ALTE MUSIK NACHRICHTEN

Alte Musik in N EUES AUS DER ALTEN MUSIK 6 FÜR STUDENTEN, DOZENTEN, ALUMNI, EXBREMER UND FREUNDE der Akademie für Alte Musik (1986-1994) und der Hochschule für Künste, Abteilung Alte Musik (ab 1994)

Wissenswertes über Themen aus der Alten Musik in Bremen

www.alte-musik-bremen.de Verantwortlich für Text und Inhalt: Dr. Greta Haenen L IEBE FREUNDE DER ALTEN MUSIK IN BREMEN,

Den Anfang der vorigen Vorrede kann ich eigentlich gleich übernehmen: »Die neuen AMN hätten etwas schneller als die vorigen kommen sollen, aber wie Almut so schön sagt: »man will dat wohl all doch man kommt nicht dar too«. Aber was lange währt, wird (hoffentlich) endlich gut.« Es ist viel passiert und ich hatte auch ne kleine OP, das hat die Sache ein wenig nach hinten geschoben.

Wir waren inzwischen schon zum dritten Mal zu Gast bei der Internationalen Sommerakademie Mozarteum in Salzburg, nach der »Kurzfassung« des Sommerkurses voriges Jahr jetzt wieder mit einer längeren Fassung. Es hat sich gezeigt, dass der Kurs des vorigen Jahres arg kurz war, sodass nicht genug Zeit war, um die Sachen, die wir arbeiten wollten, auch zu arbeiten. Dieses Jahr gab es also wieder eine »Langfassung«, MoMo III. Gemma Bertagnolli war zum zweiten Mal als Gast dabei und hat gleich auch Interesse gekriegt von Teilnehmern und Teilnehmerinnen von anderen Kursen, die sich bei ihr hineingeschlichen haben und sehr begeistert waren! MoMo IV ist im Kommen! Auch 2013 will uns die Sommerakademie wieder haben. Näheres folgt in den nächsten Wochen!

Gemma Bertagnolli war auch maßgeblich als »Vokalcoach« beteiligt beim Opernprojekt 2011 der HfK, Monteverdis Orfeo; die musikalische Leitung hatte Thomas Albert, Regie führte Gregor Horres; weiter unten mehr dazu.

Am 20. und 21. April 2012 war die HfK Bremen Gastgeberin für die »Early Music Platform« der AEC (Association Euro- péenne des Conservatoires de Musique). Das war sozusagen der Abschluß der 25-Jahrefeier.

Weitere Aktivitäten findet Ihr immer wieder auf unsere Website: www.alte-musik-bremen.de. Nachschauen lohnt sich!

Viel Spaß beim Lesen wünscht Greta Haenen A US DER LEHRE...

Die Aufnahmeprüfungen zum WS 2011 waren für die Alte Musik erfolgreich; 32 Bewerberinnen und Bewerber haben bestanden und wurden zum Studium zugelassen; die meisten sind auch gekommen. Zum WS 2012 haben sogar 41 Bewerber bestanden. Wir hoffen jetzt, dass wir die meisten aufnehmen dürfen; drei haben abgesagt, für 36 haben wir im Moment schon Zusagen von Seiten der HfK. Es wird mindestens eine Erasmus-Studentin geben, Stina Petersson (Barockvioloncello) aus Schweden. Allen Neuen ein ganz herzliches Willkommen in Bremen. Gebhard David begann seine musikalische Ausbildung auf der Blockflöte und Unsere Zinkklasse hat mittlerweile 5 Studies; Dozent ist Gebhard der Viola da Gamba. Mit zwölf Jahren entdeckte er den Zink, der von da an David. Es studieren auch 4 Posaunisten in Bremen und die Trom- sein Hauptinstrument wurde. Er studierte an der Schola Cantorum Basiliensis petenklasse hat wieder Zulauf. Es gibt etwa 100 Studierende, ver- Alte Musik mit Hauptfach Zink bei Bruce Dickey und erhielt 1997 sein Di- teilt über die Hauptfächer Gesang, Cembalo/Historische Tasten, plom. Gebhard David spielt seit Jahren mit den bekanntesten Gruppen für Al- Orgel, Lauteninstrumente, Continuo, Blockflöte, Traversflöte, te Musik wie Double Bande, Les Cornets Noirs, Hesperion XXI, Il Giardino Armonico, Oboe, Dulzian/Fagott, Zink, Posaune, Trompete, Violine/Viola, Concerto Köln, La Petite Bande, Concerto Palatino, La Fenice oder L’Arpeggiata in ganz Violoncello, Viola da Gamba/Violone. Sie schließen ab mit BM Europa. Außerdem konzertierte er in Israel, Russland, Nord- und Südamerika. oder MM; am dritten Zyklus (Dr. Mus) arbeiten wir; zur Zeit kön- Mehr als 60 CD-Einspielungen bei verschiedensten Labels dokumentieren sei- nen wir den Dr. Mus. nur in Zusammenarbeit mit der Universität ne bisherige Laufbahn. Für die Mitwirkung bei einer CD mit L’Arpeggiata er- anbieten. Studienverlaufspläne kann man sich auf der Webiste der hielt er 2010 einen Echo, sowie 2011 einen Grammy für eine CD-Einspielung Hochschule für Künste (www.hfk-bremen.de) anschauen. Einiges mit Jordi Savall. wird sich noch ändern, wir arbeiten daran, dass das Studium vor Von 2006 bis 2008 war Gebhard David Dozent für Zink und Diminution an allem für die Bachelors noch stringenter und zielgerichteter wird. der Staatlichen Hochschule für Musik Trossingen. Seit 2009 ist er Dozent an der Hochschule für Künste in Bremen.

ANFANG DES NEUEN SEMESTERS: 8. Oktober 2012 Oktober 2011 hatten wir 97 Studierende. Etliche davon machten in diesem Jahr Abschluß. Wir hatten 2011/12 wieder eine Erasmus-Studentin: Nina Grigorjeva, Dulzian/Fagott. Als krönenden Abschluß ihres Erasmusjahrs hat sie ein Konzert gemacht, in dem sie diese beiden Instrumente in verschie- denen Kombinationen mit anderen Studies gespielt hat. Ihr hat vor allem auch die Möglichkeit gefallen, sich auf Dulzian zu spezialisieren, was an ihrer Heimathochschule in Schweden nicht geht. Und sie hat davon profitiert, dass wir mittlerweile auch imstande sind, unterschiedliche Ensembles zu bilden, vom kleinen Consort bis zum Barockorchester. Zudem gibt es bei uns mittlerweile die von unseren Studies gerne genutzte Möglichkeit, mit Klaus Eichhorn Projekte zu machen, deren Abschlußkonzerte mit echten historischen Orgeln in der weiteren Umgebung Bremens musiziert werden können.

Wie es mit den Studierendenzahlen 2012/13 aussieht, wissen wir noch nicht; das klärt sich wohl erst Anfang Oktober. Wenn alle Bewerberinnen und Bewerber kommen, werden wir zum ersten Mal über hundert Studenten haben. Damit gehören wir zu den großen Abteilungen Alte Musik in Europa.

N EUE KOLLEGEN

Ab Wintersemester wird Peter Kooij unsere Sänger mitbetreuen. Wir hoffen, dass auch Gemma Bertagnolli (s. unten) kommen wird. Dann sind Peter Kooij machte bereits als Knabensopran viele Rundfunk- unsere Sänger auch rundum versorgt und können unterschiedliche Schwerpunkte und Schallplattenaufnahmen. Nach Violinstudium am Utrechter wählen. Und gute Nachrichten auch für die Streicher: Veronika Skuplik lehrt ab Konservatorium studierte er Gesang bei Max van Egmond am Wintersemester Violine und Ornamentik in Bremen. Sweelinck-Konservatorium in Amsterdam, wo er sein Solisten- diplom mit Auszeichnung erwarb. Seine Konzerttätigkeit führte ihn an die wichtigsten Musikzentren der ganzen Welt, wie z.B. Veronika Skuplik studierte Barockvioline bei Concertgebouw Amsterdam, Musikverein Wien, Carnegie Hall, Royal Al- Thomas Albert und gehört zu den allerersten Ab- bert Hall, Teatro Colon, Berliner und Kölner Philharmonie, Palais Gar- solventinnen der Akademie für Alte Musik. Sie nier, Suntory Hall und Casals Hall Tokio. Er sang unter u. a. Phi- gilt als eine der prominentesten Spezialistinnen lippe Herreweghe, Ton Koopman, Frans Brüggen, Gustav für das 17. Jahrhundert und wird von den wich- Leonhardt, René Jacobs, Sigiswald Kuijken, Roger Norrington tigsten Ensembles eingeladen, darunter z.B. L’Ar- und Ivan Fisher. peggiata (Christina Pluhar) und Concerto Palatino, Neben dem Vokalwerk Bachs umfasst sein umfangreiches Re- Cantus Cölln oder La Stravaganza Köln. Sie hat auch pertoire Werke von H. Schütz bis A. Webern und wird durch eigene Bands, u.a. La Dolcezza und Chelicus und mehr als 130 CD-Produktionen dokumentiert. wird auch gehört mit Oltremontano. Sie spielt vor 1999 gründete er das Kammerorchester »De Profundis«, das sich allem in solistisch besetzten Ensembles. zum Ziel gesetzt hat, Sänger im Hinblick auf die historische Tourneen, Lehrtätigkeit und Aufnahmen führten sie durch ganz Europa, Aufführungspraxis adäquat zu begleiten. Im gleichen Jahr rief er Israel und in die USA. Sie unterrichtete an der Universität Oldenburg, lei- das Vokalensemble »Sette Voci« ins Leben, das sich aus jungen tete Meisterkurse und Orchesterprojekte an den Musikhochschulen von Nachwuchssängern zusammensetzt und dessen künstlerischer Utrecht und Malmö, bei der Trigonale (Österreich), in Madison (Wisconsin), Leiter er ist. Seit 2002 ist er Mitglied des Solistenquartetts »Tanto Oberlin (Ohio) und Rochester (New York), sowie an der Carnegie Hall. Canto«. Von 1997 bis 2000 lehrte sie schon an der HfK. 1991–2000 Professur für Gesang am Sweelinck-Conservatorium Ihre Diskografie umfasst ca. 60 CDs bei Teldec, Alpha, harmonia mundi in Amsterdam; 1995–1998 Lehrauftrag an der Staatlichen Hoch- France, ramée, carus, cpo u.a. und sie wurden teilweise mit Preisen (u.a. schule für Musik und Theater Hannover; seit 2000 Gastdozent Echo-Klassik) ausgezeichnet. an der Tokyo University of fine Arts and Music, seit 2005 Pro- In Bremen wird sie Barockvioline und Diminution/Ornamentik des 17. fessur für Gesang am Koninklijk Conservatorium in Den Haag. Jahrhunderts lehren. Meisterkurse in Deutschland, Frankreich, Portugal, Spanien, Belgien, Finnland und Japan.

Neuer Korrepetitor für die Sänger und Dozent Nebenfach Cembalo ist unser Absolvent Torsten Übelhör. Torsten Übelhör hat voriges Jahr seinen Abschluß in Bremen bei Ludger Rémy (der Carsten Lohff vertreten hat) gemacht; vorher studierte er Kirchenmusik und Orgel Alte Musik in Bremen bei Klaus Eichhorn sowie Cembalo in Trossingen bei Marieke Spaans. Torsten hat sehr viel Erfahrung mit dem Korrepetieren und mit Opernarbeit. Noch während seiner Studienzeit assistierte er Lorenz Duftschmid bei einer Aufführungsreihe von Marin Marais’ Oper Alcyone in Wien und in Bremen war er maßgeblich an den Barockoperprojekten der HfK 2010 und 2011 La Betulia Liberata (Mozart) und L’Orfeo (Monteverdi) als musikalische Assistenz von Thomas Albert und Sängercoach beteiligt. Im März 2012 leitete er beim Operastudio Amsterdam La Descente d’ Orphee aux Enfers von Marc-Antoine Charpentier (Regie: Timothy Nelson).

