Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt e.V. Institut für Planetenforschung

UNSER SONNENSYSTEM

Kurzer Überblick über die Körper unseres Sonnensystems und deren Erkundung mit Raumsonden zusammengestellt von Susanne Pieth und Ulrich Köhler

Regional Planetary Image Facility Direktor: Prof. Dr. Ralf Jaumann Datenmanager: Susanne Pieth

2017, 4., aktualisierte und erweiterte Auflage INHALT

3 Geleitwort 5 Exploration des Sonnensystems mit Raumsonden 11 Sonnensystem und vergleichende Planetologie 17 Sonne 21 Merkur 25 Venus 29 Erde-Mond-System 41 47 Asteroiden 55 Jupiter 61 69 Uranus 73 Neptun 77 Kuipergürtel und Zwergplaneten 85 Kometen 93 Planetenentstehung und Leben 97 Extrasolare Planeten

Anhang

100 Übersicht über die Missionen im Sonnensystem

Impressum 119 Wie komme ich an Bilddaten?

Herausgeber: Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt e.V. (DLR) Institut für Planetenforschung Regional Planetary Image Facility Die Texte entstanden unter Mitwirkung von Dr. Manfred Gaida, Anschrift: Dr. Christian Gritzner, Prof. Dr. Alan Harris, Ernst Hauber, Dr. Rutherfordstr. 2, 12489 Berlin Jörn Helbert, Prof. Dr. Harald Hiesinger, Dr. Hauke Hußmann, Telefon + 49 (030) 67055-333 Prof. Dr. Ralf Jaumann, Dr. Ekkehard Kührt, Dr. René Laufer, E-Mail [email protected] Dr. Stefano Mottola, Prof. Dr. Jürgen Oberst, Dr. Katharina DLR.de/rpif/ Otto, Dr. Ana-Catalina Plesa, Dr. Frank Sohl, Prof. Dr. Tilman Spohn, Dr. Alexander Stark, Dr. Katrin Stephan, Dr. Daniela Titelbild: DLR (CC-BY 3.0) Tirsch, Dr. Ruth Titz-Weider und Dr. Roland Wagner. Geleitwort

GELEITWORT

Eine Reise durch das Sonnensystem In der Natur von Forschung liegt es, dass mit jedem gelösten Rätsel neue Fragen aufgeworfen werden. Wie entstand das Leben auf der Im Jahr 1610 richtete Galileo Galilei zum ersten Mal den Blick durch Erde? Kommt es von einem anderen Himmelskörper oder wäre hö- ein Fernrohr auf die Gestirne – und entdeckte wahrlich „Revo- her entwickeltes Leben auf der Erde ohne den großen Mond denn lutionäres“. Was er sah und dann im Sidereus Nuncius zu Papier überhaupt möglich? Schließlich die Frage, die den Rahmen des brachte, zementierte das Weltbild des Nikolaus Kopernikus. Nun streng Wissenschaftlichen sprengt: Werden wir Leben auf einem an- stand nicht mehr länger die Erde im Zentrum des abendländischen deren Himmelskörper finden, diesseits und jenseits der Grenzen un- Universums, sondern die Sonne bildete den Mittelpunkt unseres seres Sonnensystems – und was bedeutet das für uns? Planetensystems. Kurz davor, 1609, formulierte Johannes Kepler in seiner Astronomia Nova die ersten beiden von drei Gesetzen, mit de- Wie keine andere Wissenschaft werden Astronomie und Planeten- nen die Bahnen der Planeten beschrieben werden konnten. Damit forschung erst durch Bilder begreifbar. Die Fotos, die von Raum- schuf er die Grundlage, auf der heute mit Raumsonden sämtliche sonden seit über 50 Jahren zur Erde gefunkt werden, eröffneten uns Körper des Sonnensystems mit hoher Präzision angesteuert werden. neue Welten, neue Perspektiven, neue Erkenntnisse. Die Plane- tologie, eine vergleichsweise junge Wissenschaft, ist weitgehend 1959 gelang es der Menschheit zum ersten Mal, mit einer Raum- Grundlagenforschung. Die Körper des Sonnensystems sind nun nicht sonde das Schwerefeld der Erde zu verlassen. Die sowjetische Sonde mehr länger nur Objekte astronomischer Beobachtungen, sondern Luna 1 flog zum Mond und war der Vorreiter einer ganzen Armada Körper, die unter geowissenschaftlichen Gesichtspunkten untersucht von Raumschiffen, die zur Erkundung der Planeten, ihrer Monde, werden. An den Erkenntnisgewinn ist aber auch eine Verpflichtung der Asteroiden und Kometen und nicht zuletzt der Sonne aufbra- geknüpft – nämlich der Öffentlichkeit die Ergebnisse dieser Wissen- chen. Schließlich folgte zehn Jahre später der berühmte riesengroße schaft zu vermitteln. Schritt, der für Neil Armstrong ja nur ein ganz kleiner war – in der Nacht vom 20. auf den 21. Juli 1969 betraten Menschen zum ersten Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) kommt dieser Mal einen anderen Himmelskörper, den Mond. Der wissenschaftli- Verpflichtung auf vielfältige Art und Weise gerne nach. Um die che Erkenntnisgewinn dieses zunächst politisch motivierten Projekts spannenden, faszinierenden Ergebnisse der Planetenforschung sicht- der Apollo-Mondlandungen war enorm sowie horizonterweiternd bar zu machen, wurde am DLR-Institut für Planetenforschung in und hat eine neue technologisch-wissenschaftliche Ära der Ent- Berlin-Adlershof in Kooperation mit der NASA die Regional Planetary deckungen, Vermessung und Erkenntnis eingeleitet. Image Facility (RPIF) eingerichtet, eine planetare Bildbibliothek, die alle Bilddaten der vielen Raumsonden von NASA, ESA und anderer Der Wettlauf zum Mond führte auf allen Gebieten der jungen Raumfahrtorganisationen archiviert und der Öffentlichkeit zugäng- Raumfahrt zu beispiellosen technischen Fortschritten – was auch lich macht. Das kleine Werk „Unser Sonnensystem“, nun schon in zum Segen für die Forschung wurde. Nicht nur der Mond, auch die vierter Auflage, soll einen kurzen Überblick über den aktuellen Stand um ein Vielfaches weiter entfernten Planeten unseres Sonnensystems der Erkundung unserer unmittelbaren kosmischen Umgebung ge- waren nun mit robotischen Raumsonden erreichbar. Zunächst ging ben. Teilen Sie unsere Faszination und lassen Sie sich mitnehmen auf es zur Venus und zum Mars, dann zu Merkur, Jupiter, Saturn, eine Reise von der Erde in die Tiefen des Sonnensystems! Uranus, Neptun, zu einzelnen Asteroiden und Kometen und schließ- lich zu Pluto und noch weiter. Es gelangen unzählige faszinierende Eine spannende Lesezeit wünscht Ihnen und erhellende Beobachtungen, denn durch den Blick auf die ande- ren Planeten und Monde haben wir nicht nur unglaublich viel über Ralf Jaumann das Sonnensystem erfahren, sondern auch Wichtiges über die Frühzeit, Entwicklung und Funktion unserer Erde lernen können, die unter allen Planeten so einzigartig ist. Nach wie vor ist die Erde der Prof. Dr. Ralf Jaumann lehrt Planetengeologie einzige Ort im Universum, von dem wir wissen, dass er Leben her- an der Freien Universität Berlin. Er ist Leiter der Abteilung Planetengeologie des DLR-Insti- vorgebracht hat. Und nicht zuletzt erkannten wir, dass dieser „Blaue tuts für Planetenforschung und Direktor der Planet“ fragil ist, geschützt werden muss, weil es das beste aller NASA/DLR Regional Planetary Image Facility denkbaren Raumschiffe ist. am DLR-Institut für Planetenforschung.

3 4 Exploration des Sonnensystems mit Raumsonden

EXPLORATION DES SONNENSYSTEMS MIT RAUMSONDEN

Mit dem Start von Sputnik 1 durch die Sowjetunion am 4. Oktober Oberflächen dieser vielgestaltigen Körper oder, wie im Falle der gro- 1957 begann das Raumfahrtzeitalter. Schon kurz darauf gelang es ßen Gasplaneten, der äußersten Schichten ihrer Atmosphären. Dies der ehemaligen UdSSR und den USA, Raumsonden zum Mond sowie geschieht auf Raumsonden mit zunächst konventioneller, später di- zur Venus und zum Mars zu schicken, den beiden Nachbarplaneten gitaler und schließlich multispektraler Fotografie sowie mit der abbil- der Erde. Bereits in den 1970er-Jahren wurden weiter entfernte denden Spektroskopie, die auch kürzere und längere Wellenlängen Planeten angesteuert, und es beteiligten sich auch andere Nationen erfasst. Gestatten dichte Atmosphären keine unmittelbare Sicht auf an der Erforschung der Planeten, Monde, Asteroiden und Kometen die Oberfläche, wie bei dem Planeten Venus oder dem Saturnmond des Sonnensystems, der Sonne selbst und an der Untersuchung des Titan, können Radarexperimente zur Charakterisierung der Ober- interplanetarem Raums und der kosmischen Umgebung. Trotz eini- flächen angewendet werden. ger Fehlschläge haben die vielen erfolgreichen Missionen zu den Körpern unseres Sonnensystems eine Vielzahl von Erkenntnissen über Für die planetare Fernerkundung werden neben Sensoren für das unsere nähere Umgebung im Weltall erbracht. Eine wesentliche Rolle sichtbare Licht, die in verschiedenen Kamerasystemen zum Einsatz bei der Erkundung des Sonnensystems spielt dabei die Erfassung der kommen, auch Detektoren für viele weitere Teile des elektromag- netischen Frequenzspektrums in Spektrometern eingesetzt. Bei die- sen Sensoren ist die Auflösung aber vielfach geringer. Allein deshalb bleiben viele Fragen ungeklärt und können nur durch zukünftige Raumfahrtmissionen geklärt werden.

Vorgehensweise bei der Erforschung

Der klassische Prozess der Erkundung anderer Himmelskörper be- steht aus den nachfolgend aufgeführten Stufen. Diese einzelnen Schritte stellen jeweils ein in Technik, Navigation, Kommunikation und Antriebsbedarf komplexeres Missionsszenario dar:

- Start, ggf. kurzzeitiges „Parken“ in der Erdumlaufbahn, Einschuss in eine interplanetare Flugbahn - Vorbeiflug am Zielkörper - Harte Landung auf der Oberfläche und/oder Absetzen einer Atmosphärensonde - Umlaufbahn um den Himmelskörper - Weiche Landung auf der Oberfläche und Aktivierung einer Experimentalstation - Roboterfahrzeuge (Rover), Ballon- und Flugzeugsonden/Drohnen - Materialprobenrückführung - Astronautische Expedition

Bild: Start von Rosetta an Bord einer Ariane-5-Rakete am 2. März 2004 von Kourou. (© ESA/CNES/ARIANE- SPACE-Service Optique CSG, 2004) Bild linke Seite: Künstlerische Darstellung der Raum- sonde Cassini über den Saturnringen. (© NASA/JPL)

5 Exploration des Sonnensystems mit Raumsonden

Dieser Ablauf wird nicht immer in der hier aufgeführten Reihenfolge Die zweite Phase von 1968 bis 1972 ist von der Realisierung der ers- eingehalten. Oftmals werden Schritte zusammengefasst oder über- ten bemannten Mondmissionen gekennzeichnet. Neben den sechs sprungen, wie der Blick auf fast fünf Jahrzehnte Planetenerkundung erfolgreichen US-amerikanischen Mondlandungen fanden vor allem zeigt. Dafür gibt es sowohl technisch-wissenschaftliche, als auch fi- sowjetische, unbemannte Missionen zu Mond, Mars und Venus nanzielle bzw. politisch-gesellschaftliche Gründe. statt. Das Apollo-Programm gab der Raumfahrt einen enormen Schub und war darüber hinaus für die Planetenforschung von gro- Die ersten vier Jahrzehnte ßer Bedeutung. Parallel dazu gab es auch unbemannte, vollautoma- tische Rückführungen von Mondgestein (Luna 16, 20 und 24), sowie Am 2. Januar 1959 erreichte die sowjetische Raumsonde Luna 1 er- das erste Roboterfahrzeug auf dem Mond (Luna 17/Lunochod 1). Erst folgreich die Fluchtgeschwindigkeit der Erde und läutete mit dem in den 1990er Jahren wurde bekannt, dass auch die UdSSR versuch- ersten Vorbeiflug am Mond das Zeitalter der Planetenerkundung ein. te, Menschen auf den Mond zu bringen. Doch die dafür entwickelte Damit verließ nach etlichen Fehlschlägen erstmals ein Raumfahrzeug Trägerrakete N1-Herkules versagte immer wieder, sodass das das Schwerefeld unseres Heimatplaneten. Die nachfolgend einset- Programm nach der ersten Mondlandung von Apollo 11 im Juli 1969 zende Erkundung des Sonnensystems lässt sich zeitlich in vier Phasen stillschweigend eingestellt wurde. Neben weiteren erfolgreichen einteilen. Vorbeiflügen an Venus und Mars landete 1970 Venera 7 als erste Sonde auf der Venus und Mariner 9 schwenkte in eine Umlaufbahn Die erste Phase von 1959 bis 1967 ist zunächst geprägt durch die um den Mars ein. Damit wurde die Sonde zum ersten künstlichen Erkundung des Mondes, doch schon wenig später wurden die beiden Satelliten eines anderen Planeten (1971/72). Nachbarplaneten der Erde, Venus und Mars, mit unbemannten Raum- sonden angesteuert. Die Erforschung des Mondes diente vor allem der Die dritte Phase von 1973 bis 1983 ist zum einen von der intensiveren Vorbereitung bemannter Missionen und war intensiv vom Wettlauf Erforschung der Nachbarplaneten Mars und Venus, zum anderen zweier konkurrierender politischer bzw. gesellschaftlicher Systeme um den technologischen Führungsanspruch gekennzeichnet. Der wissen- schaftliche Erkenntnisgewinn dieser Zeit war jedoch immens. Zu er- wähnen sind hier die sowjetischen Missionen Luna 1 (Mondvorbeiflug), Luna 2 (harte Mondlandung) und Luna 3, welche erste, wenn auch qualitativ schlechte, Bilder von der stets erdabgewandten Mond- rückseite lieferte. Alle drei Sonden wurden 1959 gestartet, gefolgt von weiteren Missionen der USA. Die US-Programme Ranger, Surveyor und Lunar Orbiter zur Erkundung des Mondes suchten bereits nach mögli- chen Landeplätzen für bemannte Missionen. Erste Aufnahmen von der Oberfläche und aus der Umlaufbahn des Mondes lieferten ab 1966 die Sonden Luna 9, Surveyor 1 sowie Lunar Orbiter 1 und 2. Die Erkundung der Venus und des Mars bestand vor allem aus Vorbeiflügen, von de- nen zunächst nur wenige so erfolgreich waren wie Mariner 2 (Venus, 1964), Mariner 4 (Mars, 1964/65) und der ersten Atmosphärensonde Venera 4 (Venus, 1967). Bereits in dieser Phase wurde bei den Trägersystemen der Umstieg auf leistungsfähigere Raketen mit teilwei- se hochenergetischen, kryogenen Oberstufen wie Atlas-Centaur (USA) oder Proton (UdSSR) vollzogen.

Bild: Ranger 7, gestartet am 28. Juli 1964, war die erste erfolgreiche Mission der Ranger-Serie zum Mond. Bis zum Aufschlag im Mare Nubium wurden über 4000 Bilder zur Erde übertragen. (© NASA)

6 Exploration des Sonnensystems mit Raumsonden

in dieser Phase ihr umfangreiches Venus-Programm mit Landungen, Oberflächenaufnahmen, Ballonsonden und Radarkartierungen fort. Die Venus wurde im Rahmen des US-amerikanischen Pioneer- Programms erkundet, ebenso wie später der Halleysche Komet, der bei seinem letzten Erscheinen im inneren Sonnensystem 1986 gleich von mehreren Raumsonden aus Europa, der UdSSR und Japan Besuch bekam. In diesen Jahren wurden neue oder modifizierte Sondentypen entwickelt, die jeweils eine höhere Nutzlastmasse ermöglichten; in der UdSSR ab Mars 2 bzw. Venera 9 und in den USA nach mit Raumfahrzeugen eines modifizierten Mariner-Bauplans.

Die vierte Phase beginnt 1989 und hat zwei Schwerpunkte: einerseits Start und Betrieb großer Raumsonden wie Magellan, Galileo oder Cassini/Huygens, andererseits die Durchführung kleiner, hochspeziali- sierter Missionen. Dabei bezieht sich die Größeneinschätzung sowohl von der Erkundung des äußeren Planetensystems geprägt. Die für lan- auf die Masse der Raumfahrzeuge als auch auf Kosten, Entwicklungs- ge Zeit einzigen Vorbeiflüge an Merkur fanden mit Mariner 10 von und Betriebszeiten der Mission. Herausragend dabei waren Galileo als 1973 bis 1975 statt. Daneben wurden weiteren Missionen zur Venus aufwändige Langzeitmission zur Erkundung des Jupitersystems (Start und zum Mars durch die UdSSR durchgeführt. Besondere Bedeutung 1989, Missionsende 2003) und Mars Pathfinder mit dem Rover erlangten in diesen Jahren zwei Programme: Viking und Voyager. Sojourner als spezialisierte Mission, um ein weiches Aufsetzen mit Airbags anstelle von Bremstriebwerken zu demonstrieren (geschehen Im Rahmen des amerikanischen Viking-Programms wurden 1975 am 4. Juli 1997 auf dem Mars). Die Bilder beider Missionen stießen zwei Orbiter und zwei Lander zum Mars geschickt, die dort ein Jahr auf großes Interesse in der Öffentlichkeit und trugen wesentlich zur später ihre Arbeit aufnahmen und teilweise bis in die achtziger Jahre gestiegenen Popularität der planetaren Raumfahrt bei. Bis heute folg- hinein Daten zur Erde sandten. Die Ergebnisse, vor allem die ten drei weitere Rover-Missionen. Fotokartierung der Oberfläche im Rahmen dieser Missionen bilden noch heute wichtiges Grundlagenwissen über diesen Planeten und Aktuelle und zukünftige Missionen dienen der Vorbereitung zukünftiger Missionen. Um die Jahrtausendwende sind im Wesentlichen drei Schwerpunkte Ähnliche Bedeutung erlangte das Voyager-Programm. Die beiden sichtbar geworden und markieren damit den Beginn der jüngsten baugleichen Voyager-Sonden starteten 1977 zur Erkundung des äu- ßeren Sonnensystems. Zwischen 1979 und 1989 absolvierte seine berühmte „Grand Tour“ mit Vorbeiflügen an den Gasplaneten Jupiter, Saturn, Uranus und Neptun und ihren jeweiligen Monden. Die beiden Voyager-Sonden haben nun in etwa 22 Milliarden Kilometer Entfernung die Grenze zum interstellaren Raum erreicht und senden noch heute Signale zur Erde. Das zuvor gewonnene Bildmaterial und die Messdaten stellen in Bezug auf das äußere Sonnensystem und dessen Grenze bis heute bedeutendes und hinsichtlich Uranus und Neptun sogar einzigartiges Grundlagenwissen dar. Die UdSSR setzte

Bild oben: Apollo 17-Astronaut Gene Cernan am Rover im Taurus-Littrow-Tal, vorn am Rover die TV-Kamera und die Antenne. (© NASA, Scan: JSC) Bild rechts: Sonde Voyager. (© NASA)

7 Exploration des Sonnensystems mit Raumsonden

aktuellen Phase in der internationalen Planetenforschung: 1. die inten- sive und langfristige Erkundung des Mars, 2. die Erforschung der klei- nen Körper des Sonnensystems und 3. die Erkundung der Eismonde von Jupiter und Saturn einschließlich Pluto. Die weitere Erforschung des Mondes, seine zukünftige Nutzung und eine mögliche Rückkehr mit Menschen zum Erdtrabanten wird insbesondere von den aufstre- benden asiatischen Raumfahrtnationen verfolgt. Auch Ziele, die be- reits einige Zeit oder bisher völlig unerforscht waren, rücken in den Vordergrund. Dazu zählen Merkur, der Zwergplanet Ceres und der große Vesta. Pluto, der zwischenzeitlich seinen Status als Planet verloren hat, stellte einen der letzten „weißen Flecken“ unter den großen Körpern des Sonnensystems dar, ehe die NASA-Sonde im Juli 2015 einen nahen Vorbeiflug absolvieren konn- te. Dabei wurden völlig neue Erkenntnisse über Pluto und die fernen Kuipergürtel-Objekte gewonnen. So war nicht damit gerechnet wor- den, dass sich in dieser kalten Region des Sonnensystems derart kom- Mit der Ankunft des Rovers Curiosity auf der Mars-Science-Laboratory- plexe Oberflächenstrukturen herausgebildet haben. Mission am 5. August 2012 erreichte die Marsforschung eine neue Qualität. Das 900 Kilogramm schwere Fahrzeug Curiosity verfügt ge- Insgesamt nahm im neuen Jahrtausend die Zahl der Planetenmissionen genüber seinen Vorläufern über eine deutlich gesteigerte Mobilität wieder zu. Die Miniaturisierung von Kameras und Messinstrumenten, und führt 95 Kilogramm wissenschaftliche Nutzlast für zehn sowie die Möglichkeiten zur Verarbeitung großer Datenmengen be- Experimente mit sich. Ziel der Mission ist die Suche nach möglichen reits an Bord der Sonden, führte zu enormen Fortschritten. Habitaten für Organismen auf dem Mars, nach Kohlenwasser- stoffverbindungen und der für die Entstehung und Entwicklung von Innerhalb der nächsten Jahrzehnte dürften alle zwei Jahre Sonden zu Leben notwendigen chemischen Elemente. Mit der nächsten Mars- unserem äußeren Nachbarplaneten, dem Mars, geschickt werden. sonde MAVEN untersucht die NASA seit 2014 die obere Atmosphäre. Nach dem Scheitern des Mars-Surveyor-‘98-Programms mit der miss- Die Landemission InSight soll 2018 starten und sich insbesondere der glückten Landung am Südpol des Mars und dem Fehlschlag mit einem Messung geophysikalischer Parameter des Marsinneren widmen. Dazu Orbiter für die Untersuchung der Marsatmosphäre hatte die NASA mit ist sie auch mit einem am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt drei weiteren Orbitern großen Erfolg, der mit der Landung der beiden entwickelten Bohrer für ein Wärmeflussexperiment ausgerüstet. Die Mars Exploration Rover, Spirit und Opportunity, im Jahre 2004 gekrönt ESA schickte 2016 mit ExoMars einen Orbiter und ein Landegerät zum wurde. Die aktuelle Explorationsstrategie für die Erforschung des Mars Mars, wobei die Landung missglückte. Im Jahr 2020 soll dann der wurde mit dem Schlagwort „follow the water“ überschrieben, womit ExoMars Rover folgen. zum Ausdruck gebracht werden soll, dass der Suche nach den Spuren von Wasser auf dem Mars und damit auch der Frage, ob es auf dem Die europäische Technologie-Testsonde SMART-1, die zwischen No- Mars einst lebensfreundliche Umweltbedingungen gab, höchste vember 2004 und Mitte 2006 den Mond umrundete und deren Priorität eingeräumt wird. Fernziel ist dabei – möglicherweise in einer Mission mit einem gezielten Einschlag auf der Mondoberfläche ende- gemeinschaftlich mit der Europäischen Weltraumagentur ESA durch- te, stellte gewissermaßen den Auftakt zu einer intensiven Erforschung geführten Mission – das Sammeln von Proben mit der Mission Mars unseres Erdtrabanten dar. Innerhalb kurzer Zeit folgten Mond- 2020 und deren Transport zur Erde; zu einem späteren Zeitpunkt ist missionen aus Japan, Indien und China. Die USA verbesserten die auch eine astronautische Landung auf dem Roten Planeten nicht aus- Datengrundlage für die Kartierung des Mondes seit 2009 mit dem geschlossen. Europas Beitrag ist dabei die sehr erfolgreiche Mars Lunar Reconnaissance Orbiter deutlich. Der Mond wird bei einigen der Express-Mission, die seit Ende 2003 eine Fülle von Daten und Bildern raumfahrenden Nationen und Agenturen auch weiterhin einen hohen mit hoher Auflösung vom Mars sendet. Bild: Selbstporträt des NASA-Marsrovers Curiosity im Krater Gale. (© NASA/JPL-Caltech/MSSS)

8 Exploration des Sonnensystems mit Raumsonden

Stellenwert haben, da er ein leicht erreichbarer Himmelskörper ist und Ein Highlight der Planetenforschung war die Anfang 2004 gestartete wissenschaftlich nach wie vor ein lohnendes Ziel darstellt. Für die europäische Rosetta-Mission, die zum Kometen 67P/Churyumov- Planetenforschung ist hier vor allem eine bessere Kenntnis der Mond- Gerasimenko flog und 2014 in eine Umlaufbahn um ihn einschwenk- rückseite von Interesse, sowie das Sammeln von Gesteinsproben an te. Im November 2014 setzte sie auf dem Kometenkern den Lander bisher nicht erforschten Stellen. Fortschrittliche Roboter könnten bei Philae ab. Rosetta lieferte bis September 2016 eine Flut an verblüffen- Missionen mit automatisierter Probennahme zum Einsatz kommen. den Bildern und neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen. Die OSIRIS-

Aber auch eine Rückkehr des Menschen zum Mond erscheint in den REx-Mission der NASA wurde 2016 zum Asteroiden 1999 RQ36 nächsten Jahrzehnten denkbar. (Bennu) gestartet, um ihn ab Sommer 2018 zunächst aus einer Umlauf- bahn zu charakterisieren und anschließend auf seiner Oberfläche eine Innerhalb der Erdbahn umkreiste die europäische Sonde Venus Probe zu entnehmen und diese zur Erde zu bringen. Express von 2006 bis 2014 unseren Nachbarplaneten. Von 2011 bis 2015 befand sich MESSENGER, eine 2004 gestartete Mission des Im äußeren Sonnensystem war die Mission Cassini-Huygens als eines Discovery-Programms der NASA, in einer Umlaufbahn um den der letzten großen Projekte zur Erkundung des Saturnsystems seit ih- Merkur und ermöglichte erstmals eine globale Charakterisierung rer Ankunft im Sommer 2004 ein weiterer Brennpunkt in der und Bildaufnahme des innersten Planeten. Im Oktober 2018 soll ihr Planetenforschung. Sie lieferte zuverlässig große Datenmengen aus die europäisch-japanische Mission BepiColombo folgen, die mindes- dem Saturnsystem, die das Wissen über das äußere Sonnensystem auf tens ein Jahr lang den Merkur erforschen wird. eine völlig neue Grundlage stellen. Besonders komplex im Hinblick auf das Missionsszenario, aber auch spannend und wissenschaftlich hoch Die Erkundung der kleinen Körper unseres Sonnensystems stellt einen interessant war im Januar 2005 der Abstieg der Landesonde Huygens zusätzlichen Eckpunkt dar. Die Mission Stardust hat zu Jahresbeginn durch die Atmosphäre des Titan mit der anschließenden Landung auf 2006 erfolgreich Staub aus dem Schweif des Kometen 81P/Wild 2 zur seiner Oberfläche. Die Mission endete im September 2017 mit dem Erde zurück gebracht. Auch die japanische Sonde Hayabusa kehrte Eintritt der Raumsonde in die Saturnatmosphäre. 2010 trotz zahlreicher technischer Probleme mit Probenmaterial vom Asteroiden Itokawa zur Erde zurück. Seit Ende des Jahres 2014 fliegt Die Erforschung des Jupiter bildet im kommenden Jahrzehnt einen die Nachfolgemission Hayabusa-2 zum Asteroiden Ryugu, um 2019 Schwerpunkt der europäischen Raumfahrt, wenn 2022 die große Proben zu entnehmen und 2020 zur Erde zu bringen. Mit an Bord be- Mission JUICE – Jupiter Icy Explorer – gestartet werden wird. findet sich der am DLR entwickelte Lander MASCOT, der sich durch Sie soll 2030 an ihrem Ziel ankommen und Jupiter und seine „Hüpfen“ auf der Oberfläche des Asteroiden bewegen und so Eismonde untersuchen. Bereits vor Ort befindet sich die amerikani- Messungen an unterschiedlichen Stellen vornehmen kann. Immer stär- sche Sonde und liefert erste Ergebnisse. ker in den Vordergrund rückt die Erforschung erdbahnkreuzender Asteroiden und ihrer mögliche Ablenkung im Falle eines Kollisions- kurses mit der Erde. Die Europäische Union und die ESA fördern hier umfangreiche Untersuchungen, die möglicherweise im kommenden Jahrzehnt in einer ersten Testmission zur Ablenkung eines Asteroiden von seiner Bahn münden sollen.

Ein großer Erfolg war bislang der Verlauf der 2007 gestarteten NASA- Mission Dawn. Sie erreichte 2011 den Asteroiden Vesta und erforsch- te ihn aus drei unterschiedlichen Umlaufbahnen, ehe sie im August 2012 zum Zwergplaneten Ceres weiterflog. Es ist die erste Raumson- de, die jenseits der Erde an zwei unterschiedlichen Körpern des Sonnensystems in eine Umlaufbahn gelenkt wurde.

Bild: Rosetta und Philae am Kometen 67P, künstlerische Darstellung. (© ESA/ATG medialab; Comet image: ESA/Rosetta/Navcam)

9 10 Sonnensystem und vergleichende Planetologie

SONNENSYSTEM UND VERGLEICHENDE PLANETOLOGIE

Das Sonnensystem, unsere nähere kosmische Heimat, ist nur eines fällt sie mit der Äquatorebene der Sonne zusammen. Die Rota- von vielen Planetensystemen im Weltall. Bis heute (Dezember 2017) tionsachsen der Planeten weichen meist nur wenig vom Lot auf diese sind etwa 3700 Planeten um andere Sterne bekannt. Wir dürfen da- Ebene ab. Ausnahmen bilden Uranus und Pluto. Der Zwergplanet von ausgehen, dass in den kommenden Jahren noch sehr viele Pluto ist so weit von der Sonne entfernt, dass eine Umrundung der Planeten und Planetensysteme entdeckt werden. Dabei zeigen sich Sonne 248 Jahre dauert. Merkur, der innerste Planet, benötigt dafür durchaus bedeutsame Unterschiede: So finden wir in extrasolaren nur 88 Tage. Die kleineren, unregelmäßig geformten Körper des Planetensystemen oft Riesenplaneten wie Jupiter und Saturn auf Sonnensystems haben häufig stärker elliptische Bahnen. Viele sternnahen Bahnen, auf denen sich im Sonnensystem die relativ klei- Kometen bewegen sich auf elliptischen bis hyperbolischen Bahnen, nen erdähnlichen Planeten befinden. die sie bis an den Rand des Sonnensystems führen oder sogar darüber hinaus. So nähert sich der Komet Halley etwa alle 76 Jahre auf einer Von den acht Planeten, die um die Sonne kreisen, wissen wir nur langgestreckten, elliptischen Bahn dem inneren Sonnensystem. Wenn von der Erde mit Sicherheit, dass dort Leben entstanden ist. Die die Erde auf ihrer jährlichen Reise um die Sonne in Bereiche gelangt, Untersuchung von Mikroorganismen, die unter extremen Bedin- in denen ein Komet aus seinem Schweif winzige Staub- und gungen auf der Erde leben, lässt allerdings vermuten, dass Leben Gesteinspartikel hinterlassen hat, treten in der Erdatmosphäre perio- auch auf anderen Planeten und Monden des Sonnensystems mög- dische Meteorschauer auf, die, wie beispielsweise die Perseiden, Mitte lich wäre. Das Leben auf der Erde entstand vor drei bis dreieinhalb August mitunter sehr spektakulär sein können. Milliarden Jahren, aber erst seit dem Zeitalter des Kambriums, das vor etwa 570 Millionen Jahren begann, hat sich das Leben in der In Abhängigkeit von der Entfernung zur Sonne zeigt sich ein deutli- heutigen Vielfalt entwickelt. cher Trend in der jeweiligen Masse und Zusammensetzung der Planeten. Die erdähnlichen oder „terrestrischen“ Planeten (Merkur, Bereits in der Antike beobachteten Astronomen Lichtpunkte, die sich Venus, Erde, Mond* und Mars) im inneren Sonnensystem haben ei- vor dem Hintergrund des „fixen“, unveränderlichen Sternenhimmels ne vergleichsweise geringe Masse bei einer hohen Dichte und beste- bewegten. Sie nannten diese Objekte Planeten, was soviel wie hen vor allem aus Gestein und Eisen. Die großen Planeten des „Wanderer“ bedeutet. Später gaben sie den einzelnen, mit dem blo- äußeren Sonnensystems – die Gasriesen Jupiter und Saturn, sowie ßen Auge sichtbaren Wandersternen die noch heute gebräuchlichen die Eisriesen Uranus und Neptun – haben im Gegensatz dazu bei Namen römischer Gottheiten: Jupiter – der Göttervater, Mars – der kleinerer Dichte eine viel größere Masse. Jupiter und Saturn beste- Kriegsgott, Merkur – der göttliche Bote, Venus – die Göttin der Liebe hen vorwiegend aus gasförmigen, aber wegen des enormen Drucks und Schönheit sowie Saturn – Jupiters Vater und zugleich Gott der im Inneren, superkritischem bis sogar metallischem Wasserstoff und Landwirtschaft und der Zeit. Seit gut 50 Jahren wagt sich der Mensch Helium, in dem die Unterschiede zwischen gasförmigem und flüssi- ins All vor, anfangs mit robotischen Raumsonden, um Planeten und gem Zustand verschwimmen. Uranus und Neptun dagegen bestehen deren Monde vor Ort zu erkunden – später auch mit bemannten hauptsächlich aus superkritischem Methan, Wasser und Ammoniak Raumschiffen in den erdnahen Orbit und zum Mond. Die Perspektive sowie aus molekularem Wasserstoff und Helium. Die Riesenplaneten auf die Erde von außen ermöglichte zum einen völlig neue haben Monde, die zumeist zu großen Teilen aus Eis bestehen. Diese Forschungsaspekte, er öffnete dem Menschen aber auch die Substanzen – Wasser, Methan, Ammoniak und Stickstoff – konden- Perspektive auf seinen Heimatplaneten aus einer gewissen Distanz. sieren bei niedrigen Temperaturen und Drücken, Wasserstoff und Helium dagegen bleiben unter fast allen natürlichen Bedingungen Zu unserem Sonnensystem gehören viele unterschiedliche Körper, die gasförmig. In ihrem tiefen Inneren haben jedoch auch die von lockeren, hochporösen Körpern aus Staub und Eis (wie der Kern des Kometen Churyumov-Gerasimenko), über Asteroiden aus Gestein, Metall und Eis, erdähnliche Gesteinsplaneten mit fester Oberfläche bis hin zu gigantischen Gasbällen reichen. Diese Gasriesen haben einen * Im Sinne der vergleichenden Planetologie wird der Mond als Bestandteil des Erde-Mond-Systems auf- bis zu elfmal größeren Durchmesser als die Erde. Alle Planeten umlau- grund seiner Größe und Zusammensetzung als erdähnli- fen die Sonne in der gleichen Richtung und ihre nahezu kreisförmigen cher Planet betrachtet. Umlaufbahnen liegen fast in der gleichen Ebene, der Ekliptik. Die Bild linke Seite: Monde in unserem Sonnensystem. Ekliptik ist die Bahnebene, in der die Erde die Sonne umläuft, zugleich (© NASA)

11 Sonnensystem und vergleichende Planetologie

Riesenplaneten wahscheinlich Kerne aus dichterem Material, ver- Aktuelle Theorien zur Entstehung unseres Sonnensystems basieren auf mutlich aus Silikaten und Metallen. der allgemein akzeptierten und erstmals von Immanuel Kant und Pierre Laplace im 18. Jahrhundert formulierten Vorstellung, dass die Die Planeten unseres Sonnensystems haben zusammen über 170 be- Sonne und die Planeten vor rund 4,6 Milliarden Jahren aus einem pro- kannte Monde oder Trabanten. Diese weisen sehr unterschiedliche tostellaren Nebel entstanden. Dieser Nebel entwickelte sich durch den Größen auf, von kleinen Gesteins- und Eisbrocken bis hin zu plane- Kollaps einer rotierenden interstellaren Staubwolke, die aus einer oder taren Körpern wie Ganymed, Callisto, Io und Titan, die größer als mehreren Supernovae in dieser Zone der Galaxis hervorgegangen ist. der Erdmond sind. Viele Trabanten wurden erst mit Hilfe von Dabei bildeten sich vermutlich innerhalb von wenigen Millionen Raumsonden entdeckt. Nur einer von ihnen, der Saturnmond Titan, Jahren erst die Riesenplaneten Jupiter und Saturn, die danach – so ei- besitzt eine dichte Atmosphäre, und nur die Jupitermonde Europa, ne jüngere Vermutung – zunächst nach innen und dann wieder nach Ganymed und Callisto haben Magnetfelder, wobei die Felder durch außen wanderten. Diese Wanderbewegung ist auf die gravitative das Magnetfeld des Jupiter induziert werden, während die Monde Wechselwirkung der beiden Riesenplaneten untereinander und mit um ihn kreisen. Ganymed weist zusätzlich ein Magnetfeld auf, das dem Restnebel zurückzuführen. Durch die Einwärtsbewegung wurde wie das der Erde tief im Inneren des Körper erzeugt wird. Der das Material im inneren Bereich des Nebels zusammengeschoben, so Jupitermond Io ist der vulkanisch aktivste Körper im ganzen dass sich dort dann die kleinen erdähnlichen Planeten bilden konnten. Sonnensystem und gibt im Mittel 20-mal mehr Wärme ab, als die In den meisten bisher entdeckten anderen Planetensystemen sind die wesentlich größere Erde. Unter den gefrorenen Eisdecken der Riesenplaneten nicht wieder nach außen gewandert. Welche Jupitermonde Europa, Ganymed und Callisto vermutet man Ozeane, Auswirkungen dies auf die Chance für eine „zweite“ Erde in solchen und Bilder der Oberfläche von Europa, aber auch der von Ganymed Sternsystemen hat, muss noch untersucht werden. deuten an, dass es in der Eiskruste Bewegungen gibt, die auf darun- ter verborgene Ozeane hindeuten. Auch die vorstehend erwähnten Die Akkretion eines Planeten verläuft wie eine Kaskade. Nach der induzierten Magnetfelder weisen auf Ozeane hin. Man benötigt zur Kondensation fester Teilchen bilden sich Klumpen, die dann aufein- Erklärung der induzierten Felder eine oberflächennahe, elektrisch lei- anderstoßen und sich zerstören oder miteinander zu größeren Gebil- tende Schicht, die am besten durch mit Elektrolyten angereichertes den verbinden können. Das restliche Gas der protoplanetaren Wasser erklärt werden kann. Während die Monde der Riesen- Scheibe kollabierte auf die größten, am schnellsten gewachsenen planeten wahrscheinlich wie ein kleines Planetensystem um den zen- Protoplaneten und bildete zunächst Jupiter und dann die anderen tralen Körper entstanden sind, handelt es sich bei anderen Monden Gasplaneten. Dabei kam es möglicherweise zu Instabilitäten, die u.a. wie den beiden Marsmonden Phobos und Deimos vermutlich um den Neptun von diesseits des Uranus auf eine Bahn jenseits Asteroiden, die von der Anziehungskraft des Planeten eingefangen wurden, oder, wie im Falle des Saturnmondes Phoebe oder des Neptunmonds Triton, um Körper aus den ferneren Zonen des Bild rechts oben: Künstlerische Darstellung unseres Sonnen- Sonnensystems, die durch die Schwerkraft auf Bahnen um die systems; Größen und Abstände sind nicht maßstabsgerecht Planeten gelenkt wurden. abgebildet. (© NASA/JPL) Bild unten: Maßstäbliche Entfernungen im Sonnensystem unabhängig von der Planetengröße. (© DLR)

12 Sonnensystem und vergleichende Planetologie

13 Sonnensystem und vergleichende Planetologie

beförderten. Die mit der Instabilität verbundene Verwirbelung der durch Vulkanismus auszugasen, kann dabei mit Modellrechnungen Region der Riesenplaneten hat zur Bildung des Kuipergürtels jenseits einfacher erklärt werden, als Wasser von außen in einen heißen, tro- von Neptun geführt, in dem wir heute Pluto und andere Zwerg- ckenen Planeten hineinzubringen. planeten finden. Die inneren vier terrestrischen Planeten entstanden durch den Prozess der Akkretion in einer Region, in der aufgrund der Aufgrund astronomischer Beobachtungen können wir heute proto- höheren Temperatur Wasser und insbesondere Eispartikel nicht lan- planetare Scheiben z.B. um den Stern HR4796A und entstehende ge stabil waren. Allerdings kann Wasser in Silikaten chemisch ge- Planetensysteme z.B. um Beta Pictoris beobachten. Darüber hinaus bunden gewesen sein. Eine wichtige aktuelle Debatte der Wissen- kennen wir inzwischen über 600 extrasolare Planetensysteme wie schaft betrifft die Herkunft des Wassers auf der Erde und auch auf z.B. das kürzlich entdeckte System um den Stern Trappist-1 oder das den anderen Gesteinsplaneten. Eine Hypothese läßt in der Spätphase von Wissenschaftlern des DLR-Instituts für Planetenforschung ent- der Entstehung wasserhaltige Kleinkörper aus dem äußeren Sonnen- deckte System um Gliese 876. Das bedeutet, dass wir Theorien der system auf die terrestrischen Planeten gelangen. Dieser Schauer Entstehung und Entwicklung des Sonnensystems verallgemeinern könnte durch das oben genannte Einwärts- und Auswärtswandern und die Vielfalt der möglichen Systeme und Entwicklungen bestau- von Jupiter und Saturn ausgelöst worden sein. Eine andere Hypo- nen können. Unser Sonnensystem ist nicht einzigartig, aber auch these baut das Wasser schon in die Protoplaneten ein, da Wasser keine Blaupause für alle anderen Planetensysteme. und andere flüchtige Stoffe chemisch selbst in heißem Gestein mi- neralisch gebunden sein kann. Demnach wäre das Wasser auf der Bild: Akkretionsphase im Planetensystem Epsilon Erde aus dem Planeteninneren durch Vulkanismus an die Oberfläche Eridani, künstlerische Darstellung. (© NASA/JPL-Caltech) gelangt. Ohne Zweifel finden sich im Inneren der Erde erhebliche Bild rechte Seite: Blick der Sonde zurück auf Mengen an Wasser (zumindest eine weitere Ozeanmasse). Wasser unser Sonnensystem. (© NASA/JPL)

14 Sonnensystem und vergleichende Planetologie

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DIE SONNE

Seit Urzeiten hat der Mensch die Sonne als Gottheit, Lebensquell, Quelle des Lichtes und der Kraft verehrt. Alle Kulturen haben ihr in zahllosen Mythen, Gemälden, Gedichten und Gesängen einen be- sonderen Platz eingeräumt. Nüchtern betrachtet ist die Sonne unser nächster Fixstern in einer Entfernung von rund 150 Millionen Kilometern, die als Astronomische Einheit bezeichnet wird und als Maßstab für Entfernungsangaben im Sonnensystem dient. Die Sonne ist zudem der einzige Stern, dessen Oberfläche wir intensiv im Detail studieren können. Anders als bei fernen Sternen können wir die Wirkung der Sonne auf die uns umgebende Natur unmittelbar erfahren. Sie war und ist letztendlich die entscheidende Energie- quelle für die meisten physikalischen und chemischen Vorgänge so- wie nahezu alle biologischen Prozesse im Sonnensystem.

Dabei ist die Sonne für die Astronomen ein ganz gewöhnlicher Stern vom Spektraltyp G2 V. Die Sonne ist einer von zwei- bis dreihundert Milliarden Sternen der Milchstraße, einer Balkenspiralgalaxie. In einem äußeren Spiralarm der Milchstraße entstand sie vor etwa 4,6 Milliarden Jahren durch Kontraktion und Verdichtung einer rotieren- Genauso wichtig wie die Masse ist aber auch die chemische den Scheibe aus Gas und Staub. Die Sonne ist der zentrale Körper des Zusammensetzung der Sonne, die zu 73 Prozent aus Wasserstoff, zu Sonnensystems und zugleich der uns nächstgelegene Fixstern. Sie hat 25 Prozent aus Helium und zu zwei Prozent aus schwereren einen Radius von 109 Erdradien, vereint mit einer Masse von etwa Elementen besteht, was man spektroskopisch nachweisen kann. 2 × 1030 Kilogramm über 99,8 Prozent der gesamten Masse des Joseph von Fraunhofer (1787–1826) beobachtete im Jahr 1814 als Sonnensystems auf sich, und wird von acht bekannten Planeten sowie erster schwarze Linien im Spektrum des Sonnenlichtes, die sich ein zahlreichen kleinen Körpern umlaufen. Über 330.000 Erdkugeln paar Jahrzehnte später durch die Arbeiten von Gustav Robert bräuchten wir, um die Sonne aufzuwiegen. Das Schwerefeld, das von Kirchhoff (1824–1887) und Robert Wilhelm Bunsen (1811–1899) als dieser gewaltigen Zentralmasse ausgeht, prägt allen Planeten, Aste- die Fingerabdrücke der chemischen Elemente herausstellten. roiden und Kometen ihre individuell geformten Umlaufbahnen und Kurioserweise entdeckte Sir Joseph Norman Lockyer (1836–1920), deren Neigung gegenüber dem Sonnenäquator auf. Bei totalen zugleich Begründer der renommierten Zeitschrift Nature, zuerst im Sonnenfinsternissen können wir sogar anhand der Vermessung von Sonnenspektrum das Element Helium, das folglich nach der Sonne, Sternpositionen die Krümmung des Raumes beobachten, die die gr. helios, benannt wurde. Sonne in ihrer Umgebung hervorruft und die von Albert Einstein (1879–1955) bereits 1915 im Rahmen seiner Seit der Erfindung des Fernrohrs hat man Allgemeinen Relativitätstheorie vorhergesagt die Sonnenoberfläche näher untersucht.* wurde. Dies betrifft die relativistische Licht- Fakten Heutzutage wird die wechselnde Aktivität ablenkung im Gravitationsfeld der Sonne, die der Sonne laufend mit Hilfe spezieller doppelt so groß ist wie die Ablenkung nach Masse 1,989 × 1030 kg Sonnenteleskope und permanent auf die Isaac Newtons klassischer Gravitationstheorie. Radius 695.700 km Dichte 1410 kg/m3 Bild oben: Sonnenflecken in einer aktiven Region. Rotationsperiode 24,5 – 35 Tage (© Royal Swedish Academy of Sciences) 16 Zentraldruck 2,477 × 10 Pa Bild linke Seite: Längliches dunkles Filament, das * Die Sonne darf niemals mit einem Fernrohr Zentraltemperatur 1,571 × 107 K sich über ein Drittel der Sonne erstreckt. Kombi- nation aus drei verschiedenen Wellenlängenbe- ohne entsprechende zertifizierte Sonnenfilter Zentraldichte 1,622 x 105 kg/m3 direkt beobachtet werden – sonst droht eine reichen des extremen ultravioletten Lichts. schwere Schädigung der Augen. (© NASA/SDO)

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Sonne ausgerichteter Satelliten überwacht. Schon im Jahr 1610 fie- Forschungssatelliten haben dazu neue wissenschaftliche Er- len dem Jesuiten und Mathematiker Christoph Scheiner (1579– kenntnisse geliefert. Die Photosphäre wird von der etwa 10.000 1650) und dem ostfriesischen Magister Johannes Fabricius Kilometer dicken und kühleren Chromosphäre überlagert, die bei (1587–1616) unabhängig voneinander dunkle Flecken auf, die im Verfinsterungen der Sonne durch den Erdmond kurzzeitig als röt- Laufe von 14 Tagen von einem Sonnenrand zum anderen wander- licher Farbsaum zu erkennen ist. Das Sonnenlicht wird durch die ten. Daraus schloss man schon recht bald, dass die Sonne mit einer extrem stark verdünnte Sonnenatmosphäre gestreut, was man sehr Periode von rund einem Monat rotieren muss. Heute wissen wir, schön als strahlenkranzförmige Sonnenkorona während der dass unser Zentralgestirn mit seiner gasförmigen Oberfläche nicht Totalitätsphase einer Sonnenfinsternis beobachten kann. Die gleichmäßig rotiert. Mit wachsender heliographischer Breite nimmt Sonnenkorona umgibt die Sonne bis in eine Entfernung von ein bis die Rotationsdauer von 25 Tagen am Sonnenäquator bis auf 35 Tage zwei Sonnenradien, also bis etwa anderthalb Millionen Kilometer an den Sonnenpolen zu. Verglichen mit anderen Sternen rotiert die in den Weltraum. Von der Sonnenkorona geht der Sonnenwind Sonne mit einer Geschwindigkeit von zwei Kilometern pro Sekunde aus, ein ständig vorhandener Teilchenstrom, der aus freien am Äquator aber eher langsam. Das Zentrum der Sonne rotiert hin- gegen fast viermal schneller als ihre Oberfläche. Der Kern der Sonne benötigt nur eine Woche für eine Rotation um seine Achse. Dies er- gab eine Neuauswertung langjähriger Aufzeichnungen der Sonnenoszillationen durch den Satelliten SOHO. Es zeigte sich, dass Schwerewellen, die das tiefe Sonneninnere durchqueren, auch die kleinräumigen Schwingungen an der Sonnenoberfläche geringfügig beeinflussen. Die ungewöhnlich rasche Rotation des Zentrums der Sonne ist ein Überbleibsel aus der Frühphase des Sonnensystems und hängt vermutlich mit der Entstehung der Sonne aus einer rotie- renden Gas- und Staubwolke zusammen.

Die Sonnenflecken selber erscheinen dunkel, weil es sich um bis zu 1500 Grad Celsius kältere Regionen in der rund 5500 Grad Celsius heißen Photosphäre handelt. Sie heben sich schwarz in dem heiße- ren Umfeld ab. Im Jahre 1843 gelang es dem Apotheker und Amateurastronomen Samuel Heinrich Schwabe (1789–1875) nach- zuweisen, dass die Zahl der Sonnenflecken mit einer elfjährigen Periode schwankt. Dem elfjährigen Sonnenfleckenzyklus sind ver- mutlich noch längere Perioden überlagert, die mit Klimaver- änderungen – wie in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts – in Verbindung gebracht werden. Die größten Flecken auf der Sonne sind bis zu 20 Erdradien ausgedehnt und können mehrere Monate lang stabil bleiben. Als Ursache der Fleckenbildung nimmt man an, dass sich die Sonnenmagnetfeldlinien im differentiell rotierenden Geschwindigkeitsfeld der Sonne aufspulen und mit den elektrisch geladenen Teilchen des heißen Sonnengases auf komplizierte Weise wechselwirken. Die „gestörten Zonen“, die dabei lokal ent- stehen, werden als dunkle, kühlere Stellen sichtbar. Etliche

Bild: Protuberanzen, heiße Gase entlang der Magnet- feldlinien, steigen aus der Korona auf, aufgenommen im extremen ultravioletten Licht. (© NASA/SDO)

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Elektronen und Atomkernen besteht (86 Prozent Wasserstoffkerne, 13 Prozent Heliumkerne, ein Prozent schwerere Atomkerne). Die hohen Teilchengeschwindigkeiten des Plasmas entsprechen in der Korona kinetischen Temperaturen von einigen Millionen Grad Kelvin.

