Geschichte Des Zementwerks Schelklingen [Hrsg
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Ein Jahrhundert Zementproduktion in Schelklingen Der Heidelberger Portländer Beiträge zur Unternehmensgeschichte und Unternehmenskultur, Heft 11 Die Geschichte des Zementwerks Schelklingen [hrsg. von: HeidelbergCement AG] Dietmar Cramer, Daniela Hesse – Heidelberg Copyright ©2016 HeidelbergCement AG Berliner Straße 6, 69120 Heidelberg Titelfoto: Werksumbau 1929. Kohlenmühle, Elevator-Transportbühne und drei Zellensilos im Bau. Entwurf und Realisation: ServiceDesign Werbeagentur GmbH, Heidelberg Die Geschichte des Zementwerks Schelklingen 3 Einleitung 4 Die Geschichte des Zementwerks Schelklingen 4 Gründung des Stuttgarter Immobilien- und Baugeschäfts 6 Ausbau der Ziegelwarenproduktion 7 Württembergische Zementpioniere 11 Stuttgarter Cementfabrik Blaubeuren 15 „Gründerkrach“ und Ausbau des Zementgeschäfts 18 Stuttgarter Cementfabrik Allmendingen 21 Betriebsgemeinschaft mit Leube und Kampf um Allmendingen 26 Boom-Jahre 28 Oberschwäbische Cementwerke AG Ehingen 30 Das erste Vierteljahrhundert 33 Verlagerung der Ziegeleien nach Cannstatt 35 Betriebsverlagerung nach Schelklingen 38 Übernahme des Zementwerks Hammerstein 40 Verkaufsverbände, Kontingente und Firmenübernahmen 43 Erster Weltkrieg 45 Fusion mit den Portland-Cement-Werken Heidelberg und Mannheim 47 Rationalisierungen und Werksschließungen 50 Arbeiterunruhen und Werksvereine 53 Kompletter Fabrikumbau in Schelklingen 60 Weltwirtschaftskrise und Werksstilllegung 62 Wiederinbetriebnahme und Gleichschaltung 68 Wiederaufbau und Wirtschaftswunder 70 Produktion im Trockenverfahren 74 Quellennachweis GESTEINSABBAU mit modernen Schwerlastkraftwagen und Radladern, 2015. 2 Das Zementwerk Schelklingen begegnet uns heute nach über 115 Jahren des Bestehens als ein moderner leistungsfähiger Betrieb. Seine Wurzeln reichen weit zurück bis zu seinem Vorläuferwerk, 3 der Stuttgarter Cementfabrik Blaubeuren. Als einer der Pioniere in der Portlandzementindustrie hatte das Stuttgarter Immobilien- und Baugeschäft dieses Werk 1872 errichtet. Auf der Gemarkung Blau- beuren gab es schließlich drei Zementhersteller, Schwenk, Spohn und die Stuttgarter, die sich gegen- seitig Konkurrenz machten. In Weiler war Weil & Sigloch und in Gerhausen Leube ansässig. Die Rohstoffe wurden von allen in Gerhausen an der Beininger Steige abgebaut. Später verlagerten sie ihre Aktivitäten meist nach Schelklingen und Allmendingen, da dort die Zementmergel des oberen Weißen Juras in größeren Mächtigkeiten anstanden. Das Stuttgarter Immobilien- und Baugeschäft übernahm 1883 die Produktionsstandorte der Firma Leube und fusionierte 1918 mit den Portland- Cementwerken Heidelberg und Mannheim zum größten süddeutschen Zementhersteller. Zu den bedeutendsten Gründungen des Stuttgarter Immobilien- und Baugeschäfts gehörte die Schelklinger Zementfabrik im Jahr 1900, die bis heute erfolgreich am Markt ist. Von einst 31 Zementfabriken zwischen Ulm und Ehingen sind heute nur die Firmen HeidelbergCement in Schelklingen und Schwenk in Allmendingen übrig geblieben. Nach der Währungsreform 1924 wäre das Schelklinger Werk beinahe auf Dauer stillgelegt wor- den. Damals war das Werk komplett