N ACHRICHTEN VON DOZENTEN

Auszeichnungen und Preise Chevalier Wir haben einen zweiten Ritter unter uns: Nach Harry van der Kamp hat auch Thomas Albert einen Orden bekommen, er ist jetzt Chevalier des Arts et des Lettres, am 22. März wurde ihm die Urkunde überreicht. Die Auszeichnung ist eine französische und sie wird ihm verliehen wegen seiner Verdienste um die französische Kultur und Musik.

Echo Klassik Einen Echo Klassik für die Kammermusik-Einspielung des Jahres (17./18. Jh.) 2011 erhielt die Aufnahme Loves Alchymie mit / Dorothee Mields/ Lee Santana www.hillenet.net Auch 2012 haben wir den Gewinner eines Echo Klassik unter uns: Harald Vogel gewann einen Echo als Instrumentalmusiker des Jahres (Orgel) für seine Einspielung des Orgelwerks von Jan Pietersz. Sweelinck.

Musikfest Bremen: Preis und Förderpreis geht an Bremer: Harald Vogel erhält den diesjährigen 15. Musikfest-Preis. Er wird u.a auch für seine Verdienste um das Erbe Arp Schnitgers ausgezeichnet. »Mit dem Musikfest-Preis zeichnet das Festival seit 1998 jährlich bedeutende Solisten, Ensembles, Orchester und Dirigenten aus, die durch ihr herausragendes künstlerisches Wirken in der internationalen Musikwelt eigenständige Akzente gesetzt haben. Preisträger der vergangenen Jahre waren u. a. Sir John Eliot Gardiner, Jessye Norman, Nikolaus Harnoncourt, Marc Minkowski, Hélène Grimaud und Masaaki Suzuki.« (Pressemitteilung Musikfest Bremen) Der Förderpreis Deutschlandfunk »Artist in Residence« 2012 geht an das Duo Davit Melkonyan (Violoncello) und Mikayel Balyan (Hammerklavier). Die Preise wurden im festlichen Rahmen während des Arp-Schnitger-Mahls in der oberen Rathaushalle verliehen; Davit und Mikayel spielten dabei eine Sonate für Klavier mit Begleitung eines Violoncells von Bernhard Romberg. Zum Preis gehören auch Aufnahmen, eine CD wird bei Sony/DHM erschei- nen. www.musikfest-bremen.de Harry van der Kamp wurde mit Eingang des Sommersemesters in den Ruhestand verabschiedet. Er bleibt uns aber noch eine Weile erhalten und wird seine jetzigen Studierenden zum Abschluß führen. Die Nachfolge soll demnächst ausgeschrieben werden.

Wim Becu hat am 1. April mit den Zink- und Posaunenstudenten in Hannover beim Symposium der Internationalen Posaunenvereinigung e.V. (IPV) in Hannover (29.3. - 1.4.) als einziges Ensemble auf historische Instrumenten und von der Gesellschaft eingeladen Werke von Gabrieli aufgeführt. Für viele Teilnehmer dieses Ereignis war es die erste Kenntnisnahme mit dem Klang historischer Instrumente. Man war sehr begeistert, es gab reges Interesse von Seiten der »modernen Bläsern«. Außerdem wurde seine neue Solo-CD (Trombone Grande) am 1. Mai veröffentlicht.

Harry van der Kamp ist in diesem Jahr Artist in Residence in Utrecht. Das Festival Alte Musik wird dieses Jahr von Bremern eröffnet: Das große Eröff- nungskonzert bestreiten zusammen das Gesualdo Consort unter Harry van der Kamp, Oltremontano unter Wim Becu und das Arp-Schnitger-Ensemble unter Thomas Albert (s. unten). Mit dem Gesualdo Consort hat Harry van der Kamp dieses Jahr auf Einladung der niederländischen Königin Beatrix das Kon- zert zum Koninginnedag gestaltet. Gesungen wurden Werke von Jan Peierszoon Sweelinck (1562-1621), dessen Geburtstag sich in diesem Jahr zum 450. Mal jährt. Die Gesamtaufnahme des Vokalwerks dieses Komponisten, in den Niederlanden mit CD-Büchern ausgestattet, die den Kontext von Sweelincks Musik (historisch, politisch, kunst- und kulturhistorisch usw) erläutern, wurde vielfach mit Preisen ausgezeichnet (u.a. dem Edison Klassiek, aber auch mehreren anderen Preisen). Zusammen mit Musica Amphion arbeiten Harry van der Kamp und das Gesualdo Consort an eine Reihe »Bach contextueel«, bei dem die Kantaten Bachs in ihrem liturgischen Kontext aufgeführt und aufgenommen werden. Dabei werden auch die neuesten Erkenntnisse zur Praxis Bachs umgesetzt – das heißt: einfache Besetzung, Doppelcontinuo mit Kirchenorgel und Cembalo. Entsprechende Konzerte wird es auf jeden Fall in der Martinikerk in Gronin- gen und der Grote Kerk in Maassluis sowie der Waalse Kerk in Amsterdamgeben; zu den Programmen gibt es »CD-Bücher«, deren erstes »Jesu meine Freude« schon erschienen ist und deren zweites Anfang Dezember erscheint. www.jpsweelinck.nl und www.harryvanderkamp.nl

Marten Root war unterwegs in Japan und den USA. Die erfolgreiche Pariser Produktion von Debussys Oper Pelléas et Mélisande mit L’Orchestre révolutionnaire et romantique unter Sir John Eliott Gardiner, bei der Marten Root die Soloflöte gespielt hat, wurde konzertant 2012 auch in London bei den Proms mit großem Erfolg aufgeführt.

Han Tol hat in Südkorea konzertiert und Meisterkurse gemacht. Er war 2012 auch Dozent in Amherst (USA).

Über Hille Perl gibt es mittlerweile auch einen längeren Eintrag in Wikipedia; sie veröffentlicht auch regelmäßig (Solo-)CDs, die ebenso regelmäßig Preise gewinnen. Bei der Einspielung, die 2011 den Echo Klassik gewann, spielten auch Sirius mit, sodass auch Studies aus Bremen an diesem Echo be- teiligt waren! Hier ein Text von ihr auf ihrer Website zu den Sirius Viols:

Seit 2003 versammeln sich unter diesem Namen hauptsächlich Gambisten, je nach Projekt und Repertoire aber auch andere Instrumentalisten oder Sänger um unter der Nicht-Leitung von Hille Perl verschiedene musikalische Ideen oder Ansätze auszuprobieren. Die Beteiligten sind sowohl gegenwärtige oder ehemalige Studierende von Hille Perl, sowie jeweils ihre am meisten bewunderten und geliebten Kollegen aus benachbarten Disziplinen. Das Repertoire des Ensembles beschränkt sich auf Literatur die für Gamben und deren spezifisches Flair, unter Umständen auch in Kombination mit anderen Instrumen- ten oder Sängern geeignet erscheint, also quasi den Großteil der Weltliteratur. Nach der ersten sehr erfolgreichen CD die mit Musik von unter dem Titel »In darkness let me dwell« erschien, bringen die Sirius Viols im November 2011 bei Sony eine CD mit Weihnachtsmusiken heraus: eine Suche nach Frieden und Ruhe in diesen hektischen Zeiten: »Verleih uns Frieden gnädiglich«.

Veronika Skuplik (Barockvioline) war 2011 Artist in Residence beim Festival Alte Musik in Utrecht. Somit stellte Bremen zwei Jahre hintereinander diese Position! 2012 war sie außerdem Artist in Residence beim rumänischen Festivalul de Muzica Veche Timisoara. Sie ist auch auf Wikipedia zu finden. Festival Oude Muziek in Utrecht

Das Alte-Musik-Festival in Utrecht ist das weltgrößte und wichtigste Festival dieser Art und eine Institution – in diesem Jahr gab es die 31. Ausgabe. Bremen ist auf diesem Festival regelmäßig vertreten, sei es, dass Studierende mit ihren Ensembles bei den Fringe-Konzerten auftreten (s. unten), sei es, dass im vorigen Jahr Veronika Skuplik (Absolventin und ab Oktober Dozentin) und in diesem Jahr Harry van der Kamp Artist in Residence waren, sei es, dass auch andere Konzerte von Bremern gestaltet werden. In diesem Jahr waren das nicht wenige: Susan Williams gab im Rahmen des Festivals vom 29. August bis zum 2. September einen Trompetenworkshop mit Schwerpunkt Bach. Thomas Albert hat mit seinem eigenen Arp Schnitger Ensemble und mit zwei anderen, maßgeblich von Bremern gesteuerten Ensembles, Oltremontano (unter Wim Becu) und Gesualdo Consort (Harry van der Kamp) das große Eröffnungskonzert bekommen. Von der European Broadcasting Union direkt ausgestrahlt, waren unsere Leute weltweit zu hören! Es war ein besonderes Konzert, bei dem dreichörig geistliche Werke von Gabrieli und Schütz aufgeführt wurden. Ein Aufwand wie dieser ist auch bei Groß- veranstaltern der Alten Musik eine große Seltenheit. Der Utrechter Dom war total ausverkauft und das Publikum war sehr begeistert. Bei diesen drei Ensembles gab es viele Bremer; von dozentischer Seite Thomas Albert, Wim Becu, Harry van der Kamp, Klaus Eichhorn, Mikayel Balyan, Torsten Übelhör, von Seiten der Altbremer (Studiert oder gelehrt habend): Lee Santana (Theorbe), Nele Gramss (Sopran), Jochen Grüner (Violine), Ro- bert Schlegl (Posaune), Eva-Maria Horn (Dulzian) und als noch Studierende noch Tural Ismayilov und Andreas Neuhaus (Posaune), Julia Fritz (Zink), Johannes Gontarski (Theorbe) und Joshua Keller (Kontrabass). Die Fernsehübertragung des ganzen Konzerts findet man auf youtube: http://www.youtube.com/watch?v=Z-NH52EM4X8&feature=youtube_gdata. Oder auch zwei einzelne Stücke: http://www.youtube.com/watch?v=8HvxnegrVeg&feature=relmfu und http://www.youtube.com/watch?v=dqGLHbGHpAI&feature=relmfu. Es gab sowieso rege Bremische Arbeit in Utrecht, sowohl in Fringekonzerten (s. Nachrichten von Studenten) als auch im »normalen« Betrieb: Wim Becu und unser Zinkstudent Lambert Colson waren Teil des Ensembles L’Ecole de Royaumont. Mit der Lauten Compagney und der Capella Angelica traten auf: Juliane Laake (Viola da Gamba) und Christoph Burmester (Tenor), sowie aus der »normalen Abteilug Marie-Luise Werneburg (Sopran). Chiyuki Okamura (Sopran) ist bei zwei Konzerten mit dem Bach Collegium Japan dabei gewesen, Veronika Skuplik wurde sowohl mit dem Scorpio Collectief als mit ihrem eigenen Ensemble, Chelycus, engagiert. In diesem letzten gibt es auch Klaus Bona (Viola) und Michael Fuerst (Cembalo/Orgel). Mit der Petite Bande sang Knut Schoch und spielte Gebhard David, mit der Compagnie Bischoff singt Angela Postweiler und bei Bachs Matthäuspassion mit der Akademie für Alte Musik Berlin sind Xenia Löffler und Christian Beuse dabei. Joshua Cheatham hat als Teil eines Gambenduos die »Eröffnungskammermusik« gestaltet und war als Violonespieler bei Capriccio Stravagante dabei. Ein Konzert mit Dorothee Mields und Lee Santana mußte leider wegen Krankheit der Sopranistin im letzten Moment abgesagt werden. Es wird nächstes Jahr nachgeholt.

