner Freilassung (gegen Kaution) Lübeck und Polizeioffiziersanwärter Nagel (1.10.1933 Polizeileutnant) wurden im Laufe wurde am 23. März 1933 auf dem Weg zur Reichstagssitzung erneut ver- des Jahres befördert. NSDAP-Mitglied seit dem 1.7.1930 war der haftet und in Lübeck vor Gericht gestellt. Nach Verbüßung der Haftstrafe Polizeioberleutnant Soltwedel. (zwanzig Monate Gefängnis) in Lauerhof und Wolfenbüttel wurde er bis

Einzug des Reichsstatthalters Hildebrandt im Juni 1933 Quelle: Privat

Polizeidirektion Schleswig-Holstein Süd PolizeibataillonKurze Geschichte der Polizei in Lübeck 307 1852-1937 05

General Daluege bei der Übergabe eines neuen Schellenbaums an die Lübecker Polizei 1938 Quelle: PDSH Süd

Die Streifenfahrten wurden nach der Machtübergabe wegen der „Beruhi- gung der Lage“ eingestellt. Wie in allen anderen Ländern wurde auch in Lübeck im Laufe des Jahres 1933 die kasernierte Ordnungspolizei zur paramilitärischen „Landespoli- zei“. Die dienstälteren Beamten bildeten die „Revierpolizei“ (seit dem 12. Oktober 1934 „Schutzpolizei“). Endgültig wurde diese Regelung am 21. Juli 1934 bestätigt, als für die beiden Bereiche selbständige Organisa- tionsbereiche entstanden. Mit Wirkung vom 1. Juni 1933 wurde auf die neuen Aufgaben der Polizei durch Umorganisationen reagiert. Das 5. Polizeirevier wurde in das 2. Po- lizeirevier integriert, das 3. Polizeirevier und das 4. Polizeirevier wurden zusammengelegt: 1. Polizeirevier, Mengstrasse 2. Polizeirevier, Hansestrasse 3. Polizeirevier, Israelsdorfer Allee mit Unterbezirk St. Jürgen. Ab dem 1. Oktober 1934 wurde das ehemalige 5. Polizeirevier wieder als 4. Polizeirevier (Schwartauer Allee) selbständig. Anfang Januar 1936 wur-

de die Zweigstelle (Unterbezirk) St. Jürgen in das 5. Polizeirevier umge- Der neue Schellenbaum 1938 Quelle: PDSH SüdL wandelt. 1934 bestand die Landespolizei Lübeck unter der Führung von Polizei- oberstleutnant Kriegbaum aus zwei Hundertschaften (253 Beamte), die Revierpolizei (202 Beamte) führte Polizeimajor von Thaden. Die weiteren Umorganisationen der Lübecker Polizei folgten den Ent- Parade 1. Mai 1939 Quelle: Privat wicklungen auf der Reichsebene mit der Zielsetzung der Verreichlichung der Polizei, d.h. der Schaffung einer einheitlichen Reichspolizei im Jahre 1936. So unter anderem die Gliederung des Polizeiamtes seit dem 15. Mai 1935 in die Abteilungen I (Verwaltungspolizei), II (Schutzpolizei) und III (Kriminalpolizei). Die Politische Polizei („Nachrichtenstelle“) war durch eine Verfügung des Senats vom 14. September 1933 aus der Polizei aus- gegliedert worden und kam unter die Kontrolle Himmlers. Im Oktober 1933 wurde im Polizeiamt – mit Blick auf die „Zukunft“ – eine Abteilung für Luftschutz eingerichtet. Mit der Verreichlichung der Polizei 1936 und der Verwirklichung des „Groß-Hamburg-Gesetzes“ 1937 wurde das Polizeiamt zur staatlichen Polizeiverwaltung unter der Leitung des Polizeipräsidenten Schröder (bisher Senator). Lübeck verlor seine Unabhängigkeit und wurde preus- sische Stadt. Die Kriminalpolizeistelle Lübeck wurde mit Wirkung vom 1. September 1937 aufgelöst und in die Kriminalpolizeistelle Kiel einge- gliedert, die der Kriminalpolizeileitstelle Hamburg unterstand.

Polizeidirektion Schleswig-Holstein Süd PolizeibataillonEinige ausgewählte Daten zur Lübecker 307 Ordnungspolizei 06

Einige ausgewählte Daten zur Lübecker Ordnungspolizei in der Weimarer Republik

August 1919 Pläne zur Aufstellung einer Sicherheitspolizei in Lübeck mit 21 Offizieren und 350 Unterbeamten in drei Hundertschaften, vier Kraft- wagengeschütze, 380 Karabiner, 380 Pistolen, 6 Maschinenpistolen, 15 leichte Maschinengewehre, 4 schwere Maschinengewehre, 1 Flammen- werfer, 1 leichte Feldhaubitze, 2 leichte Minenwerfer, 1 geschützter Last- kraftwagen, 3 800 Handgranaten. Dienstwechsel alle 24 Stunden. Ge- schätzte Kosten: 2 387 750 Mark. 20.10.1919 eingestellt wurden 75 Unterbeamte (14 in Lübeck geborene, 28 in Lübeck wohnhafte, 33 auswärtige Beamte). 29 waren ehemalige Angehörige des Infanterieregiments 162 (Infanterieregiment Lübeck, 3. Hanseatisches, Nr. 162. Das I. und II. Bataillon waren in Lübeck, das III. Bataillon in Eutin stationiert). Von den sechs Offizieren kam einer aus Lübeck, fünf von außerhalb. Ca. 175-200 Bewerbungen wurden insgesamt abgelehnt. Auf dem Flugplatz Lübeck-Blankensee war zeitweise – bis zu ihrer Auflösung – die Fliegerstaffel der Sicherheitspolizei Hamburg s.MG-Lehrgang 1930 mit den beiden Lübecker Maschinengewehren Quelle: Privat stationiert. November 1923: Ordnungspolizei 330 Beamte, Schutzmannschaft 159 Lübecks, Stange, kritisiert auf dem Verbandstag heftig das einseitige Beamte, 35 Kriminalbeamte mit 250 Karabinern, 35 Maschinenpistolen, Vorgehen der NSDAP-Regierung in Braunschweig. Protest der Arbeits- 2 MG 08, ein Sonderwagen, 2 PKW, 2 LKW je 3 t, 1 SchnellLKW mit 2 t, gemeinschaft der norddeutschen Polizeibeamtenverbände gegen das 1 Krad. Verbot des Braunschweiger „Bruderverbandes“ durch die nationalsozia- 8.8.1924 Die Fachgruppe Schutzpolizei des Landesverbandes der Poli- listische Regierung. zeibeamten Lübecks beschließt einstimmig die Teilnahme an der Ver- 1932 heftigere innerpolizeiliche Auseinandersetzungen über das unter- fassungsfeier mit einem Schild (Plakat): „Treue der Verfassung, grüne schiedliche Vorgehen der Polizei bei Demonstrationen, u.a. gegenseit- Polizei". ige Vorwürfe zwischen Angehörigen des 5. und des 2. Polizeireviers. 1925 Überfallkommando (1 Offizier und 8 Beamte) Lübecker Stadtgebiet Offensichtlich übertriebene Vorwürfe des Polizeioberleutnants Templin 1925: 131 600 Einwohner Schutzmannschaft 160 Beamte, Ordnungs- gegen Angehörige des 5. Polizeireviers wegen ihres Nichteinschreitens polizei 330 bei Angriffen auf NSDAP-Angehörige. 1.11.1926 120 Beamte der Schutzmannschaft, 330 Schutzpolizei, 45 Kri- minalpolizei, 30 allgemeine Verwaltung. Etatstärke nach Umwandlung der Ordnungspolizei 450 Beamte. Die ursprüngliche Polizeistärke Lü- becks von 600 Beamten (500 staatliche und 100 kommunale Polizei Alarmierungen des Überfallkommandos: 1.4.1927-31.3.1928: 39 mit einem Panzerwagen mit zwei sMG, 250 Karabinern und 35 Maschi- 1.4.1928-31.3.1929: 51 nenpistolen) wurde in Verhandlungen mit den anderen Ländern des 1.4.1930-31.3.1931: 168 Reiches und der Entente (Sieger des Ersten Weltkrieges) auf maximal (u.a. Einsatz in Eutin vom 28.11.-30.11.1931 500 festgesetzt. Der tatsächliche Etat lag in den folgenden Jahren in mit einem Offizier und 25 Beamten) der Regel bei ca. 430 Beamten. 1.4.1931-31.3.1932: 102 1928 Das Polizeibeamtengesetz regelt auch in Lübeck abschließend die 1.4.1932-31.3.1933: 169 Einstellung und Beschäftigung von Polizeibeamten als Beamte (auf Le- 1.4.1933-31.3.1934: 69. benszeit). Auf Druck der alliierten Siegermächte des Ersten Weltkrie- Quelle: AHL, Polizeiamt Lübeck ges wird die zwölfjährige Dienstzeit in den deutschen Länderpolizeien abgeschafft. Für Polizeioffiziere gelten folgende Dienstzeiten: Polizeileutnant, -oberleutnant und -hauptmann bis zum 49. Lebensjahr, Polizeimajor bis zum 52. Lebensjahr, Polizeioberstleutnant bis zum 55. Lebensjahr. Lübecker Polizeibeamter in der 30.3.1932 Der Vorsitzende des Landesverbandes der Polizeibeamten Weimarer Republik Quelle: Privat

Polizeidirektion Schleswig-Holstein Süd PolizeibataillonDie Landespolizei 1933–1935 307 07

Übersicht über die Gliederung der Landespolizei 1933 – 1935

Am 15.11.1933 wurden in Preußen „Landespolizei-Inspektionen“ geschaffen: Einige wurden gleichzeitig als „Reichs-Zwischenbefehlsstellen“ für die kleineren Ländern zuständig.

Südost Brandenburg Mitte Nord West Südwest Ost Breslau VIII Berlin III Magdeburg III Stettin Düsseldorf Frankfurt/Main Königsberg I LP-Brigade 30 LP-Brigade 3 LP-Brigade 40 LP-Brigade 2 LP-Brigade 6 LP-Brigade 5 LP-Gruppe: 1.11.1934: 8 LP-Gruppen: LP-Gruppen: LP-Gruppen: LP-Gruppen: LP-Gruppen: 11 Königsberg LP-Gruppen: 10 „General Göring“ 41 Halle 21 Kiel 61 Duisburg 51 Koblenz = 91 36 Breslau = 81 31 Berlin I 64 Bremen = 27 22 Schwerin 62 Düsseldorf 52 Darmstadt = 93 37 Oppeln = 82 32 Berlin II 65 Hannover = 37 23 Stettin 63 Köln 53 Frankfurt = 47 33 Berlin III 3.1935: 54 Weimar = 47 64 Dortmund

„Mitte“ zuständig für die Landespolizeien: Bremen (64), Anhalt, Oldenburg, Braunschweig „Nord“ zuständig für die Landespolizeien: Mecklenburg, Lübeck „Südwest“ zuständig für die Landespolizei: Hessen (52), Thüringen (54, 11.1934 ausgegliedert) zusätzliche „Reichs-Zwischenbefehlsstelle“ wurde Stuttgart für die Landespolizeien Baden (Karlsruhe) und Württemberg (Stuttgart) selbstständige „Landesbefehlsstellen“ wurden Bayern, Sachsen und Hamburg für ihre jeweiligen Landespolizeien

Stuttgart LP Bayern VII LP Sachsen V LP Hamburg II Beamte der Landespolizei Lübeck 1934 LP Baden München Dresden Hamburg Quelle: Privat LP Württemberg LP-Brigade 4 LP-Brigade 20 LP-Brigade 50 LP-Brigade 7 LP-Gruppen: LP-Gruppen: 1.11.1934: 5 LP-Gruppen: 46 Leipzig = 41 26 Hamburg MG-Lehrgang der Landespolizei in Münster Quelle: Privat LP-Gruppen: 71 München 47 Dresden = 42 27 Hamburg (64) 56 Karlsruhe = 52 72 Nürnberg 11.1934: 57 Stuttgart = 51 73 München 54 Weimar = 47

Ab dem 1.4.1935 lautete die einheitliche Bezeichnung „Landespolizei-Inspektionen“. Die römische Zahl verweist auf den Wehrkreis, dem die Landespolizei ab dem 25.3.1935 unterstellt wurde. Die LP-Gruppen hießen bis zum 1.10.1934 „Ausbildungsleitungen“. Die Landespolizeien Anhalt, Oldenburg, Braunschweig wurden im August 1934 aufgelöst, Mecklenburg und Lübeck folgten im September 1934. Die Landespolizei Bremen kam im August 1934 zu Hamburg (27). Gleichzeitig wurden „Mitte“ und „Nord“ aufgelöst. Ab dem Januar 1935 erhielt Stuttgart die Bezeichnung „Süd“, Sachsen „Sachsen-Thüringen“ und Hamburg „Hansa“. Eine Landespolizei-Gruppe entsprach etwa der Stärke eines Regiments (drei Bataillone).

Die Landespolizei 1933 – 1935

Im Sommer 1933 wurde im Deutschen Reich die „Landespolizei“ ge- schaffen. Dabei wurden in der Regel alle jüngeren Polizeibeamten in die die Stärke eines Bataillons umfasst haben (je ein „Halbbataillon“ aus Lü- militärisch gegliederte Landespolizei überführt. Polizeiaufgaben wurden beck und aus Mecklenburg). von diesen Einheiten nicht mehr wahrgenommen. Im Mittelpunkt stand die Die Führung der Landespolizei übernahm der Kommandeur der Ord- eindeutige Ausrichtung auf zukünftige militärische Aufgaben. Die älteren nungspolizei (seit dem 10. März 1933) und überzeugte Nationalsozialist Beamten bildeten die sogenannte „Revierpolizei“. Polizeimajor (später Polizeioberstleutnant) Kriegbaum, der vorher stell- In Lübeck wurde aus der vorhandenen Polizeibereitschaft (4 Offiziere und vertretender Leiter der Landespolizei Mecklenburg war. 108 Beamte, dazu Kraftfahrzug, Nachrichtenzug und Sanitätsabteilung) Die Landespolizeien Lübeck und Mecklenburg wurden im August 1934 ebenfalls eine Landespolizei aufgestellt. aufgelöst, ebenso die Landespolizei-Gruppe 22. Ein erheblicher Teil der 1933 umfasste sie 98 kündbare Wachtmeister (zwei Wachtmeister waren Lübecker Beamten wurde in die „Revierpolizei“ eingegliedert. entlassen worden). Am 1.6.1933 wurde die Bereitschaft als I. Bereitschaft, Im Herbst 1935 wurde die Landespolizei in einer Stärke von ca. 56 000 seit dem 23.11.1933 als I. Hundertschaft, ab dem 1.3.1934 als I. Abteilung Mann in die eingegliedert. Insgesamt wurden aus der Landes- der Landespolizei, III. Hundertschaft bezeichnet. polizei sieben Infanteriedivisionen aufgestellt. Die tatsächliche Bedeutung Sie wurde – vermutlich durch zusätzliche Einstellungen – im Laufe des der Landespolizei für die Wiederaufrüstung war allerdings ungleich größer, Jahres 1933 deutlich verstärkt und bestand 1934 aus zwei Hundertschaf- weil nahezu alle Offiziere nach kurzer Zeit befördert und alle Mann- ten (253 Beamte). Sie wurde mit der Mecklenburger Landespolizei in der schaftsdienstgrade als Unteroffiziere eingesetzt wurden. Landespolizei-Gruppe 22 (Stettin) zusammengefasst. Beide Landespoli- In die von 1933 bis 1935 (in der entmilitarisierten Zone 1936) bestehenden zeien (die Länder Mecklenburg-Schwerin und Mecklenburg-Strelitz waren Landespolizeieinheiten wurden während dieser Zeit in großer Zahl auch von den Nationalsozialisten bereits 1933 „vereinigt“ worden) dürften etwa „Rekruten“ eingestellt.

Polizeidirektion Schleswig-Holstein Süd PolizeibataillonVerreichlichung der Polizei 307 08

Verreichlichung der Polizei

Ein erklärtes Ziel der nationalsozialistischen Politik war die Zerschlagung der föderalen Strukturen (Länder) nach einer Machtübernahme. Für die Polizei wurde die „Verreichlichung“ bereits mit der Übernahme der politis- chen Polizeien der Länder den Reichsführer SS, , im Laufe des Jahres 1933 deutlich. Mit ihr sicherte sich die SS 1933 in fast allen Ländern die völlige Kontrolle über die politischen Polizeien. Für die übrige Polizei wurde diese Maßnahme mit dem Gesetz über den Neuauf- bau des Reiches vom 30.1.1934 vorbereitet. Am 17.6.1936 unterzeichnete Hitler den Erlaß zur Einsetzung Himmlers als „Chef der Deutschen Polizei im Reichsministerium des Innern“. Damit übernahm die SS auch im Gesamtbereich der Polizei die Kontrolle und gewann zentralen Einfluss auf die personelle und ideologische Gestaltung und Ausrichtung der Polizei. Die Stellenpläne der staatlichen Polizei aus dem Jahr 1938 zeigen bei einer Gesamtpersonalstärke von 62 345 Angehörigen, dass nur 17 652 Dienst in den 1 018 Polizeirevieren des Deutschen Reiches verrichteten. Von den 106 staatlichen Polizeiverwaltungen verfügte rund die Hälfte über geschlossene Einheiten. Dabei gab es 69 „ganze“ Hundert- schaften (108 Mann) und 20 „Zweidrittel-Hundertschaften“ (72 Mann), ins- gesamt 8 390 Mann, d.h. ca. 50% der Stärke der Revierpolizei. Berlin ver- fügte dabei mit 16 Hundertschaften über die größte Anzahl geschlossener Einheiten. Neben diesen Hundertschaften bestanden elf „Polizei-

Ausbildungsabteilungen“ mit insgesamt 30 Hundertschaften (Gesamt- Einberufung 1939 Quelle: Privat stärke: 3 389 Mann), davon z.B. eine Ausbildungs-Abteilung in Hamburg und eine Ausbildungskompanie in Lübeck.

Vorbereitungen für den Einsatz der Polizei im Krieg

Seit 1936 war der Einsatz der Polizei im Krieg systematisch vorbereitet zeirekruten“, die vorwiegend aus den Jahrgängen 1918-1920 und 1909- worden. Mit der Schaffung des „verstärkten Polizeischutzes (VPS)“ für den 1921 kamen. Von den insgesamt ca. 30 000 Mann wurde ein erheblicher Einsatz vor allem im Heimatgebiet wurde seit 1937 die erforderliche per- Teil sofort durch die SS übernommen. Angehörige der jüngeren Jahrgän- sonelle Verstärkung der Polizei vorbereitet. Der „VPS“ erhielt später die ge wurden in großer Zahl nach ihrer ausschließlich militärischen Ausbil- Bezeichnung „Polizeireserve“ und erreichte 1939 eine Stärke von 91 dung an die 1939/40 aufgestellte „Polizeidivision“ (später SS-Polizeidivi- 500 Mann. Insgesamt verfügte die Polizei mit Kriegsbeginn über 130 000 sion, dann 4. SS-Polizei-Panzergrenadierdivision) abgegeben. Die Poli- Mann, von denen 121 000 (einschließlich der Feuerschutzpolizei, d.h. der zeirekruten mussten sich zum aktiven Polizeidienst verpflichten und sollten Feuerwehr) für Einsätze direkt zur Verfügung standen. nach 12 Dienstjahren als Beamte auf Lebenszeit endgültig übernommen Für die „Polizeireserve“ hatte die Wehrmacht die Jahrgänge 1901-1909 werden. Die ungedienten Wehrpflichtigen der Jahrgänge 1918-1920 (9 der Polizei zur Verfügung gestellt, für die sie aufgrund des Alters zunächst 000 Mann) wurden als „Polizeianwärter“, die älteren Jahrgänge (17 000 keine Verwendung hatte. Die Angehörigen der Polizeireserve stammten Mann) als „Polizeiwachtmeister“ (mit vier Dienstjahren) eingestellt. aus Berufen, die im Kriegsfall ohne Bedeutung für die Rüstung und Er- Zahlreiche Polizeirekruten wurden nach 1945 in die neuaufzubauende Polizei nährung waren, d.h. vor allem aus Dienstleistungsberufen, bzw. aus übernommen. Dies gilt auch für zahlreiche Abiturienten der Jahrgänge Berufen, deren Bedeutung und Tätigkeit durch die Kriegsereignisse stark 1918-1920, die sich bevorzugt für die Laufbahn als Polizeioffizier bewerben eingeschränkt wurden, z.B. Hafenarbeiter, Lagerarbeiter, Friseure, Hand- konnten. Am 20.8.1940 verfügte die Polizei über eine Gesamtstärke von 244 werker, Gewerbetreibende, Einzelhändler. Sie stammten zu einem be- 500 Mann, davon 1 376 Offiziere und 57 800 Mann (Wachtmeister) in 101 achtlichen Teil aus dem unteren/mittleren Mittelstand und aus der Ar- Polizeibataillonen (60 Polizeibataillone aus der Polizeireserve, drei beiterschaft. Die Ausbildung der Polizeireserve war uneinheitlich, zum Teil Polizeibataillone aus Volksdeutschen, 38 Polizeibataillone aus Poli- waren die Angehörigen überhaupt nicht ausgebildet, andere hatten ledig- zeirekruten) . Im Februar 1942 erreichte die Polizeireserve mit 117 500 lich nach Feierabend oder an Sonntagen eine Kurzausbildung erhalten. Mann ihre größte Stärke. Im Herbst 1939 erhielt die Polizei durch einen Führerbefehl 26 000 „Poli-

Polizeidirektion Schleswig-Holstein Süd PolizeibataillonVerreichlichung der Polizei 307 09

280 Offiziere und 7 879 Wachtmeister der Polizei wurden für die Aufstell- reicher Polizeibataillone an der Ostfront im Winter 1942/43 auszuglei- ung der Feldgendarmerie (Heer), 35 Offiziere und 650 Wachtmeister chen, als Polizeibataillone in größerer Zahl direkt zur Stabilisierung der (Wasserschutzpolizei) für die Aufstellung der Marineküstenpolizei (Be- Lage an der Front eingesetzt werden mussten. In größerem Umfang wur- zeichnung der Feldgendarmerie bei der Marine) abgegeben, dabei han- den außerdem „ältere Jahrgänge“ aufgrund der Wehrpflicht zum Dienst in delte es sich fast ausschließlich aktive Polizeibeamte. Bei der Aufstellung die Polizei einberufen. Sie wurden entweder als „Anwärter der Schutz- der bereits erwähnten „Polizeidivision“ waren im Herbst 1939 475 Offiziere polizei der Reserve“ oder – wenn sie Teilnehmer am Ersten Weltkrieg wa- und 15 328 Wachtmeister aus der Polizei übergetreten. Ein erheblicher Teil ren – nach ihrem letzten militärischen Dienstgrad als Unterwachtmeister, der älteren Jahrgänge wurde später durch jüngere Mannschaften ersetzt. Wachtmeister oder Oberwachtmeister der Reserve eingestellt. Daneben Die Offiziere und Unteroffiziere der Division stammten überwiegend aus wurden – allerdings fast ausschließlich im „Heimatkriegsgebiet“ – auch der Polizei, die Mannschaften nach dem Frankreich-Feldzug vorwiegend bereits im Ruhestand befindliche Beamte zum aktiven Polizeidienst wieder aus der Polizeireserve bzw. den Polizeirekruten. herangezogen, darunter auch über Siebzigjährige, von denen sich eine Die Polizeidivision wurde als Kampfverband, vor allem an der Ostfront ganze Reihe auch freiwillig zur Verfügung stellte. Mit zunehmender und auf dem Balkan, eingesetzt und war an Kriegsverbrechen (Griechen- Kriegsdauer wurden zahlreiche Polizeibeamte (aktive Polizeibeamte, Poli- land) beteiligt. 1943 erhielt die Polizei noch einmal eine weitere Personal- zeireservisten, Polizeirekruten) – auch ohne ihre Zustimmung – in Kampf- verstärkung von 7 500 Mann durch die Wehrmacht (5 000) und die SS verbände der Waffen-SS eingegliedert. (2 500), um die erheblichen Personalverluste durch die Zerschlagung zahl-

Ausbildungsbataillone – vorläufige Aufstellung zum 1.11.1939 nach dem Erlass vom 31.10.1939

Quelle: Bundesarchiv Berlin, R 19/390

Aufgrund eines Führerbefehls und einer Anordnung des Oberkommandos der Wehr- macht vom 10.9.1939 sollte die Polizei um 26 000 Mann verstärkt werden. Dazu kamen aus Sicht der Wehrmacht zunächst die Jahrgänge 1901 bis 1909 in Frage, die bisher nicht militärisch ausgebildet worden waren (jeder ca. 500 000 Mann stark). Die Entscheidung wurde aber anders getroffen. Aus den Jahrgängen 1918-1921 sollte Bewerbungsschreiben Quelle: PDSH Süd die Polizei je 1 500 Mann erhalten (18, 19, 20, 21 Jahre alt), insgesamt 6 000 Mann (vor- wiegend für die Polizeidivision) und bis zu 26 000 Mann aus den Jahrgängen 1909, 1911 und 1912 (27, 28, 30 Jahre alt). Aus den Jahrgängen 1910, und 1913 bis 1917 sollten die „wenigen Ungedienten oder Zurückgestellten“ herangezogen werden können. Zunächst wurden 23 Ausbildungsbataillone eingerichtet, deren Zahl sich später noch er- höhte.

lfd.Nr. Aufstellung WM Anw. Stärke Kommandeur 1 Fürstenfeldbruck - x 4 Kp. Major Dietz 2 München x - 4 Kp. Major Hösl 3 Heidenheim - x 3 Kp. Hpt. Weißig 4 Deggingen x - 4 Kp. M/G Russel 5 Wien - x 4 Kp. Major Hahn 6 Hollabrunn x - 2 Kp. M/G Schröder 7 Duisburg x - 4 Kp. Major Fechner 8 Recklinghausen - x 4 Kp. Major Müller, Erich 9 Oberhausen x - 2 Kp. noch offen Ausbildung Polizeireserve 1939 Quelle: Privat 10 Bochum/Dortmund - x 4 Kp. Major Klein 11 Köln x - 4 Kp. Major Niemeyer 12 Frankfurt/Main x - 3 Kp. Major Haan 13 Wiesbaden - x 2 Kp. Hpt. Dönningnhaus Vorbeimarsch Polizeireserve 1939 Quelle: Privat 14 Bad Ems x - 3 Kp. M/G Hahnzog 15 Chemnitz - x 4 Kp. Major Nickel 16 Weimar - x 4 Kp. Major Ludowici 17 Jena x - 3 Kp. Major Salzmann 18 Hildesheim/Wolfenbüttel x - 4 Kp. M/G Nürrenbach 19 Hamburg x - 4 Kp. Major Perling 20 Rathenow - x 3 Kp. Major Buchmann 21 Berlin x - 4 Kp. Major Koschmider 22 Cottbus - x 1 _ Hpt. Heisl 23 Schneidemühl x - 2 Kp. noch offen

Abkürzungen: WM=Wachtmeister, Anw.=Anwärter, Kp.=Kompanien, Hpt.=Hauptmann, M/G=Major der Gendarmerie

Polizeidirektion Schleswig-Holstein Süd PolizeibataillonDeutsche Polizeimeisterschaften in Lübeck 307 1938 10

Deutsche Polizeimeisterschaften in Lübeck 1938

Im Juni 1938 fanden in Lübeck unter großer Beteiligung der Öffentlichkeit die Deutschen Polizeimeisterschaften in der Leichtathletik und im Mann- schaftsgepäckmarsch statt. Am Sonnabend, 18. Juni 1938 fanden in der „Adolf-Hitler-Kampfbahn“ (Lohmühle) die Endkämpfe in der Leichtathletik und das Feldhandballspiel Polizei Hamburg gegen Polizei Magdeburg statt. Am Sonntag, 19. Juni 1938 folgten auf dem Sportplatz Buniamshof weit- ere Endkämpfe, Staffelläufe, Vorführungen und das Feldhandballspiel Po- lizei Chemnitz gegen Polizei Lübeck. Am Montag, 20. Juni 1938 fand der „Mannschaftsgepäckmarsch“ statt, und am Dienstag, 21. Juni 1938 wurden die Polizeimeisterschaften mit der „Son- nenwendfeier“ vor dem Holstentor beendet. Vorbereitung der Adolf-Hitler- Plakat Quelle: PDSH Süd Kampfbahn 1938 Quelle: Privat

Ansprache des Generals der Polizei Kurt Daluege bei der Sonnenwendfeier am 21.6.1938 in Lübeck

„Wieder einmal stehen wir nach dem Brauch unserer altgermanischen Vorfahren am brennenden Holzstoss des Sonnenwendfeuers, und diesmal in einer Feierstunde, die auf uraltem nordisch-germanischen Sied- lungsboden und durch die Anwesenheit hoher Gäste und Vertreter der ver- wandten Völker germanischen Blutes besondere Bedeutung erhält. Mit der jährlichen Feier des Tages der Sonnenwende greift der National- sozialismus auf eines der heiligsten Brauchtümer völkisch-nordischer Weltanschauung zurück. Aber die Sonnenwendfeier ist für uns heute keineswegs eine Nachahmung äusserer überlieferter Formen, sondern wir haben diesen Feiern am brennenden Holzstoss wieder ihren alten und doch ewig neuen Inhalt gegeben. Die Sonnenwendfeier ist für uns heute eine willkommene Stunde der Selbstbesinnung geworden, in der wir angesichts der ewig sich erneu- ernden Flamme über die kleinen Sorgen des Tages hinweg uns der ewi- gen Kräfte unseres Volkes und unserer Rasse bewusst werden und im- mer wieder zu ihnen zurückkehren. Uns Nationalsozialisten gaben die Sonnenwendfeiern der Kampfzeit neue Kraft und neuen geistigen Rückhalt für das Ringen um Deutschland. In der Gemeinschaft mit unseren Kampfgefährten, in Verbundenheit mit der

Siegerehrung durch Himmler Quelle: PDSH Süd Natur und den Schönheiten der deutschen Landschaft wurde uns die Flamme des Sonnenwendfeuers Sinnbild dafür, dass die Kräfte des Guten und Schönen immer wieder über den Geist der Verneinung und der Zerstörung den Sieg davontragen.