veraltet, denn man produzierte immer noch nach dem Stuttgar- ter Verfahren mit Ring- und Schachtöfen. Inzwischen wurde das Werk drei Mal komplett umgebaut und ein weiterer großer Umbau steht bevor. Aus diesem Grund beschränkt sich diese Darstellung auf das erste Jahrhundert. Nach Abschluss der Baumaßnahmen wird zu gegebener Zeit, im Rahmen dieser Reihe, über die jüngsten Entwicklungen berichtet. Bis dahin erscheint diese Ausgabe lediglich in digitaler Form. Das Ende des Deutsch-Französischen Krieges große Gewinnchancen erkannt. Der allgemeine 4 1870/71 beflügelten die Wirtschaft des neu ge- wirtschaftliche Aufschwung hatte eine beträcht- gründeten Deutschen Kaiserreichs. Durch den am liche Wertsteigerung von Grund und Boden 26. Februar 1871 in Versailles geschlossenen sowie eine vermehrte Nachfrage nach Wohn- Vertrag musste sich Frankreich einer Reparations- raum gebracht. In den Jahren 1863 und 1864 forderung von 5 Mrd. Goldfranken unterwerfen. erwarb er in der aufstrebenden schwäbischen Der Frankfurter Friede vom 10. Mai 1871 beendete Metropole größere Bauareale und bebaute sie formal den Krieg und bestätigte die Forderungen teilweise. aus dem Versailer-Vertrag. Der Geldsegen, der den Das Geschäft florierte, so dass er schon 1866 öffentlichen Kassen zu Gute kam, löste einen den Fondsverwalter Alwin Moser in seine regelrechten Boom an Firmengründungen aus und Dienste nahm. Ihm übertrug er die Weiterfüh- veranlasste zahlreiche Spekulanten dazu, ihr Geld rung seiner vielfältigen Bau- und industriellen insbesondere in der Bauwirtschaft zu investieren. Unternehmungen. Der Deutsch-Dänische Krieg Die württembergische Metropole Stuttgart nahm 1864 brachte die Geschäfte bis 1869 ins Sto- einen derartigen Aufschwung, dass ihre prozentu- cken. Inzwischen hatte sich Moser intensiv mit ale Bevölkerungszunahme selbst die der deutschen den lokalen Bauverhältnissen beschäftigt. Sehr Reichshauptstadt übertraf. verbreitet waren damals Holzfachwerkbauten Einer der Investoren war der erfolgreiche mit Natursteinausmauerung. Diese Bauweise und bekannte Verleger Georg Eduard von Hall- war kostspielig und kaum zu rationalisieren. berger (*29.03.1822 in Stuttgart †29.08.1880 in Der Schlüssel für den Bau von günstigen Tutzing).1 Hallberger war der Sohn des Buchhänd- Häusern lag in einer tiefgreifenden Reform des lers und Verlegers Ludwig Hallberger. Im väter- Ziegeleigewerbes. Im Umkreis von 15 km um lichen Verlag, der in den 1830er-Jahren im Mit- Stuttgart bestand keine Ziegelei, die wetterbe- telpunkt der belletristischen Bewegung stand, ständige Bausteine herzustellen vermochte. machte Hallberger seine erste Ausbildung, an- Außerdem trieb die Hochkonjunktur die Preise schließend arbeitete er in Verlagen in Potsdam für Baumaterial stark in die Höhe. So lag es nahe, und Berlin. Während der Märzrevolution kehrte durch eigene Baumaterialproduktion deren Kosten er nach Stuttgart zurück und gründete dort 1848 zu senken. Auf Moser’s Vorschlag investierte eine eigene Verlagshandlung mit einem Schwer- Eduard von Hallberger daher 1869 in eine punkt in der Jugend- und Volksliteratur. Hallber- Maschinenziegelei auf der Prag, einem Höhen- ger war auf zahlreichen Geschäftsfeldern tätig rücken nördlich der Stuttgarter