Ein Jahrhundert Zementproduktion in

Der Heidelberger Portländer Beiträge zur Unternehmensgeschichte und Unternehmenskultur, Heft 11

Die Geschichte des Zementwerks Schelklingen [hrsg. von: HeidelbergCement AG] Dietmar Cramer, Daniela Hesse – Heidelberg

Copyright ©2016 HeidelbergCement AG Berliner Straße 6, 69120 Heidelberg

Titelfoto: Werksumbau 1929. Kohlenmühle, Elevator-Transportbühne und drei Zellensilos im Bau. Entwurf und Realisation: ServiceDesign Werbeagentur GmbH, Heidelberg

Die Geschichte des Zementwerks Schelklingen

3 Einleitung

4 Die Geschichte des Zementwerks Schelklingen

4 Gründung des Stuttgarter Immobilien- und Baugeschäfts

6 Ausbau der Ziegelwarenproduktion

7 Württembergische Zementpioniere

11 Stuttgarter Cementfabrik

15 „Gründerkrach“ und Ausbau des Zementgeschäfts

18 Stuttgarter Cementfabrik Allmendingen

21 Betriebsgemeinschaft mit Leube und Kampf um Allmendingen

26 Boom-Jahre

28 Oberschwäbische Cementwerke AG

30 Das erste Vierteljahrhundert

33 Verlagerung der Ziegeleien nach Cannstatt

35 Betriebsverlagerung nach Schelklingen

38 Übernahme des Zementwerks Hammerstein

40 Verkaufsverbände, Kontingente und Firmenübernahmen

43 Erster Weltkrieg

45 Fusion mit den Portland-Cement-Werken Heidelberg und Mannheim

47 Rationalisierungen und Werksschließungen

50 Arbeiterunruhen und Werksvereine

53 Kompletter Fabrikumbau in Schelklingen

60 Weltwirtschaftskrise und Werksstilllegung

62 Wiederinbetriebnahme und Gleichschaltung

68 Wiederaufbau und Wirtschaftswunder

70 Produktion im Trockenverfahren 74 Quellennachweis GESTEINSABBAU mit modernen Schwerlastkraftwagen und Radladern, 2015.