Polizeidirektion Schleswig-Holstein Süd PolizeibataillonDeutsche Polizeimeisterschaften in Lübeck 307 1938 11

Handgranatenwerfen beim Manschaftsgepäckmarsch Quelle: PDSH Süd

Die Flamme wurde uns das Sinnbild unserer Weltanschauung, die sich in den Stürmen und Kämpfen jener Jahre zu eindringlicher Klarheit läuterte und durch ihre reine Glut alle Widerstände verzehrte, um schliesslich alle Menschen gleichen deutschen Blutes und gleichen deutschen Denkens zu erfassen und mit ihrem Wesensinhalt zu erfüllen. So war es nur zu leicht erklärlich, dass die Sonnenwendfeiern der Kampf- jahre in aller Heimlichkeit vor den Schergen des uns feindlichen Systems vor sich gehen mussten. Die Versammlung deutscher Männer nach dem Brauch ihrer Väter am brennenden Holzstoss zur Sonnenwende wurde immer wieder ein solcher Kraftquell für den weiteren Kampf um die Wie- Reichsminister Frick Quelle: PDSH Süd dergeburt der Seele des deutschen Volkes, dass man uns damals mit allen Mitteln daran zu hindern suchte. Ich erinnere mich noch deutlich an eine heute vor 15 Jahren stattgefundene Sonnenwendfeier in den Rüdersdorfer Kalkbergen bei Berlin, die den Kampf um die Hauptstadt des Reiches ein- leitete. Damals weihten wir im Fackellicht des Sonnenwendfeuers unsere Himmler und Gäste Quelle: PDSH Süd ersten Hakenkreuzfahnen, die ersten Feldzeichen unseres Kampfes hier in Nord-Deutschland. Damals fanden sich am brennenden Holzstoss die ersten Männer zusammen, um dem unbekannten Frontsoldaten Adolf Hitler ewige Treue zu schwören und allem Undeutschen und Ungermanischen Kampf anzusagen. So standen unsere Sonnenwendfeiern immer wieder im Zeichen kämpfe- rischen Wollens. Wir unterbrachen unseren Kampf für kurze Stunden, um am Feuer der Sonnenwende die Parole für den weiteren Kampf entgegen- zunehmen und um nach dieser Stunde kurzer Sammlung wieder in den Kampf hinauszuziehen.

Polizeidirektion Schleswig-Holstein Süd PolizeibataillonDeutsche Polizeimeisterschaften in Lübeck 307 1938 12

General Daluege bei der Eröffnunggg Quelle: PDSH Sieger im Manschaftsgepäckmarsch: Sachsen, Land Anhalt Quelle: PDSH Süd Süd

Auch unsere heutige Feier steht im Zeichen eines solchen Kämpfertums. Vor uns stehen die Sieger der Wettkämpfe auf dem grünen Rasen, die in diesen Tagen an die Spitze des deutschen Polizeisports getretenen Bes- ten der leichtathletischen Übungen und die Siegermannschaften des Gepäckmarsches. Ich weiss mir keinen würdigeren Rahmen für die Ehr- ung dieser Kämpfer als das Sonnenwendfeuer angesichts der Türme und Zinnen dieser ehrwürdigen Wikkingerstadt, die durch den Kampf und die Arbeit deutsch-germanischer Männer entstanden ist und durch Quelle: PDSH Süd den Kampf und die Arbeit ihrer Söhne zu neuer Blüte erwächst. Auch Ihr, meine Kameraden, die Ihr in den vergangenen Tagen der Polizei- Meisterschaften 1938 Euer Bestes gegeben habt, die Ihr bei Sonnenglut und unter erschwerenden Umständen Gewaltleistungen ohnegleichen vollbrachtet, seid Träger der völkisch-kämpferischen Weltanschauung des Nationalsozialismus. Nur durch Euer Kämpfertum sind diese Leistungen, die ich in ehrlicher Bewunderung anerkenne, möglich geworden. Menschen ohne die heilige Flamme der Begeisterung für ein gestecktes Sonnenwendfeier vor dem Holstentor Quelle: PDSH Süd Ziel werden nie Leistungen vollbringen, die den Durchschnitt überragen. Diese Begeisterung für Euer Ziel hat wie eine Flamme mit verzehrender Glut die kleinen menschlichen Schwächen, die sich bei jedem einmal ein- stellen, niedergekämpft. So wird die Flamme des Sonnenwendfeuers auch zum Sinnbild Eures Willens, durch ständige Übung den Körper zu stählen und ihn zu Härte gegen Euch selbst zu erziehen. Auch hiermit knüpfen wir an den Brauch unserer germanischen Vorfah- ren an, bei denen alljährlich zur Sonnenwende die Jugend in Kampfspie- len den Stand ihrer körperlichen Leistungsfähigkeit zeigte. Die Sieger dieser Kampfspiele wurden am Sonnenwendfeuer geehrt. Und so ver- künde auch ich angesichts der heiligen Flamme der Sonnenwende die Sieger des Gepäckmarsches der Polizei-Meisterschaften 1938.“

Quelle: Bundesarchiv Berlin, R 19-381.

Polizeidirektion Schleswig-Holstein Süd PolizeibataillonOrdnungspolizei 1939 307 13

Aus einer Ansprache des Chefs der Ordnungspolizei Kurt Daluege in Berchtesgaden am 7.12.1938

Daluege zitiert Ausführungen von Adolf Hitler anlässlich der ersten Fah- nenweihe der Polizei am 11.9.1937 in Nürnberg: Danach sei es die Aufgabe der Polizei im Nationalsozialismus:

„...1. Als Repräsentant des Staates zugleich der erste Freund des Volkes zu sein, 2. als der Repräsentant dieses Staates der unerbittlichste Vertre- ter dieser Volksgemeinschaft gegenüber allen verbrecherischen Elemen- ten zu sein, die sich an ihr versündigen... Es ist möglich, auf der einen Seite der wärmste Freund jedes anständigen Aus dem Dienstausweis der Polizei Quelle: PDSH Süd Deutschen und auf der anderen Seite der unerbittlichste Gegner jedes Feindes dieses deutschen Volkes und unserer Volksgemeinschaft zu sein.“ Angaben zum Stand der Polizei 1939 Quelle: Bundesarchiv Berlin, R 19/381 Daten aus einer Rede des Chefs der Ordnungspolizei Kurt Daluege vor den Höheren SS- und Polizeiführern am 23.1.1939 Quelle: Bundesarchiv Berlin, R 19/381

Unter den 1 400 Offizieren befinden sich 370 Alt-Parteigenos- sen, unter den ca. 30 000 Meistern und Wachtmeistern 4 300 Alt-Parteigenossen. Ca. 70% der Offiziere und ca. 30% der Wachtmeister sind Parteimitglieder. 362 Offiziere sind Mit- glieder der SS, davon 4 Generäle, 4 Oberste, 24 Majore, 46 Hauptleute, 150 Oberleutnante und 130 Leutnante. Die 91 Polizeiverwaltungen verfügen über 56 Polizeipräsiden- ten und 35 Polizeidirektoren, von diesen Leitern sind 87 Parteigenossen, 48 in der SS, 23 in der SA und 3 im Natio- nalsozialistischen Kraftfahrerkorps (NSKK). 3 sind Träger des Blutordens (Teilnehmer am Hitler-Putsch 1923), 27 besit- zen das Goldene Parteiabzeichen (Mitgliedsnummer unter

General Daluege bei den Polizeimeisterschaften 1938 in Lübeck Quelle: PDSH Süd 100 000) und 21 haben eine Mitgliedsnummer unter 500 000. 16 200 Polizeibeamte sind Angehörige der SS, davon 362 Offiziere. Stärke der Ordnungspolizei 1939 Die Polizei verfügt über 398 Maschinengewehre, 5 000 Ma- Angaben aus einer Rede des Chefs der Ordnungspolizei Kurt Daluege vor den Höheren SS- und Polizeiführern am 23.1.1939 schinenpistolen, 68 650 Karabiner (Modelle 98k und 98a) 85 Quelle: Bundesarchiv Berlin, R 19/381 500 Pistolen 9 mm und 47 500 Pistolen 7,65 mm. Die

1934 1935 1936 1937 1938 Wasserschutzpolizei besitzt 151 Boote. Schutzpolizei Einzeldienst 45 588 46 310 47 931 49 703 50 196 kaserniert - 3 300* 8 640 11 945 12 026 Mit der Landespolizei zur Wehrmacht traten 1935/1936 ca. zusammen 45 588 49 610 56 571 61 648 62 222 65% der Polizeioffiziere über. 60% des Kfz-Bestandes und ca. Gendarmerie Einzeldienst 16 410 16 539 17 012 17 601 17 625 90% der technischen Ausrüstung wurden der Wehrmacht motorisiert - 100 1 002 3 142 3 412 übergeben. zusammen 16 410 16 639 18 014 20 743 21 037 Gemeindepolizei 16 309 16 420 16 420 16 380 16 553 Aus der Bayerischen Landespolizei wechselten von 9 200 Polizei gesamt 78 307 82 789 91 005 98 771 99 812 Mann 5 700 zur Wehrmacht. Sie stellte damit – so Daluege – den prozentual größten Anteil aller Landespolizeien (62%). In den Zahlen nicht enthalten sind die Feuerschutzpolizei (Berufsfeuerwehren) mit 10 000 Mann die freiwilligen Feuerwehren mit 1,5 Millionen Mann und die Technische Nothilfe mit 160 000 Mann. Hinweis aus der Akte 19/337: 10 000 alte Kämpfer in der Preußischen Hinweis: Die Daten wurden nicht veröffentlicht Polizei.

Polizeidirektion Schleswig-Holstein Süd PolizeibataillonPolizeiregimenter im „Generalgouvernement“ 307 1939–1941 14

Polizeiregimenter im „Generalgouvernement“ 1939–1941

Das Ausbildungsbataillon Lübeck wurde am 12. Juli 1940 auf Adolf Hitler vereidigt. Im Rahmen der Vereidigung erfolgte ein Marsch des Bataillons durch die Lübecker Besuch Reichsminister Frick in Biala Podlaska Altstadt. Die Ausbildung des Bataillons während dieser Zeit fand überwiegend in näher- Quelle: Privat en Umgebung Lübecks statt und ist in einigen privaten Fotografien dokumentiert. Nach der Beendigung der Ausbildung und vor dem Abmarsch nach Polen (Generalgou- vernement, Biala Podlaska) fand offenbar eine Abnahme des Bataillons statt. In Biala Podlaska war das Bataillon unter anderem zur Sicherung der Grenze zwischen dem Deutschen Reich (Generalgouvernement) und der UdSSR (besetzter Teil Ostpolens) einge-setzt. Durch Angehörige des Bataillons wurden mehrfach Erschies- sungen durchgeführt, vermutlich aufgrund von Urteilen eines Standgerichtes des Ba- taillons. Aufgrund vorliegender Fotografien ist davon auszugehen, dass die Einheit im Laufe des Jahres 1941 – möglicherweise kurz vor dem Überfall auf die UdSSR – vom Reichs- innenminister Frick besichtigt wurde. In einem Fall sollen Angehörige des Bataillons während ihres Aufenthaltes in Biala Podlaska jüdische Menschen in das Warschauer Ghetto transportiert haben. Das jü- Ausbildung, 2.v.r. Major Kärnbach Quelle: Privat dische Viertel in Biala Podlaska wird auf einigen der privaten Fotografien ebenfalls do- kumentiert.

Vereidigung am 12. Juli 1940 Quelle: Privat

Fahrzeuge das Bataillons in Biala Podlaska Quelle: Privat

In Biala Podlaska Quelle: Privat PolizeibataillonPolizeiregimenter im „Generalgouvernement“ 307 1939–1941 15

Das Polizeibataillon 106 war in Neumünster auf- Besuch Frick in Biala Podlaska Quelle: Privat gestellt worden Quelle: Dabrowa-Kostka„Hitlerowskie“

Polizeiregiment Krakau Hauptstationierungsort Wien. Stab und 3 Bataillone, ztw. 1 Panzerkampfwagenzug Polizeibataillon Krakau I, Hauptstationierungsort Jena (311) Polizeibataillon Krakau II, Hauptstationierungsort Breslau (321) Polizeibataillon Jaslo, Hauptstationierungsort Bremen (303) Polizeibataillon Reichshof, Hauptstationierungsort Wien (314)

Polizeiregiment Radom Hauptstationierungsort Breslau. Stab und 3 Bataillone, ztw. 2 Panzerkampfwagenzüge Polizeibataillon Radom, Hauptstationierungsort Köln (309) Polizeibataillon Czenstochau. Hauptstationierungsort Berlin (310) Polizeibataillon Kielce. Hauptstationierungsort Hamburg (305)

zeitweise stationiert auch: 51, 111, 305, 309 Besuch Frick in Biala Podlaska Quelle: Privat

Polizeiregiment Lublin Hauptstationierungsort Dresden. Stab und 3 Bataillone, Im Ghetto von Biala Podlaska 1940/41 Quelle: LAS ztw. 2(?) Panzerkampfwagenzüge Polizeibataillon Lublin, Hauptstationierungsort Frankfurt/Main (306) Polizeibataillon Zamosc, Hauptstationierungsort Stettin (313) Polizeibataillon Biala Podlaska, Hauptstationierungsort Lübeck (307) in der Literatur wird hier fälschlicherweise Duisburg (308) genannt zeitweise auch stationiert: 73, 104, 101

Polizeiregiment Warschau Hauptstationierungsort Berlin. Stab und 3 Bataillone, ztw. Panzerkampfwagenzug, später Panzerkompanie Polizeibataillon Warschau I, Hauptstationierungsort Bochum (301) Polizeibataillon Warschau II, Hauptstationierungsort Chemnitz (304) Polizeibataillon Warschau III, Hauptstationierungsort Duisburg (308) in der Literatur wird hier fälschlicherweise Lübeck (307) genannt zeitweise auch stationiert: 6, 8, 61, 72

Polizeidirektion Schleswig-Holstein Süd PolizeibataillonÜbersicht über Wege und Einsatzorte des307 Polizeibataillons 307 16

Übersicht über Wege und Einsatzorte des Polizeibataillons 307

29.1.1940 Aufstellungsbefehl des RFSS und Chefs der Deutschen Polizei für das „Polizeiausbildungsbataillon Lübeck“, 17.2.1940 Erlass des HSSPF Nordwest Abordnung des Stammpersonals zur Ausbildung nach Itzehoe 8.3.1940 Aufhebung des Erlasses und Rückkehr des Stammpersonals nach Lübeck am 9.3.1940. Aufstellung des Bataillons in Lübeck 3.10.1940 Polizeibataillon 307 5.10.1940 In Biala-Podlaska (Generalgouvernement) als III. Bataillon des Polizeiregiments Lublin stationiert (Stab und Parade einer Polizeieinheit in Minsk 3.9.1941 4 Kompanien, dazu Reitstaffel). Das Bataillon löst das Poli- Quelle: BAMA zeibataillon 43 ab und übernimmt dessen Kraftfahrstaffel. Durchführung von Standgerichtsverfahren und Erschies- Streifenfahrt Quelle: BAMA sungen. Die für das Bataillon vorgesehene Kraftfahrstaffel (aus 29 Kraftfahrern des Polizeiausbildungsbataillons Hal- le, 5 Kraftfahrern des Polizeiausbildungsbataillons Reck- linghausen und 20 Kraftfahrern des Polizeiausbildungs- bataillons Pohrlitz. Beginn der Ausbildung an der Tech- nischen Polizeischule in Berlin ab dem 28.1.1941 bis zum 12.3.1941, dann in Lübeck stationiert) wird mit Erlass vom 10.6.1941 zum Polizeibataillon 319 nach Prag abgeordnet. 8.4.1941 Umgliederung auf drei Kompanien (4. Kompanie wird aufgelöst) aufgrund eines Erlasses des Chef der Ordnungspolizei vom 12.3.1941 (Befehl des Polizeiregi- ments Lublin vom 27.3.1941, Befehl des Bataillonskom- mandeurs vom 1.4.1941) Quelle: Young, „Atlas“ 4.6.1941 307 wird dem Polizeiregiment Mitte unterstellt. In das Bataillon werden ca. 70 Österreicher („Ostmärker“) eingegliedert. Feldpostnummer 43 985 (?). Nach anderen Angaben erfolgt die Ausgliederung aus dem Polizeiregi- ment Lublin am 11.6.1941. 22.6.1941 Überfall auf die UdSSR. 24.6.1941 Abmarsch nach Brest-Litowsk. Die Reit- und Fahrstaffel verbleibt bis Ende 1943 in Biala Podlaska. Nach anderen Angaben erfolgt der Abmarsch erst am 2.7.1941. 3.7.1941 307 in Brest-Litowsk stationiert. Angehörige des Bataillons ermorden 4 000 – 5 000 jüdische Menschen aus Brest-Litowsk. Offizielle Abschlussmeldung: 4 435 Personen erschossen. Die tatsächliche Zahl kann deutlich größer gewesen sein (ca. 6 000 – 10 000). 18.7.1941–26.7.1941 Verlegung nach Baranowicze. Betei- ligung an Morden an der jüdischen Bevölkerung. 28.7.1941-12.8.1941 Einsätze östlich Sluzk mit der 162. ID und der 252. ID nördlich und südlich der Rollbahn 1. Da- bei am 6.8.1941 Entsatz des Ortes Jazyl durch die 1. Kompanie unter Major Stahr. 12.8.1941 Sluzk. Morde an der jüdischen Bevölkerung.

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Erschießung jüdischer Frauen und Kinder (ca. 40 – 50 „Du kommst zu Mama“ - Ermordung von jüdischen Frauen und Kindern Frauen, ca. 10 Kinder). in der Nähe von Sluzk 1941 Im Raum Sluzk – Mogilew zwei russische Landarbeiter und ein jüdisches Kind erschossen. Ende Juli 1941 war das Polizeibataillon 307 in der Gegend von Sluzk stationiert. 19.8.1941 Staryje Dorogi Zeugenaussagen dokumentieren einen Einsatz um den 29. Juli 1941: 23.8.194131.8.1941 mit Polizeiregiment Mitte der AOK II „...Daraufhin seien einige Kompanieangehörige dazu eingeteilt worden, die in dem Dorf noch unterstellt. Einsätze im Raum Mogilew – Bobruisk lebenden jüdischen Frauen und Kinder zusammenzuholen. Männer habe es nicht mehr 25.8.1941 in Gluchi (südwestlich Mogilew) gegeben. Es seien etwa 30 bis 50 Frauen und 5 bis 6 Kinder aufgebracht worden, die sodann 27.8.1941 Gefecht westlich von Goroditsche mit „russischen in ein Wäldchen gefahren worden seien, das in einer weiten Ebene, 300 bis 400 m von der Ortschaft entfernt, gelegen habe. Dort hätten sich zwei ausgehobene Gruben befunden, um Horden“ die eine Absperrung gebildet worden sei. Als er die Exekutionsstätte erreicht habe, sei die 31.8.1941 in Mogilew Exekution nahezu beendet gewesen. Er habe von dem Angeschuldigten K. den Befehl erhal- 1.9.1941 Verlegung anch Bjelyntschi (nordwestlich Mogilew) ten, ein weinendes, zurückgebliebenes Kind zur Grube zu bringen. Der Angeschuldigte habe sinngemäß zu ihm gesagt: ‚Bringen Sie es gleich rüber!’ Er habe daraufhin das Kind auf den 4.9.1941 Bobruisk. Beteiligung an Morden an der jüdischen Arm genommen und sei mit diesem zur Grube gegangen. Auf dem Weg dorthin habe er zu Bevölkerung dem Kind gesagt: ‚Du kommst zu Mama.’ Als der Angeschuldigte dies gehört habe, habe er 1.9.1941-21.10.1941 Einsätze im rückwärtigen Heeresgebiet gelacht und gesagt: ‚Er mit dem Kind da.’ Dies habe er zu einem Angehörigen der Kompanie gesagt, der neben ihm gestanden habe. Er, W., habe dann das Kind auf die erschossenen der Heeresgruppe Mitte („Bandenkampf“, „Befriedungs- Frauen gelegt, wobei er selbst noch in die Grube hineingefallen sei. Anschließend sei das aktionen“), südlich Mogilew (Drut und Dnjepr) Kind von dem Exekutionskommando erschossen worden...“. 11.9.1941 „Befriedungsaktion“ westlich der Straße Mogilew – Bobruisk (Gefecht südlich Klitschew) Quelle: Landesarchiv Schleswig-Holstein, Abt. 352, Lübeck, Nr. 1287 19.9.1941-16.10.1941 Tschetschewitschi Stationiert in Mogilew? Ca. 100 – 200 jüdische Männer, Frauen und Kinder in Goroditsche ermordet. Dazu ein- zelne Aktionen, u.a. Erschießung von acht angeblichen Partisanen, einem ca. 18 jährigen russischen Mädchen, einem angeblichen russischen Kommissar. 22.10.1941-20.12.1941 Einsatz im rückwärtigen Heeresge- biet der Heeresgruppe Mitte 4.11.1941-Mitte Dezember 1941 Smolensk bis zum 20.1.1942 Einsätze bei der 4. Armee zur Abwehr der Erschießung von 100 bis 200 Juden bei Klitschew oder Go- Winteroffensive um Moskau rodischtsche durch die 2. Kompanie des Polizeibataillons 307 im Winter 1941/1942 Einsatz an der Front bei Kaluga, Juch- September/Oktober 1941 now 21.1.1942-23.5.1942 Reste des Polizeibataillons (zusammen „...wieder zu einem Einsatz gekommen, der lediglich von der 2. Kompanie durchgeführt wor- mit denen des aufgelösten Polizeibataillons 308) zum den sei. Er meine, die Kompanie sei zu einer Befriedungsaktion nach Gorodischtsche verlegt worden, wo sie eine Woche gelegen haben...Die Kompanie habe die Aufgabe gehabt, „Bandenkampf“ im rückwärtigen Heeresgebiet der Partisanen zu bekämpfen. Zu diesem Zweck sei zunächst mit der russischen Bevölkerung Heeresgruppe Mitte, Standort Mogilew Kontakt aufgenommen worden. Dabei sei festgestellt worden, wieviele Juden in Go- bis Ende April 1942 Einsätze gegen Partisanen rodischtsche ansässig gewesen seien...Es sei zunächst dazu abgeordnet worden, Juden aus („Bandenkampf“) den umliegenden Ortschaften zusammenzuholen und mit Lkw’s nach Gorodischtsche zu bringen...Die Juden, und zwar Frauen, Kinder und greise Männer, seien dann mit Lkw’s aus der Ortschaft herausgefahren und erschossen worden...... Zu dem Zeitpunkt der Aktion sei der Angeschuldigte K. bereits Kompaniechef gewesen. Polizeiregimenter beim Überfall auf die Sowjetunion 1941 Erst nach dieser Aktion sei die Kompanie nach Mogilew gekommen. Während einige Ange- hörige der 2. Kompanie den Ort umstellt hätten, seien andere beauftragt gewesen, die in der Höherer SS- und Polizeiführer Russland-Nord (Prützmann) Ortschaft lebenden Juden aus ihren Häusern herauszuholen. Daran sei er nicht beteiligt Polizeiregiment Nord mit gewesen. Sein Einsatz habe erst in einem Waldgelände begonnen, in dem sich eine Grube Polizeibataillon 321 (Breslau), später 310 (Berlin) befunden habe, die etwa 20 m lang und 2 bis 3 m tief und ebenso breit gewesen sei. Der Polizeibataillon 319 (Köln), später 306 (Frankfurt/Main) Zugwachtmeister K. seit dort auf ihn zugetreten und habe ihm den Befehl gegeben, sich zum Reserve-Polizeibataillon 53 (Stuttgart) Erschießen der Juden zu melden. Als er dies abgelehnt habe, habe K. zu ihm gesagt, dass er ihn dann zu einer Sonderaufgabe heranziehen werde. Nach kurzer Zeit seien von einem Höherer SS- und Polizeiführer Russland-Mitte (von dem Bach-Zelewski) besonderen Kommando jeweils 5 bis 6 Personen jeglichen Alters an die Grube her- Polizeiregiment Mitte mit angetrieben worden. Es seien zum größten Teil Frauen und Kinder, auch Kleinkinder, und nur Polizeibataillon 322 (Wien) einzelne Männer gewesen. Diese hätten sich am Grubenrand aufstellen müssen und seien Polizeibataillon 316 Recklinghausen) dann auf ein Kommando des Zugwachtmeisters K., der das Exekutionskommando geleitet Polizeibataillon 307 (Lübeck) habe, erschossen worden. Nach der Salve seien sie rückwärts in die Grube gefallen. Wer nicht sofort tot gewesen sei, habe einen Gnadenschuss erhalten. Die Juden, die auf ihre Höherer SS- und Polizeiführer Russland-Süd (Jeckeln) Exekution gewartet hätten, seien in einem in der Nähe befindlichen Kiefernwald bewacht wor- Polizeiregiment Süd mit den... Schätzungsweise seien 100 bis 200 Menschen auf diese Weise getötet worden. Er Polizeibataillon 303 (Bremen) habe auf Befehl des Zugwachtmeisters K. die toten, kreuz und quer übereinander gefallenen Reserve-Polizeibataillon 45 (Aussig) Frauen und Kinder mit einer Stange ordnen und gerade legen müssen. Dies sei notwendig Polizeibataillon 314 (Wien) gewesen, weil die vorgesehene Grube zu klein gewesen sei und die zu Erschießenden sonst nicht alle darin Platz gefunden hätten. Zu dieser grauenhaften Arbeit sei er eingeteilt worden, 1941 wurde ein zweites Polizeiregiment für Russland-Süd aufgestellt: weil er sich vorher geweigert habe, selbst die Frauen und Kinder zu erschießen...“. Polizeibataillon 320 (Berlin) Polizeibataillon 304 (Chemnitz) Quelle: Landesarchiv Schleswig-Holstein, Abt. 352, Lübeck, Nr. 1287 Polizeibataillon 315 (Halle)

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22.5.1942 Auflösung des Polizeibataillons 308 (rückwirkend ab dem 9.3.1942). Neuer Standort des Polizeibataillons 307: Duisburg Anfang Mai 1942 (1. Pfingstfeiertag) Verlegung nach Reichshof (Rzeszów), Eintreffen 24.5., zeitweise auch nach Przemysl, Neu-Sandez (Nowy Sacz), Tarnow, Jaros- law. Umfangreiche Beteiligung an den „Aussiedlungen“ (Deportationen) jüdischer Menschen in das Vernichtungs-

Quelle: Young, „Atlas“ lager Belzec. Beteiligung an Judenerschießungen in den genannten Orten. Tarnow 11.6., 15.6., 18.6. 1942 (3. Kompanie). Insgesamt ca. 3 000 – 4 000 jüdische Menschen durch SD, Polizei und Hilfswillige ermordet, ca. 12 000 deportiert. Reichshof (Rzeszów) vom 7.Juli – 15. Juli 1942 (Stab, 1. und 3. Kompanie) Przemysl am 27.7., 31.7. und 3.8.1942 (Stab und alle drei Kompanien) 9.7.1942 I/Polizeiregiment 23. Neuer Standort: Breslau. Feldpostnummer 20 822.. 18.8.1942 über Lublin und Minsk nach Glebokie zum „Bandenkampf“. Einsatz beim Unternehmen „Sumpffie- ber“ November/Dezember 1942 Minsk. Einsatz bei den Unter- nehmen „Hamburg“ mit Teilunternehmen „Altona“, „Hornung“ und „Nürnberg“ Januar 1943 Einsatz beim Unternehmen „Erntefest“ Mitte März 1943 Verlegung nach Rowno in der Ukraine zur Sicherung der Eisenbahnstrecke Rowno – Berditschew. Einsatz beim Unternehmen „Seydlitz“ (?).