Innenstadt. Die und an verschiedenen Unternehmen beteiligt, Ziegelei wurde mit neuartigen Ringöfen und u.a. Mitbegründer des Württembergischen Koh- neuesten Maschinen ausgestattet und war die lengeschäfts, der Stuttgarter Pferdebahn und der erste ihrer Art in Württemberg.3 Zuckerfabrik Stuttgart AG.2 Mehr als einmal stand Die starke Nachfrage nach Wohnraum er am Rande des Bankrotts. Das bekannteste aus konnte in Stuttgart kaum befriedigt werden; die seinen Gründungen hervorgegangene und nach erforderlichen Baukapazitäten konnten von einem seinem Tod gebildete Unternehmen ist die heute einzelnen Unternehmen jedoch nicht angeboten noch bestehende Deutsche Verlagsanstalt. werden. Deshalb erzielten Zusammenschlüsse Im expandierenden Grundstücks- und wie die neu gegründete Allgemeine Baugesell- Wohnungsbaumarkt hatte Eduard von Hallberger schaft bald solche Erfolge, dass sich Eduard von EDUARD VON HALLBERGER (*29.03.1822 in Stuttgart, †29.08.1880 in Tutzing), ca. 1880 ALEXANDER VON PFLAUM (*4.06.1839 in Pflaumloch †15.12.1911 in Berlin). Quelle im Anhang. 5 Hallberger entschloss, in ähnlicher Weise vorzu- Anfangs war der Umsatz im Liegenschaftgeschäft gehen. Er verständigte sich mit der Württember- sehr lebhaft und die Ziegeleien und Steinbrüche gischen Vereinsbank, den Bankhäusern Pflaum & konnten kaum den gestellten Anforderungen Co und Stahl & Federer, dem Kommerzienrat genügen. Man feierte sich bereits als „Begründer Rudolf Knosp in Stuttgart und der Süddeutschen einer neuen Ära des Bauens im schwäbischen Immobiliengesellschaft in Mainz. Am 1. Dezem- Raum“. In der Tat setzte das Unternehmen in der ber 1871 gründeten diese die Aktiengesellschaft Baustoffproduktion neue Qualitätsmaßstäbe. „Stuttgarter Immobilien- und Baugeschäft“.4 Auch die Gründung der Stuttgarter Gemeinnützi- “Der Grundgedanke, nach welchem die- gen Baugesellschaft im Jahr 1872 durch Eduard selbe ihre Thätigkeit entwickeln sollte, war der: von Hallberger war wegweisend. Die Wohnbau- Bauareale an schon bestehenden und an neuanzu- genossenschaft errichtete in der Schwabstraße in legenden Strassen zu erwerben und dieselben zu Stuttgart kleine und mittelgroße Wohnungen für überbauen, teils mit Einfamilienhäusern vorneh- die Arbeiterschicht, die den sanitären Anforderun- men Styls, teils mit Wohnhäusern verschiedener gen der Zeit entsprachen. Ausschlaggebend für Grösse, und endlich mit Geschäftshäusern.“5 Eduard von Hallbergers Initiative waren aber Eduard von Hallberger brachte in das weniger soziale Motive. Im Vordergrund stand die neue Unternehmen sämtliche Bauareale, seine Befürchtung, dass die zahlreichen neuen Bauge- Ziegelfabrik und einen Steinbruch am Schellberg nossenschaften zusammen mit den Städten einen (nördlich Uhlandshöhe) ein.7 Im neunköpfigen Teil des Wohnungsbaus für sich gewinnen könn- Aufsichtsrat der Gesellschaft saßen u.a. Alwin ten.10 Moser, G. Gutbrod, Kommerzienrat Rothschild, Neben dem allgemeinen Wohnungs- und der stellvertretende Vorsitzende Knosp und der Gewerbebau errichtete das Immobilien- und Vorsitzende Hallberger. Unter den 32 Aktionären Baugeschäft aber auch prestigeträchtige Prunk- des Unternehmens waren überwiegend Banken bauten. An der neu angelegten Goethestraße und großbürgerliche