2 Das Zementwerk Schelklingen begegnet uns heute nach über 115 Jahren des Bestehens als ein moderner leistungsfähiger Betrieb. Seine Wurzeln reichen weit zurück bis zu seinem Vorläuferwerk, 3 der Stuttgarter Cementfabrik Blaubeuren. Als einer der Pioniere in der Portlandzementindustrie hatte das Stuttgarter Immobilien- und Baugeschäft dieses Werk 1872 errichtet. Auf der Gemarkung Blau- beuren gab es schließlich drei Zementhersteller, Schwenk, Spohn und die Stuttgarter, die sich gegen- seitig Konkurrenz machten. In Weiler war Weil & Sigloch und in Gerhausen Leube ansässig. Die Rohstoffe wurden von allen in Gerhausen an der Beininger Steige abgebaut. Später verlagerten sie ihre Aktivitäten meist nach Schelklingen und Allmendingen, da dort die Zementmergel des oberen Weißen Juras in größeren Mächtigkeiten anstanden. Das Stuttgarter Immobilien- und Baugeschäft übernahm 1883 die Produktionsstandorte der Firma Leube und fusionierte 1918 mit den Portland- Cementwerken Heidelberg und Mannheim zum größten süddeutschen Zementhersteller. Zu den bedeutendsten Gründungen des Stuttgarter Immobilien- und Baugeschäfts gehörte die Schelklinger Zementfabrik im Jahr 1900, die bis heute erfolgreich am Markt ist. Von einst 31 Zementfabriken zwischen und Ehingen sind heute nur die Firmen HeidelbergCement in Schelklingen und Schwenk in Allmendingen übrig geblieben. Nach der Währungsreform 1924 wäre das Schelklinger Werk beinahe auf Dauer stillgelegt wor- den. Damals war das Werk komplett veraltet, denn man produzierte immer noch nach dem Stuttgar- ter Verfahren mit Ring- und Schachtöfen. Inzwischen wurde das Werk drei Mal komplett umgebaut und ein weiterer großer Umbau steht bevor. Aus diesem Grund beschränkt sich diese Darstellung auf das erste Jahrhundert. Nach Abschluss der Baumaßnahmen wird zu gegebener Zeit, im Rahmen dieser Reihe, über die jüngsten Entwicklungen berichtet. Bis dahin erscheint diese Ausgabe lediglich in digitaler Form. Das Ende des Deutsch-Französischen Krieges große Gewinnchancen erkannt. Der allgemeine 4 1870/71 beflügelten die Wirtschaft des neu ge- wirtschaftliche Aufschwung hatte eine beträcht- gründeten Deutschen Kaiserreichs. Durch den am liche Wertsteigerung von Grund und Boden 26. Februar 1871 in Versailles geschlossenen sowie eine vermehrte Nachfrage nach Wohn- Vertrag musste sich Frankreich einer Reparations- raum gebracht. In den Jahren 1863 und 1864 forderung von 5 Mrd. Goldfranken unterwerfen. erwarb er in der aufstrebenden schwäbischen Der Frankfurter Friede vom 10. Mai 1871 beendete Metropole größere Bauareale und bebaute sie formal den Krieg und bestätigte die Forderungen teilweise. aus dem Versailer-Vertrag. Der Geldsegen, der den Das Geschäft florierte, so dass er schon 1866 öffentlichen Kassen zu Gute kam, löste einen den Fondsverwalter Alwin Moser in seine regelrechten Boom an Firmengründungen aus und Dienste nahm. Ihm übertrug er die Weiterfüh- veranlasste zahlreiche Spekulanten dazu, ihr Geld rung seiner vielfältigen Bau- und industriellen insbesondere in der Bauwirtschaft zu investieren. Unternehmungen. Der Deutsch-Dänische Krieg Die württembergische Metropole Stuttgart nahm 1864 brachte die Geschäfte bis 1869 ins Sto- einen derartigen Aufschwung, dass ihre prozentu- cken. Inzwischen hatte sich Moser intensiv mit ale Bevölkerungszunahme selbst die der deutschen den lokalen Bauverhältnissen beschäftigt. Sehr Reichshauptstadt übertraf. verbreitet waren damals Holzfachwerkbauten Einer der Investoren war der erfolgreiche mit Natursteinausmauerung. Diese Bauweise und bekannte Verleger Georg Eduard von Hall- war kostspielig und kaum zu rationalisieren. berger (*29.03.1822 in Stuttgart †29.08.1880 in Der Schlüssel für den Bau von günstigen Tutzing).1 Hallberger war der Sohn des Buchhänd- Häusern lag in einer tiefgreifenden Reform des lers und Verlegers Ludwig Hallberger. Im väter- Ziegeleigewerbes. Im Umkreis von 15 km um lichen Verlag, der in den 1830er-Jahren im Mit- Stuttgart bestand keine Ziegelei, die wetterbe- telpunkt der belletristischen Bewegung stand, ständige Bausteine herzustellen vermochte. machte Hallberger seine erste Ausbildung, an- Außerdem trieb die Hochkonjunktur die Preise schließend arbeitete er in Verlagen in Potsdam für Baumaterial stark in die Höhe. So lag es nahe, und Berlin. Während der Märzrevolution kehrte durch eigene Baumaterialproduktion deren Kosten er nach Stuttgart zurück und gründete dort 1848 zu senken. Auf Moser’s Vorschlag investierte eine eigene Verlagshandlung mit einem Schwer- Eduard von Hallberger daher 1869 in eine punkt in der Jugend- und Volksliteratur. Hallber- Maschinenziegelei auf der Prag, einem Höhen- ger war auf zahlreichen Geschäftsfeldern tätig rücken nördlich der Stuttgarter Innenstadt. Die und an verschiedenen Unternehmen beteiligt, Ziegelei wurde mit neuartigen Ringöfen und u.a. Mitbegründer des Württembergischen Koh- neuesten Maschinen ausgestattet und war die lengeschäfts, der Stuttgarter Pferdebahn und der erste ihrer Art in Württemberg.3 Zuckerfabrik Stuttgart AG.2 Mehr als einmal stand Die starke Nachfrage nach Wohnraum er am Rande des Bankrotts. Das bekannteste aus konnte in Stuttgart kaum befriedigt werden; die seinen Gründungen hervorgegangene und nach erforderlichen Baukapazitäten konnten von einem seinem Tod gebildete Unternehmen ist die heute einzelnen Unternehmen jedoch nicht angeboten noch bestehende Deutsche Verlagsanstalt. werden. Deshalb erzielten Zusammenschlüsse Im expandierenden Grundstücks- und wie die neu gegründete Allgemeine Baugesell- Wohnungsbaumarkt hatte Eduard von Hallberger schaft bald solche Erfolge, dass sich Eduard von EDUARD VON HALLBERGER (*29.03.1822 in Stuttgart, †29.08.1880 in Tutzing), ca. 1880