Das Innere der Sonne wird physikalisch in drei Zonen unterteilt. In der Zone der innersten 20 Prozent des Sonnenradius wird die Energie durch Kernfusion erzeugt: je vier Wasserstoffkerne ver- schmelzen zu einem Heliumkern. Dabei wird Bindungsenergie frei, d.h. Energie, die aufgewendet werden müsste, um einen Kern in seine einzelnen Protonen und Neutronen zu zerlegen. Dem Ein- steinschen Energie-Masse-Äquivalent entsprechend verliert die Sonne bei der Umsetzung von 600 Millionen Tonnen Wasserstoff zu Helium etwa vier Millionen Tonnen Masse pro Sekunde! Damit die Umwandlung von Wasserstoff zu Helium stattfinden kann, müssen im Zentrum der Sonne extreme Druck- und Tempe- raturbedingungen vorherrschen. Zwischen 20 und 75 Prozent des Sonnenradius liegt über der Zone der Energieerzeugung die Strah- lungszone, in der die im Inneren erzeugten Energiequanten unzäh- ligen Streuungen und Reflexionen unterworfen sind und im Mittel erst nach 170.000 Jahren an den oberen Rand der Strahlungszone gelangen. Dort angekommen, werden sie binnen weniger Tage durch Konvektion an die Sonnenoberfläche transportiert, von wo aus sich Licht und Strahlung mit Lichtgeschwindigkeit radial im Raum ausbreiten. Nur der zweimilliardste Teil davon trifft die Erd- oberfläche und entfaltet hier seine Wirkung. Sonne „einverleibt“ wird, hängt entscheidend davon ab, wie viel Gesamtmasse und chemische Zusammensetzung sind – wie auch Masse die Sonne tatsächlich als Roter Riese verliert und wie stark bei jedem anderen Stern – die beiden entscheidenden Parameter, dessen Gezeitenwirkungen auf die Erde sind. Am Ende ihres gut die den Lebenslauf der Sonne festlegen. Energetisch herrscht in der zwölf Milliarden Jahre währenden Gesamtlebens wird die Sonne zu Sonne ein Gleichgewicht zwischen dem nach außen gerichteten einem kohlenstoff- und sauerstoffreichen Weißen Zwergstern von Gasdruck (und in geringerem Maße auch dem Strahlungsdruck) Erdgröße zusammenschrumpfen. Dabei wird durch den wiederer- und der nach innen wirkenden Gravitationskraft. Während ihrer starkenden Sonnenwind die äußere Hülle der Sonne abgeblasen, gesamten Lebenszeit versucht die Sonne wie auch jeder andere so dass ein hypothetischer Betrachter aus der Ferne einen prächtig „normale“ Stern dieses Gleichgewicht aufrechtzuerhalten und anzuschauenden planetarischen Nebel am Firmament erkennen passt sich mit ihrer äußeren Gestalt den sich wandelnden würde. Abgeschnitten vom Nachschub an Energie durch kernphy- Fusionsprozessen im Innern an. So wird sie in etwa sechs Milliarden sikalische Prozesse im Inneren oder die schrumpfungsbedingte Jahren anfangen, das Stadium eines „Roten Riesen“ zu durchlau- Freisetzung von Gravitationsenergie kühlt der Weiße Zwergstern fen und sich dabei, relativ schnell, vermutlich bis zur heutigen im weiteren Verlauf seiner Entwicklung vollständig aus und wird Marsbahn aufblähen. Infolge eines zunehmenden Massenverlustes somit zum Bestandteil der dunklen Materie im Universum. werden die Bahnen der inneren Planeten dabei merklich „angeho- ben“: Unsere Erde würde dann in der Nähe der heutigen Marsbahn Bild: Totale Sonnenfinsternis mit Korona vom 29. März die rote Riesensonne umlaufen. Ob sie letztendlich als unwirtlicher 2006, aufgenommen in der Nähe von Manavgat, Türkei. Wüstenplanet „überleben“ oder wie Merkur und Venus von der (© M. Zapf/Wikimedia Commons)

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Merkur ist der innerste Planet in unserem Sonnensystem. Aufgrund sei- ner Sonnennähe ist er von der Erde aus bestenfalls etwa zwei Stunden vor Sonnenaufgang bzw. nach Sonnenuntergang zu sehen. In jeweils 217 Jahren zieht Merkur von der Erde aus gesehen 20-mal im November und neunmal im Mai als schwarzer Fleck über die helle Sonnenscheibe, das nächste Mal am 11. November 2019.

Merkurs Bahn ist stark elliptisch und infolgedessen gibt es einen gro- ßen Unterschied zwischen der Aphel- und Periheldistanz. Im Perihel, dem sonnennächsten Punkt seiner Bahn, nähert sich der Planet der Sonne bis auf 46 Millionen Kilometer an (bezogen auf den Sonnenmittel- punkt), im Aphel, dem sonnenfernsten Punkt seiner Bahn, ist er 70 Millionen Kilometer von ihr entfernt. Die Bahn des Merkurs vollführt eine langsame Rechtsdrehung in ihrer Ebene um den gemeinsamen Schwerpunkt von Sonne und Merkur. Diese sogenannte „Perihel- drehung“ führt dazu, dass der Merkur im Laufe der Zeit eine Art Rosettenbahn um die Sonne beschreibt. Die Drehung wird hauptsäch- lich durch die Störungen der anderen Planeten und die höheren Titan. Die Schwerebeschleunigung an der Oberfläche ist nur etwa ein Momente im Gravitationsfeld der Sonne verursacht. Ein geringer aber Drittel so groß wie auf der Erde, ist aber genauso groß wie die des merklicher Anteil dieser Drehung kann allerdings nur mit Hilfe der all- wesentlich größeren Planeten Mars. Trotz der damit einhergehenden gemeinen Relativitätstheorie erklärt werden und ist einer der klassi- geringen Eigenkompression entspricht die mittlere Dichte des Merkur schen Beweise für Einsteins Theorie der gekrümmten Raumzeit. in etwa derjenigen der Erde. Das gibt Grund zu der Annahme, dass das Merkurinnere einen hohen Metallanteil aufweist. Neuere Zwischen der Rotations- und der Orbitalperiode Merkurs besteht ei- Strukturmodelle gehen von einem ausgedehnten eisenreichen Kern ne im Sonnensystem einzigartige Kopplung: während drei Rotationen von etwa 4000 Kilometer Durchmesser aus, der von einem nur 400 um die eigene Achse umrundet Merkur zweimal die Sonne. Dies bis 450 Kilometer mächtigen Gesteinsmantel überlagert wird. Die ho- führt dazu, dass zwischen zwei Sonnenaufgängen auf dem Planeten he mittlere Dichte des Planeten und dessen Nähe zur Sonne liefern 176 irdische Tage vergehen, obwohl die Rotationsdauer nur 59 irdi- somit wichtige Anhaltspunkte zum Verständnis der Entstehung und sche Tage beträgt. Aufgrund des langen Tag-Nacht-Zyklus heizt sich Entwicklung der Körper des inneren Sonnensystems. die Oberfläche auf der Tagseite durch die Sonneneinstrahlung enorm auf und strahlt ihre Wärme auf der Nachtseite direkt in den Weltraum Merkur unterliegt aufgrund der stark elliptischen Umlaufbahn und ab. Im Gegensatz zu den anderen inneren Planeten Venus, Erde und der gekoppelten Rotation starken Gezeitenverformungen. Diese ge- Mars werden auftretende Temperaturunter- hen mit periodischen Verschiebungen der schiede beim Merkur nicht durch Wärme- transport in einer Atmosphäre ausgeglichen. Fakten Die Oberflächentemperatur schwankt daher Masse 3,301 x 1023 kg zwischen Extremwerten von −180 bis +430 Bild: Vulkanismus war auch auf Merkur weit ver- Grad Celsius. Radius 2439,7 km breitet. Das Bild zeigt ausgedehnte Ebenen er- Dichte 5427 kg/m3 starrter Lavaströme, Fließfronten, und von Lava geflutete Krater nahe dem Nordpol.(© NASA/ Unter den erdähnlichen Planeten ist Merkur Rotationsperiode 58,67 Tage JHUAPL/Carnegie Institution of Washington) in mehrfacher Hinsicht außergewöhnlich. Orbitalperiode 87,97 Tage Bild linke Seite: Globale Ansicht des Merkur in Mit einem Durchmesser von 4880 Kilo- Durchschnittliche 57,9 x 106 km Echtfarbe, aufgenommen von der Sonde MES- metern ist er nicht nur der kleinste Planet im Entfernung von der Sonne SENGER. Das helle Gebiet rechts oben im Bild ist Sonnensystem, sondern auch kleiner als der das Innere des Caloris-Beckens. (© NASA/JHUAPL/ Jupitermond Ganymed oder der Saturnmond Carnegie Institution­ of Washington)

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Oberfläche und Schwankungen des Gravitationsfeldes einher. Die angesteuert werden. Bei Annäherungen an den Planeten muss so- Gezeitenverformung des Merkur soll im Rahmen des Laseraltimetrie- wohl die große Anziehungskraft des Zentralgestirns als auch die Experiments BELA an Bord der europäischen Mission BepiColombo enorm hohe Strahlungsintensität der Sonne berücksichtigt werden. ab 2025 näher untersucht werden, um zusätzliche Anhaltspunkte Erste Einblicke in die Besonderheiten des Planeten erlaubten die zur Beschaffenheit des Inneren zu erhalten. Vorbeiflüge der Raumsonde Mariner 10 Mitte der 70er Jahre. Die Sonde entdeckte unter anderem ein im Merkurinneren selbsterzeug- Aufgrund seiner Nähe zur Sonne kann Merkur nur mit technisch ho- tes Magnetfeld von etwa einem Hundertstel der Stärke des hem Aufwand auf komplizierten Bahnen von Raumsonden Erdmagnetfelds. Fast drei Jahrzehnte nach den ersten Beobachtungen durch Mariner 10 schwenkte die Raumsonde MESSENGER im Frühjahr 2011 in eine stark ellip- tische, polare Umlaufbahn um den Merkur ein. Die Mission war ein voller Erfolg und wurde mehrmals über die eigentliche Missionsdauer von einem Jahr verlängert. Nach vier Jahren im Merkurorbit wurde die Raumsonde Ende April 2015 kontrolliert zum Absturz gebracht. Während ihrer letzten Umläufe lieferte die Raumsonde noch einzigartige Beobachtungen des Magnet- und Gravitationsfeldes aus geringer Höhe.

Zu den erstaunlichsten Beobachtungen von MESSENGER gehört die ausgeprägte Nord-Süd- Asymmetrie des Magnetfelds. Diese bewirkt, dass die am Südpol des Planeten offenen mag- netischen Feldlinien eine größere Fläche für das Bombardement durch kosmische Strahlung und den Sonnenwind entstehen lassen. Es kommt dadurch am Südpol zu einer stärkeren Wechsel- wirkung zwischen der kosmischen Umgebung und der Merkuroberfläche als am Nordpol. Intensive Verwitterungsprozesse sind die Folge. Das könnte auch die Existenz von Helium-, Wasserstoff- und Sauerstoffatomen erklären, die in der Umgebung des Planeten gemessen wurden. Diese bilden eine hauchdünne „Exo- sphäre“ in der auch Natrium, Kalium, Stickstoff und Argon nachgewiesen wurden. Die gesamte Masse dieser flüchtigen Elemente beträgt

Bild: Caloris Planitia, das größte Einschlagsbecken auf dem Merkur in Falschfarben. Die Mineralogie der Gesteine im Innern des Beckens unterscheidet sich stark von der Umgebung.(© NASA/JHUAPL/Carnegie Institution of Washington)

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jedoch nur ungefähr tausend Kilogramm. Möglicherweise stammt Merkurs Oberfläche ist voller Einschlagskrater in allen Größen, wie ein Teil dieser Elemente auch direkt von der Sonne. Inzwischen gilt man sie vom Mond her kennt. Die imposanteste Oberflächenstruktur als gesichert, dass an den Polen des Planeten in einigen nie von der ist das Caloris-Becken mit einem Durchmesser von 1550 Kilometern. Sonne beschienenen und deshalb permanent kalten Kratern Eis und Der für diesen Einschlag verantwortliche Körper scheint mit einer weitere flüchtige Verbindungen vorhanden sind. Hinweise darauf lie- enormen Wucht aufgeprallt zu sein, sodass man noch auf der ge- ferten zunächst Radarbeobachtungen von der Erde. Die Reflexionen genüberliegenden Hemisphäre die Auswirkungen der im Planeten der von MESSENGER ins Innere dieser tiefen Krater abgegebenen fokussierten Schockwellen glaubt erkennen zu können. Laserpulse bestätigten nun diesen Befund. Ein Phänomen der Merkuroberfläche sind viele hunderte Kilometer Weiterhin stellte das Röntgenstrahlenspektrometer auf MESSENGER lange Geländekanten, sogenannte „scarps“. Diese sind vermutlich ein erhebliche Mengen an Schwefel auf der Oberfläche Merkurs fest. Ergebnis einer globalen Kontraktion des Planeten um mehrere Auch deuten die Konzentrationen von Magnesium oder Aluminium Kilometer infolge der Schrumpfung des Planetenkerns während der und ihr Verhältnis zur Menge an Silizium darauf hin, dass die Kruste Abkühlphase. Auch die Vermutung, dass es auf dem Merkur vor des Merkur in ihrer Zusammensetzung relativ dicht ist. Damit ähnelt Milliarden von Jahren einen intensiven Vulkanismus gab, wurde inzwi- sie mehr dem oberen Erdmantel oder unseren Ozeanböden als der schen bestätigt. Aus langen Rissen quoll dünnflüssige basaltische Lava leichten aluminiumreichen Primärkruste des Mondes, der sie äußer- über die Oberfläche und füllte Senken und Kraterbecken auf. lich sehr ähnlich ist. Mindestens fünf Prozent des Merkur sind von Lavaströmen bedeckt, ausgedehnte Lavadecken am Nordpol haben eine Mächtigkeit von bis zu zwei Kilometern. Der stellenweise starke Vulkanismus auf Merkur überrascht ein wenig, denn der Gesteinsmantel, in dem die Magmen hierfür erzeugt werden, hat bei einer Mächtigkeit von nur 600 Kilometern verhältnismäßig wenig Volumen.

Schon vor MESSENGER zeigten Radarbeobachtungen von der Erde aus, dass die Rotationsachse des Merkur nur geringfügig gegenüber der Bahnnormalen geneigt ist, und dass die Rotation des Planeten während seines Umlaufs um die Sonne zudem relativ große periodi- sche Schwankungen (sogenannte „Librationen“) aufweist. Durch sorgfältige Positionierung von Höhenprofilen des MESSENGER-Laser- altimeters gelang es diese Beobachtung zu bestätigen. Erstaun- licherweise wurde weiterhin festgestellt, dass Merkur etwa neun Sekunden schneller rotiert als man ausgehend von der Kopplung der Rotations- und Orbitdauer berechnet hatte. Die Daten zur Rotation und die Beobachtungen des großräumigen Merkurschwerefeldes lassen den Schluss zu, dass der äußere feste Gesteinsmantel des Planeten durch eine geschmolzene, äußere Kernregion mechanisch vom festen, inneren Eisenkern entkoppelt ist. Durch die Existenz ei- nes flüssigen äußeren Kerns wird die bereits seit längerem gehegte Vermutung gestützt, dass das schwache Merkurmagnetfeld durch einen aktiven Kerndynamo aufrechterhalten wird.

Bild: Eine der höchsten und längsten Böschungen auf Merkur, Beagle Rupes, deformiert den elliptischen Krater Sveinsdóttir (unten links). (© NASA/JHUAPL/ Carnegie Institution­ of Washington)

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Von der Sonne aus gesehen ist die Venus der zweite Planet und der nächste Planet zur Erde. Der mittlere Bahnabstand der beiden Planeten beträgt nur rund 41 Millionen Kilometer. Nach Sonne und Mond ist die Venus der hellste Himmelskörper, denn aufgrund ihrer Sonnennähe und der stets geschlossenen Wolkendecke ist der Anteil an reflektiertem Sonnenlicht besonders hoch. Bis zu vier Stunden vor Sonnenauf- bzw. nach Sonnenuntergang kann man den Planeten oft schon in der Dämmerung sehr gut beobachten. Deshalb wird die Venus auch gern als Morgen- bzw. Abendstern bezeichnet. Mit einem Durchmesser von 12.100 Kilometern ist der Planet fast genauso groß wie die Erde, tatsächlich hat er sogar die größte Landoberfläche aller Planeten und Monde. Seine Masse beträgt 87 Prozent der Erdmasse. Venus hat eine sehr komplexe Landschaft. Siebzig Prozent der Ober- fläche bestehen aus ausgedehnten Ebenen, den Regiones. Ein weite- Venus umrundet die Sonne in knapp 225 Tagen in einem durch- res Fünftel der Oberfläche bilden bis zu zwei Kilometer tiefe Sen- schnittlichen Abstand von 108 Millionen Kilometern in einem nahezu ken. Die restlichen zehn Prozent werden von zwei kontinentartigen perfekten Kreis. Aufgrund einer im Vergleich zur Erde extrem langsa- Hochländern, sogenannte Terrae, gebildet: Ishtar Terra im Norden mit men Eigenrotation – die zudem bei der Venus im Gegensatz zu allen den elf Kilometer hohen Maxwell Montes und Aphrodite Terra in der anderen Planeten gegenläufig ist, weil der Planet um 177 Grad ge- Äquatorgegend. In Aphrodite Terra liegt auch ein riesiges Tal, Diana kippt ist, also fast einen „Kopfstand“ macht – dauert ein Venustag Chasma, mit einer Tiefe von zwei Kilometern, einer Breite von 100 (von einem Sonnenaufgang bis zum nächsten) 117 Erdentage. Von Kilometern und mehreren hundert Kilometern Länge. Dieses Tal ist allen Planeten hat die Venus die langsamste Eigenrotation. Da die wahrscheinlich tektonischen Ursprungs, wurde also durch Span- Achse des Planeten fast senkrecht auf der Bahnebene steht, gibt es nungen in der Kruste aufgerissen. Ein großes vulkanisches Gebiet ist keine Jahreszeiten. Wie der Mond und der Merkur zeigt die Venus von die bis zu vier Kilometer hohe Beta Regio. der Erde aus gesehen Phasen. Von mehr als drei Vierteln der Venusoberfläche weiß man, dass sie vul- Nur selten ist die Venus genau vor der Sonnenscheibe sichtbar. Da die kanischen Ursprungs ist. Insgesamt hat man auf der Venus über tau- Planeten die Sonne nicht exakt in einer Ebene umrunden, zieht die send größere und zehntausende kleine Vulkane so wie viele bizarr an- Venus (wie auch der noch näher an der Sonne gelegene Merkur) nicht mutende Formationen vulkano-tektonischen Ursprungs gefunden, wie bei jeder Opposition – einer Konstellation, in der sich Sonne, Erde und zum Beispiel die nur auf der Venus beobachteten Coronae („Kro- der jeweilige Planet auf einer gedachten Linie befinden – von der Erde nen“): ringartige Strukturen von bis zu 300 Kilometern Durchmesser, aus gesehen vor der Sonnenscheibe vorbei. Zwar stehen sich Erde und die aber nur wenige hundert Meter über die Oberfläche ragen. Venus alle 584 Tage in einer Opposition gegenüber, doch das seltene Ereignis eines Transits vor der Sonne findet Einschlagskrater wurden weit weniger ent- für beide Planeten nur in Abständen von deckt als beispielsweise auf dem Mars. Das acht Jahren, dann nach 121,5 Jahren, dann Fakten zeigt, dass die Oberfläche der Venus nicht wieder in acht Jahren und wieder in 105,5 sehr alt ist. Vor etwa 700 bis 500 Millionen Masse 4,868 x 1024 kg Jahren statt: Als kleines schwarzes Pünktchen Jahren wurde in einer globalen Katastrophe ist die Venus dann mit einem durch eine spe- Radius 6051,8 km die Landschaft der Venus durch Vulkanismus zielle Schutzfolie präparierten Teleskop vor Dichte 5243 kg/m3 völlig neu gestaltet. Ausgenommen davon der Sonne sichtbar. Die letzten beiden Venus- Rotationsperiode 243,02 Tage durchgänge fanden am 8. Juni 2004 und Orbitalperiode 224,7 Tage Bild: Drei ungewöhnliche Vulkane in den 6. Juni 2012 statt. Erst im Jahr 2117 wird Durchschnittliche 108,2 x 106 km Ebenen von Guinevere Planitia. (© NASA/JPL) dann der nächste Venustransit von der Erde Entfernung von der Sonne Bild linke Seite: Computersimulierte globale An- aus zu beobachten sein. sicht auf der Grundlage der Radardaten von Ma- gellan. (© NASA/JPL)

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sind lediglich die tektonisch beanspruchten Hochländer, die ein deut- Die Atmosphäre der Venus ist rund 90-mal dichter als die der Erde. lich höheres Alter als die vulkanischen Tiefländer der Venus aufweisen. Die mittlere Oberflächentemperatur beträgt bei Tag und Nacht etwa Die Ursachen für diesen Erneuerungsprozess sind noch nicht klar. Weil 470 Grad Celsius. Der Atmosphärendruck am Boden beträgt 93 Bar, die Venus im Gegensatz zur Erde, zumindest gegenwärtig, keine entsprechend dem Druck, der in irdischen Ozeanen in ca. 900 Meter Plattentektonik hat, dürfte es in periodisch wiederkehrenden Wassertiefe herrscht. Die Troposphäre des Planeten, also die Region, Abständen im Innern der Venus wie in einem Dampfkochtopf ohne in der sich das Wetter abspielt, reicht bis in eine Höhe von 100 Kilo- Ventil zu einem Hitzestau kommen, der sich in einer Phase globalen metern (Erde: 15 Kilometer). Vom Venusboden aus nimmt die Tempe- Vulkanismus’ Bahn bricht. ratur bis in eine Höhe von 60 Kilometern kontinuierlich ab und bleibt bis zur Obergrenze der Troposphäre relativ konstant. Anders als bei Erst die globale Radarkartierung der Raumsonde Magellan (1990 bis der Erde geht die Troposphäre direkt in die Thermosphäre über, die 1994) zeigte, dass die Kruste der Venus nicht wie auf der Erde in groß- diesen Namen bei der Venus nur auf der Tagesseite verdient. Auf der räumige Kontinentalplatten geteilt ist. Vielleicht, so wird vermutet, Nachtseite fallen die Temperaturen in dieser Höhe bis auf −173 Grad spiegelt die geologische Aktivität der Venus teilweise die Frühzeit der Celsius ab. Erdgeschichte wider, denn man weiß nicht genau, ob die Konti- nentalplatten auch während der ersten zwei oder drei Milliarden Jahre In Höhen zwischen ca. 45 und 70 Kilometern liegen drei dicke Wol- über den plastischen Erdmantel drifteten. Bodenproben der russischen kenschichten, die den Planeten völlig einhüllen. Diese Wolken, und Sonden Venera 13 und Venera 14 ergaben eine Gesteinszusam- nicht die massereiche, dichte Atmosphäre, sind der Grund dafür, dass mensetzung, die grob den irdischen Ozeanböden ähnelt: Die mit Teleskopen und Kameras kein Blick auf die Oberfläche möglich ist. Venuskruste besteht zu großen Teilen aus Basalt, einem dunklen, ei- Die Atmosphäre ist extrem dynamisch: Die Wolkenoberseite zeigt ei- sen- und magnesiumreichen vulkanischen Silikatgestein. ne äquatoriale, die Eigendrehung des Planeten überlagernde, viertä- zeigte außerdem, dass die Venus bis in die jüngste geologische gige Ost-West-„Superrotation“ mit Windgeschwindigkeiten von 300 Vergangenheit vulkanisch aktiv war und vielleicht noch heute aktiv ist. bis 400 Kilometern pro Stunde. Die oberste Atmosphärenschicht ro- tiert also schneller als tiefer liegende Schichten und viel schneller die Venus selbst. Darüber hinaus gibt es noch andere Zonen zirkularer Strömungen vom Äquator hin zu den Polen, die allerdings mit gerin- gen Geschwindigkeiten ablaufen und vermutlich Wärme in Richtung der Pole transportieren. Dies führt dazu, dass die Temperaturen an der Oberfläche der Venus und in ihrer Atmosphäre homogen verteilt und überall fast gleich hoch sind.

Ein Hauptgrund für die große Dynamik in der Atmosphäre dürfte im Zusammenspiel mehrerer Faktoren zu finden sein. Die sehr langsame Eigenrotation führt in Kombination mit der Sonnennähe und damit verbunden der Erwärmung des Planeten – die Venus empfängt dop- pelt so viel Strahlung von der Sonne wie die Erde – zu Zellen von Konvektionsströmungen, also großräumigen Umwälzungen in der Atmosphäre. An der Oberfläche herrscht jedoch beinahe Windstille.

Die Zusammensetzung der Venusatmosphäre hat sich über viereinhalb Milliarden Jahre hinweg kaum verändert und spiegelt somit einen Zustand aus der Frühzeit der Planetenentwicklung wider. Sie enthält

Bild: Artemis Chasma, die größte Corona auf der Venus mit einem Durchmesser von 2100 Kilometern. (© NASA/JPL)

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über 96 Prozent Kohlendioxid (CO2) und nur 3,5 Prozent Stickstoff Wasserstoffisotops Deuterium zu Wasserstoff in der Atmosphäre ver-

(N2). Weiterhin findet man höhenabhängig u.a. Schwefeldioxid (SO2), rät. Doch es ist fraglich, ob es überhaupt jemals zur Bildung stehender etwas Wasser (H2O) und damit auch Schwefelsäure (H2SO4). Kohlen- Gewässer kam; falls ja, wäre ihnen bestimmt keine lange Existenz be- und Schwefeldioxid sowie auch winzige Mengen an Wasserdampf in schieden gewesen – das Wasser wäre verdampft und der Wasserstoff der hohen Atmosphäre sind für den massiven Treibhauseffekt auf der zu großen Teilen ans Weltall verloren gegangen. Venus verantwortlich: Obgleich 80 Prozent des einfallenden Sonnen- lichtes von den Wolken reflektiert werden, reichen die verbleibenden Das meiste Kohlendioxid der irdischen Uratmosphäre wurde über die 20 Prozent aus, um den Planeten aufgrund des intensiven Treib- Meeressedimente in Gestein oder durch Photosynthese über organi- hauseffektes aufzuheizen. Ein ähnlich effektiver Treibhauseffekt hätte sche Prozesse in Sauerstoff und Kohlenwasserstoffverbindungen um- für die Biomasse auf der Erde langfristig verheerende Folgen. gewandelt. Auf der Venus hingegen wurde es nach anfänglich etwas moderateren Temperaturen schließlich so heiß, dass nicht nur alle hy- Trotz fast identischer Größe entwickelten sich beide Planeten zwangs- pothetisch vorhandenen Ozeane sehr früh verdampften. Mög- läufig unterschiedlich. Die Ursache hierfür liegt wahrscheinlich in dem licherweise wurde auch das Kohlendioxid, das vielleicht in dem im größeren Abstand der Erde zur Sonne. Beide Körper hatten zu Beginn Wasser gebildeten Sedimenten gebunden war, aus dem Gestein her- des Sonnensystems etwa gleichgroße Anteile an flüchtigen Elementen aus wieder in die Venusatmosphäre entlassen. Insgesamt hat die Erde wie beispielsweise Wasserstoff. Auf beiden Planeten wurde Wasser genau so viel Kohlendioxid wie die Venus, nur ist die überwiegende durch vulkanische Prozesse an die Oberfläche transportiert. Ein gerin- Menge des Moleküls in Karbonatgesteinen (Kalk und Dolomit) der gerer Anteil an Wasser stammt von Kometen und Asteroiden, die in Erdkruste gebunden bzw. im Wasser der Ozeane gelöst. der ersten Milliarde Jahren in sehr viel größerer Zahl als heute auf bei- de Planeten stürzten. Auf der Erde bildete dieses Wasser zusammen Das Fehlen von Wasser ist vermutlich die Ursache dafür, dass es auf mit dem von Vulkanen aus dem Erdmantel an die Oberfläche trans- der Venus keine Plattentektonik gibt. Auf der Erde wirkt Wasser als portierte Wasser die Ozeane; auf der wärmeren Venus gab es zu- effizientes „Schmiermittel“ beim Abtauchen ozeanischer Kruste in nächst sicher auch Wasser, wie das Verhältnis des schweren den Erdmantel, wo es erhitzt wird und über den Vulkanismus an den Plattengrenzen wieder in die Atmosphäre gelangt. Obwohl in ihrem inneren Aufbau ähn- lich strukturiert wie die Erde, führt das Fehlen von Platten- tektonik auf der Venus dazu, dass das Temperaturgefälle zwischen Mantel und Metall- kern zu gering ist, um über Um- wälzbewegungen Hitze vom Kern an die Oberfläche zu transportieren. Deshalb finden auch im Kern vermutlich keine Massenbewegungen statt, die ein Magnetfeld entstehen las- sen könnten.

Bild: Perspektivische Ansicht des acht Kilometer hohen Vulkans Maat Mons. (© NASA/JPL)

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ERDE-MOND-SYSTEM

Erde

Die Erde ist der größte und massereichste der vier inneren Planeten des Sonnensystems, die man aufgrund einiger Ähnlichkeiten mit un- serem Heimatplaneten auch die „terrestrischen“, die erdähnlichen Planeten nennt. Neben der Erde sind dies die Planeten Merkur, Venus und Mars, aber auch der Mond wird dazugezählt. Über 50 Prozent der Gesamtmasse dieser fünf Körper entfallen auf die Erde. Im Vergleich mit den anderen erdähnlichen Körpern hat sich die Erde höchst differenziert entwickelt: Im Laufe von viereinhalb Milliarden Jahren brachte sie mehr Mineral- und Gesteinsvariationen hervor als alle anderen Planetennachbarn. Sie ist vor allem auch deshalb ein- zigartig, weil sie alle notwendigen physikalischen und chemischen Voraussetzungen für eine längerfristig angelegte Existenz vielfältiger, entwicklungsfähiger und hochorganisierter Lebensformen bietet. Sie befindet sich in dem Abstand zur Sonne, der „habitable Zone“ ge- nannt wird und dadurch definiert ist, dass Wasser im flüssigen Aggregatszustand auf der Oberfläche eines planetaren Körpers sta- bil sein kann.

Die Erde umkreist die Sonne einmal in 365,24 Tagen in einem durch- schnittlichen Abstand von 149,6 Millionen Kilometern – dem Maß für die „Astronomische Einheit“ – mit einer mittleren Geschwin- digkeit von 29,8 Kilometern pro Sekunde. Die Ebene der Erdbahn nennt man Ekliptik. Die Schiefe der Erdachse zum Lot auf die Ekliptik ist die Ursache für die Jahreszeiten, weil dadurch die Sonnenein- strahlung im Laufe eines Jahres unterschiedlich lang auf Nord- bzw. Südhalbkugel einwirkt. Die Eigenrotation der Erde bewirkt den all- seits bekannten Wechsel von Tag und Nacht, deren Länge jahreszei- ten- und breitengradabhängig ist. Das Zusammenspiel zwischen unterworfene Erdmagnetfeld. Im Erdzentrum herrschen eine Erdrotation und Gravitationseinfluss von Sonne und Mond auf die Temperatur von über 6000 Grad Celsius und ein Druck von 364 Erde führt zum Gezeitenwechsel der Meere, dem auch Land- und Gigapascal. Der Kern ist von einem Mantel mit knapp 3000 Luftmassen unterliegen. Kilometern Mächtigkeit umgeben. Der oberste Abschnitt des Mantels bildet zu- Der Aufbau der Erde ist relativ gut bekannt. Fakten sammen mit der sieben bis 65 Kilometer Untersuchungen zur Ausbreitung von Erd- mächtigen Erdkruste die im Mittel 100 Masse 5,976 x 1024 kg bebenwellen im Erdkörper haben ergeben, dass die Erde einen im Durchmesser knapp Mittlerer Radius 6378,1 km 7000 Kilometer großen, innen festen und Dichte 5534 kg/m3 außen flüssigen Eisen-Nickel-Kern hat. Die Rotationsperiode 23,93 h Bild: Die Wüste Rub‘ al Khali auf der arabischen infolge der Temperaturdifferenz zwischen in- Halbinsel, eine der größten Sandwüsten der Orbitalperiode 365,24 Tage Erde. (© NASA/GSFC/METI/ERSDAC/JAROS, and nerem Kern und Mantel sich ständig bewe- Durchschnittliche 1,496 x 108 km U.S./Japan ASTER Science Team) genden, leitenden Metallmassen im flüssigen Entfernung von der Sonne Bild linke Seite: Globale Ansicht der Erde mit Teil des Kerns sind Ursache für das perma- Nord- und Mittelamerika, aufgenommen von nente, aber einem ständigen Wandel Apollo 16 auf dem Weg zum Mond. (© NASA)

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Kilometer dicke, starre Lithosphäre, je nachdem ob es sich um kon- tinentale oder ozeanische Kruste handelt. Sie ist in sieben große und mehrere kleinere Platten zerbrochen ist, auf denen gemäß dem Archimedischen Prinzip die Kontinente „isostatisch“ über den Erdmantel driften, gleichsam wie Eisberge im Wasser.

Der deutsche Meteorologe und Geophysiker Alfred Wegener (1880– 1930) erkannte anhand kontinentaler Küstenverläufe, kristalliner Sedimente und seltener Fossilien, dass sich die Kontinente mit einer Geschwindigkeit von einigen Zentimetern pro Jahr gegeneinander in unterschiedliche Richtungen bewegen. Auf seinen Beobachtungen basieren die heutigen Modelle der Plattentektonik. Da die Erdkruste eine geringere Dichte besitzt als der Erdmantel, „schwimmen“ die Lithosphärenplatten auf dem Mantel, angetrieben durch Strömungen in Konvektionszellen des oberen Erdmantels. Wo die Lithosphären- platten auseinander driften, bilden sich – meist submarine – Gräben, überwiegende Teil der heutigen ozeanischen Kruste jünger als 200 aus denen Magma emporsteigt, wie entlang des Mittelatlantischen Millionen Jahre alt ist. Erst wenn der Zerfall radioaktiver Elemente im Rückens. Dort, wo die Platten kollidieren, werden die Gesteine der Erdinneren nachlässt und die dabei frei werdende Energie zur Bildung Erdkruste an den sogenannten Subduktionszonen ins Erdinnere gezo- von Gesteinsschmelzen nicht mehr ausreicht, wird sich die Erdkruste gen, wie beispielsweise an der Westküste Südamerikas. Bei solchen nicht mehr erneuern und der einebnenden Erosion durch Wind und frontalen Kollisionen zweier Kontinente kommt es unter anderem zur Wasser völlig ausgeliefert sein. Bildung hoher Gebirge wie der Anden oder der Alpen. Entlang latera- ler Verschiebungen der Platten – ein bekanntes Beispiel ist die San- Andreas-Störung in Kalifornien – wie auch an den beiden schon Bild oben: Manicouagan-See im nördlichen Quebec, Kanada, Über- genannten Plattengrenzen, treten häufig Erdbeben und verstärkte vul- reste eines Einschlagskraters. (© NASA/GSFC/LaRC/JPL, MISR Team) kanische Aktivität auf. Die Erdkruste wird also permanent verändert Bild unten: Perspektivische Darstellung der durch den afrikanischen und erneuert, was sich auch darin widerspiegelt, dass der Kontinent aufgefalteten Alpen und des Voralpenlandes auf der Grundlage von Radardaten. (© DLR)

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Knapp 71 Prozent der Erdoberfläche sind von Meeren bedeckt. geprägt. Es ist also plausibel anzunehmen, dass zumindest einige die- Diese ozeanischen Wassermassen sind in der Lage, große Mengen ser Impakte von wasserreichen Kometen stammen. Neu-este Wärmeenergie zu speichern und zeitlich verzögert wieder an die Erkenntnisse aus der Erforschung des Kometen 67P/Churyumov- Lufthülle und die Landmassen abzugeben: mit fundamentalen Gerasimenko haben allerdings gezeigt, dass zumindest eine große Auswirkungen für das Klima. Ein zunehmender Treibhauseffekt mit Gruppe von Kometen (die sogenannten Kometen der Jupiter-Familie) einer Zunahme des Wasserdampf- und Kohlendioxidgehalts in der keine nennenswerten Mengen an Wasser auf die Erde gebracht ha- Atmosphäre hätte heutzutage die Kraft, irdische Landschaften ben können. Die Raumsonde Rosetta untersuchte die genaue Zu- schneller umzuformen, als sich Fauna und Flora anpassen könnten. sammensetzung des Wasserdampfs im Kometenschweif. Dabei wurde Hier kann die Fernerkundung vom Weltraum aus wertvolle Daten für festgestellt, dass sich das Wasser dieses Kometen deutlich von dem Klimatrends und Langzeitprognosen liefern. Neben den atmosphäri- auf der Erde unterscheidet. Somit bleiben noch andere Arten von schen Einflüssen wie z. B. dem Wind trägt vor allem das Wasser er- Kometen oder aber auch wasserreiche Asteroiden (Protoplaneten), die heblich zur Erosion der Erdoberfläche bei. Diskutiert wird seit einiger als mögliche Wasserlieferanten für die Erde denkbar sein könnten. Zeit, ob nicht ein Großteil der ozeanischen Wassermassen von Kometen stammt, die auf die junge Erde gestürzt sind. Speziell in der Frühzeit der Erdgeschichte hat das damals um mehrere Größen- Bild: Wolken und Wettergeschehen in der Erdatmosphäre über ordnungen heftigere Meteoritenbombardement das Antlitz der Erde dem Pazifischen Ozean, aufgenommen von der ISS. (© NASA)

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Die Masse der Erde übt eine Anziehungs- kraft aus, die groß genug ist, dauerhaft ei- ne Atmosphäre an den Planeten zu binden. Gegenwärtig enthält die untere Erdatmo- sphäre, die Troposphäre, 78 Prozent

Stickstoff (N2), 21 Prozent Sauerstoff (O2) und ein Prozent des Edelgases Argon; die restlichen Gase kommen lediglich in Spuren vor. Der für aerobe Organismen lebens- wichtige freie Sauerstoff wurde und wird ausschließlich durch die Photosynthese der Pflanzen und Algen gebildet; würde dieser Prozess global aussetzen, wäre der freie Sauerstoff nach etwa 300 Millionen Jahren verschwunden und damit wieder ein che- misches Gleichgewicht hergestellt, wie es vor Beginn des Lebens gegeben war. Die Troposphäre reicht bis in vielen Kulturen und Sprachen ist der Mond weiblichen Geschlechts, eine Höhe von 15 Kilometern; in ihr spielt sich das Wettergeschehen weil mit ihm Eigenschaften wie Fruchtbarkeit in Verbindung ge- ab. An die Troposphäre schließen sich die Stratosphäre (bis 50 bracht werden. Unregelmäßig auftretende, durch den Umlauf des Kilometer Höhe), die Mesosphäre (bis 80 Kilometer, hier verglühen Mondes um die Erde bedingte Sonnen- und Mondfinsternisse übten Sternschnuppen), die Thermosphäre (bis 500 Kilometer Höhe) und eine starke mythologische Wirkung auf unsere Vorfahren aus. die ultradünne Exosphäre (bis 10.000 Kilometer Höhe) an. Die bei- den obersten Schichten werden auch zur Ionosphäre zusammenge- Bis heute ist der Mond der einzige terrestrische Körper, der neben fasst, wo die Polarlichter entstehen. In der irdischen Stratosphäre einer Vielzahl von Sonden auch von Menschen direkt untersucht

wird das Ozon (O3) produziert, das vor allem die Landbewohner vor wurde. Er ist derzeit noch neben der Erde der einzige Körper, an der lebensfeindlichen UV-Strahlung der Sonne schützt. dessen Oberfläche seismische und Wärmeflussmessungen durchge- führt wurden, die unsere Erkenntnisse über das Innere des Mond Erdtrabanten deutlich verbessert haben. In den Jahren 1969 bis 1972 besuchten zwölf Astronauten im Rahmen der amerikanischen Nach der Sonne ist der Mond der auffallendste und nicht zuletzt für Apollo-Missionen den Mond und brachten circa 381 Kilogramm die Kulturgeschichte des Menschen auch der wichtigste Himmels- Proben unterschiedlicher Gesteine zur Erde zurück. Die Mondproben körper. Die Mondphasen mit dem „monatlich“ wiederkehrenden mit ihrem meist hohen Alter von drei bis über vier Milliarden Jahren Vollmond dienten seit Menschengedenken und ihrer sehr genau untersuchten chemi- als Maß für den Gang der Jahreszeiten und schen und mineralogischen Zusammen- bildeten die Grundlage für geplantes land- Fakten setzung ermöglichen uns einen Rückblick in wirtschaftliches Handeln und der Beobach- die Frühzeit des Sonnensystems und auf die tung von Gesetzmäßigkeiten in der Natur. In Masse 7,3483 x 1022 kg Entwicklungsgeschichte des Erde-Mond- Mittlerer Radius 1737,5 km Systems. Sie sind für tiefere Einsichten in die Dichte 3341 kg/m3 Entwicklung des Sonnensystems, vor allem Rotationsperiode 27,32 Tage der vier erdähnlichen Planeten und der gro- Bild: Zentralberg des Kraters Tycho bei niedrigem ßen Asteroiden von Bedeutung. Gleichzeitig Sonnenstand in sehr hoher Auflösung. Orbitalperiode 27,32 Tage werden durch die Mondforschung die (© NASA/GSFC/Arizona State University) Durchschnittliche 384.400 km Grundlagen für ein besseres Verständnis der Bild folgende Seite: Panorama der Apollo 17-Lan- Entfernung von der Erde destelle mit Astronaut Harrison „Jack“ Schmitt bei jungen Erde und ihrer Entwicklung gelegt. der Untersuchung von Tracy‘s Rock. (© NASA/JSC) Der Mond könnte bei der Evolution des

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Lebens auf der Erde eine entscheidende Rolle gespielt haben, da er durch seine Schwerkraft seit Milliarden von Jahren für die Stabi- lisierung der Erdachse sorgt. Außerdem sorgen die vom Mond aus- gehenden Gezeiten dafür, dass die Meere an den Küsten durch die Dynamik der Wasserbewegungen ständig lebenswichtige Minerale aus den Gesteinen herauslösen konnten.

Der Mond umkreist die Erde in Bezug zum Sternenhimmel in 27 Tagen, 7 Stunden und 43,7 Minuten im gleichen Drehsinn, wie sich die Erde um die Sonne bewegt. Fast genau so lang benötigt der Mond für eine Drehung um seine eigene Achse. Dies wird als gebun- dene Rotation bezeichnet und ist eine Folge der Gezeitenwirkung der Erde auf den Mond. Die gebundene Rotation führt dazu, dass der Mond der Erde immer die gleiche Seite zuwendet, die aus die- sem Grund auch die Mondvorderseite genannt wird. Die Mond- rückseite bekommen wir auf der Erde nie zu sehen. Sie wurde erstmals 1959 von der sowjetischen Raumsonde Lunik 3 fotografiert. Als Folge von Librationen (kleinen Taumelbewegungen des Mondes auf seiner leicht elliptischen Bahn um die Erde) können jedoch 59 Prozent der Mondoberfläche beobachtet werden.

Der Erdmond ist der kleinste der erdähnlichen, der „terrestrischen“ Körper des inneren Sonnensystems. Bei einem Durchmesser von et- wa 3475 Kilometern hat er eine Oberfläche von knapp 3,8 Millionen Quadratkilometern, das ist nur ein Vierzigstel der Fläche aller Kon- tinente auf der Erde. Aufgrund seiner geringen Größe besitzt der Mond zu wenig Masse, um eine Atmosphäre an sich zu binden; nur einige Atome und Ionen von leichtflüchtigen Elementen umgeben den Erdtrabanten in einer hauchdünnen Exosphäre, deren Gesamt- masse auf nur zehn Tonnen geschätzt wird und deshalb einem Bei Betrachtung der Oberfläche des Mondes fallen zwei deutlich un- Vakuum sehr nahe kommt. In dieser Exosphäre finden sich Natrium- terschiedliche Gebiete auf: Zum einen das helle Hochland, das über und Kaliumatome, die vom Sonnenwind aus dem Regolith, dem 80 Prozent einnimmt, und zum anderen die dunkleren Maregebiete, Staub auf der Mondoberfläche, geschlagen wurden, sowie Helium die knapp 20 Prozent ausmachen. Das Hochland besteht aus kalzi- (4He) als Bestandteil des Sonnenwindes. Ferner wurden Isotope von um- und aluminiumreichen Feldspäten, einer auch auf der Erde weit Argon (40Ar), Radon (222Ra) und Polonium (210Po) nachgewiesen – verbreiteten Mineralgruppe. Die Mare hingegen bestehen aus dunk- letztere entstehen beim radioaktiven Zerfall in der Mondkruste und len vulkanischen Gesteinen. Das Hochland ist auch mit wesentlich dem Mondmantel und werden von dort gasförmig an die Exosphäre mehr Einschlagskratern übersät, woraus sich ein höheres Alter dieser abgegeben. Oberflächeneinheiten ableiten lässt. Mithilfe spektraler Messungen aus dem Mondorbit und mit Teleskopen konnte die mineralogische bzw. geochemische Zusammensetzung der gesamten Mondkruste bestimmt werden.

Bild: Anblick der Mondoberfläche mit zahlreichen Kratern, Die Maregebiete sind vulkanischen Ursprungs und finden sich haupt- aufgenommen von Apollo 8, im Vordergrund der 72 Kilometer große Krater Goclenius, benannt nach dem deutschen Physiker sächlich auf der erdzugewandten Seite. Sie sind jünger als die Hoch- Rudolf Gockel. (© NASA) länder und füllen vor allem die riesigen kreisrunden Becken, die

37 durch die Einschläge von As- teroiden entstanden sind. Der Umstand, dass sich auf der Mondvorderseite eine größere Zahl der großen Impaktbecken mit basaltischer Lava füllen konnte als auf der Rückseite des Mondes, ist darauf zurückzu- führen, dass die Mondkruste auf der erdabgewandten Seite wesentlich dicker ist und so den Austritt von Magma aus dem Mondmantel erschwerte.

Vermutlich entstand der Erd- begleiter, als vor 4,4 bis 4,5 Milliarden Jahren ein planeta- rer Körper etwa von der Größe des Mars mit der noch jungen, aber schon in Kruste, Mantel und Kern differenzierten Erde kollidierte. Dabei schmolzen und verdampften große Men- gen des Erdmantels und wur- den ins All geschleudert. Dieses Material rekondensierte und sammelte sich in einem Ring um den Äquator der Erde. Durch Akkretion (also gravitati- onsbedingtes Aufsammeln von Materie) der Teilchen in dieser Scheibe aus Staub und Gesteins- partikeln entstand und wuchs der Mond in wenigen Millionen Jahren zu seiner heutigen Größe. Kilometer großen Kern. Dann kristallisierten schwere magnesium- und eisenreiche Minerale, die ebenfalls nach unten sanken und einen Im Wesentlichen war die geologische Entwicklung des Mondes schon Mantel bildeten. Schließlich kam es zur Bildung einer ersten Kruste relativ früh abgeschlossen. Durch das kontinuierliche Bombardement aus leichten, kalzium- und aluminiumreichen Silikaten. Aufgrund ihrer des jungen Mondes durch Asteroiden und Kometen, sowie dem geringen Dichte trieben diese sogenannten anorthositischen Feldspäte Zerfall von Wärme produzierenden radioaktiven Elementen in seinem in diesem mittlerweile fast vollständig erstarrten Magmaozean zur Inneren kam es in der Frühphase des Mondes zur Ausbildung eines Oberfläche auf und erstarrten zur primären Kruste der lunaren mehrere hundert Kilometer mächtigen globalen Magmaozeans. Das Hochländer. Abkühlen dieses Magmaozeans nach der Abnahme des Bombarde- ments und des radioaktiven Zerfalls führte zur Kristallisation einer Bild: Blick auf den Nordpol und die Vorder­seite des Reihe von gesteinsbildenden Mineralen. Zunächst sank metallisches Mondes in nahezu Echtfarben, auf­genommen von Eisen in die Tiefe und bildete einen kleinen, nur wenige hundert Galileo. (© NASA/JPL/USGS)

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Elemente, wie z. B. Kalium, Uran, Thorium, Phosphor und einige Chandrayaan-1, dem Lunar Reconnaissance Orbiter (LRO) und dem Seltene Erden, die nur schwer in die Kristallgitter der gesteinsbilden- Lunar Crater Observation and Sensing Satellite (LCROSS) der NASA den Minerale eingebaut werden können, sammelten sich an der konnten nicht nur die Eisvorkommen in tiefen polaren Kratern be- Basis der feldspatreichen Kruste. Ein teilweises Wiederaufschmelzen stätigt werden, sondern es wurde auch Wasser gefunden, das in des Mantels führte letztlich zum Aufsteigen eisen- und magnesium- Mineralen und dem Regolith über den ganzen Mond verteilt ist – al- reicher silikatischer Magmen, die heute als Basaltgestein die lerdings in nur sehr geringer Konzentration. Maregebiete bedecken. Insgesamt ist der Mond ein vollständig dif- ferenzierter, also ein nur wenig primitiverer Körper als die Planeten Der Mond ist in jüngerer Zeit wieder zu einem der wichtigsten Ziele des inneren Sonnensystems, weil er wie diese einen Kern, einen der Planetenerkundung geworden. Nach einer langen Pause in der Mantel und eine Kruste besitzt. Noch nicht geklärt ist, warum die Mondforschung sind in den vergangenen 15 Jahren mehrere Mondkruste auf der Rückseite deutlich mächtiger ist als auf der Orbitermissionen durchgeführt worden. Neben den USA beteiligen Mondvorderseite. sich auch die aufstrebenden asiatischen Raumfahrtnationen an der Erforschung des Mondes. Wissenschaftlich ergiebig waren die japa- Im Zeitraum von vor etwa 4,3 bis 3,8 Milliarden Jahren formten häu- nische Mission Kaguya-SELENE (2007 bis 2009), das amerikanische fige und sehr heftige Einschläge von Meteoriten und Asteroiden das Impaktexperiment LCROSS (2009), drei chinesische Sonden der Antlitz des Mondes. Die größten Einschläge drangen so tief in die Chang‘e-Reihe (mit einer ersten Landung im Dezember 2013), der in- Kruste ein, dass der Aufstieg basaltischer Laven erleichtert wurde dische Orbiter Chandrayaan-1 (2008 bis 2009), die Doppelsatelliten und diese an der Oberfläche austreten konnten. Die riesigen der NASA-Mission GRAIL zur Vermessung des Schwerefeldes (2011 Einschlagbecken füllten sich Im Zeitraum von mehreren hundert bis 2012) und vor allem der amerikanische Lunar Reconnaissance Millionen Jahren mit den gegenüber den Hochlandgesteinen dunk- Orbiter, der sich seit Juni 2009 in einer niedrigen polaren Umlauf- leren Basalten. Beobachter auf der Erde vermuteten in den dunklen bahn befindet und den Mond in hoher Auflösung fotografiert und Flächen mit Wasser gefüllte Meere, und so erklärt es sich, dass die topographisch vermisst. Basaltfüllungen der Einschlagbecken noch heute als „Meere“ (lat. Mare) bezeichnet werden, wie das Mare Imbrium, das Mare Serenitatis oder der Oceanus Procellarum.