Das »Instrument in Residence« in Utrecht war ein Virginal von Hans Ruckers aus 1604. Dieses Instrument wurde in drei Konzerten von drei Cembalisten gespielt: Siebe Henstra, Alina Rotaru und Maude Gratton. Alina Rotaru korrepetiert und unterrichtet Cembalo Nebenfach in Bremen; Maude Gratton ist die Cembalopartnerin im Ensemble unserer Violindozentin Stéphanie Paulet. Die beiden letzten werden auch während des Musikfests Bremen zu hören sein.

CD-Veröffentlichungen

Regelmäßig erscheinen CD-Einspielungen mit unseren Dozenten, sowohl solistisch, kammermusikalisch als auch als Ensemble-Mitglied in größeren Formationen. Demnächst will ich hier eine CD-Ecke einrichten; wer was veröffentlicht, kann mir gerne Daten schicken, dann publiziere ich das hier. (Das gilt auch für Absolventen und Studenten!) Versuch einer (un)gründlichen CD-Liste mit Bremer Dozenten (Erschienen 2011/2012)

Polychoral Splendour. Music from the four galleries of the Abbey Church of Muri by Giovanni Gabrieli and Heinrich Schütz, audite / 92.652 Von den Musikemporen in Muri mit den historischen Bossart-Orgeln. Mitwirkende: Siri Karoline Thornhill, Stephanie Petitlaurent, Rolf Ehlers, Jürgen Ochs, Mirko Ludwig, Manuel Warwitz, Simon Schnorr, Kees Jan De Koning; Cappella Murensis / Les Cornets Noirs (u.a. Gebhard David); Leitung: Johannes Strobl

Trombone grande – Music for bass sackbut around 1600, Accent / ACC 24263 Oltremontano, Leitung: Wim Becu; Mitwirkende: Doron David Sherwin, Adrien Mabire, Zinken, Robert Schlegl, Altposaune, Adam Bregman, Tenorposaune, Wim Becu, Bassposaune, Kris Verhelst, Orgel, Ellen Schafraet, Harfe, Rainer Zipperling, Violoncello, Andrea Baur, Chitarrone

The Music of Johann Schenk, DHM (Sony) / 88691903812 Hille Perl, Viola da Gamba, mit Marthe Perl, Johannes Gontarski und Lee Santana. Verleih uns Frieden gnädiglich, DHM (Sony) / 88697857452 Hille Perl, Anna Maria Friman, Lee Santana, Sirius Viols siXXes, Werke von Cage, Santana, Wolff, Cornell und Bishop, mit Hille Perl, Lee Santana, Frauke Hess, Claas Harders, Marthe Perl, Julia Vetö, Annette John, Nele Gramss; DHM / 2968888

The Best of Bach in B Minor, Globe / GLO 5243 Ensemble Schönbrunn (Marten Root, Menno van Delft, Johannes Leertouwer, Anneke van Haaften, Antoinette Lohmann, Viola de Hoog)

Awakening Princesses – Musik für Blockflöte AEOLUS 10186 Peter Holtslag, Elizabeth Kenny, Rainer Zipperling, Carsten Lohff

Josquin Desprez Missa Ave Maris Stella / Marian Motets CPO / 5717885 Philipp Dulichius Sacred Motets CPO / 2689636 Weser-Renaissance, Manfred Cordes

»Komm, süsses Kreuz – the German in phantastic dialogues« Musik von J.S.Bach, J.H.Erlebach, A. und J.M. Kühnel und D. Buxtehude, Frauke Hess, Veronika Skuplik, Torsten Johann, Andreas Arend, Dominik Wörner und Josh Cheatham; Coviello / 3058052

Froberger Suites & Toccatas, Carpe Diem / CD-16290 Alina Rotaru, Cembalo

N ACHRICHTEN VON ABSOLVENTEN

Unsere Ex-Studentin Anne Freitag (Traversflöte) hat 2011 den Wettbewerb Alte Musik in Brugge (B) gewonnen. Dafür unsere herzlichen Glückwünsche!

Das Boreas Quartett (Elisabeth Champollion, Luise Manske, Jin-Ju Baek, Julia Fritz), dessen Mitglieder alle bei Han Tol Blockflöte AM studiert haben, hat ein zwölfteiliges Consort von Renaissanceblockflöten beim holländischen Blockflötenbauer Peter van der Poel bauen lassen. Einweihung war am 12. Januar 2012 um 20 Uhr in der Kirche Unser Lieben Frauen (Bremen). www.boreas-quartett.de Außerdem hat das Boreas Quartett Bremen im Frühjahr 2012 den Förderpreis Alte Musik des Saarländischen Rundfunks und der Fritz-Neumeyer- Akademie in Saarbrücken sowie den Publikumspreis gewonnen! Näheres dazu: http://www.sr-online.de/dersr/1640/

Claire Bracher hat am Royal College of Music (London) eine Professur für Viola da Gamba und Consort erhalten. Außerdem ist sie die Herausgeberin einer neuen englischen Zeitschrift für Alte Musik, Musica Antiqua. Mehr dazu und Abos auf http://www.musicaantiqua.co.uk/

Carsten Krüger und Guillaume Olry (beide Gesang) sind jetzt Mitglied des renommierten Huelgas Ensemble unter Paul van Nevel.

Elisabeth Gusenbauer (Violine) hat ein Kinderbuch veröffentlicht; Text und Illustrationen sind von ihrer Hand. Titel des Buchs: Lorella, edition pro mente, ISBN 3-978-902724-17-5. Hineinschauen lohnt sich! http://kontrast.jimdo.com/edition-pro-mente/neue-und-aktuelle-publikationen/

Lola Soulier (Barockoboe) hat als Teil des siebenköpfigen Solistenensembles des Ensemble baroque de Limoges unter Christophe Coin mit den Bouffes du Nord im Juli 2012 eine Veranstaltungsreihe der Comédie-ballet Le Bourgeois Gentilhomme von Molière und Lully mitgemacht; die Regie führte Denis Podalydès, Bühne: Eric Ruf, Choreographie: Kaori Ito, Kostüme: Christian Lacroix

Versuch einer (höchst unvollständigen) Liste mit neuen CDs unserer Absolventen

Das Ensemble La Ninfea hat mit der Sopranistin Ulrike Hofbauer eine CD, »Sono amante« mit Kantaten und Kammermusik von Giovanni Battista Bononcini (1670-1747) & Antonio Maria Bononcini (1677-1726) herausgebracht; Label: THOROFON CTH-2584. Das Ensemble La Ninfea besteht aus unseren Absolventen Barbara Heindlmeier, Christian Heim, Simon Linné, Marthe Perl und Alina Rotaru www.ensemble-laninfea.de

Die erste CD des Boreas Quartett heißt »Il Flauto Magico« www.boreas-quartett.de

Ju-Hyun Kim (Orgel) hat eine CD ausgebracht bei Neo Musica: Organ Recital, mit Werken von Weckmannn, Scheidemann, Buxtehude, J.S. Bach, Krebs, C.P.E. Bach, Liszt und Guillou. Mehr dazu: [email protected] ert veröffentlicht (Schell Musik, SM 7320CD). www.schellmusic.de

Juliane Laake hat eine Solo-CD herausgebracht: »Marin Marais (1656-1728) Pièces de viole – oubliées & changées«. Sie wird begleitet von ihrem Ensemble Art d’Echo [Katharina Schlegel (Bassgambe), Ophira Zakai (Lauteninstrumente) und Sabine Erdmann (Cembalo)]. Crystal Classics CD: N 67 065 www.juliane.laake.de

Die neueste CD des Ensembles »Le Chardon«: Hajo Wienroth Traversflöte, Huw Daniel Violine und Winfried Dahlke, originales Cembalo von Chr. Zell 1741: »Französische Suiten und Sonaten«, Lunaris www.wienroth.net

András Koncz mit dem ungarischen Vokalconsort Voces Aequales: »Beatissima Beatrix« mit Musik von Tinctoris und Stokhem, Hungaroton Records HCD 32583 www.voces.hu

Claas Harders und Silke Strauf haben die Goldberg-Variationen von J.S.Bach für zwei Bassgamben bearbeitet und für das Label Raumklang eingespielt (RK 2807) http://www.claasharders.de/goldberg.html bzw. http://www.silkestrauf.de/projekte.php

Leonard Trommel (Violoncello) betreut »nebenbei« auch eine Konzertreihe mit Absolventen und Diplomanden der HfK Bremen, die Habenhauser Schafferkonzerte. Die Konzerte finden jeden 4. Freitag im Monat statt in der St. Johanneskirche in Bremen-Habenhausen. Mittlerweile gibt es schon die 5. Saison dieser Reihe, bei der mehrere Auftritte von »alten Musikern« zu hören sind.

Vereinigung Alte Musik Einen Interessenverein für Alte Musiker hat Margret Schrietter gegründet; zu Mitbegründerinnen gehört unsere Absolventin Moni Fischaleck (Fagott). Für Bremen mitzuständig ist eine andere Absolventin: Wiebke Corssen (Barockvioline). Hier eine Selbstdarstellung der Vereinigung:

»Wo immer Menschen die gleichen Interessen haben und gemeinsame Ziele verfolgen, schließen sie sich am besten zu starken Gemeinschaften zu- sammen. Gemeinsam erreicht man mehr als allein. Wir Musiker erfahren das tagtäglich in der künstlerischen Arbeit; wichtig ist es, dieses Prinzip auf die Ebenen der Organisation und Vernetzung unseres Berufstandes zu übertragen. Der Kulturszene in Deutschland stehen schwere Zeiten bevor: Die öffentlichen Kassen sind leer, ganze Klangkörper werden eingespart und die freischaffenden Musiker der Alten Musik Szene, als hinteres Glied in der Kette, bekommen diese finanziellen Engpässe besonders zu spüren. Deshalb haben wir uns zur Vereinigung Alte Musik zusammen geschlossen. Uns ist es wichtig, die schon bestehenden kulturellen Strukturen zu erhalten, mehr Aufmerksamkeit in Gesellschaft und Politik zu erreichen und Defizite hinsichtlich der wirtschaftlichen und sozialen Arbeitsbedingungen anzugehen und langfristig auszuräumen. (...) Frei von Ideologie und Parteipolitik kämpfen wir ausschließlich für die Belange der Alten Musik und die ihrer Künstler.« http://v-a-m.org

N ACHRICHTEN VON STUDIERENDEN

Preise und Wettbewerbe Schwedischer Dirigierpreis Johannes Liedbergius (Gesang AM, Klasse Prof. Harry van der Kamp und Cembalo, Klasse Carsten Lohff) hat den Wettbewerb um den schwedischen Dirigierpreis gewonnen! Wie man sieht, kann ein Mensch, der Alte Musik studiert, auch in anderen Bereichen zuhause sein (Foto: Knut Koivisto). Der Schwedische Dierigierpreis wird von der Stockholm Sinfonietta in Kooperation mit der Firma PwC organisiert. Der Gewinner bekommt ein Sti- pendium von SEK 150 000 und die Möglichkeit, die Sinfonietta zu dirigieren. Mitglieder der Jury sind u.a. Birgitta Svenden, Dirigentin der Schwedischen Königlichen Oper, der Dirigent Professor Gustav Sjökvist und der Komponist Anders Hillborg. Johannes Liedbergius ist ausgebildeter Kapellmeister: Er studierte Orchester- direktion bei Professor Petter Sundkvist an der LTU School of Music in Piteå (Schweden) bevor er Alte Musik in Bremen belegte. Die Jury attestierte ihm eine »warm and clear authority and a music-making that is characterized by sensitivity and musical intelligence«. Biagio-Marini-Wettbewerb Beim diesjährigen Biagio-Marini-Wettbewerb in Neuburg/Donau haben gleich zwei Bremische Ensembles die zwei ersten Preise gewonnen! Der erste Preis ging an das Ensemble Mania del gioco mit Robert Herden (Barockoboe, Klasse Xenia Löffler), Mirjam-Luise Münzel (Blockflöte, Klasse Prof. Han Tol), Eri Suzuki (Cembalo, Klasse Prof. Carsten Lohff) und Gerke Jürgens (Barockvioloncello, Klasse Viola De Hoog). Der zweite Preis ging an das Ensemble du Pont neuf mit Natalja Kostina (Traversflöte, Klasse Prof. Marten Root), Oksana Vasilkova (Barockvioline, Klasse Stéphanie Paulet und Viola da Gamba, Klasse Prof. Hille Perl), Miyoko Ito (Viola da Gamba, Klasse Prof. Hille Perl) sowie Olga Chumikova (Cembalo), die an der Musikhochschule in Hamburg studiert. http://www.augsburger-allgemeine.de/neuburg/Sieger-mit-getragener-Anmut-id21453526.html Arp Schnitger Orgelwettbewerb Juhee Lee hat den dritten Preis beim Arp Schnitger Orgelwettbewerb gewonnen. Tomoko Kitamura erhielt ein Stipendium. Echo Klassik Einen Echo Klassik 2012 gewann das Pera Ensemble unter Mehmet C. Yeºilçay mit der Produktion »Baroque Oriental«; in diesem Ensemble wirkt unsere Studentin Franziska Grunze (Viola da Gamba) mit.