Beim Vormarsch 1941 Quelle: Privat 29.3.1943 III/SS-Polizeiregiment 24. Standort: Duisburg. Feldpostnummer 20 822. Juli 1943 Einsätze im Raum Kremienetz – Shitomir September 1943 Einsatz bei Dißna an der Düna (6.) 9.11.1943–24.3.1944 Einsätze bei Polotsk und Newel (Bandenkampf, Unternehmen „Heinrich“ und Fronteinatz) Gliederung und Ausrüstung des Polizeibataillons 307 im Rahmen der 4. Armee und des 3. Panzer-Armeeober- 1940 als Polizeiausbildungsbataillon und Polizeibataillon 307: Stab mit Verwaltung/Ver- kommandos (Pz.AOK). sorgung, Sanitätsstaffel, Nachrichtenstaffel, 3 Kompanien, 1 schwere Kompanie (68 Mann, 4 sMG). Kraftfahrstaffel. In Polen auch Reitstaffel. Ca. 490 Mann. 25.3.1944-25.6.1944 Einsätze im rückwärtigen Heeresgebiet 1941: Stab mit Verwaltung/Versorgung, Sanitätsstaffel, Nachrichtenstaffel, 3 Kompa- der Heeresgruppe Mitte („Bandenkampf“), u.a. in den nien mit je 6 lMG, 4 sMG. Kraftfahrstaffel. Ca. 420 Mann. Beresinasümpfen (z.B. Unternehmen „Kormoran“ vom Bei Zugehörigkeit zum Polizeiregiment Mitte zeitweise NSKK-Kolonne. 1943/44: Stab mit Verwaltung/Versorgung, Sanitätsstaffel, Nachrichtenstaffel, 3 Kom- 26.5.-21.6.1944) panien mit je 9 lMG, 4 SMG, teilweise 3 leichte Granatwerfer, teilweise 2 2,5 cm Pak 26.6.1944-17.7.1944 Fronteinsatz bei Orscha – Borisow – (teilweise je 2 Pak 2,5 cm, 2 Pak 4,5 cm, 2 mittlere Granatwerfer). Kraftfahrstaffel. Minsk – Molodetschno 1944 bei der Neuaufstellung: Stab, Verwaltung und Versorgung, Sanitätsstaffel (2 Sa- Rückzug bis Schröttersburg an der Weichsel nitätskraftfahrzeuge), Nachrichtenstaffel (1 Funkgerät 15 W, 3 Tornisterfunkgeräte, Sprechfunkgeräte, 3 Fernsprechstaffeln), Kraftfahrstaffel, Pferdestaffel (300 Pferde Reste des Bataillons bei der „Kampfgruppe Hannibal“ bis und Fahrzeuge), 3 Kompanien mit je 9 lMG, 2 sMG, 4 Granatwerfern 4,5 cm, Pan- Anfang 1945 zerbüchsen, Panzerfäusten, 1 Kompanie mit 3 Pak 4,5 bzw. 5 cm, 3 Granatwerfer November 1944 Neuaufstellung des Bataillons im Raum 8 cm, 6 sMG. Ca. 720 Mann. In erheblichem Umfang wurden in den Polizeieinheiten im Laufe des Krieges zahlrei- Kattowitz – Bendsburg – Hindenburg in Oberschlesien che „Beutewaffen“ eingesetzt, vor allem Maschinenpistolen sowjetischer Bauart. Nach erneutem Fronteinsatz am 27.4.1945 Polizeibataillon 307 bei Königgrätz aufgelöst. Quelle: Bundesarchiv Ludwigsburg, Angaben in den Ermittlungsakten Nach anderen Angaben bei Kattowitz aufgelöst.

Polizeidirektion Schleswig-Holstein Süd PolizeibataillonAuszüge aus dem Kriegstagebuch 307 19

Auszüge aus dem Kriegstagebuch Erich von dem Bach-Zelewski

(wörtliche Zitate sind entsprechend gekennzeichnet) Fronteinsatz des Polizeiregiments Mitte. Südhöhe und einzige Südbrücke. Polizeibataillon 32, Reserve-Polizeibataillon 11 2.) Batl. Binz hält Südstellung 7 Tage gegen alle 30.6.1941 und Polizeibataillon 323 zur Partisanenbekämp- Massenangriffe mit Panzern. Eingedrungenen Besuch 286. Sicherungsdivision (Polizeibataillo- fung unterstellt. Feind wirft Binz als Stosstrupp-Führer persönlich ne besucht) 22.12.1941 immer wieder aus den Stellungen heraus. Bei für Zwischen dem 30.6.1941 und dem 8.7.1941 Polizeibataillon 32 an der Front bei Juchnow Polizei erstmaligen Panzerangriff gibt Binz seinen finden sich keine Eintragungen eingesetzt Männern Selbstvertrauen, indem er in vorderster 8.7. 1941 23.12.1941 Linie ohne Deckung offen stehen bleibt, das von Schenckendorff in Bialystock gesprochen schwere Kämpfe bei Kaluga. Polizeibataillon 131 eigene Feuer leitet und so Gegner zum 12.7.1941 versagte vollkommen. Abdrehen zwingt. Als Truppe nach Tagen durch Besuch beim Reserve-Polizeibataillon 131 in 24.12.1941 starke Verluste zunächst bei erneutem Grodnow Polizeiregiment Mitte bei Kaluga Panzerangriff Ermüdung zeigt reisst Binz Män- 14.7.1941 25.12.1941 ner zum Angriff vor mit seinem Humor, indem er Räumung des Bialowicer Forst für Göring Besuch bei Polizeibataillon 32 auf Panzer zugeht und ruft: ‚Ihr Schweine könnt 16.7.1941 31.12.1941 doch nicht auf deutsche Polizei schiessen.’ Bei Einsatz von zwei Polizeibataillonen auf Bitten Räumung Kaluga durch Polizeiregiment Mitte diesem Angriff 7 fdl. Panzer vernichtet. von Schenckendorffs zur Befriedigung der Prip- 6.1.1942 3.) Rgt. Montua erhält Befehl zum Absetzen und jet-Sümpfe. Erkundung mit dem Fieseler Storch. Eintreffen Polizeibataillon 308 mit Teilen aus War- langsamen Rückmarsch. Batl. Binz als Nachhut 27.7.1941 schau hält Stellung gegen alle Angriffe und ermöglicht Verstoß russisches Kavalleriekorps, Einsatz des 7.1.1942 so geordneten Abmarsch. Polizeiregiments Mitte dagegen, Eisernes Kreuz Lufttransport Polizeibataillon 308 nach Juchnow 4.) Bei späteren Kämpfen wird Binz in vorderster für Montua. 9.1.1942 Linie am Arm verwundet und bleibt bei der 5.8.1941 Polizeibataillon 308 mit 210 Mann nach Juch- Truppe.’ Polizeibataillon 316 in Jasyl eingeschlossen, now, Polizeibataillon für Fronteinsatz der Wehr- 18.1.1942 schwere Verluste, durch Major Stahr und 1.Kom- macht angeboten, 313 aus Krakau ...Pol.Batl. 131 funkt heute: ‚Bitte Ablösung des panie (307) entsetzt. Alle Männer erschießen 10.1.1942 Res.Pol.Batl. 131 veranlassen zu wollen, da nicht lassen, weil diese auf zurückgehende Kompanie Besichtigung Polizeibataillon 323 mehr einsatzfähig. Einsatzstärke des Batl. bei schossen. 12.1.1942 Beginn 530 Mann, 12 sMGs, 18 lMGs. Jetzige 15.8.1941 Polizeibataillon 308 in Juchnow gelandet. Trans- Einsatzstärke 220 Mann, 2 sMGs, 5 lMGs. Der Eintreffen RFSS in Baranowice. port 313 per Flugzeug nach Roslawl. grösste Teil der Männer leidet an Erfrierungen 19.8.1941 14.1.1942 und anderen Krankheiten. Durchschnittsalter der Heimatbesuch in Breslau-Burgweide (17.8.- wieder aufgestellt II. und III. Polizeiregiment Mit- Männer 38 Jahre. Führer 131.’ 18.8.1941) te, deren Rest noch bei Juchnow liegen. Major Ich habe geantwortet: ‚Res.Pol.Batl. 131. Ablö- 24.8.1941 Binz (Hauptmann der SP). sung kommt nicht in Frage. Batl. soll endlich wie 1. ukrainische Stammabteilung aufgestellt „16.1.1942 die anderen Pol.Bataillone seine Pflicht erfüllen. 26.8.1941 Über Hauptmann der Schutzpolizei Binz funke Kameraden des Heeres werden ja auch nicht ...Beim Pol.Batl. 307 großer Erfolg in der ich heute an RFSS und Chef Orpo wie folgt: abgelöst. Gegen Schuldige habe ich Kriegs- Bekämpfung einer Feindgruppe, und das AOK 2 ‚Wegen vorübergehender Unterstellung unter gerichtsverfahren eingeleitet.’ ist voll des Lobes. Pol.Batl. 307 hatte 2 Tote und Wehrmacht sehe ich wegen Ritterkreuzantrag 4 Verwundete. Binz schwarz. Ganz besondere Leistungen Binzs: ...Schimana funkt: ‚Rgts.-Gefechtsstand Juch- 3.9.1941 1.) In Kaluga dt. Rückzug durch Feindbesetzung now. Pol.Batl. 307 dem Regt. unterstellt. Un- Übergabe der Verwaltung von Schenckendorff der einzigen Brücke an Ost-Weststrasse gefähr- terstellung weiterer Batle zugesagt. Neuer an Kube. det. Batl. Binz durchbricht in eigenem Entschluss Einsatz des Rgt.s nördlich Juchnow...Die Kampf- 17.12.1941 Feindstellung vor Kaluga, nimmt befehlsgemäss gruppe Schimana hatte ab 16.1. den Auftrag, den Rückzug der Front zu decken....

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Oberst der Gendarmerie Schimana schickte mir aus den angreifenden Panzern alle sMGs und Mitte nach Smolensk an. Wir sind zum Kämpfen mit Datum vom 20.1.1942 einen interessanten lMGs bis auf eines vernichtet worden. Ein da und nicht um in Mogilew ein friedliches Bericht: Wunder, dass keiner der Angriffe durchgekom- Dasein zu führen... ‚Mein Obergruppenführer! Endlich ist es mir an- men ist...So schliesse ich meinen ersten kurzen 10.5.1942 lässlich meiner vorübergehenden Zurücknahme Bericht in der Hoffnung, dass wir Ihnen, Durch vorzeitiges Wecken des besoffenen Pückler von der Front gelungen wieder mit Ihnen, mein Obergruppenführer, nicht zuviel schlaflose konnte ich nicht mehr einschlafen, weckte Paill Obergruppenführer, Verbindung zu bekommen. Nächte in Ihrer Sorge um uns gemacht haben. und befahl, den Storch zurecht zu machen für Der Regimentsstab und das Pol.Batl. 32 wurden Mit allen Offizieren und Männern, die wir hier einen Truppenbesuch. Um 6 Uhr 30 fliege ich am 19. nach Juchnow in Marsch gesetzt und draussen gern und opferbereit unseren Dienst nach Tschitschwitschi ab. In Tschitschiwitschi war unmittelbar dem 43. A.K. unterstellt. Das machen, senden wir Ihnen gehorsamste Grüsse. gerade grosse Aufregung, da grade zum Teil Pol.Batl. 307 wurde ebenfalls herausgezogen Ihr Schimana.’ verwundete Versprengte eintrafen, die völlig und befindet sich im Marsch nach Juchnow. Die 23.1.1942 erschöpft erzählten, die 2. Kompanie Pl.Batl. 307 anderen Pol.Batle sind bei anderen Divisionen Schimana meldet: ‚Regiment bestehend aus sei am Abend vorher von Partisanen eingeschlos- eingesetzt worden. Ihre Herausziehung und Pol.Batl. 32 und 307 und neu unterstellten Wehr- sen und bei Schuscha völlig vernichtet worden. Unterstellung unter mein Kommando konnte ich machtsteilen neuer Auftrag: Ich übernehme daher das Kommando selbst nicht erreichen. Zu meinem tiefsten Bedauern Fallschirmtruppenbekämpfung um Snaerskoje über alle Polizeiformationen. Meine Meldung an hörte ich, dass ich auch wieder abgelöst werden und Ukra. Rgts.Gefechtsstand ab 23.1. 12 Uhr den Befehlshaber von Schenckendorff vom soll. Dies tut mir um so mehr leid, als meine 10 Sawod-Klimowo an Strasse nach Wjasma...’ 10.5.1942 abends: ‚Angriff der Restkompanie tägige Frontbewährung die besondere 7.5.1942 Bataillone 313 und 11 auf Klitoschew nach 24 Anerkennung meiner vorgesetzten - ...Beim Landeanflug um Mogilew ergriff mich stündigem ununterbrochenen Kampf nach per- dienststellen gefunden hat...In den ersten Tagen das grandiose Überschwemmungsbild mit Hun- sönlicher Landung im Kampfgelände wegen unseres Einsatzes ist dem Rgts-Stab dadurch derten von zerstörten Holzhäusern. Am Quartier Kräfteumgruppierung unterbrochen. Versuch ein besonderes Missgeschick widerfahren, dass in Mogilew ist gut gearbeitet worden, die Biblio- des Major Binz bei Wojewitschi Brückenkopf zu das Holzhaus, in dem Quartier bezogen war, in thek ist fertig. In andern Dingen musste ich aber bilden, scheiterte an stärkstem Feindwiderstand der Nacht durch schadhaften Ofen in Brand geri- scharf durchgreifen, da gefressen und gesoffen und Olsa-Überschwemmung. 2. Komp. Batl. 307 et. Das Holzhaus stand schon in hellen Flammen, worden ist. Morgens war Graf Pückler schon so in schwerem Kampf von Dolgoje auf Raskino ehe wir es selbst merkten. Im letzten Augenblick besoffen, dass er die Zimmer verwechselte... Am und griff energisch Suscha an, wo der Kampf am konnten wir uns zwar alle noch durch nächsten Tag flog ich gleich mit Brigadeführer 9.5. um 16 begann bis Mitternacht...’.“ Hechtsprung mitten durch die verschlossenen Kutschera und Oberst Schimana zum 21.5.1942 Fenster retten mit nur einigen Schrammen und Divisionsgefechtsstand, machte drei Zwischen- Polizeibataillon 85 (II/Pol.Rgt. Mitte), 301 (III/Pol. Abschürfungen. Aber unser gesamtes Gepäck, landungen und besichtigte die im Partisanen- Rgt. Mitte)... die ganze Ausrüstung und auch die Bekleidung, kampf eingesetzten Polizeibataillone Braun- die wir nicht gerade am Körper hatten, wurden schweig und Binz... Quelle: Bundesarchiv Ludwigsburg, 2 Bände. Hinweis: Es ist nicht auszuschließen, dass von dem Bach- ein Opfer des Brandes. Ich selbst stand ohne Am 6. früh wegen Regen und Sturm kein Flug- Zelewski seine Tagebuchnotizen (insbesondere den Band Rock und ohne Mütze im Schnee, mancher, wie wetter, da Nachmittag aber Aufklärung, fliege ich 1) erst nachträglich geschrieben hat, bzw. seine Oberleutnant Kayser hat nichts als den Mantel nach Smolensk. Grosse Freude bei General von Aufzeichnungen zum Teil bewusst vernichtet und dann neu gerettet...Die Verluste der zu meinem Verbande Schenckendorff und den Herren seines Stabes. geschrieben hat. gehörenden Pol.Batle waren während des Zum Abendessen bei General von Schenk- Einsatzes unter meiner Führung im Hinblick auf kendorff, der meine Ankunft feierte. Graf Pückler die ausserordentliche Schwere der Kämpfe ger- ist bei der Wehrmacht verschrieen. Sie werfen ing. Gefallene: 1 Offizier und 7 Wachtmeister. ihm vor, dass er ein Zusammenarbeiten mit dem Verwundete ohne Erfrierungen: 29 Männer. Heere ablehnte. Sie unterstellen ihm egoistische Männer mit Erfrierungen 1. und 2. Grades hatte Motive.Um durch Vertretung des reinen ich wegen der angespannten Lage nicht mehr Polizeistandpunktes sich in puncto Beförderun- aus der Front gelassen. Der Verlust an Gerät ist gen anzuschmieren, lasse er die lebensnotwen- weitaus ernster, da bei Beschuss die Männer digen Interessen der Front unberücksichtigt. Da wohl in Deckung gehen konnten, die schweren die Partisanen um Smolensk den geordneten Infanterie-Waffen aber nicht aus den Stellungen Nachschub gefährden, hebe ich die Anordnun- genommen werden durften. Dem Batl. sind gen von Pückler sofort auf und ordne die Über- durch Artillerie-, Granatwerfer- und dem Feuer siedlung meines Stabes und des Polizei-Rgts.

Polizeidirektion Schleswig-Holstein Süd PolizeibataillonDas Polizeibataillon 309 in Bialystock im307 Juni 1941 21

Das Polizeibataillon 309 (Köln) in Bialystock im Juni 1941

Das Polizeiausbildungsbataillon Köln gehörte wie das Polizeibataillon 307 zu schen I.R. 350 – S.R. 2 – zu durchkämmen. Hierzu wurden in 3 Unterab- den 1940 aufgestellten zusätzlichen Polizeieinheiten („Wachtmeister- schnitten die Kompanien des Btl. nach Beendigung der Säuberung des bataillon“). Im September 1940 wurde es in das Generalgouvernement Stadtvorgeländes eingesetzt. Das Stadtgebiet war teilweise von versprengten nach Radom verlegt und am 25. Mai 1941 der 221. Sicherungsdivision russischen Soldaten und Freischärlern besetzt, die von den Kompanie unterstellt. Nach dem Überfall auf die UdSSR am 22. Juni 1941 rückte das gefangen bezw. im Kampf überwältigt wurden. Besonders im ostwärtigen Bataillon als Teil der 221. Sicherungsdivision hinter den schnell vor- Stadtgebiet hatte die Kompanie bei Vorstoßen über die vorderste Sicherung stoßenden Angriffsverbänden in den 1939 von der Roten Armee besetzten der Wehrmacht Feindberührung. Es wurden z.T. im Feuergefecht etwa 200 Teil Ostpolens vor. Am Morgen des 27. Juni 1941 besetzten Einheiten der russische Soldaten, Freischärler und Juden erschossen. 50 russische unbe- 221. Sicherungsdivision die Stadt Bialystock, darunter auch das waffnete Soldaten, z.T. in Zivilkleidung wurden bei der Durchkämmung ein- Polizeibataillon 309. Nach dem Einmarsch erhielten Teile der 1. und 3. gebracht und der Gefangenensammelstelle zugeführt. Gegen 14.00 Uhr war Kompanie den Befehl, das jüdische Wohnviertel zu durchsuchen und die die Säuberung des gesamten Stadtgebietes durchgeführt und das Btl. sam- männlichen Bewohner an der Hauptsynagoge der Stadt zusammenzu- melte auf dem Pinywa-Platz vor dem polnischen Krankenhaus. treiben. Bereits während der Durchsuchung des Viertels wurden von den Der durch Pakbeschuß eingetretene Brand der Synagoge breitete sich in eingesetzten Schutzpolizisten zahlreiche jüdische Menschen – zum Teil südostwärtiger Richtung sehr weit aus und griff auf den Marktplatz und das ohne entsprechenden Befehl, vermutlich aus reiner Mordlust – ermordet, südliche Stadtgebiet über... darunter auch Kinder. Auf Befehl des Führers der 1. Kompanie, Haupt- 28. 6. 1941 mann der Schutzpolizei Hans Behrens (seit 1951 Lehrer für Strafrecht an ...Ein Kommando sorgte mit Hilfe von Panjefahrzeugen und Juden für die der Polizeischule Kiel und 1955 als Polizeirat pensioniert), mordeten Ange- Säuberung und Räumung der Straßen von rund 230 Leichen, die in Massen- hörige der Einheit zum Teil bereits während der Durchsuchung. Andere gräbern außerhalb des Stadtgebietes vergraben wurden... Polizeibeamte mordeten aus eigenem Antrieb, so zum Beispiel der gez. Weis Polizeibeamte Rondholz, der vier kriegsgefangene Soldaten willkürlich Major der Schutzpolizei und Btl.-Kommandeur.“ erschoss. Ein Versuch des Kommandeurs des Sicherungsregiments 2,Oberst Ronicke, die Ermordungen durch die Polizei zu verhindern, blieb Vom 7.10.1967 bis zum 12.3.1968 verhandelte das Landgericht Wuppertal - erfolglos. In den Nachmittagsstunden des 27. Juni wurden dann ca. 800 in einem der wenigen Verfahren in der Bundesrepublik gegen Angehörige jüdische Männer, die noch immer auf dem Platz vor der Synagoge eines Polizeibataillons - gegen ehemalige Angehörige des Polizeibataillons warteten, in das Innere der inzwischen von Polizeibeamten verwüsteten 309, darunter mehrere aktive Polizeibeamte (u.a. aus Nordrhein-Westfalen Synagoge getrieben, in die vorher Benzinfässer gebracht worden waren, und Hessen). Drei Angeklagte (Buchs, Schaffrath und Rondholz) wurden zu und die Türen verbarrikadiert. Angehörige des Bataillons umstellten das lebenslanger Haft verurteilt, sechs Angeklagte wegen Beihilfe zum Mord Gebäude und brachten vor dem Haupteingang ein schweres Maschinen- verurteilt, aber außer Verfolgung gesetzt. Drei weitere Angeklagte wurden gewehr in Stellung, das sie auf den Eingangsbereich richteten. Dann freigesprochen. Das Verfahren musste nach einer Entscheidung des BGH wurde die Synagoge in Brand gesteckt. Flüchtende jüdische Männer wur- von 1971 wiederholt werden. den sofort erschossen. Nachdem einige Häuser in der Nähe der In dem neuen Verfahren wurden Buchs (vier Jahre) und Schaffrath (sechs Synagoge ebenfalls brannten, begannen Angehörige des Bataillons mit Jahre) zu Bewährungsstrafen verurteilt, die als bereits verbüßt galten. Hin- Löschversuchern, konnten aber nicht verhindern, dass große Teil des tergrund war unter anderem die im Mai 1968 im „Einführungsgesetz zum jüdischen Stadtviertels zerstört wurden. Alle Menschen in der Synagoge Gesetz über die Ordnungswidrigkeiten“ versteckte Novellierung des § 50 verbrannten. Bis zum Mai 1942 blieb das Polizeibataillon 309 – vorwiegend Absatz 2 des StGB, nach der die Tatbeteiligung nur noch als Beihilfe zum mit „Sicherungsaufgaben“ im rückwärtigen Heeresgebiet – im Osteinsatz, Mord bewertet wurde, wenn keine „persönlichen Merkmale wie niedrige wurde dann zur „Auffrischung“ nach Köln zurückverlegt und nach einem Beweggründe nachweisbar waren. Nach dem Urteil hatten beide Täter nur als kurzen Aufenthalt in Luxemburg bis zum Kriegsende in Norwegen einge- „Gehilfen“ gehandelt. setzt. Das Verfahren gegen den Führer der 1. Kompanie, Polizeirat a.D. Heinz Beh- rens (letzte Dienststelle Polizeischule Kiel), wurde aus gesundheitlichen Aus dem Gefechtsbericht des Polizeibataillons 309: Gründen abgetrennt und nie durchgeführt. „27. 6. 1941 ...Gleichzeitig wurde mit dem Rgt.-Gef.Stand Verbindung aufgenommen, Quelle des Zitats: Bundesarchiv Freiburg. RH 26 – 221/14 wo das Btl. den Auftrag erhielt, das südl. Stadtgebiet bis zur Grenze zwi-

Polizeidirektion Schleswig-Holstein Süd PolizeibataillonDas Massaker von Brest-Litowsk 307 22

Das Massaker von Brest-Litowsk im Juli 1941

zeiverbände im Auftrag bzw. unter Führung von Wehrmachtsverbänden – und umgekehrt agierten. Gerade in den rückwärtigen Heeresgebieten der Heeresgruppen wurden sehr häufig gemeinsame Aktionen durchgeführt, zum Teil in der Verantwortung der HSSPF, sehr häufig aber auch unter Führung und Verantwortung der Befehlshaber der rückwärtigen Heeresgebiete. In der Praxis bedeutete dies, dass sowohl Wehrmachts- verbände, wie Verbände der SS, des SD und der Polizei Massenmorde organisierten und durchführten. Fest steht auch, dass der Massenmord in Brest-Litowsk nahezu aus- Begrüßung von General Daluege Quelle: LAS schließlich von den Angehörigen des Polizeibataillons 307 verübt wurde. Zu diesem Zeitpunkt befand sich lediglich ein „Unterstützungstrupp“ des SD in Brest-Litowsk und keinesfalls – wie behauptet wurde – ein Einsatz- kommando der Einsatzgruppe Nebe (Einsatzgruppe C, ab 11.7. umbe- Anfang Juli 1941 besichtigte der Chef des Hauptamtes Ordnungspolizei, nannt in Einsatzgruppe B). General der Polizei Daluege, in Begleitung des Kommandeurs des Polizei- An den Morden waren das gesamte Polizeibataillon 307 beteiligt. Nach regiments Mitte, Oberst Montua, des Ia des Chefs der Ordnungspolizei, den heutigen Erkenntnissen kann weder ausgeschlossen werden, dass Oberst der Schutzpolizei Winkelmann, des Befehlshabers der Ordnungs- der Befehl direkt über den Befehlsweg Himmler – Daluege – von dem polizei im Generalgouvernement, Generalmajor der Schutzpolizei Riege, Bach-Zeleswki – Montua – Major Stahr oder über den Weg Befehlshaber des Höheren SS- und Polizeiführers beim Befehlshaber des Rück- des rückwärtigen Heeresgebietes (von Schenckendorff) – (Feldkomman- wärtigen Heeresgebietes Russland-Mitte, SS-Gruppenführer von dem dantur Brest-Litowsk) – von dem Bach-Zelewski – Montua – Major Stahr Bach-Zelewski zusammen mit anderen Offizieren das Polizeibataillon 307 gegeben wurde. in Brest-Litowsk. Nach der Besichtigung des Bataillons wandte er sich in Die Mordaktion vollzog sich in mehreren Abschnitten. Zunächst wurden einer Ansprache an die Angehörigen und ging dabei unter anderem die von Juden bewohnten Stadtteile und Straßen durch Polizeieinheiten darauf ein, dass dem Bataillon besonders schwere Einsätze bevorstün- abgesperrt, die „arbeitsfähigen“ jüdischen Männer (zwischen 16 und 60 den. Jahren) „herausgeholt“, zu einem Sammelplatz gebracht, dort bewacht, Am 8. Juli 1941 war es in Bialystok zu einem Treffen zwischen dem dann mit Lastkraftwagen zum Ort des Mordes gebracht und dort an den Reichsführer SS und Chef der Deutschen Polizei, Heinrich Himmler, dem von ihnen selbst ausgehobenen Gruben erschossen. General Max von Schenckendorff (Befehlshaber des rückwärtigen Heeres- Die Einsätze begannen an mehreren Tagen jeweils gegen 6 Uhr mit dem gebietes der Heeresgruppe Mitte), Daluge, von dem Bach-Zelewski und Wecken der einzelnen Kompanien. Beim Antreten erläuterte dann der je- Montua gekommen, bei dem offenbar auch Einzelheiten der Maß- weilige Kompaniechef den Einsatzbefehl, und die einzelnen Kompanien nahmen der nächsten Tage besprochen wurden. rückten in die Stadt aus. Mit der Absperrung der Wohnquartiere wurde Der genaue Zeitpunkt der Besichtigung (möglicherweise am 9. Juli 1941) in der Regel zwischen 7 und 8 Uhr begonnen. Die einzelnen Zügen und des folgenden Massakers lässt sich nicht mehr feststellen. Es begannen dann mit der Durchsuchung der Häuser, in der Regel durch- steht aber nach Zeugenaussagen fest, dass auch am Sonntag, 13. Juli suchten sie die ihnen zugewiesenen Straßen jeweils in Gruppenstärke 1941, noch Erschießungen durch das Polizeibataillon 307 stattfanden. Die (eine Gruppe linke, eine Gruppe rechte Straßenseite). Die Männer wurden Ermittlungsergebnisse der Staatsanwaltschaften gehen von einem Zeit- auf die Straße getrieben und dann in größeren Gruppen zu einem raum zwischen dem 6. Juli 1941 bis zum 13. Juli 1941 aus. Nach zahlrei- Sammelplatz gebracht (Gefängnis, bzw. Gefängnishof). Den jüdischen chen Zeugenaussagen begannen die Massenmorde am Tag nach dem Männern wurde „erklärt“, sie kämen zu einem Arbeitseinsatz. Gegen Besuch von Daluege. Mittag wurden sie dann mit Lastkraftwagen zu den jeweiligen Kom- Bis heute ist auch ungeklärt, wer den Befehl zur Ermordung gegeben panieunterkünften gebracht. Dort mussten sie ihre Wertsachen und ihr hat. Aufgrund der bisher vorliegenden und zugänglichen Quellen muss Gepäck abgegeben und wurden dann in Gruppen mit Lastkraftwagen festgestellt werden, dass es spätestens mit dem Beginn des Überfalls auf außerhalb der Stadt gebracht. die UdSSR zu einer sehr engen Zusammenarbeit von SS, SD, Polizei, In der Nähe einer früheren Festung (Zitadelle), ca. 15 bis 20 Minuten Wehrmacht und anderen Verbänden (Organisation Todt, Technische Not- Fahrzeit außerhalb der Stadt, befand sich der Tatort der Morde, um den hilfe, Kolonnen des NSKK usw.) kam, bei der zum Beispiel SS- und Poli- das Polizeibataillon zwei Sperrkreise gezogen hatte.