ALEXANDER VON PFLAUM (*4.06.1839 in Pflaumloch †15.12.1911 in Berlin). Quelle im Anhang. 5

Hallberger entschloss, in ähnlicher Weise vorzu- Anfangs war der Umsatz im Liegenschaftgeschäft gehen. Er verständigte sich mit der Württember- sehr lebhaft und die Ziegeleien und Steinbrüche gischen Vereinsbank, den Bankhäusern Pflaum & konnten kaum den gestellten Anforderungen Co und Stahl & Federer, dem Kommerzienrat genügen. Man feierte sich bereits als „Begründer Rudolf Knosp in Stuttgart und der Süddeutschen einer neuen Ära des Bauens im schwäbischen Immobiliengesellschaft in Mainz. Am 1. Dezem- Raum“. In der Tat setzte das Unternehmen in der ber 1871 gründeten diese die Aktiengesellschaft Baustoffproduktion neue Qualitätsmaßstäbe. „Stuttgarter Immobilien- und Baugeschäft“.4 Auch die Gründung der Stuttgarter Gemeinnützi- “Der Grundgedanke, nach welchem die- gen Baugesellschaft im Jahr 1872 durch Eduard selbe ihre Thätigkeit entwickeln sollte, war der: von Hallberger war wegweisend. Die Wohnbau- Bauareale an schon bestehenden und an neuanzu- genossenschaft errichtete in der Schwabstraße in legenden Strassen zu erwerben und dieselben zu Stuttgart kleine und mittelgroße Wohnungen für überbauen, teils mit Einfamilienhäusern vorneh- die Arbeiterschicht, die den sanitären Anforderun- men Styls, teils mit Wohnhäusern verschiedener gen der Zeit entsprachen. Ausschlaggebend für Grösse, und endlich mit Geschäftshäusern.“5 Eduard von Hallbergers Initiative waren aber Eduard von Hallberger brachte in das weniger soziale Motive. Im Vordergrund stand die neue Unternehmen sämtliche Bauareale, seine Befürchtung, dass die zahlreichen neuen Bauge- Ziegelfabrik und einen Steinbruch am Schellberg nossenschaften zusammen mit den Städten einen (nördlich Uhlandshöhe) ein.7 Im neunköpfigen Teil des Wohnungsbaus für sich gewinnen könn- Aufsichtsrat der Gesellschaft saßen u.a. Alwin ten.10 Moser, G. Gutbrod, Kommerzienrat Rothschild, Neben dem allgemeinen Wohnungs- und der stellvertretende Vorsitzende Knosp und der Gewerbebau errichtete das Immobilien- und Vorsitzende Hallberger. Unter den 32 Aktionären Baugeschäft aber auch prestigeträchtige Prunk- des Unternehmens waren überwiegend Banken bauten. An der neu angelegten Goethestraße und großbürgerliche Privatiers.8 entstanden Villen, die dem Zeitgeschmack ent- Nach zwei Geschäftsjahren umfassten die sprachen und dazu beitrugen, dass die klassizisti- rasch auf Kredit erworbenen Grundstücke und sche Stilrichtung der Architektur im Stuttgarter Bauareale bereits über 51 ha. Ende des Jahres Raum immer mehr an Bedeutung erlangte. Zu 1874 belief sich die Investitionssumme allein im diesen gehörte auch das repräsentative, heute Immobilienbereich auf 38,2 Mio. Mark. Anfangs nicht mehr vorhandene Palais für das Königliche errichtete man die Gebäude im Regiebau, bei Generalkommando an der Kriegsberg-/Goethe- dem mit den ausführenden Firmen nach Stun- straße.11 Die feudalen Villen waren nach Entwür- denaufwand abgerechnet wurde. Bald musste fen des Architekten Wilhelm Pfäfflin vielfach mit man diese Praxis aber aufgeben und einsehen, Sgraffito-Malereien (Ritztechnik in verschieden dass man den Bauunternehmern, die man als farbigen Putzschichten) verziert. Plastische Figu- Abnehmer für die eigenen Baumaterialien gewin- ren und Ornamente wurden mit klassischen nen wollte, nicht Konkurrenz in ihrem Geschäfts- Formen der Renaissance und zeitgenössischer zweig machen konnte.9 Baukunst verbunden.12 Wie schon erwähnt, gehörte die Ziegelproduktion bis 30.000 Ziegelsteine von „gleichbleibender auf der Prag zu den ersten Unternehmungen der Qualität“ hergestellt werden. Die Ziegeleien neuen Gesellschaft. Die Ziegelfabrikation in arbeiteten in Kampagnen, die von Mai bis Okto- Württemberg war durch Handarbeit geprägt und ber dauerten, im Winter war kein Betrieb. Der lag gegenüber Norddeutschland erheblich zurück. Ziegeleiwalter, also der Betriebsleiter, bekam als Das Stuttgarter Immobilien- und Baugeschäft Tantièmen 8,5 % vom Reingewinn.15 wurde mit der Modernisierung der Produktions- Trotz des Ausbaus der Prag-Ziegelei reichte anlagen der Prag-Ziegelei, insbesondere mit der die