Die vulkanische Entwicklung war vor etwa drei Milliarden Jahren so gut wie abgeschlossen, nur noch vereinzelt erreichten Magmen bis vor ca. einer bis anderthalb Milliarden Jahren die Mondoberfläche. Seither ist der Mond zumindest an der Oberfläche ein geologisch na- hezu inaktiver Körper, der infolge seiner geringen Anziehungskraft keine Atmosphäre aus flüchtigen Gasmolekülen an sich binden konnte und keine größeren Wassermengen aufweist. Allerdings las- sen Daten der in den Jahren 1997 bis 1999 den Mond umkreisen- den Sonde Lunar Prospector vermuten, dass sich in den tiefen, permanent abgeschatteten Kratern an Nord- und Südpol im Mondboden eine nicht unbeträchtliche Menge Wassereis befindet. Die detaillierte Untersuchung dieser möglichen Wassereisvorkommen war auch das Ziel mehrerer internationaler Mondmissionen der letz- ten Jahre. Mit Spektrometern an Bord der indischen Mission

Bild: Blick zum nördlichen Rand des Kraters Cabeus, aufgenommen vom Lunar Reconnaissance Orbiter, Ziel der Sonde LCROSS, die dort 2009 eingeschlagen ist. (© NASA/GSFC/Arizona State University)

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MARS

Von der Sonne aus gesehen ist der Mars der vierte Planet. Er ist der Erde in vielem ähnlich – vor allem in den geologischen Prozessen, die seine Oberfläche formten. Er ist nur etwa halb so groß wie die Erde, besitzt aber auch einen Schalenaufbau bestehend aus einem eisen- haltigen Kern, einem silikatischen Mantel und einer äußeren Kruste. Auch die Neigung seiner Rotationsachse ist mit 25,2 Grad der Erde sehr ähnlich, wodurch es auf dem Mars ebenfalls Jahreszeiten gibt. Infolge seines längeren Bahnumlaufs um die Sonne (ein Marsjahr dauert etwa zwei Erdjahre) dauern diese aber jeweils ungefähr ein halbes Erdjahr. Die größten Unterschiede zur Erde liegen vor allem in seiner sehr dünnen Atmosphäre, dem fehlenden Magnetfeld und den extrem niedrigen Temperaturen auf seiner Oberfläche. Bei durchschnittlich −60 Grad Celsius und einem Luftdruck von weniger als einem Prozent der Erdatmosphäre gibt es kein flüssiges Wasser auf dem Mars, zumindest heute nicht mehr. Die Temperaturen kön- nen tagsüber im Sommer in Äquatornähe bis nahe +27 Grad Celsius ansteigen, in winterlicher Mars- nacht an den Polen dagegen bis Abstand zwischen Erde und auf −133 Grad Celsius abfallen. Fakten Sonne). 1877 erlag Schiaparelli ei- ner optischen Täuschung, als er Marsbeobachtungen lassen sich bis Mars Masse 6,417 x 1023 kg graben- und rillenartige Strukturen in die Zeit der frühen Hochkulturen Radius 3396 km auf dem Mars zu sehen glaubte, zurückverfolgen. Wegen seiner röt- Dichte 3934 kg/m3 die er „canali“ nannte. Für viele lichen, entfernt an Blut erinnern- Zeitgenossen Schiaparellis konnten Rotationsperiode 24,62 h den Farbe wurde der Planet schon sie nur künstlichen Ursprungs sein in Ägypten als „Horus, der Rote“ Orbitalperiode 687 Tage und wurden noch lange Zeit spä- und dann im antiken Griechenland Durchschnittliche Entfernung 227,9 x 106 km ter, als in der Fachwelt der Irrtum nach Ares, dem Gott des Krieges, von der Sonne längst erkannt war, zum Anlass benannt. Seinen heutigen Namen genommen, an eine intelligente verdankt der Mars schließlich dem Phobos Masse 1,06 x 1016 kg Zivilisation auf unserem Nachbar- römischen Kriegsgott. Anfang des Radien 13 x 11,4 x 9,1 km planeten zu glauben. 17. Jahrhunderts stellte Johannes Dichte 1862 kg/m3 Kepler auf Grundlage von weni- Wie bei der Venus besteht die Orbitalperiode 0,3189 Tage gen, für seine Zeit aber sehr präzi- Marsatmosphäre überwiegend (zu sen Messungen des dänischen Durchschnittliche Entfernung 9378 km 95 Prozent) aus Kohlendioxid zum Marsmittelpunkt Astronomen Tycho Brahe der (CO2); der Druck an der Oberfläche Marspositionen die wichtigen Kep- lerschen Gesetze auf, mit denen Deimos Masse 1,1 x 1015 kg Bild: Dao und Niger Valles, aufgenom- die Planetenbewegungen beschrie- Radien 7,8 x 6,0 x 5,1 km men von . (© ESA/DLR/FU Berlin, CC BY-SA 3.0 IGO) ben werden. Ferner benutzte man Dichte 1471 kg/m3 in den vergangenen Jahrhunderten Bild linke Seite: Staubsturm in Syria Orbitalperiode 1,262 Tage bei Marsoppositionen gerne den Planum südlich des Labyrinthus Noc- trigonometrisch gemessenen Erde- Durchschnittliche Entfernung 23.459 km tis. In der Bildmitte der große Vulkan zum Marsmittelpunkt Olympus Mons, rechts davon die et- Mars-Abstand zur Bestimmung der was kleineren Tharsis-Vulkane. (© Astronomischen Einheit (dem NASA/JPL/Malin Space Science Systems)

41 26 Kilometer aus seiner Umgebung herausragen- de und im Durchmesser 600 Kilometer große Schildvulkan Olympus Mons sowie seine drei nur wenig kleineren Nachbarn Arsia Mons, Ascraeus Mons und Pavonis Mons, die der sechs Kilometer hohen Tharsis-Region aufsitzen. Markant ist auch das gewaltige Grabenbruchsystem der Valles Marineris (benannt nach der Sonde Mariner 9), das fast 4000 Kilometer lang ist und sich von Nord nach Süd über 700 Kilometer erstreckt. An den tiefsten Stellen sind die Grabenbrüche bis zu zehn Kilometer tief. In der südlichen Hemisphäre befinden sich mit den Einschlagsbecken Hellas und Argyre Planitia die größten heute noch sicht- baren Impaktstrukturen auf dem Mars.

beträgt jedoch im Mittel nur sechs Millibar (auf der Erde 1013 Vulkanismus prägte den Planeten während eines großen Teils seiner Millibar). In der Marsatmosphäre können sich Wolken aus Wasser- Entwicklung. An vielen Stellen wurden auf der Oberfläche Mineralien und Kohlendioxideis sowie jahreszeitlich bedingt gewaltige Stürme identifiziert, die typisch für basaltischen Vulkanismus sind. Dies ist auf entwickeln, die Sand und Staub bis in eine Höhe von 50 Kilometern den erdähnlichen Körpern des Sonnensystems die häufigste Art von aufwirbeln und über den ganzen Planeten verteilen, was zu einer Vulkanismus: Auf der Erde sind einige der größten Vulkane, wie etwa gelbbräunlichen Trübung des Himmels führt. Viele Staubstürme sind die Inselgruppe von Hawaii, hauptsächlich aus Basalten aufgebaut, vor regional begrenzt, doch alle fünf bis zehn Jahre können sie globale allem aber bestehen die Ozeanböden aus diesem eisen- und magne- Ausmaße annehmen. Spektrometer an Bord der Raumsonde Mars siumreichen vulkanischen Gestein. Basalte entstehen, wenn relativ ur- Express entdeckten in der Atmosphäre über einigen der großen sprüngliches Material des Planetenmantels teilweise zu Magma Vulkanprovinzen Spuren der Gase Methan und Formaldehyd, was aufgeschmolzen wird, in großen Blasen aufsteigt und an der Spekulationen Nahrung gab, dass Wärme im Innern dieser Vulkane Oberfläche als Lava austritt. Man geht davon aus, dass die Marskruste noch vorhanden und die Ursache für die Freisetzung dieser Gase sein im Wesentlichen aus Basalt besteht, der allerdings durch Prozesse wie könnte. Da auch an anderen Stellen Methan in der Marsatmosphäre Meteoriteneinschläge, Verwitterung und Abtragung verändert und detektiert wurde, gab es sogar Spekulationen darüber, dass biologi- vielerorts nicht mehr in seinem ursprünglichen Kontext vorhanden ist. sche Prozesse – so wie auch auf der Erde – für die Methanproduktion verantwortlich sein könnten. Allerdings gibt es auch eine Reihe von Die heute erloschenen Vulkane selbst sind nur noch an einigen Vorgängen bei der Verwitterung von Mineralen in vulkanischen Stellen gehäuft zu finden. Die größte vulkanische Provinz ist Tharsis, Gesteinen, mit denen die Bildung von Methan erklärt werden könnte. in der etwa ein Dutzend große und Hunderte kleiner Vulkane ent- Die neue ESA-Mission ExoMars Trace Gas Orbiter (TGO), die seit deckt wurden, deren Aktivität bis in die jüngste Marsvergangenheit September 2016 den Mars umkreist, soll das das Rätsel um das reichte. Eine andere vulkanische Region ist Elysium, wo einige Methan in der Marsatmosphäre lösen. Lavaströme wahrscheinlich erst vor wenigen Millionen Jahren erkal- tet sind, was in geologischem Maßstab praktisch gegenwärtig ist Dank der zahlreichen Marsmissionen wie beispielsweise Mariner 9, und die Frage aufwirft, ob Mars möglicherweise an einigen Stellen Viking 1 und 2, Mars Global Surveyor, Mars Odyssey, Mars Express, noch immer vulkanisch aktiv ist. oder Mars Reconnaissance Orbiter kennen wir die Oberflächen- beschaffenheit und -formationen recht gut. Grob kann man die Oberfläche in zwei große Regionen unterteilen: ein nördliches Gebiet mit Tiefebenen und ein südliches Hochland mit zahlreichen Bild: Mars-Express-Mosaik des Zentralteils der Valles Einschlagskratern. Besonders auffallend sind in Äquatornähe der Marineris. (© ESA/DLR/FU Berlin, CC BY-SA 3.0 IGO)

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Außer durch Vulkanismus wurde die Marsoberfläche auch von tekto- nischen Prozessen geformt. Auf den Satellitenbildern sind zahlreiche Störungen zu beobachten, die durch Brüche in der starren Lithosphäre entstanden sind, also in der spröden äußersten Gesteinskruste des Planeten. Schwärme von Störungen können oft mehrere hundert oder sogar tausend Kilometer lang werden. Sowohl Dehnungs- als auch Einengungsstörungen sind bekannt, aber nur wenige Seitenver- schiebungen. Das ist nicht überraschend, da diese auf der Erde vor al- lem durch die Plattentektonik verursacht werden, bei der Kontinental- platten seitlich aneinander vorbeigleiten. Mars dagegen ist ein „Einplatten-Planet“, dessen Lithosphäre nicht wie die der Erde aus vie- len einzelnen Platten besteht, die sich gegeneinander verschieben.

Das Innere des Mars, wie das aller Körper im Sonnensystem, ähnelt im Grunde genommen einer Wärmekraftmaschine. Der Zerfall von radio- aktiven Isotopen, z. B. von Uran, Thorium oder Kalium, aber auch die Energie, die während der Planetenbildung erzeugt wird, sind die wich- tigsten Quellen für die Wärmeproduktion im Inneren. Diese Wärme Regionen keine Magnetisierung aufweisen. Das deutet darauf hin, wird über die Planetenoberfläche abgegeben und führt über lange dass das selbsterzeugte Magnetfeld des Mars vermutlich nur wäh- geologische Zeiträume zur Abkühlung des Inneren. Einer der effizien- rend der ersten 500 Millionen Jahre der Marsentwicklung aktiv war. testen Wärmetransportmechanismen ist Konvektion. Die langsame Bewegung (das „Umwälzen“) des Mantelgesteins aufgrund der Die Oberfläche des Mars wurde durch Wasser (fluviatil), Eis und Temperatur- und Druckunterschiede im Inneren des Planeten sorgt für Gletscher (glazial) und Wind (aeolische Prozesse) unterschiedlicher die Umverteilung der Wärme und wird in Oberflächenstrukturen wie Intensität und Dauer geformt und überprägt. Verzweigte Talsysteme beispielsweise Vulkanen oder tektonischen Verformungen sichtbar. erstrecken sich über weite Gebiete und zeugen von einem Die großen Vulkanregionen Tharsis und Elysium, die noch bis vor we- Wasserkreislauf auf dem Mars. Eines der bekanntesten Talsysteme nigen Millionen Jahren aktiv waren, zeigen, dass thermische ist Ma’adim Vallis, das in den Einschlagskrater Gusev entwässerte, in Konvektion heute noch im Inneren des Mars stattfindet. Sogenannte dem der Marsrover Spirit nach Spuren von Wasser suchte. Neben thermische Anomalien im Mantel werden durch Dichteunterschiede fließenden Gewässern gab es aber auch Kraterseen, die mit Wasser zwischen heißem Material aus tieferen Regionen im Inneren des Mars gefüllt waren. Sie werden heute Paläoseen genannt und gehen oft und kälteren Regionen nahe der Oberfläche erzeugt. Dann steigen, in mit Deltas, charakteristischen Mineralablagerungen und Ein- bzw. der Geologie als Diapire und im Englischen als „mantle plumes“ be- Ausflussrinnen einher. Eine kurzzeitige Mobilisierung von Wasser in zeichnete, aus heißem Gestein bestehende „Blasen“ aufgrund ihrer jüngerer Vergangenheit in Verbindung mit Schlamm- oder geringeren Dichte durch den Mantel des Planeten langsam in Schuttströmen könnte die charakteristischen Erosionsrinnen verur- Richtung Oberfläche auf, wo das Gestein durch den abnehmenden sacht haben, die an vielen Kraterhängen zu finden sind. Druck des darüber liegenden Gesteins leichter aufschmelzen und Magmen bilden kann. Sie sind vermutlich die Quelle für die jüngsten Spuren von glazialen Prozessen, die bis in die jüngste Vergangenheit Vulkane des Mars. des Mars reichen, sind an vielen Stellen der Marsoberfläche zu be- obachten. Zum Beispiel findet man an den nordwestlichen Hängen Während der frühen Planetenentwicklung hat die Konvektion im flüssigen Eisenkern des Mars einen Dynamo angetrieben und ein Magnetfeld erzeugt. Heute besitzt der Mars kein aktives Magnetfeld Bild: Das Innere des Mars, wie es Computermodelle vor- aussagen. Neben dem Kern sind die säulenförmigen Man- mehr, allerdings sind die Spuren des einst aktiven Dynamos in alten telplumes zu sehen, in denen heißes Gesteinsmaterial aus Krustengesteinen an der Oberfläche des Planeten aufgezeichnet: dem Marsinneren an die Oberfläche transportiert wird. Ältere Oberflächengesteine sind magnetisiert, während jüngere (© DLR/A.-C. Plesa)

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der großen Tharsis-Vulkane Fließstrukturen, die an schuttbedeckte aber nicht aus hellem Quarzsand, sondern aus dunkler vulkanischer Blockgletscher erinnern, wie sie in Gebirgen und polaren Regionen Asche, die vor etwa drei bis vier Milliarden Jahren abgelagert wor- der Erde beobachtet werden. Sie werden als Überreste von den war. Auch gibt es ganze Regionen, die von stromlinienförmigen Gletschern auf dem Mars interpretiert. Viele Oberflächenphänomene Rücken, sogenannten Jardangs, übersät sind, die ähnlich einem vor allem in den mittleren und höheren geographischen Breiten äh- Sandstrahlgebläse durch die stete Aktivität des Windes aus der Land- neln periglazialen Strukturen in Dauerfrostgebieten auf der Erde. schaft geschmirgelt wurden. Heute zeigt sich die Windaktivität vor Tatsächlich wurde an einigen Stellen Eis in geringer Tiefe nachgewie- allem eindrucksvoll in Form von großen Staubstürmen und kleineren sen. Auch Radarmessungen haben ergeben, dass der Mars über ein Windhosen, sogenannten „Staubteufeln“, die sich mit hoher Ge- beträchtliches Vorkommen an Bodeneis verfügt. Die wohl eindrucks- schwindigkeit über die Marsoberfläche bewegen. vollsten Eisformationen auf dem Mars sind die beiden Polkappen, die je nach Jahreszeit aus einer Mischung aus Wasser- und/oder Wenngleich man heute mit den Untersuchungen von inzwischen sie- Kohlendioxideis bestehen. ben erfolgreich auf dem Planeten gelandeten Sonden keine Lebens- formen, ja nicht einmal organische Substanzen auf dem Mars finden Weitverbreitete dunkle Dünen zeugen von der Aktivität des Windes konnte, so ist der Rote Planet nach wie vor das wichtigste langfristige auf dem Mars, die früher einmal, als die Atmosphäre noch dichter Ziel der internationalen Raumfahrt im Hinblick auf die Suche nach war, von viel intensiverer Wirkung war als heute. Vergleichsweise existierendem oder ausgestorbenem Leben auf einem anderen riesige Dünenfelder kann man vor allem im Inneren von Einschlags- Himmelskörper des Sonnensystems. Die Mission Mars Science kratern finden. Anders als auf der Erde bestehen diese Dünensande Laboratory mit dem Rover Curiosity ist am 6. August 2012 im Krater Gale gelandet und sucht in einer mächtigen Sedimentschicht nach Spuren längst vergangener möglicher Lebensräume (Habitate). Curiosity kann zwar die Bausteine des Lebens, nämlich Kohlenstoff- verbindungen, identifizieren, aber keine Lebensspuren. Diese Aufgabe soll ab 2020 die ESA-Mission ExoMars erfüllen. Ein Gefährt mit dem Namen Pasteur wird erstmalig in der Lage sein, bis zu zwei Meter tief in den Marsboden zu bohren. Falls es jemals Leben auf dem Planeten gegeben hat, so ist es viel wahrscheinlicher, Spuren davon unterhalb der Oberfläche zu finden, wo es vor der Zersetzung durch schädliche UV-Strahlung geschützt gewesen wäre.

Marsmonde

Die beiden Marsmonde Phobos und Deimos, 1877 von Asaph Hall (1829–1907) entdeckt, haben ähnliche Eigenschaften. Beide besit- zen eine recht unregelmäßige Form und haben eine sehr dunkle Oberfläche, die nur etwa fünf Prozent des Sonnenlichts reflektiert. Phobos, mit bis zu 27 Kilometern Durchmesser der größere der bei- den Marsmonde, weist eine Vielzahl von Einschlagkratern auf, von denen Stickney mit zwölf Kilometern und Hall mit fünf Kilometern Durchmesser die größten sind. Der kleinere Deimos in größerer Entfernung zum Mars ist nur bis zu 15 Kilometer groß und besitzt deutlich weniger sichtbare Krater. Bilddaten der Viking-Missionen

Bild: Nordpolkappe des Mars im Sommer, aufgenom- men von Mars Global Surveyor. (© NASA/JPL/MSSS)

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zeigen, dass seine Oberfläche stärker von einer Staubschicht, dem und Deimos sind demnach die beiden letzten Überbleibsel dieser Regolith, bedeckt ist als die von Phobos. Ansammlung kleiner Körper.

Der Ursprung der beiden Marsmonde ist noch nicht eindeutig ge- Auch Phobos scheint diesem Schicksal entgegenzusehen. Wegen klärt – mehrere Entstehungsmodelle werden diskutiert: Eine Theorie des geringen Abstands zum Mutterplaneten ist Phobos starken hält eine Entstehung von Mars und beiden Monden in einem ge- Gezeitenkräften ausgesetzt. Die Auswertung von Mars-Express- meinsamen Prozess für wahrscheinlich. Eine weitere Theorie geht Daten bestätigt, dass er sich dem Mars auf einer spiralförmigen Bahn davon aus, dass es sich bei beiden Monden um Kleinkörper hande- nähert und in ca. 40 bis 70 Millionen Jahren wegen der dann immer le, die im Asteroidengürtel zwischen Mars und Jupiter entstanden stärker an ihm zerrenden Gezeitenkräften auseinanderbrechen und sind und von der Schwerkraft des Mars eingefangen wurden. Ein auf den Planeten stürzen wird. Die russische Sonde Phobos Grunt, weiteres viel beachtetes Modell besagt jedoch, dass die beiden die den Mond eingehend untersuchen sollte, scheiterte bei ihrem Monde nach einem sehr großen Asteroideneinschlag in der Frühzeit Start Ende 2011. Weitere Phobos-Missionen sind für die frühen des Mars entstanden sein könnten. Demnach bildeten die Trümmer 2020er-Jahre geplant. des Einschlags eine Ringscheibe um den Mars. Durch Wechsel- wirkung der Materialien in der Ringscheibe bildeten sich mehrere Bild: Marsmonde Phobos (links) und Deimos (rechts). kleine Körper, die zum Teil wieder auf den Mars stürzten. Phobos (© NASA/JPL-Caltech/University of Arizona)

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ASTEROIDEN

In der Neujahrsnacht 1801 entdeckte Giuseppe Piazzi (1746– 1826), der damalige Direktor der Sternwarte Palermo, den ersten Asteroiden: Ein Objekt änderte zwischen zwei Beobachtungen sei- ne Position. Der veränderliche Körper entpuppte sich als kleiner Planet, und Piazzi nannte ihn Ceres, nach der Göttin der Vegetation und der Schutzheiligen Siziliens.

Die Vorgeschichte der Entdeckung der ersten Asteroiden ist – ge- rade aus deutscher Sicht – insofern interessant, da sie die Erkun- dung des Sonnensystems und die Entdeckung und Erforschung der Asteroiden nachhaltig beeinflusste. Im Jahre 1781 entdeckte William Herschel einen neuen Planeten, Uranus. Es gab also noch weitere Mitglieder in der Planetenfamilie. Die Forscher Johann Daniel Titius und Johann Elert Bode entwickelten eine einfache ma- thematische Formel, mit der sie die Abstände der Planetenbahnen von der Sonne beschrieben. Uranus passte dabei recht gut in diese so genannte Titius-Bode-Reihe, was anscheinend die Richtigkeit der Formel belegte. Nach dieser Regel wurde auch ein weiterer Planet zwischen den Bahnen von Mars und Jupiter vorhergesagt, und den galt es zu finden.

Franz Xaver von Zach organisierte von der neuen Sternwarte bei Gotha aus die sogenannte „Himmelspolizey“: 24 Himmelszonen wurden von verschiedenen europäischen Sternwarten systematisch abgesucht um den vermeintlich fehlenden Planeten aufzuspüren. Die von Piazzi entdeckte Ceres hatte den vorher berechneten Abstand von der Sonne. War der fehlende Planet also gefunden? zerstört wurde. Allerdings wissen wir heute, dass sich nie ein grö- Nein, denn im Frühjahr 1802 ent- ßerer Planet zwischen Mars und deckte Heinrich Wilhelm Olbers Jupiter gebildet hat. Die Theorie in Bremen einen weiteren Pla- der Entstehung und frühen neten auf einer ähnlichen Bahn Die Titius-Bodesche Regel ist eine simple mathematische Rei- um die Sonne. Zwei Jahre später he, aus der sich recht genau die Abstände der Planeten zur fand Karl Ludwig Harding in Sonne ergeben – und aus der sich für die Region zwischen Bild: Blick auf den Krater Psyche, mit Lilienthal noch einen und schließ- Mars und Jupiter ein „fehlender“ Planet postulieren ließ. Sie 5,3 Kilometern Durchmesser der größ- lich entdeckte 1807 wieder Olbers wurde von Johann Daniel Titius (1729–1796) und Johann Elert te Krater auf dem Asteroiden Eros. schon den vierten; sie wurden Bode (1747–1826) gegen Ende des 18. Jahrhunderts aufge- (© NASA/JHUAPL) Pallas, Juno und Vesta getauft. stellt. Eine ähnlich einfache Reihe (Venus: kein Mond, Erde: Bild linke Seite: Zwergplanet Ceres, Alle vier waren viel zu klein um ein Mond, Mars: zwei Monde, Jupiter: vier Monde) führte be- Asteroid Vesta und weitere von reits 100 Jahre vor der Entdeckung der Marsmonde im Jahre Raumsonden besuchte Asteroiden im dem bloßen Auge beobachtbar zu Asteroidengürtel im Größenvergleich. sein. Also doch kein Planet? 1877 durch Asaph Hall (1829–1907) dazu, dass Jonathan Swift Das Einschlagsbecken Rheasilvia auf (1667–1745) in seinem Buch Gullivers Reisen von zwei Mars- Vesta erstreckt sich über die gesamte Aber woher kamen diese kleinen monden sprach. Allderdings sind weder die Titius-Bodesche gezeigte Hemisphäre. Am unteren Regel noch die Regel zur Anzahl von Monden an den einzel- Rand von Ceres sind helle Ablagerun- Objekte? Schnell wurde klar, es nen Planeten universell gültig. gen im Krater Occator zu erkennen. müssen Bruchstücke eines größe- (© NASA/JPL-Caltech/JAXA/ESA/Paul ren Körpers sein, der irgendwie Schenk/LPI)

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Jahren war die Sonne noch von ei- ner rotierenden Scheibe aus Gas, Eis und Staub umgeben. Staubteilchen klumpten zu Staubflocken zusam- men, die sich wieder zu größeren Teilchen vereinigten. Nach Millionen Jahren haben sich kilometergroße Objekte gebildet, die sogenannten Planetesimale, die Bausteine der Planeten. Kollisionen zwischen Plane- tesimalen und dem Restmaterial der Gas- und Staubscheibe führten nach ungefähr 10 bis 100 Millionen Jah- ren zur Bildung von Planeten. Die Asteroiden und Kometen sind die Überreste dieses Prozesses.

Die Verteilung der Asteroiden im Asteroidengürtel wird vor allem vom Gravitationseinfluss des Riesenpla- neten Jupiter bestimmt. In einigen Bereichen des Gürtels findet man so gut wie keine Asteroiden, in ande- ren Zonen dagegen treten sie in großer Zahl auf. Die Abstände un- tereinander betragen aber fast im- Entwicklung des Planetensystems besagt, dass sich die Planeten mer mindestens eine Million Kilometer, so dass die Passage mit nicht dort gebildet haben, wo wir sie heute finden, sondern dass einer Raumsonde durch den Asteroidengürtel kein großes Problem sie nach ihrer Entstehung „gewandert“ sind. Der Grund hierfür darstellt. Denkbar ist, dass auch die beiden kleinen Marsmonde waren die Wechselwirkungen der rasch wachsenden Planeten mit Phobos und Deimos einst zu den Asteroiden gehörten, dem Pla- dem Rest an Gas der Akkretionsscheibe um die Sonne und gegen- neten Mars irgendwann zu nahe kamen und von ihm eingefangen seitige Schwerkraftwirkung, besonders der großen Objekte Jupiter wurden. und Saturn. Die Titius-Bodesche Reihe hat demnach keine erkenn- bare physikalische Bedeutung. Dennoch hat diese Zahlenreihe zur Der Durchmesser der meisten bekannten Asteroiden liegt zwischen intensiven Suche nach Planeten geführt, was die Entdeckung der 20 und 100 Kilometern. Ceres ist mit einem Durchmesser von et- Asteroiden zur Folge hatte. wa 950 Kilometern das größte Objekt im Asteroidengürtel und wurde mittlerweile als Zwergplanet (siehe Kapitel „Kuipergürtel Es dauerte fast 40 Jahre, bis noch mehr Asteroiden entdeckt wur- und Zwergplaneten“) eingestuft. Als Ergebnis der häufigen den, dann aber kamen schnell weitere dazu. Ende des 19. Jahrhunderts waren schon mehr als 300 bekannt. Im Jahre 2017 kennen wir etwa 700.000 Asteroiden, die meisten davon befinden sich zwischen den Umlaufbahnen von Mars und Jupiter im soge- nannten Asteroidengürtel. Nach unseren heutigen Kenntnissen Bild: Neun verschiedene Aufnahmen des Asteroiden Ida in Echtfarbe, aufgenommen 1993 während der liegt die Herkunft der meisten Asteroiden in Kollisionen zwischen Annähe­rung der Sonde Galileo an den Asteroiden. den ursprünglichen „Bausteinen“ der Planeten. Vor 4,6 Milliarden (© NASA/JPL)

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Kollisionen zwischen einzel- nen Asteroiden wird die Population im Asteroiden- gürtel allmählich zu immer mehr Bruchstücken zerklei- nert. Es gibt keine untere Grenze in der Größenvertei- lung: Mit den großen Aste- roiden kreisen Abermillionen kieselsteingroßer Gesteins- brocken und Staubteilchen um die Sonne.

Einige Asteroiden haben stark exzentrische Bahnen und kreuzen die Bahnen von Mars, Erde oder sogar des Merkur. Insbesondere die erdnahen Asteroiden oder „Near- “ (NEAs) werden in jüngster Zeit intensiver stu- diert, um langfristig ihre Kollisionswahrscheinlichkeiten mit der Erde und deren mögli- che Auswirkungen zu bestim- men. (1036) Ganymed ist mit einem Durchmesser von 31 Kilometern der größte bekannte NEA. Die Anzahl von NEAs mit unterschiedlichen Zeiten aufgenommenen Bildern erlaubt es, Aste- Durchmessern größer als einem Kilometer beträgt ungefähr 1000. roiden als bewegte Objekte zu identifizieren. Der Einschlag eines Objekts in dieser Größenklasse auf der Erde wäre katastrophal und würde globale Auswirkungen haben. Im Jahr 2000 waren über 100.000 Asteroiden bekannt und heute, Modellrechnungen gehen davon aus, dass ein kilometergroßer im Jahr 2017, sind es schon über 700.000. Dies führte zwangsläu- NEA ein- bis zweimal in einer Million Jahre auf die Erde stürzt. fig auch zur Entdeckung einer großen Zahl von erdnahen Asteroiden: zur Jahrtausendwende waren 1000 NEAs identifiziert, Suchprogramme für Asteroiden heute sind es fast 17.000. Auch das DLR-Institut für Planeten- forschung in Berlin beteiligt sich an den Suchprogrammen und ar- Seit etwa 1980 wurden gezielte Suchprogramme vor allem an beitet eng mit Sternwarten in Frankreich, Schweden und Italien Sternwarten in den USA durchgeführt. Die Erfindung von zusammen. Zwischen 1996 und 2002 wurden dabei 4000 Aste- Digitalkameras mit CCD-Detektoren und deren Verwendung in der roiden entdeckt. Astronomie haben entscheidend zur Entdeckung einer großen Zahl von Asteroiden beigetragen. Nicht nur viele kleine lichtschwache Objekte konnten gefunden werden sondern auch die Bearbeitung der Bilder konnte jetzt direkt nach der Aufnahme im Computer er- Bild: Furchenförmige Bruchstrukturen entlang des Äquators von Vesta, die mit dem Rheasilvia-Einschlag folgen. Ein Vergleich der gemessenen Positionen auf mehreren, zu am Südpol entstanden sind. (© NASA/JPL-Caltech/UCLA/MPS/DLR/IDA)

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Neben der Entdeckung liefern weltweite Beobachtungskampagnen umbenannt) auf ihrem Weg zum erdnahen Asteroiden Eros, den Messdaten, die eine Bestimmung der Rotationseigenschaften und sie ab Februar 2000 ein Jahr lang umrundete, den etwa 50 der Form der Körper erlauben. Messungen in verschiedenen Kilometer großen Asteroiden (253) Mathilde. Obwohl der Asteroid Wellenlängen ermöglichen die Farbe der Oberfläche zu bestimmen Mathilde dreimal größer ist als Eros, haben die NEAR-Messungen und darüber hinaus auch Aussagen über die Oberflächen- gezeigt, dass seine Dichte nur halb so groß ist wie die von Eros. beschaffenheit und die mineralogische Zusammensetzung zu Mathildas Dichte ist nur 30 Prozent größer als die von Wasser, was treffen. auf eine merkwürdig poröse Struktur hindeutet. Wahrscheinlich ist Mathilde eine lose Ansammlung von Schutt, dessen Bestandteile Raumsonden an Asteroiden bei einer Kollision zweier Asteroiden freigesetzt wurden und nur durch ihre schwache Gravitationskräfte zusammengehalten wer- Die detailliertesten Untersuchungen von Asteroiden stammen aller- den. Vermutlich sind viele Asteroiden so beschaffen. dings von Raumfahrtmissionen. In den letzten Jahren konnten mehrere Asteroiden mit Raumsonden vor Ort inspiziert werden. Die Ein weiterer kleiner NEA wurde von der japanischen Raumsonde Raumsonde Galileo flog auf ihrer Reise zum Jupiter 1991 und 1993 Hayabusa untersucht, die im Mai 2003 zu (25143) Itokawa gestar- nahe an den beiden Asteroiden (951) Gaspra und (243) Ida vorbei tet war. Nach der Ankunft im Jahre 2005 lieferte Hayabusa detail- und entdeckte dabei an dem 60 Kilometer langen Asteroiden Ida lierte Bilder und wissenschaftliche Daten von Itokawa. Das etwa den über einen Kilometer großen Mond, Dactyl. 350 Meter große Objekt hat die Form einer länglichen Kartoffel und sieht genau so aus, wie Asteroidenforscher sich einen Was man schon von photometrischen Lichtkurven her wusste, wur- „Schutthaufen“ vorgestellt hatten: eine Ansammlung von Kolli- de mit den ersten Nahaufnahmen bestätigt: Asteroiden sind unre- sionsfragmenten aus einem früheren Zusammenstoß zwischen gelmäßig geformte, rotierende Felsbrocken, die von Kratern zwei Asteroiden. Hayabusa hat sogar die Oberfläche von Itokawa übersät sind und sogar kleine Monde haben können. berührt und Staubpartikel gesammelt. Nach einer Reise von über sieben Jahren ist Hayabusa am 13. Juni 2010 zur Erde zurückge- Im Juni 1997 besuchte die amerikanischen Raumsonde NEAR kehrt. Eine kleine Rückkehrkapsel, in der die Staubpartikel von der (Near-Earth Asteroid Rendezvous, später in NEAR-Shoemaker Oberfläche zur Erde gebracht wurden, konnte in Australien gebor- gen werden. Es ist die erste Rückkehr einer Sonde, die im Missionsverlauf Bodenkontakt mit einem Asteroiden hatte. Aus der Analyse der Staubpartikel konnten wichtige Informationen über die Mineralogie und Geschichte des Asteroiden abgeleitet werden.

Die europäischen Kometensonde Rosetta ist am 5. September 2008 am Asteroiden (2867) Šteins und am 10. Juli 2010 am Asteroiden (21) Lutetia vorbeigeflogen. Beide Male gelangen Nahaufnahmen und vor allem konnte die Oberfläche des 100 Kilometer großen Asteroiden Lutetia sehr genau kartiert werden. Lutetia wurde auch von der Erde aus intensiv beobachtet und vermessen.

Bild: Der Krater Cornelia auf Vesta mit auffällig hellem und dunklem Material am Kraterrand und im -inneren. Cornelia hat einen Durchmesser von 15 Kilometern. (© NASA/JPL-Caltech/UCLA/MPS/DLR/IDA)

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Die Mission Dawn

Das Studium von Asteroiden ist auch deshalb von Bedeutung, weil sie in vielen Fällen die früheste Entwicklungsgeschichte unseres Sonnensystems widerspiegeln. Aus der Analyse ihrer Oberflächen- morphologie und Zusammen- setzung lassen sich Erkenntnisse über die Anfangszeit des Sonnen- systems gewinnen. Deshalb wur- de die amerikanische Raumsonde Dawn (engl. für Morgendäm- merung) 2007 auf eine Reise in den Asteroidengürtel geschickt, um zunächst den Asteroiden Vesta zu erforschen, mit etwa 500 Kilometern Durchmesser der dritt- größte und zweitschwerste Aste- roid im Hauptgürtel. Dawn unter- suchte Vesta in den Jahren 2011 und 2012 für 14 Monate und sendete aus drei verschiedenen wird vermutet, dass das es sogar Wassereis in solchen Linsen unter Umlaufbahnen Bilder der Oberfläche des Körpers sowie Daten zur der Oberfläche geben könnte. Beschaffenheit und Struktur des Asteroiden zur Erde. Die größte, noch heute identifizierbare Kollision fand vor über ei- Dabei stellte sich heraus, dass Vesta eine Art Protoplanet ist, gewis- ner Milliarde Jahren am Südpol Vestas statt. Dort schlug ein etwa sermaßen ein Planet, der in seiner Entwicklung stehen geblieben 40 Kilometer großer Körper mit einer gewaltigen Wucht ein, so- ist, noch bevor er ein erdähnlicher Planet werden konnte. Ähnlich dass ein 500 Kilometer großes Einschlagsbecken entstand, das dem Mars oder dem Mond ist Vesta „differenziert“ und hat einen Rheasilvia genannt wird. Die Wucht dieses Einschlags erschütterte kleinen metallreichen Kern, einen Gesteinsmantel und eine Kruste. den gesamten Körper durch und durch und erzeugte neben einer Spuren von Vulkanismus, der mit einer inneren Aufschmelzung ein- riesigen Kratervertiefung auch Bruchstrukturen entlang des hergegangen sein könnte, konnten zwar nicht eindeutig identifi- Äquators. Der Rheasilvia-Einschlag hätte Vesta beinahe zerstört. ziert werden, aber mehrere Aufwölbungen unter der Oberfläche lassen dies dennoch vermuten. Der Einschlag beförderte auch eine riesige Menge Material von der Oberfläche ins All. Diese Bruchstücke waren nun ebenfalls zu Die auffälligsten Landschaftsmerkmale auf Vesta sind die vielen Asteroiden geworden und befinden sich auf einer ähnlichen Einschlagskrater, die sich seit der Entstehung des Asteroiden ange- Umlaufbahn wie Vesta selbst: Sie werden Vestoide oder die Vesta- sammelt haben. Aufgrund der fehlenden Atmosphäre verwittern Familie genannt. Durch gravitative Ablenkung von Planeten kann diese kaum und werden nur durch weitere Einschläge erodiert. es passieren, dass sie zu NEAs werden und auf Bahnen gelangen, Einige dieser Krater zeigen an ihren Rändern und auf den Kraterböden dunkles und helles Material, das durch den Einschlagsprozess freigelegt wurde. Dieses Material scheint in Bild: Die hellen Flecken im Krater Occator auf Ceres. Linsen unter der Oberfläche Vestas verteilt zu sein oder aber es Occator hat einen Durchmesser von etwa 92 Kilometern. wird von dem Einschlagskörper mitgebracht. An einigen Stellen (© NASA/JPL-Caltech/UCLA/MPS/DLR/IDA)

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tatsächlich anhand von Beobachtungen mit dem Weltraumteleskop Herschel abgeleitet wurde.

Ceres zeigt damit im Vergleich zu Vesta eine relativ aktive Ober- fläche. Dies wird an einem besonderen Beispiel deutlich: der 18 Kilometer breite Berg Ahuna Mons, der in der Nähe des Äquators sechs Kilometer aus seiner Umgebung herausragt, zeigt auf beein- druckende Weise, dass es Prozesse auf Ceres gibt, die auch heute noch Material aus dem Inneren des Körpers zur Oberfläche trans- portieren und vulkanähnlich ablagern. Zwar kann der Entsteh- ungsprozess von Ahuna Mons, ähnlich wie bei der Entstehung von Bergen auf der Erde, nicht direkt beobachtet werden, aber die glat- ten und einschlagsfreien, steilen Flanken sind ein Zeichen für sein junges Alter und bisher einmalig im Asteroidengürtel.

Erdnahe Asteroiden – Fluch oder Segen?

Zunehmend gewinnen die „Near Earth Asteroids“ (NEAs) an Auf- die die Erdumlaufbahn kreuzen, und als Meteoriten auf die Erde merksamkeit, nicht nur wegen der Einschlagsgefahr, sondern auch, kommen. Messungen mit Spektrometern bestätigten, dass eine be- weil bestimmte NEAs interessante Ziele für astronautische Raum- stimmte Gruppe von Meteoriten auf der Erde von Vesta und ihrer fahrtmissionen darstellen. Die NASA betrachtet den Planeten Mars Familie stammen. Nach Abschluss der Experimente flog die Raum- als ein mögliches langfristiges Ziel. Um notwendige technische sonde Dawn zum Zwergplaneten Ceres weiter, den sie im April Erfahrung mit lang andauernden und anspruchsvollen astronauti- 2015 erreichte. schen Raumfahrtmissionen zu gewinnen, erachtet die NASA die NEAs als geeignete Sprungbretter auf dem Weg zum Mars. Der Zwergplanet Ceres, das größte Objekt im Asteroidengürtel, Manche kleine NEAs sind wegen ihrer erdähnlichen Umlaufbahnen enthält etwa 25 Prozent der Masse des gesamten Asteroidengürtels relativ leicht zu erreichen. Darüber hinaus kann man wegen der und hat eine kugelförmige Gestalt. Trotzdem hat Ceres eine relativ schwachen Gravitation auf der Oberfläche eines NEA gut landen geringe Dichte, was darauf hindeutet, dass der Körper zu größeren und nach dem Besuch leicht wieder ins All starten, ohne große Teilen aus leichten Materialien wie Wassereis besteht. Vorräte an Treibstoff mitnehmen zu müssen. Solche Missionen könnten nicht nur zum Sammeln raumfahrtbezogener technischer Eine wichtige Entdeckung der Raumsonde Dawn mehr als 130 wei- Erfahrung dienen, sondern auch wertvolle wissenschaftliche Daten ßen Flecken, die sich in den meisten Fällen in oder in der Nähe von über die physikalischen Eigenschaften von NEAs liefern. Einschlagskratern befinden und im starken Kontrast zur allgemei- nen dunklen Oberfläche des Zwergplaneten stehen. Ein besonders Einschläge von Asteroiden und Kometen auf Planeten sind ein kon- auffälliger heller Fleck wurde im Krater Occator entdeckt. Hier tinuierliches natürliches Phänomen, das ihre Oberflächen seit der scheint der Kraterboden kollabiert zu sein und helles Material frei- Entstehung der Planeten geprägt hat. Die Umlaufbahn der Erde gelegt zu haben. Eine mögliche Erklärung für die weißen Flecken wird ständig von Asteroiden gekreuzt. Einschläge von Asteroiden könnte eine Schicht im Untergrund sein, die aus einer Mischung und Kometen haben die Biosphäre der Erde und den Verlauf der von Salzen und Wassereis besteht. Einschläge von Asteroiden und Kometen könnten die dunkle Oberfläche durchbrochen und Materialien aus der eisigen Schicht freigesetzt haben. Die Sublimation des nun gegenüber dem All exponierten Wassereises Bild: Der Berg Ahuna Mons auf Ceres ist eine relativ junge Struktur, was man an den glatten, kraterlosen könnte zeitweise eine dünne Atmosphäre erzeugen, deren Existenz Flanken erkennen kann. (© NASA/JPL-Caltech/UCLA/MPS/DLR/IDA)

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Evolution nachhaltig beeinflusst. Heute ist die Einschlagsrate viel physikalischen Eigenschaften von NEAs, wie Zusammensetzung, geringer als vor vier Milliarden Jahren, als unser Planet noch in sei- Dichte und innere Struktur. Informationen über NEAs können mit- ner Entwicklungsphase war. Allerdings ist der nächste große tels Teleskopbeobachtungen von der Erde aus oder mit Hilfe von Impakt auf der Erde nur eine Frage der Zeit. Es ist daher ratsam zu Weltraumsonden gewonnen werden. Die japanische Mission untersuchen, welche Konsequenzen Einschläge von Asteroiden Hayabusa-2 – mit umfangreicher deutscher Beteiligung – befindet und Kometen für unsere Erde und andere Planeten haben sich seit Dezember 2014 auf dem Weg zum erdnahen Asteroiden können. (162173) Ryugu. Nach der Ankunft im Juni 2018 soll Hayabusa-2 den Asteroiden im Detail untersuchen und den Lander MASCOT Es gibt immer wieder spekulative Meldungen über Asteroiden, die absetzen. Am Ende der Mission wird die Sonde eine Probe von der scheinbar Kurs auf die Erde genommen haben. Aber tatsächlich Oberfläche nehmen und bis 2020 zurück zur Erde bringen. Seit gibt es kein bis jetzt bekanntes Objekt, das eine unmittelbare September 2016 befindet sich die NASA-Mission OSIRIS-REx auf Bedrohung für die Erde darstellt. Allerdings haben Astronomen dem Weg zum erdnahen Asteroiden (101955) Bennu. Neben mittels Suchprogrammen bis heute nur einen Bruchteil der gesam- Untersuchungen mit Kameras und Spektrometern vor Ort soll die ten Population der NEAs entdeckt. Es gibt ernsthafte Überlegungen Sonde auch landen und zwischen 60 Gramm und zwei Kilogramm wie man einen bedrohlichen erdnahen Asteroiden mit Hilfe einer Material von diesem Asteroiden zur Erde bringen. Die Rückkehr zur Weltraummission ablenken könnte. Die Methoden klingen aben- Erde ist für September 2023 vorgesehen. teuerlich, zum Beispiel „kinetischer Impaktor“, „Gravitationstrak- tor“ oder „Explosionsablenkung“. Sie werden von Weltraum- In der Zukunft könnten erdnahe Asteroiden aus einem anderen agenturen wie der NASA, der ESA, und dem DLR untersucht und Grund an Wichtigkeit gewinnen. Bisherige Untersuchungen haben in Machbarkeitsstudien analysiert. Eine sehr wichtige Vor- gezeigt, dass Wasser und Metalle signifikante Bestandteile von aussetzung für den Erfolg einer Abwehrmission sind Kenntnisse der Asteroiden sind. Durch eine Spaltung des Wassermoleküls können Wasserstoff und Sauerstoff gewonnen werden, Elemente die als Raketentreibstoff dienen können. Wasser und Sauerstoff sind na- türlich auch für astronautische Aktivitäten im Weltall unerlässlich. Asteroiden enthalten Eisen und Nickel, die für den zukünftigen Bau von Strukturen wie Weltraumstationen, benutzt werden könnten. Da ein verhältnismäßig kleiner erdnaher Asteroid im Vergleich zur Erde kaum Schwerkraft hat, könnte es für zukünftige Generationen rentabler werden, gewisse Materialien für Weltraumaktivitäten von NEAs zu gewinnen, anstatt sie von der Erde aus mit teuren Raketenstarts ins All zu befördern. Auch viel wertvollere Metalle, wie beispielsweise Platin, die für unsere moderne Industrie immer wichtiger werden, sind auf erdnahen Asteroiden vorhanden. Im Gegensatz zu Vorkommen auf der Erde, die nur in wenigen, teil- weise tiefen, Gruben abgebaut und schwer zu verarbeiten sind, könnten wichtige Metalle aus Mineralen gewonnen werden, die einfach auf der Oberfläche eines erdnahen Asteroiden liegen.