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Aus dem Abschlußbericht der Zentralen Stelle in Ludwigsburg:

„...Die Exekutionsstellen lagen südlich der Stadt Brest-Litowsk außerhalb lung nehmen mussten und dass auf jeden Juden von zwei Schützen ge- der Befestigungswerke in einer dünenähnlichen Landschaft. Die Fahrzeit schossen wurde, wobei der eine auf den Kopf und der andere auf das von der Stadtmitte dorthin betrug ca. 15 Minuten. Die Hügel waren mit Herz zielte. Die Bataillonsangehörigen, die bei diesen Judenaktionen mit- niedrigen Nadelsträuchern bewachsen. Der Boden selbst war schwerer gewirkt hatten, bekamen am Abend eine Sonderzuteilung aus Erdbeeren Sandboden. Das waren etwa 12 Gruben ausgehoben, die folgende Aus- mit Sahne... maße hatten: 10 m Länge, 2,5 m Breite und 3 – 4 m Tiefe. Eine solche Die Angaben der Beteiligten, die mitgeschossen haben, über die Zahl der Grube konnte etwa 600 Leichen aufnehmen. Die Erde war an beiden bei diesen Aktionen insgesamt Erschossenen schwanken zwischen 6 000 Stirnseiten der Gruben aufgeworfen. Chlorkalk und andere Desinfektions- bis 10 000. Ein Anhaltspunkt für die Gesamtzahl ergibt sich daraus, dass für mittel standen nicht bereit. Die Juden wurden teils mit Lkw’s angefahren die Exekutionen mindestens 10 – 12 Gruben ausgehoben worden waren, teils marschierten sie in einer großen Kolonne aus der Stadt an, die dann von denen jeweils einzelne mindestens 600 Leichen fasste. Die ca. 300 m von den Gruben entfernt angehalten wurde. Die Juden mussten Erschießungen nahmen mindestens volle drei Tage in Anspruch. Der ihr Gepäck abgeben, bzw. auf einen Platz zusammenstellen. Dann wurden Nachrichtendienst des Senders Moskau gab damals an, dass bei diesen sie in Gruppen von ca. 50 Mann an die Gruben herangeführt, an denen sie Aktionen 5 000 Menschen ermordet worden sein sollen. In der Ereignis- sich zu beiden Längsseiten mit dem Bauch zur Erde so niederlegen meldung vom 24.7.1941 werden 4 435 Personen als liquidiert angege- mussten, dass ihr Kopf frei über den Grubenrand ragt. Der jeweilige ben... Schütze, hinter jedem Juden immer einer, stand an dessen Fußende mit J., der dem Erschießungskommando angehörte, gibt an, dass bei den Gewehr 98 und aufgepflanztem Seitengewehr. Die Schüsse wurden in der Erschießungen, an denen er teilgenommen hat, auch etwa 10 – 12 Frauen Weise abgegeben, dass die Spitze des Seitengewehrs im Nacken des erschossen worden seien. Diese Frauen seien nicht festgenommen wor- Juden leicht angesetzt und dann bei einem Neigungswinkel des Gewehrs den, sondern wären freiwillig ihren Männer gefolgt und hätten sich auch von ca. 45 Grad geschossen wurde. Durch Ein- und Ausschuss wurde oft nicht von ihnen getrennt, als ihre Männer sich zum Erschießen vor der die Schädeldecke mit abgerissen. In verschiedenen Fällen, in denen der Grube aufstellen mussten. Die Frauen hätten sich neben ihre Männer Neigungswinkel des Gewehres zu groß war oder der zu Erschießende im gestellt und seien genauso erschossen worden. An seiner Grube seien Moment der Abgabe des Schusses zu hoch hielt, waren vier Frauen dabei gewesen. Kinder habe er nicht gesehen. Bei den Grup- Halsdurchschüsse die Folge. In diesen Fällen wurden von den Offizieren pen, bei denen die Ehefrauen bei ihren Männern blieben, sei es auch oder Zugführern Fangschüsse mit Pistolen abgegeben. Die Schützen vorgekommen, dass sich die Ehepaare kurz vor der Erschießung umarmt mussten dann die Leichen selbst durch Hochheben eines Beines in die hätten. Sie wurden von dem, der die Erschießung jeweils leitete, zurück- Grube werfen. Diese Erschießungen dauerten pausenlos am ersten Tage gewiesen und hätten dieser Aufforderung dann auch ohne weiteres Folge bis zu frühen Nachmittag. Am Beginn der Erschießungen kamen an die geleistet. Die Frauen hätten dann ihre Männer an der Hand gehalten und Grubenlängsseite jeweils ziemlich gleichzeitig 10 – 12 Personen zur seien zusammen mit ihnen gestorben. Der Angehörige eines Er- Exekution. Späterhin konnte diese Gleichmäßigkeit nicht mehr eingehal- schießungskommandos M. bestätigt ebenfalls, dass sich vereinzelt auch ten werden... Frauen unter den Opfern befunden hätten. Er könne sich sogar an eine Die Juden kamen bekleidet zur Grube...Nach anderen Schilderungen von Frau mit einem Kind erinnern, die freiwillig ihrem Manne in den Tod gefol- Kompanieangehörigen mussten die Juden vor den Exekutionen selbst gt sei. H. erklärte ins seiner Aussage, dass die nicht getroffenen Juden in die Gruben ausschaufeln..Andere Bataillonsangehörige, die auch zu den der Grube Fangschüsse erhielten und dass sich dabei grauenhafte Erschießungskommandos gehörten, bekunden, die Erschiessungen hät- Szenen abgespielt hätten...“. ten in der Weise stattgefunden, dass die Juden am Grabenrand Aufstel-

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Aus den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Lübeck: lige Soldaten zu erkennen gewesen. Am nächsten Morgen habe die Kompanie von dem Bataillon den Befehl erhalten, ein Exekutions-kom- „...In diesem abgesperrten Gelände war am Vormittag von etwa 60 an- mando zu stellen. Hauptmann Grube habe deswegen nach Freiwilligen deren jüdischen Männern eine Grube in einer Länge von 15 bis 20 m, einer gefragt. Es hätten sich so viele Leute gemeldet, dass es nicht erforder- Breite von 2 m und einer Tiefe von 1 m ausgehoben worden. Nach lich gewesen sei, welche zu bestimmen. Beendigung dieser Arbeit waren die etwa 60 Juden nacheinander von Mit der halben Kompanie – also etwa 50 bis 60 Mann – sei er zusammen einem Erschießungskommando, das aus etwa 15 Mann bestanden hatte, mit Hauptmann Grube zum Exekutionsplatz gefahren, der einige erschossen worden. Die Juden hatten sich dazu mit dem Blick zur Grube Kilometer von Brest-Litowsk entfernt in Richtung zum Bug gelegen und mit dem Rücken zum Erschießungskommando am Grubenrand auf- habe. Es habe sich um ein flaches Gelände gehandelt, in dem sich – wie stellen müssen. Manche Juden wurden dabei nicht tödlich getroffen und er glaube – ein ehemaliger Panzergraben befunden habe. Dort habe hatten sich einfach in die Grube fallen lassen. Diese waren dann anschlies- er zunächst mit seinen Leuten das Gelände in einem Umkreis von ca. 1 send von einzelnen Angehörigen des Erschießungskommandos er- 000 m abgesperrt. Die Posten seien in Sichtweite aufgestellt worden. schossen worden. Nach der Bildung der Absperrung sei der erste Lkw mit den An diese Grube wurden die herangefahrenen Juden nacheinander in Delinquenten gekommen. Diese seien unter Bewachung durch die Gruppen zu je 10 Mann über einen Sandwall durch eine Postenkette übrigen Kompanieangehörigen im rollenden Einsatz vom Gefängnis geführt und mussten sich mit dem Blick zur Grube am Grubenrand auf- herangebracht worden. Es hätte sich um Juden und andere Häftlinge stellen. Hier wurden sie von einem Exekutionskommando, das aus 20 gehandelt. Unter ihnen sei auch ein russischer Oberst gewesen. Etwa 6 Mann bestand, von denen aber nur jeweils zehn schossen, auf den Feu- bis 8 Delinquenten seien jeweils sehr schnell zu dem Graben geführt erbefehl eines Zugführers aus einer Entfernung von 5 bis 10 m getötet. Die worden. Dort hätten sie sich bekleidet mit dem Rücken zur Grube an der Juden, die nicht in die Grube fielen, wurden von einigen besonders dazu Längsseite aufstellen müssen. Ihre Erschießung sei aus einer Ent- kommandierten Kompanieangehörigen in die Grube geworfen. Die Juden, fernung von 5 m auf ein einheitliches Kommando durch ein Exekutions- die nicht sofort tot waren, erhielten Fangschüsse... Die Exekution dauerte kommando von 6 bis 8 Mann erfolgt. Bei der Erteilung dieses Komman- bis zum Einbruch der Dunkelheit... dos habe er (Angeschuldigter N.) sich mit Hauptmann Grube und den anderen Unterführern abgelöst... Der Einsatz habe bis zum Nachmittag gedauert und sei mit der Abliefer- Die Erschießungsaktion habe von um 9 Uhr bis zum späten Nachmittag ung der Männer im Gefängnis für sie erledigt gewesen. Es könne sich um gedauert. Es seien nur Männer erschossen worden. Nach seiner 2 000 bis 3 000 Männer gehandelt haben. Bei dem Einsatz habe es sich Schätzung habe es sich um ca.1 500 Personen gehandelt. Während der um keine ausgesprochene Judenaktion gehandelt, sondern um eine Maß- Erschießung seien zeitweilig auch der Bataillonskommandeur, Major nahme, die in Zukunft die Ermordung von deutschen Soldaten verhindern Stahr, und der Arzt Dr. Sprenger anwesend gewesen; der Arzt habe sollte. Unter den Festgenommenen hätten sich daher Juden, Polen, prüfen müssen, ob die Getroffenen auch tot gewesen seien, sofern Russen und auch untergetauchte russische Soldaten befunden, die Zivil Fangschüsse erforderlich gewesen seien, seien diese von dem Arzt getragen hätten. An ihren kahlgeschorenen Köpfen seien sie als ehema- oder den Schützen mit Karabinern abgegeben worden...

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Major Stahr Quelle: LAS

Dort mussten sie sich am Grubenrand mit dem Rücken zur Grube auf- stellen. Von einem aus 20 Kompanieangehörigen bestehenden Exekut- ionskommando wurden sie sodann aus einer Entfernung von 10 m er- schossen. Zwei Kompanieangehörige schossen dabei auf einen Juden, und zwar wurde auf den Kopf und das Herz gezielt. Nach 15 Minuten wurde das Exekutionskommando gegen ein anderes ausgetauscht. Nach Gefahren wurde mit 13 Fahrzeugen der Kompanie, auf denen sich jeweils Beendigung der Erschießungen wurden auf die Leichen Strauchwerk und zwei bis drei Mann als Begleitkommando befanden. Jeder Wagen musste Sand geworfen...Der Einsatz der 3. Kompanie erstreckte sich nach dem von etwa 30 Juden bestiegen werden, die teilweise durch Schläge mit Ergebnis der Ermittlungen nicht nur über einen, sondern auch über zwei, Knüppeln und Gewehrkolben auf die Fahrzeuge getrieben wurden...Zu der wenn nicht gar über drei Tage...Die Fahrt endete in einem Gelände außer- Grube waren die Juden im Laufschritt getrieben, wobei wiederholt von den halb der Stadt, in dem drei Gruben ausgehoben worden waren, die jeweils Absperrmannschaften auf sie eingeschlagen wurde, um sie zur Eile etwa 20 m lang und 5 m breit waren. In diesen Gruben lagen bei der anzutreiben...Während H. angibt, das Exekutionskommando habe in zwei Ankunft des Exekutionskommandos bereits zahlreiche Leichen, die mit Gliedern gestanden und jeweils auf 12 Juden geschossen, die sich vor der Sand bedeckt waren. Das Exekutionskommando bestand aus 12 Mann, Grube hätten aufstellen müssen, gibt M. an, 10 bis 12 Juden hätten sich die sich in zwei Reihen aufstellten und jeweils auf 12 Juden schossen. gleichzeitig mit dem Bauch zur Erde so hinlegen müssen, dass ihre Köpfe Während der Erschießungen ging der Angeschuldigte S. hin und her und über den Grubenrand hinausgeragt hätten. Hinter jedem Juden habe ein führte die Oberaufsicht ...An diesem zweiten Tag wurden etwa 600 Juden Schütze mit aufgepflanztem Seitengewehr gestanden, der die Spitze des erschossen... .“ Seitengewehrs im Nacken des Delinquenten leicht aufgesetzt und dann den Schuss abgegeben habe. Die Schützen hätten die Leichen selbst Ereignismeldung Nr. 32 vom 24.7.1941, Seite 4/5: durch Hochheben eines Beines in die Grube werfen müssen. Auf diese Weise seien etwa 1 500 Juden erschossen worden...Nach der Beendigung Einsatzgruppe B Standort Orscha meldet: der Exekutionen wurden die Angehörigen der 2. Kompanie geschlossen in 1. Polizeiliche Tätigkeit... die Kompanieunterkunft zurückgefahren. Die Aktion dauerte für diese Kompanie zwei bis drei Tage... In Brest-Litowsk hat die Ordnungspolizei mit Unter- stützung des dortigen Einsatztrupps 4 435 Personen liqui- Die Exekutionsstätte bestand aus zwei bis drei Gruben, von denen jede diert. Es befanden sich darunter 400 Groß- und Grube 30 m lang, 3 m tief und 2 m breit war. An jeweils eine Grube wurden Weißrussen. die Juden im Laufschritt in Gruppen von 10 Mann herangetrieben. Quellen: Bundesarchiv Ludwigsburg, Landesarchiv Schleswig-Holstein

Polizeidirektion Schleswig-Holstein Süd PolizeibataillonBeteiligung von Polizeieinheiten an der 307 „Endlösung der Judenfrage“ 26

Beteiligung von Polizeieinheiten an der „Endlösung der Judenfrage“

Quelle: Gilbert „Endlösung“

Tagebucheintragung von Joseph Goebbels vom 27. März 1942

„...Aus dem Generalgouvernement werden jetzt, bei Lublin beginnend, die Juden nach dem Osten abgeschoben. Es wird hier ein ziemlich barbarisches und nicht näher zu be- schreibendes Verfahren angewandt, und von den Juden selbst bleibt nicht mehr viel üb- rig. Im großen kann man wohl feststellen, dass 60% davon liquidiert werden müssen, während nur 40% bei der Arbeit eingesetzt werden können. Der ehemalige Gauleiter von Wien (Globocnik), der diese Aktion durchführt, tut das mit ziemlicher Umsicht und auch mit einem Verfahren, das nicht allzu auffällig wirkt...Die in den Städten des Generalgou- vernements frei werdenden Ghettos werden jetzt mit den aus dem Reich abgeschobe- Jüdische Frauen, Männer und Kinder vor ihrer Ermordung in Au- nen Juden gefüllt, und hier soll sich dann nach einer gewissen Zeit der Prozess erneu- schwitz-Birkenau Quelle: Schoenberner„Der gelbe Stern“ ern.“

Quelle: Reitlinger. Endlösung. S. 409 ff.

Bereits seit September 1939 waren Polizeieinheiten direkt und unmittelbar an den Unterdrückungsmaßnahmen gegen die polnische und jüdische Bevölkerung in Polen umfassend beteiligt. Dazu gehört unter anderem die den jüdischen Menschen umfassend durchgeführt. Diese Maßnahmen Vertreibung („Umsiedlung“) aus den an das Deutsche Reich ange- wurden unter dem Namen „Aktion Reinhard“ zusammengefasst. Der mit schlossenen Gebieten Posen-Westpreußen (Warthegau) und Danzig in der Durchführung beauftragte SS-Brigadeführer Odilo Globocnik (SS- das Landesinnere (Generalgouvernement). Hunderttausende von Men- und Polizeiführer im Distrikt Lublin) nannte als Aufgaben dieser Aktion in schen wurden unter brutaler Gewaltanwendung aus ihren Wohnungen einem Schreiben an den Reichsführer SS und Chef der Deutschen Polizei und Häusern vertrieben. In den so geräumten Gebieten wurden dann Heinrich Himmler vom 5.1.1944: „Volksdeutsche“ aus Osteuropa angesiedelt. Insbesondere im ländlichen „Die gesamte Aktion Reinhard zerfällt in 4 Gebiete A) die Aussiedlung Raum kam es dabei – wie Untersuchungen über Hamburger Polizeiein- selbst, B) die Verwertung der Arbeitskraft, C) die Sachverwertung, D) die heiten zeigen – auch zu zahlreichen Morden an der polnischen und jü- Einbringung verborgener Werte und Immobilien.“ dischen Bevölkerung. Die deutsche Justiz hat die Beteiligung später le- Die Massenmorde wurden in den Vernichtungslagern Belzec (seit März diglich als „Freiheitsberaubung“ eingestuft. Neu zugänglich gewordene 1942), Chelmno (Kulmhof, seit Ende 1941), Sobibor (seit April 1942), und Quellen zeigen zum Beispiel für das Hamburger Reserve-Polizeibataillon Treblinka (seit Oktober 1941) und in den Konzentrations- und Vernich- 101 die Beteiligung an der Vertreibung von 36 972 Personen 1940 aus tungslagern Auschwitz-Birkenau (seit Oktober 1941) und Majdanek (seit dem Warthegau. Dabei wurden täglich ca. 350 polnische Bauernfamilien Anfang 1942), zum Teil aber auch direkt in den Wohnorten der Menschen „evakuiert“. Als besonders hervorragendes Ergebnis verwies das Bataillon verübt. An den Transporten in die Vernichtungslager („Aussiedlung“) und auf die Deportation von 900 Familien aus dem Kreis Wielun an einem Tag. den Massenmorden waren neben SS, SD und „Hilfswilligen“, auch Ein- Zu den Aufgaben der Polizeibataillone gehörte auch die Vollstrekkung von heiten der Ordnungspolizei (Schutzpolizei und Gendarmerie) beteiligt. Todesurteilen der Standgerichte von Wehrmacht, Polizei und SS. Die Aktionen wurden in der Regel von der örtlichen Polizei und dem „jü- Als direkte Folge des Befehls von Reichsmarschall Hermann Göring – dem dischen Ordnungsdienst“ unterstützt. designierten Nachfolger Hitlers – an den Leiter des Reichssicher- Der Umfang des Einsatzes von Polizeieinheiten ist noch immer nicht gen- heitshauptamtes und des SD, Reinhard Heydrich, vom 31.7.1941 und au festzulegen. So ging beispielsweise Wilhelm von der Beteiligung von gestützt auf die Erfahrungen der in den besetzten Gebie- 15 von insgesamt 101 Polizeibataillonen aus, während Goldhagen bereits ten der UdSSR, in denen die Massenvernichtung der jüdischen Bevölker- die Beteiligung von 26 Polizeibataillonen (und weiteren vier anderen ung unmittelbar nach dem deutschen Überfall am 22. Juni 1941 begonnen Polizeiverbänden) feststellt. Tatsächlich dürfte die Zahl der Polizeieinheiten hatte, wurde seit März 1942 die „Endlösung der Judenfrage“, die aber noch größer gewesen sein, weil zum Beispiel die Morde an der jüdis- Ermordung der in die besetzten Ostgebiete deportierten, bzw. dort leben- chen Bevölkerung im Rahmen von „Bandenkampfaktionen“ bisher kaum berücksichtigt wurden.

Polizeidirektion Schleswig-Holstein Süd PolizeibataillonDeportationen aus Tarnow 307 27

Aus der Sitzung der Regierung des Generalgouvernements am 16. Dezember 1941 in Krakau Hier: Ansprache des Generalgouverneurs Dr. „...Mit den Juden – das will ich Ihnen auch ganz offen sagen – muss so oder so Schluss gemacht werden. Der Führer sprach einmal das Wort aus: wenn es der vereinigten Judenschaft wieder gelingen wird, einen Weltkrieg zu entfesseln, dann werden die Blutopfer nicht nur von den in den Krieg gehetzten Völkern gebracht werden, sondern dann wird der Jude in Deportationen aus Tarnow Europa sein Ende gefunden haben...Mitleid wollen wir grundsätzlich nur mit dem deutschen Volke haben, sonst mit niemandem auf der Welt. Die am 11. Juni, 15. Juni und 18. Juni 1942 anderen haben auch kein Mitleid mit uns gehabt. Ich muss auch als alter Nationalsozialist sagen: wenn die Judensippschaft in Europa den Krieg überleben würde, wir aber unser bestes Blut für die Erhaltung Europas An den Deportationen aus Tarnow (ca. 90 km östlich von Krakau, 1939 geopfert hätten, dann würde dieser Krieg doch nur einen Teilerfolg darstellen. Ich werde daher den Juden gegenüber grundsätzlich nur von ca. 65 000 Einwohner, 1942 ca. 40 000 jüdische Einwohner) waren ne- der Erwartung ausgehen, dass sie verschwinden. Sie müssen weg. Ich ben der örtlichen Dienststelle der Sicherheitspolizei, die örtliche deut- habe Verhandlungen zu dem Zwecke angeknüpft, sie nach dem Osten abzuschieben. Im Januar findet über diese Frage eine große Besprechung sche und polnische Polizei, Teile des Polizeibataillons 307 (3. Kompanie), in Berlin statt, zu der ich Herrn Staatssekretär Dr. Bühler entsenden werde. eine Einheit der Waffen-SS (in Bataillons- oder Kompaniestärke) vom SS- Diese Besprechung soll im Reichssicherheitshauptamt bei SS- Obergruppenführer Heydrich gehalten werden. Jedenfalls wird eine große Truppenübungsplatz Debica und der jüdische Ordnungsdienst beteiligt. jüdische Wanderung einsetzen. Die jüdischen Menschen wurden aufgrund von Listen, die der auf Aber was soll mit den Juden geschehen? Glauben Sie, man wird sie im Ostland in Siedlungsdörfern unterbringen? Man hat uns in Berlin gesagt: Befehl der Sicherheitspolizei erstellen musste, durch Sicherheitspolizei, weshalb macht man diese Scherereien; wir können im Ostland oder im Ordnungsdienst und Waffen-SS aus ihren Wohnungen geholt und auf dem Reichskommissariat auch nichts mit ihnen anfangen, liquidiert sie selber! Meine Herren, ich muss Sie bitten, sich gegen alle Mitleidserwägungen zu zentralgelegenen Ringplatz in der Nähe des Ghettos zusammengetrieben. wappnen. Wir müssen die Juden vernichten, wo immer wir sie treffen und Die erste Deportation am 11. Juni 1942 war nach Ansicht der wo es irgend möglich ist, um das Gesamtgefüge des Reiches hier aufrecht zu erhalten. Das wird selbstverständlich mit Methoden geschehen, die Verantwortlichen nicht umfassend genug, so dass am 15. und 18. Juni anders sind als diejenigen, von denen Amtschef Dr. Hummel gesprochen erneut Deportationen durchgeführt wurden. hat...Das Generalgouvernement muss genau so judenfrei werden, wie es das Reich ist...“. Die Angehörigen des Polizeibataillons 307 waren – vermutlich unter Lei- tung von Oberleutnant Traut, Hauptmann Salzinger konnte seine Tatbe- Quelle: Internationaler Militärgerichtshof. Nürnberger Prozess. Dokument 2233-PS teiligung nicht nachgewiesen werden – an der Absperrung des Ghettos, mit hoher Wahrscheinlichkeit auch an der Zusammentreibung, der Be- wachung auf dem Sammelplatz und beim Transport zum Bahnhof einge- setzt. Die jüdischen Menschen wurden dabei von den Angehörigen der Sicher-

Jagd auf jüdische Menschen in Lemberg Quelle: Schoenberner„Der gelbe Stern“ heitspolizei, der Waffen-SS und der Polizei immer wieder misshandelt. Ältere und gebrechliche Menschen wurden dabei häufig bereits in den Häusern ermordet. An dem zentralen Sammelplatz wurden dann umfan- greiche Durchsuchungen nach Geld und Wertgegenständen durchge- führt, dabei mussten sich die Menschen ausziehen und wurden ständig misshandelt. Jüngere und gesunde Menschen waren zunächst noch für Arbeitseinsätze vorgesehen und wurden nicht zum Abtransport in das Vernichtungslager Belzec geschickt. Am 11. Juni 1941 wurde eine „örtliche Aussiedlung“ durchgeführt, wie bei fast allen Deportationen, dies bedeutete, dass ältere und gebrechliche jüdische Menschen, Frauen und kleine Kinder, direkt „an Ort und Stelle“ ermordet wurden. Sie wurden mit Lastkraftwagen der Waffen-SS in einen in der Nähe der Stadt Tarnow gelegenen Wald gefahren, mussten sich dort entkleiden und wurden dann ermordet. Nach Zeugenaussagen sollen dabei auch Angehörige des Polizeibataillons 307 beteiligt gewesen sein. Die Justiz ist später allerdings von einer ausschließlichen Beteiligung der Sicherheitspolizei und der Waffen-SS an den Morden ausgegangen. An den beiden anderen Tagen der Deportation wurden die Morde auf dem jüdischen Friedhof in Tarnow verübt, auf dem ein großes Massengrab vor- bereitet worden war. Am ersten Tag der Deportation sollen – so die deutsche Justiz – 8 000 Menschen von Tarnow nach Belzec geschickt wor- den sein.