Produktionskapazität nicht aus, die steigende Einführung des kohlesparenden Ringofens, zum Nachfrage zu befriedigen. So sah sich das Immo- Maßstab in der württembergischen Ziegelherstel- bilien- und Baugeschäft schon im Jahre 1872 lung. Die Prag-Ziegelei konnte schon nach kurzer genötigt, diesen boomenden Geschäftszweig Zeit den stetig wachsenden Bedarf an Backstei- auszudehnen. Dazu wurde die vormals nen nicht mehr befriedigen und wurde daraufhin Schöttle’sche Ziegelei16 am Bothnanger Weg 6 stark vergrößert. Zusätzliche Kalkschachtöfen (heute z.T. Elisabethenstraße, westlich des Feuer- wurden gebaut, um sogenannte Vulkansteine sees) übernommen. Noch 1860 waren die (Schlackensteine, Hohlblocksteine) herstellen zu Gewanne Vogelgesang, Röthe und Rothenwald können. Diese bestanden aus einer Mischung von bewaldet. Um das Jahr 1872 lag das Gewann gelöschtem Kalk, Romanzement und den als Röthe, in dem die Ziegelei abbaute, mitten in Abfall beim Ziegelbrennen anfallenden Steinkoh- einem neuen innerstädtischen Baugebiet.17 Um leschlacken. Die Vulkansteine wurden vorzugs- die abgebauten Flächen möglichst rasch als Bau- weise für nichttragende Zwischenwände verwen- plätze verkaufen zu können, musste der Tonab- det. Die Kalköfen konnten bei Bedarf auch zum bau intensiviert und die Produktionskapazität Ziegelbrennen genutzt werden. Eine zeitgenössi- entsprechend angepasst werden. Damit erreichte sche Darstellung beschreibt den für damalige das Unternehmen eine Produktionskapazität von Verhältnisse modernen Produktionsprozess 8 bis 9 Mio. Stück Ziegelwaren.18 folgendermaßen:13 Neben dem von Eduard von Hallberger ins „Ein Rundgang durch das ausgedehnte Etab- Unternehmen eingebrachten Steinbruch am lissement auf der Prag gibt dem Beschauer eine Schellberg einschließlich Weinberg, besaß das umfassende Anschauung von der Gewinnung der Unternehmen auch einen Sandsteinbruch in Maul- Ziegelerde und von den technischen Fortschritten bronn. Aus diesem bezog man Sandsteinquader, ihrer Bearbeitung zu Mauersteinen. Da sieht er, -platten, -sockelsteine, -pflastersteine und Mauer- wie in den angelegten Gruben des sich weithin steine. Die Steinbrüche erwirtschafteten in den ausdehnenden Anwesens der Thon in dünnen ersten Betriebsjahren „eine völlig angemessene Schichten mit dem Spaten abgestochen wird, Rendite aus dem verwendeten Kapital.“19 Sie damit Steine und Mergel sofort wahrgenommen waren über lange Zeit eine tragende Säule des und entfernt werden können, wie das geförderte Unternehmens. Insbesondere in Krisenzeiten Material sodann den vielverzweigten Werkstätten waren sie interessant, da sie konjunkturell weniger zugeführt wird. Nachdem dasselbe hier mittels anfällig waren als der Häuserbau. Das kostspielige eines Walzwerks zerkleinert ist, wird es den drei Material konnte über weitere Entfernungen trans- Ziegelmaschinen übergeben, durch welche es portiert werden und wurde vor allem im Eisen- gepresst und mit der Schnelligkeit eines Augen- bahn-, Festungs- und Wasserbau verwendet.20 blicks in die bestimmten Steinformen geschnitten Im Bauboom unmittelbar nach der Reichs- wird. … Mittels eines Elevators gelangen die so gründung verfügte das Immobilien- und Bauge- geformten Stücke in die ausgedehnten Trocken- schäft mit den Steinbrüchen und Ziegeleien über kammern, um dann, wenn sie einige Zeit hier günstige Bezugsquellen für Mauersteine. Hoch- gelagert haben, in dem mächtigen Ringofen ge- wertiger Zement musste aber teuer eingekauft brannt zu werden, aus dem sie nach Verlauf von 3 werden und war schwer zu bekommen. Portland- bis 4 Tagen als fertige Mauersteine ans Tageslicht zemente kamen fast ausschließlich aus England. befördert werden.“14 In Bezug auf Qualität und Menge konnten diese Der Aufbereitung des Rohmaterials, dem bis dahin im Deutschen Reich kaum produziert sogenannten Mauken, wurde damals eher wenig werden. So lag es nahe, auch in dieses Geschäfts- Bedeutung zugemessen. Dennoch konnten 1874 feld einzusteigen, denn in Süddeutschland gab es nach dem geschilderten Verfahren täglich 15.000 zu dieser Zeit nur einzelne Kleinunternehmer.21 DR. ERNST GUSTAV LEUBE (*23.05.1808 in Ulm †15.11.1881 in Ulm)