Académie de musique baroque in Ambronay (F) Néstor Cortés Garzón (Violoncello) und Jelina Deuter (Oboe) haben 2011 bei der Académie in Ambronay mitgemacht; unter Sigiswald Kuijken wurde Bachs h-moll-Messe einstudiert und im Konzert gespielt. Das Ensemble war einzeln besetzt, unsere Studies wurden also aus einer ganz großen Reihe von Bewerbern ausgewählt! 2012 wird eine Oper von Rossini aufgeführt. Néstor Cortés hat dafür auditioniert und wurde auch für diese Produktion eingeladen. Für 2013 ist eine Aufführung von Monteverdis L’Orfeo geplant. Anmeldungen werden entgegengenommen! Jeunes Ensembles Ambronay hat auch eine Art von Stipendium, Jeunes Ensembles in Residenz, mit dem jungen Ensembles beim Start ins Berufsleben geholfen werden soll; eine Kombination von Begleitung, Coaching, Aufnahmen und Konzerten gehört dazu. Als einziges »deutsches« Ensemble qualifizierte sich das Ensemble um Swantje Tams Freier, Nestor Cortés, Anninka Fohgrub, Nadine Remmert und Hugo de Rodas Sanches für die zweite Runde. Da sie die einzigen aus Deutschland waren, entschieden sich die Verantwortlichen aus Ambronay kurzerhand, die Audition in Bremen abzuhalten. Man war von uns recht angetan und es könnte sein, dass demnächst auch andere Verbindungen zu Ambronay entstehen. Zumindest steht Bremen nun auch in Frankreich auf der »Alte-Musik-Karte«. Schon alleine dafür sollten wir unseren Studies danken! Denn in Ambronay wußte man nicht, dass es in Bremen eine professio- nelle Ausbildung Alte Musik gibt – obwohl regelmäßig Studies aus Bremen in Ambronay bei der Académie vorgespielt und auch mitgemacht haben!

Bewerben für dieses Programm kann man sich ausschließlich über Internet; es wird auch vom Organisator aus nicht beworben, auch Auskünfte dazu gibt es nur über das Netz. Dennoch hatten sich auch dieses Jahr 150 Ensembles angemeldet. Die meisten kommen aus den Niederlanden, Frankreich und der Schweiz, da es von dort aus vom Anfang an gute Kontakte zu Ambronay gab und dank der Zusammenarbeit auch die dortigen Studies eher auf diese Programme aufmerksam gemacht werden. Es könnte sich hier nun eine kleine Änderung zugunsten von Bremen ergeben, indem wir für Ambronay auf die »Karte der Alten Musik« gelandet sind. Näheres zum Festival und zu den Aktivitäten: www.ambronay.org

European Union Baroque Orchestra (EUBO) Robert Herden (Barockoboe, Klasse Xenia Löffler) spielt bei der diesjährigen Tour des EUBO (European Union Baroque Orchestra) die erste Oboe und Nadine Henrichs (Barockvioline, Klasse Prof. Thomas Albert) spielt dort ebenfalls, genau wie Karin Gemeinhardt (Fagott ). Sie wird ab Wintersemester 2012 bei Christian Beuse in Bremen ein Masterstudium anfangen.

Andere studentische Nachrichten und Aktivitäten Nestor Cortés, Swantje Tams Freier und Hugo de Rodas haben zusammen mit Christian Höpfner auch noch eine »Spin-off«-Band, Suspiro Latino, mit dem sie ganz anderes Repertoire musizieren. Hineinhören lohnt sich, www.youtube.com/watch?v=1xD6Ddla9lw.

Johannes Liedbergius studiert in Bremen Gesang und Cembalo AM, ist aber, wie schon erwähnt, ausgebildeter Kapellmeister. Im März 2011 hat er z.B. zwei Wochen die Dirigierprofessur in Piteå vertreten; dabei hat er den Kammerchor, die Kirchenmusiker und die Masterstudenten in Chor- und Orche- sterdirigieren unterrichtet sowie dazu die entsprechenden Vorlesungen gehalten. Vom 3.-8. Januar ist er in Nordschweden auf Tour gewesen mit den Kantaten IV-VI aus Bachs Weihnachtsoratorium (nach neueren Erkenntnissen ein- zelbesetzt). http://www.nll.se/sv/Kultur/Musik/Norrbottensmusiken/Pitea-Kyrkoopera/ Aber vor Allem hat Johannes Liedbergius den schwedischen Dirigierpreis gewonnen! Und als Folge dessen hat er mittlerweile schon in Dänemark und Schweden konzertiert. Natalja Kostina (Traversflöte/ Klasse Prof. Marten Root) wurde eingeladen, mit dem niederländischen Bachverein bei Bachs Matthäuspassion mitzuwir- ken.

Jorge Martinez Mendoza (Gesang AM, Klasse Prof Harry van der Kamp) hat einen zweijährigen Vertrag am Landestheater Schleswig-Holstein in Flensburg bekommen; er ist außerdem Preisträger 2012 bei der Kammeroper Schloss Rheinsberg.

Anna Terterjan (Gesang AM, Klasse Tanya Aspelmeier) hat eine Gastrolle am Theater in Kiel angenommen.

Fringe: Das Ensemble »La Bremenella« (Anna Terterjan (Gesang), Maria Gilman (Barock- und Renaissancetraverso), Joshua Keller (Viola da Gamba/Prof Hille Perl), Nora Matthies (Violoncello/Viola de Hoog) und David Leeuwarden (Lauteninstrumenten/Prof Joachim Held) spielt auf dem MAFestival in Brügge; desgleichen tun das auch die Mitglieder des Ensemble »Los Temperamentos«, Swantje Tams Freier (Absolventin, Sopran, Klasse Harry van der Kamp), Anninka Fohgrub (Blockflöte, Traversflöte, im Moment Klasse Prof Marten Root), Hugo de Rodas Sanchez (Lauteninstrumente/Barockgitarre), Néstor Cortés Garzón (Barockcello, Klasse Viola de Hoog), Nadine Remmert (Cembalo/Klasse Prof Carsten Lohff). Diese zwei Ensembles spielen in der Reihe Fringe, bei der junge Ensembles vorgestellt werden, welche per Wettbewerb ausgewählt werden (Somit sind zwei der 10 ausgewählten Ensembles aus Bremen!). Sie werden auch in Utrecht auftreten, ebenfalls Fringe. Auch zukünftige Studentinnen spielen schon Fringe: Ester van der Veen (Fagott) spielt Blockflöte bei La musica dell’anima und Karin Gemeinhardt (Fagott) spielt mit dem Trio Cammerton. Joshua Keller spielte nicht nur bei der Eröffnung des Festivals Oude Muziek in Utrecht mit, er wirkte auch mit bei einer Produktion von Monteverdis Ulisse bei Opera Studio Nederland in Amsterdam am 23. und 25. August, Instrumentalensemble ‘t Kabinet (unter Daniël Boothe), Dirigent Gary Thor Wedow, Regie war von Timothy Nelson.

Tag des offenen Denkmals am 9.9.2012 Mehrere studentische Ensembles der HfK, zum größten Teil aus der Alten Musik, haben am 9. September beim Tag des offenen Denkmals kleine Konzerte an historischen Orten gegeben.

Diplome der Alten Musik in WS2010/11 bis SoSe2012: Franziska Kreutzer (Lauteninstrumente), Ursula Schmotzer (Barockoboe), Anna Schall (Zink), Anninka Fohgrub und Julia Fritz (Konzertexamen) (Blockflöte), Ximena Espinosa Fernandez, Wiebke Corßen, Nadine Henrichs und Anna Markova (Violine), Maria Alejandra Saturno Perez und Néstor Cortés Garzón (Vio- loncello), Óscar Gallego Covarrubias, Ilemi Kemonah Martinez und Marthe Perl (Gambe), Eri Suzuki und Torsten Übelhör (Cembalo), Eun-Mi Kim (Ham- merklavier), Eudald Dantí Roura, Brandon Lynn und You-Jeong Lee (Orgel), Angela Postweiler, Chiyuki Okamura und Swantje Tams Freier (Gesang); Maria Gilman und Marika Oyama (Traverso), Magda Uhliøová, Anja Engelberg und Franziska Grunze (Viola da Gamba), Nadine Remmert und José Henriques (Cembalo), Sachiko Kawakatsu, Tatyana Gavrilova und Shinon Nakagawa (Orgel, Shinon macht Konzertexamen), Alexander Kolomiets (Dulzian/Fagott), Robert Herden (Oboe), Johannes Gontarski und Pedro Alcácer (Lauteninstrumente) und Efraín Parra Dominguez (Violine). Ich hoffe, dass ich keinen ver- gessen habe! Wo viele Studies sind, gibt es schließlich viele Abschlüsse! IN MEMORIAM

Im Herbst 2011 haben uns drei Bremer Absolventen für immer verlassen:

Ulrich Oechslein Dirk Lüking Ulrike Mix

In diesem Herbst mußten wir leider drei Absolventen für immer verabschieden: nach einem Unfall Ulrich Oechslein, nach langer Krankheit Dirk Lüking und Ulrike Mix. Drei Menschen mitten im Leben, teils mit noch kleinen Kindern. Sie studierten alle in den neunzigern an der Akademie für Alte Musik. Ulrich Oechslein studierte Cembalo und machte 1995 seinen Abschluß, Ulrike Mix war Cellistin, sie machte 1993 ihren Abschluß und Dirk Lüking war zur gleichen Zeit Kontaktstudent; er studierte Violone.

Ulrich Oechslein (1967-2011) war Kantor in Windsbach. Als ausgebildeter Kirchenmusiker kam er an die Aka zum Cembalostudium; somit konnte er Orgel und Cembalo kombinieren (er konzertierte auf beide Instrumente). Außerdem komponierte er.

Dirk Lüking starb 2011 49jährig an Krebs; er hinterläßt eine Frau und eine kleine Tochter. Er legte sich nicht nur auf Alte Musik fest; er spielte in mehreren Bands, war aber auch festes Mitglied in dem Ensemble Les Amis de Philippe unter Ludger Rémy. Aus einem Nachruf auf ihn kommen die treffenden Worte »... So originell und original wie er selbst war sein musikalischer Lebenslauf. Die Bandbreite reichte von Barock über Jazz, Pop und Schlager bis hin zu Theatermusik. Auf etwa 40 CD-Einspielungen verschiedenster Couleur war Lüking als Bassist vertreten. Die letzte CD, Weihnachtskantaten von Georg Gebel unter Ludger Rémy, wurde ihm posthum gewidmet«.

Ulrike Mix (1955-2011) war eine starke Persönlichkeit und sie hinterläßt eine große Lücke. Sie spielte in mehreren Ensembles in der Kölner Gegend, war aber auch international eine gefragte Cellistin (u.a. The Northern Consort). Sie starb Anfang Dezember 2011 nach langer, schwere, mit großer Geduld getragener Krankheit.