Polizeidirektion Schleswig-Holstein Süd PolizeibataillonDeportationen aus Tarnow 307 28

Quelle: Gilbert „Endlösung“

Die Zahl der von Sicherheitspolizei und Waffen-SS ermordeten Menschen beobachtet. Während dieser Zeit seien dauernd Juden zum Marktplatz wurde auf 4 000 geschätzt. Nach allen vorliegenden Erfahrungen sind gebracht worden. Andere seien gleichzeitig aufgerufen und mit Lkw’s dieser Zahlen sicher zu niedrig. Die Zahl der Opfer lag mit hoher abtransportiert worden. Wahrscheinlichkeit deutlich höher. Der Marktplatz sei von Angehörigen des Polizeibataillons 307 bewacht Die Deportationen erfolgten auf Befehl des SS- und Polizeiführers Krakau, worden. Später habe er in der Kaserne von Kameraden erfahren, dass die SS-Oberführer Scherner, und wurden von ihm, bzw. von seinem Juden mit den Lkw’s vom Marktplatz zum Bahnhof transportiert worden Stabsführer, SS-Hauptsturmführer Fellenz, überwacht. seien. Dort seien sie in Güterwagen verladen und in ein Waldlager, das in der Nähe von Lublin gewesen sei, geschafft worden. Jeder Transport sei Aus Zeugenaussagen: von einer Gruppe unter Leitung eines Gruppenführers begleitet worden. „...Im Juni 1942 habe er mit seiner Kompanie an einer Judenaktion in Von einem ihm namentlich nicht mehr bekannten Gruppenführer habe er Tarnow teilnehmen müssen. Zunächst seien die Juden in der Stadt zu- auch eine Schilderung über das Waldlager erhalten...Die Juden seien von sammengetrieben worden. Wer dies gemacht habe, könne er nicht mehr den Wachmannschaften des Lagers ‚ziemlich ruppig angefasst’ wor- sagen. Dann seien die Juden, und zwar Männer, Frauen und Kinder jeg- den...“. lichen Alters, auf einem großen Platz, der teilweise von Gebäuden umge- Auch der Zusammentreibung aus den Dörfern in der Umgebung Tarnows ben gewesen sei, gesammelt worden. Er...habe zusammen mit allen an- waren Angehörige des Polizeibataillons 307 beteiligt: deren Angehörigen der Kompanie die lagernden Juden bewachen müs- „...An einem Morgen sei die Kompanie mit Lkw’s von Tarnow aus zu einer sen. Da es an diesem Tage sehr heiß gewesen sei, hätten die Juden kleinen Ortschaft gefahren, um dort bestimmte Strassen nach Juden zu wiederholt den Wunsch geäußert, Wasser zu holen. Dies sei aber aus- durchsuchen. Die Juden seien aus ihren Häusern herausgeholt und auf drücklich verboten gewesen...Die Juden seien später zum Bahnhof ge- den Marktplatz gebracht worden. Dort seien sie von anderen Kompa- bracht und dort...in einzelne Viehwaggons verladen worden... Beim Ver- nieangehörigen bewacht worden. Bei der Aktion, die etwa eine Stunde laden seien die Juden auch geschlagen worden... gedauert habe, seien schätzungsweise 500 Juden zusammengetrieben Die Judenaussiedlung, an der er selbst nicht beteiligt gewesen sei, habe worden...Die Durchführung der Aktion habe maßgeblich in den Händen er zum Teil selbst beobachtet...Eines Tages, an dem er wachfrei gehabt des SD gelegen. Später, als die Kompanie wieder abgezogen worden sei, habe, habe er einen Spaziergang durch die Stadt gemacht. Dabei habe er habe er von einem Fahrzeug aus vereinzelt beobachten können, dass auf dem Marktplatz in Tarnow, der die Größe eines Fußballplatzes gehabt Juden, die während des Marsches zum Bahnhof nicht mitgekommen habe und von Häusern umrahmt gewesen sei, mehrere tausend jüdische seien, von Angehörigen des SD durch Genickschüsse getötet worden Männer, Frauen und Kinder in kniender Stellung lagern sehen. Die Juden seien...“. hätten den Kopf gesenkt nach unten halten müssen. Die Polizei habe den Auftrag gehabt, mit dem Karabiner auf den Kopf eines jeden Juden zu Quelle: Landesarchiv Schleswig-Holstein. Abt. 352, Lübeck und Abt. 354, Kiel. schlagen, der seinen Kopf hochnahm. Dies habe er etwa eine Stunde lang

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Deportationen aus Rzeszów (Reichshof) vom 7. Juli bis 15. Juli 1942

Auf dem Bahntransport nach Reichshof Quelle: LAS

An den Deportationen aus Rzeszów (Reichshof) in das Vernichtungslager Verladen die nötigen Absperrungen vorzunehmen und die Transportzüge Belzec waren neben der Sicherheitspolizei, die örtliche polnische Polizei, in das Vernichtungslager Belzec zu begleiten... Gendarmerie, Teile des Polizeibataillons 307 (Stab, 1. und 3. Kompanie) Wie bereits erwähnt, wurden auf dem Sammelplatz aus der Masse der unter Führung von Major Binz und eine Waffen-SS-Einheit vom SS-Trup- zusammengeholten Juden die alten und nicht gehfähigen ausgesondert. penübungsplatz Debica in Bataillons- oder Kompaniestärke beteiligt. Zu diesem Zweck mussten die Juden an einer durch Sträucher gebildeten Seit ihrer Ankunft in Reichshof (April/Mai 1942) hatten Angehörige des Engstelle am Rande des Platzes an Leuten der Sicherheitspolizei vor- Polizeibataillons, im wesentlichen der 1. Kompanie, auch das Ghetto be- beigehen. In der Nähe dieser Stelle war bereits ein Lkw bereitgestellt, auf wacht, in dem zeitweise bis zu 30 000 (nach anderen Angaben 35 000) dem die Abgesonderten verladen wurden. Dabei kam es laufend zu Menschen lebten. Die Zahl der deportierten jüdischen Menschen wird von Misshandlungen durch die anwesenden SS-Männer. Die so abgesonder- Zeugen auf bis zu 20 000 allein in dem obengenannten Zeitraum ten Juden wurden mit dem Lkw an eine im Glogower Wald vorbereitete geschätzt. In der Anklageschrift gegen Angehörige der Außenstelle des Grube gefahren. Dort mussten sich die Juden nackt ausziehen oder KdS in Reichshof ist von einer Zahl von mindestens 20 000 Menschen im wurden von Angehörigen des polnischen Baudienstes ausgezogen, an- Ghetto und 15 000 Deportationen nach Belzec ausgegangen worden. Im schließend wurden sie von diesen Baudienstleuten an die vorbereitete Glogower Wald sollen nach diesen Feststellung etwa 300 jüdische Men- Grube geführt oder geschleift. Sie mussten in die Grube hineingehen und schen ermordet worden sein. Mehrere hundert wurden am ersten Tag der wurden sodann von einem Erschießungskommando, das am Rande der Deportationen auf dem Weg zum Bahnhof ermordet, als Bewachungs- Grube stand, durch Erschießen getötet. Die Gesamtzahl der so getöteten mannschaften (angeblich ausschließlich SS und SD) in die Kolonne Juden wird mit ca. 300 angegeben...“. schossen, um das Marschtempo zu erhöhen. Aus dem Abschlußbericht der Zentralen Stelle in Ludwigsburg: Aus den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Lübeck: „...Im Getto durchsuchten die Angehörigen der 1. Kompanie die Häuser „...An der Aussiedlung, die in den Tagen vom 7. bis 15. Juli 1942 durch- nach versteckten Juden. Die aufgefundenen Juden wurden in größeren geführt wurde, waren Angehörige der 1. und 3. Kompanie des ehemaligen Trupps zum Sammelplatz gebracht. Bei dem Wegschaffen der Juden und Polizeibataillons 307 beteiligt. Soweit sie nicht in Reichshof stationiert der Durchsuchung der Häuser herrschte ein ‚etwas ruppiger Ton’. Die waren – nur die 1. Kompanie war in einer Schule am Stadtrand von ‚Aussiedlung’ erfasste alle jüdischen Personen, Männer, Frauen und Kin- Reichshof und der Stab in der Nähe des ‚Deutschen Hauses’ unterge- der, die in dem betreffenden Viertel wohnten. An dem Sammelplatz mussten bracht -, wurden sie vor Beginn der Aussiedlungsaktion nach Reichshof sich die Juden völlig nackt ausziehen, wobei die Männer von den Frauen verlegt. Während der Aussiedlung wurden sie zu verschiedenen Aufgaben oder Kindern nicht getrennt wurden. Die durchsuchten Juden wurden in herangezogen. Vorwiegend waren sie dazu eingesetzt, die Juden aus Fünferreihen aufgestellt und anschließend mit viel Geschrei und Lärm wie dem Getto herauszuholen, sie zum Sammelplatz zu bringen, dort beim Vieh zum Güterbahnhof Staroniva getrieben...

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terwagen seien etwa 60 bis 80 Juden verladen worden. Die Waggons seien fest verschlossen worden. Er, L., habe mit dem wenigen Begleitpersonale den Auftrag gehabt, darauf zu achten, dass der Zug nicht auf freier Strecke stehenblieb. Fluchtversuche sollten in jedem Fall verhindert werden. Der Zug sei auf Nebenstrecken in Richtung Przemysl gefahren. Die Fahrt habe 1 bis 1,5 Stunden gedauert. Dann habe der Zug in einer Entfernung von

Die „Kreisburg“ in Reichshof Quelle: LAS etwa 500 Metern vor einem Bahnhof gehalten. Dort seien sie von zwei bis drei SS-Männern in barschem Ton aufgefordert worden, den Zug zu ver- lassen. Die SS-Leute hätten daraufhin die Lokomotive bestiegen und den Zug Richtung Bahnhof weiterfahren lassen. Dort habe dieser gehalten und sei nach rechts in ein Waldgelände geschoben worden. Nach einer Stunde sei der Zug zurückgekommen, sie hätten ihn wieder bestiegen und seien auf derselben Strecke in Richtung Reichshof zurückgefahren...“.

Zeugenaussage über die Morde im Glogower Wald, aus dem Ermit- tlungen gegen den Leiter der Außendienststelle des KdS Krakau in Reichshof, SS-Hauptsturmführer Mack:

„...Bei einer der Aussiedlungsaktionen, und zwar bei der größten, sah ich, dass eine größere Anzahl alter und kranker Juden erschossen wurde. Im einzelnen trug sich dieser Vorgang wie folgt zu: Ich fuhr zusammen mit

In Reichshof Quelle: LAS dem Kreishauptmann oder mit dem Hauptmann der Schutzpolizei zu der Exekutionsstelle. In Reichshof hatte mir der Kreishauptmann gesagt: ‚Kommen Sie mit, das müssen Sie sich als Parteigenosse ansehen.’...Nach vor Glogow oder Stobierna bogen wir rechts in einen Wald ab. Nach einer Strecke von einigen Minuten Fahrt kamen wir an den Exekutionsplatz...Die Exekutionen hatten offenbar schon vor längerer Zeit be- Als sich der Zug zum Bahnhof in Bewegung setzte, wurde die Absperrung gonnen. An einem Hügel befand sich eine Grube... Bei meinem Eintreffen aufgehoben und die Züge der Kompanie gingen neben der Kolonne mit. befanden sich in der Grube schon mehr als eine Schicht Leichen. Die Ju- Etwa alle 10 m sei ein Angehöriger der 1. Kompanie gegangen. Das den, die erschossen wurden, mussten selbst in die Grube gehen...Die Juden, Bahnhofsgelände sei etwa 1 – 2 km von dem Sammelplatz der Juden ent- die die Grube betraten, konnten nicht gehen, weil sich unter ihren Füßen fernt gewesen. Auf diesem Bahngelände habe ein Güterzug bereit ges- viele Leichen befanden und sie deshalb einsanken. Als ich an den tanden. Die Verladung der Juden sei von der Sicherheitspolizei unter Exekutionsplatz kam, sah ich, dass Sonderdienstangehörige gerade eine Mitwirkung der 1. Kompanie durchgeführt worden...“. alte Frau, die offenbar nicht laufen konnte, zu der Grube schleiften. Außerdem führten sie ein junges blindes Mädchen in die Grube. Das Exekutions- Die Transporte nach Belzec wurden teilweise von Angehörigen des Poli- kommando war mit Gewehren ausgerüstet. Ob es sich bei dem Exekutions- zeibataillons 307 begleitet. kommando um Angehörige des Sonderdienstes, der Schutzpolizei, der „...Das Bahnhofsgelände habe sich etwa 1 bis 2 km von dem Sammelplatz Gendarmerie oder auch der Gestapo gehandelt hat, vermag ich im Au- entfernt befunden. Dort sei bei ihrer Ankunft schon ein Güterzug ber- genblick nicht sicher zu sagen. Sicher weiß ich nur, dass ich den Chef der eitgestellt gewesen, der aus etwa 15 bis 20 Waggons und einem Per- Gestapo Mack gesehen habe...Bei den Exekutionen war offenbar jemand sonenwagen bestanden habe. Auf dem Bahngelände seien die Juden eingeteilt, der Nachschüsse abzugeben hatte. Ich sah nämlich, dass ein durch die Sicherheitspolizei unter Mitwirkung der Kompanieangehörigen kleines Kind, das von seiner Mutter getragen worden war, nachträglich von in einzelne Gruppen eingeteilt worden. Er, L., sei mit seinem Zug nicht einem Aufsichtsführenden erschossen wurde, und zwar mit einer Pistole. daran beteiligt gewesen, weil er mit weiteren sechs Angehörigen dazu Welche Uniform dieser Aufsichtsführende trug, weiß ich nicht mehr...“. eingeteilt gewesen sei, den Güterzug zu begleiten. Sie hätten sich daher schon zu dem bereitstehenden Personenwagen begeben. In jedem Gü- Nach Zeugenaussagen waren Angehörige des Polizeibataillons auch

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Angehörige der Waffen-SS gehandelt habe. An der Grube sei auch ein Major in einem weißen Uniformrock gewesen, den irgendjemand zuge- rufen habe: ‚Herr Major!’ Von einem in der Nähe stehenden Posten habe er erfahren, dass dies Major Binz (+) gewesen sei. Auch er habe mitge- schossen. Er sei noch zu ihm hingegangen und habe gefragt, wie er (Binz) denn so etwas machen könne...“.

Aus den Schilderungen der Angehörigen des Polizeibataillons 307 bei den späteren Ermittlungen und Vernehmungen gewinnt man den Ein- Auf der Fahrt nach Reichshof Quelle: LAS druck, es habe sich bei den Deportationen um überwiegend ruhige Aktionen gehandelt, bei denen die Gewaltanwendung nahezu aus- schließlich von der SS und dem SD ausgegangen sei. Dieses Bild ent- spricht nicht der grauenvollen Realität der tatsächlichen Abläufe sol- an Ermordungen in Reichshof unmittelbar beteiligt. cher Aktionen in der Anklageschrift gegen die Angehörigen der Außenstelle des KdS wird diese – wenn auch nur ansatzweise – deutlich: „...Ein oder zwei Tage nach der Bewachung der Juden auf dem Sammel- platz sei die Kompanie (3. Kompanie) gegen 4.00 Uhr morgens geweckt „..An einem der Aussiedlungstage zwischen dem 7. und 15.7.1942 durch- und mit Lkw’s in die Stadt gefahren worden. Dort hätten schon auf Lkw’s suchte der Angehörige der Gestapo Heimann eine besonders hübsche, verladene Juden gewartet. Zusammen mit diesen seien sie etwa eine halbe ca. 21 Jahre alte Jüdin namens Wiesenfeld. In einem Hausausgang liess Stunde bis zu einem Wäldchen gefahren. Die Juden seien dort zunächst er das Mädchen sich entkleiden und fand dabei Geld und Schmuckstücke. auf den Lkw’s geblieben, sie dagegen hätten absitzen und eine äußere Daraufhin begab er sich zu Mack, der vor dem Hause stand und berichtete Absperrung um das Wäldchen bilden müssen. Die Einteilung für die Ab- ihm. Während er noch damit beschäftigt war, trat die Jüdin nackt aus dem sperrung habe der Kompaniechef vorgenommen. In dem Wäldchen ha- Hausgang und spuckte Heimann ins Gesicht. Daraufhin zog der be sich eine bereits ausgehobene Grube, die etwa 100 m lang gewesen Angeschuldigte Mack seine Pistole und streckte das Mädchen nieder... sei, befunden. Erst jetzt sei ihnen klargeworden, dass die auf den Lkw’s Als beim Marsch am 7. Juli 1942 vom Sammelplatz im Ghetto zum Ver- befindlichen Juden erschossen werden sollten. Nach Bildung der Absper- ladebahnhof Staroniwa viele Juden dem schnellen Marschtempo nicht zu rung seien einige Kompanieangehörige, die später die Erschießungen folgen vermochten, wurde von den Begleitmannschaften, zu denen auch hätten vornehmen müssen, von dem Kompaniechef ausgesucht worden. Angehörige der Sicherheitspolizei zählten, in die Marschkolonne geschos- Zu dieser Gruppe hätte er auch gehört. Sodann hätten die Juden abstei- sen. Mindestens 360 Juden wurden dabei getötet... gen müssen. Er habe nun erkannt, dass es sich bei diesen um etwa 50 Auf Initiative des Kreishauptmanns Dr. Ehaus wurde im August 1942 in alte und gebrechliche Menschen beiderlei Geschlechtes gehandelt habe. Rzeszów eine weitere Judenaussiedlung...durchgeführt... Als die Gruppe Es könne auch sein, dass Kinder darunter gewesen seien. Die Juden hätten der Frauen am Sammelplatz aufgestellt war, wählte der Angeschuldigte sich ausziehen müssen und seien in Gruppen von 20 bis 25 an die Gru- Mack acht schwangere Frauen aus. Den Frauen wurde befohlen, sich auf be herangeführt worden. Die anschließende Erschießung sei nach einem den Boden zu legen. Dann erschoss der Angeschuldigte Mack die Jüdin- Feuerbefehl erfolgt...“. nen zusammen mit anderen Dienststellenangehörigen. Als verschiedene jüdische Mütter baten, ihre Kinder vom Transport freizu- Der Bataillonskommandeur, Major Binz, soll an den Morden direkt stellen, ordnete der Angeschuldigte Mack die Erschießung dieser Kinder... mitgewirkt haben. an. Am Bahnhof Staroniwa wurden daraufhin acht Kinder durch den Dienststellenangehörigen Heimann getötet... „...Er sei gegen 15.00 Uhr mit seinem Dienst-Pkw in den Glogower Wald Eine weitere Aussiedlung von Juden aus dem Ghetto in Rzeszow leitete gefahren, um nachzusehen, was dort geschehe. Die Stelle, wohin er habe der Angeschuldigte Mack am 15.11.1942...Zusammen mit anderen Dienst- fahren müssen, habe er gekannt, weil er beim Ausheben der Grube dort stellenangehörigen nahm der Angeschuldigte Schuster bei dieser Aktion gewesen sei. Bei seiner Ankunft sei die Grube mit Toten bereits fast völlig einen jüdischen Säugling, warf in mehrfach in die Höhe und schoss mit gefüllt gewesen. An jedem Längsrand der Grube hätten je 4 Männer mit einer Pistole danach, bis das Kind getötet war...“. Maschinenpistolen gestanden. Angehörige der Gendarmerie seien es nicht gewesen. Er könne es nicht ausschließen, dass es sich um Quelle: Landesarchiv Schleswig-Holstein, Bundesarchiv Ludwigsburg

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Deportationen aus Przemysl am 27. Juli, 31. Juli und 3. August 1942

gestellt hatte. In einer Besprechung am 4. Juli 1942 hatten sich die Orts- kommandantur und das Grenzpolizeikommissariat (Außenstelle der Si- cherheitspolizei) darauf verständigt, dass die Inhaber dieser Ausweise bei zukünftigen Aktionen nicht „ausgesiedelt“ werden sollten. Als der Orts- kommandant der Wehrmacht, Major Liedtke, am 26. Juli von dieser Maßnahme erfuhr, beschwerte er sich umgehend bei dem Militärbefehls- haber im Generalgouvernement mit dem Hinweis, dass ihm zahlreiche „Arbeitsjuden“ entzogen werden sollten. Daneben ließ er gegen 10 Uhr am Quelle: Dabrowa-Kostka „Hitlerowskie“ 26. Juli 1942 die Brücke über die San durch bewaffnete Soldaten sperren, um die „Aussiedlung“ zu verhindern, bzw. zunächst zu stoppen. Liedtke schickte seinen Adjutanten, den Oberleutnant der Reserve Dr. Battel, zum Leiter des Grenzpolizeikommissariats. Nach der Einschaltung des SSPF im Distrikt Krakau, SS-Oberführer Scherner, wurde durch diesen dann Im Ghetto von Przemysl lebten 1942 ca. 20 000 Menschen. Mitte Juli 1942 angeordnet, dass die jüdischen Menschen mit Arbeitsausweisen der wurde es umzäunt und bewacht. Das Ghetto durfte ohne Genehmigung – Wehrmacht nicht ausgesiedelt werden sollten. Daraufhin beendete ca. bei Androhung der Todesstrafe – nicht verlassen werden. Es wurde durch gegen 13.45 Uhr Major Liedtke die Sperrung der Brücke. In der den „Judenrat“ verwaltet, für Sicherungsaufgaben im Ghetto war der Zwischenzeit hatte Scherner Fellenz beauftragt, sofort nach Przemysl zu „jüdische Ordnungsdienst“ verantwortlich. Wie bei den vorangegangenen fahren. Am Nachmittag des 26. Juli 1942 kam es zu einem weiteren Vor- – in der Ausstellung beschriebenen - Deportationen war auch in Przemysl fall, als Oberleutnant Dr. Battel, begleitet von einem Zug Wehrmacht, sich SS-Hauptsturmführer Fellenz mit der Durchführung und Organisation den Zugang in das Ghetto erzwang und etwa 80 bis 100 „Arbeitsjuden“ beauftragt. Er führte am 22. Juli 1942 mit den zu beteiligenden aus dem Ghetto holte und in die Ortskommandantur brachte. Nach sei- Dienststellen (u.a. Kreishauptmannschaft, Stadtkommissar, Ordnungs- nem Eintreffen verhandelte Fellenz mit Major Liedtke und sage diesem zu, polizei, Sicherheitspolizei, Arbeitsamt) eine Einsatzbesprechung durch. die Interessen der Wehrmacht zu berücksichtigen. Dabei verwies er vor allem auf den Befehl des HSSPF Ost, SS- Die „Aussiedlung“ begann am Morgen des 27. Juli 1942, aus dem Urteil Obergruppenführer und General der Polizei Krüger, nach dem die Alters- gegen Fellenz: grenze für „Arbeitsjuden“ auf 16 bis 35 Jahre festgelegt wurde. Nach den „...Alle jüdischen Männer, Frauen und Kinder, die nicht im Besitze einer Anweisungen von Fellenz sollten auch die älteren „Arbeitsjuden“ durch gültigen Arbeitskarte, insbesondere einer roten Wehrmachtsarbeitskarte, jüngere ersetzt werden, Ausnahmen waren nur bei besonderen Spezia- waren, wurden aus dem umstellten Ghetto geholt und auf einem Platz, der listen möglich. Przemysl hatte aufgrund seiner Lage (an der ehemals k.u.k. an dem Ghetto lag, getrieben. Ihnen war aufgegeben worden, Lebens- Ostbahn) und der dort vorhandenen Versorgungseinrichtungen eine mittel für drei Tage, notwendige Bekleidung sowie Geld und Wertsachen besondere Bedeutung für die Wehrmacht, vor allem für den südlichen Teil mitzunehmen. Die nichttransportfähigen Juden wurden der sogenannten der Ostfront. An der Besprechung nahm unter anderem auch der ‚örtlichen Aussiedlung’ zugeführt. Sie wurden am Sammelplatz, auf acht Hauptmann der Schutzpolizei Schweder (Führer der 2. Kompanie des Lastkraftwagen, von denen zwei von der Kreishauptmannschaft gestellt Polizeibataillons 307) teil. und weitere sechs von Zivilfirmen gechartert waren, verladen und zu der Ab dem 25. Juli 1942 wurde das Ghetto durch deutsche und polnische innerhalb des Festungsgürtels gelegenen Erschießungsstätte gefahren. Polizei umstellt und völlig abgesperrt. Dabei wurde auch die 2. Kompanie Dort mussten sie sich entkleiden, sodann in eine ausgehobene Grube des Polizeibataillons 307 eingesetzt. Die Bevölkerung der Stadt wurde steigen, wo sie von den Angehörigen einer in Przemysl stationierten durch Plakate darüber informiert, dass am 27. Juli 1942 eine „Judenaus- Polizeieinheit erschossen worden sind. Wieviel Juden auf diese Weise siedlung“ beginnt und dass es bei Todesstrafe verboten sei, „Juden in ir- umgebracht worden sind, konnte genau nicht mehr festgestellt werden. Es gendeiner Form zu unterstützen.“ sind aber mehrere Hundert gewesen. Die transportfähigen Juden wurden Am Abend des 25. Juli 1942 wurde dann der Judenrat aufgefordert, an- zum Bahnhof, der am Sammelplatz am Ghetto lag, gebracht, dort in hand von Listen die Arbeitsausweise zahlreicher jüdischer Menschen Güterwagen gepfercht und nach Belzec gefahren, wo sie unverzüglich ver- einzuziehen, darunter auch die Arbeitsausweise, die die Wehrmacht aus- gast wurden.“

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Deportationen aus Neu-Sandez (Nowy Sacz) am 23., 25. und 27. Au- gust 1942

Nach den Ermittlungen der deutschen Justiz war das Polizeibataillon 307, das offenbar um den 18. August 1942 von Reichshof über Lublin und Minsk nach Glebokie verlegt wurde, an den Deportationen aus Neu-Sandez (Neusandez, Nowy Sacz) am 23., 25. und 27. August 1942, bei denen etwa 15 000 jüdische Menschen nach Belzec gebracht und dort durch Gas ermordet wurden, nicht beteiligt. Goldhagen (S. 323) der in seiner Auf- stellung über die bei der „Endlösung“ eingesetzten Polizeibataillon diese Tat dem Poli- zeibataillon 307 zuschreibt, ohne allerdings die Deportationen aus Reichshof und Prze- mysl aufzuführen, hat sich in dem Punkt der Beteiligung offensichtlich geirrt.

Quelle: Bundesarchiv Ludwigsburg. Landesarchiv Schleswig-Holstein. Abt. 354, Lübeck.

nischen Einheiten bewacht worden...“. Nach den vorliegenden Zeugenaussagen, waren Angehörige aller drei Kompanien und des Stabes unter Führung von Major Binz an der Zusam- mentreibung und an den Deportationen beteiligt. Unklar ist die Beteiligung von Angehörigen des Polizeibataillons an der „örtlichen Aussiedlung“, das heißt an der Ermordung der nicht transport- fähigen jüdischen Menschen: „...Als die Juden – etwa 40 bis 50 Kranke, Frauen und Männer – aus dem Quelle: Rückerl, „NS-Vernichtungslager“ Getto angekommen seien, hätten sie die Lkw’s verlassen und sich nackt ausziehen müssen. Es sei eine Grube vorhanden gewesen, die etwa 20 m lang, 4 m breit und 5 m tief gewesen sei, in der bereits mehrere Schichten von Leichen gelegen hätten. An einer Längsseite dieser Grube habe sich Nach Angaben von Fellenz in seinem Bericht vom 27. Juli 1942 wurden bei ein gleichmässig abfallender Gang bis zu Sohle befunden. Die Opfer hät- der ersten Deportation 3 850 jüdische Menschen nach Belzec geschickt: ten auf diesem Gang in die Grube gehen müssen und seien dann von „...Die Aktion verlief planmäßig und ruhig. Einige Juden, die versuchten zu einem auf der gegenüberliegenden Seite stehenden Exekutionskom- flüchten oder Widerstand zu leisten, wurden erschossen. Die Zusam- mando erschossen worden, das aus Angehörigen einer in Przemysl sta- menarbeit mit den beteiligten Dienstsellen, insbesondere mit dem Herrn tionierten Polizeieinheit bestanden habe...“. In Przemysl war zum Zeit- Kreishauptmann, Stadtkommissar und Sicherheitspolizei war besonders punkt der Massenmorde als größere geschlossene Polizeieinheit nur die gut. In Erkennung der richtigen Lage wurde überall bestimmt und hart 2. Kompanie des Polizeibataillons 307 stationiert. zugefasst. Die Betreuung der eingesetzten Kräfte, durch den Herrn Kreis- Über Oberleutnant (kurz danach Hauptmann) Dr. Albert Battel und seine hauptmann und Stadtkommissar ist besonders hervorzuheben. Die ein- politische Einstellung und sein Verhalten wurden aufgrund der Berichte gesetzten Kräfte der Ordnungspolizei unter Führung des Herrn Major der von Fellenz umfassende Erkundigungen durch den Stab des Reichsführ- Schutzpolizei B i n z versahen ihren Dienst vorbildlich....Der nächste ers SS und Chef der Deutschen Polizei, Heinrich Himmler, auf dessen aus- Transport wird am Mittwoch, den 29. Juli 1942 durchgeführt...“. drücklichen Wunsch eingeholt, so unter anderem bei der Staatspoli- Weitere Deportationen in das Vernichtungslager Belzec fanden am 31. Juli zeistelle in Breslau, dem Wohnort von Dr. Battel. und 3. August statt. Ungeachtet der Motive der Offiziere der Wehrmacht – im Vordergrund Angehörige des Polizeibataillons 307 waren auch in Przemysl an den stand dabei sicherlich auch die Erhaltung der Funktionstüchtigkeit ihrer Transporten nach Belzec direkt beteiligt: Einrichtungen und Einheiten – so bleibt doch festzustellen, dass aufgrund „...auf dem Juden unter Aufsicht von Hauptmann Schweder (+) in etwa 10 ihres Eingreifens eine Reihe jüdischer Menschen – wenn auch nur für eine bis 15 Zugwaggons verladen worden seien. Anschliessend habe er mit kurze Zeit – nicht deportiert wurde. zehn weiteren Kameraden in einem Personenwagen den Judentransport Der Vorfall in Przemysl wird auch in der neuen Ausgabe der sog. nach Belzec begleiten müssen. Bei der Ankunft in Belzec sei ihnen ein „Wehrmachtsausstellung“ umfassend dokumentiert. eigentümlicher Geruch aufgefallen. Dieser sei ihm unheimlich gewesen und habe ihnen Anlass zu den verschiedensten Vermutungen gegeben. Fellenz (der in Schleswig lebte und unter anderem als Leiter von drei Chö- Sie hätten sogar erörtert, ob die Juden wohl verbrannt würden. Nähere ren und Kreischorleiter tätig war) wurde wegen seiner Beteiligung an den Feststellungen hätten sie jedoch nicht treffen können, da der Per- Deportationen aus dem Distrikt Krakau 1966 vom Schwurgericht bei dem sonenwagen von dem übrigen Zug abgehängt worden sei. Der Juden- Landgericht Kiel wegen Beihilfe zum Mord in vier Fällen zu einer transport sei durch ein Mauertor in ein Lager gefahren, von dem man nur Zuchthausstrafe von sieben Jahren verurteilt. einen hohen Schornstein habe erkennen können. Das Lager sei von ukrai- Quelle: Landgericht Schleswig. Abt. 352. Kiel. Bundesarchiv Berlin.