In römischer Zeit wurde Zement aus einer Mi- den Bedarf seines Handwerksbetriebs. Sein Sohn schung von gebranntem Kalk und Puzzolanen, firmierte später unter Firma Weil & Sigloch und 7 also vulkanischen Tuffen, hergestellt. Seit Anfang siedelte nach Weiler um. Dort stellten sie ab des 19. Jahrhunderts war in England eine Ze- 1887 Portlandzement her, bis 1895 der Betrieb mentsorte im Handel, die Romanzement ge- eingestellt wurde.25 Wem die Pionierrolle bei nannt wurde. Als Rohstoff diente ein natürlicher der Romanzementherstellung zukommt, Weil Kalkmergel, der bei ungefähr 900 °C gebrannt oder Leube, ist umstritten, da beide etwa wurde. Die wissenschaftliche Erklärung für den gleichzeitig an der Herstellung arbeiteten. Erhärtungsprozess hydraulischer Kalke lieferte Außerdem ist es heute auch nicht mehr mög- Anfang der 1830er-Jahre Professor Joh. Nepo- lich, die erzeugten Produkte zu vergleichen. muk Fuchs in München. Ihm gelang der Nach- Abhängig von der Brenntemperatur, die in den weis, dass eine bestimmte Mischung von Ton einfachen Öfen sehr ungleichmäßig war, konnte und Kalk gebrannt und gemahlen in Verbindung das Ergebnis großen Schwankungen unterliegen mit Wasser in kurzer Zeit steinartig erhärtete. und war mit den damaligen Analysemethoden Hierdurch ermutigt, untersuchte der Ulmer nur unzureichend zu bestimmen. Weil berichtet Apotheker Dr. Ernst Gustav Leube (*23.05.1808 z.B., dass von sieben Bränden vier misslangen.26 in Ulm †15.11.1881 in Ulm) die Gesteine der In den 1840er- und 1850er-Jahren entstan- Umgebung von Ulm auf ihre Eignung für die den im -, Blau- und Schmiechtal eine ganze Zementherstellung. Die Resultate fasste er 1839 Reihe kleiner Werke, welche hydraulischen Kalk in einer Broschüre „Geognostische Beschreibung herstellten. Sie arbeiteten aber zum Teil nur der Umgegend von Ulm“ zusammen. Darin wies kurze Zeit. Sie alle konzentrierten sich auf die er auf die besondere Eignung der Mergel im Vorkommen der Zementmergel im oberen Gewann Öfele an der Beininger Steige für die Weißen Jura, insbesondere das lokal begrenzte Herstellung von hydraulischen Kalken hin.22 Vorkommen an der Beininger Steige und den In seinem Tagebuch berichtete Gustav Galgenberg in Allmendingen.27 Leube am 23. Mai 1838: „… dass seine Versuche Umkämpft waren ebenso die Wassermüh- mit hydraulischem Kalk vom Öfele bei Gerhau- len, die zum Mahlen des Zements gebraucht sen mit 26 ¼ % Ton glänzend ausgefallen sei- wurden. Zum Teil mussten deshalb große Trans- en.“23 Die ersten Brennversuche und die Zerklei- portwege in Kauf genommen werden. So er- nerung der gebrannten Steine mit Mörser und warb Leube in Söfllingen und Gerhausen weite- Handsieb erfolgten im Laboratorium der Apo- re Wasserkraftanlagen und erweiterte sie. Im thekte in Ulm. Im Herbst 1838 beauftragte Jahr 1854 kaufte er von Carl Lang eine Stampf- Leube einen Mechaniker aus Zürich mit der mühle in Weiler und baute sie für die Zementer- Errichtung eines Stampfwerks in Ehrenstein. Der zeugung um. Trotz mancher Vorurteile gelang es Antrieb erfolgte durch Wasserkraft mit 35 PS. Leube, Romanzement für die Ulmer Festungs- Ebenso errichtete er einen einfachen Schacht- bauten, für Arbeiten am Ulmer Münster und für ofen, dem 1840 ein zweiter folgte.24 Bahnbauten mit großem Geschäftserfolg zu Auch der Maurer Daniel Weil aus Blaubeu- liefern. Dies ermöglichte ihm auf seinem Stein- ren legte 1838 in Gerhausen einen Steinbruch bruchgelände in Gerhausen mehrere Schacht- an und brannte unter einfachen Bedingungen öfen zu errichten, wodurch sich die Transporte Romanzement. Er produzierte allerdings nur für erheblich verringern ließen. LEUBE-OFEN auf dem Stein- bruchgelände der Firma Schwenk in Allmendingen, 1926