Bild: Der Krater Haulani auf Ceres mit Zentralberg und abgerutschtem Material am Kraterrand, farb- verstärkte Ansicht. (© NASA/JPL-Caltech/UCLA/MPS/DLR/IDA)

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JUPITER

Jupiter ist der größte Planet unseres Sonnensystems. Mit einer Masse Kilometer und ist damit etwa sechs Prozent kleiner als der Radius am von einem Tausendstel der Sonne und einer sonnenähnlichen Äquator. Die Hauptbestandteile des Planeten sind, wie in der Sonne, Zusammensetzung wäre dieser Planet bei noch größerer Masse – Wasserstoff und Helium, was seine vergleichsweise geringe mittlere Berechnungen gehen vom 75fachen der gegenwärtigen Masse aus Dichte von 1330 kg/m3 erklärt. – fast eine zweite Sonne geworden. Jupiter ist nach Venus der zweit- hellste Planet am Nachthimmel. Schon in einem kleinen Fernrohr Am Äquator treten Windgeschwindigkeiten von 540 Kilometern pro kann man die typischen verschiedenfarbigen Wolkenbänder, den Stunde auf. Der markante Große Rote Fleck gilt als ein isoliertes, gi- seit 1664 bekannten und seither beobachteten Großen Roten Fleck gantisches Wirbelsturmgebiet, das relativ zur Bewegung anderer sowie das Bewegungsspiel der vier nach ihrem Entdecker benannten Atmosphärenstrukturen in der Umgebung zurückbleibt. Im Gegensatz Galileischen Monde sehen. zu kleineren Wirbeln ist der Große Rote Fleck seit seiner ersten Erwähnung vor mehr als 300 Jahren stabil. Erkenntnisse über die Knapp zwölf Jahre benötigt Jupiter für einen Umlauf um die Sonne. Zusammensetzung der Atmosphäre konnten durch spektroskopische Pro Sekunde legt Jupiter dabei durchschnittlich 13 Kilometer auf sei- Messungen sowohl von der Erde aus, als auch an Bord von ner Bahn zurück. Im Jupiter ist 318mal so viel Masse wie in der Erde Raumsonden gewonnen werden. Zusätzlichen Aufschluss über die vereint. Damit beeinflusst der Planetenriese die Bahnen aller anderen obersten Wolkenschichten Jupiters hat die Mission Galileo gebracht, Körper im Sonnensystem – dieser von deren Orbiter aus im Dezem- Effekt muss bei genauen Bahnbe- ber 1995 ein Eintrittskörper mit rechnungen von planetaren Kör- Fakten sechs wissenschaftlichen Experi- pern und Raumsonden immer be- menten an Bord in die kalte Atmo- Jupiter Masse 1,8987 x 1027 kg rücksichtigt werden. Auch lässt der sphäre des Planeten eingetaucht Gravitationseinfluss zum Beispiel Radius (äquatorial) 71.492 km ist. Die obersten Schichten der Lücken im Asteroidengürtel entste- Radius (polar) 66.854 km dichten Atmosphäre enthalten vor- 3 hen. Er bringt Kometen von ihrer Dichte 1330 kg/m wiegend Wasserstoff (H2), Helium ursprünglichen Bahn ab und zieht Rotationsperiode 9,925 h (He), Ammoniak-Eiskristalle (NH3), manche von ihnen so stark an, Orbitalperiode 11,86 Jahre Ammoniumhydrogensulfid (NH4HS) dass sie als extrem kurzperiodische sowie Wassereis und Wasser- Durchschnittliche 778,4 x 106 km Kometen die „Jupiterfamilie“ bil- tröpfchen (H O). Der Planet be- Entfernung von der Sonne 2 den oder mit hoher Geschwin- steht zu einem großen Teil aus digkeit in die Gashülle des Plane- einem molekularen Wasserstoff- ten stürzen. Auch nutzt man sein Io Masse 8,94 x 1022 kg Helium-Gemisch. Aufgrund des starkes Gravitationsfeld, um Raum- Mittlerer Radius 1821,6 km hohen Drucks geht der Wasserstoff sonden auf dem Weg ins äußere Dichte 3528 kg/m3 ab einer Tiefe von etwa 20.000 Sonnensystem zu beschleunigen Orbitalperiode 1,76 Tage Kilometern in einen metallischen und deren Kurs merklich zu ändern Durchschnittliche 421.000 km Zustand über. Dabei lösen sich die (Voyager, Ulysses, Cassini-Huygens, Entfernung vom Jupiter Elektronen von ihrem Atomkern New Horizons). Jupiters äquatoria- und werden frei beweglich. Dieser ler Radius beträgt 71.492 Kilo- elektrisch sehr gut leitende und 22 meter, eine Rotation dauert knapp Europa Masse 4,88 x 10 kg um den Jupiterkern rotierende me- zehn Stunden. Die hohe Rotations- Radius 1560,8 km tallische Wasserstoff dürfte die rate führt zu einer starken Ab- Dichte 3013 kg/m3 Ursache für das enorm starke plattung des Riesenplaneten, die Orbitalperiode 3,55 Tage bereits in einem kleinen Fernrohr Durchschnittliche 670.900 km deutlich sichtbar wird. Der polare Bild linke Seite: Jupiter mit dem Entfernung vom Jupiter Großen Roten Fleck, einem giganti- Radius Jupiters beträgt 66.854 schen Sturmsystem. (© NASA/JPL/ Space Science Institute)

55 Kilometer an die Wolkengrenze herankommt. Juno führt eine detail- lierte Untersuchung des inneren Aufbaus des Riesenplaneten und sei- ner polaren Magnetosphäre durch. Entgegen bisheriger Modell- annahmen zeigen erste Ergebnisse, dass Jupiter einen sehr großen, nicht klar von den darüber liegenden Schichten abgegrenzten Kern besitzt. Das Magnetfeld Jupiters erweist sich als stärker und weitaus komplexer als aus den bisher vorliegenden Daten angenommen. Zudem zeigt die Jupiteratmosphäre in Bezug auf Temperatur und Zusammensetzung starke Zonierungen, die neue Modelle der Dyna- mik der Jupiteratmosphäre erfordern. Durch Messungen des polaren Magnetfelds und Daten der Partikeldetektoren wurde deutlich, dass die Erzeugung des Polarlichts auf Jupiter deutliche Unterschiede zu den entsprechenden Prozessen auf der Erde aufweist. Mit insgesamt zunächst 32 Orbits erreicht Juno innerhalb der ursprünglich auf zwei Jahre angelegten wissenschaftlichen Missionsphase mit den Mess- instrumenten eine gesamte Abdeckung der Atmosphäre und des Aufbaus des Riesenplaneten.

Die Jupitermonde

Derzeit sind 67 Monde bekannt, die Jupiter umrunden. Die vier größ- ten Monde Io, Europa, Ganymed und Callisto wurden 1610 von Galileo Galilei entdeckt. Sie werden ihm zu Ehren „Galileische“ Monde genannt. Galileis Erkenntnis, dass es Trabanten gibt, die um einen grö- ßeren Körper kreisen, bestärkte ihn in der Ansicht, dass die zuvor von Nikolaus Kopernikus veröffentlichte Magnetfeld des Jupiter sein. Im Behauptung, dass nicht die Erde im Zentrum des Planeten befindet sich Fakten Zentrum des Universums oder min- vermutlich ein Gesteinskern, der destens des damals bekannten Ganymed Masse 14,82 x 1022 kg 12 bis 45 Erdmassen in sich ver- Sonnensystems stehen könne, son- eint. Dort erreichen die Tempe- Radius 2631,2 km dern die Sonne den Mittelpunkt raturen 36.000 Grad Celsius und Dichte 1942 kg/m3 des Planetensystems bildet, korrekt es herrschen Drücke von mehr als Orbitalperiode 7,16 Tage ist – und die Erde sie als einer von 30 Millionen bar. Durchschnittliche 1.070.660 km damals sechs bekannten Planeten Entfernung vom Jupiter umkreist. Nach der NASA-Raumsonde Gali- leo, die sich von 1995 bis 2003 in Io ist der Jupiter am nächsten gele- Callisto Masse 10,76 x 1022 kg einer Umlaufbahn um Jupiter be- gene der Galileischen Monde. fand, erreichte als zweiter Orbiter Radius 2410,3 km Volumen, Größe und Dichte sind um den Riesenplaneten die NASA- Dichte 1834 kg/m3 dem Erdmond ähnlich. Io umläuft Mission Juno am 4. Juli 2016 ihr Orbitalperiode 16,69 Tage Ziel. Sie umkreist Jupiter auf einer Durchschnittliche 1.883.000 km langgestreckten polaren Bahn, die Entfernung vom Jupiter Bild: Galileische Monde und Jupiters im jupiternächsten Punkt mit ihren Großer Roter Fleck im Größenver- Messinstrumenten bis auf 3500 gleich. (© NASA/JPL/DLR)

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werden elektrische Ströme induziert und dadurch große Mengen der vulkanischen Auswurfprodukte ionisiert. Diese elektrisch geladenen Eruptionsprodukte werden zum Teil ans All abgegeben, aber auch von der Magnetosphäre Jupiters aufgenommen und auf der entgegen der Bewegungsrichtung gelegenen „Heckseite“ des Nachbarmondes Europa abgelagert, die auffallend dunkler ist als die „Bugseite“.

Europa ist der zweite der Galileischen Monde und etwas kleiner als der Erdmond. Seine Oberfläche weist kaum Einschlagskrater auf und ist wie bei Io vergleichbar jung. Die obersten Schichten bestehen vor allem aus Wassereis, das Gesteins- und Mineralfragmente und mögli- Jupiter in einem Abstand von weniger als sechs Jupiterradien. Infolge cherweise auch Salze enthält. Die Höhenunterschiede auf Europa sind Jupiters enormer Anziehungskraft entsteht durch Gezeitenwirkung gering. Dennoch zeigt die Eiskruste bemerkenswerte Strukturen. Am Reibungswärme im Inneren von Io. Sie ist um ein Vielfaches stärker als markantesten sind langgezogene Bergrücken, die sich über ausge- die Wirkung der Erde auf das Innere des Mondes (oder des Mondes dehnte Ebenen erstrecken und in fast allen mittel- und hochaufgelös- auf die Wassermassen). Aufgrund der gravitativen Wechselwirkung ten Aufnahmen zu sehen sind. Die häufigsten auf Europa vorkom- mit Jupiter einerseits und andererseits den Monden Europa und menden Bergrücken sind die sogenannten Doppelrücken (double Ganymed, einer sogenannten Laplace-Resonanz, wird Io auf eine ridges), die aus zwei parallelen Graten bestehen, zwischen denen ein leicht elliptische Bahn gezwungen, welche die Gezeitenwirkung noch zentrales Tal verläuft. Außerdem sind Gebiete verbreitet, in denen sich verstärkt und diese darüber hinaus über lange geologische Zeiträume wenige Kilometer bis Zehnerkilometer große Bruchstücke der Ebenen aufrecht erhält. Dies hat eine sehr intensive vulkanische Aktivität zur mit Bergrücken auf vermutlich beweglichem (plastischem oder sogar Folge und führt letztlich auch dazu, dass Io im Gegensatz zu seinen teilweise flüssigem) Untergrund durch tektonische Kräfte gegeneinan- drei äußeren Nachbarn keine Eiskruste hat. Während der Voyager- der verschoben haben und in eine raue, hügelige Umgebung einge- Vorbeiflüge und der Beobachtungen durch Galileo und Cassini wurden bettet sind. Diese Gebiete werden als chaotische Gebiete (chaotic auf Io über ein Dutzend aktive Vulkane und über einhundert vulkani- terrain) bezeichnet. Sie erinnern an irdische Eisberge, die im Meer sche Förderzentren registriert. Vulka- nischen Ursprungs sind wahrscheinlich auch die bis zu 17 Kilometer hohen Berge sowie vulkanisch geschichtete Strukturen bis zu Höhen von 1,7 Kilometern. Io ist deshalb ein Körper, dessen Oberfläche durch die vulkanische Aktivität ständig er- neuert wird. Aktive Vulkane schleudern bis zu 1300 Grad Celsius heiße Lava meh- rere hundert Kilometer hoch, die dann großflächig auf die Oberfläche nieder- geht. Infolge der Bewegung des Mondes durch das starke Magnetfeld Jupiters

Bild oben: Ausbruch des Vulkans Pele auf Io. Der Auswurf reicht bis in eine Höhe von 300 Kilometern. (© NASA/JPL/USGS) Bild unten: Typische Oberflächenstrukturen auf Europa: doppelte Bergrücken, dunkle Fle- cken und glatte Eisebenen. (© NASA/JPL/DLR)

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festgefroren sind. Die wenigen Einschlagskrater auf Europa sind, ver- glichen mit Kratern auf dem Erdmond, verhältnismäßig flach und kommen nur bis zu einem Durchmesser von 45 Kilometern vor.

Unter der Eiskruste existiert ein Wasserozean, der bis zu 170 Kilometer mächtig sein könnte. Die Wechselwirkung von im Ozean gelösten, elektrisch leitenden Salzen mit dem äußeren Magnetfeld Jupiters sind ein deutlicher Hinweise auf diesen Ozean. Aufgrund des Ozeans, des- sen Wassermenge die der irdischen Meere deutlich übertreffen dürf- te, ist Europa ein bevorzugtes Ziel bei der Suche nach potentiellen Lebensräumen von Organismen außerhalb der Erde.

Ganymed, der dritte der Galileischen Monde, ist mit einem Durch- messer von 5265 Kilometern der größte Mond des Sonnensystems. Er hat eine niedrigere Dichte (1942 kg/m3) als Europa und Io, was darauf hinweist, dass er zu einem großen Teil aus Wassereis besteht, welches mehr als die Hälfte seines Volumens ausmacht. Nahe Vorbeiflüge der Galileo-Sonde an Ganymed bestätigten einen stark differenzierten Schalenaufbau mit einem Kern aus Eisen oder Eisensulfid, einem Gesteinsmantel und darüber einer Eiskruste. Zusätzlich konnte ein Magnetfeld nachgewiesen werden, das im Kern von Ganymed selbst erzeugt wird. Damit ist Ganymed der einzige Mond im Sonnensystem mit einem eigenen Magnetfeld.

Auf der Oberfläche befinden sich alte, dunkle, kraterreiche Gebiete, die etwa ein Drittel der Oberfläche einnehmen. Dort gibt es zahlreiche gewundene, parallel und konzentrisch verlaufende Furchen, die eini- ge Kilometer breit sein können. Sie stellen die Überreste alter, stark Zwischen den dunklen Gebieten befinden sich helle, gefurchte abgetragener großer Ringbecken dar, die in der Frühzeit des Mondes Gebiete, das sogenannte grooved terrain, die etwa zwei Drittel der durch Einschläge großer Kometen oder Asteroiden entstanden sind. Oberfläche bedecken. Diese hellen Gebiete entstanden durch das Wirken gezeitenbedingter tektonischer Kräfte.

Die Oberfläche der hellen Gebiete besteht überwiegend aus relativ rei- nem Wassereis. Die im Vergleich mit den dunklen Gebieten geringere Kraterdichte in den hellen Gebieten deutet auf ihr jüngeres Alter hin. Die Kraterformen auf Ganymed unterscheiden sich wesentlich von Kratern auf der Mondoberfläche. Schüsselförmige Krater sind am häu- figsten, während Zentralberge seltener auftreten. Insgesamt sind die Krater auf Ganymed wesentlich flacher als die Mondkrater. Eine

Bild links: Ganymed mit Galileo Regio, dem dunk- lem Gebiet rechts oben. (© NASA/JPL) Bild oben: Das alte Multiringbecken Asgard auf Callisto. (© NASA/JPL)

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Sonderform sind helle, pfannkuchenähnliche, fast kreisrunde und sehr weit jenseits der Bahn Callistos auf hoch elliptischen und stark gegen flache Gebilde: In Anlehnung an antike, mehrfach beschriebene Ma- die Äquatorebene Jupiters geneigten Bahnen. Die meisten dieser nuskripte auf Papyrus werden diese eingeebneten Einschlagsstrukturen Monde haben einen Durchmesser von nur wenigen Kilometern. Palimpseste genannt. Die flachere Ausbildung der Krater auf Gany- med ist auf die höhere Mobilität des Eises im Vergleich zu spröderem Ringsystem Gestein zurückzuführen – über längere Zeiträume ebnet sich das Profil der Krater allmählich ein. Jupiter besitzt außerdem ein äquatoriales Ringsystem, das aus drei ein- zelnen Ringen besteht. Es ist extrem dunkel und wurde erst beim Callisto, der äußerste der vier Galileischen Monde, hat einen Durch- Vorbeiflug von Voyager 1 im März 1979 entdeckt, konnte aber nach- messer von 4819 Kilometern und ist damit nur wenig kleiner als der träglich in älteren Messdaten der Sonde von ihrem Jupiter- innerste Planet Merkur. Er hat mit 1834 kg/m3 die niedrigste mittlere vorbeiflug 1974 ebenfalls identifiziert werden. Das Ringsystem besteht Dichte der vier großen Jupitermonde. Zusammen mit seinem großen aus drei Teilen: einem Hauptring mit einem Durchmesser von ca. 6000 Durchmesser deutet das darauf hin, dass auch Callisto große Mengen Kilometern und einer Dicke von weniger als 30 bis 100 Kilometern, in an Wassereis enthält. Auf der geologisch nur wenig entwickelten dem die beiden kleineren Monde Metis und Adrastea kreisen. Der Oberfläche von Callisto gibt es mehr Krater als auf den anderen drei Ring besteht aus kleinen, nur mikrometergroßen Staubteilchen aus Galileischen Monden. So blieben einige große, sehr alte Einschlags- Silikaten und Kohlenstoffverbindungen. Der Hauptring ist ober- und becken erhalten. Häufig sind sie von mehreren konzentrischen und unterhalb der Ringebene von einem Halo umgeben, der die Form ei- furchenförmigen Ringen umgeben. Valhalla ist mit einem Gesamt- nes Torus von 20.000 bis 40.000 Kilometer Dicke besitzt. Den dun- durchmesser aller Ringe von 4500 Kilometern das größte dieser kelsten Teil des Jupiter-Ringsystems bilden die beiden so genannten Becken. In Bildern mit hoher Auflösung erkennt man überall auf der Gossamerringe außerhalb des Hauptrings, deren innerer sich etwa bis Oberfläche Callistos eine dunkle, pulverartige Deckschicht. Sie ent- zur Bahn des Mondes Amalthea und deren äußerer sich bis zur Bahn stand mit hoher Wahrscheinlichkeit durch einen Abtragungsprozess, des Mondes Thebe erstreckt. Die Gossamerringe sind etwa um den wobei leichtflüchtigere Bestandteile der Eiskruste Callistos, z.B. gefro- Faktor 30 lichtschwächer als der Hauptring. Als Quelle der Ringpartikel renes Kohlendioxid, durch die Sonneneinstrahlung sublimierten, so werden zum einen das vulkanische Auswurfmaterial von Io vermutet, dass sich ein dunklerer Rückstand aus anderen Bestandteilen wie vor allem aber die kleinen inneren Monde. Material, das durch das Kohlenstoffverbindungen oder Silikaten auf der Oberfläche anreichern Bombardement von Mikrometeoriten aufgewirbelt und dabei zum Teil konnte. Bei Callisto handelt es sich heute um einen geologisch inakti- so stark beschleunigt wird, dass es diese massearmen Monden nicht ven Körper. Magnetfeldmessungen der Raumsonde Galileo lassen je- an sich binden können, gelangt so als Ringmaterial in eine doch die Interpretation zu, dass auch unter der Eiskruste der großen Umlaufbahn um Jupiter und landet teilweise auf anderen Monden. Eismonde Ganymed und Callisto Ozeane existieren könnten. Im Vergleich zu Europas Ozean lägen diese jedoch deutlich tiefer unterhalb einer Eisschicht von etwa 100 Kilometern.

Zum Jupitersystem gehören außerdem die Monde Metis, Adrastea, Amalthea, Thebe, Leda, Himalia, Lysithea, Elara, Ananke, Carme, Pasiphae und Sinope und 53 weitere klei- ne Monde, die zum Teil erst in den letzten Jahren entdeckt wurden. Mit Ausnahme der Monde Metis, Adrastea, Amalthea und Thebe, die den Riesenplaneten innerhalb der Bahn von Io umrunden, befinden sich alle diese Monde

Bild: Jupiters Hauptring im sichtbaren Licht. Zum Zeitpunkt der Aufnahme befand sich die Sonne direkt hinter Jupiter. (© NASA/JPL)

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SATURN

Saturn ist mit einem Radius von etwa 60.000 Kilometern der zweit- Da Saturn sehr rasch rotiert – eine Umdrehung dauert nur rund zehn größte Planet in unserem Sonnensystem. Es ist der am weitesten ent- Stunden – und von allen bekannten Planeten die niedrigste mittlere fernte, noch mit dem bloßen Auge sichtbare Planet und galt bis zur Dichte aufweist, ist bei ihm die Abplattung mit etwa zehn Prozent Entdeckung seines nächsten Nachbarn Uranus im Jahr 1781 als äu- stark ausgeprägt und schon in einem kleinen Teleskop zu erkennen. ßerster Planet. Seit der Erfindung des Fernrohrs beobachtet man um Saturn ein auffallendes Ringsystem, weswegen der Planet auch Die Windgeschwindigkeiten in der Äquatorzone können 500 Meter „Ringplanet“ genannt wird. Saturn ist etwa doppelt so weit wie pro Sekunde erreichen (1800 km/h). Seit 1876 beobachten Astronomen Jupiter von der Sonne entfernt und gut alle 30 Jahre in der nördlichen benötigt für einen Bahnumlauf Saturnhemisphäre das Auftreten knapp 30 Jahre. Alle 20 Jahre ste- Fakten eines Wirbelsturms, der als Großer hen Jupiter und Saturn, von der Weißer Fleck in die Literatur einge- Erde aus betrachtet, recht nahe bei- Saturn Masse 5,688 x 1026 kg gangen ist und ein jahreszeitlich be- einander und bilden dann einen be- Radius (äquatorial) 60.268 km dingtes Phänomen ist. Wie Jupiter sonders markanten Lichtfleck am strahlt der Planetenkörper mehr Radius (polar) 54.364 km Nachthimmel – eine solche Nah- Wärme ab, als er von der Sonne 3 konstellation dient auch als eine Dichte 700 kg/m empfängt. von mehreren Erklärungen für den Rotationsperiode 10,233 h berühmten „Stern“ von Bethlehem. Orbitalperiode 29,4 Jahre Ringsystem Durchschnittliche 1,429 x 109 km Mit der Gravitationskraft von 95 Entfernung von der Sonne Ringsystem besteht nach Erdmassen ist Saturn genau wie klassischer Einteilung aus sieben Jupiter in der Lage, Kometen von Mimas Masse 0,38 x 1020 kg Ringgruppen. Sie werden mit zu- ihrer Bahn abzulenken und in seine nehmendem Abstand zum Plane- Mittlerer Radius 198,2 km „Saturnfamilie“ einzufangen. Sein ten mit den Buchstaben D, C, B, A, 3 Aufbau ähnelt dem Jupiters. Ver- Dichte 1152 kg /m F, und G bezeichnet. Ein weiterer mutlich reicht die äußere, relativ Orbitalperiode 0,942 Tage Ring, der außerhalb des G-Rings leichte Wasserstoff-Helium-Hülle Durchschnittliche 185.520 km gelegene E-Ring, weist einen von aber sehr viel tiefer, wofür auch die Entfernung vom Saturn den sechs inneren Ringen abwei- geringe Dichte von nur 700 kg/m3 chenden Entstehungsprozess auf, spricht, was bedeutet, dass Saturn Enceladus Masse 1,1 x 1020 kg der in Zusammenhang mit der geo- sogar leichter ist als Wasser, und in Mittlerer Radius 252,1 km logischen Aktivität des Mondes einem hypothetischen riesigen Enceladus steht. Die Buchstaben A Dichte 1606 kg/m3 Wasserbecken wie ein Eisberg bis G gehen auf die Reihenfolge schwimmen würde. An der Wolken- Orbitalperiode 1,370 Tage der Entdeckung der einzelnen obergrenze ist die Schwerkraft nur Durchschnittliche 238.020 km Ringsegmente zurück. wenig geringer als auf der Erde. Entfernung vom Saturn Seit dem Vorbeiflug der Voyager- Tethys Masse 6,2 x 1020 kg Sonden 1980/1981 ist bekannt, Bild linke Seite: Globale Ansicht des Mittlerer Radius 533 km dass Saturn in seiner Äquator- ebene, die ähnlich jener der Erde Saturns mit seinem größten Mond Ti- Dichte 956 kg/m3 tan in Echtfarben. Blick auf die be- um knapp 27° gegen die Bahn- leuchtete Seite des Saturns in Höhe Orbitalperiode 1,888 Tage ebene geneigt ist, in Wirklichkeit der Ringebene mit einem Schatten Durchschnittliche 294.660 km von über tausend Einzelringen um- der Ringe auf der südlichen Saturn- Entfernung vom Saturn hemisphäre. (© NASA/JPL/Space Sci- geben ist. Ihre Form, Dynamik und ence Institute) Entstehung wurden seit 2004 von

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den Instrumenten auf der Sonde Silizium- und Kohlenstoffverbindun- Cassini, insbesondere von den Ka- Fakten gen. Die Ringe stehen in intensiver meras und Spektrometern, näher Gravitationswechselwirkung mit Dione Masse 11 x 1020 kg untersucht. Die beiden hellsten den ihnen am nächsten gelegenen und auffälligsten Ringe sind der Radius 561,7 km Monden. Die Ringepartikel werden seit dem 17. Jahrhundert bekann- Dichte 1469 kg/m3 zudem durch die Schwerkraft- te A-Ring sowie der B-Ring. Sie Orbitalperiode 2,737 Tage wirkung von kleinen, sogenannten sind 14.800 bzw. 25.500 Kilome- Durchschnittliche 377.400 km Schäfermonden auf ihrer Bahn ter breit. Zwischen beiden befin- Entfernung vom Saturn gehalten. det sich die Cassinische Teilung mit einer Breite von etwa 4500 Die Fragen nach Entstehung und Masse 23,1 x 1020 kg Kilometern, die weitere, jedoch Alter der Ringe sind nicht zufrieden- wesentlich dunklere Ringe ent- Radius 764,3 km stellend beantwortet. Ihre gesamte hält. Innerhalb des B-Rings wurde Dichte 1233 kg/m3 Masse entspricht etwa der des 400 1850 der 17.500 Kilometer breite Orbitalperiode 4,518 Tage Kilometer großen Mondes Mimas. C-Ring (auch „crepe“ oder Krepp- Durchschnittliche 527.040 km Zum einen könnten die Ringe ein ring genannt) entdeckt. Bei den Entfernung vom Saturn Überbleibsel des Materials sein, aus Vorbeiflügen von Voyager 1 und dem sich Saturn mit seinen Monden konnte der bereits 1967 vermu- 2 Titan Masse 1345,5 x 1020 kg vor 4,5 Milliarden Jahren gebildet tete innerste Saturnring, der hat. Eine weitere Erklärung wäre, Radius 2575 km D-Ring mit einer Breite von 8000 dass sich an Stelle der Ringe früher 3 Kilometern nachgewiesen wer- Dichte 1880 kg/m ein Mond befand, der von einem den. Pioneer 11 entdeckte 1979 Orbitalperiode 15,9454 Tage Asteroiden oder Kometen getroffen noch vor den Voyager-Vorbeiflü- Durchschnittliche 1.221.850 km wurde und dabei zerbrach. Weitere gen an Saturn die beiden äußers- Entfernung vom Saturn Einschläge von Kometen oder ten Ringe F und G. Der F-Ring ist Asteroiden und gegenseitige Zu- nur etwa 50 Kilometer breit, wäh- Hyperion Masse 0,056 x 1020 kg sammenstöße zerkleinerten die rend sich der diffuse G-Ring über Eisbrocken nach und nach. Eine Radien 180 × 133 × 102 km eine Breite von circa 7000 dritte Möglichkeit wäre, dass ein 3 Kilometern erstreckt. Dichte 569 kg/m Objekt aus dem Kuipergürtel mit ei- Orbitalperiode 21,277 Tage nem Durchmesser von ca. 300 Kilo- Die Größe der Ringeteilchen vari- Durchschnittliche 1.481.100 km metern so nahe an Saturn vorbei iert je nach Ring und liegt über- Entfernung vom Saturn flog, dass es durch Gezeitenkräfte wiegend zwischen Staubkorn- auseinanderbrach. Die beiden letz- größe (wenige Mikrometer) und teren Ereignisse sind jedoch extrem Iapetus Masse 18,1 x 1020 kg wenigen Zentimetern. Zusätzlich selten und könnten sich nur in der sind Ringepartikel bis zu mehre- Radius 735,6 km Frühzeit vor mindestens 4,0 bis 3,8 ren Metern oder Zehnermetern Dichte 1088 kg/m3 Milliarden Jahren abgespielt haben, Durchmesser vorhanden. Zu über Orbitalperiode 79,33 Tage in einer Periode, in der große 90 Prozent ist der spektral nach- Einschläge von Kometen und Durchschnittliche 3.561.300 km gewiesene Hauptbestandteil der Entfernung vom Saturn Asteroiden auf den Planeten und Ringe Wassereis, zumindest an ihren Monden erheblich häufiger den Oberflächen der Ringepar- stattfanden. Im Gegensatz zum an- tikel. Die verbleibenden zehn genommenen hohen Alter stehen Prozent bestehen aus Staub aus

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Pioneer 11 als erste Raumsonde im Jahr 1979 an Saturn vorbeiflog. Zuvor, im Jahre 1966, wurde von dem französischen Astronomen Audouin Dollfus außerhalb des A-Rings und innerhalb der Mimasbahn vermeintlich ein weiterer Mond entdeckt. Er erhielt den Namen Janus. Erst 1978 wurde deutlich, dass es sich dabei um zwei Monde auf na- hezu ein- und derselben Umlaufbahn handelte, um so genannte ko- orbitale Monde. Der zweite Mond erhielt den Namen und hat einen mittleren Durchmesser von 113 Kilometern (Janus: ca. 180 Kilometer). Die beiden koorbitalen Monde „teilen“ sich gewisserma- ßen einen Orbit und tauschen ihre Umlaufbahnen alle vier Jahre. Pan, Atlas, Prometheus und Pandora sind einige der so genannten Ringe- Schäfermonde, die bei den Vorbeiflügen von Voyager 1 und 2 ent- deckt wurden. Vor dem Vorbeiflug von Voyager 1 entdeckte man bereits mit Teleskopen die beiden kleinen Monde Telesto und Calypso, die als so genannte Lagrangesche Monde oder „Trojaner“ auf dersel- ben Bahn wie Tethys kreisen, jedoch um einen Winkel von 60° (bezo- gen auf Saturn im Kreiszentrum) Tethys voran bzw. nachlaufen. Im die dynamischen Prozesse in den Ringen, die eher auf ein Alter hin- selben Jahr fand man ebenfalls auch einen Trojaner des Mondes deuten, das nur wenige zehn bis hundert Millionen Jahre beträgt. Dione, der Helene benannt wurde und 60° vor Dione um Saturn Ebenso in der Diskussion ist die Möglichkeit, dass die einzelnen Ring- kreist. Die Oberfläche des Lagrangeschen Mondes Helene ist geprägt gruppen unterschiedliche Alter aufweisen und zeitlich getrennten von großen alten Einschlagskratern, bedeckt von einer staubartigen Ereignissen entstammen könnten. Substanz, die die Kraterränder teilweise überdeckt. Der genaue Prozess der Entstehung des Materials ist noch nicht vollständig verstanden. Die Ringe reichen vier Planetenradien weit in den Raum hinein. Da ih- re Bahnebene gegen die Ekliptik geneigt ist, blickt man von der Erde In den letzten Monaten vor dem Abschluss der Cassini-Mission, die am aus meist schräg von oben oder unten auf die Ringebene, sehr selten 15. September 2017 mit einem kontrollierten Absturz in die Saturn- auch direkt auf die Kante. Die Dicke des Ringsystems beträgt höchs- atmosphäre endete, kam die Cassini-Sonde nicht nur den Ringen son- tens einen Kilometer, denn in Kantenstellung verschwindet der Ring dern auch einigen der Schäfermonde sehr nahe. Dabei gelangen selbst beim Blick durch die größten irdischen Teleskope. Das letzte spektakuläre Aufnahmen dieser Monde und ihrer gravitativen Wirkung Mal konnte der Planet „ohne Ring“ im August 2009 beobachtet wer- auf die Ringteilchen. Die Monde weisen teilweise eine sehr ungewöhn- den, als die Erde die Ringebene des Saturns von Süd nach Nord kreuz- liche Untertassenform auf, bedingt durch einen äquatorialen Rücken. te und gleichzeitig Cassini diese ungewöhnliche Beleuchtungssituation Es wird vermutet dass diese Rücken durch Akkumulation von Ringe- zu wichtigen Messungen in der Ringebene nutzen konnte. teilchen entstanden.

Saturnmonde Die Zahl der derzeit bekannten Saturnmonde, einschließlich der neun größeren, der beiden koorbitalen und der Schäfermonde beträgt 62 Saturn wird von neun verhältnismäßig großen Monden umkreist, von (Stand Dezember 2017). Die weitaus meisten dieser Monde wurden innen nach außen Mimas, Enceladus, Tethys, Dione, Rhea, Titan, seit 1980 entdeckt, zum einen von Cassini aber auch mit Hilfe erdge- Hyperion, Iapetus und Phoebe, die alle schon bekannt waren, bevor stützter Teleskope. Noch nicht alle sind bisher benannt. Zudem schei- nen sich innerhalb der Ringe weitere, noch unbekannte und auf Bildern nicht auflösbare Monde zu befinden, die sich lediglich in ihrer Bild: Schäfermond Daphnis auf seiner Bahn um Saturn im Wirkung auf die Ringteilchen bemerkbar machen. Derartige Strukturen äußeren Bereich der Saturnringe in der Keeler-Lücke. wurden als „Propeller“ bezeichnet und nach Piloten der jüngeren Daphnis‘ äquatorialer Bergrücken resultiert aus der An- ziehung und Ablagerung feiner Ringpartikel. Zeitgeschichte benannt. (© NASA/JPL-Caltech/Space Science Institute)

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Titan ist mit einem Durchmesser von 5150 Kilometern der größte Sensoren, die Signale in infraroten Wellenlängen aufzeichnen können, Saturnmond und nach dem Jupitermond Ganymed der zweitgrößte wie das auf Cassini eingesetzte abbildende Spektrometer VIMS, oder Mond im Sonnensystem. Entdeckt wurde er im Jahre 1655 von aktive Sensoren wie Radar können die Oberfläche grob aufgelöst ab- Christiaan Huygens. Seine Dichte ist mit 1880 kg/m3 die höchste aller bilden. Titan war auch das Ziel der europäischen Landesonde Huygens, Saturnmonde, neben Eis weist Titan deshalb in seinem Inneren auch die am 25. Dezember 2004 von der Muttersonde Cassini abgetrennt einen erhöhten Anteil schwerer Stoffe z.B. in Form von Silikaten auf. wurde, am 14. Januar 2005 mehrere Stunden am Fallschirm durch die Er ist der einzige Trabant eines Planeten mit einer dichten, hoch rei- Titanatmosphäre schwebte und schließlich auf der Titanoberfläche chenden Atmosphäre. Titans Gashülle besteht hauptsächlich aus landete. Stickstoff, mit Spuren von Methan, Ethan, Acetylen, Propan, Diace- tylen, Methylacetylen, Wasserstoff, Cyanid, Cyanoacetylen, Kohlen- Die Oberflächenformen von Titan ähneln in mancher Hinsicht denen dioxid und -monoxid und zeigt eine rötlichorange Färbung. Mit ihrer der Erde. Allerdings besteht die Titanoberfläche überwiegend aus Eis. hauptsächlich aus Stickstoff bestehenden Atmosphäre ist die Gashülle Die wenigen Einschlagskrater deuten auf eine besonders junge von Titan derjenigen der Erde sehr ähnlich. Wegen der tiefen Oberfläche hin. Manche Gebiete scheinen durch intensive Erosion ver- Temperaturen laufen chemische Reaktionen in der Titanatmosphäre ändert zu sein, ähnlich den Karstlandschaften auf der Erde. Lang- allerdings sehr viel langsamer ab als auf der Erde. Die Atmosphäre ist gezogene Dünen aus dunklem Material, vermutlich kohlenstoffhaltige im sichtbaren Licht undurchsichtig und verhüllt daher die Oberfläche. Partikel, zeugen von der intensiven Wirkung des Windes.

Bild oben: Maßstäbliche Abbildung der 21 größten Monde in Relation zum Mutterplaneten Saturn (beiges Kreissegment unter den Monden) bzw. den Ringen (im Hintergrund). (© NASA/JPL/David Seal) Bild unten: Drei Ansichten von Titan: (links) in Echtfarben, die vor allem die orange gefärbte dichte Atmosphäre zeigen, (mitte) im nahen In- frarot (938 nm), in dem Titans Oberfläche teil- weise sichtbar wird und (rechts) ein Falschfar- benbild, welches Einzelbilder aufgenommen im nahen Infrarot (bei 938 und 889 nm) und im sichtbaren Licht (428 nm) kombiniert. (© NASA/JPL/Space Science Institute)

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Langgestreckte Bergrücken, Calderen und annähernd kreisrunde, schildförmige Gebilde, ähnlich den Vul- kanen auf Hawaii, deuten auf tektonische und vulkani- sche Aktivität hin. Cassini-Huygens hat auf Titan sogar Flusstäler entdeckt, die in Seebecken münden. Anders als auf der Erde fließt auf der rund −160 Grad Celsius kalten Titanoberfläche darin jedoch kein Wasser, son- dern ein Gemisch aus flüssigem Methan (CH4) und

Ethan (C2H6). Huygens landete in einem ausgetrockne- ten Seebecken, in das mehrere solcher Flusstäler mün- den. Durch Cassini-Beobachtungen von spiegelnden Oberflächen konnte gezeigt werden, dass einige der „Seen“ mit flüssigen Kohlenwasserstoffen gefüllt sind.

Mimas hat einen Durchmesser von 396 Kilometern und ist der innerste der neun großen Saturnmonde. Entdeckt wurde Mimas 1789 von William Herschel. Zu einem großen Teil besteht Mimas aus Eis. Seine mittle- re Dichte entspricht mit 1150 kg/m3 etwa der von Wassereis. Die Oberfläche ist voller Einschlagskrater. Größere Krater mit Durchmessern über 20 Kilometer haben Zentralberge; der markanteste ist der Krater Herschel mit einem Durchmesser von etwa 130 Kilometern. In der Mitte dieses zehn Kilometer tiefen Kraters ragt ein auftritt, der eishaltiges Material aus Spalten fördert, welches sich ent- 6000 Meter hoher Zentralberg empor. lang der Umlaufbahn des Mondes verteilt. Vermutlich sind Gezei- tenkräfte für die vulkanische Aktivität verantwortlich. Nach der Erde, Enceladus (504 Kilometer Durchmesser) ist der zweitinnerste der gro- dem Jupitermond Io und dem Neptunmond Triton ist Enceladus damit ßen Saturnmonde und wurde wie Mimas von William Herschel 1789 der vierte Körper im Sonnensystem, auf dem ein aktiver, anhaltender entdeckt. Seine Oberfläche weist stark unterschiedliche Gebiete auf: Vulkanismus nachgewiesen werden konnte (auch bei der Venus und altes Kratergelände, teilweise mit abgetragenen oder tektonisch ver- dem Jupitermond Europa könnte es aktiven Vulkanismus geben). Der formten Kratern, glatte Ebenen mit wenig Kratern und gefurchte vom Vulkanismus auf Enceladus gespeiste E-Ring erstreckt sich radial Ebenen mit parallelen Spalten bis zu einer Tiefe von einem Kilometer. und vertikal am weitesten von allen Saturnringen und reicht nach in- Schon vor der Cassini-Mission vermutete man, dass Enceladus für die nen bis zur Mimas- und nach außen bis zur Titanbahn. Wie Titan und Entstehung des diffusen E-Rings verantwortlich ist, da dieser entlang Phoebe enthält Enceladus neben Eis einen verhältnismäßig hohen der Umlaufbahn des Mondes seine größte Partikeldichte hat. In den Anteil schwerer Stoffe, wie sich an der für einen Eismond recht hohen Cassini-Kameradaten konnte schließlich zweifelsfrei nachgewiesen Dichte von 1610 kg/m3 ablesen lässt. werden, dass am Südpol von Enceladus so genannter Kryovulkanismus Tethys, im Jahr 1684 von Giovanni Domenico Cassini entdeckt, hat einen Durchmesser von 1066 Kilometern. Der Körper weist eine mitt- lere Dichte von 970 kg/m3 auf und ist somit leichter als Wassereis. In Bild: Die zerfurchte Oberfläche des Mondes Enceladus mancherlei Hinsicht ähnelt der Mond Mimas: die Oberfläche ist eben- mit seinem nahe dem Südpol gelegenen etwa einen Ki- falls sehr dicht mit Einschlagskratern bedeckt, darunter das mehrere lometer tiefen Labtayt Sulcus (links), einer der Spalten hundert Kilometer große Einschlagsbecken Odysseus, das dem an denen eisreiches Material geysirartig austritt (oben rechts) und Saturns äußersten Ring (E-Ring) bildet (un- Herschel-Becken auf Mimas ähnelt. Ein großes Grabenbruchsystem ten rechts). (© NASA/JPL/Space Science Institute) namens Ithaca Chasma mit einem Ausmaß von etwa Dreivierteln des

65 Saturn

Mondumfangs ist in der Frühzeit durch tektonische Kräfte entstanden, Gegenden, in denen es deutlich weniger Krater gibt. Starke tektoni- entweder durch eine Dehnung der Kruste, oder durch eine Defor- sche Kräfte haben die Kruste deformiert und geradlinig verlaufende mation in Zusammenhang mit dem großen Einschlag, der das Bergrücken und Bruchstrukturen hinterlassen. Nahe dem Südpol be- Odysseus-Becken formte. findet sich das mehrere hundert Kilometer große Evander-Becken. Die der Umlaufbewegung abgewandte Hemisphäre zeigt ein markantes Dione und Rhea wurden 1684 ebenfalls von Cassini entdeckt. Die Netz tektonischer Brüche unterschiedlicher Orientierung, die zu jeweils beiden benachbarten Monde sind der jeweils viert- und zweitgrößter verschiedenen Zeiten entstanden sind. Die Oberfläche von Rhea ist der Mond des Saturns (1124 km bzw. 1528 km Durchmesser). Mit seiner von Dione ähnlich, allerdings ist Rhea geologisch weniger entwickelt. mittleren Dichte von 1470 kg/m3 gehört Dione mit Titan, Phoebe und Enceladus zu den massereicheren Eismonden des Saturns. Rhea dage- Bild: Saturn und seine großen Monde, nicht maßstäblich – gen besteht mit seiner niedrigeren Dichte von 1230 kg/m3 hauptsäch- links unten Iapetus, weiter von links oben nach rechts un- lich aus Wassereis. Diones Oberfläche ist nach der von Enceladus und ten Enceladus, Dione, Rhea und Tethys, links oberhalb der Bildmitte Hyperion, rechts davon Mimas und der von einer Titan geologisch am weitesten entwickelt: Die Oberfläche zeigt Atmosphäre eingehüllte Titan. (Einzelbilder: © NASA/JPL/ Regionen mit vielen Kratern, die ein hohes Alter anzeigen, und Space Science Institute, Montage: DLR)

66 Saturn

Auffallend ist, dass die in Bewegungsrichtung um den Saturn voraus- gehende Hemisphäre mit mehr Kratern übersät ist als die gegenüber- liegende Halbkugel. Hier gibt es mehrere sehr große, hundert und mehr Kilometer durchmessende Einschlagsbecken. In dieser Hemi- sphäre liegt auch der auffalllende helle, vermutlich junge Strahlen- krater Inktomi. Die der Bahnbewegung abgewandte Hemisphäre ist, ähnlich wie bei Dione, von langgestreckten Brüchen durchzogen, die zumeist in Nord-Süd-Richtung orientiert sind. An den hellen Steil- hängen dieser parallelen Brüche ist sowohl auf Dione als auch auf Rhea frisches Wassereis aufgeschlossen, was auf den räumlich niedri- ger aufgelösten Voyager-Bildern nicht erkannt werden konnte und deshalb zunächst auf beiden Satelliten den Eindruck eines dichten Netzes feiner und sehr heller Filamente weitgehend unbekannter Herkunft entstehen ließ. Im Vergleich zu Dione erlebte Rhea eine deutlich weniger wechselvolle tektonische Geschichte, die Aktivität dieses Mondes dürfte deshalb früher zum Erliegen gekommen sein.

Hyperion ist ein unregelmäßig geformter triaxialer Körper mit einer Größe von 410 × 260 × 220 Kilometern. Er wurde im Jahr 1848 von den Astronomen William Lassell und – unabhängig davon – William C. Bond und seinem Sohn George P. Bond entdeckt. Hyperion rotiert chaotisch, das heißt die Richtung, in die der Nordpol weist, ändert sich ständig im Verlauf weniger Tage. Seine mittlere Dichte ist mit 570 kg/m3 die niedrigste der neun großen Saturnmonde. Er ist dicht mit Kratern bedeckt, die sich bei Einschlägen in diesem porösen Körper gebildet haben und ihm das Aussehen eines Schwammes verleihen. Dunkles, spektral rötliches kohlenstoffhaltiges Material hat sich in Senken und auf Kraterböden abgelagert. gilt, dass der Bergrücken das Ergebnis von tektonischen Defor- mationen ist, doch ist der genaue Mechanismus noch ungeklärt. Iapetus ist mit einem Durchmesser von 1471 Kilometern nach Titan und Rhea der drittgrößte Saturnmond. Seit der Entdeckung durch Phoebe umkreist den Saturn in fast 13 Millionen Kilometern Cassini im Jahr 1671 war bekannt, dass er zwei extrem unterschied- Entfernung und ist der am weitesten entfernte der neun größeren lich helle Hemisphären aufweist: Die in Richtung der Bahnbewegung Monde. Er dreht sich in umgekehrter Richtung wie die anderen gelegene ist die dunkelste aller bekannten Monde im Sonnensystem, Monde, d.h. im Uhrzeigersinn um Saturn. Diese Tatsache, sowie die während die der Bahnbewegung abgewandte Hemisphäre und die gemessen an der geringen Größe dieses Mondes vergleichsweise ho- Polregionen eine mit den anderen Saturnmonden vergleichbare he Dichte von 1600 kg/m3 und seine Oberflächeneigenschaften las- Helligkeit aufweisen. Die Cassini-Bilddaten zeigen, dass beide sen vermuten, dass Phoebe nicht wie die anderen Monde Hemisphären sehr dicht mit Kratern besetzt sind, überdies eine ver- gemeinsam mit dem Saturn entstanden ist, sondern ein Kleinkörper, gleichsweise hohe Anzahl sehr großer Einschlagsbecken enthalten. der aus dem Kuipergürtel jenseits des Neptun stammt und von der Die Oberfläche dürfte somit älter als die der übrigen Saturnmonde Schwerkraft des Saturn auf eine retrograde (gegenläufige) sein. Besonders auffallend ist ein bis zu 20 Kilometer hoher Berg- Umlaufbahn um den Planeten gezwungen wurde. rücken, der den Mond entlang seines Äquators auf der Hälfte seines Umfangs umgibt. An manchen Stellen ist er unterbrochen und be- Bild: Der Saturnmond Helene, aufgenommen von Cassini steht aus einzelnen Bergen oder Massiven. Am wahrscheinlichsten aus einer Entfernung von 7000 Kilometern. (© NASA/JPL/Space Science Institute)

67 68 Uranus

URANUS

Mit einem Durchmesser von etwa 50.000 Kilometern und einer Frühzeit des Sonnensystems zu einer Kollision zwischen Uranus und Entfernung von fast drei Milliarden Kilometern zur Sonne liegt die einem massereichen Körper, die den Planeten kippte und zur starken Helligkeit von Uranus an der Sichtbarkeitsgrenze des menschlichen Neigung der Rotationsachse gegenüber der Bahnebene führte. Auges. So ist der Planet vermutlich schon vor seiner Entdeckung durch William Herschel im Jahre 1781 am Nachthimmel gesehen, aber nicht Die Masse des Uranus beträgt 14,54 Erdmassen, und der Durchmesser als siebter Planet erkannt worden. Uranus hat fünf größere Monde am Äquator umfasst 51.118 Kilometer, sodass 64 Erdkugeln im (Miranda, Ariel, Umbriel, Oberon, Titania), die den Planeten in der Innern Platz finden würden. Das Innere besteht vornehmlich aus einer Äquatorialebene umlaufen. Ein zu- Mischung von Eis und Gestein un- nächst aus fünf Einzelringen beste- ter erhöhten Druck- und Tempera- hendes Ringsystem wurde bei Fakten turbedingungen. Darunter sind einer Sternbedeckung im Jahr kondensierte, flüchtige Verbindun- Uranus Masse 8,684 x 1025 kg 1977 mithilfe des Kuiper Airborne gen wie Wasser (H O), Methan Radius (äquatorial) 25.559 km 2 Telescope, einem Flugzeugteleskop, (CH4), Ammoniak (NH3) und Schwe- Radius (polar) 24.973 km entdeckt. Dabei machten sich die felwasserstoff (H2S). Die Material- Ringe durch kurzzeitige scheinbare Dichte 1300 kg/m3 eigenschaften der eisreichen Kern- Helligkeitsschwankungen des Hin- Rotationsperiode 17,24 h region ähneln aufgrund des tergrundsterns bemerkbar. Die Orbitalperiode 84,02 Jahre extrem hohen Umgebungsdrucks Sonde Voyager 2 passierte das eher denjenigen von Flüssigkeiten. Durchschnittliche 2,870 x 109 km Uranussystem im Januar 1986 und Entfernung von der Sonne Der Anteil an Kohlenstoff und übertrug eindrucksvolle Bilder zur Schwefel ist stark erhöht, wohin- Erde, die Uranus als blau-grünlich gegen Wasserstoff und Helium leuchtende Kugel ohne ausgepräg- Miranda Masse 0,66 x 1020 kg weniger häufig als in der Sonne te Wolkenbänder und atmosphäri- Dichte 1201 kg/m3 vorkommen. Im Unterschied zu sche Strukturen zeigen. Auch konn- Radien 240,4 × 234,2 × 232,9 km Jupiter und Saturn wird das Mag- ten weiter Ringe identifiziert wer- Orbitalperiode 1,41 Tage netfeld vermutlich in einer weiter den, ihre Zahl erhöhte sich auf 13. Durchschnittliche 129.900 km außen befindlichen, wasserreichen Entfernung vom Uranus Schicht mit Spuren von Methan, Uranus ist etwa 20-mal weiter von Ammoniak und Schwefelwasser- der Sonne entfernt als die Erde, stoff erzeugt, die aufgrund ihres 20 benötigt 84 Jahre für einen Son- Ariel Masse 13,5 x 10 kg Ionenreichtums elektrisch leitfähig nenumlauf und rotiert in 17,3 Dichte 1665 kg/m3 ist und von einem relativ dünnen Stunden einmal um seine Achse. Radien 581,1 × 577,9 × 577,7 km Wasserozean überlagert wird. Un- Der Planet hat ein starkes, asym- Orbitalperiode 2,52 Tage ter diesen Umständen ist zu erwar- metrisches Magnetfeld, das 60 Durchschnittliche 190.900 km ten, dass das Magnetfeld des Grad gegenüber der Rotations- Entfernung vom Uranus Uranus deutlichen Schwankungen achse geneigt ist. Die Rotations- unterliegt und sich seit dem Vor- achse des Planeten liegt fast beiflug von Voyager 2 verändert 20 parallel zur Bahnebene und weist Umbriel Masse 11,7 x 10 kg haben dürfte. Der Wasserozean stets in dieselbe Raumrichtung: So Dichte 1400 k/m3 wird von einer dichten Atmosphäre rollt und dreht sich der Planet ge- Radius 584,7 km wissermaßen auf seiner Bahn um Orbitalperiode 4,14 Tage die Sonne, was recht ungewöhnli- Durchschnittliche 266.000 km che jahreszeitliche Schwankungen Bild rechte Seite: Uranus mit den Entfernung vom Uranus größten Monden Ariel, Miranda, der Sonneneinstrahlung zur Folge Titania, Oberon und Umbriel (von hat. Vermutlich kam es in der groß nach klein). (© NASA/JPL)

69 Uranus

umschlossen, die hauptsächlich aus molekularem Wasserstoff, Helium, Uranusatmosphäre führen. Voyager 2 beobachtete jedoch nur in den und Wasser besteht. Sein blau-grünliches Aussehen verdankt Uranus obersten Atmosphärenschichten des Planeten Zirkulationsbewegungen

dem merklichen Anteil an zusätzlich vorhandenem Methan (CH4). entlang der Breitengrade. Durch Kondensation von Methan bilden sich in der Troposphäre des Planeten vereinzelt Wolken, während sich in den Dunstschichten Im Gegensatz zu allen übrigen Riesenplaneten fehlt Uranus anschei-

hauptsächlich Kohlenwasserstoffe wie Acetylen (C2H2) und Ethan nend eine nennenswerte innere Wärmequelle. Die nur geringe

(C2H6) sammeln. Wärmeabstrahlung des Uranus im thermischen Infrarot ist vergleich- bar mit dem Wärmeverlust der Erde und kann mit der Wärme- Uranus empfängt aufgrund seiner größeren Sonnendistanz pro produktion im Innern durch radioaktiven Zerfall innerhalb der Flächen- und Zeiteinheit viermal weniger Sonnenenergie als Saturn oder Gesteinskomponente erklärt werden. Im Unterschied zu den übrigen sechzehnmal weniger Sonnenenergie als Jupiter. Die ungewöhnliche Riesenplaneten wird Uranus offenbar nicht wirkungsvoll durch Kon- Orientierung seiner Rotationsachse bewirkt, dass jeweils 21 Jahre lang vektion im Inneren abgekühlt. Dies liegt vermutlich daran, dass die der Nord- bzw. Südpol des Planeten streifende Kollision eines Proto- und seine Monde intensiv von der planeten in der Spätphase der Sonne beleuchtet werden; weitere Fakten Planetenbildung die Rotations- zweimal 21 Jahre lang sind die achse des Uranus um mehr als 90 Titania Masse 35,3 x 1020 kg Äquatorzonen und mittleren Brei- Grad gekippt hat, während das 3 ten des Planeten der intensiven Dichte 1715 kg/m Planeteninnere insgesamt stabil ge- Sonneneinstrahlung ausgesetzt. Es Radius 788,9 km schichtet blieb und somit im Lauf ist noch unklar, warum die unter- Orbitalperiode 8,71 Tage der Zeit nur wenig Wärme verlor. schiedlich lange anhaltenden Pha- Durchschnittliche 436.300 km sen der Sonneneinstrahlung nicht Entfernung vom Uranus Die 13 schmalen Ringe in der zu einer größeren Dynamik in der Oberon Masse 30,1 x 1020 kg Äquatorebene befinden sich in ei- Dichte 1630 kg/m3 ner Entfernung von 39.000 bis 97.000 Kilometern vom Planeten- Radius 761,4 km zentrum. Die staubreichen Ringe Bild links: Sichel des Uranus in Orbitalperiode 13,46 Tage Echtfarben. (© NASA/JPL) reflektieren nur knapp fünf Durchschnittliche 583.500 km Prozent des auftreffenden Son- Bild rechts: Uranusmond Miranda mit Entfernung vom Uranus auffälligen Strukturen. nenlichtes und sind somit extrem (© NASA/JPL/USGS) dunkel und farblos. Es wechseln

70 sich diffuse Staubzonen mit schmalen Ringen ab, die durch die be- nachbarten Schäfermonde Cordelia und Ophelia zusammengehalten werden. Über die Zusammensetzung der Ringe ist nur wenig bekannt, möglicherweise enthalten sie einen hohen Anteil an Kohlenstoff.