Gedenkt unserer »Altbremern« Unser Beileid gilt den Hinterbliebenen... P ROJEKTE

Großprojekte Gemma Bertagnolli hat nicht nur Wettbewerbe gewonnen (AsLiCo und Opernprojekt 2011 unter der Ägide der Alten Musik Francesco Viñas), sie tritt auch auf den wichtigsten Bühnen und im Konzert Im Sommer betreute wieder die Alte Musik das jährliche Opern- auf, so u.a. das Teatro La Scala, Mailand, Teatro La Fenice, Venedig, Théâtre des projekt der HfK. Ausgewählt wurde Monteverdis Orfeo. Gespielt ha- Champs-Élysées, Paris, die Opernhäuser in Rom und Zürich, der Maggio Musi- ben unsere Studies, gesungen wurde von sowohl »normalen« als auch cale Fiorentino, Accademia Nazionale di Santa Cecilia, Rom, Concertgebouw, Amster- »alten« Gesangsstudierenden. Die italienische Sopranistin Gemma dam, Musikfestspiele Potsdam Sansouci, die Festivals von La Coruña, Pesaro, und Bertagnolli hat dabei in einigen Sitzungen die Sänger sprachlich, ge- Wexford sowie die Salzburger Festspiele. sangstechnisch und interpretatorisch betreut. Die musikalische Lei- Sie hat gearbeitet mit u.a. Roberto Abbado, Bruno Bartoletti, Maurizio Beni- tung des ganzen Projektes hatte Thomas Albert; er wurde dabei von ni, Semyon Bychkov, Diego Fasolis, Gabriele Ferro, Danielle Gatti, Gian- unserem damals noch-Studenten Torsten Übelhör assistiert. Regie andrea Gavazzeni, Gianluigi Gelmetti, Fabio Luisi, Lorin Maazel, Zubin führte Gregor Horres. Aufgeführt wurde das Werk, dessen Bühnen- Mehta, Riccardo Muti, Daniel Oren, Wolfgang Sawallisch, Andreas Spering bild und Kostüme von Studierenden des Fachbereichs Kunst und De- und Simone Young. sign entworfen wurden, im BLG-Forum in der Überseestadt. Das Vor allem aber ist sie bekannt als Interpretin des barocken Repertoires. Sie BLG-Forum ist eigentlich eine alte Fabrikshalle, die als Mehrzweck- war zu hören unter u.a. Rinaldo Alessandrini, Marc Minkowski, René Jacobs, raum für kulturelle Veranstaltungen genutzt wird. Ivor Bolton, Ottavio Dantone, Giovanni Antonini und Fabio Biondi, Alan Curtis, Alessandro de Marchi. Inzwischen hat sie auch gearbeitet mit dem Die Vorstellungsreihe Anfang Juli war ein großer Erfolg. Bei den Bremer Arp-Schnitger-Ensemble unter Thomas Albert. Vorbereitungen zeigte sich das Hinzuziehen von Gemma Bertagnolli Auf CD ist sie u.a. zu hören als Lisa (La sonnambula) mit Cecilia Bartoli und für dieses Repertoire als sehr gute Idee: zunächst ist in einem Werk, Juan Diego Florez sowie Eva Mei und José Bros, Piacere (Il trionfo del tempo das so der Sprache verhaftet ist, wie L’Orfeo, die richtige Emission e del disinganno) und Pergolesis Stabat Mater mit Concerto Italiano, Motetten des italienischen Textes von großer Wichtigkeit und mit Gemma von Bonporti, Cavalieris Rappresentatione di Anima e di Corpo (Stradivarius CD), Bertagnolli hatten wir einen native speaker im Haus. Das hat sich stark Mendelssohns 2. Symphonie (RS CD) und Respighi Liriche da camera (Stradi- bewährt; auch die Sänger, die nicht aus der Alten Musik kommen, varius CD), neulich auch Kantaten von Vinaccesi, 1700: el Siglo de los portugue- haben von ihrer Erfahrung und ihren Kenntnissen sehr profitiert. ses mit Divino Sospiro unter Enrico Onofri und Werke von Telemann.

Internationale Sommerakademie Mozarteum in Salzburg Ein anderes Großprojekt der Alten Musik ist der Sommerkurs in Salzburg. Zum dritten Mal waren wir mit der Akademie für Alte Musik bei der Internatio- nalen Sommerakademie Mozarteum zu Gast. Zur zweiten Edition voriges Jahr haben wir gleich zwei Gastdozenten mitgenommen: Gemma Bertagnolli (Gesang) und Skip Sempé (Cembalo). Gemma Bertagnolli hat mittlerweile eine richtige Beziehung zur Hochschule für Künste: Die Workshops in Bremen haben uns »Lust auf mehr« gegeben und so haben wir sie auch dieses Jahr für den Sommerkurs als Gast dabei gehabt; der zweite Gast war aus Salzburg Hiro Kurosaki (Barockvioline). Der Kurs hatte zwar weniger Teilnehmer als 2011, dafür waren sie aber rundum versorgt und, wie aus vielen Reaktionen zu hören war, sehr zufrieden. Es gab zwei öffentliche Konzerte im Mozarteum, eines zum diesjährigen Kursschwerpunkt Debussy, mit französischer Kammermusik aus dem 18. Jahrhundert am 26. Juli 2012 (das von der Online-Zeitschrift »Drehpunkt Kultur« sehr lobend besprochen wurde) und das große Abschlußkonzert am 27. Juli, das wie- derum unter dem Kursmotto MoMo (III) stand und bei dem Werke von Monteverdi bis Mozart zu hören waren. Vertreten waren u.a. Monteverdi, Gabrieli, Tunder, Händel, Haydn, Mozart. Außerdem musizierten die Gamben Intavolierungen von Josquin Mille regretz und Cypriaan de Rores Anchor che col partire auf dem Renaissancegambenconsort, das Henner Harders gebaut hat und das wir aus Bremen mitgebracht hatten. Es wurde auch Salzburger Barockmusik gespielt: Den Abschluß des Konzerts bildete die Sonata Sancti Polycarpi von Heinrich Ignaz Franz Biber, für 8 Trompeten und Pauken. (Zum Glück haben wir mehrfach begabte Dozenten; Thomas Albert hat Pauken geschlagen). Das zahlreich vorhandene Publikum war begeistert. Der Kurs der Alten Musik ist der einzige, bei dem die Studenten ein richtiges rundes und abwechslungsvolles Programm zum Abschluß präsentieren, das auch wirklich Publikum anlockt. Darunter befinden sich manchmal Exbremer, in diesem Jahr Kim Klausberger (Blockflöte) und Chareeb Al Tally (Laute). Auch Marlies Reyer (früher: Sommersguter – Blockflöte) wurde gesichtet! AEC-Tagung in Bremen Vom 20. bis zum 22. April tagte die Early Music Platform der AEC (Association Européene des Conservatoires, Académies de Musique et Musikhoch- schulen) in Bremen. Das Thema hieß Refreshing authenticity. Die eigentliche Tagung fand am 20. und 21. April statt, am 22. April gab es die Möglichkeit zur Teilnahme an einer Orgelfahrt. Zu den Tagungen der AEC kommen die Verantwortlichen der europäischen Alte-Musik-Abteilungen (sofern sie der AEC angeschlossen sind) und Musikhochschulrektoren oder Dekane, die einige Alte-Musikfächer anbieten (»Blockflöte, Gabe, Cembalo«) oder die Interesse daran haben. Es gibt eine Steuergruppe innerhalb der Early Music Platform, die die Tagungsthematik ausarbeitet. Leiter der Platform ist Peter Nelson, Konrektor der Musikhochschule Trossingen. Die Themen haben naturgemäß eine Verbindung zur Lehre; hier ging es um die Frage nach der Verantwortung u.a. des Hauptfachdozenten als Katalysator von Entwicklungen und Neuerkenntnissen auf dem Gebiet der »historisch informierten Praxis«. Die Tagungen bieten den Teilnehmern viel Chancen zum Austausch und Diskussion. Man lernt von den anderen, sie lernen (hoffentlich) von uns. Auf jeden Fall zeigte sich, dass die Teilnehmer zufireden waren, denn die Tagung wurde mit der Punktzahl 8,2 (von 10) bewertet und war somit die bis jetzt am höchsten bewertete EMP-Konferenz. Den Bericht dazu erscheint online www.aecinfo.org

Im Rahmen dieser Tagung fand am 21. April im Bremer Rathaus ein großes Festkonzert als Abschluß der 25-Jahre-Feier der Akademie für Alte Musik statt, in dem wir einen Querschnitt zeigten von dem, was unsere Studenten zu bieten haben – vom Spätrenaissance und Manierismus zur Klassik, mit Musik von Gabrieli und Monteverdi bis zu Bach und Mozart. Etliche Delegierte schickten uns nachher Glückwünsche für die Tagung mit ganz besonderer Hervorhebung der musikalischen Beiträge unserer Studenten, vom Gambenconsort bei der Eröffnung bis zum klassisch-romantischen Konzert am ersten Abend, den Beiträgen als Teasers für die Kongressteilnehmer zwischen den Vorträgen von der Oboenband und dem Schlußkonzert am Samstagabend. Die (stark verregnete) Orgelfahrt am 22. April wurde von ungefähr 20 bis 25 Teilnehmern mit Begeisterung aufgenommen. Zwei italienische Orgelstudenten waren kaum noch von den norddeutschen Orgeln wegzukriegen; für sie hat sich tatsächlich eine neue Welt eröffnet!

Es gab etwa 80 Teilnehmer aus ganz Europa, die sich wirklich sehr begeistert über Bremen geäußert haben. Einige Institute haben gleich nachgefragt, ob es eine Möglichkeit zur Kooperation gäbe. Zu den schriftlichen Reaktionen, die uns sehr gefreut hat, gehören u.a eine Mail an Thomas Albert von András Batta, dem Präsidenten der Ferenc Liszt Akademie in Budapest, also die Musikhochschule Ungarns, deren Wortlaut ich hier gerne wiedergebe:

Lieber Maestro Albert, gestern in der Turbulenz und der Begeisterung habe ich die Möglichkeit verpasst Ihnen für das schöne Konzert zu gratulieren und mich zu verabschieden. Der alte Saal, die junge Studenten, die Hingabe von allen Professoren und Musizierenden zauberte eine unwiederrufliche Stimmung vor. Es war ein grosser Genuss, wofür ich aufrichtig und herzlichst gratuliere, Ihenen, ihren Studenten und allen Mitwirkenden. Ich bin sehr froh, dass ich an diesem Wochenende am Platform bei Ihenen teilnehmen konnte und nicht zuletzt so viele sympathische Kollegen vom hohen Wissen kennenlernen durfte. Ich wünsche Ihnen und dem ganzen Institut weitere interessante Fragestellungen, künstlerische Antworten und schöne Produktionen. Mit Hochachtung und freundlichen Grüssen aus Budapest, András Batta

Auch andere Delegierte waren begeistert; hier noch eine Reaktion: Dear Greta, On my return to Poland may I convey once more my sincere and cordial thanks to you and all conference team for the warm welcome in Bremen. I would like also express my admiration for the wonderful organization of the Early Music Platform Meeting 2012. Please accept my heartiest congratulations. With best wishes, Urszula Bartkiewicz prof. Urszula Bartkiewicz Haed of the Department of Harpsichord, Organ and Early Music The Academy of Music in Bydgoszcz www.amuz.bydgoszcz.pl Eine Würdigung zu 25 Jahren Akademie für Alte Musik schrieb Gennady Kuznetsov in der online-Ausgabe von Concerto: http://www.concerto-verlag.de/news/index.html (Ganz nach unten scrollen)

Historic Brass Workshop Zum dritten Mal fand vom 1.-3. März in Bremen der Historic Brass Workshop statt. Dozenten waren Susan Williams (Naturtrompete, die Initiatorin des Projekts), Wim Becu (historische Posaune) und Ulrich Hübner (Naturhorn – als Gast). Der Zulauf war so groß, dass das Projekt sich selbst getragen hat! Einige Teilnehmer haben außerdem Interesse bekundet, in Bremen ein Aufbau-/Masterstudium anfangen zu wollen (und haben Aufnahmeprüfung ge- macht). Das heißt: Unsere Blechbläsergruppe breitet sich aus! Hinzukommen werden im Oktober auf jeden Fall zwei Naturtrompeten und eine Barock- posaune.