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Grundstückssituation im STEINBRUCH GERHAUSEN um 1898. Der eingezeichnete TRANSPORTSTOLLEN, der 2011 bei Kabelverlegearbeiten unerwartet angeschnitten und so wiedergefunden wurde, wurde von Schwenk 1872 errichtet. In östlicher Richtung dürfte sich der Tunnel noch 200 m hingezogen haben. Durch den Abbau in den 1960er-Jahren kam dieser Tunnelbereich in den Abbaubereich und wurde beseitigt.29

Um seinen Lieferverpflichtungen nachkommen für die Herstellung von Naturportlandzement zu können, musste Leube expandieren und vor eignete. Nach mehrjährigen Experimenten mit allem seine Steinbrüche erweitern. Durch eigene verschiedenen Brennstoffen gelang ihm hier Untersuchungen waren ihm die Kalkvorkom- 1864 erstmals dessen Herstellung. Zu dieser men in Allmendingen und ihre Eignung für die Zeit erwarb Leube auch das Schloss Gartenau Zementherstellung bekannt. Deswegen kaufte bei Salzburg samt Steinbrüchen. Im Jahr 1866 er 1852 am Galgenberg weitere Steinbruchpar- erweiterte Leube sein Unternehmen in All- zellen. Dort produzierte Anton Fischer bereits mendingen durch die Übernahme der Produk- seit 1846 hydraulischen Kalk. Einige Jahre tionsanlagen des hochverschuldeten Anton stand dieser in Geschäftsbeziehungen mit dem Fischer. Letzterer war eine schillernde Persön- Hause Schwenk, bevor er 1854 Lieferverpflich- lichkeit und geprägt durch die 1848er-Revolu- tungen mit Leube einging. Fischer war für tion, galt er als streitlustiger Zeitgenosse. Leube ein idealer Geschäftspartner, denn er Durch seinen unkonventionellen Lebensstil besaß auch eine Mühle an der Springen. Durch war er mit der örtlichen Kirche und der Herr- dessen Vermittlung konnte Leube überdies schaft in Konflikt geraten. Walter Kneer hat seine Geschäftstätigkeit in Allmendingen wei- dies und weitere Details zur Entwicklung der ter ausbauen. Am Galgenberg fand Leube ein Zement-industrie in Allmendingen in seinem örtlich begrenztes Kalkvorkommen, das sich Buch veröffentlicht.28 9

Ausschnitt aus dem Situationsplan von 1881 mit den PRODUKTIONSANLAGEN VON SCHWENK in der Thalmühle. Quelle im Anhang.