Uranusmonde

Die fünf größten Monde des Uranus ähneln hinsichtlich ihrer Größe und Anordnung den mittelgroßen Eismonden des Saturn. Die Uranustrabanten haben aber eine höhere mittlere Dichte von etwa 1500 kg/m3, was auf einen größeren Gesteinsanteil und somit hö- here radioaktive Wärmeproduktion im Inneren hindeutet. Die von Einschlagskratern übersäten Oberflächen der Monde weisen dem- entsprechend Spuren tektonisch oder sogar vulkanisch angetriebe- ner Erneuerungsprozesse auf. Besonders augenfällig ist dies bei Miranda und Ariel zu beobachten. Die Ursache dürfte in der thermi- schen Entwicklungsgeschichte des Planeteninneren zu finden sein. Ähnlich wie im Falle der Jupiter- und Saturnmonde dürfte die Ent- Titania und Umbriel, die beiden größten Uranusmonde mit wicklung der Uranusmonde zusätzlich durch Gezeiteneffekte und Durchmessern von über 1500 Kilometern, könnten auch gegenwär- Wechselwirkung mit dem relativ starken und merklich geneigten tig noch ausgedehnte, flüssige Wasserozeane in ihrem Innern beher- Magnetfeld des Uranus beeinflusst worden sein. bergen, die in der Frühzeit durch Aufschmelzung infolge episodisch erhöhter Gezeitenaufheizung der Trabanten entstanden sind. Miranda ist der innerste und kleinste der bisher bekannten Monde. Umbriel ist der drittgrößte Uranusmond. Seine Oberfläche ist relativ Seine Oberfläche ist erstaunlich vielfältig gegliedert und weist Krater, dunkel mit nur wenigen hellen Stellen. Titania, der größte gefurchtes Gelände, Böschungen, Brüche sowie drei große Uranusmond, hat eine mit Einschlagskratern bedeckte Oberfläche. Ringformationen auf, die vermutlich durch aufsteigendes leichtes Sie weist auffällige, gerade Einsenkungen oder Täler auf, die infolge Material aus dem wärmeren Mondinnern entstanden sind. Die ova- tektonischer Spannungen in der Eiskruste entstanden sind und hun- len bis trapezförmigen Strukturen haben Durchmesser von 200 bis derte von Kilometern lang sein können. 300 Kilometern, werden von umlaufenden Gräben und Rücken um- schlossen, und sind zudem wesentlich jünger als die umgebenden, Oberon, der äußerste der Uranusmonde, hat wie Titania eine mit stark verkraterten Ebenen. Einschlagskratern bedeckte Oberfläche. Einige Krater weisen in ihrem Inneren dunkles Material unbekannten Ursprungs auf. An seiner Ariel ist der zweitgrößte Uranusmond. Seine Oberfläche zeigt viele Oberfläche befindet sich eine auffällige Erhebung, bei der es sich ver- Krater, was auf ein hohes Alter hinweist, und ist von einem mutlich um den Zentralberg eines großen Einschlagskraters handelt. Netzwerk aus zahlreichen Gräben und Rücken überzogen. Als mög- liche Ursache kommen tektonische Deformationen der Eiskruste Von Voyager 2 wurden zehn weitere, relativ kleine Satelliten (Cordelia, durch Volumenänderung des Satelliten in Betracht. Ariels Oberfläche Ophelia, Bianca, Cressida, Desdemona, Juliet, Portia, Rosalind, Belinda ist geologisch etwas jünger als die der übrigen Uranusmonde und und Puck) entdeckt. In den letzten Jahren kamen noch weitere Monde durch den Einfluss von Sublimation, Mikrometeoriten und geladener hinzu (Caliban, Stephano, Sycorax, Prospero, Trinculo und Setebos), Teilchen weniger nachgedunkelt. Anhand jüngerer Auswertungen sowie die winzigen Trabanten Francisco, Margaret, Ferdinand, Perdita, von Voyager 2-Bildern der Grabenstrukturen auf Ariel haben sich Mab und Cupid. Insgesamt sind bisher 27 Monde bekannt. neue Anhaltspunkte für aktive geologische Prozesse auf diesem Mond ergeben, die seine Oberfläche durch Kryovulkanismus erneuern. Bild: Ringsystem des Uranus in Falschfarben. (© NASA/JPL)

71 72 Neptun

NEPTUN

Der äußerste der Riesenplaneten wurde erst am 23. September 1846 vollständig getrennten Mischung von Eis und Gestein unter erhöhten von Johann Gottfried Galle und Heinrich Louis d‘Arrest an der dama- Druck- und Temperaturbedingungen. Die von Wassereis dominierte ligen Berliner Sternwarte aufgespürt. Aufgrund der unregelmäßigen Kernregion schließt bis zu 70 Prozent des Planetenradius oder 80 Bahnbewegung des Uranus hatten John Coach Adams in England Prozent der Planetenmasse ein. Die irreguläre Form des Neptun- und Urbain Jean Joseph Le Verrier in Frankreich die Position am magnetfeldes kann durch die Magnetfelderzeugung in einer verhält- Himmel unabhängig voneinander richtig vorhergesagt. Es wird ver- nismäßig dünnen flüssigen, elektrisch leitfähigen Schicht nahe der mutet, dass bereits 233 Jahre zuvor Galileo Galilei den Planeten un- Oberfläche erklärt werden. Dieser „Ionenozean“ wird von einer dich- wissentlich gesehen hatte. Die Bilder der Raumsonde Voyager 2, die ten Atmosphäre umgeben, die sich aus molekularem Wasserstoff mit den Planeten im August 1989 passierte, zeigen Neptun als leuch- einem Heliumanteil von 10 bis 15 Prozent zusammensetzt. In großen tend blaue Kugel mit einem großen und kleinen dunklen Fleck sowie Höhen bilden sich veränderliche helle Wolken und verbreitet Dunst auffallend hellen Strukturen und zirrusähnliche Wolken in der hohen durch die Kondensation von Methan (CH4), Ammoniak (NH3), Schwe-

Atmosphäre. felwasserstoff (H2S) und Wasser (H2O). Die Sonde Voyager 2 beob- achtete bei ihrem Vorbeiflug im Jahr 1989 einen ausgedehnten Neptun ist etwa 30-mal weiter von der Sonne entfernt als die Erde, be- dunklen atmosphärischen Wirbel. Die Lebensdauer dieses Großen nötigt fast 165 Jahre für einen Lauf um die Sonne und rotiert in etwas Dunklen Flecks ist neueren Beobachtungen des Hubble- mehr als 16 Stunden einmal um Weltraumteleskops zufolge aber seine Achse. Das Magnetfeld ist wesentlich kürzer als diejenige des gegenüber der Rotationsachse um Fakten langlebigen Großen Roten Flecks einen Winkel von 47 Grad geneigt in der Jupiteratmosphäre. Neptun Masse 1,024 x 1026 kg und um 0,4 Planetenradien gegen das Planetenzentrum versetzt. Das Radius (äquatorial) 25.746 km Voyager 2 hat während des Vor- Neptunmagnetfeld hat zudem eine Radius (polar) 24.341 km beiflugs am Neptun die höchsten irreguläre Form, die von der Gestalt Dichte 1760 kg/m3 Windgeschwindigkeiten gemes- eines Dipolfeldes mit jeweils einem Rotationsperiode 16,11 h sen, die jemals im Sonnensystem magnetischen Nord- und Südpol Orbitalperiode 164,79 Jahre beobachtet wurden. Dies ist unge- erheblich abweicht, was zu kompli- wöhnlich, da Neptun nur ein Zwan- Durchschnittliche 4,498 x 109 km zierten Wechselwirkungen mit dem zigstel der Energie empfängt, die Entfernung von der Sonne anströmenden Sonnenwind führt. Jupiter pro Flächen- und Zeit- einheit von der Sonne erhält. Den- Die Masse des Neptun beträgt Triton Masse 2,14 x 1022 kg noch erreichen die Sturmsysteme 17,15 Erdmassen, und der Durch- Dichte 2061 kg/m3 der Neptunatmosphäre Geschwin- messer am Äquator umfasst Radius 1352,6 km digkeiten von 1600 Kilometern 49.492 Kilometer, sodass in seinem Orbitalperiode 5,88 Tage pro Stunde mit Spitzenwerten von Innern etwa 60 Erdkugeln unterge- Durchschnittliche 354.800 km 2060 Kilometern pro Stunde. Da bracht werden könnten. Da Nep- Entfernung vom Neptun kleinräumige Turbulenzen in der tun etwas kleiner und massereicher Neptunatmosphäre bislang nicht als Uranus ist, fällt seine mittlere beobachtet wurden, spielen ver- 20 Dichte um etwa 25 Prozent höher Nereide Masse 0,3 x 10 kg mutlich Dunstschichten und Wol- aus. Das Innere Neptuns besteht Dichte 1500 kg/m3 kendecken in großer Höhe bei der vermutlich aus einer teilweise oder Radius 170 km Umverteilung der eingestrahlten Orbitalperiode 360,1 Tage Sonnenenergie eine wichtige Rol- Durchschnittliche 5.513.400 km le. Weiterhin treten im Unter- schied zu Jupiter und Saturn in der Bild linke Seite: Neptun und sein größ- Entfernung vom Neptun ter Mond Triton (Vordergrund), Mon- Neptunatmosphäre so gut wie kei- tage. (© NASA/JPL/USGS) ne großräumigen Turbulenzen

73 Neptun

auf, welche atmosphärische Strömungen hoher Geschwindigkeit deutlich verlangsamen könnten.

Im Unterschied zu Uranus verfügt Neptun zudem vermutlich über ei- ne weitere Energiequelle in seinem tiefen Innern, da der Planet nahe- zu 2,6-mal mehr Energie in Form von Wärme abstrahlt, als er von der Sonne erhält. Als mögliche Ursache kommt die frontale Kollision mit einem oder mehreren Protoplaneten in der Frühphase in Betracht, wodurch die Einschlagsenergie tief ins Innere des Planeten einge- bracht wurde. Die erwartete intensive Durchmischung des Planeteninneren und das Fehlen einer thermisch isolierenden Grenzschicht zwischen dem fluiden Zentrum und der umgebenden Atmosphäre würden helfen, den gegenwärtig beobachteten hohen Wärmeverlust des Neptun zu erklären. Dies steht im Einklang mit der Existenz anomal heißer, kompakter Regionen („hot spots“), die in der Voyager 2 konnte Nereide nicht aus der Nähe beobachten, aber mit Nähe des Südpols nachgewiesen wurden und, so wird vermutet, sich Teleskopen von der Erde aufgezeichnete Lichtkurvenschwankungen auf die Häufigkeit chemischer Reaktionen und die Bildung von zeigen, dass der Trabant entweder eine von der Kugelgestalt abwei- Aerosolen in der Neptunatmosphäre auswirken. chende, langgestreckte Form besitzt, oder über Materialien mit un- terschiedlichem Rückstrahlvermögen (Albedo) an der Oberfläche Im Jahr 1984 wurden bei Sternbedeckungen erstmals Ringbögen um verfügt. Neptun entdeckt, ein wichtiger Hinweis auf ein mögliches Ringsystem. Auf den Bildern der Raumsonde Voyager 2 waren fünf Jahre später Voyager 2 entdeckte sechs weitere Monde, von denen Proteus mit zwei schmale, vollständige, scharf begrenzte Hauptringe mit Radien 420 Kilometern Durchmesser der größte dieser neu entdeckten von 63.000 bzw. 53.000 Kilometern und einer Breite von jeweils 10 bis Monde ist. Die übrigen fünf Monde Naiad, Thalassa, Despina, 15 Kilometern zu erkennen. Darüber hinaus wurden noch zwei bis drei Galatea und Larissa weisen Durchmesser zwischen 60 und 200 schwächere Ringe entdeckt, die breiter sind und vermutlich aus kleine- Kilometern auf. In den Jahren 2002 und 2003 wurden mithilfe von ren, schlecht reflektierenden Teilchen bestehen. Benachbarte Teleskopbeobachtungen fünf weitere, zwischen 40 und 65 Kilometer Schäfermonde sorgen aufgrund ihrer gegenseitigen Anziehungskraft große Monde aufgefunden (Halimede, Psamanthe, Sao, Laomedeia dafür, dass die relativ staubreichen Verdichtungen der dunklen Ringe und Neso). nicht innerhalb weniger Wochen vollständig zerfallen. Zudem werden Ringpartikel laufend durch Mikrometeoriteneinschläge auf die Triton ist wahrscheinlich der einzige größere Trabant im Oberflächen der inneren Neptunmonde nachgeliefert. Sonnensystem, der nicht gemeinsam mit seinem Zentralplaneten ent- standen ist. Denn Triton umläuft Neptun auf einer nahezu kreisför- Neptunmonde migen Bahn, die etwa 23 Grad gegenüber dessen Äquatorialebene geneigt ist und entgegen der Rotationsrichtung des Neptun verläuft. Neptun hat insgesamt dreizehn bekannte Monde, von denen sich Vermutlich gehörte Triton ursprünglich wie Pluto zur Klasse der Triton und Nereide außerhalb des Ringsystems befinden und schon Zwergplaneten und wurde beim Kreuzen der Neptunbahn aus dem vor dem Vorbeiflug von Voyager 2 bekannt waren. Triton ist der inneren Kuipergürtel „eingefangen“. Starke Gezeiteneffekte sorgten größte Mond des Neptun. Er besitzt eine dünne Atmosphäre aus dafür, dass die Rotations- und Umlaufdauer von Triton rasch mitein- Stickstoff und Methan. Mit einem Durchmesser von 2705 Kilometern ander synchronisiert wurden. Die anfangs elliptische Tritonbahn er- ist er etwas kleiner als der Erdmond, lässt aber eine überraschende reichte somit frühzeitig ihre heutige Kreisform, wobei ähnlich dem Vielfalt an Oberflächenstrukturen erkennen. Die mittlere Dichte von 2059 ± 5 kg/m3 entspricht einem relativ hohen Gesteinsanteil. Bild: Globale Ansicht des Neptun mit dem Großen Nereide ist der kleinere und äußere der beiden schon lange bekann- Dunklen Fleck und Bänderstruktur der Atmosphäre. ten Monde und bewegt sich auf einer extrem elliptischen Bahn. (© NASA/JPL)

74 Erde-Mond-System eine Tritonhemisphäre stets Neptun zugewandt ist und die andere nach außen zeigt.

Es spricht einiges dafür, dass dabei während der Einfang- und der an- schließenden Synchronisationsphase das Innere Tritons durch Voyager-Kameras erfassten Region (ein globales Bild des Mondes gibt Gezeitenreibung hinreichend stark erwärmt wurde, um die beiden es nicht) hat einen Durchmesser von nur 27 Kilometern. Die geringe Hauptbestandteile Gestein und Eis aufgrund ihrer unterschiedlichen Zahl von Kratern auf Triton deutet auf ein relativ junges Dichten vollständig voneinander zu trennen. Gegenwärtigen Oberflächenalter hin. Es ist somit gut möglich, dass Triton wie der Modellvorstellungen zufolge entfallen etwa 75 Prozent der Jupitermonde Europa und Io sowie die Saturnmonde Titan und Gesamtmasse Tritons auf einen zentralen Gesteinskern und etwa 25 Enceladus heute noch geologisch aktiv ist. Prozent auf die ihn umgebende Eisschale. Zwischen Gesteinskern und der Unterkruste aus Eis befindet sich vermutlich ein Untergrundozean. Die Wirkung von Erosion und Transport von Oberflächenmaterial Das Innere Tritons ähnelt somit denen des Jupitermondes Europa und durch Wind lässt sich unter anderem anhand linearer dunkler Ab- des Saturnmondes Enceladus. lagerungen nachweisen, die bevorzugt um den Südpol die Oberfläche überziehen und durch ihre Orientierung die vorherrschenden Wind- Die mittlere Temperatur an der Tritonoberfläche beträgt lediglich richtungen anzeigen. Vermutlich entstand das als Cantaloupe-Terrain −240 Grad Celsius und ist die niedrigste, die je auf allen Planeten und bezeichnete Netz aus Vertiefungen und Hügeln durch tägliche Sub- großen Monden mit festen Oberflächen gemessen wurde. Die limationsprozesse in der Eiskruste Tritons. Gezeitenwirkungen könnten Oberfläche besteht aus Wassereis, gefrorenem Stickstoff und die Ursache für Deformationen der Oberfläche sein, die sich in linearen Methan, mit Beimengungen von gefrorenem Kohlenmonoxid und Bruchstrukturen und Bergrücken zeigt, die vermutlich erst in jüngerer -dioxid, Gesteinsanteilen und organischen Substanzen (Kohlen- Zeit entstanden sind. Die Bergrücken (10 bis 25 Kilometer Breite, bis zu wasserstoffverbindungen). Neben dem Saturnmond Titan ist Triton 1000 Kilometer Länge, ~200 Meter Höhe) ähneln vergleichbaren der einzige Eismond, der über eine Stickstoffatmosphäre verfügt, die Geländeformen auf dem Jupitermond Europa. an der Oberfläche aber nur einen Druck von 16 ± 3 Mikrobar er- zeugt. Aufgrund des Wechselspiels der leichtflüchtigen Substanzen Triton ist neben der Erde, dem Jupitermond Io und dem Saturnmond auf der Oberfläche mit Tritons dünner Atmosphäre verändert sich de- Enceladus der vierte, im Sonnensystem bekannte Körper, der bei ver- ren räumliche Verteilung auf der Oberfläche im Laufe eines gleichsweise geringer Intensität auch heute noch vulkanisch aktiv ist. Tritonjahres ganz erheblich. Wegen der langen Umlaufdauer Neptuns Darauf deuten geysirähnliche Ausbrüche in der Südpolregion hin, in um die Sonne und der starken Neigung seiner Rotationsachse liegt deren Verlauf dunkle Eruptionswolken senkrecht nach oben steigen jeder Pol für jeweils 82 Jahre in der Sonne und anschließend ebenso und sich in einer Höhe von etwa acht Kilometern, vermutlich an einer lange im Dunkeln. Auf der Sommerhemisphäre verdampfen Inversionsschicht in der Atmosphäre, horizontal ausbreiten. Die Stickstoff- und Methaneis, so dass die darunter befindliche dunkle Eruptionswolken können entstehen, wenn sich mit Stickstoffgas ge- Eiskruste sichtbar wird. Auf der kälteren Winterhemisphäre schlägt füllte unterirdische Blasen durch Sonnenlicht auf der Oberfläche er- sich frisches Eis nieder und lässt diese Regionen aufgrund des größe- wärmen, ausdehnen und schließlich geradezu explodieren. Das ren Reflexionsvermögens hell erscheinen. Phänomen kann aber auch mit eher gemächlichem Verdampfen von Eis an der Oberfläche erklärt werden, ein Prozess, der mit zunehmen- Die einzigen Aufnahmen der Tritonoberfläche stammen aus dem Jahr der Sonneneinstrahlung an Intensität gewinnt. Andere Gebiete auf 1989 und entstanden beim Vorbeiflug der Raumsonde Voyager 2. Sie Triton zeigen bis zu 200 Kilometer breite ehemalige Calderen (vulka- zeigen eine geologisch komplexe Oberfläche, aber auch rätselhafte nische Förderzentren), gefüllt mit ebenem Material, das vermutlich in Strukturen, wie ein in Anlehnung an die Schale bestimmter zähflüssiger Form an die Oberfläche austritt – im Unterschied zu irdi- Honigmelonen als „Cantaloupe-Terrain“ bezeichnetes Oberflächen- scher Lava aber aus einem Gemisch von Wasser und Ammoniak muster, das bisher nur auf Triton gesehen wurde. Auf den Bildern besteht. sind vergleichsweise wenig Einschlagskrater zu sehen, außerdem sind die Krater relativ klein, verglichen mit denen auf den Satelliten von Jupiter oder Saturn. Der größte Krater in der von den Bild: Cantaloupe-Terrain auf Triton. (© NASA/JPL)

75 76 Kuipergürtel und Zwergplaneten

KUIPERGÜRTEL UND ZWERGPLANETEN

Kuipergürtel

Seit seiner Entdeckung im Jahr 1930 galt Pluto mit einer mittleren Entfernung zur Sonne von 39,4 Astronomischen Einheiten (etwa sechs Milliarden Kilometer) bis 1992 als der äußerste Planet des Sonnensystems. Heute aber wissen wir, dass es außer Pluto noch vie- le weitere „Planeten“ mit Umlaufbahnen jenseits der Neptunbahn gibt. Anscheinend ist Pluto nur das zuerst entdeckte Mitglied einer neuen Klasse von eisigen Objekten, die unser Zentralgestirn in den extrem kalten äußeren Regionen des Sonnensystems umrunden. Die Existenz eines solchen Gürtels von Kleinplaneten wurde zuerst 1930 von Frederick C. Leonard und 1943 von Kenneth E. Edgeworth vor- hergesagt. Erst später, als Folge einer 1951 veröffentlichten For- schungsarbeit, wurde der Name des aus den Niederlanden stammenden Wissenschaftlers Gerard P. Kuiper in Zusammenhang mit dem Gürtel gebracht. Nach der Entdeckung des ersten Objekts dieser Klasse, 1992 QB1, wurde der Gürtel „Kuiper Edgeworth Belt“ getauft, in verkürzter Form meist nur „Kuipergürtel“ genannt.

Die Objekte des Kuipergürtels heißen auf Englisch „Kuiper-Belt Objects“ (KBOs). Der Name ist aber umstritten, weshalb viele Wissenschaftler die Bezeichnung „Trans-Neptunian Objects“ (TNOs) bevorzugen. Die TNOs sind wahrscheinlich übriggebliebene Klein- planeten oder Bruchstücke aus der Zeit der Planetenentstehung. Nach der heutigen Theorie gehören sie zu den ersten Objekten, die vor 4,5 Milliarden Jahren aus der Gas- und Staubscheibe um die neu entstandene Sonne kondensiert sind. Kollisionen zwischen solchen primitiven Kleinkörpern, den Planetesimalen, haben nach und nach zum Aufbau der Planeten geführt. Deswegen kann man die TNOs als heute noch in unveränderter Zusammensetzung existierendes, ur- sprüngliches Baumaterial der Planeten betrachten. sind, haben sie eine große Bedeutung für die Planetenforschung. Ihre Astronomische Beobachtungen zeigen, dass viele junge Sterne von Untersuchung ermöglicht wichtige wissenschaftliche Erkenntnisse solchen Gas- und Staubscheiben umgeben sind. Deshalb ist die über das universelle Phänomen der Planetenentstehung. Vermutung begründet, dass Planeten auch bei anderen Sternen als Folge ähnlicher Prozesse, wie sie zur Planetenentstehung in unserem Ein weiterer Grund für das starke wissenschaftliche Interesse an den eigenen Sonnensystem geführt haben, entstehen oder entstanden TNOs ist die Vermutung, dass auch die kurzperiodischen Kometen sind. Weil es sich bei den TNOs um Körper handelt, die nahezu unver- aus dem Kuipergürtel stammen. Die Umlaufbahnen von TNOs kön- änderte Überbleibsel aus der Frühgeschichte unseres Sonnensystems nen sich unter dem Einfluss von Neptun und anderen äußeren Planeten ändern. Auf diese Weise findet gelegentlich ein TNO den Weg ins innere Sonnensystem. Bei seiner Annäherung an die Sonne Bild: künstlerische Darstellung eines Kuipergürtel-Objektes, im Hintergrund die Sonne. © NASA, ESA, and G. Bacon (STScI) und der dadurch folgenden Erwärmung des Objekts verdampft ein Bild linke Seite: Pluto und Charon, globale farbverstärkte An- Teil des eisigen Materials. Dadurch entsteht eine Koma und meist sichten aus Aufnahmen der Sonde New Horizons. auch ein Schweif. So verwandelt sich ein TNO in einen Kometen. (© NASA/JHUAPL/SWRI)

77 Theorie zufolge wurde Sednas Umlaufbahn in der Frühgeschichte des Sonnensystems durch nahe an der Sonne vorbeiziehende Sterne gestört, so dass sich Sedna heute in einer Art „Niemands- land“ zwischen dem Kuipergürtel und der Oortschen Wolke befin- det. Andere Planetenforscher spekulieren sogar, dass Sedna von außerhalb unseres Sonnensystems stammen könnte.

Die Entdeckung eines weiteren Objekts namens Eris, die im Jahr 2005 bekannt gegeben wurde, sorgte für besondere Aufmerk- samkeit. In einer Entfernung von 97 AE war es gerade noch mög- lich, eine direkte Messung des Durchmessers von Eris mit dem Hubble-Weltraumteleskop durchzuführen. Das damalige Ergebnis, 2400 Kilometer (jüngere Messungen geben für Eris einen Durch- messer von 2272 Kilometer an), bedeutete, dass Eris und Pluto et- Der Kuipergürtel ist nicht mit der Oortschen Wolke zu verwechseln, wa gleich groß sind und führte zu einer kniffligen Frage: Wenn einem riesigen Kometenreservoir, welches das Sonnensystem wie ei- Pluto zu den Planeten gehört, warum darf Eris dann nicht als zehn- ne Kugel umhüllt und Billionen von eisigen Körpern enthalten soll. ter Planet des Sonnensystems bezeichnet werden? Das Problem Dort dürften die langperiodischen Kometen ihren Ursprung haben. wurde noch größer durch die berechtigte Annahme, dass es noch Die Oortsche Wolke beginnt weit außerhalb des Kuipergürtels und weitere solche Objekte jenseits der Neptunbahn gibt, die darauf reicht bis zu einer Entfernung von der Sonne von mehr als einem warten, entdeckt zu werden und sogar größer sein könnten als Lichtjahr. Im Gegensatz zum Kuipergürtel ist allerdings die Existenz Pluto und Eris. der Oortschen Wolke noch nicht durch direkte Beobachtungen bewiesen. Die Internationale Astronomische Union sorgte 2006 nach einer in- tensiven und kontrovers geführten Diskussion für Klarheit mit einer Pluto selbst gehört, so die heutige Einschätzung, zu den TNOs. neuen Definition des Begriffs „Planet“ und die Einführung einer Geriete Pluto in die Nähe der Sonne, würde er wahrscheinlich zu ei- neuen Kategorie von Objekten im Sonnensystem, nämlich den nem riesigen Kometen werden. Da die Umlaufperiode von Pluto „Zwergplaneten“. Pluto und Eris – in der Mythologie die Göttin der aber in einer 2:3-Resonanz zu einem Sonnenumlauf von Neptun Zwietracht und des Streits – und zwei andere kleinere TNOs gehö- steht, ist die Plutobahn sehr stabil. Ähnliche dynamische Verhältnisse ren jetzt zur Familie der Zwergplaneten. In diese Kategorie fällt gelten für hunderte von anderen TNOs mit Durchmessern größer als auch Ceres, das größte Objekt im Asteroiden-Hauptgürtel zwi- 100 Kilometer, die „Plutinos“ getauft wurden. Entdeckungen der schen Mars und Jupiter. Viele Objekte könnten in den kommenden letzten Jahre belegen, dass es Objekte gibt, die sich in Entfernungen Jahren die Familie der Zwergplaneten erweitern. Eris ist also die von hunderten von Astronomischen Einheiten (1 AE entspricht etwa Hauptursache dafür, dass Pluto seinen Status als neunter und äu- 150 Millionen Kilometern) um die Sonne bewegen. Der bislang ßerster Planet verloren hat. Damit hat unser Sonnensystem seit größte Körper ist Sedna, ein Kleinplanet, der 2003 entdeckt wurde. 2006 nur noch acht „klassische“ Planeten. Infolge seiner großen Distanz zur Sonne von etwa 87 AE sind Beobachtungen des Objekts allerdings sehr schwierig und sein ge- Da die Empfindlichkeit der Teleskope und Instrumente, die den schätzter Durchmesser von etwa 1500 Kilometern ist mit großer Astronomen heute zur Verfügung stehen, ständig zunimmt, ist es Unsicherheit verbunden. Trotzdem gilt als gesichert, dass Sedna sicher, dass in den kommenden Jahren noch viel mehr solcher rät- nicht viel kleiner ist als Pluto, der einen Durchmesser von knapp selhafter „Randbewohner“ des Sonnensystems entdeckt werden. 2400 Kilometern hat. Um einen solchen dürfte es sich auch bei dem bislang noch

Sednas Ursprung ist rätselhaft. Vielleicht entstand das Objekt im Bild: Kuipergürtel-Objekt Sedna in einer künstlerischen Gebiet der großen Planeten und ist durch deren starke Schwerkraft- Darstellung, die Sonne ist hier als heller Stern darge- wirkung aus dieser Zone hinaus geworfen worden. Einer anderen stellt. (© NASA/JPL-Caltech)

78 Kuipergürtel und Zwergplaneten

hypothetischen „Planet Neun“ handeln, der weit jenseits der kugelförmige Gestalt anzunehmen (das heißt, dass er sich im so- Umlaufbahn von Neptun vermutet wird und bisher noch nicht be- genannten „hydrostatischen Gleichgewicht“ befindet) und obachtet werden konnte. Eine Gruppe von Wissenschaftlern hält schließlich die Umgebung seiner Bahn von anderem kosmischen seine Existenz für wahrscheinlich, da sie in Bahnelementen einiger Material frei geräumt hat. bekannter TNOs, den „Sednoiden“, Auffälligkeiten entdeckt ha- ben, die darauf hindeuten, dass ein Körper von möglicherweise der 2. Im Gegensatz dazu ist ein Zwergplanet ein Himmelskörper, der zehnfachen Erdmasse auf einer Umlaufbahn von 400 bis zu 1500 sich ebenfalls im Orbit um die Sonne befindet und, wie auch AE die Sonne in etwa 10.000 Jahren umkreist. Planeten, genügend Masse besitzt, um durch die eigene Schwer- kraft eine annähernd kugelförmige Gestalt anzunehmen (sich im Zwergplaneten hydrostatischen Gleichgewicht befindet), aber im Gegensatz zu Planeten die Umgebung seiner Bahn nicht von anderem kosmi- Am 24. August 2006 beschlossen die anwesenden Mitglieder der schen Material frei geräumt hat und außerdem kein Mond ist. Internationalen Astronomischen Union (IAU) auf ihrer 25. Voll- versammlung in Prag erstmals eine Definition für die Planeten un- 3. Alle anderen Objekte, die um die Sonne kreisen, mit Ausnahme seres Sonnensystems. Fortwährende Beobachtungen und die Ent- der Monde, sollen gemeinsam als kleine Körper im Sonnensystem deckungen von großen Transneptunischen Objekten jenseits der bezeichnet werden. Zu dieser Kategorie gehören fast alle Aste- Bahn Plutos, aber auch neue Erkenntnisse über Planetensysteme roiden, die meisten Objekte des Kuipergürtels und der Oortschen machten dies notwendig. Die IAU fasste deshalb den Beschluss, Wolke, sowie andere kleine Körper. dass Planeten und andere Körper unseres Sonnensystems mit Ausnahme der Monde sich in eine der drei Kategorien einordnen Als ersten Schritt hatte die Internationale Astronomische Union den lassen sollen, die folgendermaßen definiert sind: bislang zu den Planeten gezählten Pluto, den Asteroiden Ceres und

Eris (2003 UB313) – ein Objekt aus dem Kuipergürtel – zu 1. Ein Planet ist ein Himmelskörper, der selbst kein Stern ist und sich Zwergplaneten erklärt. Auf einer bei der IAU geführten in einer Umlaufbahn um die Sonne befindet, ferner genügend „Beobachtungsliste“ befinden sich weitere Kandidaten für den Masse besitzt, um durch die eigene Schwerkraft eine annähernd Status des Zwergplaneten. Dabei handelt es sich sowohl um trans- neptunische Objekte als auch um große Asteroiden. Mit weiteren Entdeckungen und genaueren Untersuchungen bereits bekannter Objekte wird diese Liste sicherlich noch anwachsen. Mittlerweile sind

auch Makemake (2005 FY9) und Haumea (2003 EL61) als Zwerg- planeten klassifiziert worden.

Ceres

Der heute als Zwergplanet eingestufte Asteroid Ceres wurde am 1. Januar 1801 von Giuseppe Piazzi entdeckt und nach der römi- schen Göttin des Ackerbaus und Patronin der Insel Sizilien be- nannt, wo Piazzi mt dem Teleskop der Sternwarte von Palermo seine Entdeckung machte. Mit einem Durchmesser von über 950 Kilometern ist Ceres das größte und zugleich massereichste Objekt des Asteroidengürtels und vereint ein Drittel der gesamten Masse

Bild: Ceres in kontrastverstärkten Farben. In der Bildmitte der Krater Occator (Durchmesser 90 Kilometer) mit hellen Salzablagerungen. (© NASA/JPL-Caltech/UCLA/MPS/DLR/IDA)

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die Sonne in einer schlauchförmigen Zone, dem Kuipergürtel um- kreisen. In dieser Region umlaufen auch Pluto und seine Begleiter die Sonne. Dieses weit entfernte Gebiet ist von tausenden kleinster Eiswelten bevölkert, die sich in der Frühzeit des Sonnensystems ge- bildet haben.

In einem größeren Fernrohr entpuppt sich Pluto als ein schwaches Lichtpünktchen 15. Größenklasse, und man muss schon sehr gut seine Position kennen, um ihn nicht mit einem Stern zu verwech- seln. Entdeckt wurde Pluto im Jahre 1930 von Clyde Tombaugh nach jahrzehntelanger Suche, ausgelöst durch das Wissen um Störungen der Uranus- und Neptunbahn, die auf einen weiteren Planeten hindeuteten. Heute weiß man jedoch, dass Pluto zu we- nig Masse besitzt, um die Neptunbahn stören können – deren mi- nimale Schwankungen haben andere Ursachen. Seine Entdeckung war also ein wenig dem Zufall geschuldet.

Pluto läuft auf einer stark exzentrischen Bahn in knapp 248 Jahren einmal um die Sonne. Die relativ hohe Bahnexzentrizität führt da- zu, dass Pluto mitunter der Sonne näher kommt als Neptun – zu- letzt zwischen 1979 und 1998. Dennoch können die beiden Planeten niemals zusammenstoßen, da Plutos Bahn zum einen um des Asteroidengürtels auf sich. Die Klassifikation von Ceres hat sich 17 Grad gegen die Ekliptik geneigt ist und zum anderen die im Laufe der Geschichte wiederholt geändert. Bei seiner Ent- Umlaufbahnen beider Körper eine Resonanz von 3:2 haben – wäh- deckung zunächst als Planet eingestuft, zählte er später für mehr als rend dreier Neptunumläufe umrundet Pluto die Sonne zweimal. Im 150 Jahre zu den Asteroiden, da er den anderen Körpern im äuße- ren Asteroidengürtel gleicht. Aus diesem Grund ist Ceres ausführlich im Kapitel „Asteroiden“ auf den Seiten 51/52 beschrieben.

Pluto

Schon immer wurde Plutos Status als Planet kontrovers diskutiert – er ist zum einen sehr viel kleiner als die vier großen Gasplaneten des äußeren Sonnensystems, zudem ist seine Umlaufbahn stark ge- genüber der Ekliptik geneigt. Pluto gehört zu einer Gruppe von möglicherweise bis zu 100.000 Objekten mit Durchmessern von mehr als 100 Kilometern, die jenseits der Umlaufbahn des Neptun

Bild oben: Die fast kraterlose, geologisch junge Ebene Sputnik Planum auf Pluto, umgeben von der drei bis vier Milliarden Jahren alten Bergregionen Viking Terra. (© NASA/JHUAPL/SWRI

Bild unten: Die tektonisch verformte Äquatorregion auf Charon mit dem Grabenbruch Serenity Chasma. (© NASA/JHUAPL/SWRI/LPI)

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weisen – mit 177° (Kopflage) bzw. 98° (Schräglage) – eine ähnlich ungewöhnliche Orientierung der Polachse auf.

Im Mai 2005 sind zwei weitere kleine Plutomonde – Nix und Hydra – entdeckt worden, die sich in der gleichen Bahnebene wie Charon bewegen. Das deutet darauf hin, dass die Monde nicht eingefan- gen wurden, sondern zusammen mit Charon entstanden sind, der das Ergebnis einer gigantischen Kollision zweier Objekte in Plutogröße vor vier Milliarden Jahren sein könnte. 2011 und 2012 wurden auf Aufnahmen des Hubble-Weltraumteleskops mit Styx und Kerberos der vierte und fünfte Mond entdeckt. Mit geschätz- ten Größen von 10 bis 17 Kilometern sind sie die kleinsten Plutomonde.

War bis vor kurzem über die Landschaften und die Geologie von Pluto und Charon kaum etwas bekannt, änderte der Vorbeiflug der Raumsonde New Horizons am 14. Juli 2015 unser Bild des belieb- Mittel ist Pluto 39 Astronomische Einheiten von der Sonne ent- ten Zwergplaneten schlagartig. New Horizons wurde gezielt als fernt, also zehn Astronomische Einheiten weiter als Neptun. Plutos kleine Raumsonde und deshalb als Vorbeiflugmission geplant, um Durchmesser beträgt nach neueren Messungen 2377 Kilometer. das ferne Ziel überhaupt erreichen zu können, ehe Pluto sich auf Seine Dichte wurde auf 2050 kg/m3 bestimmt, was bedeutet, dass seiner elliptischen Bahn noch viel weiter von der Sonne entfernt. Pluto zu etwa zwei Dritteln aus Gestein und zu einem Drittel aus So kam es, dass New Horizons als die bisher schnellste Raumsonde Eis bestehen muss. Heute ist der Gesteinskern von Pluto von einem mit etwa 70.000 Kilometer pro Stunde neun Jahre lang bis hinter dicken Mantel aus Eis umgeben, der von einer Kruste aus gefrore- die Neptunbahn flog, um dann mit einer Relativgeschwindigkeit nem Stickstoff bedeckt ist. Die Oberflächentemperatur beträgt et- von 52.500 Stundenkilometer durch die Ebene der Mondebahnen wa −230 Grad Celsius. hindurchzufliegen. Innerhalb weniger Stunden wurden alle vorge- sehenen Experimente durchgeführt und hunderte von brillanten 1978 entdeckte James Christy am 1,5 m-Reflektor des U.S. Naval Aufnahmen gemacht, deren Übertragung zur Erde wegen der be- Observatoriums in Washington, D.C. eine kleine Ausbuchtung am grenzten Sendeleistung allerdings über ein Jahr andauerte. Plutoscheibchen: der Mond Charon war entdeckt. Charon hat ei- nen Durchmesser von 1212 Kilometern und umkreist Pluto in ei- Die Oberfläche Plutos zeigt sowohl in ihrer Struktur als auch in ih- nem mittleren Abstand von 19.600 Kilometern einmal in 6,4 rer Helligkeit starke Kontraste. Es gibt Gebiete mit relativ vielen Tagen. Beide Körper rotieren „gebunden“, d.h. sie wenden sich Einschlagskratern, die auf ein hohes Alter von mehr als drei oder gegenseitig stets dieselbe Hemisphäre zu. Das Massenverhältnis sogar vier Milliarden Jahren hindeuten. Aber auch ausgedehnte Mond zu Planet ist mit 1:10 das größte im Sonnensystem gefunde- Ebenen, auf denen es fast keine Krater gibt, die also in geologisch ne, so dass man Pluto und Charon auch als einen „Doppel- jüngerer Vergangenheit, vielleicht erst in den letzten hundert Zwergplaneten“ ansehen kann. Der Massenschwerpunkt des Millionen Jahren entstanden sein müssen. In Tombaugh Regio und Systems liegt 1200 Kilometer über der Oberfläche Plutos. Mit Sputnik Planum – einem Gebiet von etwa 1000 Kilometer Charons Entdeckung war man in der Lage, die Neigung der Durchmesser – sind in der eisigen Oberfläche Fließstrukturen und Rotationsachse Plutos verlässlicher zu bestimmen. Weil Pluto und Polygone erkennbar, die möglicherweise auf Konvektionszellen un- Charon sich synchron um ihren gemeinsamen Schwerpunkt „dre- ter der Eiskruste hindeuten. Unklar ist, woher das eigentlich bei hen“, muss die Bahnebene Charons mit der Äquatorebene beider Körper zusammenfallen. Die Rotationsachse Plutos ist demzufolge Bild: Plutos dünne, 300 Kilometer hohe geschichtete Atmo- um 122,5° gegen die Bahnebene geneigt. Nur Venus und Uranus sphäre im Gegenlicht. Auf der Oberfläche die bis zu 3500 Me- ter hohen Berge der Norgay Montes. (© NASA/JHUAPL/SWRI)

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diesen tiefen Temperaturen vollkommen spröde Eis durch eine werden können. Der Verlauf von langgestreckten Gebirgsketten Energiequelle erwärte werden könnte, plastisch verformbar wird lässt den Schluss zu, dass es beim Abkühlen der Eiskruste Plutos zu und diese Landschaftsformen entstehen lässt. Möglicherweise han- Schrumpfungsprozessen und in der Folge zu einem Auftürmen delt es sich um die Restwärme eines Einschlags, der mit seiner dieser Bergrücken kam. Impaktenergie die eisigen Substanzen zeitweise zum Teil geschmol- zen hat. Durchläuft Pluto auf seiner Bahn seinen sonnennächsten Punkt bei etwa 30 AE, bildet der Zwergplanet eine dünne, komplex geschich- In den angrenzenden Gebieten gibt es zahlreiche zwei- bis dreitau- tete Atmosphäre aus, die bis in eine Höhe von 3000 Kilometer send Meter hohe Berge aus Eis, die wegen der hohen Auflast an ihrer Basis eigentlich „zerfließen“ müssten, doch das ist nicht der Fall – ein weiteres noch ungelöstes Rätsel der Geologie auf Pluto. Auffallend ist ein dunkelbraun-rötliches Material, das an vielen Stellen Plutos, und in weiter Verbreitung auch auf Charon zu sehen ist. Dabei handelt es sich um eine komplexe Ansammlung kohlen- stoffhaltiger Moleküle, vermischt mit Stickstoff und Wasserstoff, die als Tholine bezeichnet werden. Es wird vermutet, dass sich die- se Tholine unter der Einwirkung des Sonnenwindes und von UV- Strahlung aus den Stoffen der Eiskruste bilden. Auf einigen Bildern von New Horizons wurden kreisrunde Berge mit einer Art Krater- öffnung identifiziert, die als Eis- oder Kryovulkane interpretiert

Bild oben: Übergang von den Bergen der Al Idrisi Montes zur Ebene Tombaugh Regio mit seiner glatten, aus Eispolygonen bestehenden Oberfläche. Die Bildbreite beträgt 80 Kilometer. (© NASA/JHUAPL/SWRI)

Bild unten: Der eisbedeckte Zwergplanet Eris auf seiner Bahn um die zehn Milliarden Kilometer entfernte, als hell leuchten- der Stern sichtbare Sonne in einer künstlerischen Darstellung. (© NASA, ESA, and A. Schaller (for STScI))

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reicht. Sie besteht im wesentlichen aus Stickstoff mit geringen Abstand zur Sonne 38 Astronomische Einheiten betragen und seine Anteilen an Kohlenmonoxid, Methan und Argon. Nähert sich Pluto Helligkeit etwa der Plutos entsprechen. Für einen Umlauf um die seinem sonnenfernsten Punkt bei Sonne benötigt Eris insgesamt 557 knapp 50 AE, kondensieren diese Jahre. Gase und rieseln in Form gefrore- Fakten ner Partikel auf die Oberfläche. Makemake (2005 FY ) Ceres Mittlerer Sonnenabstand (AE) 2,77 9 Der Gasdruck auf Pluto ist mit 1 Pa allerdings nur ein Hundert- Umlaufdauer (Jahre) 4,60 Dieser Zwergplanet und „Plutoid“ tausendstel so hoch wie an der Bahnexzentrizität (kreisförmig = 0) 0,08 wurde 2005 entdeckt und um- Erdoberfläche. Bahnneigung gegen die Ekliptik 10,59° kreist die Sonne weit außerhalb Durchmesser (km) 910−974 der Umlaufbahn des Neptun. Er

Eris (2003 UB313) Bekannte Monde 0 hat mit etwa 1600 Kilometern Durchmesser circa zwei Drittel der Im Juli 2005 gab Michael E. Pluto Mittlerer Sonnenabstand (AE) 39,48 Größe von Pluto. Für einen Umlauf Brown vom California Institute of Umlaufdauer (Jahre) 247,74 um die Sonne benötigt Makemake Technology die Entdeckung eines Bahnexzentrizität (kreisförmig = 0) 0,25 ungefähr 310 Jahre, der Abstand Objekts aus dem Kuipergürtel be- zur Sonne beträgt zwischen sechs Bahnneigung gegen die Ekliptik 122,5° kannt, das mit 2272 Kilometern und acht Milliarden Kilometer (40 Durchmesser fast so groß ist wie Durchmesser (km) 2377 bis 53 Astronomische Einheiten). Pluto. Nach der provisorischen Bekannte Monde 5 Makemake ist nach einer Schöpfer-

Bezeichnung 2003 UB313 erhielt gottheit der polynesischen Bevöl- dieses Objekt den Namen Eris Eris Mittlerer Sonnenabstand (AE) 67,781 kerung der Osterinseln benannt. nach der griechischen Göttin der Umlaufdauer (Jahre) 558,04

Zwietracht und des Streits. Sein Bahnexzentrizität (kreisförmig = 0) 0,44 Haumea (2003 EL61)

Mond S/2005 (2003 UB313) 1 wur- Bahnneigung gegen die Ekliptik 44,0445° de nach Eris‘ Tochter und dem Durchmesser (km) 2272 ± 12 Seit September 2008 gehört auch Dämonen der Ungesetzlichkeit Haumea zu den Zwergplaneten. Bekannte Monde 1 Dysnomia benannt. Haumea wurde 2003 entdeckt. Seine äußere Form ähnelt einer di- Makemake Mittlerer Sonnenabstand (AE) 45,715 Diese neuen Beobachtungen von cken ovalen Zigarre mit einem Eris beruhen auf Messungen der Umlaufdauer (Jahre) 309,09 Durchmesser, der dem von Pluto Wärmeabstrahlung, deren Werte Bahnexzentrizität (kreisförmig = 0) 0,15586 entspricht. Haumea rotiert unge- ähnlich wie bei Pluto sind. Das er- Bahnneigung gegen die Ekliptik 29,00685° wöhnlich schnell – in nur vier möglichte die Bestimmung der Durchmesser (km) 1430 ± 15 Stunden um die eigene Achse. Größe von Eris. Der Körper ist auch Bekannte Monde 1 Möglicherweise ist das der Grund insofern bemerkenswert, weil sich für seine langgezogene Form. dieser Zwergplanet auf seiner sehr Haumea Mittlerer Sonnenabstand (AE) 43,218 Haumea bewegt sich auf einer lang gestreckten und um 44 Grad Umlaufdauer (Jahre) 284,12 stark elliptischen Bahn außerhalb geneigten Bahn zur Zeit in einer der Neptunbahn und wird von Bahnexzentrizität (kreisförmig = 0) 0,191 Entfernung von 96 Astronomi- zwei Monden begleitet: Hi‘iaka schen Einheiten etwa an dem von Bahnneigung gegen die Ekliptik 28,19° und Namaka. Sie sind wie Haumea der Sonne am weitesten entfern- Durchmesser (km) 2000 × 1500 × nach göttlichen Wesen der hawai- ten Punkt – dem Aphel – befindet. 1000 ianschen Mythologie benannt. Im sonnennächsten Punkt der Bekannte Monde 2 Bahn – dem Perihel – wird der

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KOMETEN

Seit alters her ziehen Kometen, die die Sonne – und verschwinden wieder plötzlich und unerwartet am Himmel jenseits der Bahnen von Jupiter und Sa- auftauchen, die Menschen in ihren turn. Ihre Wege gleichen meist mehr Bann. Um diese faszinierenden leuch- oder weniger lang gestreckten Ellipsen, tenden Gebilde mit ihrem langen obwohl auch offene Parabel- und Schweif ranken sich viele Mythen. Als Hyperbelbahnen möglich sind. Halley angebliche Unglücksboten erzeugten war so überzeugt von seinen Be- sie oft Furcht und Schrecken. So wurde rechnungen, dass er vorhersagte, dass das Auftauchen des Kometen Halley im der Komet von 1682 nach etwa 76 Jahre 1066 für die Niederlage des Jahren wieder zu sehen sein würde. Heeres von König Harold II. gegen das Tatsächlich tauchte der Komet Ende normannische Aufgebot von Wilhelm, 1758 wieder auf. In der nachfolgenden dem Eroberer, beim englischen Ort Zeit dienten die imposanten, auffallend Hastings verantwortlich gemacht. Der hellen Schweifsterne den Astronomen gleiche Komet erzeugte sogar noch bei oft dazu, ihre Bahnberechnungs- seiner Wiederkehr im Jahre 1910 in methoden analytisch zu verfeinern. Teilen der Bevölkerung Weltunter- Berühmte Mathematiker wie Gauß gangsstimmung. und Euler waren daran beteiligt.