Projekte in direktem Zusammenhang mit der Lehre

Barockorchesterprojekt Das diesjährige Großprojekt des Barockorchesters war Händels Serenata Il Parnasso in Festa (1734). Wie für den Orfeo haben wir auch für dieses Werk Gemma Bertagnolli als Vokal- und Sprachcoach herangezogen. Das Konzert war am 22. Mai in der Liebfrauenkirche in Bremen. Projekte wie dieses können wir mittlerweile fast ganz »mit Bordmitteln« austragen; nur Hörner haben wir noch keine. Aber die Sänger kamen aus der HfK: Es sangen Sänger und Sängerinnen aus der Alten Musik wie aus der »normalen« Abteilung. Auch der Chor war mit unseren AM-Sängern besetzt (und einem Kirchenmu- siker sowie einem Studienplatzbewerber). Die Serenata, die Händel für die Hochzeit seiner ehemaligen Schülerin Prinzessin Anne mit dem niederländi- schen Prinzen Willem van Oranje geschrieben hat, umfaßt auf weitere Strecken Entlehnungen aus seinem 1733 komponierten Oratorium Athalia (wohl z.T. auf Wunsch der Prinzessin). Es ist ein sehr schönes und selten gehörtes abendfüllendes Werk. Begeistertes Publikum. Und auch das Gefühl, dass es durchaus möglich ist, mit Studierenden ein komplexes Werk, das mehrere Stunden dauert, aufzuführen und dabei auch das Publikum noch zu begei- stern.

»Ensembles in die Orgel« Klaus Eichhorn bietet seit einem Jahr einen Ensemblekurs »in die Orgel« an. Dabei wird Organistenmusik mit historischen Orgeln gemacht. Das Seme- sterabschlußkonzert des Wintersemesters fand am 13. Januar in Dedesdorf statt. Musiziert wurden Werke von Schelle und Buxtehude. Für das Sommer- semester waren ursprünghlich mehrchörige Werke des 17. Jahrhunderts in St. Marien in Stralsund geplant; es gibt in dieser Kirche noch die alten Musi- keremporen. Zusammen mit einer historischen Orgel in hoher Stimmung bieten Projekte wie dieses einen wahren Einblick in die Werkstatt der historisch informierten Praxis! Auch das Konzert in Dedesdorf wurde von der Orgelempore aus musiziert, Stimmtonhöhe 460. Es geht aber nicht nur um die Stimmtonhöhe oder die Temperatur der Instrumente, es geht auch um die Plazierung der Musiker und die daraus entstehenden Erkenntnisse für die Aufführungsweise. Die direkte Fühlung mit den materiellen historischen Gegebenheiten gehört, wenn möglich, zum Studium der Alten Musik dazu und hier ergibt sich eine Gelegenheit, zu einem besseren Verständnis für die Klangwelt der »Organistenmusik« aus dem 17. Jahrhundert zu kommen – auch wenn man etwa in Sachen Frauenstimmen um gewisse Eingeständnisse nicht herumkommt und -kommen kann! Dennoch: Die Zusammenarbeit mit einer »echten« oder »großen« Orgel hat zweifelsohne einen direkten Einfluß auf das Klangverständnis der Sänger und Instrumentisten (auch derer an der Orgel selbst!) und lehrt indirekt etwas über Gesangs- und Instrumentaltechnik. Da im Moment in der Alten Musik gleich mehrere Abschlußprüfun- gen stattfinden, mußte das Projekt aus logistischen Gründen auf den Anfang des Wintersemesters verschoben werden. Denn bei den Diplomkonzerten wirken bekanntlich viele Studierende mit! Allein im Sommersemester 2012, mit einer größeren Konzentration auf Ende Juni/Anfang Juli gab es 13 Diplomkonzerte. »NON È, NON È CONSIGLIO DI GENEROSO PETTO/ SERVIR AL PROPRIO AFFETTO« M ONTEVERDIS O RFEO, MANTUA UND DIE ACCADEMIA DEI INVAGHITI

Die Uraufführung des Orfeo am 24. Februar 1607 steht nicht im Zusammenhang mit einem dynastischen Ereignis, wie die Pastoralen, die für die Favola in musica Pate gestanden haben mögen, Jacopo Peris und Giulio Caccinis Euridice. Die Vorstellung für einen gelehrt-adeligen Kreis mag indes ebenfalls Modelle gehabt haben, denkt man an die allerersten musiktheatralischen Experimente in Florenz. In Mantua aber wurde die erste neuzeitliche Pastorale in pseudoantikem Gewand, Polizianos Fabula d’Orpheo um 1480 uraufgeführt. Polizianos Stück ist ein wichtiger Meilenstein in der italie- nischen Theatergeschichte und wurde immer wieder neuaufgelegt und neuaufgeführt. Jedem gebildeten Italiener ist bis jetzt das Stück ein Begriff. Polizianos Werk stand sicher Modell, nicht nur für Ottavio Rinuccinis Euridice, sondern auch für Alessandro Striggios Orfeo, der das Modell von Rinuccini mitverarbeiten konnte und der mit seinem Orfeo ebenso an die quasi mythische Aufführung der Fabula di Orpheo, sozusagen am gleichen Ort hinweisen konnte. Denn eine Fabula (Favola) ist auch dieses Werk. Pate für alle genannten Werke stand Ovid, dessen Metamorphosen den Stoff für die meisten frühen Pastoralen und Opern lieferten.

In welchem Raum des Palazzo ducale die Uraufführung stattfand, ist nicht mehr mit Sicherheit zu eruieren; das Palazzo wurde später mehrfach und grundlegend umgebaut. Sicher wurde das Werk nicht in dem heutigen sogenannten Spiegel- saal dargeboten, sondern in einem viel kleineren Raum. Mittlerweile glaubt man, diesen Raum lokalisiert zu haben; es geht um den älteren Spiegelsaal, der regelmäßig für Konzerte benutzt wurde. Nach Restaurierung wurde er wieder seinem ursprünglichen Zweck zugeführt. Wenn Monteverdi also in seiner Vorrede schreibt, dass das Werk in einem kleinen und schmalen Raum gegeben wurde, so trifft dies zu. Das Palazzo ducale in Mantua ist in unterschiedlichen Bauabschnitten errichtet und gleicht streckenweise einem Labyrinth – auch stilistisch.

Die Uraufführung fand also im Kreise einer Akademie statt, deren Vorsitzende Francesco Gonzaga war, der älteste Sohn des Herzogs. Das Publikum war handverlesen und passte in einem kleinen Saal. Der regierende Fürst war also eher geladener Gast als Organisator (wobei ein Großteil derKosten von ihm getragen wurde!).

Die Accademia dei Invaghiti und L’Orfeo

Die Accademia degli Invaghiti wurde 1562 von Giulio Cesare Gonzaga in Mantua gegründet; ihre Mitglieder gehörten nahezu ausnahmslos dem Adel an. Das gelehrte adelige Publikum kannte den Mythos natürlich und zwar in all seinen Varianten, auch die unterschiedlichen Schlüsse, somit auch das »apol- linische« Ende, bei dem Orpheus’ Leier (»Lyra«) zum Sternbild erhoben wird. Insofern ist das komponierte Ende für die versammelten Akademiker, deren neoplatonische Ausrichtung sogar eher zu dem musikalischen als zum Text Striggios paßte, eine logische Folge, auf die die Komposition selbst auch hinarbeitet. Sogar wenn das Ende erst später komponiert sein sollte, so fallen doch immer wieder Hinweise auf die Sonne oder auch auf den Son- nengott auf. Schon im ersten Auftritt (»Rosa del Ciel«) besingt Orfeo die Sonne, somit auch den Sonnengott, seinen Vater Apoll (oder Phoebus, Febo), der auch am Anfang des 2. Aufzugs (»Mira che s’en alletta«) namentlich genannt wird. Bereits im Prolog fällt die neoplatonische Tendenz auf. (Io la Musica son, ch’ai dolci accenti/ Sò far tranquillo ogni turbato core... E in guisa à l’armonia sonora/ De la lira del ciel più l’alme invoglio) und zugleich auch das Programm, das sich durch die frühen musikdramatischen Werke zieht: Die Macht und Wirkung der Musik. Dieses Programm wird im Orpheusmythos exemplarisch ausgeleuchtet.

Das Ende des gedruckten Textes unterscheidet sich grundlegend von dem des komponierten Textes. Der Text von Alessandro Striggio d.J. folgt mehr oder weniger der ursprünglichen Vorlage von Ovid, in der Orpheus von aufgebrachten Bacchantinnen zerfleischt wird – Orfeo flieht, ehe sie ihn er- wischen können –, in der Partitur steigt Apoll vom Himmel hinab und nimmt Orpheus mit in denselben. Über diese zwei unterschiedlichen Schlüsse wurde in der Literatur zu L’Orfeo ausgiebig diskutiert. Eine Theorie besagt, dass das jetzt überlieferte Ende die Fassung ist, die für die zweite Aufführung komponiert wurde, da in dieser nicht nur Mitglieder der Akademie geladen wurden, sondern auch Frauen anwesend waren. Ihnen sei der ursprüngliche Schluß nicht zuzumuten und daher hätte man ihn kurzfristig geändert. Da dies nun eine »normale« höfische Aufführung gewesen sei, wäre es diese, die im Druck erschienen ist. Man kann auch ganz anders argumentieren, und zwar mit dem neoplatonischen Gedankengut der Accademia dei Invaghiti und deren daraus logisch folgendem Apoll- und Sonnenkult: Auch hier ließe sich das jetzige Ende logisch argumentieren, logischer sogar als das von Striggio, der sich vielleicht aus Gründen der literarischen »Sauberkeit« an das Ovidische Modell anlehnen mußte und auch wollte. Unterschiede zwischen Libretto und Musik sind in dieser Zeit nicht so ungewöhnlich. Der Text ist eine literarische Vorlage mit literarischem Anspruch und mißt sich mit Ovid, Poliziano und Rinuccini. Die Partitur braucht dieses Wetteifern nicht. Außerdem ist die Einmischung Apolls in dem Geschehen sicher in Übereinstimmung mit den Idealen der Invaghiti. Apoll, dessen Auftreten von langer Hand vorbereitet wird – Hinweise auf die Sonne und den Sonnenkult durchziehen den gan- zen Text. Vom Anfang an wird der Bezug zur Sonne gelegt; schon der erste Hirtenchor bezieht die Sonne ein (»quasi un sol nascente«), Orfeos erster Text (»Rosa del Ciel, vita del mondo«) besingt die Sonne, dann erst wendet er sich Euridice zu, Apoll (Febo) wird namentlich von den Hirten genannt, noch in der Hölle wird immer wieder der Bezug zur Sonne hergestellt. Somit ist der Auftritt des Sonnengottes Apoll nicht unerwartet und nicht in dem Sinn, in dem wir das vermuten würden, ein Auftritt eines Deux ex machina (obwohl gerade er der einzige ist, der Bühnenmaschinerie brauchen könnte). Hinzu kommt, dass eine Anspielung auf Bacchus im Kreise der neoplatonischen Geister, die das Publikum ausmachten, weniger im Programm paßte als das apollinische Ende, das man zudem auch besser mit gegenreformatorischen Idealen in Verbindung bringen konnte als ein Ende mit Mord und Totschlag oder eines, bei dem Orpheus trotz der nicht bestandenen Prüfung (»Orfeo vinse l’Inferno e vinto poi/ Fu da gli affetti suoi./ Degno d’eterna gloria /Fia sol colui ch’avrà di se vittoria.«) dennoch mit seiner Braut vereint wird.