In Gerhausen an der Beininger Steige waren, weiterhin auf Expansion. Im Jahr 1871 kam es wie erwähnt, bereits Weil und Leube ansässig. zu einem Grundstückstausch mit Leube, der so Seit 1854 besaß auch die Firma Schwenk Grundstücke in Allmendingen bekam und sich Grundstücke im Bereich Öfele und im nördli- damit besser stellte.33 chen Apfeltäle unweit davon.30 Bis 1857 waren Die Firma Schwenk bekam dafür ein zu- zwei Schachtöfen an der Straße nach Gerhau- sammenhängendes Gelände nördlich des Ap- sen in Betrieb, 1861 kam ein dritter hinzu. feltäles von ihren Fabrikationseinrichtungen an Die gebrannten Steine ließ Eduard Schwenk der Straße nach Beiningen bis zum Öfele. per Fuhrwerk in seine Mühle nach Söflingen Nördlich und südlich der etwa 280 Meter fahren.31 langen Strecke lagen die Grundstücke der Auch in Allmendingen besaß Schwenk Konkurrenten. Ein tiefer Einschnitt wäre in den Steinbrüche und Öfen. Die gebrannten Steine weichen Zementmergeln ohne Einsturzgefahr ließ er ebenfalls in Söflingen mahlen, bis er sich nicht möglich gewesen. Zur Nutzung des östli- 1865 entschied, die Brüche in Allmendingen chen Bruchs im Öfele musste daher 1872 eine wegen der hohen Transportkosten stillzulegen. unterirdische Verbindung für die Lorenbahn Er behielt aber die Grundstücke, was sich spä- geschaffen werden. Durch den Bau des Trans- ter noch als großer Vorteil erweisen sollte.32 porttunnels hatte Schwenk wieder eine Pers- Indessen forcierte er den Ausbau seiner Pro- pektive für mehr als zwei Jahrzehnte. Es folgte duktionsstätten an der Straße nach Beiningen. ein Kapazitätsausbau durch die Errichtung von Nach seinem Tod im Jahre 1869 übernahm zwei weiteren Öfen.34 seine Frau Marie die Geschäfte und setzte ZEMENT- UND BETONSTEINWERK von Schwenk an der Thalmühle, 1890. Quelle im Anhang.