Der Ursprung der Kometen war lange Zeit unklar. Aristoteles siedel- Heute wissen wir, dass es sich bei den Kometen um kleine Körper te diese leuchtenden Gebilde in den höchsten Schichten der irdi- von einigen hundert Metern bis einigen zehn Kilometern schen Lufthülle an und vermutete, dass es sich dabei um Durchmesser handelt. Ihre ursprüngliche Heimat sind die fernen Ausdünstungen der Erde handelte. Martin Luther hielt sie wegen ih- Zonen des Sonnensystems – dort, wo es extrem kalt ist. Im res überraschenden Erscheinens für eine Verletzung der göttlichen Sonnensystem gibt es zwei bedeutende Kometenreservoirs: Zum ei- Ordnung. Erst Tycho Brahe konnte im Jahre 1577 anhand von nen ist dies die Region der so genannten Transneptunischen Objekte Parallaxenmessungen zeigen, dass Kometen weiter als der Mond (TNOs), zu denen auch Pluto gezählt wird und die sich in einem entfernt sein mussten. Mit seiner im Jahr 1687 etablierten Torus außerhalb der Neptunbahn bis zu ungefähr 100 Astrono- Gravitationslehre versuchte sich Isaac Newton an einer Berechnung mische Einheiten (AE) aufhalten. Dieser „Schlauch“, der die Neptun- der Bahn des Großen Kometen von 1680. Das Ergebnis stimmte ge- bahn umgibt, ist die Quellregion von kurzperiodischen Kometen, die nau mit den Aufzeichnungen überein. Umlaufzeiten um die Sonne von bis zu 200 Jahren und gegenüber der Ekliptik nur wenig geneigte Bahnen haben. Diese Zone wird Dies veranlasste den Universalgelehrten Edmond Halley, ein Freund auch Kuipergürtel genannt. Newtons, die neue „Weltformel“ auch auf Bahndaten anderer Kometen anzuwenden. Dabei stützte sich Halley auf Messungen des Noch viel weiter ins All erstreckt sich das größere kugelförmige von ihm selbst observierten Kometen von 1682, ferner Beob- Kometenreservoir der Oortschen Wolke. Diese dehnt sich in einem achtungen anderer Kometen jener Zeit, aber auch auf antike Sonnenabstand von über tausend AE bis zu mehr als 60.000 AE aus, Aufzeichnungen. Einige dieser Kometen hatten auffallend ähnliche also etwa einem Lichtjahr (und vielleicht sogar noch weiter), und bil- Bahnen. Halley schloss folgerichtig, dass es sich bei dem Kometen, det so gewissermaßen die Grenze des Sonnensystems. Der holländi- den Johannes Kepler 1607 sah, und dem, den der bayerische Astro- sche Astronom Jan Hendrik Oort erkannte, dass die langperiodischen nom Peter Apian 1531 beschrieb, um ein- und denselben Kometen handelte – den später nach ihm benannten Kometen 1P/Halley. Bild oben: Komet Hale-Bopp mit Staubschweif (weiß) und Plasmaschweif (blau), aufgenommen im April 1997. Damit war Edmond Halley der Erste, der zeigte, dass manche (© Observatory Slovenia) Kometen periodisch wiederkehren. Sie kommen aus der Tiefe des Bild linke Seite: Komet Lovejoy über Santiago, Chile. Planetensystems in die Nähe der vier inneren Planeten, umrunden (© Y. Beletsky (LCO)/ESO))

85 Kometen

Kometen – solche, die Umlaufzeiten von mehr als 200 Jahren haben Aktivität von Kometen wird von verdampfenden Wassereis, aber oder sogar nur einmal in Sonnennähe auftauchen – aus allen Rich- auch durch Kohlendioxideis getrieben und ist entsprechend der tungen ins innere Sonnensystem gelangen und ihr Ursprungsgebiet Sonneneinstrahlung stark richtungsabhängig und inhomogen. Wenn folglich die Sonne kugelförmig umgeben muss. Die Oortsche Wolke der Komet etwa die Marsbahn erreicht hat, werden die Staub- und beherbergt vermutlich Billionen von Kometenkernen, die ursprüng- Gasteilchen vom Druck des Sonnenwindes bzw. dessen auf die ioni- lich auch aus der Region der äußeren Planeten stammen und dann sierten Gase wirkenden elektromagnetischen Kräfte abgelenkt und durch gravitative Wechselwirkungen in die Oortsche Wolke hinaus bilden einen auffallend hellen, von der Sonne weg gerichteten drifteten. Zum Teil könnten sie aber auch aus der Milchstraße einge- Schweif aus. Dieser besteht aus zwei Teilen: zum einen dem leicht fangen worden sein, ihren Ursprung also außerhalb des Sonnen- gekrümmten Staubschweif und zum anderen dem geraden Ionen- systems haben. Die Gesamtmasse all dieser Körper könnte bis zum oder Plasmaschweif, der eine Länge von mehr als hundert Millionen, Zehnfachen der Erdmasse betragen. manchmal sogar bis zu dreihundert Millionen Kilometern haben kann. Das Phänomen des Kometenschweifs, das manchmal über Aufgrund ihres großen Abstandes zur Sonne, um die sie sich sehr Wochen und Monate auch von der Erde mit bloßem Auge beobach- langsam bewegen, bleiben die Kometen extrem kalt und können da- tet werden kann, macht das Erscheinen dieser Himmelskörper zu durch auch flüchtige Bestandteile in Form von Eis lange Zeit konser- ganz besonderen Ereignissen. vieren. Zudem erfahren sie kaum Veränderungen durch chemische Reaktionen. Kometen gelten deshalb als wichtige Zeitzeugen der Kometen haben nur einen geringen inneren Zusammenhalt. Mit- frühen Entwicklung unseres Planetensystems. Ihre Herkunft aus den unter zerfallen sie in mehrere Teile, insbesondere wenn sie der sonnenfernen Regionen des Kuipergürtels und vor allem der Sonne zu nahe kommen, und viele stürzen sogar in sie hinein. Der Oortschen Wolke lässt vermuten, dass sie sich seit ihrer Entstehung Zerfall eines Kometen hat zur Folge, dass sich seine Trümmer ent- nur wenig verändert haben. Geringfügige, durch Schwerkraft- lang seiner Bahn verteilen. Nähert sich diese Trümmerwolke der einflüsse aus der Milchstraße oder durch vorbeiziehende Sterne ver- Erde, dringen die kleinen Staubpartikel als Meteore in die ursachte Bahnstörungen können den einen oder anderen Kometen Erdatmosphäre ein, verglühen und sind als Sternschnuppen ein ins innere Sonnensystem lenken. Geraten sie dabei in die Nähe der bekanntes Phänomen. Viele Meteorschauer wie die der Perseiden, Sonne, tauen die gefrorenen Bestandteile auf und strömen ins Leoniden oder Geminiden lassen sich auf zerfallene Kometen oder Weltall. Dabei reißen sie Staubpartikel von der Kometenoberfläche Kometenausströmungen zurückführen. mit, die das Sonnenlicht reflektieren und erst dann den Kometen, oder genauer gesagt seine Atmosphäre, die Koma, und schließlich seinen Schweif sichtbar werden lassen. Bild: Nahinfrarotaufnahme des Hubble Space Telescope des über eine Strecke von 1,1 Millionen Kilometer ausgedehnten „Zuges“ Durch diese sogenannte kometare Aktivität entsteht um den kleinen der 21 Bruchstücke des Kometen Shoemaker-Levy 9 wenige Wo- Kern zunächst eine neblig-diffuse Kometenatmosphäre von zehn- chen vor deren Einschlag im Juli 1994 in der Jupiteratmosphäre. Alle Fragmente haben eine Koma ausgebildet. (© H.A. Weaver, bis hunderttausend Kilometern Durchmesser – die Koma. Die T.E. Smith (Space Telescope Science Institute) and NASA)

86 Kometen

Ein besonderes Ereignis war 1992 das Auseinanderbrechen des Kometen P/Shoemaker-Levy 9 (SL9) unter dem Einfluss der Gezeiten- kräfte des Jupiter. Es entstanden 21 Fragmente zwischen 50 und 2000 Meter Größe, die sich auf einer mehrere Millionen Kilometer langen „Perlenkette“ in einer Umlaufbahn um den Jupiter anordne- ten. Schnell wurde klar, dass sich alle Bruchstücke auf einem spiral- förmigen Kollisionskurs mit dem Planeten befanden. Im Juli 1994 fanden dann sukzessive die Zusammenstöße auf dem erdabgewand- ten Teil der Jupitersüdhalbkugel mit einer Geschwindigkeit von etwa 60 Kilometer pro Sekunde (216.000 km/h) statt. Die Auswertung er- gab, dass bei den Einschlägen das Energieäquivalent von etwa ins- gesamt 50 Millionen Hiroshima-Atombomben freigesetzt wurde. In der Jupiteratmosphäre hinterließen die Einschläge Spuren größer als der Durchmesser der Erde, die noch lange mit Teleskopen zu beob- achten waren.

Ihre Ursprünglichkeit verdanken die Kometen ihrer im Unterschied zu den Planeten geringen Schwerkraft, der niedrigen Wahrschein- lichkeit von Zusammenstößen und den niedrigen Stoßgeschwin- digkeiten im äußeren Sonnensystem, sowie ihren tiefen Tempe- raturen. Daher sind gerade die Ergebnisse der Kometenforschung für Aussagen über die frühe Entwicklung des Planetensystems be- deutend. Selbst Asteroiden waren deutlich höheren Temperaturen ausgesetzt und sind deshalb stärker verändert worden als die Neptunbahn; sein Perihel, den sonnennächsten Punkt, durchläuft er Kometen. Von den Asteroiden unterscheiden sich die Kometen da- zwischen Merkur- und Venusbahn – damit gehört er zu den kurzpe- her vor allem stofflich, nämlich in ihrem höheren Gehalt an flüchti- riodischen Kometen. gen Molekülen wie Eis von Wasser, Kohlenmonoxid, Kohlendioxid, Methan und vielen anderen flüchtigen Stoffen. Jedoch sind die Die sowjetischen Sonden Vega 1 und Vega 2 flogen im März 1986 Unterschiede zwischen beiden Objektklassen nicht so groß wie frü- in weniger als 10.000 Kilometern Distanz am Kometenkern von we- her gedacht. Sogar im Asteroidengürtel wurden Objekte mit gerin- nigen Kilometern Durchmesser vorbei und übermittelten Fotos und ger kometenähnlicher Aktivität entdeckt. Es gibt aber auch gealterte Messdaten. Kurz darauf näherte sich die am 2. Juli 1985 gestartete Kometen, die ihre eisförmigen Bestandteile an der Oberfläche kom- ESA-Sonde Giotto Halley bis auf 600 Kilometer und lieferte gut auf- plett verdampft haben und daher keine Ausgasung mehr zeigen. gelöste Bilder des unförmigen und fast schwarzen Kerns des Kometen, von dem an mehreren Stellen Aktivität in Form von „Jets“ Die Untersuchung von Kometen erfolgte zunächst ausschließlich mit – Gas- und Staubströmen – ausging. In der Koma und dem Teleskopen, mit denen optische Beobachtungen und später auch Gasschweif der Kometen hat man spektroskopisch viele Moleküle spektroskopische Messungen durchgeführt werden konnten. Einen nachgewiesen, die auch vom interstellaren Medium her bekannt großen Sprung nach vorne machte die Kometenforschung im Jahre sind. Das war eine Bestätigung der Annahme, dass Kometen kleine, 1986, als der Halleysche Komet, wie vorausberechnet, wieder im in- nicht allzu sehr veränderte Überbleibsel aus der frühesten Zeit des neren Sonnensystem auftauchte und mehrere Raumsonden gestar- Sonnensystems sind. tet wurden, die bei Vorbeiflügen bzw. Durchflügen des Kometen- schweifs neue Erkenntnisse sammelten. Der Halleysche Komet ist wegen seiner regelmäßigen Wiederkehr und seines ausgeprägten Bild: Kern des Kometen Tempel 1, Ziel des Einschlag- Schweifs der bekannteste unter den periodischen Kometen. Die experiments Deep Impact im Jahre 2005. größte Entfernung von der Sonne, das Aphel, erreicht er jenseits der (© NASA/JPL/UMD)

87 Kometen

Die NASA-Mission Deep Space 1 flog 2001 in nur 2200 Kilometern Dabei sammelte sie Komamaterial ein, das im Januar 2006 in einer Abstand am Kometen 19P/Borelly vorbei und testete dabei vorwie- Kapsel an einem Fallschirm zur Erde gebracht wurde. Die gend neue Technik und Instrumente. Zwei echte Wissenschafts- Staubproben lieferten neue Erkenntnisse zur Zusammensetzung missionen der NASA folgten einige Jahre später: Die Sonde Deep und Entstehung von Kometen. So wurden im Staub Hoch- Impact besuchte 2005 den kurzperiodischen Kometen Tempel 1, temperaturminerale gefunden, die bewiesen, dass der Komet auch der ursprünglich aus dem Kuipergürtel stammt. Wesentliches Bestandteile aus den ursprünglich heißen inneren Zonen des Element des Weltraumexperiments war der Aufschlag eines 372 Planetensystems enthält. Die Sonde selbst wurde anschließend un- Kilogramm schweren Projektils aus Kupfer, das den Kometen mit ter dem Namen Stardust-NExT auf die Weiterreise zum Kometen einer Geschwindigkeit von 37.000 Kilometern pro Stunde traf, da- Tempel 1 geschickt. Im Februar 2011 passierte sie diesen Kome- bei Material in den Weltraum schleuderte und einen etwa 100 tenkern in 180 Kilometern Abstand und funkte Bilder zur Erde, Meter großen Krater schuf. Das Auswurfmaterial wurde mit den konnte aber den von Deep Impact erzeugten Krater auf Tempel 1 Instrumenten der Sonde und mit Teleskopen auf der Erde unter- nicht mehr sicher nachweisen. sucht. Damit gelang erstmals eine Analyse von Material, das von einer Kometenoberfläche stammte. Nach Abschluss der Primär- In den letzten Jahrzehnten wurde das Wissen um Kometen durch mission wurde die Sonde in EPOXI umbenannt und flog im die beschriebenen Weltraummissionen, aber auch durch Beob- November 2010 in nur 700 Kilometer Entfernung am Kometen achtungen mit Teleskopen auf der Erde stark erweitert. Es wurde 103P/Hartley vorbei, um auch dort Messungen durchzuführen. offensichtlich, dass ein von dem amerikanischen Astronomen Fred Whipple 1950 vorgeschlagenes Modell, nach dem Kometen eine Die Raumsonde Stardust passierte 2004 nach knapp fünfjährigem Art „schmutzige Schneebälle“ darstellen, also Körper aus gefrore- Flug den Kometen Wild 2 in einer Entfernung von 240 Kilometern. nen flüchtigen Elementen und Molekülen, die mit kohlenstoffhal- tigen Verbindungen vermischt sind, der Wirklichkeit vermutlich nahe kommt. Allerdings wurde auch klar, dass nicht Eis, sondern Staub die dominierende Komponente ist. Ferner wusste man zwar, dass Kometen poröse Körper geringer Dichte sind, doch jede Beobachtung zeigte auch, dass Kometen ganz unterschiedliche Zusammensetzungen haben, das heißt: Einen „Standardkometen“ gibt es nicht.

Wichtige Fragen blieben jedoch unbeantwortet, wie zum Beispiel die nach der Bedeutung von Kometen für die Entstehung des Planetensystems und sogar des Lebens. Wie sind Kometen entstan- den – und wo? Sind Kometen tatsächlich Zeugen der Geburt unse- res Sonnensystems und was lernen wir von ihnen? Unklar ist zudem, warum Kometen so unterschiedliche Eigenschaften aufweisen, eine auffallend heterogene Zusammensetzungen haben und man direkt auf ihrer Oberfläche so wenig Eis findet. Man wollte besser verste- hen, wann und wie die Aktivität von Kometen einsetzt und abläuft bzw. warum sich diese manchmal drastisch erhöht und warum Kometen so oft auseinanderbrechen.

Bild: Komet 67P/Churyumov-Gerasimenko, Ziel der Raumsonde Rosetta, ist ein kurzperiodischer Komet der sogenannten Jupiterfamilie. (© ESA/Rosetta/MPS for OSI- RIS Team MPS/UPD/LAM/IAA/SSO/INTA/UPM/DASP/IDA)

88 Kometen

Um diese Fragen beantworten zu können, wurde schon 1985 die Idee einer großen europäischen Kometenmission geboren, die den Namen Rosetta erhielt. Wie der Stein von Rosetta, mit dem die Hieroglyphen des Alten Ägypten entziffert werden konnten, sollte die Mission die Frühgeschichte des Sonnensystems anhand der Untersuchung eines Kometen über einen längeren Zeitraum aus der Nähe „entziffern“. Gestartet 2004, erreichte Rosetta im August 2014 nach mehr als sechs Milliarden Kilometern Flugstrecke den Kometen 67P/Churyumov-Gerasimenko in einer Sonnenentfernung von etwa 3,5 Astronomischen Einheiten (AE). Ziel der Mission war es, die Dynamik der in dieser Entfernung einsetzenden Kometen- aktivität genau zu beobachten, die physikalischen Eigenschaften und stoffliche Zusammensetzung des Kometen zu erfassen und schließ- lich als Höhepunkt die Landesonde Philae auf dem Kometen abzu- setzen, um erstmals vor Ort die Oberfläche eines Kometen untersuchen zu können.

Rosetta begleitete den Kometen auf seinem Weg um die Sonne mehr als zwei Jahre lang. Die Mission endete am 30. September 2016 mit einer ursprünglich nicht vorgesehenen, aber von der Europäischen Weltraumorganisation ESA präzise durchgeführten

„Landung“ auf 67P. Elf Experimente auf dem Orbiter ermöglichten eine umfangreiche Charakterisierung des Kometen, unter anderem wurde Staub der Koma eingesammelt und analysiert, der Komet mit Radarwellen „durchleuchtet“, spektroskopische Untersuchungen der Oberfläche durchgeführt und schließlich zehntausende von Aufnahmen des unförmigen, zwischen zwei und etwas mehr als vier Kilometer großen Kometen gemacht.

Am 12. November 2014 wurde die Landesonde Philae vom Orbiter abgetrennt und landete zunächst an der vorgesehenen Stelle, konn- te sich jedoch nicht verankern und hüpfte an einen anderen, nur

Bild oben: Ein Jet aus verdampfendem Eis reißt von der Sonne angestrahlten Staub aus dem Kometen 67P. (© ESA/Rosetta/MPS for OSIRIS Team MPS/UPD/LAM/IAA/SSO/INTA/UPM/DASP/IDA)

Bild unten: Die DLR-Kamera ROLIS fotografierte kurz vor dem ersten Kontakt mit dem Kometen 67P den Boden. (© ESA/Rosetta/Philae/ROLIS/DLR)

89 darunter die Aminosäure Glycin. Die Aktivität des Kometen hängt stark von der Sonneneinstrahlung ab, ist über den gan- zen Kern verteilt und entwickelt sich vor- wiegend auf der Tagseite (67P rotiert mit einer Periode von 12,4 Stunden um seine Drehachse). Die auf 67P registrierten Aus- brüche mit erhöhter Gas- und Staub- produktion treten für einige Minuten bis Stunden auf, vorwiegend am frühen Vor- mittag und in der Mittagszeit. Allerdings wurden auch einige dieser Phänomene auf der Nachtseite beobachtet. Durch die ko- metare Aktivität entstehen auf dem Kern Löcher, Spalten, Terrassen, Krater und so- gar Dünen. Wegen der niedrigen Gravita- wenig von der Sonne beleuchteten Ort. Dort stand Philae hochkant tion können selbst metergroße Brocken ausgeworfen werden. in einer Art Felsspalte, so dass alle zehn Experimente, teils mit Abstrichen, wenigstens einmal durchgeführt werden konnten. Weil Aus den Beobachtungen der Mission Rosetta geht hervor, dass sich aber die Akkumulatoren nicht ausreichend Strom erzeugen konnten Kometenkerne bei sehr tiefen Temperaturen nur wenig über dem war die Mission von Philae nach 64 Stunden früher als erhofft zu absoluten Nullpunkt, nämlich bei etwa −235 Grad Celsius bildeten. Ende. Wie Rosetta lieferte jedoch auch Philae wichtige Erkenntnisse Die chemische Zusammensetzung und die hohe Porosität von 67P – zur Natur von Kometen. und anderer Kometen – lassen den Schluss zu, dass Zusammenstöße in ihrer Geschichte keine große Rolle spielten. Wegen dieser „ruhi- Rosetta hat einige Ansichten über Kometen bestätigt, aber auch vie- gen“ und kalten Umgebung sowie der geringen Gravitation konn- le neue Ergebnisse gebracht. Der Umfang der Messungen und Auf- ten die ursprünglichen Eigenschaften bis heute konserviert werden. nahmen ist so groß, dass die Auswertung der Daten noch Jahre in Kometen sind also tatsächlich tiefgefrorene Zeugen der Zeit der Anspruch nehmen wird. Demnach besteht der Komet zu einem grö- Planetenentstehung. Diese Ursprünglichkeit bedeutet aber auch, ßeren Anteil aus Staub und nur zu einem geringeren aus Eis ver- dass Kometen nicht ganz am Anfang der Planetenentwicklung ent- schiedener Verbindungen. Bei 67P beträgt der Staubanteil sogar standen sind. Das allgegenwärtige radioaktive 26Aluminium-Isotop etwa 75 Gewichtsprozent, nur 25 Prozent der Kometenmasse ist Eis. mit einer Halbwertszeit von 720.000 Jahren musste schon seinen Bestätigt wurde ferner, dass Kometen eine hohe Porosität besitzen „Heizeffekt“ verloren haben, sonst wären die Kometenkerne nicht – bei 67P ca. 70 Volumenprozent – und zumindest an ihrer Ober- so kalt und ursprünglich geblieben. fläche keine homogene Zusammensetzung haben. Ihre Staub-Eis- Bestandteile beinhalten zahlreiche organische Moleküle, aber auch Die Dynamik im frühen Planetensystem, zu der Zeit, als auch die Minerale wie Eisensulfide, die, wie schon mit Stardust an Komet Wild Oortsche Wolke durch nach außen driftende Kometen entstanden 2 gemessen, bei höheren Temperaturen und folglich in Sonnennähe ist, dürfte ebenfalls für die entgegengesetzte Richtung gegolten ha- entstanden sind. Das deutet darauf hin, dass im protoplanetaren ben: Millionen von Kometen sind damals gewiss auch ins innere Nebel schon frühzeitig eine gewisse Durchmischung stattgefunden Sonnensystem gelenkt worden und stürzten dann in die Sonne oder haben muss, wahrscheinlich durch große Wirbel. Vermutlich gab es auf die jungen erdähnlichen Planeten. Allerdings haben Kometen in der zirkumsolaren Scheibe viel dynamischere Vorgänge, als bis- durch Einschläge auf der Erde vermutlich kein oder nur wenig lang angenommen. Wasser für die Ozeane geliefert. Denn das Wassereis von 67P hat ein

In der Koma von 67P wurden neben Staub und Wassermolekülen Bild: Das erste Bild der Landesonde Philae zeigt eine stark auch flüchtige und hochkomplexe organische Moleküle gefunden, zerklüftete Umgebung. (© ESA/Rosetta/Philae/CIVA)

90 Kometen

viermal höheres Verhältnis von schwerem (Deuterium) zu leichtem dann nach den Regeln der Darwinschen Evolution entwickelt hat. Wasserstoff, als das Wasser der Weltmeere. Damit sind die „Finger- Bekannt war schon vor Rosetta, dass im Eis und Staub der Kometen abdrücke“ beider Wasserarten nicht identisch. Allerdings scheinen neben anorganischen Stoffen auch zahlreiche dieser organischen Kometen etwa 20 Prozent des Edelgases Xenon in unserer Moleküle vorhanden sind, die auch die Grundlage des Lebens auf der Erdatmosphäre geliefert zu haben. Aber auch hier muss einschrän- Erde sind. Auch in interstellaren Gaswolken wurden diese Ver- kend erwähnt werden, dass nicht klar ist, wie repräsentativ 67P für bindungen nachgewiesen. Mit der Entdeckung der Aminosäure Glyzin Kometen generell ist: Es ist unklar, ob diese Kometen aus dem sowie Dutzender weiterer organischer Moleküle durch Rosetta im Kuipergürtel oder der Oortschen Wolke stammen. Kern von 67P können Kometen zumindest als potentielle Lieferanten dieser Vorstufen des Lebens auf der Erde gelten. Ob dieser Transport Rosetta hat sich auch mit einer weiteren wichtigen Frage befasst: allerdings wirklich stattgefunden hat, bleibt jedoch unbewiesen. Haben Kometen Moleküle zur Erde gebracht, die für die Entstehung von Leben von entscheidender Wichtigkeit waren – Kohlenstoff- und Kohlenwasserstoffverbindungen, komplexe Verbindungen wie poly- Bild: Die auffallend glatte Region Imhotep inmitten der stark zyklische aromatische Kohlenwasserstoffe oder Aminosäuren? Diese zerklüfteten Landschaft des Kometen 67P, deren Oberfläche teilweise durch zurückfallenden Staub eingeebnet wurde Stoffe gelten als Vorstufen für das biologische Leben, das vor etwa und die sich im Verlauf der Mission Rosetta mehrfach verän- dreieinhalb Milliarden Jahren auf der Erde entstanden ist und sich derte. (© ESA/Rosetta/NAVCAM – CC BY-SA IGO 3.0)

91 92 Planetenentwicklung und Leben

PLANETENENTWICKLUNG UND LEBEN

Zumindest seit der Antike stellen Menschen die Frage, ob es Leben wir, dass sie von Ozeanen, die auf Gestein gründen, bedeckt sind und auch jenseits der Erde gibt, auf einem anderen Himmelskörper in den die von kilometerdicken Eispanzern vor dem Ausfrieren geschützt wer- Weiten des Alls. Angesichts der unvorstellbar großen Zahl von Sternen den. Darüber hinaus trägt Wärme, die in den Gesteinsschichten dieser im Kosmos, von denen nach heutiger Erkenntnis die meisten von Monde erzeugt wird, zum Erhalt der Ozeane bei. Auf den Eismonden ist Planeten umkreist werden, wäre es mehr als erstaunlich, wenn Leben also Wasser vorhanden, aber die Sonne fällt als Energielieferant aus und nur auf der Erde entstanden wäre. Allerdings unterscheidet sich unser etwaige Lebewesen könnten die Photosynthese als Energiequelle kaum „Blauer Planet“ deutlich von seinen Nachbarplaneten im Sonnensystem nutzen. Stattdessen müsste Energie von heißen Quellen bezogen wer- und es ist deshalb nicht völlig klar, wie einzigartig die Erde ist. Der den. Dies war allerdings auch auf der frühen Erde so, bevor Lebewesen Vergleich mit extrasolaren Planetensystemen zeigt jedenfalls, dass un- die Photosynthese entwickelt hatten. Als Nahrungsquelle könnte Gestein ser Sonnensystem nicht als typisch aufgefasst werden kann. dienen. Auch auf der heutigen Erde nutzen Lebewesen am unteren Ende der Nahrungskette Gestein als Nahrungsquelle. Untersucht man die Planeten des Sonnensystems und ihre Monde, so zeigt sich, dass die Erde die besten Voraussetzungen für die Ent- Selbst der Mars könnte in seiner frühen Geschichte belebt gewesen wicklung von Leben bietet. Dies liegt schon an ihrem Abstand zur sein! Geologische und mineralogische Hinweise aus den Zeiten vor drei Sonne, der flüssiges Wasser auf der Erdoberfläche erlaubt. Auf den bis vier Milliarden Jahren zeugen von damals stehenden und fließen- weiter innen liegenden Bahnen des Merkur und der heutigen Venus ist den Gewässern auf dem Planeten. Zwar ist nicht klar, wie bei einer we- die Sonnenstrahlung so intensiv, dass Wasser sofort verdampfen wür- niger leuchtkräftigen Sonne fließendes Wasser möglich gewesen sein de. Und auf dem Mars ist sie schon so schwach, dass die Ober- könnte. Aber vielleicht hatte der Mars zu dieser Zeit eine massivere flächentemperatur im Mittel unter dem Gefrierpunkt liegt. Da Wasser Atmosphäre als heute, mit entsprechenden Treibhausgasen. Möglich, eine Grundvoraussetzung für Leben ist, jedenfalls für Leben, wie wir es vielleicht sogar wahrscheinlicher ist, dass vulkanische Aktivität den von der Erde kennen, müsste eine zweite Erde auch den richtigen auch heute noch vorhandenen Permafrost aufschmolz und lokal Abstand von ihrem Stern haben. Man nennt die Abstandszone mit ge- Wasser für einige Zeit fließen ließ. Unklar ist den Wissenschaftlern, wie rade der richtigen Temperatur die habitable Zone. Ihre Lage und Aus- Mars eine massivere Atmosphäre verlieren konnte, sollte sie jemals vor- dehnung hängt wesentlich von der Leuchtkraft des Sterns und von der handen gewesen sein. Dass die vulkanische Aktivität abnahm, ist da- atmosphärischen Zusammensetzung des jeweiligen Planeten ab. Im gegen eine natürliche Entwicklung eines Gesteinsplaneten, der im Sonnensystem ist heute nur die Erde mitten in der habitablen Zone. Laufe der Zeit auskühlt und dessen radioaktive Wärmequellen im Ihre Nachbarplaneten Mars und Venus befinden sich am Rande der Gestein abnehmen. Zone, aber eher außerhalb. Die Suche nach extrasolaren Planeten in habitablen Zonen ist daher ein grundlegendes strategisches Element Auch der Saturnmond Titan gilt manchen als Kandidat für Leben. bei der Suche nach außerirdischem Leben. Allerdings sind die Temperaturen mit rund −180 Grad Celsius dort so niedrig, dass Wasser immer gefroren wäre. Wir wissen aber von Dennoch könnte Leben auch auf anderen Planeten und Monden im Ozeanen aus Kohlenwasserstoffen auf dem Saturntrabanten. Gibt Sonnensystem entstanden oder vielleicht sogar in primitiven Formen es eventuell eine Biosphäre, die Kohlenwasserstoffe statt Wasser als heute noch vorhanden sein. Kandidaten dafür sind zunächst die Ve- Lösungsmittel nutzt? nus, weil vor Milliarden Jahren die Leuchtkraft der Sonne geringer war (sie ist im Laufe der Äonen um rund 30 Prozent angestiegen), sowie Kein anderer Planet im Sonnensystem außer der Erde weist Ozeane die Eismonde Europa und Enceladus der Riesenplaneten Jupiter und auf, dazu eine ausgewogene Verteilung von Kontinenten, Ozeanen Saturn. und Flachmeeren und einen klimatisch stabilisierten Wasserkreislauf (neben anderen Stoffkreisläufen), der weite Gebiete des Planeten mit Im Laufe der Jahrmilliarden wäre demnach die habitable Zone über die Wasser versorgt. Die Flachmeere mit lebensfreundlicher Sonnenein- Venus hinweg nach außen gewandert und etwa entstandenes Leben auf strahlung und Nährstoffen im Boden sind besonders bioaktiv und von dem Planeten erloschen. Von den beiden genannten Eismonden wissen diesen aus hat das Leben im Laufe der Evolution die Kontinente er- obert. Landmassen, Ozeanbecken und Schelfe dürften jene große Bio- Bild linke Seite: Darstellung der habitablen Zone in unse- diversität erst ermöglicht haben, die wir heute auf der Erde antreffen. rem Sonnensystem, nicht maßstäblich. (© DLR)

93 Planetenentwicklung und Leben

Wie entsteht ein solcher planetarer Körper und was sind die Bedin- dort werden die Sedimente zu den Ozeanen transportiert und in so- gungen für seine lebensfreundliche Entwicklung? Schafft sich das Le- genannten Subduktionszonen bei Tiefseegräben mit dem gebunde- ben eventuell die Bedingungen selbst, unter denen es sich optimal nen Kohlenstoff wieder ins Erdinnere zurückgeführt, wodurch der entwickeln kann? Oder stabilisiert diese zumindest? Dazu muss die Kreislauf geschlossen wird. Darüber hinaus wird Kohlenstoff durch Biomasse natürlich so umfangreich sein, dass sie die Entwicklung eines das Wachstum der Pflanzen gebunden. Hätte eine Erde, die fast voll- Planeten nachhaltig beeinflussen kann. ständig von Ozeanen bedeckt wäre, oder eine Erde, die fast vollstän- dig von Landmassen bedeckt wäre, eine ähnliche biologische Erstaunlicherweise ist vieles auf der Erde „gerade richtig“. Es gibt Entwicklung genommen? Forschungsarbeiten am DLR-Institut für Landflächen und Ozeane und kontinuierlich andauernde vulkanische Planetenforschung legen den Schluss nahe, dass beide „Erden“ phy- Aktivität. Ein Magnetfeld schützt die Atmosphäre vor Erosion und die sikalisch möglich gewesen wären, wären die Startbedingungen der Oberfläche vor allzu energetischen Teilchen aus dem Weltraum. Der Erde nur wenig anders gewesen. Erdmond stabilisiert durch seine Gravitationswirkung die Rotations- achse und ermöglicht damit stabile Zonen gemäßigten Klimas. Durch Der faszinierende Gedanke, dass das Leben selbst die Erde lebens- Wasser beförderte Erosion insbesondere der Faltengebirge bindet freundlich halten könnte, ist schon wiederholt geäußert worden. In Kohlendioxid und trägt zu Stoffkreisläufen bei, von denen neben dem vielen Überlegungen spielt die Plattentektonik dabei eine wesentli- Wasserzyklus der wichtigste der langzeitliche Silikat-Kohlenstoffzyklus che Rolle. Diese Art Tektonik kennen wir interessanterweise bisher ist. Wie ein Thermostat regelt dieser den Gehalt der Atmosphäre am nur von der Erde. Die Plattentektonik als Theoriegebäude kann die Treibhausgas Kohlendioxid so, dass das Klima weitgehend stabil bleibt. wesentlichen Beobachtungen der Geologie unter Einschluss der Leider stören wir diesen Zyklus seit etwa hundert Jahren, indem wir in Entstehung und der Drift der Kontinente weitgehend zwanglos er- früheren Äonen gebundenen Kohlenstoff massiv freisetzen. klären. Demnach besteht die Erdkruste aus sieben größeren Gesteins- platten, von denen einige Kontinente tragen und andere lediglich Vereinfacht kann man sich den Silikat-Kohlenstoffkreislauf so vorstel- aus ozeanischer, basaltischer Kruste bestehen. Die Platten verschie- len: Steigt der Gehalt an Kohlendioxid beispielsweise durch vermehr- ben sich gegeneinander; an sogenannten mittelozeanischen Rücken te vulkanische Aktivität an, so erhöht sich die mittlere Temperatur der wird neue basaltische Kruste gebildet und an Subduktionszonen Atmosphäre als Folge eines verstärkten Treibhauseffekts. Dadurch werden die Platten wieder in das Erdinnere zurückgeführt. Konti- verdampft mehr Wasser, was zu einer erhöhten Niederschlagsaktivität nentales Krustengestein entsteht durch Vulkanismus an den Sub- führt, wodurch Kohlendioxid ausgewaschen und über verstärkte duktionszonen, wobei basaltisches Krustengestein, Wasser und Erosion auf Kontinenten in Sedimentgestein gebunden wird. Von Sedimentgestein zu frischer kontinentaler Kruste verarbeitet wird. Während die ozeanische, basaltische Kruste vollständig an dem Stoffkreislauf der Plattentektonik teilnimmt, schwimmt die leichtere kontinentale, granitische Kruste auf und nimmt an dem Stoff- kreislauf nur eingeschränkt über den Sedimenttransport teil.

Vulkanismus und Erdbebentätigkeit entlang der Plattengrenzen sind die für den Menschen spürbaren Folgen der Plattentektonik. Die Erneuerung des Krustengesteins sorgt für Nachschub an mineralischen Nährstoffen, die für das Leben unerlässlich sind. Darüber hinaus kühlt

Bild: Die Karte der Erdoberfläche zeigt einige Elemente der Plat- tentektonik, insbesondere Kontinente und Ozeanböden. Die Ge- birgskette mitten im Atlantik ist ein mittelozeanischer Rücken, an dem ozeanische Kruste entsteht. Entlang des westlichen Konti- nentalrand Südamerikas verläuft ein Tiefseegraben und eine Sub- duktionszone, die unter den Kontinent reicht. Die Gebirgskette der Anden stellt frische kontinentale Kruste dar. (©NASA/USGS)

94 die Plattentektonik das Erdinnere effektiv und ermöglicht somit die langfristige Existenz des Magnetfelds. Auf dem Mars beispielsweise gibt es dieses schützende Magnetfeld, zumindest heute, nicht.

Der beschriebene Stoffaustausch zwischen dem Erdinneren und dem Krustengestein im Rahmen der Plattentektonik umfasst die flüchtige- ren Bestandteile wie Wasser und Kohlendioxid, die entweder im Gestein chemisch gebunden sind oder in Sedimenten transportiert werden. Dadurch sind der weiter oben beschriebene langzeitliche Silikat-Kohlenstoffzyklus und der Wasserkreislauf Elemente des Stoffkreislaufs der Plattentektonik. Über die Verwitterung und Sedi- mentbildung kann die Biosphäre in den Stoffkreislauf eingreifen, in Noch weitreichender als die Suche nach Leben auf dem Mars ist die dem sie einerseits Verwitterung befördert und andererseits hilft, flüch- Suche im äußeren Sonnensystem und die Suche nach einer zweiten Erde tige Stoffe chemisch zu binden. Auf diese Weise könnte die geologisch in großer, astronomischer Entfernung von unserem Planetensystem. beobachtete Konstanz der ausgewogenen Verteilung zwischen Land- Denn es ist ja nicht auszuschließen, dass es zwischen den Körpern im massen und Ozeanen erklärt werden, die sich zeitlich eigentlich hin zu Inneren unseres Sonnensystems zu einem Austausch von Lebewesen ge- abnehmenden Kontinentalflächen entwickeln müsste. Denn während kommen sein könnte, indem große Asteroideneinschläge Organismen die Verwitterungsrate mit der Kontinentalfläche zunehmen sollte, im Inneren von ausgeworfenem Material auf eine Reise durchs All ge- müsste die Krustenbildungsrate mit der Zeit und dem Abkühlen des schickt haben und sich das Leben auf diese Weise verbreitete. Sollte es Planeten abnehmen. Diese Abnahme kann aber durch vermehrten Leben im äußeren Sonnensystem, zum Beispiel auf den Saturnmonden Wassertransport ins Erdinnere kompensiert werden, da die vulkanische Enceladus und Titan, dem Jupitermond Europa oder auf fernen Planeten Aktivität und die Stofftransportrate der Plattentektonik sowohl von der um andere Sterne geben, könnte man mit größerem Recht von einer Temperatur als auch vom Wassergehalt des Erdinnern abhängen. zweiten Genesis sprechen. Wie aber würden wir Leben in anderen Pla- netensystemen entdecken? Was ist der kosmische Fingerabdruck eines Leider müssen wir festhalten, dass uns an dieser Stelle noch ein genü- belebten Planeten? Gibt es die eindeutige Signatur, den „rauchenden gend tiefes Verständnis für zwei wesentliche Dinge fehlt: Einerseits ha- Colt“? Die Suche nach eindeutigen chemischen Biosignaturen ist ein ak- ben wir kein wirklich allgemein akzeptiertes Verständnis dessen, was tuelles Feld gegenwärtiger Forschung. Kandidaten hierfür sind Sauerstoff Leben eigentlich ist, wie es entsteht und wie es mit der Erde in Wech- und Ozon, die auf der Erde wesentlich durch Bioaktivität gebildet wer- selwirkung tritt. Andererseits verstehen wir nicht in genügender Tiefe, den, und Methan, das als Produkt primitiver Lebewesen bekannt ist. wie Plattentektonik entsteht und wie lange diese auf der Erde schon ak- tiv war. Positiv betrachtet sehen wir hier ausgesprochen spannende Die Frage nach Leben an anderer Stelle im Universum ist zwar so alt wie Forschungsfelder! die Menschheit. Doch fundierte, naturwissenschaftliche Forschung zu diesem Thema ist im Grunde genommen erst möglich, seit wir mit Es ist zwingend, dass bei der Suche nach Leben auf anderen Him- Raumsonden in der Lage sind, von unserem Heimatplaneten wenigstens melskörpern zunächst die Nachbarplaneten der Erde ins Visier rücken. zu den Körpern unseres Planetensystems aufzubrechen und zudem mit Weil es flüssiges Wasser zumindest früher auf dem Mars gegeben haben immer besseren Teleskopen und Spektrometern die Atmosphären von muss, hat sich die internationale Explorationsinitiative der Raumfahrt be- planetaren Körpern innerhalb und außerhalb unseres Sonnensystems treibenden Nationen und Agenturen die Suche nach außerirdischem charakterisieren können. Dabei entwickelte sich ein völlig neuer Zweig Leben auf dem „Roten Planeten“ zur Aufgabe gemacht. Sollte die Suche der Weltraumwissenschaften, die Astrobiologie. Die Beantwortung der auf Mars oder andernorts erfolgreich sein, hätte dies enorme Bedeutung Frage nach der Existenz von Leben im Universum bleibt zumindest vor- über die Planetenforschung, ja über die Naturwissenschaften hinaus! Der erst eine der spannendsten der Wissenschaftsgeschichte. Fund würde die Kopernikanischen und Darwinschen Revolutionen voll- enden und unsere irdische Existenz in einen größeren Zusammenhang Bild oben: Fantasievolle künstlerische Darstellung von stellen. möglichen habitablen erdähnlichen Planeten im Univer- sum. (© NASA/JPL-Caltech/R. Hurt (SSC-Caltech))

95 96 Extrasolare Planeten

EXTRASOLARE PLANETEN

Die Frage, ob es bewohnte Welten außerhalb unserer Erde und un- die Beobachtung dieses Doppler-Effekts hat man den ersten extraso- seres Sonnensystems gibt, haben sich wohl Menschen schon immer laren Planeten um einen sonnenähnlichen Stern entdeckt: Pegasus beim Anblick des nächtlichen Sternenhimmels gestellt. Aber erst in 51 b hat etwa die halbe Jupitermasse und umkreist seinen Stern in nur der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts hat man Methoden und vier Tagen. Nach den Keplerschen Gesetzen entspricht eine kleine empfindliche Instrumente entwickelt, um die Suche nach extrasola- Umlaufzeit aber auch einem kleinen Abstand zum Zentralstern. ren Planeten mit Aussicht auf Erfolg zu beginnen. 1995 wurde der Wegen des geringen Abstands zum glühend heißen Stern wird der erste Planet um einen sonnenähnlichen Stern außerhalb unseres Planet stark erhitzt. Daher stammt der Begriff „heiße Jupiter“ für sol- Sonnensystems entdeckt. che Planeten.

Die Anzahl der entdeckten Planeten hat sich seither drastisch erhöht: Eine andere Methode, die man zur Suche nach Exoplaneten benutzt, rund 3700 Exoplaneten (Stand Dezember 2017). Erstaunlich ist aber ist die Transitmethode. Schaut der Beobachter von der Seite auf ein nicht die Anzahl an sich, sondern die Verschiedenartigkeit dieser neu Planetensystem, dann verdunkelt ein vorüberziehender Planet den entdeckten Himmelskörper. Die Klassifikation von Gesteinsplaneten Stern um einen Bruchteil. Die Abnahme der Intensität des Sterns und Gasplaneten, die wir aus unserem Sonnensystem kennen, reicht hängt vom Verhältnis des Durchmessers des Planeten zum nicht mehr aus: heiße Jupiter, Minigasplaneten und Supererden sind Durchmesser des Sterns ab. Ein großer Planet erzeugt dabei ein tie- die Gruppierungen, die sich im Laufe der letzten Jahrzehnte heraus- feres Transitsignal. Zum Orientierung: Jupiter, der größte Planet un- gebildet haben. Die Frage nach einer zweiten Erde, die in den seres Sonnensystems, verringert das Sternenlicht um ein Prozent, Medien immer wieder gestellt wird, steht in einem größeren unsere Erde nur um 0,008 Prozent. Um solche kleinen Zusammenhang. Wissenschaftler wollen wissen: Wie bilden und ent- Veränderungen in der Intensität des Sternenlichts nachzuweisen, be- wickeln sich Planeten und Planetensysteme? Sind unser Sonnen- darf es hochempfindlicher photometrischer Messungen und system und unsere Erde einzigartig? Was macht einen Planeten zu Analysemethoden, die das kleine Signal des Transits von anderen einem lebensfreundlichen Ort? Variationen im Sternenlicht, z. B. Sternenflecken, unterscheiden

Die Methoden, extrasolare Planeten zu entdecken, sind zu- meist indirekter Natur und basieren auf der Analyse des Lichts, das ein Stern aussendet und das durch die Anwesenheit eines Planeten verändert wird. Die Radial- geschwindigkeitsmethode nutzt den Sachverhalt, dass sich Stern und Planeten um einen gemeinsamen Schwerpunkt bewegen. Die regelmäßige Bewegung des Sterns kann aus seinen Spektrallinien abgeleitet werden: bewegt sich der Stern auf den Beobachter zu, ist das Licht blauverschoben. Bewegt sich der Stern vom Beobachter weg, wird die Wellenlänge vergrößert, das Licht ist rotverschoben. Durch

Bild linke Seite:Künstlerische Darstellung des Planetensystems um den Zwergstern Trappist-1, der von sieben Gesteinsplaneten umkreist wird. Der Radius dieser Planeten entspricht etwa dem Erdradius. Drei dieser Planeten bewegen sich in der habitablen Zone des Sterns. (© NASA/JPL-Caltech) Bild: Künstlerische Darstellung des Planeten CoRoT-7b, der erste entdeckte Gesteinsplanet. Seine Umlaufbahn liegt so dicht am Stern, dass seine Oberfläche von Lavaströmen oder einem ko- chenden Magmaozean bedeckt sein könnte. Ein zweiter Planet, CoRoT-7c, liegt weiter außen und verursacht keinen Transit. (© Fabian Catalano)

97 Extrasolare Planeten

h g f e d c b Merkur Venus Erde Mars

K-90 Sonnensystem

können. Um Transitplaneten überhaupt zu finden, muss man ein durch die Beobachtungen mit einem Teleskop in Südfrankreich ent- Bildfeld mit sehr vielen Sternen über lange Zeit beobachten. Um ei- deckt. Aber selbst die besten Teleskope sind in ihrem Einsatz be- nen Transit der Erde von einem anderen Ort in der Milchstraße aus schränkt durch den Tag- und Nachtrhythmus, durch Mondphasen zu entdecken und seine Periode zu messen, müsste man mindestens und schlechtes Wetter. Eine kontinuierliche ununterbrochene Beob- zwei Jahre beobachten. achtung eines Sternfeldes, wie sie für die Suche nach Transitsignalen ideal wäre, ist damit nicht möglich. Außerdem wird die Genauigkeit, Jede Messmethode liefert bestimmte Informationen über den Pla- mit der man die Veränderung der Sternintensität messen kann, neten, aber kein vollständiges Bild. Aus den Transitmessungen kann durch die ständigen Turbulenzen in der Erdatmosphäre begrenzt. man den Radius, die Umlaufzeit und den Winkel, unter dem wir das Daraus entstand der Wunsch der Wissenschaftler, die Suche nach Planetensystem beobachten, bestimmen. Aus der Radialgeschwin- extrasolare Planeten in den Weltraum zu verlegen. digkeitsmessung kann man auch die Umlaufzeit berechnen, außer- dem die untere Grenze für die Planetenmasse und den Bahntypus, Das wurde zum ersten Mal 2007 mit der französischen Mission CoRoT Kreis oder Ellipse. Kombiniert man beide Methoden, erhält man den (Convection, Rotation and Planetary Transits) verwirklicht, an der auch Radius und die wahre Masse. Aus diesen beiden Werten ergibt sich das DLR beteiligt war. CoRoT war überaus erfolgreich. Unter seinen die mittlere Dichte des Planeten, ein sehr wichtiger Parameter zur Bestimmung seiner inneren Zusammensetzung. Bild: Darstellung des Planetensystems Kepler-90 mit sie- ben Planeten im Vergleich zum Sonnensystem: in beiden Die Suche nach extrasolaren Planeten begann mit erdgebundenen Systemen liegen die Bahnen der kleinen Planeten innen, Teleskopen. Der erste extrasolare Planet im Sternbild Pegasus wurde die der Gasriesen außen. (© DLR)

98 Extrasolare Planeten

herausragenden Entdeckungen war der erste Gesteinsplanet, CoRoT- Die vielen Planeten, die man entdeckt hat, zeigen eine enorme 7b, ein Planet mit der etwa siebenfachen Erdmasse und dem 1,7fa- Bandbreite von Eigenschaften, wie man sie vor 1995 nicht erahnt chen Erdradius. Mit diesen Werten gehört CoRoT-7b zu den hatte. Aber nicht von allen Planeten hat man den kompletten Satz sogenannten Super-Erden. Er umkreist seinen Stern in nur 20 Stunden von Eigenschaften – Masse, Radius und Alter – und wenn ja, dann und zeigt ihm immer die gleiche Seite. Der geringe Abstand und die oft nicht mit der notwendigen Genauigkeit. Eine zweite Erde, also gebundene Rotation führen zu einer starken Erhitzung seiner dem ein Planet mit ähnlichen Eigenschaften wie unsere Erde in einem Stern zugewandten Oberfläche. Wie es genau dort aussieht, hängt Abstand zum Stern, der Wasser in flüssiger Form erlauben würde, von vielen Faktoren ab, die man nur sehr ungenau kennt oder ab- hat man bisher noch nicht gefunden. Die vergangenen Missionen schätzen kann: Wie hat sich der Planet gebildet? Hat oder hatte er ei- und Beobachtungen haben aber gezeigt, dass die genaue Be- ne Atmosphäre? Aus welchem Gestein besteht er? stimmung von Radius, Masse und Alter des Planeten und des Zen- tralsterns unabdingbar ist, um überhaupt eine Chance zu haben, ei- Die nächste Mission zur Suche nach Exoplaneten war die US- nen erdähnlichen Gesteinsplaneten näher zu charakterisieren. Um amerikanische Weltraummission Kepler, die 2009 startete und wie darüber hinaus die Bestandteile einer möglichen Planetenatmo- CoRoT mit der Transitmethode arbeitet. Fast fünf Jahre lang schaute sphäre zu untersuchen, bedarf es heller Sterne, die solche Nach- Kepler kontinuierlich auf ein Feld mit rund 150.000 Sternen im folgemessungen erlauben. Das ist die Zielsetzung der nächsten Sternbild Schwan. Damit wurden ungefähr 2300 Planeten gefunden. großen europäischen Exoplaneten-Mission PLATO, bei der das DLR Zwei Schwungräder zur präzisen Ausrichtung des Teleskops gingen die Leitung der wissenschaftlichen Nutzlast hat und die 2026 an den 2013 kaputt. Mit einem neuen Konzept, das den Sonnenwind zur Start gehen soll. Stabilisierung nutzt, wird die Mission unter den Namen K2 fortge- setzt, wenn auch mit geringerer Qualität der Messdaten.