Polizeidirektion Schleswig-Holstein Süd PolizeibataillonDas Vernichtungslager in Belzec 307 34

Bericht des SS-Obersturmführers Kurt Gerstein vom 4.5.1945

Quelle: Rückerl (Hg.). NS-Vernichtungslager. S. 62 ff. und Internationaler Militärgerichtshof. Nürnberger Prozess. Dokument PS-1533

„...Am darauffolgenden Tag fuhren wir nach Belzec. Ein kleiner besonder- er Bahnhof mit 2 Bahnsteigen schmiegt sich unmittelbar an eine gelben Sandhügel nördlich der Straße und der Eisenbahnlinie Lublin-Lemberg an. Im Süden, neben der Landstraße einige Häuser mit der Aufschrift ‚Dienststelle Belzec der Waffen-SS’... An diesem Tag waren keine Toten zu sehen, aber über der ganzen Gegend sowie über der Landstraße lag der Pestgeruch. Neben dem kleinen Bahnhof stand eine große Baracke mit SS-Oberscharführer Gley und SS-Obersturmführer Hering Quelle: Klee/Dreßen/Rieß (Hg.) „Judenmord“ der Aufschrift ‚Garderobe’ und einem Schalter für ‚Wertsachen’. Dann ein Raum mit 100 Stühlen, ‚Friseur’, dann ein Gang von 150 m Länge im Freien, Stacheldraht zu beiden Seiten und Schilder mit der Aufschrift ‚Zu uns vorbei. In der Ecke steht ein stämmiger SS-Mann, der mit lauter pas- den Bädern und Inhalationsräumen’. Vor uns ein Gebäude, das wie ein toraler Stimme den Unglücklichen zuruft: Euch wird nicht das geringste Bad aussah, rechts und links große Betongefäße mit Geranien und ande- geschehen! Ihr müsst nur schnell atmen, diese Inhalation stärkt die ren Blumen. Nachdem wir eine kleine Treppe hinaufgestiegen waren, sahen Lungen, sie ist gut gegen ansteckende Krankheiten und ein gutes wir rechts und links je 3 Räume, die wie Garagen aussahen, 4 x 5 m groß, Desinfektionsmittel! Als er gefragt wird, was ihr Schicksal sein wird, 1,90 m hoch. Auf dem Rückgang, unsichtbar, Ausgänge aus Holz. Am erwidert er ihnen: Nun die Männer müssen arbeiten, Straßen anlegen Dach der Davidstern aus Kupfer. Vor dem Gebäude ein Schild „Heckenholt- und Häuser bauen, aber die Frauen sind nicht verpflichtet zu arbeiten. Stiftung“ (gemeint ist Hackenholt)... Nur wenn sie wollen, können sie im Haus und in der Küche helfen. Für Einige Minuten vor 7 Uhr am nächsten Morgen kündigte man mir an: In 10 einige dieser armen Menschen bedeutet dies noch einmal einen kleinen Minuten wird der erste Zug eintreffen! – Und tatsächlich kam nach ein paar Hoffnungsstrahl, der ausreicht, um sie ohne Widerstand in die Minuten der erste Zug aus Lemberg an. 45 Wagen mit insgesamt 6 700 Todeskammern eintreten zu lassen – aber die Mehrzahl von ihnen weiß Menschen, von denen 1 450 bereits bei der Ankunft tot waren. Hinter den alles, der Geruch zeigt ihnen ihr Schicksal an! – dann steigen sie die kleinen Luken mit Stacheldraht Kinder, gelb, voller Angst, Frauen, Männer. kleine Treppe hinauf – und sehen die Wahrheit! Mütter, stillende Mütter, die Der Zug läuft ein: 200 Ukrainer, die man zu diesem Dienst gezwungen hat, Säuglinge an der Brust, nackt, viele Kinder aller Altersstufen – nackt – sie reißen die Türen auf und treiben die Menschen mit Lederpeitschen aus zögern, doch dann treten sie in die Todeskammern ein, die meisten von den Wagen. Dann werden durch einen großen Lautsprecher Anweisungen ihnen, ohne einen Ton von sich zu geben, gestoßen von denen, die nach- gegeben: mitten im Freien, einige in der Baracke, müssen sich alle drängen und von den Peitschenhieben der SS-Leute angetrieben. Eine ausziehen und müssen auch Prothesen und Brillen ablegen: mit kleinen Jüdin von ungefähr 40 Jahren mit Augen, die wie Fackeln brennen, ruft Stücken Bindfaden, die ein kleiner vierjähriger Judenjunge verteilt, werden das Blut ihrer Kinder auf ihre Mörder herab. Hauptmann Wirth selber ver- die Schuhe zusammengebunden. Alle Wertsachen und alles Geld muss an setzt ihr fünf Peitschenhiebe ins Gesicht und daraufhin verschwindet auch dem Schalter für Wertsachen abgegeben werden, ohne Emp- sie in der Gaskammer. Viele beten, andere fragen: ‚Wer reicht uns das fangsquittung. Dann die Frauen und jungen Mädchen zum Friseur – sich Wasser für den Tod!’ Die SS-Leute pressen die Menschen in den mit ein – zwei Schnitten die Haare abschneiden lassen, die in großen Kar- Kammern zusammen. ‚Gut füllen’, hat Hauptmann Wirth befohlen. Die toffelsäcken verschwinden, ‚um daraus etwas für die U-Boote anzuferti- Menschen stehen auf den Füßen der anderen. 700-800 auf 25 Quadrat- gen, Dichtungen etc.’ sagt der SS-Unterscharführer vom Dienst zu mir. meter, und 45 Kubikmetern Raum. Die Türen schließen sich. Die rest- Dann beginnt der Marsch: rechts und links Stacheldraht und von hinten lichen Zuginsassen jedoch, nackt, warten noch draußen. Man sagt zu zwei Dutzend Ukrainer mit Gewehren. Angeführt von einem außergewöhnlich mir: Auch im Winter genau so. Ja, aber sie können sich ja den Tod holen, schönen jungen Mädchen kommen sie näher. Ich selber stehe mit sage ich. – Ja, grad for das sinn es ja doh! sagt mir ein SS-Mann darauf Polizeihauptmann Wirth vor den Todeskammern. Vollkommen unbekleidet in seinem Platt. – Jetzt endlich verstehe ich auch, warum die ganze ziehen Männer, Frauen, junge Mädchen, Kinder, Säuglinge, Einbeinige an Einrichtung Hackenholt-Stiftung heißt.

Polizeidirektion Schleswig-Holstein Süd PolizeibataillonDas Vernichtungslager in Belzec 307 35

Polizeihauptmann Wirth Quelle: Klee/Dreßen/Rieß (Hg.) „Judenmord“

Hackenholt ist der Führer des Dieselmotors, dessen Auspuffgase dazu und Goldkronen aus. Unter ihnen ist Hauptmann Wirth. Er ist in seinem bestimmt sind, die Unglücklichen zu töten! Jedoch es geht nicht! Haupt- Element. Er hält mir eine große Konservenbüchse hin, die mit Zähnen mann Wirth kommt. Man sieht, dass er Angst hat, denn ich sehe nun das angefüllt ist und sagt: Heben Sie mal, was für ein Gewicht das Gold hat! Unglück. Ja, ich sehe alles, und ich warte. Meine Stoppuhr hält alles fest: Das ist nur von gestern und vorgestern! – Und Sie glauben nicht, was wir 50 Minuten, 70 Minuten – der Dieselmotor läuft nicht. Die Menschen war- täglich finden: Dollars, Brillanten, Gold! – Aber überzeugen Sie sich selb- ten in ihren Gaskammern. Umsonst! Man hört sie weinen, schluchzen. st.’ Und er führt mich zu einem Juwelier, der für diese Wertsachen verant- ‚Wie in der Synagoge’, sagt SS-Sturmbannführer Prof. Dr. Pfannenstiel, wortlich war. Man zeigt mir noch einen der Direktoren des großen Professor für Gesundheitslehre an der Universität Marburg/Lahn, und er Kaufhauses des Westens in Berlin sowie einen kleinen Menschen, den man horcht mit dem Ohr an der Holztüre. Hauptmann Wirth ist wütend und ver- Geige spielen ließ; sie waren die Chefs der jüdischen Arbeitskommandos. setzt dem Ukrainer, der Hackenholt hilft, 11-, 12 Peitschenhiebe ins ‚Dieser hier ist Hauptmann der k. u. k. Österreichischen Armee, Träger des Gesicht. Nach zwei Stunden, 49 Minuten – die Stoppuhr hat alles genau deutschen EK I’, sagte Hauptsturmführer Oberhauser zu mir. Danach wur- registriert – läuft der Diesel an; bis zu diesem Augenblick leben die Men- den die Leichen in große Gruben von etwa 100 x 20 x 12 m Ausmaß gewor- schen in den 4 Kammern, die bereits gefüllt waren, sie leben, viermal 750 fen, die sich in der Nähe der Todeskammern befanden. – Einige Tage Menschen, in viermal 45 Kubikmetern Raum! – Wieder vergehen 25 Minu- später waren die Leichen durch das Gas, das sich in ihnen entwickelte, so ten. Es ist wahr, viele sind schon tot. Dies erkennt man, wenn man einen aufgebläht, dass sich das ganze um 2-3 Meter hob. Nach ein paar Tagen Blick durch das kleine Fenster wirft, durch das man beim Aufleuchten der hörten sie auf, sich zu blähen und fielen in sich zusammen. Am folgenden elektrischen Lampe für einen Augenblick das Innere der Kammern erken- Tage wurden die Gruben von neuen gefüllt und mit einer 10 cm dicken nen kann. Nach 28 Minuten sind es nur noch wenige, die noch leben. Schicht Sand bedeckt. Einige Zeit später - so hörte ich – hat man Roste Endlich, nach 32 Minuten ist alles tot! – Auf der Rückseite werden von den aus Eisenbahnschienen gemacht und die Leichen mit Hilfe von Dieselöl jüdischen Arbeitern die Holztüren geöffnet. Man hat ihnen – für diesen und Benzin verbrannt, um sie verschwinden zu lassen...“. entsetzlichen Dienst – die Freiheit und einige Prozente an dem Erlös aus den Wertgegenständen und dem gefundenen Gold versprochen. Die Toten stehen noch immer aufrecht, wie Säulen aus Basalt; sie konnten nicht „Das Lager besaß saubere sanitäre Einrichtungen“ umsinken, oder sich neigen, weil ihnen nicht der geringste Raum verblieben war. Selbst im Tod erkennt man noch die einzelnen Familien, Bericht von Prof. Wilhelm Pfannenstiel, Hygieniker der Waffen-SS über ei- die sich noch fest an den Händen halten. Man kann sie nur mit Mühe ne Vergasung in Belzec voneinander lösen, damit die Kammern für nächste ‚Ladung’ leer werden. Man wirft die Leichen hinaus, blau, nass von Schweiß und Urin, die Beine Aus: Klee, Dreeßen, Rieß (Hg.). „Schöne Zeiten“. S. 216 ff. voller Kot und Regelblut. Unter ihnen die Leichen von Säuglingen und kleinen Kindern. Aber man hat keine Zeit zu verlieren. Zwei Dutzend „…Dann wurde wieder eine Schicht Erde über die Leichen geworfen, und Arbeiter sind damit beschäftigt, die Münder der Toten nachzusehen, die sie dann wurden wieder Leichen in die gleiche Grube gelegt. Bei dieser Ver- mit Hilfe von eisernen Haken öffnen. ‚Gold links, rechts kein Gold’ – andere nichtung habe ich dann auch festgestellt, dass die ganze Angelegenheit sehen After und Genitalien nach Geld, Brillianten, Gold usw. nach. nicht hygienisch einwandfrei war.“ Dentisten brechen mit Hilfe von Hämmerchen die Goldzähne, Goldbrücken

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„Bandenkampf“ und Polizei

Mit dem Begriff „Bandenkampf“, d.h. Einsätzen gegen die Partisanen- und Widerstandsbewegungen in den besetzten Gebieten, wurden während und nach dem Zweiten Weltkrieg vielfältige Aktionen von Polizei, SS, SD, Wehrmacht, Hilfswilligen, örtlichen Polizeikräften und anderen Or- ganisationen (z.B. Organisation Todt) zusammengefasst und damit be- wusst ungenau bezeichnet. In vielen Fällen sind derartige Aktionen in den Personalakten damals aktiver Polizeibeamter vermerkt, was sich dahinter auch verbarg, wird zum Beispiel in den vorliegenden Einsatzberichten deutlich, wenn dort neben den getöteten Partisanen, deren „Helfershelfer“ (meist unschuldige Angehörige der Zivilbevölkerung) auch die „bei dieser Gelegenheit angetroffenen Juden“ aufgeführt wurden, die bei den „Bandenkampfaktionen“ ermordet wurden. In der polizeilichen Fach- literatur der Kriegs- und auch der Nachkriegszeit ist diese Tätigkeit der Rückkehr vom „Bandenkampf“ – Major Binz verteilt Blumen Quelle: LAS Polizei umfassend behandelt worden, fast ausschließlich unter polizei-tak- tischen Aspekten. Dass es sich dabei in zahllosen Fällen um gezielte Mordaktionen handelte, wird mit keinem Wort erwähnt. An „Bandenkamp- faktionen“ beteiligte Polizeibeamten mussten auch nach dem Ende des Krieges innerhalb der Polizei in der Regel nicht mit kritischen Nachfragen

Rückkehr vom „Bandenkampf“ – Major Binz verteilt Blumen Quelle: LAS über ihre Einsätze rechnen, im Gegenteil, in einigen Fällen stiegen Polizeibeamte mit entsprechender Einsatzerfahrung in höchste Führungs- ränge auf, galten sie doch als erfahrene Taktiker und Strategen für den Fall des Einsatzes der Polizei gegen bewaffnete Gruppen und mögliche Partisanenbewegungen. So ist es auch zu erklären, dass sich in den fün- fziger, sechziger und siebziger Jahren eine Reihe von ehemaligen Ge- neralstabsoffizieren der Polizei und der Waffen-SS in leitenden Positionen der Polizei in der Bundesrepublik befanden. Im Zusammenhang mit der „Bandenbekämpfung“ ist festzustellen, dass von Beginn des Überfalls auf die UdSSR an, Wehrmacht, Polizei, SS, Si- cherheitspolizei und SD umfassend zusammenarbeiteten und gegenseitig unterstützten, auch bei Massenmorden. In den rückwärtigen Heeresgebieten, bei den Sicherungsdivisionen (aber auch bei anderen Einheiten) waren sehr häufig ältere Offiziere eingesetzt, die ihre militärische Prägung noch in der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg erhalten hatten und die von Anfang an – auch aus Angst vor einer neuen „Franktrieur-Bewegung“ wie im Deutsch-Französischen Krieg 1870/1871 – auf brutale Unterdrückung setzten, dazu zählte zum Beispiel auch der anti- semitisch eingestellte Generalmajor Gustav Freiherr von Mauchenheim (genannt von Bechtoldsheim) und die von ihm 1941-1943 geführte 707. In- fanteriedivision.

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Abschrift

„Der Chef des Oberkommandos der Wehrmacht F.H.Qu., 16.9.1941 WFSt/Abt. L (IV/Qu) Nr. 0020l60/41 g.Kdos.

Geheime Kommandosache

40. Ausfertigungen 25. Ausfertigung.

Betr.: Kommunistische Aufstandbewegung in den besetzten Gebieten

1.) Seit Beginn des Feldzuges gegen Sowjetrussland sind in den von Deutschland besetzten Gebieten allenthalben kommunistische Auf- Angehörige des Polizeibataillons 307 Quelle: LAS standsbewegungen ausgebrochen. Die Formen des Vorgehens stei- gern sich von propagandistischen Massnahmen und Anschlägen ge- gen einzelnen Wehrmachtsangehörige bis zum offenen Aufruhr und verbreitetem Bandenkrieg. Es ist festzustellen, dass es ich hierbei um eine von Moskau einheitlich geleitete Massenbewegung handelt, der auch die geringfügig erschei- nenden Einzelvorfälle in bisher sonst ruhigen Gebieten zur Last zu le- verzüglich die schärfsten Mittel anzuwenden, um die Autorität der Be- gen sind. satzungsmacht durchzusetzen und einem weiteren Umsichgreifen vor- Angesichts der vielfachen politischen und wirtschaftlichen Spannungen zubeugen. Dabei ist zu bedenken, dass ein Menschenleben in den in den besetzten Gebieten muss ausserdem damit gerechnet werden, betroffenen Ländern vielfach nichts gilt und eine abschreckende Wir- dass nationalistische und andere Kreise diese Gelegenheit ausnutzen, kung nur durch ungewöhnliche Härte erreicht werden kann. Als Sühne um durch Anschluss an den kommunistischen Aufruhr Schwierigkeiten für ein deutsches Soldatenleben muss in diesen Fällen im allgemeinen für die deutsche Besatzungsmacht hevorzurufen. die Todesstrafe für 50-100 Kommunisten als angemessen gelten. Die Auf diese Weise entsteht in zunehmenden Masse eine Gefahr für die Art der Vollstreckung muss die abschreckende Wirkung noch erhöhen. deutsche Kriegsführung, die sich zunächst in einer allgemeinen Un- c) Das umgekehrte Verfahren, zunächst mit verhältnismässig milden Stra- sicherheit für die Besatzungstruppe zeigt und auch bereits zum Abzug fen vorzugehen und zur Abschreckung sich mit Androhung verschärf- von Kräften nach den hauptsächlichen Unruheherden geführt hat. ter Massnahmen zu begnügen, entspricht diesen Grundsätzen nicht und ist daher nicht anzuwenden... 2.) Die bisherigen Massnahmen, um dieser allgemeinen kommunistischen d) Soweit ausnahmsweise kriegsgerichtliche Verfahren in Verbindung mit Aufstandsbewegung zu begegnen, haben sich als unzureichend kommunistischen Aufruhr oder mit sonstigen Verstössen gegen die erwiesen. deutsche Besatzungsmacht anhängig gemacht werden sollten, sind Der Führer hat nunmehr angeordnet, dass überall mit den schärfsten die schärfsten Strafen geboten. Mitteln einzugreifen ist, um die Bewegung in kürzester Zeit niederzu- Ein wirkliches Mittel der Abschreckung kann hierbei nur die Todesstra- schlagen. fe sein. Insbesondere müssen Spionagehandlungen, Sabotageakte Nur auf diese Weise, die in der Geschichte der Machterweiterung gros- und Versuche, in eine fremde Wehrmacht einzutreten, grundsätzlich ser Völker immer mit Erfolg angewandt worden ist, kann die Ruhe wieder mit dem Tode bestraft werden. Auch bei Fällen des unerlaubten Waf- hergestellt werden. fenbesitzes ist im allgemeinen die Todesstrafe zu verhängen...

3.) Hierbei ist nach folgenden Richtlinien zu verfahren: Keitel“ a) bei jedem Vorfall der Auflehnung gegen die deutsche Besatzungs- macht, gleichgültig wie die Umstände im einzelnen liegen mögen, muss auf kommunistische Ursprünge geschlossen werden. Quelle: Internationaler Militärgerichtshof. Nürnberger Prozess. Dokument 389-PS b) Um die Umtriebe im Keime zu ersticken, sind beim ersten Anlass un-

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„Minsk, am 31. Juli 1942 Ich bin mit dem Kommandeur des SD in Weißruthenien darin völlig einig, Der Generalkommissar dass wir jeden Judentransport, der nicht von unseren vorgesetzten für Weißruthenien Dienststellen befohlen oder angekündigt ist, liquidieren, um weitere Beun- ruhigungen in Weißruthenien zu verhindern. Abtlg. Gauleiter/ G.-507/42 g – (Bei Beantwortung unbedingt anzugeben!) Der Generalkommissar für Weißruthenien Kube.“ Herrn Reichskommissar für das Ostland Gauleiter Hinrich L o h s e Quelle: Internationaler Militärgerichtshof. Nürnberger Prozess. Dokument 3428-PS

R i g a Geheim

Betr.: Partisanenbekämpfung und Judenaktionen im Generalbezirk Weißruthenien

Bei allen Zusammenstößen mit Partisanen in Weißruthenien hat es sich Aus der Rede Himmlers vor den SS-Gruppenführern am 4. Oktober herausgestellt, dass das Judentum sowohl im ehemals polnischen wie 1943 in Posen: auch im ehemals sowjetischen Teil des Generalbezirks zusammen mit der „...Der Bandenkrieg polnischen Widerstandsbewegung im Osten (richtig: Westen) und den Nun komme ich zu einer anderen Art des Krieges in Russland, über den Rotarmisten Moskaus im Osten Hauptträger der Partisanenbewegung ist. so furchtbar viel gesprochen wird. Wenn Sie nach dem Osten kommen, in Infolgedessen ist die Behandlung des Judentums in Weißruthenien ange- die hohen Stäbe, dann bekommen Sie im allgemeinen eine Karte im sichts der Gefährdung der gesamten Wirtschaft eine hervorragend politis- Maßstabe 1 : 1 000.000 vorgelegt. che Angelegenheit, die infolgedessen auch nicht nach wirtschaftlichen, In diese Karten vom Maßstabe 1 : 1 000.000 wird nun geflissentlich jede sondern nach politischen Geschichtspunkten gelöst werden müsste. In Mine, die an diesem Tage auf Eisenbahnschienen von vielen tausenden eingehenden Besprechungen mit dem SS-Brigadeführer Zenner und Kilometern gefunden wurde, mit einem Kringel eingetragen. Jeder Über- dem hervorragend tüchtigen Leiter des SD, SS-Obersturmbannführer Dr. fall, ob dies ein Überfall auf einen Munitionstransport ist oder ob es eine jur. Strauch, haben wir in Weißruthenien in den letzten 10 Wochen rund 55 landesüblicher Viehdiebstahl ist, wird mit einem Kreuz oder etwas ähn- 000 Juden liquidiert. Im Gebiet Minsk-Land ist das Judentum völlig aus- lichem eingetragen. Dann sehen Sie eine solche Karte nur rot. Man ist ver- gemerzt, ohne dass der Arbeitseinsatz dadurch gefährdet worden ist. In sucht zu sagen: ‚Aus! Ende! Da ist gar nichts zu machen’. – Übertragen überwiegend polnischen Gebiet Lida sind 16 000 Juden, in Slonim 8 Sie sich das auf eine Karte in normalem Maßstab und vergleichen Sie das 000 usw. liquidiert worden. Durch einen dorthin bereits von uns berich- nun mit den Kriminalfällen, die unser behütetes und heute noch mit Polizei teten Übergriff des Rückwärtigen Heeresgebietes sind die von uns ge- reichlich versorgtes deutsches Vaterland hat, dann sinkt das zu einer troffenen Vorbereitungen für die Liquidierung der Juden im Gebiet Glebo- unangenehmen Kleinigkeit zusammen. Es erzählt Ihnen aber, wenn Sie es kie gestört worden. Das Rückwärtige Heeresgebiet hat, ohne Fühlung hören wollen, jeder kleinste Angehörige eines Stabe, besonders in der mit mir zu nehmen, 10 000 Juden liquidiert, deren systematische Aus- Etappe: ‚Furchtbar, die Heeresgruppe Mitte ist durch einen Gürtel von 400 merzung von uns sowieso vorgesehen war. In Minsk-Stadt sind am 28. und Kilometern durch Partisanen von der Heimat abgeschnitten.’ 29. Juli rund 10 000 Juden liquidiert worden, davon 6 500 russische Juden Wenn Ihnen das jemand erzählt, dann reichen Sie dem Manne das Ta- – überwiegende Alte, Frauen und Kinder – der Rest bestand aus nichtein- schentuch, damit er seine Tränen trocken kann. Ich stelle nämlich sol- satzfähigen Juden, die überwiegend aus Wien, Brünn und Bremen und chen Leuten gegenüber immer die Frage: Berlin im November des v.J. nach Minsk auf den Befehl des Führers ‚Ist die Heeresgruppe Mitte bisher verhungert?’ Antwort: ‚Nein.’ – ‚Hat sie geschickt worden sind. keine Munition mehr bekommen?’ ‚Nein, sie hat alles bekommen.’ – Na- Auch das Gebiet Sluzk ist um mehrere tausend Juden erleichtert worden. türlich fallen die Züge aus, stundenlang, halbe Tage lang. Ist aber des- Das Gleiche gilt für Nowogrodek und Wilejka. Radikale Maßnahmen ste- halb etwa der Nachschub an Menschen ausgeblieben? Nein, die Heeres- hen noch für Baranowitischi und Hanzewitschi bevor. In Baranowitischi gruppe hat ihn bekommen...“. leben allein in der Stadt noch 10 000 Juden, von denen 9 000 Juden im nächsten Monatl iquidiert werden... Quelle: Internationaler Militärgerichtshof. Nürnberger Prozess. Dokument 1919-PS

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Unternehmen „Sumpffieber“ im August und September 1942

Gebiet: Im Zeitraum zwischen dem 21.8.1942 und dem 21.9.1942 durch- geführtes Unternehmen des HSSPF für das Ostland (SS-Obergruppen- führer Jeckeln) in verschiedenen Gebieten Weißrutheniens (u.a. um Le- pel, Borissow, Maliboki-Wald). Eingesetzte Kräfte: Eigene Kräfte des HSSPF: 1. SS-Infanteriebrigade, zunächst ohne das SS-Infanterieregiment 10. Kräfte der Ordnungspolizei: Polizei-Nachrichtenkompanie 33, Gruppe Binz: Polizeibataillon I/23 (= 307), litauisches Schutzmann- Bei einem „Bandenkampfunternehmen“ Quelle: LAS schaftsbataillon 3, lettisches Schutzmannschaftsbataillon 24 Gruppe Barkholt: Polizeibataillon I/24 (Polizeibataillon 83, Gleiwitz) letti- sche Schutzmannschaftsbataillone 18 und 26 dazu: lettisches Schutzmannschaftsbataillon 266, litauisches Schutz- mannschaftsbataillon 15, ukrainisches Schutzmannschaftsbataillon 115 (ab 28.9. „Gruppe Schröder“) , motorisierte Gendarmeriezüge 7, 11, 12, 13, 21, Nachrichtenkompanie 11. Kräfte der Sicherheitspolizei und des SD: Kräfte des Kommandeurs der Sicherheitspolizei und des SD Weißruthenien „Erfolge“: z.b.V.-Kommandos Posen, Krakau, Litzmannstadt, Sonderkommando SS- „a) 49 Bandenlager, Bunker und Stützpunkte sowie mehrere in den Hstuf Dr. Pechau, ein verstärkter Zug der Waffen-SS, eine Kompanie des Sumpfgebieten gelegene Ortschaften, die als Unterschlupf dienten, lettischen Sicherungskommandos, ein Dolmetscher-Zug, ein russischer ausgeräuchert und zerstört. Erkundungstrupp. b) 389 bewaffnete Banditen im Kampf erschossen, 1 274 Verdächtige Durchgeführte Aktionen: abgeurteilt und erschossen. 8 350 Juden exekutiert. Sumpffieber-Nord Treuenfeld 1 (25.8.-26.9.1942) c) 1 217 Personen evakuiert Sumpffieber-Nord Binz (26.8.-27.8.[vermutlich: 27.9.] d) 3 Panzerabwehrgeschütze, 2 schwere Maschinengewehre, 3 leichte Sumpffieber-Nord Treuenfeld 2 (29.9.-30.8. [vermutlich falsche Maschinengewehre, 1 Funkgerät (Sender und Empfänger), mehrere Angabe]1942) Radiogeräte, Gewehre und sonstige Handfeuerwaffen, größere Men- Sumpffieber-Nord Barkholt (26.8.-31.8.1942) gen Sprengstoff und Munition, Handgranaten, T-Minen, Ausrüstungs- Sumpffieber-Nord Treuenfeld 3 (31.8.-1.9.1942) gegenstände und sonst. Gerät, sowie 1 Lkw,1 Pkw, 42 Fahrräder, 80 Sumpffieber-West (3.9.-6.9.1942) unter Beteiligung 307 Panjefahrzeuge, 62 Pferde, 5 Kühe, sowie Lebensmittel sind erbeutet Sumpffieber-Südwest (8.9.-20.9.1942) unter Beteiligung 307 worden.“ Kurzerieze (12.9.1942) ?iciaieweze (2.9.-3.9.1942) Quelle: Bundesarchiv Ludwigsburg. Bundesarchiv Freiburg.

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Unternehmen „Nürnberg“ im November 1942

über die Methoden, mit denen zum Teil gegen die Einwohner vorgegan- gen worden ist. Mehrere Ortschaften wurden abgebrannt, sämtliche Ein- wohner einschließlich Frauen und Kinder sonderbehandelt. Dies ist der beste Herd für neue Bandengebiete...“. Während des Unternehmens kam es zu zahllosen brutalen Übergriffen und Morden an der Zivilbevölkerung durch die eingesetzten SS- und Poli- zeiverbände. Allein die 1. SS-Infanteriebrigade ermordete („sonderbe- handelt“) 538 Einwohner, 61 „Banditen“, „8 Juden und 7 Zigeuner“. Nach dem vorläufigen Abschlussbericht des Befehlshabers der Si- cherheitspolizei und des SD Ostland vom 30.11.1942 wurde festge- stellt: „...Gesamtverluste des Feindes bis zum 26.11.1942, 12 Uhr: 789 Banditen, 335 Bandenverdächtige, 1 826 Juden, 7 Zigeuner. Eigene Verluste: 9.11.1942: Glebokie, Mannschaftswagen des Polizeibataillons 307 Quelle: Privat 2 Tote, 10 Verwundete. Die in den Häusern oder Bunkern verbrannten Juden und Banditen konnten zahlenmäßig nicht erfasst werden und sind deshalb nicht berücksichtigt. Im Südosten und Osten des Kampfraumes Führung: Kampfgruppe von Gottberg vereinzelte Banditen durchgesickert...“. Zeitraum: 18./19. November bis zu 25./26. November 1942 im Raum In den späteren Meldungen an den RFSS und an Hitler wurde von 798 Glebokie Toten, 340 Gefangenen und von 1 833 Bandenhelfern (gemeint waren die Eingesetzte Kräfte: 1. SS-Infanteriebrigade (mot.) mit SS-Infanterieregi- ermordeten Juden und Zigeuner) und 353 Bandenverdächtigen gespro- ment 8 und SS-Infanterieregiment 10, Polizeiregiment 14 mit 14. Polizei- chen, die erschossen worden seien. panzerkompanie (2. Polizeipanzerkompanie), I/Polizeiregiment 23 (307, In seinem vermutlich verfälschten Tagebuch formulierte von dem Bach- Sicherungsgruppe Barkhold (t) (Wehrmacht mit Landesschützenregiment Zelewski unter anderem: 75), litauisches Schutzmannbataillon 254, Gendarmerietrupp Kern [Korn]), „...In diesem Raum beginnt das Unternehmen ‚Nürnberg’. Das Komman- dazu weitere örtliche Einheiten. do hat RFSS dem SS-Brigadeführer von Gottberg übertragen. Er machte Kräfte des KdS Minsk, SS-Hauptsturmführer Wilke. vorher die Sache sehr gut und geht schneidig ran. Leider hat er durch wil- Aus dem Einsatzbefehl der 1. SS-Infanteriebrigade: de Judenverfolgungen die Waffenehre beschmutzt. Ich bin empört...“. „...Als Feind ist anzusehen, jeder Bandit, Jude, Zigeuner und Bandenver- In der größten Mordaktion während des Unternehmens „Nürnberg“ er- dächtige...die bandenverdächtigen und bandenfreundlichen Bewohner mordeten Angehörige der Sicherheitspolizei zusammen mit Angehörigen festzustellen und die Juden und Zigeuner zu vernichten...Jeder Berittene der lettischen Schutzmannschaft am 21.11.1942 ca. 1 300 jüdische Men- ist zu erschießen, desgleichen als Kundschafter oder Posten anzusehen- schen aus dem Ghetto Dunilowicze. de halbwüchsige oder andere Bevölkerung...“. Aus der Tagesmeldung der Kampfgruppe „Gottberg“ für den 26.11.1942: Aus dem Kriegstagebuch Nr. 3 (1.7.1942 – 31.12.1942) des Komman- „...Die Gefallenen des I/23 wurden geborgen und werden nach Glebokie dierenden Generals der Sicherungstruppen und Befehlshaber im übergeführt. Die 1. SS-Inf.Brigade (mot) führt die Beisetzung voraussicht- Heeresgebiet Mitte vom 4.12.1942 (Tagebuchführer Oberleutnant Ha- lich am 28.11. durch.“ mel): „...Bericht der 1. SS-Inf.Brigade über Unternehmen ‚Nürnberg’ im Raum Quelle: Bundesarchiv Ludwigsburg, - Sonderheft – Dokumente Unternehmen Glebokie. Die darin angegebenen Ziffern geben ein erschütterndes Bild „Nürnberg“ und andere Ermittlungsergebnisse. Bundesarchiv Freiburg.