Text und Musik weichen an mehreren Stellen voneinander ab, in den meisten Fällen sind diese Abweichungen aber nicht gravierend. Dennoch braucht es manchmal auch den Text – es gab ein gedrucktes Libretto – um die unterschiedlichen Bedeutungsschichten zu verstehen. Dass im Prolog die Musica gleich zu Anfang ihres Auftretens das Lob der Gonzagas singt (Incliti Eroi, sangue gentil de’ Regi,/Di cui narra la Fama eccelsi pregi,/Né giunge al ver, perch’è trop- p’alto il segno) tut schließlich nur der Konvention genüge, andere Hinweise sind allerdings für das heutige Publikum nicht so selbstverständlich. Manches wird man wohl nicht mehr verstehen. Die generell moralisierenden Tendenzen kennt man, dennoch ist die Interpretation des Orpheusmythos von einer Vielschichtigkeit, die uns in Teilen verborgen bleibt. Ein einfacher Hinweis auf die jedem Humanisten geläufige Katabasis (Orpheus steigt ab die die Höl- le) auch anderer Heroen oder mythische Figuren wird übrigens direkt angesprochen: Als die personifizierte Hoffnung (Speranza) mit Orfeo bis zum Ein- gang der Hölle kommt, zitiert sie aus Dantes Divina Commedia (Inferno): »Lasciate ogni speranza, voi ch’entrate«; die Hoffnung muß Orfeo verlassen, Dante steigt mit Vergil in die Hölle ab, Orfeos Katabasis ist eine einsame. Die Allegorie legitimiert und verbindet die heidnische Antike mit dem Christentum (Orpheus selbst wird ab dem frühen Mittelalter gelegentlich als Vorabbildung von Christus gesehen). Und ist nicht der Text des Finalchors selbst eine Anspielung auf christliche Tugend: »E chi semina fra doglie / D’ogni gratia il frutto coglie«?

Tragedia oder Favola? Die Struktur der Favola ist die einer antiken Tragödie ohne dass sie eine Tragödie ist oder sein will. Es gibt einige formale Aspekte, die aus der Tragödie übernommen werden und die für die Akzeptanz der musikalischen Ausarbeitung nicht unwesentlich sind. Eines ist der Einsatz des Chores: Der Chor wird wie in einer antiken Tragödie (in der Regel) am Ende der Aufzüge als coro stabile eingesetzt. Auch hier gibt es diesen kommentierenden Chor am Ende der Aufzüge, etwa Ecco Orfeo, Nulla impresa,È la virtute un raggio di celeste bellezza, Vanne Orfeo. In der Pastorale gibt es aber auch den coro mobile, z.B. die Balletti (Vieni Imeneo/Lasciate i monti), die in die Aktion integriert sind und die keine kommentierende oder moralisierende Funktion haben. Dort sieht man u.a., wie auch solistische Einwürfe aus den Chören kommen, (»Ninfa, Pastore del coro«). Striggio und Monteverdi lösen dieses Prinzip teilweise etwas auf, indem in der Unterwelt auch in den core stabili »mobile« Elemente eingebaut werden oder sie von Geistern aus dem Chor eingeleitet werden. Ab- gesehen von einer gelegentlichen Vermischung zwischen mobile und stabile, gibt es ein weiteres Problem: Einige Abweichungen zwischen Text im Libretto und gedruckter Partitur betreffen strophische Strukturen, die dadurch, dass (in einigen Fällen) nur eine Strophe gesetzt ist, das Ziel oder die Bedeutung etwas verschleiern. Ein solcher Fall ist der Chor Nulla impresa im 3. Aufzug, der die menschliche Kraft besingt. Im gedruckten Libretto wird in jeder Strophe ein spezifischer (mythlogischer) Fall angesprochen wird; im Partiturdruck ist jedoch nur die erste Strophe überliefert. Dadurch fehlt dem heuti- gen Publikum der Bezug – nicht Orfeo wird hier angesprochen, nicht die abstrakte Kraft, sondern auf Jason und das goldene Vlies wird hier bezug ge- nommen (»aurea messe accolse (...) pose freno al Mar col fragil legno, Che sprezzò d’austr’ e d’aquilon lo sdegno«). Die anderen Strophen beziehen sich auf Daedalos (»Per l’aeree contrade a suo viaggio / L’ali lievi spiegò Dedalo industre...« und wohl Phaeton (»Altri dal carro ardente e de la face/ ch’accende il giorno in terra al ciel salito,/ furò fiamma vivace«, bevor bezug auf Orpheus genommen wird – somit die Kraft nicht nur des Menschen, sondern auch der Musik extra hervorhebend und ihn somit über die anderen Heroen stellend. Dabei wird nebenbei noch ein Hinweis auf die vier Elemente eingebaut, der in der gedruckten Partitur ebenfalls verloren geht: Wasser (Jason und die Argonauten), Luft (Daedalus), Feuer (Phaeton), Erde (Orpheus in der Unterwelt). Die genannten Exem- peln nehmen alle ein irgendwie schlechtes Ende und hiermit wird schon das Scheitern Orpheus’ vorweggenommen: Jasons Frau Creusa wird ermordet, Daedalus verliert seinen Sohn Ikarus, Phaeton stirbt. Wie in der Tragödie wird Hybris bestraft; und diesem Schicksal wird auch Orpheus nicht entkom- men – wie der coro stabile am Ende des vierten Aufzugs explizit singt: »Degno d’eterna gloria Fia sol colui ch’avrà da se vittoria« und diese hatte Orpheus nicht. Dass er dennoch in den Himmel steigt, »dove ha virtù verace Degno premio di se«, von seinem Vater Apoll dorthin berufen, ist angesichts der Opernkonvention des lieto fin für den Menschen des 17. Jahrhunderts kein Widerspruch.

Ottavio Rinuccini, der die Texte zu Peris Dafne und Euridice schrieb, merkt selbst in der Vorrade zu L’Euridice (1600) an, dass es anläßlich eines freudigen Ereignisses – die Hochzeit Maria de’Medici mit Henri IV von Frankreich – erlaubt sei, das tragische Ende in ein freudiges umzuwandeln. Er sieht sich damit sogar in eine Traditionslinie, in der auch Dante steht. Rinuccinis Einfluß auf die Operngeschichte ist enorm. Auch Striggio kann sich dem nicht entziehen. Mit dem lieto fin tut er sich schwer, es kommt aber auch nicht zum tragischen Ende, denn Orfeo flieht vor den Bacchantinnen, die dann in einem großangelegten Chor Bacchus preisen. Orpheus verläßt also sang- und klanglos die Bühne und entkräftet auf diese Art die im Prolog angedeutete Parabel über die Wirkung der Musik. Das Apoll-Finale stellt ebendiese aber wieder in dem Mittelpunkt und ist somit, zumindest von der musikalischen Seite her, das einzig richtige. Und hatte nicht schon Orpheus in der Hölle seine Leier besungen, der einen Platz unter den Sternen(bildern) gezieme? Wie auch der Mythos besagt: Nach seiner Beerdigung tragen die Musen die goldene Leier des Orpheus in den Himmel, wo sie als Sternbild Lyra bis jetzt weiterlebt.

Z UR MUSIKALISCHEN AUFFÜHRUNGSPRAXIS DES ORFEO Seit hundert Jahren ist L’Orfeo zurück auf der Opernbühne – am 2. Mai 1911 wurde er in einer Matinee unter Marcel Labey im Théâtre Réjane in Paris aufgeführt, mit Robert Le Lubez als Orpheus, und Claire Croiza als Messaggera. Ausgehend von der (gekürzten) Edition von Vincent d’Indy war dies die erste szenische Auffüh- rung seit dem 17. Jahrhundert. Anfangs waren die entsprechenden Aufführungen nicht ohne Bearbeitungen im Instrumentarium denkbar; noch in den siebziger Jahren des 20. Jahrhunderts, die den Anfang der Rück- kehr der Werke Monteverdis in das »normale« Opernrepertoire markierten, waren »Anpassungen« vonnöten, auch jetzt noch findet kaum eine Aufführung des Orfeo ohne Änderungen der Vorschläge Monteverdis statt. Teils ist dies, weil man in einem normalen Opernhaus nicht das richtige Instrumentarium hat, teils aber auch unter Einfluß von Moden innerhalb der Anhänger der historisch informierten Praxis, die ohne Nachdenken übernommen werden. Aus den Zeiten, da man das besonders farbige Continuo liebte, hat sich das Lirone in die Instrumentenliste geschlichen (mit dem Einsatz dieses Instruments spart man gerne drei Baßgamben aus), mal fügt man aus Gründen des Effekts Schlagzeug hinzu (was für eine Aufführung in einem gelehrten Kreis, für die das Werk bestimmt war, ja fast blasphemisch zu nennen ist). Dass dies möglich ist, findet auch seinen Grund darin, dass Monteverdi in den konkreten Zeilen der Partitur manchmal über die gewünschte Instru- mentalbesetzung reichlich vage bleibt und also dem heutigen Ausführenden noch reichlich Interpretations- möglichkeiten offen läßt. Einem Institut für Alte Musik, das seit 25 Jahren mit dem entsprechenden Instru- mentarium hantiert, ist allerdings zuzumuten, sich an die Anweisungen Monteverdis zu halten und diese ent- sprechend umzusetzen. In diesem Sinne wurde für die Bremer Aufführungsserie radikal für eine saubere Umsetzung der Monteverdischen Vorschläge optiert – ohne dass dies an die heutige künstlerische Substanz geht. Wir konnten die Pastorale tatsächlich problemlos mit Studierenden besetzen, ob es um Blockflöten, Jacopo Peri als Arion 1589 Cembali, Gamben, Barockgeigen, Orgeln, Lauteninstrumente oder um Zinken, Posaunen, Naturtrompeten, Regal geht.

Besetzung Zu jedem Besetzungsvorschlag Monteverdis gesellt sich eine Frage. Dazu kommen die Unterschiede zwischen Libretto und erhaltener Partitur – der größte ist das völlig umgestaltete Finale – sowie die Umstände der Erstaufführung. Gesungen wurde das Stück nur von Männern; die Frauenrollen wurden von Kastraten interpretiert; bei Zusammenkünften einer Akademie sind Frauen grundsätzlich unerwünscht.

Aller Wahrscheinlichkeit nach waren außerdem die »Chöre« nicht mit Extrasängern besetzt, sondern wurden sie von den Solisten gesungen (wie es auch in dieser Aufführungsreihe der Fall ist), sodass insgesamt nicht mehr als (schätzungsweise) 10 Sänger beteiligt waren: 3 Sopranisten (Kastraten), 1 Alt (Kastrat oder Falsettist), 3 Tenöre und 2 oder 3 Bässe. Von einigen Sängern kennt man den Namen; beteiligt waren u.a.der Tenor Francesco Rasi (wahr- scheinlich in der Hauptrolle), weiter die Kastraten Giovanni Gualberto Magli und Girolamo Bacchini. Welche Bässe sangen, ist nicht bekannt und auch die Zuordnung der Rollen zu den beiden Kastraten ist nicht hundertprozentig gesichert.

Schon die Liste der Mitwirkenden, die der gedruckten Partitur vorangstellt ist, enthält Inkonsistenzen: Bei den Protagonisten ist die Messaggiera vergessen, doch eine nicht unwichtige Rolle; auch die Instrumentalbesetzung stimmt nicht ganz mit den Angaben innerhalb der Partitur überein – es braucht mehr Posaunen und Trompeten sowie zwei Blockflöten statt einer, dafür aber eventuell nur einen Kontrabass.