Die Planung, der Bau und der Betrieb eines Welt- raumteleskops ist eine Sache, aber erst die Auswertung der Messungen, die Erzeugung und Analyse der Licht- kurven, führt zu herausragenden Entdeckungen und wissenschaftlichen Erkenntnissen und erfordert die Arbeit vieler Forschergruppen, die ihre Expertise einbrin- gen und in einem fruchtbaren Wettbewerb miteinander stehen.

An der Entdeckung mehrerer extrasolarer Planeten aus der Analyse der Kepler- und K2-Daten war das DLR- Institut für Planetenforschung beteiligt. Darunter war das Planetensystem Kepler-90, das erste Planetensystem mit sieben Planeten, das eine dem Sonnensystem ähnli- che Hierarchie hat: die Gasriesen außen, die kleinen Planeten innen.

Bild: Künstlerische Darstellung des Planetensystems um den Stern Kepler-9: die beiden Gasriesen wurden zu Be- ginn der Kepler-Mission entdeckt. Die verfeinerte Analy- se der Lichtkurven zeigt einen dritten Planeten. (© NASA/Ames/JPL-Caltech)

99 Übersicht über die Missionen im Sonnensystem

ÜBERSICHT ÜBER DIE MISSIONEN IM SONNENSYSTEM

Missionen zur Sonne Helios 2 16. Jan. 1976 Deutsch-amerikanische Mission, Erforschung des Sonnenplasmas, Sonnenwindes, mag- Pioneer 5 11. März 1960 NASA-Mission, Erforschung der Sonne und netischer und elektrischer Felder, kosmi- des interplanetaren Raums, Sonnenorbit scher Strahlung und interplanetaren zwischen den Bahnen von Venus und Erde, Staubs, elliptischer Sonnenorbit, größte erster erfolgreicher Test digitaler Daten- Annäherung an die Sonne: 43,5 Mio. km, übertragung, Missionsende: 26.06.1960 Missionsende: Dez. 1981 Pioneer 6 16. Dez. 1965 NASA-Mission, Erforschung des Sonnen- Solar 14. Febr. 1980 NASA-Mission, koordinierte Beobachtung windes, interplanetarer Elektronendichte, Maximum von Sonnenaktivität, insbes. Sonnenerup- solarer und kosmischer Strahlung und inter- Mission tionen während einer Periode maximaler planetaren Magnetfelds, Sonnenorbit zwi- (SMM) Sonnenaktivität, erfolgreiche Reparatur schen den Bahnen von Venus und Erde, während STSC-41C, Datenerfassung bis letzter Kontakt: 8.12.2000 24.11.1989, Wiedereintritt: 2.12.1989 Pioneer 7 17. Aug. 1966 NASA-Mission, Erforschung des Sonnen- Hinotori 21. Febr. 1981 Japanische Mission, Untersuchung der windes, interplanetarer Elektronendichte, Sonnen­eruptionen während einer Periode solarer und kosmischer Strahlung und inter- maximaler Sonnenaktivität, Wiedereintritt planetaren Magnetfelds, Sonnenorbit bei 11.07.1991 1,1 AE, letzter Kontakt: März 1995 Ulysses 06. Okt. 1990 Europäisch-amerikanische Mission, Studium Pioneer 8 13. Dez. 1967 NASA-Mission, Erforschung des Sonnen- der Pole, Korona, Plasmawellen und kosmi- windes, interplanetarer Elektronendichte, scher Strahlung, Orbit mit hoher Inklination solarer und kosmischer Strahlung und inter- nach Vorbeiflug an Jupiter am 08.02.1992, planetaren Magnetfelds, kosmischen seit 2008 nicht mehr manövrierbar, Betrieb Staubs und elektrischer Felder, Sonnenorbit eingestellt: 29.6.2009 bei 1,1 AE, letzter Kontakt: 22.08.1996 Yohkoh 31. Aug. 1991 Japanisch-amerikanisch-britische Mission, Pioneer 9 08. Nov. 1968 NASA-Mission, Erforschung des Sonnenwin- Studium der Hochenergiestrahlung wäh- des, interplanetarer Elektronendichte, solarer rend Sonneneruptionen, Erdorbit, Nachfol- und kosmischer Strahlung und interplaneta- ger von Hinotori, Missionsende: 14.12.2001, ren Magnetfelds, kosmischen Staubs und Wiedereintritt: 12.09.2005 elektrischer Felder, Sonnenorbit bei 1,1 AE, SAMPEX 03. Juli 1992 „Solar Anomalous and Magnetospheric Kontakt bis Mai 1983, erneute Kontaktauf- Particle Explorer“, NASA-Mission, Erfor- nahme im Jahr 1987 nicht möglich schung energiereicher Teilchen, die von der Skylab 26. Mai 1973 Erste bemannte amerikanische Raumstation Sonne, aus der Erdmagnetosphäre oder aus (171 Tage), 150.000 Aufnahmen der Sonne der galaktischen Strahlung stammen, Erd- mit dem Apollo Telescope Mount (ATM) orbit, Wiedereintritt: 13.11.2012 Explorer 49 10. Juni 1973 NASA-Mission, zweiter eines Paares von Koronas-I 02. März 1994 Russisch-Ukrainische Mission, Untersuchung Radioastronomiesatelliten, Erforschung der der Sonne im UV- und Röntgenbereich, niedrig frequenten Radiostrahlung der Pla- Erdorbit, Missionsende: 04.03.2001 neten, der Sonne und der Galaxis, Mond- Wind 01. Nov. 1994 NASA-Mission, Erforschung des ankom- orbit, letzter Kontakt: Aug. 1977 menden Sonnenwindes, magnetischer Fel- Helios 1 10. Dez. 1974 Deutsch-amerikanische Mission, Erforschung der und Teilchen, Halo-Orbit um Lagrange- des Sonnenwindes, magnetischer und elek- Punkt L1, aktiv trischer Felder, kosmischer Strahlung und interplanetaren Staubs, elliptischer Sonnen- orbit, größte Annäherung an die Sonne: 47 Mio. km, Kontaktabbruch: 16.03.1986

100 Übersicht über die Missionen im Sonnensystem

SOHO 12. Dez. 1995 „Solar and Heliospheric Observatory“, euro­ SDO 11. Febr. 2010 „Solar Dynamics Observatory“, NASA- päisch-amerikanische Mission, Studium der Mission, Untersuchung der Sonnenatmo- inneren Struktur und physikalischen Prozes- sphäre in verschiedenen Wellenlängen, se, die die Sonnenkorona formen, Halo- Sonnenaktivität, des Weltraumwetters, Orbit um Lagrange-Punkt L1, aktiv Messungen des Sonneninneren, des Plas- ACE 25. Aug. 1997 „Advanced Composition Explorer“, NASA- mas der Sonnenkorona und der Strahlung, Mission, Messung des Sonnenwindes zwi- Erdorbit, aktiv schen Sonne und Erde, ermöglicht „Sturm- Picard 15. Juni 2010 Französischer Mikrosatellit, Studium der warnung“ mit 1 Stunde Vorwarnzeit, Orbit solaren Strahlung, Durchmesser und Form um Lagrange-Punkt L1, aktiv der Sonne, Sonneninneres durch Helio- TRACE 02. April 1998 „Transition Region and Coronal Explorer“, seismologie, Erdorbit, aktiv NASA Mission, Untersuchung der Sonnen­ IRIS 28. Juni 2013 „Interface Region Imaging Spectrograph“, eruptionen, Photosphäre, Geometrie und NASA-Mission, Studium der äußeren Son- Dynamik der oberen Sonnenatmosphäre, nenatmosphäre, Erdorbit, aktiv sonnensynchroner Erdorbit, Missionsende: 22.06.2010 Koronas-F 31. Juli 2001 Russisch-ukrainisches Sonnenobservatori- um, Studium der Sonne im UV- und Rönt- Missionen zum Merkur genbereich, Erdorbit Genesis 08. Aug. 2001 NASA-Mission, Sammlung von Sonnen- Mariner 10 03. Nov. 1973 NASA-Mission, erste Mission zu zwei Pla- windpartikeln am Lagrange-Punkt L1 und neten, Venusvorbeiflug und drei Merkur- Rückführung zur Erde nach zwei Jahren, vorbeiflüge, Studium der Umgebung, At- Fehlfunktion des Fallschirms mit der Rück- mosphäre, Oberfläche und Eigenschaften kehrkapsel während Wiedereintritt am von Merkur und Venus, über 10.000 Auf- 08.09.2004 nahmen, 57% von Merkur fotografisch RHESSI 05. Febr. 2002 „Reuven-Ramaty High Energy Solar Spectro- abgedeckt; größte Annäherung: 327 km, scopic Imager“, NASA-Mission, Untersu- Missionsende: 24.03.1975 chung der Teilchenbeschleunigung und MESSENGER 03. Aug. 2004 „ Surface, Space Environment, Energiefrei­ setzung­ während Sonnen­ GEochemistry and Ranging“, NASA-Missi- eruptionen, Erdorbit, aktiv on, Untersuchung der Zusammensetzung SORCE 25. Jan. 2003 „Solar Radiation & Climate Experiment“, der Oberfläche, Geologie, Magnetfeld, präzise Messungen der Sonnenstrahlung in Kern, Pole, Exosphäre und Magnetosphäre, den verschiedenen Wellenlängenbereichen Merkurorbit, Orbiteintritt am 18. 03.2011 vom Röntgen bis zum nahen Infrarot aus nach mehreren Flybys, Missionsende durch dem Erdorbit Aufschlag am 30.04.2015 Hinode 23. Sept. 2006 Japanische Mission, Untersuchung der (SOLAR-B) Wechselwirkungen zwischen Magnetfeld und Korona, sonnensynchroner Erdorbit, aktiv Missionen zur Venus STEREO 18. Sept. 2006 „Solar Terrestrial Relations Observatory“, NASA-Mission, bestehend aus zwei Son- Venera 1 12. Febr. 1961 Sowjetische Mission, erster Vorbeiflug an den zur Untersuchung der Struktur und Ent- der Venus, größte Annäherung: 99.800 km; wicklung von Sonnenstürmen auf ihrem Abbruch des Funkkontaktes am 04.03.1961 Weg ins Weltall, aktiv in 7 Millionen km Entfernung Koronas- 30. Jan. 2009 Russische Mission, Untersuchung der Pro- Mariner 1 22. Juli 1962 NASA-Mission, geplanter Venus-Vorbei- Foton zesse während Sonneneruptionen, Be- flug, Verlust 293 Sekunden nach dem Start schleunigungsmechanismen, Ausbreitung aufgrund falscher Steuerungskommandos und Wechselwirkung schneller Teilchen in der Sonnenatmosphäre, Erdorbit, aktiv

101 Übersicht über die Missionen im Sonnensystem

Mariner 2 26. Aug. 1962 NASA-Mission, Ersatz für Mariner 1, Vorbei- Venera 9 08. Juni 1975 Sowjetische Mission, Orbiter und Lander, flug an der Venus, Studium der Atmosphäre, erfolgreiche Landung am 22.10.1975, ar- Magnetfeld, geladener Teilchen in der Um- beitete für 53 Min. nach Landung, erstma- gebung und Masse, größte Annäherung: lig Aufnahmen von der Venusoberfläche 34.773 km; letzte Datenübertragung: Venera 10 14. Juni 1975 Sowjetische Mission, Orbiter und Lander, 03.01.1963 erfolgreiche Landung am 25.10.1975, ar- Zond 1 22. April 1964 Sowjetische Mission, Abbruch des Funk- beitete für 65 Min. nach Landung, Aufnah- kontakts kurz nach dem 14.05.1964, men von der Venusoberfläche Venus-Vorbei­flug in 100.000 km Entfer- Pioneer 20. Mai 1978 NASA-Mission, Studium der Atmosphäre, nung, Sonnenorbit Venus 1 Ionosphäre und Oberfläche, Venusorbit, Venera 2 12. Nov. 1965 Sowjetische Mission, TV-System und wis- Missionsende: Aug. 1992, verglühte in der senschaftliche Instrumente, Sonnenorbit Venusatmosphäre am 08.10.1992 nach Venus-Vorbeiflug, Größte Annähe- Pioneer 08. Aug. 1978 NASA-Mission, Mehrfachsonde (fünf At- rung: 23.950 km; wegen Funkstörung kei- Venus 2 mosphäreneintauchkörper), Freisetzung ne Datenübertragung zur Erde möglich der Tochtersonden am 16. und 20.11.1978, Venera 3 16. Nov. 1965 Sowjetische Mission, Landung auf der einer sendete für 67 Minuten Daten von Oberfläche, Atmosphäreneintritt, Kon- der Oberfläche taktabbruch in 32 km Höhe, Aufschlag Venera 11 08. Sept. 1978 Sowjetische Mission, Studium der chemi- Venera 4 12. Juni 1967 Sowjetische Mission, Atmosphäreneintritt, schen Zusammensetzung, Wolken und Landung auf Nachtseite, 96 min Übertra- Wärmebilanz der Atmosphäre, Abstieg am gung der Messwerte von der Oberfläche 25.12.1978, weiche Landung; lieferte 95 und Atmosphäre bis in eine Höhe 24,96 km min Mess­daten von der Oberfläche Mariner 5 14. Juni 1967 NASA-Mission, verbesserter Ersatz für Ma- Venera 12 14. Sept. 1978 Sowjetische Mission, Studium der chemi- riner 4, Untersuchung der Struktur der At- schen Zusammensetzung, Wolken und mosphäre, seiner Strahlung und Magnet- Wärmebilanz der Atmosphäre, Abstieg am felds, Größte Annäherung: 4094 km, 21.12.1978, weiche Landung; lieferte 110 Kontaktabbruch: 04.12.1974 min Mess­daten von der Oberfläche Venera 5 05. Jan. 1969 Sowjetische Mission, Studium der Atmo- Venera 13 29. Okt. 1981 Sowjetische Mission, weiche Landung am sphäre, Freisetzung einer Kapsel in die At- 01.03.1982; lieferte Panoramaaufnahmen mosphäre, Datenübertragung für 53 Minu- durch verschiedene Filter, Untersuchung ten am 16.05.1969 von Bodenproben, arbeitete für 127 min Venera 6 10. Jan. 1969 Sowjetische Mission, Studium der Atmo- auf der Oberfläche sphäre, Freisetzung einer Kapsel in die At- Venera 14 01. Nov. 1981 Sowjetische Mission, weiche Landung am mosphäre, Datenübertragung für 51 Minu- 01.03.1982; lieferte Panoramaaufnahmen ten am 17.05.1969 durch verschiedene Filter, Untersuchung Venera 7 17. Aug. 1970 Sowjetische Mission, Studium der Atmosphä- von Bodenproben, arbeitete für 57 min auf re und anderer Phänomene, Freisetzung ei- der Oberfläche ner Landekapsel am 15.12.1970, Datenüber- Venera 15 09. Juli 1983 Sowjetische Mission, Kartierung der Venus tragung für 53 Minuten nach der Landung mit Seiten­sichtradar aus dem Orbit; Radar- Venera 8 27. März 1972 Sowjetische Mission, erfolgreiche Landung aufnahmen der nördlichen Hemisphäre, am 22.07.1972, 50 Minuten Datenübertra- Auflösung: 1-2 km, Missionsende: gung von der Oberfläche aus 10.07.1984 Mariner 10 03. Nov. 1973 NASA-Mission, erste Mission zu zwei Plane- Venera 16 11. Juni 1983 Sowjetische Mission, Kartierung der Venus ten, Studium der Umgebung, Atmosphäre, mit Seiten­sichtradar aus dem Orbit; Radar- Oberfläche und Eigenschaften von Merkur aufnahmen der nördlichen Hemisphäre; und Venus, Venusvorbeiflug und drei Mer- Auflösung: 1-2 km, Missionsende: Okt. kurvorbeiflüge, größte Annäherung an Ve- 1984 nus: 5.768 km; erstmalig Aufnahmen von der Venus: Missionsende: 24.03.1975

102 Übersicht über die Missionen im Sonnensystem

Vega 1 15. Dez. 1984 Sowjetische Mission, Vorbeiflug im Juni Missionen zur Erde 1985 auf dem Weg zum Kometen Halley, Aussetzen eines Landers und eines Ballons NIMBUS: Serie amerikanischer Wettersatelliten, wurden zu einem wichtigen zur Untersuchung der zentralen Wolken- Erderkundungsprogramm durch ständige Weiterentwicklung der Sensoren; decke, Ballon arbeitete für 46,5 Stunden NIMBUS 7: TOMS (Total Ozone Mapping Spectrometer) Vega 2 21. Dez. 1984 Sowjetische Mission, Vorbeiflug im Juni NIMBUS 1 28. Aug. 1964 NIMBUS 4 08. April 1970 1985 auf dem Weg zum Kometen Halley, NIMBUS 2 15. Mai 1966 NIMBUS 5 11. Dez. 1972 Aussetzen eines Landers und eines Ballons NIMBUS B 18. Mai 1968 NIMBUS 6 12. Juni 1975 zur Untersuchung der zentralen Wolkende- NIMBUS 3 14. April 1969 NIMBUS 7 24. Okt. 1978 cke, Ballon arbeitete für etwa 47 Stunden Magellan 04. Mai 1989 NASA-Mission, Untersuchung der Landfor- METEOR: russische polarumlaufende Wettersatelliten, drei Generationen, men und Tektonik, Einschlagsprozesse, Ero- täglicher Bericht für mehr als zwei Drittel der Erde über Wolken, Eisbe- sion, Ablagerung, chemischer Prozesse und deckung, atmosphärische Strahlung; Visible and IR Scanning Radiometer, des Inneren, Orbit, Radarkartierung von Meteor 1: Serie von 31 Satelliten, beginnend am 26. März 1969 bis 10. 95% der Oberfläche mit Synthetic Aper- Juni 1981, 3 bis 4 Starts jährlich, Meteor 2: Serie von 21 Satelliten, erster ture Radar; maximale Auflösung: 75 m pro Start: 11. Juli 1975, letzter Start: 1993, Meteor 3: Serie von 6 Satelliten, Bildpunkt, Kontaktabbruch am 12.10.1994 Meteor 3-05 zusätzlich TOMS (Total Ozone Mapping Spectrometer), Me- Galileo 18. Okt. 1989 NASA-Mission, Vorbeiflug an der Venus teor 3-06 zusätzlich Scarab und PRARE auf dem Weg zum Jupiter am 10.02.1990, Landsat: Serie amerikanischer Erderkundungssatelliten; Landsat 1-3: ver- Aufnahmen der Wolkendecke besserte und größere Versionen von NIMBUS, RBV (Return Beam Vidicon), Cassini 15. Okt. 1997 NASA-Mission, zwei Vorbeiflüge an der MSS (Multi-Spectral Scanner), Landsat 4-6: TM (Thematic Mapper), MSS; Venus auf dem Weg in das Saturnsystem Landsat 6: Misserfolg am 26.04.1998 und 24.06.1999 Landsat 1 23. Juli 1972 Landsat 5 01. März 1984 MESSENGER 03. Aug. 2004 „MErcury Surface, Space Environment, Landsat 2 22. Jan. 1975 Landsat 6 05. Okt. 1993 GEochemistry and Ranging“, NASA-Missi- on, zwei Vorbeiflüge an der Venus auf dem Landsat 3 05. März 1978 Landsat 7 15. April 1999 Weg zum Merkur am 24.10.2006 und Landsat 4 16. Juli 1982 Landsat 8 11. Febr. 2013 05.06.2007 SMS: „Synchronous Meteorological Satellites“, amerikanische Wettersatel- Venus 09. Nov. 2005 ESA-Mission, Untersuchung der komplexen liten, Vorläufer von GOES, VISSR (Visible Infrared Spin-Scan Radiometer) Express Dynamik und Chemie des Planeten und der Wechselwirkungen zwischen Atmosphäre SMS 1 17. Mai 1974 SMS 2 06. Febr. 1975 und Oberfläche, Eintritt in den Venusorbit GOES: „Geostationary Operational Environmental System“, Serie amerika- am 11. April 2006, Missionsende: Nov. 2014 nischer Wettersatelliten, VAS (Visible Infrared Spin-Scan Radiometric At- Akatsuki 20. Mai 2010 Japanische Mission, Untersuchung der Dy- mospheric Sounder) (Planet-C) namik der Atmosphäre aus dem Orbit, Ein- GOES 1 16. Okt. 1975 GOES 9 23. Mai 1995 tritt in den Venusorbit misslang, Sonde flog GOES 2 16. Juni 1977 GOES 10 25. April 1997 an der Venus vorbei, Eintritt in den Venus- orbit: Dez. 2015, noch aktiv GOES 3 16. Juni 1978 GOES 11 03. Mai 2000 GOES 4 09. Okt. 1980 GOES 12 03. Juli 2001 GOES 5 22. Mai 1981 GOES 13 26. Mai 2006 GOES 6 28. April 1983 GOES 14 27. Juni 2009 GOES 7 26. Febr. 1987 GOES 15 4. März 2010 GOES 8 13. April 1994 GOES 16 19. Nov. 2016

GMS: „Geostationary Meteorological Satellite“, japanischer Wettersatellit, geostationärer Orbit, VISSR (Single Imaging Visible and IR Spin Scan Radio- meter), Auflösung: 1,25 km sichtbar, 5 km im Infrarot

103 Übersicht über die Missionen im Sonnensystem

GMS-1 14. Juli 1977 GMS-4 06. Sept. 1989 SPOT: „Systeme Probatoire d’Observation de la Terre“, Serie französischer GMS-2 10. Aug. 1981 GMS-5 18. März 1995 polarumlaufender Erdbeobachtungssatelliten; je zwei HRV (High-Resolution GMS-3 03. Aug. 1984 Visible Imagers), Auflösung: 20 m multispektral, 10 m panchromatisch; SPOT 2 zusätzlich: DORIS (Doppler Orbitography and Radiopositioning In- Meteosat: Serie europäischer Wettersatelliten, geostationärer Orbit, Ima- tegrated by Satellite), SPOT 3 zusätzlich POAM (Polar Ozone and Aerosol ging Radiometer im sichtbaren und Infrarotbereich, mit Meteosat 8 be- Measurement Instrument) ginnt Second Generation (MSG): Spinning Enhanced Visible and Infrared SPOT 1 22. Febr. 1986 SPOT 5 04. Mai 2002 Spectrometer (SEVIRI) und Geostationary Earth Radiation Budget (GERB) SPOT 2 22. Jan. 1990 SPOT 6 09. Sept. 2012 Meteosat 1 23. Nov. 1977 Meteosat 7 02. Sept. 1997 SPOT 3 26. Sept. 1993 SPOT 7 30. Juni 2014 Meteosat 2 19. Juni 1981 Meteosat 8 (MSG-1) 28. Aug. 2002 SPOT 4 24. März 1998 Meteosat 3/P2 15. Juni 1988 Meteosat 9 (MSG-2) 22. Dez. 2005 MOP 1/Meteosat 4 06. März 1989 Meteosat 10 (MSG-3) 05. Juli 2012 MOS: „Marine Observation Satellite“, japanischer Satellit zur Beobachtung von atmos­phärischen Wasserdampf, Ozeanbewegungen, Meeresoberflä- MOP 2/Meteosat 5 02. März 1991 Meteosat 11 (MSG-4) 15. Juli 2015 chentemperaturen, Eisbewegung und Verteilung, Chlorophyllgehalt; son- MOP 3/Meteosat 6 20. Nov. 1993 nensynchroner Orbit, MESSR (Multi-Spectrum Electronic and Self-Scanning Resurs-F: Russische Serie kurzer Missionen mit Filmkamerasystemen; drei Radiometer), Auflösung: 50 m; VTIR (Visible and Thermal Infrared Radio- Kate-200, zwei KFA-1000 (F1) und MK-4 (F2) Filmkameras, insgesamt 16 meter), Auflösung: 0,9 km IR, 2,7 km thermal; MSR (Microwave Scanning Starts, 5 Starts pro Jahr, erster Start 1979 Radiometer), Auflösung: 23 km (31 GHz), 32 km (23,8 GHz) MOS 1A 18. Febr. 1987 MOS 1B 7. Febr. 1990 INSAT: „Indian National Satellite System“, geostationäre Plattform für Kommunikations­zwecke und Erdbeobachtung, VHRR (two-channel Very IRS: „Indian Remote Sensing Satellite“, sonnensynchroner Orbit, drei LISS High-Resolution Radiometer); INSAT 1A wurde aufgegeben, INSAT 1C Feh- (Linear Imaging Self-Scanning) pushbroom CCD units, Auflösung: 72,5 m ler in der Stromversorgung, INSAT 2 zusätzlich Data Relay Transponder for LISS 1; 36,25 m LISS 2; 23 m LISS 3; 5 m LISS 4, IRS P1: Misserfolg Data Collection Platforms IRS 1A 17. März 1988 IRS P5 (Cartosat-1) 05. Mai 2005 INSAT 1A 10. April 1982 INSAT 3B 22. März 2000 IRS 1B 29. Aug. 1991 Cartosat-2 10. Jan. 2007 INSAT 1B 30. Aug. 1983 INSAT 3C 24. Jan. 2001 IRS 1E (IRS P1) 20. Sept. 1993 IMS-1 24. April 2008 INSAT 1C 21. Juni 1988 INSAT 3D 25. Juli 2013 IRS P2 15. Okt. 1994 Cartosat-2A 28. April 2008 INSAT 1D 12. Juni 1990 INSAT 3DR 08. Sept. 2016 IRS 1C 28. Dez. 1995 RISAT-2 20. April 2009 INSAT 2A 09. Juli 1992 INSAT 3E 28. Sept. 2003 IRS P3 21. März 1996 Oceansat-2 23. Sept. 2009 INSAT 2B 22. Juli 1993 INSAT 4A 22. Dez. 2005 IRS1 D 29. Sept. 1997 Cartosat-2B 12. Juni 2010 INSAT 2C 07. Dez. 1997 INSAT 4B 12. März 2007 IRS P4 (Oceansat-1) 26. Mai 1999 Resourcesat-2 20. April 2011 INSAT 2D 04. Juni 1997 INSAT 4C 10. Juli 2006 TES 22. Okt. 2001 RISAT-2 26. April 2012 INSAT 2E 03. April 1999 INSAT 4CR 02. Sept. 2007 IRS P6 (Resourcesat) 17. Okt. 2003 Resourcesat-2A 07. Dez. 2016 INSAT 3A 10. April 2003 Resurs-0: Russische Serie, multispektrales digitales Äquivalent zu Landsat, NOAA: Reihe amerikanischer Wettersatelliten, außerdem Beobachtung der Multiple Multispectral Package vom sichtbaren Bereich bis zum nahem Temperatur der Atmosphäre und Luftfeuchtigkeit, Meeresoberflächentem- Infra­rot: MSU-SK conical scanner, MSU-E Pushbroom CCD imager, Auflö- peratur, Schnee/Eisbedeckung, Ozongehalt; nahezu polar umlaufender sungen: 45 m sichtbar, 170 m IR, 600 m thermisches Infrarot sonnensynchroner Orbit, AVHRR (Advanced Very High-Resolution Radio- Resurs-01 3-14 20. April 1988 meter), TOVS (Tiros Operational Vertical Sounder), SEM (Space Environ- ment Monitor) OKEAN-O: Russisches Satellitensystem zur Beobachtung von Eis und Mee- NOAA-8 28. März 1983 NOAA-14 30. Dez. 1994 ren mittels Radar, RLS-BO Seitensichtradar, MSU-S (visible/near-IR scanning NOAA-9 12. Dez. 1984 NOAA-15 13. Mai 1998 radiometer), MSU-M (multispectral visible/near-IR scanning radiometer), NOAA-10 17. Sept. 1986 NOAA-16 21. Sept. 2000 RM-08 (8 mm-wavelength scanning radiometer) NOAA-11 22. Sept. 1988 NOAA-17 24. Juni 2002 OKEAN 1 05. Juli 1988 OKEAN O1-7 11. Okt. 1994 NOAA-12 14. Mai 1991 NOAA-18 20. Mai 2005 OKEAN 2 28. Febr. 1990 OKEAN-O 17. Juli 1999 NOAA-13 09. Aug. 1993 NOAA-19 7. Febr. 2009 OKEAN 3 04. Juni 1991

104 Übersicht über die Missionen im Sonnensystem

Feng Yun: „Wind und Wolken“, Serie chinesischer polarumlaufender meteo­ Radarsat-1 04. Nov. 1995 Radarsat-2 14. Dez. 2007 ro­logischer Satelliten, VHRSR (Very High Resolution Scanning Radiometer) FY-1A 06. Sept. 1988 FY-2D 12. Aug. 2006 Kidsat: Einsatz von Kameras und anderen Instrumenten auf dem Space Shuttle oder Satelliten, Steuerung erfolgt von Studenten und Schülern als FY-1B 03. Sept. 1990 FY-3A 27. Mai 2007 Teil des Unterrichts FY-2A 10. Juni 1997 FY-2E 23. Dez. 2008 STS-76 23. März 1996 STS-86 26. Sept. 1997 FY-1C 10. Juni 1999 FY-3B 04. Nov. 2010 STS-81 12. Jan. 1997 FY-2B 25. Juni 2000 FY-2F 13. Jan. 2012 FY-1D 15. Mai 2002 FY-3C 23. Sept. 2013 Cluster: Amerikanisch-europäische Mission zur Erforschung der Magneto- FY-2C 19. Okt. 2004 FY-4A 10. Dez. 2016 sphäre mit vier baugleichen Satelliten, Messung geladener Teilchen, elektri- scher und magnetischer Felder sowie Untersuchung der Wechselwirkungen Galileo: Mission zum Jupitersystem, Aufnahmen der Erde während zweier zwischen den solaren Wolken hochenergetischer Partikel, der Erdatmosphä- Flybys auf dem Weg zum Jupiter re und dem Magnetfeld, die ersten vier Satelliten gingen beim Erstflug der Galileo 18. Okt. 1989 Ariane 4 verloren Cluster FM1 – FM4 4. Juni 1996 Cluster FM7, FM8 9. Aug. 2000 Almaz: „Diamond“, neue Klasse russischer Erderkundungssatelliten, Cluster FM5, FM6 16. Juli 2000 3,1 GHz Synthetic Aperture Radar, Auflösung: 15-30 m Almaz 1 31. März 1991 TRMM: „Tropical Rainfall Measuring Mission“, amerikanisch-japanische ERS: „European Remote Sensing Satellite“, globale Abdeckung von Ozeanen, Mission zur Untersuchung der tropischen Niederschläge mittels Precipita- Küstengebieten, Polkappen, Beobachtung von Wellenhöhen und -längen, tion Radar (PR), TRMM Microwave Imager (TMI), Visible and Infrared Scan- Windgeschwindigkeit und -richtung, Eisparameter, Temperatur der Wol- ner (VIRS), Clouds and the Earth’s Radiant Energy System (CERES) und kendecke, Wolkenbedeckung, Wasserdampfgehalt der Atmosphäre, AMI Lightning Imaging Sencor (LIS) (Active Microwave Instrument), ATSR-M (Along-Track Scanning Radiometer and Microwave Sounder), RA (Radar Altimeter), PRARE (Precise Range and TRMM 27. Nov. 1997 Range Rate Experiment); ERS-2: GOME (Global Ozone Monitoring Exp.) Formosat: Taiwanesischer Satellit, erste hochauflösende Satellit mit tägli- ERS-1 17. Juli 1991 ERS-2 21. April 1995 cher Abdeckung, Auflösung 2 m panchromatisch, 8 m multispektral JERS: „Japan Earth Resources Satellite“, Erderkundungssatellit, sonnensyn- Formosat-1 16. Jan. 1999 Formosat-3 15. April 2006 chroner Orbit, SAR (Synthetic Aperture Radar, L-Band), Auflösung: 18 m; OPS Formosat-2 20. Mai 2004 Formosat-5 24. Aug. 2017 (Optischer Sensor im sichtbaren und nahen Infrarotbereich), Auflösung: 18 m JERS 1 01. Febr. 1992 IKONOS: Erster kommerzieller Satellit, der hochauflösende Bilddaten liefert. Panchromatischer Sensor mit 1 m Auflösung und multispektraler Sensor TOPEX/POSEIDON (Jason 1): Kombinierte amerikanisch-französische Mission: mit 4 m Auflösung, die miteinander kombiniert werden können. Topex (NASA/JPL): The Ocean Topography Experiment und Poseidon (CNES): IKONOS 24. Sept. 1999 Langzeitbeo­bachtung der globalen Ozeanzirkulation und Oberflächento- pographie; Radar Altimeter, Microwave Radiometer Terra: Teil des Earth Observing System (EOS) zur Beobachtung von Klima und Topex/Poseidon 16. Aug. 1992 Jason-2 20. Aug. 2008 Umweltveränderungen, ASTER (Advanced Spaceborne Thermal Emission Jason-1 07. Dez. 2001 Jason-3 17. Jan. 2016 and Reflection Radiometer) hochauflösende Aufnahmen in 14 Wellenlän- gen, CERES (Clouds and Earth‘s Radiant Energy System) Untersuchung des SIR-C/X-SAR: „Spaceborne Imaging Radar-C/X-Band Synthetic Aperture Strahlungshaushalts der Erde und der Wolken, MISR (Multi-Angle Imaging Radar“, Teil der Mission zum Planeten Erde, Auflösung: 10-12 m, Einsatz Spectro-Radiometer) Beobachtung unter neun Winkeln und vier Wellen- bei Shuttle-Flügen längen, MODIS (Moderate-Resolution Imaging Spectroradiometer) Beo­ bachtung in 36 Spektralbereichen, MOPITT (Measurements of Pollution in OrbView: Serie von kommerziellen Satelliten zur Wetterbeobachtung the Troposphere) Untersuchung von Verteilung, Transport, Quellen und (Orbview 1), multispektrale Erdbeobachtung (Orbview 2), hochauflösende Abfluss von Kohlenmonoxid und Methan in der Atmosphäre Aufnahmen (Orbview 3) Terra (EOS AM-1) 18. Dez. 1999 OrbView 1 03. April 1995 OrbView 3 26. Juni 2003 OrbView 2 01. Aug. 1997 OrbView 4 (Misserfolg) 21. Sept. 2001 Kompsat: südkoreanische Satelliten, liefern hochauflösende panchromati- sche und multispektrale Bilddaten Radarsat: Kanadischer Radarsatellit, C-Band Synthetic Aperture Radar, Auflösung: bis 8 m, verschiedenene SAR-Modi Kompsat-1 21. Dez. 1999 Kompsat-2 28. Juli 2006

105 Übersicht über die Missionen im Sonnensystem

SRTM: „Shuttle Radar Topography Mission“, Kombination des ENVISAT: Nachfolger von ERS-1 und ERS-2, Advanded Synthetic Aperture SIR-C/X-SAR- Instruments mit zusätzlichem C-Band-Radar an einem 60 m Radar (ASAR), Medium Resolution Imaging Spectrometer (MERIS), Michel- langen Ausleger zur Gewinnung von Stereodaten son Interferometer for Passive Atmospheric Sounding (MIPAS), Global SRTM (STS-99) 11. Febr. 2000 Ozone Monitoring by Occultation of Stars (GOMOS), Scanning Imaging Absorption Spectrometer for Atmospheric Cartography (SCIAMACHY), CHAMP: Challenging Mini-Satellite Payload, deutsche Mission, Untersu- Advanced Along-Track Scanning Radiometer (AATSR), Radar Altimeter 2 chung der Struktur und Dynamik vom festen Kern über den Mantel bis zur (RA-2), Microwave Radiometer (MWR), Doppler Orbitography and Radio- Kruste und Untersuchungen zur Wechselwirkung zwischen Ozean und At- positioning Integrated by Satellite (DORIS) und Laser Retro-Reflector (LRR) mosphäre, hochgenaues Monitoring der ozeanischen Kreisläufe und der ENVISAT 01. März 2002 globalen Meereshöhe, Änderungen im globalen Wasserhaushalt, Wechsel- wirkungen zu Wetter und Klima, globale Sondierung vertikaler Schichten GRACE: Doppelsatellitensystem. Ziel: global hochaufgelöstes Modell des der Neutral- und Ionengasschicht der Erde und Untersuchung der Zusam- Gravitationsfeldes über fünf Jahre, Schlüsse auf umwälzendes Magma im menhänge zum Wetter der Erde sowie zum Weltraumwetter. Erdinnern, schmelzende Gletscher oder sich verlagernde Meeresströmun- CHAMP 15. Juli 2000 gen; Bereitstellung von global verteilten Profilen nach GPS limb-sounding Verfahren, Schlüsse auf sogenannten TEC in der Ionosphäre sowie Tempe- Earth Observing-1: Technologiesonde für Test- und Validierungszwecke raturverteilung und Wasserdampfgehalt in der Atmosphäre. neuer Instrumente GRACE 17. März 2002 EO-1 21. Nov. 2000 Aqua: Untersuchung des komplexen Wasserzyklusses der Erde Odin: schwedischer Satellit, Untersuchung der Veränderung der Ozon- Aqua (EOS-PM1) 04. Mai 2002 schicht und Suche nach Wasser und Sauerstoff im interstellaren Raum Odin 20. Febr. 2001 ICESat: „Ice, Cloud and Elevation Satellite“, amerikanische Mission zur Messung der Mächtigkeit der Eispanzer, der Höhenprofile von Wolken und Quickbird: Kommerzieller Satellit zur Erdbeoachtung, Auflösung: 0,6 m pro Aerosolen sowie der Höhe der Vegetation und Meereseisdicke mittels Bildpunkt im Nadirkanal, Farbkanäle: 2,44 m Geoscience Laser Altimeter System (GLAS) Quickbird 18. Okt. 2001 ICESat 12. Jan. 2003

BIRD: Bispectral InfraRed Detection – DLR-Kleinsatellit zur Feuerfernerkundung, Aura: Untersuchung der Zusammensetzung, Chemie und Dynamik der Erd- ermöglicht die Bestimmung der Ausdehnung und Temperatur von Feuern und atmosphäre, Untersuchung des Ozons, der Luftqualität und des Klimas der Beobachtung und Überwachung von Vulkanen aus dem Weltraum. Aura 15. Juli 2004 BIRD 22. Okt. 2001 Cartosat: Satellit hauptsächlich für kartographische Anwendungen, zwei TES: „Technology Experiment Satellite“,Mission zum Test neuer Technologien panchromatische Kameras für Stereoaufnahmen, Auflösung 2,5 m in Aufbau, Kontrolle und Steuerung von Satelliten, panchromatische Kamera Cartosat 1 05. Mai 2005 Cartosat 2C 22. Juli 2016 TES 22. Okt. 2001 Cartosat 2 10. Jan. 2007 Cartosat 2D 15. Febr. 2017 Cartosat 2A 28. April 2008 Cartosat 2E 22. Juni 2016 Proba: „Project for On-Board Autonomy“, Technologiedemonstrator der ESA, Compact High Resolution Imaging Spectrometer (CHRIS) für hyper- Cartosat 2B 12. Juli 2010 spektrale Bilder mit Auflösungen bis 17 m in 63 Spektralbändern; High Re- CryoSat: Europäische Mission, Vermessung der Kryosphäre der Erde mit Ra- solution Camera (HRC) mit Auflösungen bis 5 m in Schwarzweiß darhöhenmesser (SIRAL), Radioempfänger DORIS und Laser-Retroreflektor, Proba-1 22. Okt. 2001 Proba-2 2. Nov. 2009 CryoSat 1 erreichte Umlaufbahn nicht TIMED: „Thermosphere Ionosphere Mesosphere Energetics and Dyna- CryoSat-1 8. Okt. 2005 CryoSat-2 8. April 2010 mics“, amerikanische Mission zur Untersuchung der Dynamik in der Meso- ALOS: „Advanced Land Observing Satellit“, japanischer Satellit: Phased sphäre und der unteren Thermosphäre mittels Global Ultraviolet Imager Array type-L band Snythetic Aperture Radar (PALSAR), Mikrowellenradar (GUVI), Sounding of the using Broadband Emission Radiome- und Panchromatic Remote sensing of Stereo Mapping (PRISM), Advanced Vi- try (SABER), Solar Extreme Ultraviolet Experiment (SEE) und TIMED Doppler sible and Near Infrared Radiometer type-2 (AVNIR-2) Interferometer (TIDI) ALOS 24. Jan. 2006 ALOS-2 24. März 2014 TIMED 7. Dez. 2001

106 Übersicht über die Missionen im Sonnensystem

COSMIC/FORMOSAT-3: Taiwanesisch-amerikanische Mission, Untersuchung TanDEM-X: „TerraSAR-X-Add-on for Digital Elevation Measurements“, von Atmosphäre, Ionosphäre, Klima und Wetter deutscher Radarsatellit, stereographische Vermessung der Erde gemein- COSMIC 24. April 2006 sam mit dem Satelliten TerraSAR-X mittels SAR im X-Band TanDEM-X 21. Juni 2010 Cloudsat: Experimenteller Satellit zur Untersuchung von Wolken und Nie- derschlägen mittels Radar Aquarius: Amerikanisch-argentinische Mission, Untersuchung des ober- Cloudsat 28. April 2006 flächennahen Salzgehalts der Meere mittels Mikrowellen Radiometer (L-Band), Scatterometer und Kameras CALIPSO: Untersuchung der Rolle der Wolken und atmosphärischer Aero- Aquarius 10. Juni 2011 sole bei Regulierung des Wetters, Klimas und Luftqualität Sentinel: Europäische Mission zur Erdbeobachtung. Sentinel 1: Radarsatelli- CALIPSO 28. April 2006 ten-Paar, Sentinel 2: Satellitenpaar zur passiv-optischen Erdbeobachtung, THEMIS: „Time History of Events and Macroscale Interactions during Sub- Sentinel 3: Satellitenpaar zur Untersuchung der Meere storms“, amerikanische Mission aus fünf baugleichen Satelliten zur Erfor- Sentinel-1A 03. April 2014 Sentinel-2B 07. März 2017 schung der Teilstürme in der Magnetosphäre der Erde, Instrumente: Electric Field Instrument (EFI), Search Coil Magnetometer (SCM), Flux Gate Sentinel-1B 25. April 2016 Sentinel-3A 16. Febr. 2016 Magnetometer (FGM), Electrostatic Analyzer (ESA) und Solid State Tele- Sentinel-2A 23. Juni 2015 Sentinel-5P 13. Okt. 2017 scope (SST) THEMIS 1-5 17. Febr. 2007 Diese Auflistung der Missionen zur Erde stellt nur eine Auswahl dar. AIM: „Aeronomy of Ice in the Mesosphere“, Untersuchung polarer meso- sphärischer­ Wolken, deren Entstehung und Unterschiede, sowie deren thermische, chemische und dynamische Umgebung Missionen zum Mond AIM 25. April 2007

Terra SAR-X: Erster Erdbeobachtungssatellit, der kontinuierlich globale Pioneer 0 17. Aug. 1958 NASA-Mission, Misserfolg, erste Stufe ex- SAR-Daten im X-Band liefert, drei verschiedene Modi mit Auflösungen von plodierte 1-16 m, hochfrequenter X-Band-Sensor Pioneer 1 11. Okt. 1958 NASA-Mission, Misserfolg, hat Fluchtge- Terra SAR-X 15. Juni 2007 schwindigkeit nicht erreicht Pioneer 3 06. Dez. 1958 NASA-Mission, Misserfolg, hat Fluchtge- IMS: “Indian Mini-Satellite“, multispektrale und hyperspektrale Kameras schwindigkeit nicht erreicht IMS 1 28. April 2008 Luna 1 02. Jan. 1959 Sowjetische Mission, Größte Annähe- OSTM/Jason-2: Langzeitbeobachtung der globalen Ozeanzirkulation und rung: 5995 km; danach Umlaufbahn um Oberflächentopographie der nächsten Generation, europäisch-amerikani- die Sonne sche Mission, Poseidon-3 Radar Altimeter, Advanced Microwave Radiometer Pioneer 4 03. März 1959 NASA-Mission, Mondvorbeiflug in Jason-2 20. Juni 2008 60.000 km Entfernung, danach Umlauf- bahn um die Sonne GeoEye: Kommerzieller amerikanischer Satellit, panchromatische und mul- Luna 2 12. Sept. 1959 Sowjetische Mission, erster Aufschlag auf tispektrale Aufnahmen mit Auflösungen bis 0,41 m pro Bildpunkt dem Mond GeoEye 1 6. Sept. 2008 Luna 3 04. Okt. 1959 Sowjetische Mission, erstmals 29 Aufnah- men der Vorder- und der Rückseit, ver- GOCE: „Gravity and Steady-State Ocean Circulation Explorer“, europäische glühte nach Hinterfliegung des Mondes Mission zur Vermessung des Erdschwerefeldes und der Schwankungen des in der Erdatmosphäre im April 1960 Meeresspiegels Ranger 3 04. Okt. 1959 NASA-Mission, Untersuchung der Ober- GOCE 17. März 2009 fläche vor dem Aufschlag, Absetzen einer Seismometerkapsel, Erfassung der Gam- SMOS: „Soil Moisture and Ocean Salinity“, europäische Mission, Messung mastrahlung während des Fluges und der des oberflächennahen Salzgehalts der Meere mittels L-Band-Mikrowellen- Radarreflexion der Oberfläche, Mondor- radiometer bit verfehlt, Umlaufbahn um die Sonne SMOS 2. Nov. 2009 107 Übersicht über die Missionen im Sonnensystem

Ranger 4 23. April 1962 NASA-Mission, Untersuchung der Ober- Luna 7 04. Okt. 1965 Sowjetische Mission, Erprobung der Sys- fläche vor dem Aufschlag, Absetzen einer bis 07. Okt. 1965 teme für eine Landung, durch Fehlfunk- Seismometerkapsel, Erfassung der Gam- tion der Lageregelung Aufschlag im Be- mastrahlung während des Fluges und der reich des Oceanus Procellarum Radarreflexion der Oberfläche, Aufschlag Luna 8 03. Dez. 1965 Sowjetische Mission,Erprobung der Syste- am 26.04.1962, Abbruch des Funkkon- bis 06. Dez. 1965 me für eine Landung, weiche Landung taktes am Starttag misslang, Aufschlag im Bereich des Ocea- Ranger 5 18. Okt. 1962 NASA-Mission, Untersuchung der Ober- nus Procellarum fläche vor dem Aufschlag, Absetzen einer Luna 9 31. Jan. 1966 Sowjetische Mission, erste weiche Lan- Seismometerkapsel, Erfassung der Gam- dung eines Messgerätebehälters auf der mastrahlung während des Fluges und der Mondoberfläche am 03.02.1966; Panora- Radarreflexion der Oberfläche, Fehlfunk- maaufnahmen der Oberfläche, Missions- tion während Einschuss in die Mondbahn, ende: 06.02.1966 verfehlte den Mond um 725 km Luna 10 31. März 1966 Sowjetische Mission, erster künstlicher Luna 4 02. April 1963 Sowjetische Mission, Fehlfunktion der Satellit des Mondes, arbeitete 56 Tage im Astronavigation, verfehlte den Mond um Orbit, Missionsende: 30.05.1966 8400 km Surveyor 1 30. Mai 1966 NASA-Mission, Landung nach direktem Ranger 6 30. Jan. 1964 NASA-Mission, Studium der Oberfläche Einschuss in die Übergangsbahn; 10.338 bis 02. Febr. 1964 in hoher Auflösung vor dem Aufschlag, Aufnahmen, jeweils 1000 unter Verwen- Aufschlag am Rand des Mare Tranquillita- dung eines Rot-Grün-Blau-Filters am ers- tis, Fehlfunktion der Kameras, keine Da- ten Mondtag; 812 Bilder am zweiten tenübertragung Mondtag, Missionsende: 13.07.1966 Ranger 7 28. Juli 1964 NASA-Mission, Studium der Oberfläche Lunar 10. Aug. 1966 NASA-Mission, Untersuchung der Ober- bis 31. Juli 1964 in hoher Auflösung vor dem Aufschlag, Orbiter 1 fläche hinsichtlich potentieller Landestel- Aufschlag im Mare Nubium; 4308 Auf- len für Surveyor und Apollo aus dem Or- nahmen während des Anfluges bit; etwa 5,18 Mio. km2 abgedeckt, 229 Ranger 8 17. Febr. 1965 NASA-Mission, Studium der Oberfläche Aufnahmen wurden übertragen, Missions- bis 20. Febr. 1965 in hoher Auflösung vor dem Aufschlag, ende am 29.10.1966 durch Aufschlag Aufschlag im Mare Tranquillitatis; über Luna 11 24. Aug. 1966 Sowjetische Mission, Untersuchung der 7000 Aufnahmen während des Anfluges Gamma- und Röntgenstrahlung und der Ranger 9 21. März 1965 NASA-Mission, Studium der Oberfläche Schwerkraftanomalien aus dem Mondor- bis 24. März 1965 in hoher Auflösung vor dem Aufschlag, bit, Batterie versagte am 01.10.1966 Aufschlag im Krater Alphonsus; über Surveyor 2 20. Sept. 1966 NASA-Mission, versuchte weiche Lan- 5800 Aufnahmen, zusätzliche Stabilisie- dung, nach nicht erfolgreicher Bahnkor- rung der Kamera in Flugachse rektur außer Kontrolle; Aufschlag südlich Luna 5 09. Mai 1965 Sowjetische Mission, Test einer weichen des Kraters Copernicus am 23.09.1966 Landung, Fehlfunktion der Bremstrieb- Luna 12 22. Okt. 1966 Sowjetische Mission, Aufnahmen der werke, am 12.05.1965 Aufschlag auf dem Oberfläche aus der Umlaufbahn, Daten- Mond übertragung endete am 19.01.1967 Luna 6 08. Juni 1965 Sowjetische Mission, versuchte weiche Lunar 06. Nov. 1966 NASA-Mission, Untersuchung der Oberflä- Landung, verfehlte den Mond durch nicht Orbiter 2 che hinsichtlich potentieller Landestellen erfolgte Kurskorrektur um 161.000 km, für Surveyor und Apollo aus dem Orbit; Sonnenorbit 817 Aufnahmen mit Tele-Weitwinkeloptik Zond 3 18. Juli 1965 Sowjetische Mission, Vorbeiflug in 9200 wurden übermittelt, Missionsende am km Entfernung am 20.07.1965, 25 Auf- 11.10.1967 durch Aufschlag nahmen der Rückseite in sehr guter Quali- tät, Übertragung endete im März 1966