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Unternehmen „Hamburg“ mit Teilunternehmen „Altona“ im Dezember 1942

Brennendes Bauernhaus Quelle: LAS

Führung: Kampfgruppe von Gottberg. Gefechtsstand: Baranowitsche. Gebiet: Vom 10.12. bis zum 20.12.1942 („Hamburg“) und 22.12. bis zum 25.12.1942 („Altona“) im Gebiet der „Flussgabel Memel (Njemen) und Unter der sehr grossen Beute befanden sich 4 Panzerkampf-wagen und 8 Szczara“ (nördlicher Teil Gebietskommissariat Slonim, südlicher Teil Ge- Geschütze bzw. Pakgeschütze. Die Vieh- und Getreidemengen sind bietskommissariat Lida und westlicher Teil Gebietskommissariat Nowog- unschätzbar. In den Gemeinden, die in dem Aktionsbereich lagen, wurden rudek) durchgeführt. Aufgrund des Ausweichens eines größeren Teils der ausserdem 2 658 Juden sowie 30 Zigeuner gestellt. Eigene Verluste: 7 Partisanen wurde das Unternehmen „Altona“ angeschlossen (südlicher Tote und 18 Verwundete.“ Teil des Gebietskommissariats Slonim). Bericht über das Unternehmen „Altona“ im Raum Kossow-Byton: Eingesetzte Kräfte: Polizeiregiment 2 mit Nachrichtenkompanie 211, da- „Diese Aktion galt einer während des Unternehmens Hamburg nach Sü- zu verschiedene Wehrmachtsverbände, u.a. Teile des Wehrmachtsausbil- den durchgebrochenen grösseren Bandengruppe. Die Erkundung wurde dungsbataillon 389 (Slonim), I/23 (= 307), I/24, litauisches Schutzmann- während des Ablaufs des Unternehmens durch die sicherheitspolizeilich- schaftsbataillon 15, ukrainisches Schutzmannschaftsbataillon 115, letti- en Kommandos durchgeführt. Die Bande verlor in Gefechtsberührung 97 sches Schutzmannschaftsbataillon 271, Gendarmeriezug 13, Wehrmachts- Tote. Ferner wurden in diesem Raum 785 bandenverdächtige Personen ausbildungsbataillon 23 (Lida), örtliche Polizei, Gendarmerie und Schutz- erschossen, und 126 Juden und 24 Zigeuner gestellt. Die Beute an Vieh mannschaft. Kommandos der Sicherheitspolizei und des SD (KdS Weiß- und Lebensmitteln war beträchtlich, die an Waffen und Munition nicht ruthenien). sehr gross. Eigene Verluste sind nicht eingetreten.“ Aus dem Einsatzbefehl der Kampfgruppe von Gottberg vom In anderen Berichten (z.B. Fernschreiben an den RFSS vom 21.12.1942) 7.12.1942: wird der tatsächliche Verlauf des Unternehmens deutlicher beschreiben: „...Aufgabe der mir unterstellten Verbände ist, die Banditen anzugreifen „Feindverluste bzw. Tote, insgesamt 6 172, davon: 1 674 Banditen im und zu vernichten. Als Feind ist anzusehen, jeder Bandit, Juden, Zigeuner Kampf gefallen, 1 510 Bandenverdächtige, 2 988 Bandenanhänger.“ Das und Bandenverdächtige. Soweit Gefangene gemacht werden, sind sie bedeutet, auch bei diesem Unternehmen wurden durch die eingesetzten zunächst zwecks Vernehmung durch den SD sicherzustellen...“. Verbände Massenmorde verübt. Bericht über das Unternehmen „Hamburg“ im Raum von Slonim: Die Verluste betrugen: 7 deutsche Tote und 17 Verwundete. „Es ist der bisher grösste Erfolg im weissruthenischen Raum. Die Angaben

des Erkundungskommandos dSPuSD waren so genau, dass jedes Lager Quelle: Bundesarchiv Ludwigsburg, Kampfgruppe von Gottberg, Sonderheft – aufgefunden wurde. In zahlreichen Gefechten wurden 1 676 Banditen Dokumente – Unternehmen – Hamburg und andere Ermittlungen gegen die getötet. Ferner wurden 1 510 bandenverdächtige Personen erschossen. Kampfgruppe von Gottberg. Bundesarchiv Freiburg.

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Unternehmen „Erntefest“ im Januar und Februar 1943

Führung: Kampfgruppe von Gottberg. trieben und sonderbehandelt...“. Gebiet: Beiderseits der Rollbahn Minsk – Sluzk. „Erntefest I“ vom 18.1. bis Die Einwohner wurden dabei durch Angehörige der 3. Kompanie des I/13 zum 26.1.1943 östlich der Rollbahn bis zur Grenze des Generalkommissa- (= Polizeibataillon 6, Berlin) in einer Scheune auf Anordnung des riats Weißrussland und „Erntefest II“ vom 28.1. bis zum 9.2. 1943 westlich Bataillonskommandeurs Dröge durch Pistolenschüsse ermordet. Es ist der Rollbahn (bis zur Straße Sluzk – Brest). sicher davon auszugehen, dass es sich bei ihnen nicht um Partisanen Eingesetzte Kräfte: Polizeiregiment 13 (Kampfgruppe Worm), oder „Bandenverdächtige“ handelte. Die Dorfbewohner waren vor dem Schutzmannschaftsbataillon 57, litauisches Schutzmannschaftsbataillon Bataillon in die Wälder geflüchtet und nach der Zusicherung, „ihnen wür- 12, I/23 (= 307, „Kampfgruppe Binz"), Polizeiregiment 2 („Kampfgruppe de kein Leid geschehen", in den Ort zurückgekehrt. Griep“), drei Kommandos der Sicherheitspolizei und des SD (jeweils bei In einer Quelle wird für „Erntefest I“ von 805 bewaffneten Feindtoten, 34 den Kampfgruppen). Gefangenen und 1 165 „sonderbehandelten Personen“ gesprochen, für Aus dem Tagebuch des SS-Hauptsturmführers Wilke: „Erntefest II“ von 2 325 Feindtoten (und 272 erfassten Arbeitskräften). Die „...22.1.1943: Abmarsch des Kommandos um 7.00 Uhr nach Wolossatsch. Verluste bei „Erntefest I“ betrugen 6 Tote und 17 Verwundete. 9.30 Uhr in Wolosatsch. 15 Männer, 41 Frauen, 50 Kinder - zus. 106 Per- Quellen: Bundesarchiv Ludwigsburg, Kampfgruppe von Gottberg, Sonderheft, sonen als partisanenverdächtig oder Begünstigte sonderbehandelt... Dokumente – Unternehmen „Erntefest I“ und andere Ermittlungsergebnisse. ...tolles Banditendorf; überall finden wir Ausrüstungsgegenstände deut- Bundesarchiv Freiburg. scher Soldaten in den Häusern...Alle Einwohner wurden zusammenge-

Unternehmen „Hornung“ im Februar 1943

Führung: Kampfgruppe von Gottberg. KdSPuSD Weißruthenien. sche, 26 Fremdvölkische. Gebiet: Pripjet-Sümpfe im Raum Morocz – Milowicze – Lenin – Hryczyno- Beute an Waffen und Munition: 172 Gewehre, 14 Pistolen und Revolver, 2 wicze – Glowny Kanal – Lugy – Hawrylczyce – Bieliczkowiecze SMG, 6 LMG, 5 MPi, 1 Geschütz, 150 Handgranaten, 7 schwere Spreng- Eingesetzte Kräfte: Polizeiregiment 2, Polizeiregiment 23 (mit Polizei- minen, große Mengen Sprengstoff, 21 173 Schuss Infanteriemunition, 500 bataillon 307), Sondereinheit Dirlewanger, lettisches Schutzmannschafts- Schuss Pistolenmunition, an landwirtschaftlichen Erzeugnissen: 559 bataillon 18, Kommandos der Sicherheitspolizei und des SD, Angehörige Pferde und Fohlen, 9 578 Rinder, 844 Schweine, 5 700 Schafe, 222,8 T. der Einsatzgruppe B. Insgesamt vier Kampfgruppen. Getreide, 13,8 T Leinen- und ... Im Einsatzbefehl des SS-Sonderbataillons Dirlewanger von Mitte Februar und sonstigem: 2 LKW, 185 Panjewagen, 205 Schlitten, 1 zahntechn. Sta- heißt es unter anderem: tion und Sanitätsmaterial, 3 Kirchenglocken, verschiedenes Gerät und „...Hierbei wird alles zerstört, was Unterkunft und Schutz bieten kann. Das Ausrüstungsstücke, 1 Kriegskasse mit 4 000 Mk in ukrainischer Währung. Gebiet wird Niemandsland. Sämtliche Bewohner werden erschos- Zerstört: 1 900 Häuser, 1 Waffenwerkstatt, 56 Lager (teils befestigt) und sen...dass die Zivilkutscher bei den Erschießungen nicht zugegen sind...“. 1 064 Bunker.“ In einem Bericht wird über das Ergebnis des Unternehmens mitgeteilt: Im Zusammenhang mit dem Unternehmen „Hornung“ wurden am „...Die Erkundungsunterlager für das mit starken Kräfte – 4 Kampfgruppen 8.2.1943 alle im Ghetto Sluzk lebenden jüdischen Menschen ermordet – angesetzte Unternehmen wurden durch besonders eingesetzte (nach dem Urteil des Landgerichts Koblenz mindestens 1 600 Menschen) Kommandos dSPudSD erstellt. Quellen: Bundesarchiv Ludwigsburg, Kampfgruppe von Gottberg, Sonderheft – Feindverluste: 2 219 Tote, 7 378 Sonderbehandelte, 65 Gefangene, 3 300 Dokumente, Unternehmen „Hornung" und andere Ermittlungsergebnisse. Landesarchiv Juden. Schleswig-Holstein, Abt. 354, Lübeck. Bundesarchiv Freiburg. Eigene Verluste: tot: 2 Deutsche, 27 Fremdvölkische; verwundet: 12 Deut-

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Unternehmen „Seydlitz“ im Juni und Juli 1943

Führung: HSSPF Russland-Süd Gebiet: Raum Olewsk – Perga – Borowe – Begun – Slawetschno in der Zeit vom 25.6.1943 bis zum 27.7.1943 Eingesetzte Kräfte: SS-Polizeiregiment 11, III/SS-Polizeiregiment 24 (= Polizeibataillon 307), 10. Polizei-Panzerkompanie. Aus den für die Ausstellung zugänglichen Quellen konnten keine weitere Informationen zu diesem Unternehmen gewonnen werden. Vgl. dazu auch die Übersicht über die Geschichte des Polizeibataillons 307 in der Ausstellung.

Die ganze Brutalität der „Bandenbekämpfung“ zeigt auch die Vernehmung 29.7.1943: Rowno Quelle: Privat von Werner Weber-Bergfeldt, ztw. Ia bei Kampfgruppe von Gottberg durch die Staatsanwaltschaft Hamburg in Wilhelmshaven, 25.10.1973, S. 16: „...Einige Tage später befahl v. Gottberg abends mich und Rohde in das Zimmer des Ic Wilke, v. Gottberg war wieder angetrunken. In dem Zimmer Wilkes waren wie bei einer Kinovorführung Stühle aufgestellt. v. Gottberg sagte dann zu Wilke: ‚Holen Sie mal das Weib herein, wir wollen sie mal vernehmen.’ Die Frau wurde nackt mit auf dem Rücken gefesselten Händen an die Tür gehängt und mit brennenden Zigaretten gequält. Dr. Filling verabreichte ihr auch Spritzen, von denen ich später erfahren habe, dass es sich um Benzinspritzen gehandelt hat. Sinn der ‚Vernehmung’ sollte sein, dass die Frau zugeben sollte, dass sie Jüdin sei und für die Partisanen spioniert habe. Es war ein fürchterlicher Anblick, und ich habe zu v. Gottberg gesagt, dass unter solchen Umständen jeder alles zugeben würde, was von ihm verlangt würde. Ich bin dann ohnmächtig geworden und später in irgendeinem Zimmer auf einem Feldbett liegend wieder aufgewacht...“. Quelle: Bundesarchiv Ludwigsburg

Bahntransport nach Kostopol Quelle: Privat

19.8.1943: Kremianez Quelle: Privat

5.7.1943: Verpflegungsfahrt Olewsk-Perga. Minenexplosion. Deutlich zu sehen das Ba- taillonszeichen Quelle: Privat

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Unternehmen „Heinrich“ im November 1943

15.3.1944: Bei Polozk Quelle: Privat

der Heeresgruppe Mitte, 1 Pionierkompanie mit Spezialausrüstung der Heeresgruppe Mitte (Minensuchgerät, Flammenwerfer sowie Panzerver- nichtungsmittel), Panzerkompanie Mitte der Heeresgruppe Mitte, 1 Flak- batterie, 12. Polizeipanzerkompanie, TN-Baukompanie, Gendarmeriezüge 13, 19, 49, Kommandos der Sicherheitspolizei und des SD, Erfassungs- kommandos zur Erfassung von Menschen, Vieh und landwirtschaftlichen Produkten, Fliegerunterstützung durch Fliegerführer 1. Kampfgruppe von Gottberg: Gruppe Nickel mit SS-Polizeiregiment 13, SS-Sonderbataillon Dirlewanger, Flak-Abteilung RFSS, Gendarmerieeinsatzkommando, Pio- nierkompanie, Panzerkompanie Mitte, TN-Baukompanie. Gruppe Siber mit Sicherungsregiment 64, SS-Polizeiregiment 24 mit Schutzmannschafts- bataillon 255 und 9. Polizeipanzerkompanie, 2 Kompanien Baupionierba- taillon. Gruppe Anhalt mit SS-Polizeiregiment 2, Schutzmannschaftsbatail- lon 57, 1 Flakbatterie, 1 Kompanie Baupionierbataillon. Im Abschlussbericht an den RFSS vom 20.11.1943 wird unter anderem mitgeteilt: „...Feindverluste: 5 416 Tote, 46 Erledigte, 136 Gefangene.“

Februar 44: Korowniki-Polozk Quelle: Privat Über den Einsatz des Polizeibataillons 307 (= III/SS-Polizeiregiment 24) liegen unterschiedliche Angaben in den Quellen vor. Bei dem ursprüng- lichen Einsatzbefehl ist das Bataillon nicht verzeichnet, wird aber in der Meldung über die Gefechtsstärken vom Januar 1944 aufgeführt. Führung: HSSPF Russland-Mitte (Chef der Bandenkampfverbände), Kampfgruppe von dem Bach Das Unternehmen „Heinrich“ wurde abgebrochen, um einen Angriff der Gebiet: Polozk – Krassnopolje – Pusstoschke – Idriza – Szebesch („Ban- Roten Armee in diesem Bereich abzuwehren. Am 29.10.1943 durchsties- denrepublik Rossono“) vom 1.11.1943 bis zum 8./9.11.1943 sen Verbände der Roten Armee die deutsche Front bei Newel. Die für das Eingesetzte Kräfte: Einsatzgruppe Jeckeln (Ssebesh – Idriza – Opotscha- Unternehmen „Heinrich“ eingesetzten deutschen Kräfte wurden zum Auf- ka), Einsatzgruppe von Gottberg (südlich und südwestlich Polozk) SS-Poli- bau einer Auffanglinie herangezogen und dann der 16. Armee (Heeres- zeiregimenter 2, 12 (verstärkt durch eine Batterie OFK – Oberfeldkom- gruppe Nord) und dem 3. PanzerAOK unterstellt. Sie verblieben zum Teil mandantur – 392), 24 (verstärkt durch litauisches Schutzmannschafts- bis zum Frühjahr 1944 im unmittelbaren Fronteinsatz. Ohnehin wurden bataillon 255 und 9. Pol.Pz.Kp.), Sicherungsregiment 64 (ohne 1 Batl.), Polizeiverbände (Polizeibataillone) häufig in kritischen Situationen direkt SS-Sonderbataillon Dirlewanger, Flak-Abt. RFSS, Gendarmerie-Einsatz- an der Front eingesetzt, so zum Beispiel im Winter 1941/42 und im Winter kommando z.b.V. (Kreikenbom), Schutzmannschaftsbataillon 57, SS-Ab- 1942/43. Die unzureichend ausgebildeten und ausgerüsteten Einheiten teilung Pannier, Leichtgeschützabteilung (mot) der Heeresgruppe Mitte, erlitten dabei schwere Verluste. Zahlreiche Polizeibataillone mussten neu Nachrichtenabteilung 262 der Heeresgruppe Mitte, 1 Baupionierbataillon aufgestellt werden.

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war von der H.Gr.Nord beim O.K.H. beantragt worden. Es hatten inzwis- chen Besprechungen mit Himmler und Bach bei der H.Gr. Nord stattge- funden. Dieses Im Raume Idrize-Polosk angesetzte Unternehmen ‚Heinrich’ (Vor- name Himmlers) war ein typisches Beispiel einer rein von SS u. Polizei durchgeführten Aktion. Gerade weil sich hier Himmler die Leitung vorbe- halten hatte und weil Bach mit SS.O.Gr.Führer Jeckeln und Gr.F. von Gott- berg führte, und weil keinerlei Unterstellungsverhältnis unter die Heeres- gruppe bestand, wurde ich, in der Stellung eines Div.Führers, mit einem Verbindungsstabe der Gruppe Bach zugeteilt. Mein Auftrag lautete, die September 1943: Verpflegungsfahrt nach Wischnewitz Quelle: Privat Heeresgruppe über den Stand des Unternehmens zu unterrichten, da Bach nur an Himmler meldete, auch hatte ich Wünsche und Anträge zu vermitteln. Ferner sollte ich im Auftrage der Heeresgruppe die rein defen- sive Beteiligung von rückwärtigen Teilen der Frontkorps sowie von Sicher- ungsverbänden zum Abschirmen des Unternehmens im Norden und Osten unmittelbar sicherstellen. Da die Heeresgruppe mit einem groß an- gelegten russischen Angriff bei Nevel rechnete, hatte ich ausserdem durch zeitgerechte Unterrichtung und durch persönliche Einwirkung auf S.S.- Ob.Fhr. v. Bach diesen gedanklich darauf einzustellen, dass aus seiner Nord-Süd Partisanenbekämpfungsoperation gegebenen Falles eine Ab- schirmfront in der Tiefe mit Front nach Osten entstehen könnte. Am Un- ternehmen waren ca. 24 Btlne von Polizei und SS, einschl. Einheit Dirle- wanger und einer lettischen S.S.Brigade beteiligt. Vom Heer waren nur einige wenige Pakzüge unterstellt. Auf das Unternehmen selbst hatte ich keinen Einfluss...Das persönliche Verhalten Bachs mir gegenüber war korrekt, er versuchte sich offen zu geben. Der weniger gewandte O.Gr.F. Jeckeln, der unter Bach von Idriza Quelle: Privat aus führte, war mir gegenüber betont zurückhaltend. Bei Gr.F. v. Gottberg war ein Verb.Stab des Pz.A.O.K. 3. Das Unternehmen hatte nicht den erwarteten Erfolg, grössere Teile der Partisanen wichen nach W.u.S.W. aus. Feindausfälle waren gering, Gefan- Abschrift gene wurden gemacht. Bevölkerung wegen Zusammenarbeit mit den Par- von Mellenthin Dachau, 1.7.1946 tisanen – sofern noch da – evakuiert. Als ich gerade dabei war, wie über General der Artillerie Gefangene und Bevölkerung gesprochen wurde, und der Chef des Stabes der Gruppe Bach, SS.Stand.Fhr. Lammerding die Absicht äusserte, sie müssten liquidiert werden, machte ich eindeutig dagegen Stellung, indem Eidesstattliche Erklärung ich betonte, dass diese Feldmarschall v. Kuechler in seinem Bereich nicht dulden würde. Auf diese Weise konnte eine derartige Massnahme verhin- Ich hatte im Oktober 1943 die stellvertr. Führung einer Division im Be- dert werden, wobei ich feststellen möchte, dass SS.Stand.Fhr. Lammerding reich der Heeresgruppe Nord abgegeben und wartete auf eine neue Front- sofort auf meine Einwendungen einging, mit dem Bemerken, das wäre verwendung, als ich unerwartet für etwa 14 Tage als Leiter des Verbin- dann auf Veranlassung des Heeres unterblieben, ihnen wäre es egal... . dungsstabes der Heeresgruppe Nord zur Gruppe Bach kommandiert wurde. von Mellenthin Partisanenunternehmungen sowie die Person und Stab Bach waren mir General der Artillerie vollkommen fremd. Ich erhielt meine Anweisungen durch Feldmarschall von Küchler, die von Quelle: Internationaler Militärgerichtshof. Nürnberger Prozess. Dokument OKW-939 seinem Chef, Generallt. Kienzel, ergänzt wurden. Danach hatte das starke

Partisanenunwesen im rückwärtigen Heeresgebiet des A.O.K. 16 Wie die Angaben über die eingesetzten Verbände zeigen, irrt Mellenthin, es habe sich (H.Gr.Nord) und des zur H.Gr. Mitte gehörenden Pz.A.O.K. 3 (Gen.Ob. Rein- um einen „reinen“ Einsatz von SS und Polizei gehandelt. hardt) ein grösseres Unternehmen nötig gemacht. Dieses Unternehmen

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Gefechtsstärke der Kampfgruppe von Gottberg nach Unterstellung unter das I. Armeekorps, Generalkommando 16. Armee, Heeresgruppe Nord nach dem Unternehmen „Heinrich“

Gefechtsstärken I/24 mit 6/235 II/2 179 Spähwagenzug der 9. PolPz.kp. 22 (Stand 10.1.1944) SS-Pol.Rgt. 2 II/24 mit 7/202 III/2 246 unterstellt I/2 mit 4/146 III/24 mit 6/246 (= Polizeibataillon Stabskp. 43 SS-Sdr.Batl. Dirlewanger mit II/2 mit 5/172 307) Pz.Jg.Kp. 60 Lettenkp. 445 III/2 mit 7/239 Spähwagenzug der 9. Pol.Pz.Kp. 2/20 s.Gr.W.Kp 8 8. und 10. SS-Jg. Abt. Pannier 230 Stabs-Kp. 3/40 Unterstellt: Werfer-Battr. 96 Baupi 18 98 Pz.Jg.Kp. 1/59 SS-Sdr.Batl. Dirlewanger mit Letten- Nachr.Kp 211 12. Pol.Pz.kp 30 s.Gr.W.Kp. mit 1/7 Kp. 5/440 Unterstellt: Gend.Einsa. Kdo Kreikenbom z.B.V. Werfer-Battr. mit 2/94 8./SS-Jg.Abt. Pannier und 10.SS.Jg. 3. SS.-Jg.Abt. Pannier 105 286 Nachr. Kp. 211 mit -/19 Abt. Pannier mit 7/223 7. SS.-Jg.Abt. Pannier 86 SchumaBtal 57 mit 92 Deutschen Unterstellt: BauPi 18 1/97 SS-Pol.Rgt 13 und 389 Fremd 3/.SS.Jg. Abt. Pannier mit 1/104 12. Pol.Pz.Kp. 1/29 I/13 218 Unterstellt 7./SS.Jg. Abt. Pannier mit 1/85 Gend.Einsatzkommando Kreikenbom II/13 259 Schuma 255 mit 9 Deutschen und SS-Pol.-Rgt. 13 Gend.Einsa.Kdo.z.b.V. 16/270 III/13 214 178 Fremd I/13 mit 4/214 Unterstellt: Pz,Jg. Kp. 49 Schuma 11 mit 12 Deutschen und II/13 mit 5/254 2. BauPiKp 18 mit 1/94 Pz.KampfwKP 52 190 Fremd III/13 mit 5/209 FlakAbt. I Kdo.Stab RF SS mit 8/354 Gr.W.Kp 72 Hinweisvermerk: Schumabtle nicht Pz.Jg.Kp. -/49 Jagd.-Kdo 35 im Fronteinsatz zu verwenden. Pz.Kampfwagen.Kp. 1/51 Handschriftlich darüber: Gruppe von unterstellt I Gr.W.Kp 1/71 Gottberg TN BauKp 55 Quelle: Bundesarchiv-Militärarchiv, RH 20- 16/385, Sammelband von Gottberg Jagd-Kdo 1/34 SS-Pol.Rgt. 24 Unterstellt Gefechtsstärken 11.1.1944 I/24 241 TN-Baukp 3/52 SS-Pol.Rgt. 2 II/24 209 SS-Pol.Rgt. 24 I/2 mit 150 III/24 252 (= Polizeibataillon 307)

Stellungsbau Quelle: LAS

Februar 1944: Polozk Quelle: Privat

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Unternehmen „Kormoran“ im Mai und Juni 1944

Führung: Heeresgruppe Mitte, 4. Armee, 3. Panzerarmee, Wehrmachtsbefehlshaber Weißruthenien und HSSPF Russ- land-Mitte Gebiet: Raum Beresino – Lepel im Mai/Juni 1944 Eingesetzte Kräfte des HSSPF: SS-Polizeiregimenter 2, 24, 26, Schuma-Bataillone 57, 62, SD-Bataillon 23, Polizei- Schützenregiment 31, 1 Bataillon Polizei-Schützenregiment 36, 2 Batterien und 1 Werfer-Abteilung, 1 Batterie/SS-Poli- zeiregiment 26 (russ. 7,62 cm), 1 Batterie/Schuma-Bataillon 57 (7,62 cm), Gendarmerie-Einsatzkommando z.b.V., SS- Diensthunde-Abteilung, Gendarmeriezüge (mot) 17, 18 und 49, Technische Nothilfe-Kompanie. Gesamt: 28 Bataillone. Beteiligt war auch die 286. Sicherungsdivision der Wehr- macht. Juni 1944: Fahrt nach Wilna Quelle: Privat Gebildet wurden die Kampfgruppen Schmahl, Anhalt und von Altrock. Kampfgruppe Anhalt: Führerstab SS-Polizeiregiment 2, SS- Juni 1944: Fahrt nach Wilna Quelle: Privat Polizeiregimenter 2, 24, 26, 5. Rgt. Waffensturmbrigade Rona (Kaminski), II/Polizei-Schützenregiment 36, III/Polizei- Schützenregiment 31, Schuma-Bataillone 57, 62, 23 (siehe oben), SS-Diensthunde-Abteilung, Heeres-Pionierbataillon 62, TN-Kompanie, Brüko-Staffelstab 932, Brückenbaukolon- ne 1/430 B (mot), 12. Polizei-Panzerkompanie, Flak-Abtei- lung I Kdo RFSS, 1. und 3. Batterie SS-Polizeigeschützabtei- lung I, Batterie/SS-Polizeiregiment 26, Batterie Schuma- Bataillon 57, Batterie SS-Sonderbataillon Dirlewanger, Bat- terie Mehrfachwerfer, Batterie Waffensturmbrigade Rona. Nach anderen Quellen auch Sicherungsbataillon 801, SS- Jägerbataillon 501, ungarische Reservedivision, insgesamt wurden von der Wehrmacht 46% aller Sicherungsbataillone der 4. Armee, 3. Panzerarmee und des Wehrmachtbefehls- habers Weißruthenien eingesetzt. Die „Bande Grischin“ wurde auf ca. 12 000 Mann geschätzt. Die Aktion war weitgehend erfolglos, ebenso die Nachfolge- unternehmungen („Schwarz“, „Blau“, „Rot“) des AOK 4.