Zu L’Orfeo gibt es keine Vorrede wie in den gedruckten Partituren von Peri oder Cavalieri, dafür sind in der Partitur Besetzungshinweise eingefügt. Diese Angaben schwanken aber zwischen »hier und jetzt« und der Beschreibung, wie es in der Aufführung in Mantua gewesen ist, sodass man sich fragen muss, welchen Stand der Druck darstellt: Welche Mischung zwischen Gewesenem und Vorschlägen des Komponisten zu einer zukünftigen Real- oder Idealvorstellung beabsichtigte Monteverdi – da er doch zumindest ahnte, dass eine solche nur in einem höfischen Umfeld stattfinden konnte und die Partitur somit nichts Anderes als eine Dokumentation einer gewesenen Vorstellung und Studienmaterial sein konnte? Dass es eventuell zwischen 1614 und 1619 Aufführungen in Salzburg gegeben hat, die vom ersten Orfeo, Francesco Rasi, ausgingen, konnte er 1609 nicht vermuten. Ob die zweite Auf- lage des Werks, 1615, mit diesen Aufführungen in Verbindung stand, wage ich sehr zu bezweifeln. Die Aufführung des Orfeo stellt jedem heutigen Dirigenten vor Fragen. Es gilt nicht sosehr, eine »Bearbeitung« zu machen, es geht mehr darum, die Fragen, die in der Partitur auftauchen, einigermaßen adäquat zu lösen. Das geht nur, wenn man die »Sprache« dieses Werks versteht: Affektgehalt und Textaus- deutung, aber auch die Bedeutung des Orpheusmythos für den (damaligen und jetzigen) Zuhörer; wenn man weiß, was recitar cantando wirklich heißt und wenn man die Schwelle zwischen theatralischem Rezitieren und Musik kennt und sich zwischen diesen beiden natürlich zu bewegen weiß.

Instrumentalbesetzung Trotz der vielen Angaben in der Partitur gibt es immer noch reichlich Fragen; zunächst betreffen die meisten die Besetzung des Continuo. Bei näherer Betrachtung stellt sich heraus, dass es ein paar Prinzipien gibt: Soli werden (wenn nichts gegenseitiges gefordert wird) in der Regel von einem Cembalo und einem Chitarrone begleitet, bei traurigen Affekten von einer Orgel und einem Chitarrone; in der Unterwelt ist das »natürliche« Begleitinstrument das Regal, gelegentlich mit einer Orgel verdoppelt. Orfeo selbst bringt sozusagen seine ei- genen Instrumente mit, die sonst nicht in der Unterwelt zu hören sind – in seiner großen Bitte Possente Spirto zu Caronte, dem zentralen Stück der Oper, hört man auch seine Leier, die die ganze Instrumentalmusik in sich vereint, vom Streichinstrument (Violinen) über die Bläser (Zinken) bis zu den gezupften und mehrstimmigen, somit vollkommenen Instrumenten (Harfe). Wenn Duette gesungen werden, gibt es zwei Chitarronen; in größer besetzten Abschnitte werden entsprechend mehr Instrumente eingesetzt. Hier ist Monteverdi oft sehr präzise. Das Regal wird nie mit Cembalo oder mit Chitarronen kombiniert; wenn das Regal gespielt wird, gibt es auch nur eine einzige Orgel, sodass man geneigt ist, zu vermuten, dass einer der Organisten auch Regal gespielt hat. Im fünften Aufzug wechselt dann der Regalspieler wieder zu seiner Orgel. Die Chöre werden unterschied- lich begleitet, auch hier aber weiß man nicht in jedem Fall, wie sie zu besetzen sind. Der Hinweis Alle Instrumente kann sich in den Oberweltszenen nicht auf die Unterweltinstrumente beziehen – es ist auch möglich, dass z.B. die zwei Blockflötisten der Oberwelt die gleichen sind wie die zwei Zinkenisten der Unterwelt. Denn in der Oberwelt haben die Zinken sowenig Platz wie die Blockflöten in der Unterwelt. Ein letzer Hinweis zur Instrumentalbesetzung: Der Ausdruck »viole da brazzo« bezieht sich nicht nur auf die Oberstimmen der Violinfamilie, sondern bezeichnet zwei Violinconsorts, also Sopran1/2 -Alt-Tenor-Bass; das untere Instrument ist eine Bassgeige, kein Cello. Die Trompeten spielen ausschließlich die Toccata. Zinken, Posaunen und Naturtrompeten aus: Michael Praetorius, Syntagma Musicum II, Wolfenbüttel 1618. Monteverdi ist in der Instrumentierung seines Orfeo ein Produkt des manieristischen Umgangs mit Instrumen- talensembles. Bestimmte Klangkörper und -kombinationen werden bewußt eingesetzt. So wird in der Ober- welt (1.,2.,3. Aufzug) ein Instrumentarium eingesetzt, das sofort eine »Klangcoulisse« schafft, gewissermaßen ein klingendes Bühnenbild ist. Das Ritor- nello, das zwischen den Strophen der Musica klingt, wird von den gesamten Streichern der Violinfamilie (10 Instrumente), einem Kontrabass, 2 Cembali, 3 Chitarronen, 2 Orgeln und eine Harfe begleitet. Dieses Ritornello kommt in den genannten Aufzüge immer wieder und stellt die thrakische Oberwelt dar, in der sich das Werk eigentlich abspielt. Sobald man sich im 3. Aufzug der Unterwelt nähert, ändert sich die Klangcoulisse: Cembali, Violinen und andere Oberweltinstrumente (Harfe, [Orgeln], Chitarronen, Blockflöten) schweigen und an ihrer Stelle treten Sinfonien und Ritornellen, die von Zinken und Posaunen gespielt werden; die Begleitung dieser Stücke wird vom Regal übernommen. Sofort wird hier die Klangcoulisse der Unterwelt gesetzt. Orpheus, der in der Unterwelt nicht hineingehört, bringt sinngemäß aber sein eigenes Instrumentarium mit und dazu gehört auf jeden Fall ein Chitarrone. Je nach Stimmungslage spielt sie zusammen mit Orgel oder Cembalo. In der zentralen Bitte Possente Spirto spielt er seine goldene Leier und diese wird durch mehrere Oberweltnstrumente symbolisiert. Wenn nach dem 4. Aufzug Orpheus wieder an die Oberwelt gelangt, hört man wieder das Oberweltri- tornello, auch wenn die Stimmungslage eine ganz andere ist als am Anfang des Werks. Auch ohne Bühnenbild wüßte man sofort, dass Orpheus wieder in Thrakien ist.

Aufführungsumstände Die Uraufführung von L’Orfeo fand, laut Monteverdis Widmung, in einem schmalen Raum statt, nicht in einem höfischen Theater. Dieser Raum befand sich in den Gemächern von Margherita Gonzaga d’Este, der verwitweten Schwester des Herzogs, die im Palazzo ducale wohnte (»nella sala nel partimento che godeva Madama Serenissima di Ferrara«; so ein Brief von Carlo Magno am 23. Februar 1607). Man vermutet jetzt, dass es sich um die ursprüngliche »Sala dello Specchio« handelt. Die heutige Sala degli Specchi kommt aus mehreren Gründen nicht in Frage; ihre jetzige Einrichtung stammt aus dem 18. Jahrhundert. Außerdem entspricht sie nicht der Beschreibung Magnos, der auf einen Raum hinweist, der entschieden kleiner sein muß. Bei baulichen Änderungen im Palazzo ducale in Mantua wurden jedoch mehrere Räume grundlegend geändert. Die alte Sala dello Specchio, in der regelmäßig musikalische Aufführungen stattfanden, befindet sich in der Tat in dem Teil des Palazzo, in dem sich die Gemächern von Margherita Gonzaga befunden haben mögen. Ein in Frage kommender Raum wurde Ende der neunziger Jahre des 20. Jahrhunderts freigelegt. Er ist entschieden kleiner und in der Anlage trapezförmig, mit einem kleinen Vestibül am Eingang. Für die Uraufführung mußte er zweifellos extra theatralisch eingerichtet werden; zudem kann man davon aus- gehen, dass für den Auftritt Apolls im fünften Akt eine Theatermaschine vorgesehen war, wie klein auch immer – wenn das von Monteverdi überlieferte Finale das ursprüngliche ist. Das trompe l’oeil, das dank der Spiegel entsteht, könnte vielleicht ebenfalls für ein solches Finale verwendet werden und vielleicht gar eine Theatermaschinerie suggerieren, die wegen der Enge des Raums nicht wirklich ein- Mantua, Palazzo ducale setzbar gewesen ist. Diese ursprüngliche Sala dello Specchio wurde nach ihrer »Wiederentdeckung« re- stauriert. Sie wird wieder für Konzerte genutzt.

»Hieri fu recitata la Comedia«, »parleranno musicalmente«: das »Recitar Cantando« Hieri fu recitata la Comedia nel solito scenico Teatro con la consueta magnificenza et dimani sera il Ser.mo S.r Principe ne fa recitare una, nella sala del partimento che godeva Mad.ma Ser.ma di Ferrara, che sarà singolare posciaché tutti gli interlocutori parleranno musicalmente dicendosi che riuscirà benissimo onde per curiosità dubio che mi vi lasciare’ ridurre, caso che l’angustia del luogo non mi escluda. Carlo Magno Dieser Bericht zur Aufführung des Orfeo spricht nicht über virtuose Arien, sondern über Rezitieren, parlare musicalmente oder, wie Giulio Caccini, einer der frühen Protagonisten der neuen Musik, es in einer Vorrede 1602 nennt, favellare in harmonia – sprechen auf Musik. Die Idee einer Trennung zwischen Rezitativ und Arie existiert noch nicht; ja, die Arie als Affektträger gibt es noch nicht. Diese Rolle liegt einzig und alleine im recitar cantando, im singenden Rezitieren. Gerade in den frühesten Zeiten der neuen Gattung »Pastorale« war das Spielen genauso wichtig wie das Singen: Die Glaubwürdigkeit der Darstellung war, gerade wegen der Neuigkeit der Gattung, oberstes Gebot. Theatralisches Singen oder Rezitieren auf Tönen von epischer Literatur hat allerdings in Italien eine längere Tradition, die in bestimmten Gebieten bis heute lebendig ist. Insofern war der Sprung von Rezitation bis zur begleiteter Rezitation in Italien vielleicht eher ein Schritt denn ein Sprung. Man soll außerdem nicht vergessen, dass das Rezitativ sich nicht nach »normalem« Spre- chen richtet, sondern nach dem Rezitieren des Schauspielers. Und die Theaterliteratur ist in Versen geschrieben, die ein Scansum haben. Über alte Gesangstechnik und gerade über die Änderungen, die sich in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts vollzogen und die zum Bel Canto führten, wissen wir längst nicht so viel, wie wir vorgeben zu wissen. Wichtig zu wissen sind einige Fakten: Dank des Diminutionsstudiums, das sowohl technische als ästhetische Anforderungen stellt, erweiterte sich der Ambitus der Stimme. Sie wurde sozusagen für das Solosingen präpariert. Wenn man die frühesten Ansätze zur manieristischen Ausdeutung »antiken« Gesangs sieht, merkt man noch, wie klein der Ambitus der Stimme ist. Auch das recitar cantando an sich braucht keinen Riesenambitus. Dennoch ist Possente Spirto hier als Demonstration zeitgenössischer Gesangstechnik deutlich ambitionierter. Man weiß dass Francesco Rasi, der vermutlich den Orfeo sang, ein Tenor mit baritonalen Tiefen war. Das trainieren der Stimme zur Erweiterung der Tessitur sowohl nach oben als auch nach unten, ist mehrfach dokumentiert. Auch über die Stimmbildung selbst, über die Änderungen, die das neue Solosingen mit sich brachte (u.a. im Gebracuh des Vibratos) sind wir noch nicht eingehend genug dokumentiert. Es gibt zwar mehrere Äußerungen zum Gesang, es gibt die Vorrede von Giulio Caccini zu seinen Nuove Musiche, dennoch braucht es zur alten Gesangstechnik noch weitere Forschungen, die nicht von Vorurteilen und fertigen Vorstellungen belastet sind. Ein Problem dabei bleibt die Sprache bzw der völlig andere physiologische Kenntnisstand des 17. und 18. Jahrhunderts, der mit einer für uns nicht immer nachvollziehbaren Terminologie gepaart ist.