108 Übersicht über die Missionen im Sonnensystem

Luna 13 21. Dez. 1966 Sowjetische Mission, weiche Landung bei Luna 14 07. April 1968 Sowjetische Mission, Untersuchung der Krater Seleucus; Panoramaaufnahmen zu Wechselwirkung zwischen Erde und unterschiedlichen Sonnenständen, Ab- Mond, des lunaren Schwerefeldes, gela- bruch des Funkkontakts am 30.12.1966 dener Sonnenwindpartikel, kosmischer Lunar 05. Febr. 1967 NASA-Mission,Untersuchung der Oberflä- Strahlung und der Bewegung des Mon- Orbiter 3 che hinsichtlich potentieller Landestellen für des aus der Umlaufbahn, Missionserfolg Surveyor und Apollo aus dem Orbit; Über- konnte nicht nachgewiesen werden tragung von nur 626 Aufnahmen durch Zond 5 14. Sept. 1968 Sowjetische Mission, Erprobung der Störung im Bildtransportsystem, Missions- Rückführung einer Raumsonde mit biolo- ende am 09.10.1967 durch Aufschlag gischer Nutzlast nach Mondvorbeiflug; er- Surveyor 3 17. April 1967 NASA-Mission, weiche Landung im Ost- folgreiche Mondhinter­fliegung und Rück­ Teil des Oceanus Procellarum; 6326 Auf- kehr zur Erde; größte Annäherung: nahmen, letzte Übertragung am 1950 km, Missionsende am 21.09.1968 04.05.1967 Zond 6 10. Nov. 1968 Sowjetische Mission, erstmals aerodyna- Lunar 04. Mai 1967 NASA-Mission, Untersuchung der Ober- mische Rückführung einer biologischen Orbiter 4 fläche hinsichtlich potentieller Landestel- Nutzlast; größte Annäherung: 2420 km; len für Surveyor und Apollo aus dem Or- zwei Aufnahmeserien aus 10.000 km und bit; 546 Aufnahmen, Abdeckung: 99% 3000 km Entfernung; kontrollierter Wie- der Vorderseite, Missionsende am dereintritt am 17.11.1968 31.10.1967 durch Aufschlag Apollo 8 21. Dez. 1968 NASA-Mission, erster bemannter Mond- Surveyor 4 14. Juli 1967 NASA-Mission, weiche Landung fehlge- bis 27. Dez. 1968 flug; fotografische Erkundung des vorge- bis 17. Juli 1967 schlagen, Aufschlag auf dem Mond sehenen Apollo-Landeplatzes sowie ande- rer Gebiete, Test der Systeme des Kom- Explorer 35 19. Juli 1967 NASA-Mission, Untersuchung des inter- mandomoduls, 10 Orbits um den Mond, planetaren Plasmas, Magnetfelds, gela- sechs live TV-Übertragungen, sichere dener Teilchen und Röntgenstrahlung der Rückkehr zur Erde am 27.12.1968 Sonne aus der Mondumlaufbahn, Missi- onsende: 24.06.1973 Apollo 10 18. Mai 1969 NASA-Mission, Abstiegssimulation im bis 28. Mai 1969 Mondumlauf; größte Annäherung: Lunar 01. Aug. 1967 NASA-Mission, Untersuchung der Ober- 15.185 m, fotografische Erkundung des Orbiter 5 fläche hinsichtlich potentieller Landestel- Mondes, sichere Rückkehr zur Erde am len für Surveyor und Apollo aus dem 28.05.1969 Mondorbit; 844 Aufnahmen, Missionsen- de am 18.08.1967 durch Aufschlag Luna 15 13. Juli 1969 Sowjetische Mission, Untersuchung der Umgebung des Mondes, des lunaren Surveyor 5 08. Sept. 1967 NASA-Mission, weiche Landung im Mare Schwerefeldes, und der chemischen Zu- Tranquillitatis; 18.006 Aufnahmen und sammensetzung des Mondgesteins, Fo- Bodenanalysen am ersten Mondtag, tografie der Oberfläche, Missionsende 19.118 Aufnahmen über vier Mondtage, am 21.07.1969 durch Aufschlag Kontaktabbruch am 17.12.1967 Apollo 11 16. Juli 1969 NASA-Mission, erste bemannte Mond- Surveyor 6 07. Nov. 1967 NASA-Mission, weiche Landung im Sinus bis 24. Juli 1969 landung; Landung im Mare Tranquillitatis; Medii; 15.000 Aufnahmen und ca. 55 Bo- Rückführung von Bodenproben und Auf- denanalysen; 15.000 Bilder aus neuer Po- nahmen, weiche Landung auf der Erde sition (stereoskopische Erfassung), letzter am 24.07.1969 Kontakt: 14.12.1967 Zond 7 07. Aug. 1969 Sowjetische Mission, Farbaufnahmen von Surveyor 7 07. Jan. 1968 NASA-Mission, weiche Landung ca. 40 bis 14. Aug. 1969 Mond und Erde aus verschiedenen Entfer- km nördlich des Randes von Krater Tycho; nungen, größte Annäherung: 2000 km; 21.038 Aufnahmen, erstmals Aufnahmen aerodynamische Rückführung, weiche mit Polarisations­filter; Bodenanalysen, Da- Landung auf der Erde am 14.08.1969 tenübertragung endete am 21.02.1968

109 Übersicht über die Missionen im Sonnensystem

Apollo 12 14. Nov. 1969 NASA-Mission, zweite bemannte Mond- Luna 20 14. Febr. 1972 Sowjetische Mission, Landung am Nord- bis 24. Nov. 1969 landung im Oceanus Procellarum, Rück- ostrand des Mare Fecunditatis; Rückfüh- führung von Bodenproben und Aufnah- rung von Bodenproben, Rückkehr der men, sichere Rückkehr zur Erde am Kapsel am 25.02.1972 24.11.1969 Apollo 16 16. April 1972 NASA-Mission, fünfte bemannte Mondlan- Apollo 13 11. April 1970 NASA-Mission, versuchte Mondlandung; bis 27. April 1972 dung im Cayley-Hochplateau nahe des bis 17. April 1970 Abbruch nach Explosion eines Sauerstoff- Kraters Descartes, bemanntes Mondfahr- tanks im Service­modul; erfolgreiche zeug, Rückführung von Bodenproben Rückkehr zur Erde am 17.04.1970 und Aufnahmen, sichere Rückkehr zur Luna 16 12. Sept. 1970 Sowjetische Mission, erstmalig Rückfüh- Erde am 27.04.1972 rung von Bodenproben mit Hilfe eines Apollo 17 07. Dez. 1972 NASA-Mission, sechste und letzte be- unbemannten fernsteuerbaren halbau- bis 19. Dez. 1972 mannte Mond­landung in der Taurus- tomatischen Lande-Rückkehr-Gerätes, Littrow-Region; bemanntes Mondfahr- weiche Landung in Mare Fecunditatis, zeug, Rückführung von 113 kg Mondge- Rückstart zur Erde 26 Stunden später, stein und Aufnahmen, sichere Rückkehr Landung am 24.09.1970 zur Erde am 19.12.1972 Zond 8 20. Okt. 1970 Sowjetische Mission, größte Annäherung: Luna 21 08. Jan. 1973 Sowjetische Mission, Landung im Krater 1120 km; Erdanflug erstmalig über Nord- Le Monnier; fernsteuer­bares halbautoma- halbkugel; Farb- und Schwarzweißauf- tisches Mondfahrzeug nahmen von Mond und Erde, Wasserung Explorer 49 10. Juni 1973 NASA-Mission, zweiter eines Paares von im Indischen Ozean am 27.10.1970 (Radio Radioastronomie-Satelliten, Mondum- Luna 17 10. Nov. 1970 Sowjetische Mission, weiche Landung im laufbahn, Untersuchung der niederfre- Mare Imbrium; fernsteuerbares halbau- Explorer B) quenten Radioemissionen der Planeten, tomatisches Mondfahrzeug „Lunokhod der Sonne und der Galaxis, letzter Kon- 1“; über 200 Panoramaaufnahmen; takt im Aug. 1977 20.000 weitere Aufnahmen; Bodenana- Luna 22 02. Juni 1974 Sowjetische Mission, Untersuchung des lysen, Betrieb offiziell eingestellt am Magnetfelds, der Gammastrahlenemissi- 04.10.1971 onen der Oberfläche, der Zusammenset- Apollo 14 31. Jan. 1971 NASA-Mission, dritte bemannte Mondlan- zung des Mondgesteins und des lunaren bis 09. Febr. 1971 dung nahe des Kraters Fra Mauro im östli- Schwerefeldes aus der Umlaufbahn, Mis- chen Oceanus Procellarum, Rückführung sionsende im Nov. 1975 von Bodenproben und Aufnahmen, sichere Luna 23 28. Sept. 1974 Sowjetische Mission, Rückführung von Rückkehr zur Erde am 09.02.1971 Bodenproben geplant, nach Mondum- Apollo 15 26. Juli 1971 NASA-Mission, vierte bemannte Mond- laufbahn Landung im Mare Crisium, Auf- bis 07. Aug. 1971 landung im Gebiet Hadley-Rille; erstmals nahme von Bodenproben fehlgeschlagen bemanntes Mondfahrzeug, Rückführung Luna 24 12. Juni 1976 Sowjetische Mission, Landung am südöst- von Bodenproben und Aufnahmen, si- lichen Rand des Mare Crisium, erfolgrei- chere Rückkehr zur Erde am 07.08.1971 che Rückführung von 170 g Mondgestein, Luna 18 02. Sept. 1971 Sowjetische Mission, harte Landung im Rückkehr der Kapsel am 22.08.1976 Gebiet Mare Fecunditatis nach 54 Umläu- Galileo 18. Okt. 1989 NASA-Mission, multispektrale Aufnahmen fen, Abbruch der Funkverbindung mit während zweier Vorbeiflüge auf dem Weg dem Aufschlag zum Jupiter (Dez. 1990, Dez. 1992) Luna 19 28. Sept. 1971 Sowjetische Mission, Untersuchung des Hiten 24. Jan. 1990 Japanische Mission, Test und Verifizierung lunaren Schwerefeldes und der Mascons (Muses-A) von Technologien für zukünftige Mission, aus der Mondumlaufbahn; hochauflösen- Freisetzung von Subsatellit „Hagaromo“ in de Aufnahmen der Mondoberfläche, den Mondorbit, Datenübertragung fehl- Missionsende am 20.10.1972 geschlagen, mehrere Vorbeiflüge am Mond vor Eintritt in die Umlaufbahn, Auf- schlag auf dem Mond am 10.04.1993

110 Übersicht über die Missionen im Sonnensystem

Clementine 25. Jan. 1994 Amerikanische Mission, Test von Senso- LCROSS 17. Juni 2009 „Lunar Crater Observation and Sensing ren und Satellitenkomponenten, Untersu- Satellite“, NASA-Mission, Leitsonde auf chung der Oberflächenmineralogie, glo- Centaur-Oberstufe als Ein­schlags­projektil, bale multispektrale Kartierung aus dem Start mit LRO, Aufschlag der Centaur am Mondorbit mit einer Auflösung von 125- 09.10.2009, Beobachtung durch Leitsonde, 250 m pro Bildpunkt, geplanter Vorbeiflug Suche nach Wassereis an Asteroid 1620 Geographos fehlgeschla- Chang’e 2 01. Okt. 2010 Chinesische Mission, modifizierter Back- gen, Missionsende im Juni 1994 up-Satellit von Chang‘e 1, hochauflösen- Lunar 06. Jan. 1998 NASA-Mission, Untersuchung der Ober- de Aufnahmen der Mondoberfläche, Prospector flächenzusammensetzung und Suche Landestellensuche aus dem Orbit, Verlas- nach Eis an den Polen, Messungen des sen des Orbits zum Lagrange-Punkt L2 Magnet- und des Schwerefeldes und lu- am 09.06.2011 und Messungen des Son- naren Ausgasungen aus polarem Mond- nenwindes, Verlassen des L2-Punkts zum orbit, Missionsende mit Aufschlag am Asteroiden 4179 Toutatis, Vorbeiflug am 31.07.1999 am 13.12.2012 in 3,2 km Entfernung, ver- SMART-1 27. Sept. 2003 Europäische Mission, Test von Raumfahrt- mutlich noch aktiv technologien, solargetriebenes Ionen- GRAIL 10. Sept. 2011 „Gravity Recovery and Interior Laborato- triebwerk, Untersuchung der Geologie, ry“, NASA-Mission, bestehend aus zwei Morphologie, Topographie, Mineralogie, gemeinsam gestarteten Sonden, Kartie- Geochemie und exosphärischen Umge- rung der Struktur der Kruste und der Li- bung, Missionsende mit Aufschlag am thosphäre, Verständnis der asymmetri- 10.06.2005 schen thermalen Entwicklung des Kaguya 14. Sept. 2007 JAXA-Mission, zwei Subsatelliten Mondes, Bestimmung des Aufbaus der (SELENE) „Ouna“ und „Okina“, globale Untersu- Becken im Untergrund und der Mascons, chung des Mondes hinsichtlich Mineralo- Eintritt in den Mondorbit im Dez. 2011 gie, Topographie, Geographie und Gravi- und Jan. 2012, Missionende mit Auf- tation aus dem Orbit, Missionsende mit schlag der Sonden auf dem Mond am Aufschlag am 10. 06.2009 17.12.2012 Chang‘e 1 24. Okt. 2007 Chinesische Mission, Technologietests für LADEE 07. Sept. 2013 „Lunar Atmosphere and Dust Environ- zukünftige Missionen, Untersuchung der ment Explorer“, NASA-Mission, Untersu- Verteilung und Vorkommen von Elemen- chung der Exosphäre und des Staubs in ten, 3D-Aufnahmen aus dem Orbit, Missi- der Umgebung des Mondes mit Massen- onsende mit Aufschlag am 01.03.2009 spektrometer, Spektrometer im UV/sicht- baren Bereich, und Staubexperiment, Chandra­yaan 22. Okt. 2008 Indische Mission, Technologietests, technische Demonstration eines Laser- 1 Erzeugung einer hochauflösenden globa- kommunikationsterminals, aktiv len Karte, mineralogische Kartierung, Un- tersuchung der Topographie mittels La- Chang‘e 3 01. Dez. 2013 Chinesische Mission, weiche Landung im ser, Freisetzung eines Einschlagkörpers nördlichen Mare Imbrium am 14.12.2014, am 14. Nov. 2008, Kontaktabbruch am Freisetzung des Rovers „Yutu“, aktiv 28.08.2009 Chang’e 5 23. Okt. 2014 Chinesische Mission, Technologietests für LRO 17. Juni 2009 „Lunar Reconnaissance Orbiter“, NASA- Test Vehicle Mission Chang’e 5 (Start 2019, Mondvor- Mission, Kartierung der Oberfläche, beiflug, Simulation eines Rückflugs zur Charak­terisierung zukünftiger Landestel- Erde nach erfolgreicher Mond-Mission, len hinsichtlich Oberflächenrauigkeit, Landung des Rückkehrfahrzeugs auf der nutzbarer Ressourcen und Strahlungs- Erde am 31.10.2014 umgebung aus dem Orbit, aktiv

111 Übersicht über die Missionen im Sonnensystem

Missionen zum Mars Mariner 7 27. März 1969 NASA-Mission, Sonde identisch mit Mari- ner 6, Untersuchung der Oberfläche und Marsnik 1 10. Okt. 1960 Sowjetische Mission, erste sowjetische der Atmosphäre während des Vorbeiflugs (Mars 1960A) planetare Raumsonde, Versagen der drit- am 05.08.1969 in 3430 km Entfernung, ten Raketenstufe, Parkorbit nicht erreicht, 126 Aufnahmen übertragen nach 120 km Höhe Wiedereintritt Mars 1969A 27. März 1969 Sowjetische Mission, geplant als Marsor- Marsnik 2 14. Okt. 1960 Sowjetische Mission, Versagen der dritten biter, Explosion der dritten Raketenstufe (Mars 1960B) Raketenstufe, Parkorbit nicht erreicht, 7 min nach dem Start nach 120 km Höhe Wiedereintritt Mars 1969B 02. April 1969 Sowjetische Mission, geplant als Marsor- Sputnik 22 24. Okt. 1962 Sowjetische Mission, geplant als Marsvor- biter, Versagen der ersten Raketenstufe (Mars 1962A) beiflug, Misserfolg, entweder zerbrach direkt nach dem Start die Sonde beim Einschuss in den Erdorbit Mariner 8 08. Mai 1971 NASA-Mission, geplant als Marsorbiter, oder die Oberstufe explodierte im Erdor- Fehlfunktion der Centaur-Stufe, Wieder- bit eintritt Mars 1 01. Nov. 1962 Sowjetische Mission, Untersuchung des in- Cosmos 419 10. Mai 1971 Sowjetische Mission, geplant als Marsorbi- terplanetaren Raums zwischen Erde und ter, Erreichen der Parkbahn um die Erde, Mars, Vorbeiflug am Mars in 193.000 km Verlassen der Parkbahn aufgrund des Ver- am 19.06.1963, Abbruch der Funkverbin- sagens der Oberstufe nicht möglich, Wie- dung am 21.03.1963 dereintritt Sputnik 24 04. Nov. 1962 Sowjetische Mission, Fehlfunktion der Mars 2 19. Mai 1971 Sowjetische Mission, Orbiter und Lander, (Mars 1962B) Oberstufe, konnte Erdorbit nicht verlassen, Untersuchung der Oberfläche, Atmosphä- Wiedereintritt am 19.01.1963 re, Temperatur, Topographie und physikali- Mariner 3 05. Nov. 1964 NASA-Mission, Untersuchung der Umge- schen Eigenschaften, Erreichen des Marsor- bung des Mars und der Oberfläche, bits am 27.11.1971, erstmaliges Absetzen Abtrennung der Hülle missglückte, kein einer Landekapsel, weiche Landung fehlge- Vorbeiflug am Mars, Abbruch der Funk- schlagen, Missionsende: 22.08.1972 verbindung Mars 3 28. Mai 1971 Sowjetische Misson, identisch mit Mars 2, Mariner 4 28. Nov. 1964 NASA-Mission, erster erfolgreicher Vor- Untersuchung der Oberfläche, Atmosphä- beiflug am Mars am 14.07.1965, größte re, Temperatur, Topographie und physikali- Annähe­rung: 9844 km; 22 Aufnahmen schen Eigenschaften, Erreichen des Mars- der Marsoberfläche, Abbruch der Funk- orbits am 02.12.1971; Absetzen einer verbindung am 21.12.1967 Landekapsel, weiche Landung; Instru- mente des Landers arbeiteten nur für 20 Zond 2 30. Nov. 1964 Sowjetische Mission, Vorbeiflug am Mars Sekunden, Missionsende: 22.08.1972 am 06.08.1965, größte Annähe­­ rung;­ 1500 km, Versagen des Kommunikati- Mariner 9 30. Mai 1971 NASA-Mission, Kartierung der Oberfläche onssystems Anfang Mai 1965 und Untersuchung der Temperaturverän- derungen von Atmosphäre und Oberflä- Zond 3 18. Juli 1965 Sowjetische Mission, Vorbeiflug am Mond che des Mars, Erreichen des Marsorbits am 20.07.1965 in 9200 km Entfernung, am 14.11.1971, erster künstlicher Satellit Weiterflug zum Mars, Ende der Daten- eines Planeten, über 7000 Aufnahmen der übertragung: März 1966 Marsoberfläche; max. Auflösung: 100 m Mariner 6 25. Febr. 1969 NASA-Mission, Untersuchung der Ober- pro Bildpunkt, Missionsende: 27.10.1972 fläche und der Atmosphäre während des Mars 4 21. Juli 1973 Sowjetische Mission, geplanter Marsorbi- Vorbeiflugs am 31.07.1969 in 3431 km ter, gelangte durch technische Fehler nicht Entfernung, 75 Aufnahmen übertragen in die Mars-Umlaufbahn, Vorbeiflug am 10.02.1974 in ca. 2200 km Entfernung

112 Übersicht über die Missionen im Sonnensystem

Mars 5 25. Juli 1973 Sowjetische Mission, Untersuchung der Phobos 2 12. Juli 1988 Sowjetische Mission, Marsorbiter und Zusammensetzung, Struktur und Eigen- Vorbeiflug an Phobos mit Freisetzung schaften der Marsatmosphäre und der kleiner Lander, Erreichen des Marsorbits Oberfläche, Erreichen des Marsorbits am am 29.01.1989, Wärmebilder eines ca. 12.02.1974, Orbiter arbeitete nur wenige 1500 km breiten Geländestreifens am Tage, Atmosphärendaten und Aufnah- Äquator; Auflösung etwa 2 km pro Bild- men eines kleinen Teils der südlichen He- punkt; 9 Aufnahmen von Phobos; Ab- misphäre konnten übertragen werden bruch der Funkverbindung: 27.03.1989 Mars 6 05. Aug. 1973 Sowjetische Mission, Flyby-Bussystem Mars 25. Sept. 1992 NASA-Mission, geplant als Marsorbiter, und Lander, Ankunft am Mars am Observer Untersuchung der Geologie und des Kli- 12.03.1974, Landung im Margaritifer Si- mas, Abbruch der Funkverbindung am nus; Versagen der Datenübertragung 21.08.1993 drei Tage vor Erreichen des Mars 7 09. Aug. 1973 Sowjetische Mission, Flyby-Bussystem Marsorbits; wahrscheinliche Ursache: und Lander, Ankunft am Mars am Explosion des Triebwerks bei Wieder­ 09.03.1974, Landekapsel verfehlte ihr Ziel inbetriebnahme (Einschussmanöver) Viking 1 20. Aug. 1975 NASA-Mission, Orbiter und Lander, hoch- Mars Global 07. Nov. 1996 NASA-Mission, Ersatz für Mars Observer, auflösende Aufnahmen der Oberfläche, Surveyor Eintritt in den Marsorbit am 12.09.1997, Untersuchung der Struktur und Zusammen- aufgrund nicht korrekt ausgeklappter setzung der Atmosphäre, Suche nach Leben, Sonnenkollektoren ein Jahr länger Aero- Erreichen des Mars­orbits am 19.06.1976, braking zum Orbit für Oberflächenkartie- weiche Landung am 20.07.1976 in Chryse rung, über 243.000 Aufnahmen, hoch- Planitia, beide Orbiter und Lander (Viking aufgelöste, globale topographische Karte, 1 und 2) lieferten Panoramaaufnahmen Abbruch des Funkkontaktes: 02.11.2006 und andere Daten; über 55.000 Aufnah- Mars-96 16. Nov. 1996 Russische Mission mit internationaler Be- men (auch der Monde); globale Abde- teiligung, instabiler Erdorbit aufgrund ei- ckung mit Auflösungen von 100-200 m nes Fehlers in der 4. Stufe der Trägerrake- pro Bildpunkt; regional bis 30 m, einige te, Verlust von Sonde und 4. Stufe, Aufnahmen bis zu 8 m pro Bildpunkt, Ab- Wiedereintritt: 17.11.1996 schaltung des Orbiters: 07.08.1980, Lan- Mars 04. Dez. 1996 NASA-Mission, weiche Landung am der arbeitete bis Nov. 1982 Pathfinder 04.07.1997 im Ares Vallis, Rover „So- Viking 2 09. Sept. 1975 NASA-Mission, Orbiter und Lander, iden- journer“ rollte am 06.07.1997 auf die tisch mit Viking 1, hochauflösende Auf- Mars­oberfläche, Lander und Rover arbei- nahmen der Oberfläche, Untersuchung teten bis zum Abbruch der Funkverbin- der Struktur und Zusammensetzung der dung am 27.09.1997, mehr als 17.000 Atmosphäre, Suche nach Leben, Erreichen Aufnahmen des Mars­orbits am 07.08.1976, weiche Nozomi 04. Juli 1998 Japanische Mission, Untersuchung der Landung am 03.09.1976 in der Ebene Uto- (Planet B) Marsatmosphäre aus dem Orbit, Eintritt in pia, Ende der Orbitermission: 25.07.1978, den Marsorbit zweimal fehlgeschlagen, Lander arbeitete bis 11.04.1980 Aufgabe der Mission: 09.12.2003 Phobos 1 07. Juli 1988 Sowjetische Mission, geplant als Marsor- Mars Climate 11. Dez. 1998 NASA-Mission, Untersuchung von Wetter biter und Verbeiflug an Phobos mit Frei- Orbiter und Klima, Wasser- und CO2-Haushalt, setzung von kleinen Landern, Abbruch Verlust der Sonde bei Eintritt in Umlauf- der Funkverbindung durch falsches Steu- bahn am 23.09.1999 ersignal am 02.09.1988, Rettung der Mars Polar 03. Jan. 1999 NASA-Mission, Untersuchung von Wetter Sonde nicht möglich Lander und Klima, Wasser- und CO2-Haushalt, Landung fehlgeschlagen am 03.12.1999

113 Übersicht über die Missionen im Sonnensystem

Deep 03. Jan. 1999 NASA-Mission, Teil des New Millenium Phobos Grunt 08. Nov. 2011 Russische Mission zum Marsmond Pho- Space 2 Programms, bestand aus 2 Mikropenetra- bos, Erkundung der Landestelle, Proben- toren, die in den Marsboden nahe des nahme von der Oberfläche und Rückfüh- Südpols eindringen sollten, Mitführung rung zur Erde, Flugbahn zum Mars nicht auf Mars Polar Lander, Landung fehlge- erreicht durch Fehler in der Antriebsein- schlagen am 03.12.1999 heit, Erdorbit, Wiedereintritt: 15.01.2012 2001 Mars 07. April 2001 NASA-Mission, detaillierte mineralogi- Yinghuo-1 08. Nov. 2011 Chinesische Mission, „Glühwürmchen“, Odyssey sche Untersuchung der Oberfläche und Tandem-Flug mit Phobos Grunt, Vermes- Untersuchung der Strahlungsumgebung, sung des Schwerefeldes des Mars über ein auch Kommunikationsrelais für zukünftige Jahr aus dem Orbit, Verlust der Sonde mit Landemissionen, noch aktiv Phobos Grunt, Wiedereintritt: 15.01.2012 Mars Express 02. Juni 2003 ESA-Mission, Orbiter und Lander „Beagle Mars Science 25. Nov. 2011 NASA-Mission, Rover „Curiosity“ mit zahl- 2“, Abtrennung des Landers: 19.12.2003, Laboratory reichen wissenschaftlichen Instrumenten Landung fehlgeschlagen, Eintritt in den zur Suche nach Leben, erfolgreiche Lan- Orbit: 25.12.2003, globale hochauflösen- dung im Krater Gale am 06.08.2012, no- de Fotogeologie, mineralogische Kartie- minaler Betrieb am Mars: ein Marsjahr rung, Bestimmung der Atmosphärenzu- (687 Tage), noch aktiv sammensetzung, noch aktiv Mangalyaan 05. Nov. 2013 Indische Mission, Untersuchung der Spirit (Mars 10. Juni 2003 NASA-Mission, Landung im Krater Gusev (Mars Orbiter Oberfläche, Morphologie, Mineralogie Exploration am 04.01.2004, Rover mit wissenschaftli- Mission) und Atmosphäre, geplanter Eintritt in den Rover A) chen Instrumenten und einer Reichweite Orbit: 24.09.2014, noch aktiv von 100 m pro Tag, Untersuchung des MAVEN 18. Nov. 2013 „Mars Atmosphere and Volatile Evoluti- Bodens auf Spuren von Leben, Klima, oN“, NASA-Mission, Untersuchung der Geologie, Abbruch des Funkkontaktes: oberen Atmosphäre, Ionosphäre und 22.03.2010, Missionsende: 25.05.2011 Wechselwirkung mit dem Sonnenwind, Opportunity 08. Juli 2003 NASA-Mission, Landung in Meridiani Ankunft am Mars: 22.09.2014, noch aktiv (Mars Explora- Planum am 25.01.2004, Rover mit wis- ExoMars 14. März 2016 ESA-Mission in Zusammenarbeit mit Ros- tion Rover B) senschaftlichen Instrumenten und einer kosmos, Orbiter und Lander, Untersu- Reichweite von 100 m pro Tag, Untersu- chung der Spurengase in der Marsatmo- chung des Bodens auf Spuren von Leben, sphäre, Lander „Schiaparelli“ Testmodul Klima, Geologie, noch aktiv für Abstieg und Landung, Abtrennung des Mars Recon­ 12. Aug. 2005 NASA-Mission, Unter­suchung des gegen- Landers drei Tage vor Eintritt des Orbiters nais­sance wärtigen Klimas und der Oberfläche mit in den Orbit, erfolgreicher Eintritt in Orbit Orbiter hochauflösender Kamera und Suche nach am 19.10.2016, Abbruch des Funkkon- Landeplätzen, Eintritt in den Marsorbit takts zum Lander während der Landepha- am 10.03.2006, noch aktiv se, Landung fehlgeschlagen, geplanter Be- Phoenix 04. Aug. 2007 NASA-Mission, kleiner stationärer Lander, trieb des Orbiters bis 2022 Untersuchung der Oberfläche in den ho- hen Breiten, Bestimmung des polaren Kli- mas und Wetters, Zusammensetzung der unteren Atmos­phäre, Geomorphologie, Missionen zu den Asteroiden Rolle des Wassers, Landung in der Nord- polregion bei 68,15° N, 125,9° W am Galileo 18. Okt. 1989 NASA-Mission, Vorbeiflug an 951 Gaspra 25.05.2008, Missionsende: 02.11.2008 (Okt. 1991) und 243 Ida (Aug. 1993) auf dem Weg zum Jupiter

114 Übersicht über die Missionen im Sonnensystem

NEAR 17. Febr. 1996 „Near Earth Asteroid Rendezvous“, OSIRIS-REx 8.Sept. 2016 „Origins Spectral Interpretation Resource NASA-Mission, Untersuchung des Asteroi- Identification, Security, Regolith Explorer“, den 433 Eros aus dem nahen Orbit, Vor- NASA-Mission zum erdnahen Asteroiden beiflug an 253 Mathilde am 27.06.1997, 101955 Bennu, globale, chemische und von Februar 2000 bis Februar 2001 im Or- mineralogische Kartierung, Untersuchung bit um Eros, anschließend kontrollierter der Textur, Morphologie und spektralen Abstieg auf Eros, Abbruch der Funkverbin- Eigenschaften an der Stelle der Proben- dung: 28.02.2001 nahme, Rückführung einer Probe, Ankunft Cassini 15. Okt. 1997 NASA-Mission, Vorbeiflug an 2685 Ma- an Bennu: Aug. 2018, Begleitung des As- sursky (Jan. 2000) auf dem Weg zum teroiden über 500 Tage Ankunft der Probe Saturn auf der Erde im Sept. 2023 Deep Space 1 24. Okt. 1998 NASA-Mission, Test neuer Technologien (Ionentriebwerk) für den Einsatz im Welt- raum, Vorbeiflug am Asteroi­den 9969 Braille (29.07.1999) und am Kometen Missionen zum Jupiter Borrelly (22.09.2001), Missionsende: 18.12.2001 Pioneer 10 03. März 1972 NASA-Mission, erste Sonde in das äußere Hayabusa 09. Mai 2003 Japanische Mission, Orbiter und Lander Sonnensystem, Untersuchung des Jupiter (Muses-C) „Minerva“ zur Probenrückführung von während des Vorbeiflugs am 04.12.1972 der Oberfläche des Asteroiden 25143 in 200.000 km Entfernung, zahlreiche Itokawa, Technologie-Demonstrator, Auf­nahmen der Äquatorregion und eini- Ankunft bei Itokawa im Sept. 2005, Frei- ger Monde, erste Sonde, die das Sonnen- setzung des Landers am 12.11.2005 mit system verlassen hat, letzter Kontakt: Kontaktverlust, Landung des Orbiter am 23.01.2003 25.11.2005, Probennahme und Rück- Pioneer 11 06. April 1973 NASA-Mission, zweite Sonde zum Jupiter start, Wiedereintritt der Probenkapsel in und in das äußere Sonnensystem, erste die Erdatmosphäre am 13.07.2010 Sonde zum Saturn, Vorbeiflug an Jupiter Rosetta 26. Febr. 2004 ESA-Mission, Orbiter und Lander „Philae“, am 03.12.1974 in 42.000 km Entfernung, Vorbeiflug an 2867 Šteins (05.09.2008) zahlreiche Aufnahmen von Jupiter und ei- und 21 Lutetia (10.07.2010) auf dem Weg niger Monde, Ende 1995 letzter Kontakt zum Kometen Churyumov-Gerasimenko bei einer Entfernung von 44,7 AE Dawn 27. Sept. 2007 NASA-Mission, Orbiter zu 4 Vesta und im Voyager 2 20. April 1977 NASA-Mission, Untersuchung der äußeren Anschluss zu 1 Ceres, Ankunft an Vesta Planeten, Vorbeiflug an Jupiter am und Orbit vom 14.08.2011 bis 05.09.2012, 09.07.1979 in 722.000 km Entfernung, ca. Ankunft bei 1 Ceres: 06.03.2015, noch 18.000 Aufnahmen von Jupiter und seinen aktiv Monden, Verlassen des Sonnensystems, Hayabusa 2 3. Dez. 2014 JAXA-Mission, modifizierte Version des noch aktiv Hayabusa-Designs, Untersuchung des As- Voyager 1 05. Sept. 1977 NASA-Mission, Untersuchung der äuße- teroiden Ryugu, Abfeuern eines Projektils ren Planeten, Vorbeiflug an Jupiter am auf den Asteroiden, Absetzen des Landers 05.03.1979 in 349.000 km Entfernung, MASCOT, Untersuchung des Einschlags, ca. 18.000 Aufnahmen von Jupiter und Rücksendung von Proben zur Erde 2020, seinen Monden, erreichte den interstella- noch aktiv ren Raum am 25.08.2012, noch aktiv PROCYON 3. Dez. 2014 „PRoximate Object Close flYby with Op- Ulysses 06. Okt. 1990 Europäisch-Amerikanische Mission, Unter- tical Navigation“, JAXA-Mission, gestar- suchung der Sonne, Vorbeiflug an Jupiter tet mit Hayabusa 2, Vorbeiflug an einem am 08.02.1992, Missionsende: 29.06.2009 oder mehreren Asteroiden, noch aktiv

115 Übersicht über die Missionen im Sonnensystem

Galileo 18. Okt. 1989 Amerikanisch-deutsche Mission, erste Cassini 15. Okt. 1997 Amerikanisch-europäische Mission, Er- Sonde mit komplexer Flugbahn unter Aus- kundung des Saturnsystems aus dem Or- nutzung der Schwerkraft; Orbiter und At- bit, Absetzen der Landekapsel Huygens mosphäreneintrittskörper, Untersuchung zur Untersuchung des Mondes Titan im der Atmosphäre und Magnetosphäre Jupi- Dez. 2004, Missionsende mit Einschlag ters und der Galileischen Monde, Ankunft auf Saturn: 15.09.2017 am Jupiter­ am 07.12.1995, Missionsende mit Einschlag auf Jupiter: 21.09.2003 Cassini 15. Okt. 1997 Amerikanisch-europäische Mission, Un- tersuchung des Saturnsystems, Vorbei- Missionen zum Uranus flug an Jupiter im Dez. 2000 auf dem Weg in das Saturnsystem Voyager 2 20. Aug. 1977 NASA-Mission, Untersuchung der äußeren New Horizons 19. Jan. 2007 NASA-Mission, Untersuchung von Pluto Planeten, Vorbeiflug an Uranus am und seinem Mond Charon und Weiter- 24.01.1986 in 107.000 km Entfernung, flug in den Kuipergürtel, Vorbeiflug an 7000 Aufnahmen von Uranus und seinen Jupiter am 28.02.2007 auf dem Weg in Monden, Verlassen des Sonnensystems, das Pluto-Charon-System noch aktiv Juno 05. Aug. 2011 NASA-Mission, Untersuchung der Atmo- sphäre, des Magnetfeldes, des Schwere- feldes und der Magnetosphäre aus einem polaren Orbit, nach Erdvorbeiflug am Missionen zum Neptun 09.10.2013 Ankunft am Jupiter am 05.07.2016, noch aktiv Voyager 2 20. Aug. 1977 NASA-Mission, Untersuchung der äußeren Planeten, Vorbeiflug an Neptun am 25.08.1989 in 29.240 km Entfernung, 9000 Aufnahmen von Neptun und seinen Missionen zum Saturn Monden, Verlassen des Sonnensystems, noch aktiv Pioneer 11 06. April 1973 NASA-Mission, zweite Sonde zum Jupiter und in das äußere Sonnensystem, erste Sonde zum Saturn, Vorbeiflug an Saturn am 01.09.1979 in 20.800 km Entfernung, Missionen zu den Zwergplaneten 440 Aufnahmen von Saturn und einigen Monden, Ende 1995 letzter Kontakt bei New Horizons 19. Jan. 2006 NASA-Mission, Untersuchung von Pluto einer Entfernung von 44,7 AE und seinem Mond Charon, Ankunft im Voyager 2 20. Aug. 1977 NASA-Mission, Untersuchung der äußeren Pluto-Charon-System im Juli 2015, Wei- Planeten, Vorbeiflug an Saturn am terflug in den Kuipergürtel, noch aktiv 16.08.1981 in 102.000 km Entfernung, Dawn 27. Sept. 2007 NASA-Mission, Orbiter zu 4 Vesta und im ca. 16.000 Aufnahmen von Saturn und Anschluss zu 1 Ceres, Ankunft an Vesta seinen Monden, Verlassen des Sonnensys- und Orbit vom 14.08.2011 bis 05.09.2012, tems, noch aktiv Ankunft bei 1 Ceres: 06.03.2015, noch Voyager 1 05. Sept. 1977 NASA-Mission, Untersuchung der äußeren aktiv Planeten, Vorbeiflug an Saturn am 26.08.1981 in 124.000 km Entfernung, ca. 16.000 Aufnahmen von Saturn und seinen Monden, erreichte den interstella- ren Raum am 25.08.2012, noch aktiv

116 Übersicht über die Missionen im Sonnensystem

Missionen zu den Kometen Stardust 07. Febr. 1999 NASA-Mission, Untersuchung des Ko- meten P/Wild 2, Gewinnung von Staub- ISEE 3/ICE 12. Aug. 1978 „International Sun Earth Explorer 3“, proben und flüchtigen Stoffen aus der NASA-Mission, Umbenennung in „Inter- Koma, Kartierung des Kometenkerns national Cometary Explorer“, Untersu- während des Vorbeiflug am 31.12.2003, chung der Wechselwirkungen des Son- Rückführung der Proben zur Erde am nenwindes mit der Kometenatmosphäre, 15.01.2005, Verlängerung der Mission Flug durch Plasmaschweif des Kometen als Stardust/NEXT (New Exploration of Giacobini-Zinner am 11.09.1985, erneute Tempel 1), Untersuchung des Kometen Kontaktaufnahme 2014, geplante Kurs- Tempel 1 während des Vorbeiflugs am korrekturen nicht möglich 15.02.2011 in 200 km Entfernung, Kon- taktabbruch: 25.03.2011 Vega 1 15. Dez. 1984 Sowjetische Mission, Vorbeiflug am Kometen Halley am 06.03.1986 nach CONTOUR 03. Juli 2002 „Comet Nucleus Tour“, NASA-Mission, Venusvorbeiflug im Juni 1985 nahe Vorbeiflüge an den Kometen Encke und Schwassmann-Wachmann 3 und Vega 2 21. Dez. 1984 Sowjetische Mission, Vorbeiflug am möglicher Vorbeiflug am Kometen Kometen Halley am 09.03.1986 nach d‘Arrest, konnte Erdorbit nicht verlassen, Venusvorbeiflug am Juni 1985 Kontaktabbruch: 15.08.2002 Sakigake 07. Jan. 1985 Japanische Mission, Vorbeiflug am Rosetta 26. Febr. 2004 ESA-Mission, Orbiter und Lander „Philae“, Kometen Halley am 11.03.1986, Kon- Vermessung und Kartierung des Kometen taktabbruch: 14.11.1995 67P/Churyumov-Gerasimenko aus dem Giotto 02. Juli 1985 ESA-Mission, Untersuchung des Kometen „Orbit“, weiche Landung auf Kometen- Halley während des Vorbeiflug am kern, Ankunft am Kometen 06.08.2014, 13.03.1986 in 605 km Entfernung, Aufnah- Landung von Philae am 12.11.2014, Mis- men vom Kometen­kern, Vorbeiflug am sionsende mit Absetzen des Orbiters auf Kometen Grigg-Skjellerup am 10.07.1992 dem Kometen: 30.09.2016 in 200 km Entfernung, Missionsende: Deep Impact 12. Jan. 2005 NASA-Mission, Untersuchung des Kome- 23.07.1992 ten Tempel 1 währen des Vorbeiflugs am Suisei 18. Aug. 1985 Japanische Mission, Vorbeiflug am Kome- 03.07.2005, Abfeuern eines Projektils auf ten Halley am 08.03.1986 in 151.000 km den Kern, Untersuchung des Einschlags, Entfernung, Misisonsende: 22.02.1991 Verlängerung der Mission als EPOXI, Un- Galileo 18. Okt. 1989 Amerikanisch-deutsche Mission, erste tersuchung des Kometen Hartley 2 wäh- Sonde mit komplexer Flugbahn unter Aus- rend des Vorbeiflugs am 04.11.2010 aus nutzung der Schwerkraft, Aufnahmen der 700 km Entfernung, Missionsende: Spuren nach Einschlag der Fragmente des 19.09.2013 Kometen Shoemaker-Levy 9 auf Jupiter vom 17.-22.04.1994 NEAR 17. Febr. 1996 „Near Earth Asteroid Rendezvous“, Un- tersuchung des Asteroiden 433 Eros aus Missionen in den Kuipergürtel dem Orbit, Vorbeiflug an Komet Hyaku- take am 24.03.1996 auf dem Weg zum New Horizons 19. Jan. 2006 NASA-Mission, Untersuchung von Pluto Asteroiden 433 Eros und seinem Mond Charon, Ankunft im Deep Space 1 24. Jan. 1998 NASA-Mission, Test neuer Technologien Pluto-Charon-System im Juli 2015, Wei- (Ionentriebwerk) für den Einsatz im Welt- terflug in den Kuipergürtel, noch aktiv raum, Vorbeiflug am Asteroi­den 9969 Braille (29.07.1999) und am Kometen Borrelly (22.09.2001), Missionsende: 18.12.2001

117 Übersicht über die Missionen im Sonnensystem

Weiterführende Literatur springer.com/Angebot2

Jaumann, R.; Köhler, U.; Sohl, F.; Tirsch, D.; Pieth, S.: Expedition zu fremden Welten : 20 Milliarden Kilometer durch das Sonnensystem. – Springer, 2017. R. Jaumann, U. Köhler, F. Sohl, Jaumann, R.; Köhler, U.: Der Mond : Entstehung, Erforschung, D. Tirsch, S. Pieth Raumfahrt. – Köln : Fackelträger, 2009 Expedition zu fremden Welten 20 Milliarden Kilometer durch das Jaumann, R.; Köhler, U.: Der Mars : Ein Planet voller Rätsel. – Köln : Sonnensystem Fackelträger, 2013 2017, XV, 381 S. 55 Abb. Geb. € (D) 29,99 | € (A) 30,83 | *sFr 31,00 Feuerbacher, B.: Mission Rosetta: Mit Philae zum Kometen 67P – ISBN 978-3-662-54995-7 eine spektakuläre Reise. – München : Geramond, 2016 € 22,99 | *sFr 24,50 Möhlmann, D.; Ulamec, S.: Raumsonde Rosetta : Die abenteuerli- ISBN 978-3-662-54996-4 (eBook) che Reise zum unbekannten Kometen. – Stuttgart: Franckh- Kosmos, 2014 Einzigartige Einblicke in die Alle Zahlenangaben beziehen sich auf Quellen von NASA, ESA und Welten unseres Sonnensystem DLR sowie einschlägige Literatur (wie Encyclopedia of the Solar • Stellt aktuellste Forschungsergebnisse rund um unsere kosmische System, Landolt-Börnstein) und auf die aktuelle veröffentlichte Nachbarschaft dar • Begeistert durch anschauliche Erklärungen Fachliteratur. • Fasziniert durch atemberaubende Fotos und klare Abbildungen Sie begeistern sich für Astronomie und Astrophysik? Tauchen Sie mit diesem Buch in die atemberaubenden Welten unserer kosmischen Nachbarschaft ein: Lassen Sie sich auf faszinierende Monde entführen, erfahren Sie, welche geologischen Mechanismen die Planeten unserer Nachbarschaft formen, nden Sie heraus, mit welchen Kräften Jupiter seine Monde durchknetet, wie Saturns Ringe gespeist werden und welche Geheimnisse die Zwergplaneten in unserem Sonnensystem bergen. Das Buch verfolgt das Sonnensystem vom Zentrum zu den äußersten Körpern, gibt dem Leser Einblicke in den aktuellen Stand der Sonnensystemforschung und verrät, welche heute noch ungeklärten Rätsel unserer nächsten Nachbarn umgeben.

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#1#STM#2#Advertisement External#3#2017#4#A46850_Jau_Exp_fr_We#5#HRM_A46850_Jau_Exp_fr_We24-10-2017 1 17:07:06 Wie komme ich an Bilddaten?

WIE KOMME ICH AN BILDDATEN?

Die Regional Planetary Es stehen hauptsächlich Daten amerikanischer, aber auch europäi- scher und sowjetischer/russischer Missionen zur Verfügung. Mit die- Image Facility (RPIF) ser im Hinblick auf die amerikanischen Missionen fast lückenlosen Datenbank, ist die RPIF die „erste Adresse“ für Planetenbilddaten in Deutschland. Sicherlich haben Sie sich nach der Lektüre dieser kleinen Broschüre gefragt, ob es denn eine Einrichtung in Deutschland gibt, wo man Die Daten aktueller sowie auch zukünftiger Raumflüge werden der derartiges Material erhalten kann. Heutzutage kann man sehr viel RPIF von NASA-Seite zur Verfügung gestellt. Ergänzt werden die selbst im Internet recherchieren, aber mitunter ist es einfacher, sich Daten zum Mars durch die aktuellen Aufnahmen der europäischen jemandes zu bedienen, der sich damit besser auskennt oder einem Sonde Mars Express, an der das DLR-Institut für Planetenforschung sogar die Recherchearbeit ganz abnehmen kann, die ja mitunter mit der High Resolution Stereo Camera aktiv beteiligt ist. durch erforderliche Fremdsprachenkenntnisse erschwert wird. Öffentlichkeitsarbeit Hier kommt nun die Regional Planetary Image Facility (RPIF) ins Spiel. Die RPIF ist eine Bibliothek für planetare Bilddaten. Ihre Aufgabe ist die Um die RPIF mit ihrem umfangreichen Bestand nutzen zu können, Archivierung und Bereitstellung aller bisher durch Raumsonden ge- steht ein Arbeitsbereich zur direkten Einsicht zur Verfügung – auch wonnenen Daten von planetaren Objekten in unserem Sonnensystem, für die Öffentlichkeit. Der Zugang zu den Daten wird durch ausgenommen Fernerkundungsdaten der Erde.* Dokumentationen der NASA, des Jet Propulsion Laboratory (Pasadena/Kalifornien) und des National Space Science Data Center Nach Gründung der RPIF 1985 auf der Basis eines Abkommens zwi- (Greenbelt/Maryland) ermöglicht. Computergestützte Kataloge er- schen dem DLR und der NASA wurde die Bibliothek vier Jahre später lauben die Datenauswahl nach beliebigen Suchbegriffen. eröffnet. Seit 1992 befindet sich die RPIF am Institut für Planeten- forschung in Berlin-Adlershof. Die RPIF ist Teil eines internationalen, Information und Datenrecherche sind kostenlos. Bilder können in von der NASA koordinierten Netzes von Bildbibliotheken. Weltweit kleinen Mengen von der RPIF zum Selbstkostenpreis geliefert wer- gibt es insgesamt 16 derartige Einrichtungen, von denen sich neun den. Neben der Betreuung von einzelnen Nutzern bietet die RPIF in den USA, vier in Europa und je eine in Kanada, Japan und Israel Vorträge zu verschiedenen Themen­ für Gruppen und Schulklassen befinden. Die Berliner RPIF bedient den gesamten deutschsprachigen oder auch im Rahmen einer Weiterbildung für Lehrer an. Außerdem Raum. Die einzelnen Bildbibliotheken stehen über Datennetze im en- präsentiert sich die RPIF bei zahlreichen fachbezogenen Tagungen, gen Kontakt miteinander. Sie sind Teil des Planetary Data Systems Ausstellungen und Messen. (PDS) der NASA und bieten umfangreiche Recherchemöglichkeiten in dessen Datenbanken.

Bestand

Der Bestand umfasst Bilddaten, spektrale Daten sowie die zugehöri- gen Lage- und Positionsdaten der jeweiligen Raumsonde. Ergänzt werden diese Daten durch Dokumentationen, Karten und eine kleine Auswahl an Fachzeitschriften und Fachliteratur. Alle Daten stehen in dokumentierter und katalogisierter Form sowohl für wissenschaftliche Forschungszwecke als auch für die Öffentlichkeit zur Verfügung.

* Fernerkundungsdaten der Erde werden im Earth Observation Center (EOC) des DLR in Oberpfaffenhofen archiviert: http://www.dlr.de/eoc 119 Wie komme ich an Bilddaten?

Eine Übersicht über den aktuellen Bestand vor allem des freigegebe- Die DLR_School_Labs und nen Bildmaterials finden Sie auf unserer Internetseite: http://www. dlr.de/rpif/. Dort finden Sie auch andere Materialien wie Poster, das Jugendportal DLR_next Bildserien oder Bastelsets im PDF-Format.

Anfragen sind zu richten an: Über die Erforschung des Sonnensystems und viele andere spannen- de Projekte aus Luft- und Raumfahrt, Energie und Verkehr informiert Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt das DLR Schülerinnen und Schüler in seinen DLR_School_Labs – siehe Institut für Planetenforschung, RPIF www.DLR.de/dlrschoollab Rutherfordstraße 2 12489 Berlin Junge Leute, die unsere faszinierende Welt der Forschung zunächst ein- Telefon: (030) 67 055 333 mal virtuell kennenlernen wollen, können dies auf www.DLR.de/next Telefax: (030) 67 055 372 tun: Anhand von Texten, Bildern und Videos werden hier viele aktu- E-Mail: [email protected] elle Projekte dargestellt – Spaßfaktor eingeschlossen! Denn DLR_next http://www.dlr.de/RPIF/ – das offizielle DLR-Jugendportal – bietet auch Multimedia-Features wie z.B. eine „Virtuelle Reise durchs Sonnensystem“.

Links:

http:// www.DLR.de/dlrschoollab http:// www.DLR.de/next Weiterführende WWW-Adressen

Planetary Science Web Sites http://www.lpi.usra.edu/resources/websites/

Planetary Photojournal http://photojournal.jpl.nasa.gov

Windows to the Universe https://www.windows2universe.org/

Views of the http://www.solarviews.com

Nine Planets http://www.nineplanets.org/

Nine Planets (in deutsch) http://www.neunplaneten.de/nineplanets/

Jet Propulsion Laboratory https://www.jpl.nasa.gov

Archiv der Raumfahrtmissionen http://www.dlr.de/arm

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