Quelle: Bundesarchiv Freiburg

Polizeidirektion Schleswig-Holstein Süd PolizeibataillonAus den Ermittlungen 307 48

Aus dem Vermerk der Staatsanwaltschaft Lübeck vom 9.7.1965 zum Einsatz des Polizeibataillons 307

Quelle: Landesarchiv Schleswig-Holstein, Abt. 352., Lübeck darauf hingewiesen, dass sie allein es ermögliche, jeden Tatbeteiligten möglichst gerecht, unter Einschluss der besonderen psychologischen Zu den Massenmorden in Brest-Litowsk Gegebenheiten eines etwaigen seelischen Druckes oder Zwanges zu beurteilen. Bei amtlich befohlenen Verbrechen sind nach den Ausführ- „...Die Massenexekutionen der Juden beruhten auf einem Vernichtungs- ungen des BGH alle diejenigen als bloße Gehilfen zu betrachten, die die plan, den Hitler zusammen mit Himmler und dem damaligen Chef der ihnen erteilten Verbrechensbefehle missbilligen, sie aber gleichwohl aus Sicherheitspolizei und des SD, Heydrich, im Zusammenhang mit den menschlicher Schwäche ausführen, weil sie der Übermacht der Staats- Vorbereitungen zum Feldzug gegen Russland gefasst hatte und zu dessen autorität nicht gewachsen sind und ihr nachgeben, weil sie den Mut zum Durchführung besondere Einsatzgruppen und andere Einheiten (hier: Widerstand nicht aufbringen, sei es auch, dass sie ihr Gewissen vorüber- Polizeibataillon 307) verwendet worden sind. Hitler, Himmler und Heydrich gehend durch politische Parolen zu beschwichtigen oder vor sich selber sind daher auch hinsichtlich der Judenerschießungen, an denen das zu rechtfertigen suchen. Als Täter sollen jedoch diejenigen Teilnehmer be- Polizeibataillon 307 in Brest-Litowsk beteiligt gewesen ist, die eigentlichen trachtet werden, die politischer Mordhetze willig nachgeben, ihr Gewissen Haupttäter. zum Schweigen bringen und fremde, verbrecherische Ziele zur Grundlage Die Tötung der Juden war rechtswidrig. Nach der Art der Ausführung muss eigener Überzeugung und eigenen Handelns machen, oder in ihrem davon ausgegangen werden, dass es sich auch bei der Aktion in Brest- Dienst- und Einflussbereich dafür sorgen, dass solche Befehle rückhaltlos Litowsk um eine im Verwaltungswege befohlene und vollzogene vollzogen werden, oder dabei anderweit einverständlichen Eifer zeigen. Erschießung von Menschen wegen ihrer Rassezugehörigkeit handelte. Die Nach den Ermittlungsergebnis kann man nicht die Überzeugung gewin- Urheber dieser Vernichtungsaktion waren sich, wie keiner weiteren nen, dass einer der Beschuldigten sich an der Massentötung der Juden in Begründung bedarf, der Rechtswidrigkeit ihres Handelns bewusst. Brest-Litowsk als bedenkenloser Überzeugungstäter oder als williger Die Haupttäter haben die Tatbestandsmerkmale des Mordes verwirklicht. Befehlsempfänger beteiligt hat. Sie alle haben die Vernichtungsmaßnah- Sie haben die Tötungshandlungen geplant und vorbereitet und daher mit men möglicherweise innerlich missbilligt, sich jedoch der Autorität der Überlegung im Sinne der bis zum 15.9.1941 geltenden Fassung des § ihnen erteilten Befehle gebeugt, indem sie dem Verlangen teils aus men- 2 11 StGB gehandelt. Ihr Verhalten erfüllt aber auch in mehrfacher Hinsicht schlichem Versagen, teils aus politischer Verhetzung nachgekommen die Voraussetzungen des § 211 StGB n.F. Die Beweggründe der Haupt- sind. Obwohl einige Bataillonsangehörige davon sprechen, es hätten sich täter, insbesondere der Rassenhass, beruhen auf einer so erheblichen für die Erschießungen Freiwillige gemeldet, ist es nicht gelungen, einem Missachtung der menschlichen Persönlichkeit, dass sie als besonders ver- Beschuldigten nachzuweisen, sich aus eigenem Antrieb und aus freien werflich und daher als niedrig anzusehen sind (BGH St 2, 63; 3, 132; 18, Stücken zur Mitwirkung bereitgefunden zu haben, weil er die Ausrottung 37). der jüdischen Menschen auf Grund seiner eigenen Überzeugung gebilligt Es braucht unter diesen Umständen nicht näher ausgeführt zu werden, und gewollt hätte. Anzeichen dafür wären nur dann gegeben, wenn dass die Haupttäter auch grausam (BGH St 3, 181 und 264) und heim- jemand die Ausführung der Tat in wesentlichen Punkten selbst bestimmt und tückisch gehandelt haben (BGH St 6, 121; 7, 221). den Geschehnisablauf mit beherrscht hätte, wenn jemand über die ihm Die beschuldigten Bataillonsangehörigen haben an der Festnahme der auferlegten Pflichten hinausgegangen wäre, aus freien Stücken mehr Juden, an der Absperrung der Exekutionsorte und an den Erschießungen als befohlen gemacht oder durch Äußerungen und anderweitige teilgenommen oder die Exekutionen in sonstiger Weise unterstützt. Es ist Handlungen eine Gesinnung offenbart hätte, die ein eigenes Interesse und mithin zu prüfen, ob sie als Gehilfen gehandelt haben. den Willen zur Tatherrschaft hätte erkennen lassen... Gehilfe ist, wer die Tat nicht als eigene begeht, sondern als Werkzeug oder Dies gilt auch hinsichtlich der Beschuldigten N., K. und S., deren Beteili- Hilfsperson bei fremder Tat mitwirkt. Maßgeblich ist also die innere Haltung gung die Mitwirkung der übrigen Bataillonsangehörigen teilweise erhe- zur Tat. Deshalb kommt als Täter in Betracht, wer die Tat vollständig durch blich überstieg. Sie haben sich zwar an der Massenexekution nicht nur andere ausführen lässt. Andererseits kann derjenige, der alle beteiligt, sondern Aufsichtsfunktionen ausgeübt, indem sie Erschießungs- Tatbestandsmerkmale eigenhändig erfüllt, gleichwohl bloßer Gehilfe sein. kommandos leiteten. Ihre Teilnahme entsprang aber unwiderlegt nicht frei- Nach dieser vom Reichsgericht und vom Bundesgerichtshof vertretenen er Willensentschließung, sondern auch sie folgten insoweit nur den ihnen subjektiven Teilnahmelehre (vg. u.a. RG St 31, 82; 66, 240; 74, 84; BGH St erteilten Befehlen. Sie übten keinen bestimmenden Einfluss auf die 2, 150; 4, 20; 8, 70) muss in den Vordergrund der Betrachtung die Durchführung der Exekutionen aus in dem Sinne, dass sie die Herrschaft Willensrichtung eines jeden Beteiligten gestellt werden, die auf Grund aller über das Tatgeschehen in ihren Händen hielten. Es ist auch keinem der Umstände zu ermitteln ist. Der Bundesgerichtshof hat sich in dem Urteil Beschuldigten N., K. und S. nachzuweisen, dass sie sich an der Planung seines 3. Strafsenats vom 19. Oktober 1962 in dem Fall Stachynskij (NJW und Organisation der Massentötung beteiligt hätten. 1963, 355) erneut zu dieser subjektiven Teilnahmelehre bekannt und

Polizeidirektion Schleswig-Holstein Süd PolizeibataillonAus den Ermittlungen 307 49

Danach besteht kein hinreichender Verdacht, dass einer der beteiligten Zu den Vorgängen in Baranowicze und Umgebung Offiziere oder sonstigen Bataillonsangehörigen mit Täterwillen an der hier in Rede stehenden Massentötung der Juden teilgenommen habe. Sie alle „...Auch wenn unterstellt wird, dass die Juden erschossen werden sollten, können daher nur als Gehilfen im Sinne des § 49 StGB angesehen werden, so dass Beihilfe zum versuchten Mord vorliegen könnte, ist eine Teilnahme und zwar liegt gemeinschaftliche Beihilfe vor... der noch lebenden Offiziere S., N., M., und K. nicht zu beweisen. Für die Begründete Anhaltspunkte dafür, dass die Beschuldigten ihre Tatbeiträge Bataillonsangehörigen, die als Unterführer oder Mannschaftsdienstgrade in nicht infolge der ihnen angedrohten Lebens- oder Leibesgefährdung, Kenntnis des angenommenen Erschießungsbefehls an der Aktion beteiligt sondern in blindem Gehorsam oder ohne eignes Nachdenken geleistet waren, würden die Einstellungsgründe, die oben bereits für die an der haben, lassen sich nicht mit Sicherheit finden. Aktion in Brest-Litowsk wissentlich beteiligt gewesenen Mannschaften und Unter diesen Umständen kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Unterführer entwickelt worden sind, zutreffen...“ Voraussetzungen des Notstandes vorgelegen haben. Ein schuldhaftes Verhalten der Beschuldigten lässt sich schon deshalb nicht beweisen. Erschießung von 40 bis 50 jüdischen Frauen und 10 jüdischen Kin- Selbst wenn die objektiven Voraussetzungen des Notstandes nicht vorge- dern in der Umgebung von Sluzk legen haben sollten – dies ist nur schwer zu beurteilen, weil gleich- oder ähnlich gelagerte Fälle bisher nicht bekannt geworden sind –, ist den „...Gegenüber den an der Erschießung beteiligten Kompanieangehörigen Beschuldigten jedenfalls nicht zu widerlegen, dass sie sich in einem ver- E. und W. ist das Verfahren aus den in dem Tatkomplex Brest-Litowsk für meintlichen Notstand befunden haben. die Mannschaftsdienstgrade und Unterführer aufgezeigten Gründen, die Die Bataillonsangehörigen in untergeordneten Stellungen hatten nur eine auch hier gelten, einzustellen...gegen den Beschuldigten K. die Eröffnung beschränkte Einsicht in die tatsächlichen Zusammenhänge. Sie wussten und Führung der Voruntersuchung zu beantragen, da er mangels des im wesentlichen nur, dass ihre Vorgesetzten im Falle einer Befehlsverwei- Vorliegens von Rechtfertigungs- oder Entschuldigungsgründen hinrei- gerung zur Vorlage einer Meldung verpflichtet waren. Nach ihrer Meinung chend verdächtig ist, sich der Beihilfe zum Mord schuldig gemacht zu war die Gefahr eines Verfahrens vor einem SS- und Polizeigericht um so haben...“. mehr gegeben, als sie auf diese Folgen einer Gehorsamsverweigerung ständig hingewiesen worden waren. Ihre Vorstellung über den Verlauf ei- Erschießung von 6 Männer in der Gegend zwischen Sluzk und Bob- nes solchen Verfahrens ist unwiderlegt durch die Tatsache mitbestimmt ruisk worden, dass die SS- und Polizeigerichte damals außerordentlich ge- fürchtet waren. Ihnen war ferner nicht unbekannt, dass den noch im rechts- „...Einzelheiten darüber, warum die 5 oder 6 Männer erschossen worden staatlichen Sinne ausgebildeten Sinne ausgebildeten Polizeiverbänden sind, ließen sich nicht ermitteln. Insbesondere kann nicht mit hinreichen- von seiten der SS ohnehin ein erhebliches Misstrauen entgegengebracht der Sicherheit festgestellt werden, ob es sich bei den Erschossenen um wurde. Juden oder Russen gehandelt hat...Zumindest liegen keine sicheren An- Bei dieser Sachlage ist die Einlassung der Beschuldigten, sie seien von haltspunkte dafür vor, dass es sich bei dieser Aktion um die Erschießung der Aussichtslosigkeit ihrer Situation und der Gefährlichkeit eines Wider- von Personen gehandelt hat, die wegen ihrer Zugehörigkeit zur jüdischen standes überzeugt gewesen, nicht unglaubhaft, jedenfalls nicht zu wider- Rasse getötet worden sind...Nach dem Ergebnis der Ermittlungen kann legen. Es ist demnach nicht auszuschließen, dass sich die Beschuldigten das Geschehen nicht als Beihilfe zum Mord gewürdigt werden. Eine Straf- in einem Konflikt zwischen ihrem Widerstreben gegen die Teilnahme an verfolgung wegen Totschlags oder Teilnahme an einem Totschlag ist in- den Exekutionen und der Furcht vor den lebensgefährdenden Folgen ei- folge Verjährung der Strafverfolgung ausgeschlossen.“ ner Befehlsverweigerung befunden und deshalb geglaubt haben, dieser Gefährdung nur durch die Befolgung der Befehl entgehen zu können. Da Erschießung von 30 Juden in einem Wald zwischen Sluzk und Bob- somit auch die Voraussetzungen des Putativnotstandes nicht mit der ruisk gebotenen Sicherheit ausgeschlossen werden können, ist ein hinreichen- der Tatverdacht, dass sich die Beschuldigten an den Judenerschießungen „...Soweit die Beteiligung des H. als Beihilfe zum Mord zu werten ist (die in strafbarer Weise beteiligt haben, auch deshalb nicht gegeben. Gegen Tötung an einer vorbereiteten Grube spricht für diese Würdigung), ist das sie ist daher das Verfahren einzustellen. Verfahren gegen ihn aus den Gründen einzustellen, die in dem Tatkomplex Das Verfahren ist somit gegen folgende Bataillonsangehörige mangels Be- Brest-Litowsk für diejenigen Mannschaftsdienstgrade und Unterführer weises einzustellen... . entwickelt worden sind, die in Kenntnis der Tatumstände an den Gegen die Beschuldigten S., N. und K. wird nach alledem die Eröffnung Judenerschießungen teilgenommen haben. H. hat auf die Frage des Vor- und Führung der gerichtlichen Voruntersuchung beantragt werden...“. liegens eines Befehlsnotstandes erklärt: ‚Für sie – die Mannschaftsdienst- grade – habe nicht die Möglichkeit bestanden, erteilte Befehle zu verwei- gern.

Polizeidirektion Schleswig-Holstein Süd PolizeibataillonAus den Ermittlungen 307 50

Auf Befehlsverweigerung habe die Todesstrafe gestanden. Aus reinem Erhängung zweier russischer Kommissare und eines Partisanen Selbsterhaltungstrieb hätten sie daher die Befehle ausgeführt, selbst wenn sie gegen ihre Natur gewesen und von ihnen nicht gebilligt worden „...Da somit für die geschilderten drei Vorfälle keine Täter festgestellt wer- seien. Er habe während des Russlandfeldzuges selbst einmal davon ge- den konnten, ist das Verfahren auch insoweit einzustellen.“ hört, dass auf Anordnung des Kommandeurs ein Bataillonsangehöriger wegen Befehlsverweigerung von seinen eigenen Kameraden erschossen Erschießung von acht Partisanen worden sei.“ „...Es hat sich nicht ermitteln lassen, wer die Erschießung angeordnet hat Anmerkung dazu: Bis heute (2002) ist kein Fall bekannt geworden, bei und welche Angehörigen der 3. Kompanie diesem Erschießungskommando dem ein Angehöriger der SS oder Polizei wegen einer derartigen Wei- angehört haben...“. gerung ernsthafte Folgen tragen musste, geschweige dann erschossen wurde. Erschießung von drei Partisanen

Erschießung von Juden in Bobruisk „...Auch hinsichtlich dieses Vorfalles ist das Verfahren bereits deshalb ein- zustellen, weil Major Binz als möglicher Verantwortlicher nicht mehr lebt „...Die Aussagen beider Bataillonsangehörigen bestätigen zwar die Be- und Hinweise auf bestimmte Beteiligte nicht gegeben sind.“ kundung des E., nach der mehrfach Juden zusammengetrieben worden sind. Sie liefern aber weder einen ausreichenden Beweis dafür, dass die Erschießung von 20 partisanenverdächtigen Dorfeinwohnern Juden erschossen worden sind, noch kann an Hand der Angaben nach- gewiesen werden, wer die Erschießung angeordnet hat...Das Verfahren ist „...Diese Tötungen stellen sich nicht als Mord im Sinne von § 211 StGB daher insoweit mangels Beweises einzustellen.“ dar. Für die strafrechtliche Beurteilung ist nach § 2 Abs. 2 StGB dasjenige Gesetz maßgebend, dass zur Zeit der Tat galt...Zur Zeit der Tat kann Erschießung von 100 bis 200 Juden bei Klitschew oder Gorodnisch- danach der § 211 StGB noch in seiner alten oder bereits in seiner durch tsche das am 15.9.l941 in Kraft tretende Reichsgesetz vom 4.9.1941 (RGBl I 549) geänderte Fassung gegolten haben. Als Mord wäre die Tat nur verfolgbar, „...Nach dem Ergebnis der Ermittlungen besteht auch in diesem Fall ein wenn sie den Tatbestand des § 211 in alter und neuer Fassung erfüllen hinreichender Tatverdacht wegen Beihilfe zum Mord gegen den Beschul- würde...kann die Tat allenfalls als Totschlag nach § 212 StGB gewertet digten K... Soweit die Kompanieangehörigen W., K. und P. nach ihren An- werden. Diese Prüfung kann aber dahinstehen, da eine solche strafbare gaben als Tatbeteiligte verdächtig sind, wird das Verfahren gegen sie aus Handlung wegen der inzwischen gemäß § 67 StGB eingetreten Verjährung den Rechtsgründen eingestellt, die in dem Tatkomplex Brest-Litowsk für nicht mehr verfolgt werden könnte. Totschlag und Beihilfe zum Mord ver- die Mannschaftsdienstgrade und Unterführer aufgezeigt sind...“. jähren in 15 Jahren...Das Verfahren ist daher insoweit einzustellen.“

Erschießung einer 18 jährigen Partisanin Erschießung eines jüdischen Handwerkers

„...Trotz der durch diese beiden Aussagen gegebenen Anhaltspunkte hat „...Von weiterer Ermittlung kann jedoch abgesehen werden, da keine tat- sich nicht klären lassen, wer die Erschießung angeordnet und durchge- sächlichen Anhaltspunkte gegeben sind, die den Verdacht, der Täter ha- führt hat. Da somit ein Hinweis auf bestimmte Täter fehlt, ist das Verfahren be nach seinem Motiv oder nach der Ausführung als Mörder i.S. des § 211 insoweit schon aus diesem Grunde einzustellen. StGB gehandelt, begründen können.“

Erhängung eines Partisanenleutnants Erschießung eines 60 jährigen Russen

„...Auch in diesem Fall kann ein bestimmter Täter nicht festgestellt werden. „...Nach der unwiderlegten Einlassung des Beschuldigten N. handelt es Eine Einstellung des Verfahrens muss daher schon aus diesem Grunde erfol- sich um die Tötung eines Partisanen, die nach den früheren Ausführungen gen...“. (...) nicht den Verdacht des Mordes begründet. Eine Strafverfolgung wegen Verdachts des Totschlages ist durch Verjährung ausgeschlossen.“ Erhängung eines Russen Erschießung eines jüdischen Jungen „...Irgendwelche Hinweise auf bestimmte Täter, die die Erhängung vorge- nommen haben könnten, liegen nicht vor...“. „...Die nach dem Ergebnis der Ermittlungen vorliegende Handlungsweise des Beschuldigten N. begründet den Verdacht des Mordes im Sinne des § 211 StGB...“.

Polizeidirektion Schleswig-Holstein Süd PolizeibataillonAus den Ermittlungen 307 51

Erschießung zweier russischer Landarbeiter e) Aussiedlung der Juden aus Jaroslaw „...Die Tat des Beschuldigten N. begründet den Verdacht des Mordes nach In dem von S. geschilderten Fall haben sich keine Anhaltspunkte für strafbare § 211 StGB a(lte). und n(eue) Fassung...“. Handlungen der eingesetzten Bataillonsangehörigen ergeben, weil nicht geklärt werden konnte, was später mit den Juden geschehen ist. Das „Einsatz des Polizeibataillons 307 bei Maßnahmen zur Durchführung Verfahren muss daher eingestellt werden. der Judenvernichtung im Generalgouvernement von Mai bis August 1942 f) Vernichtung der Juden in Neu-Sandez Eine Beteiligung von Angehörigen des Polizeibataillons 307 an dieser a) Vernichtung der Juden in Tarnow Aussiedlungsaktion lässt sich nicht nachweisen...Das Verfahren ist des- Die Ermittlungen haben keinen ausreichenden Nachweis dafür erbracht, wegen hinsichtlich dieses Tatkomplexes mangels Beweises einzustellen. dass das Ziel der Aktion dem Personenkreis, zu dem diese drei Kompanie- angehörigen gehörten, bekannt war. Sie gehörten den unteren Dienst- M. Erschießung einer Russin und eines Kindes rangstufen an. Es ist vorstellbar, dass diesem Kreis der Bataillonsange- ...Die Einlassungen der Beschuldigten S. und St. sind nicht zu widerlegen, hörigen die wahren Ziele der Judenaussiedlung nicht mitgeteilt worden zumal M. als einziger Zeuge am 26.1.1965 (...) verstorben ist (...). Das sind, zumal das Vernichtungsprogramm der ‚Endlösung’ unter den Verfahren muss deshalb aus Mangel an Beweisen eingestellt werden. strengsten Geheimhaltungsvorschriften lief...Insoweit ist das Verfahren da- her mangels Beweises einzustellen... N. Tötung der Einwohner des Dorfes Woloccije ...Selbst wenn man jedoch unterstellt, das Polizeibataillon 307 und ins- b) Aussiedlung der Juden aus Ortschaften in der Nähe Tarnows besondere dessen Führung habe aktiv an der Tötung der Frauen und Kinder ...Es konnte nicht geklärt werden, wer während dieses Einsatzes die Kom- mitgewirkt, muss das Verfahren eingestellt werden. Major Binz als verant- panie geführt hat. Das Verfahren ist wegen dieses Vorfalls aus denselben wortlicher Bataillonskommandeur und Hauptmann Schweder, damaliger Erwägungen, die für die Aktion in Tarnow selbst gelten, einzustellen. Chef der 2. Kompanie, sind nicht mehr am Leben... .

c) Vernichtung der Juden in Reichshof O. Erschießung von drei Kommissaren ...Das Ermittlungsverfahren wird einzustellen sein gegen folgende frühere ...Die Angaben des S. reichen daher nicht aus, um gegen den Be- Bataillonsangehörige, die während der Aussiedlungsaktion dazu einge- schuldigten K. den hinreichenden Tatverdacht zu begründen. Das Verfah- setzt worden sind, die Juden zu sammeln, zu bewachen und abzutrans- ren ist somit gegen K. einzustellen. Gegen S. selbst ist das Verfahren eben- portieren... St. hat den Befehl zum Einsatz seiner Kompanie an der Grube falls einzustellen. Nach dem Ergebnis der Ermittlungen besteht gegen ihn bestritten. G. hat St. nicht genannt. Die Tatsache, dass Kompanieange- kein hinreichender Verdacht der Beihilfe zum Mord, sondern allenfalls der hörige dort eingesetzt waren, beweist für sich noch nicht den Einsatz .... Beihilfe zum Totschlag, die verjährt wäre. Beweisbar wären lediglich bereits verjährte Körperverletzungen. P. V ernichtung des Gettos in Sluzk d) Vernichtung der Juden in Przemysl ...Nach alledem kann – trotz der Aussagen der Zeugen L. und W. – nicht ...Das Ermittlungsverfahren wird eingestellt, soweit die Bataillonsangehö- davon ausgegangen werden, dass Einheiten des Polizeibataillons 307 bei rigen... nach ihren eigenen Bekundungen an der ‚Aussiedlungsaktion’ be- der Vernichtung des Gettos in Sluzk beteiligt gewesen sind...Das Verfah- teiligt gewesen sind, weil ihnen nicht nachgewiesen werden kann, dass sie ren, in dem nur die Beteiligung des Polizeibataillons 307 an der Tötung der in Kenntnis der bevorstehenden Vernichtung der Juden ihren Tatbeitrag Juden in Sluzk am 8. Februar 1943 zu untersuchen war, ist somit mangels geleistet haben...Weiterhin wird das Verfahren eingestellt gegen den Beweises einzustellen. Beschuldigten St. ...Soweit er durch den Einsatz der 1. Kompanie Beihilfe zur Ermordung der kranken und transportunfähigen Juden geleistet haben Q. Tötung zweier Russen könnte, muss das Verfahren eingestellt werden, weil dem Beschuldigten ...Nach den bisherigen Ermittlungen ist nicht zu erwarten, dass sich der bei Beginn der Aktion nicht nachweisbar bekannt war, dass auch in Nachweis einer verantwortlichen Mitwirkung des Beschuldigten S. an der Przemysl durch die Sicherheitspolizei mit den transportunfähigen Juden in Tötung der Russen durch andere Beweismittel noch wird führen lassen. derselben Weise wie in Reichshof verfahren werden würde, und weil eine Das Verfahren ist mangels Beweisen einzustellen. aktive Einflussnahme auf die Auswahl, den Transport und die Erschießung der Juden im Rahmen der örtlichen Aussiedlung durch Angehörige der 1. R. Tötung eines Russen und einer Russin Kompanie auf Grund seiner Anordnungen nicht nachgewiesen werden ...Das Verfahren ist daher mangels eines durch die alleinige Aussage des kann... M. begründeten Tatverdachts einzustellen...“.

Polizeidirektion Schleswig-Holstein Süd PolizeibataillonDie Bilanz 307 52

Aus einem Brief eines schleswig-holsteinischen Ermittlers zur Aufklärung natio- „Die Bilanz“ nalsozialistischer Gewaltverbrechen (August 1962) nach Abschluss der Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Lübeck 1965 „...Ich habe in den vorstehenden Zeilen nur in kurzen Zügen meine Stationen aufge- zeigt. Von meinen persönlichen Erlebnissen, Eindrücken und Empfindungen kann ich schriftlich gar nicht alles berichten. Natürlich kannst Du Dir...denken, dass ich mit wach- 304 Bataillonsangehörige verstorben oder für tot en Augen und mit warmen, aufgeschlossenem Herzen durch die Lande fahre und ne- erklärt ben Freud auch Leid und Bitternis sehe und empfinde. Vor allem der Umgang mit den Zeugen und dem ganzen Sachverhalt ist schon eine besondere Sache für sich. Bisher 37 Bataillonsangehörige vermisst haben wir keinen Zeugen gehabt, der gleich die reine Wahrheit sagte und uns die Arbeit erleichterte. Es war jedes Mal ein stundenlanges zähes Ringen um die Wahrheit. 148 Angehörige des Bataillons an den Einsätzen Und dann die Aussagen der Leute aufnehmen, wie Männer, Frauen und Kinder an den nicht beteiligt Erschießungsstellen stehen, laut jammernd und schreiend und in ihrer höchsten Not in den geschlossenen Gruppen zum lieben Gott beten. Es müssen furchtbare Szenen 221 Angehörige des Bataillons bei denen nicht gewesen sein. Unsere Wahrnehmungen können die Angst und die Not sicher nicht fes- nachgewiesen werden konnte, dass sie an den thalten. Leider kommen bei solchen Gelegenheiten persönliches Empfinden und Erschießungen beteiligt waren Vorstellen bei mir an. Es tauchen nicht nur die Gedanken an das Geschehen auf, ich finde vielleicht bei diesen Ermittlungen nochmals zu einem tieferen Sinn des Lebens 5 Beschuldigte die sich nicht in der Bundesrepu- hin....“. blik aufhalten

Quelle: Mit freundlicher Genehmigung des Leitenden Kriminaldirektors a. D. Karl-Georg Schulz 3 Beschuldigte die aus gesundheitlichen Gründen nicht vernommen werden konnten

329 Beschuldigte bei denen der Aufenthaltsort unbekannt ist

122 Beschuldigte die an Ermordungen beteiligt waren

4 Beschuldigte gegen die das Verfahren fortge- setzt wurde (Salzinger, Niehoff, Kayser, Klocker)

Gegen zwei Beschuldigte wurde das Verfahren „Man traf sich in anderer Umgebung wieder...“ eingestellt.

Gegen einen Beschuldigten (Niehoff) eröffnete das Landgericht Lübeck ein Verfahren wegen der Tötung eines Jungen (Freispruch mangels Beweisen)

Gegen einen Beschuldigten (Klocker) wurde das Verfahren nach Nordrhein-Westfalen ab- gegeben. Der Beschuldigte wurde außer Ver- folgung gesetzt.

Fazit: Wegen der in der Ausstellung geschil- derten Vorgänge wurde kein Bataillonsangehö- riger verurteilt. PolizeibataillonLiteraturhinweise 307

Ausgewählte Quellen- und Literaturhinweise

(Bei mehrfach zitierten Werken wird in der Regel nur der Nachname des Verfassers und des Reserve-Polizei-Bataillons 64 auf dem Balkan 1941-1943. In: Kenkmann/Spieker das erste Substantiv im Titel angegeben) (Hg.). Im Auftrag. S. 200-224. Wolfgang Kopitzsch. Polizeieinheiten in Hamburg in der Weimarer Republik und im Dritten Archiv der Freien und Hansestadt Lübeck, Polizeiamt Lübeck (AHL) Reich. In: Nitschke (Hg.), Deutsche Polizei, S. 139-167. Archiwum Glównej Badania Zbrondi Hitlerowskich w Polsce. Instytut Pamieci Naradowej, Wolfgang Kopitzsch. Hamburger Polizeibataillone im Zweiten Weltkrieg.. In: Angelika Warschau (Warschau) Ebbinghaus/Karsten Linne (Hg.). Hamburg im „Dritten Reich“. Hamburg 1997. S. 293- Bundesarchiv, Berlin (BAB) 318. Bundesarchiv, Außenstelle Ludwigsburg (Zentrale Stelle der Landesjustizverwaltungen), Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg (Hg.). Keine Bilder des Vergessens – Ludwigsburg (BAL/ZSt) Hamburger Polizeibataillone im Zweiten Weltkrieg. 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