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Seit 1867 war durch den aus Brackenheim Bahnhof gelegene Gewann „Unter dem Kühnen- zugezogenen Gastwirt Karl Albert Ruthardt buch“ einen idealen ebenen Baugrund für neue weitere Konkurrenz entstanden. Von dem Fabriken. Vermutlich über seine Bankaktionäre Zementfabrikanten Felix Müller aus Ulm hatte gut informiert, kaufte auch das Stuttgarter er an der Beininger Steige einen Steinbruch mit Immobilien- und Baugeschäft an der Beininger Brennofen gekauft. Das Geschäft lief offensicht- Steige und ebenso „Unter dem Kühnenbuch“ lich gut, da Ruthard sich im Jahre 1871 in in Blaubeuren Grundstücke. Gerhausen ein Wohnhaus mit Magazin bauen Zu diesem Zeitpunkt orientierten sich konnte.35 Die Mahlung des Zements geschah in noch fast alle Zementhersteller an der Wasser- der Blaubeurer „Thalmühle“. Dort war er 1872 kraft für ihre Mahlanlagen. Diese wollte sich mit dem Ravensburger Industriellen Julius die Witwe Marie Schwenk, geborene Ebner, Spohn in Verbindung gekommen. Noch vor der ebenfalls sichern und kaufte am 30. Juli 1872 offiziellen Gründung der Firma Spohn & von Bertha Durst die „Thalmühle“ mit zwei Ruthardt am 1. Oktober 1872 wurde auf den Mahlgängen. Zusätzlich zur Wasserkraft stellte Gemarkungen Allmendingen, Schelklingen und sie eine Dampfmaschine mit 50 PS auf, um die Gerhausen sowie am neuen Bahnhof in Blau- Abhängigkeit bei Niedrigwasser zu verringern. beuren Gelände erworben.36 Fortan wurden die gebrannten Kalksteine per Wenige Jahre zuvor, in den Jahren 1863 Pferdefuhrwerk statt nach Söflingen nach Blau- bis 1869, war die Donautalbahn von Ulm nach beuren gefahren. Die Produktion von Roman- Sigmaringen fertig gestellt worden. Deren zement konnte dadurch gegenüber dem ur- Linienführung war maßgeblich durch die beste- sprünglichen Standort Gerhausen von 1.449 t hende Zementindustrie beeinflusst und nahm (1870) auf 5.400 t (1873) erhöht werden. Um nicht die direkte Strecke über Erbach nach auf Dauer konkurrenzfähig zu bleiben, musste Ulm.37 Ausgehend von Ulm folgte die Zement- die Firma Schwenk in die Portlandzementher- industrie dem Vorkommen der Zementmergel stellung einsteigen. Am 8. Juli 1881 erhielt nach Westen entlang des Blau-, Ach- und Schwenk die Genehmigung für die Errichtung Schmiechtals. Zwischen 1839 und 1910 gab es eines Schachtofens bei der Thalmühle und 31 Gründungen von Zementwerken in diesem rückte damit in den Kreis der Portlandzement- Bereich.38 hersteller auf. Die stadtnahe Lage führte aber Die Eisenbahn ermöglichte die Kohlenzu- zu langwierigen Kontroversen um die Emissio- fuhr, erleichterte den Zementversand und gab nen. Dennoch konnte sich der Produktions- Anlass für weitere Neugründungen. Insbeson- standort in Blaubeuren bis Ende 1923 halten.39 dere rückte die Stadt Blaubeuren als Standort in den Blickpunkt von Investoren. Gegenüber der Enge in Gerhausen bot das am Blaubeurer Schon kurz nach seiner Gründung hatte das Außerdem siedelte bereits die Konkurrenz dort. 11 Stuttgarter Immobilien- und Baugeschäft durch Innerhalb des Jahres 1872 entwickelte sich Blau- Kauf der Ziegelei am Bothnanger Weg seine beuren zum Industrieort. In der Beschreibung des Aktivitäten im Bereich der Baustoffproduktion Oberamts von 1830 wird noch festgestellt, dass erheblich ausgeweitet. Wie bereits erwähnt, es im eigentlichen Sinne keine Fabriken gab. musste das Unternehmen für seine Baumaßnah- Vielmehr arbeiteten nahezu 600 Beschäftigte in men, insbesondere den hochwertigen Portland- der Leinwand-, Tisch- und Kölschweberei (leich- zement teuer einkaufen. Die Investitionen in den tes Wollgewebe aus Kammgarn). Lediglich 40 Bau einer Portlandzementfabrik waren hoch und Maurer und sechs Ziegler mit Lehrlingen vertra- der Erfolg mit erheblichen Risiken verbunden. ten das übrige Handwerk.41 Die Probleme lagen hauptsächlich in dem gerin- Die neuen Zementwerke wurden daher in gen Kenntnisstand über die notwendige Zusam- der Septemberausgabe 1872 des „Blaumanns“ mensetzung des Rohmaterials und die Erforder- euphorisch begrüßt: nisse im Brennprozess. Gegenüber dem seinerzeit „Im Laufe des Sommers wurden die Fabriken hauptsächlich verwendeten Romanzement, der vergrößert, auch haben sich neue Fabriken und bei unter 1000 °C gebrannt wurde, lagen die größere Etablissements gebildet. Dr. Leube hat Brenntemperaturen von Portlandzement bei fast seine Cement-Oefen vermehrt und die sog. Neu- 1500 °C. Daraus ergaben sich sowohl bei der mühle in Gerhausen für Cementbereitung einge- Aufbereitung des Rohmaterials als auch für das richtet. Zu gleichem Zwecke ist die hiesige Thal- gesamte Ofensystem erhebliche technologische mühle in Besitz des Hrn. Schwenk zum Anforderungen. Es verlangte daher einigen Wa- Kupferhammer in Ulm übergegangen. Ferner baut gemut von Investoren, in den neuen Geschäfts- Herr Ruthard, außer der Vermehrung seiner bishe- bereich zu investieren. Die Zurückhaltung der rigen Cementöfen, eine Cementfabrik in der Nähe Aktionäre im Stuttgarter Unternehmen war daher des Bahnhofs und ebendaselbst ist ein ganz groß- deutlich erkennbar. Dennoch entschloss sich der artiges Unternehmen in diesem Industriezweige Aufsichtsrat im Laufe des Jahres 1872 auf Vor- von der Stuttgarter Allgemeinen Baugesellschaft schlag von Alwin Moser zum Bau einer Zement- nach erfolgreichem Ankauf vieler Güter in Angriff fabrik in Blaubeuren, die als selbstständige genommen.“42 Gesellschaft unter dem Namen Stuttgarter Für die Baumaßnahmen wurde Bauführer Cementfabrik Blaubeuren geführt wurde. Um die Anton Hoch aus München eingestellt, der nach Zustimmung vom Aufsichtsrat zu erhalten, hatte der Fertigstellung Betriebsleiter des Werks wur- der Vorstand zunächst nur den Bau einer Roman- de. Am 8. November 1872 nahmen die Zweig- zementfabrik vorgeschlagen, die später für die niederlassung des Immobilien- und Baugeschäfts Portlandzementherstellung umgebaut werden die Arbeit und im September 1873 das Schacht- sollte.40 ofenwerk den Betrieb auf.43 Anfangs wurde der Der Fabrikstandort Blaubeuren war dabei Romanzementklinker teilweise direkt verkauft, nicht zufällig ausgewählt worden. Durch die Nähe größtenteils aber auf fremden Mühlen im Lohn zu den Steinbrüchen in Gerhausen und durch gemahlen. Schon wegen der bedeutenden Trans- den neuen Bahnanschluss, aber auch wegen der portkosten war dies unrentabel. Hinzu kam der Arbeitskräfte, war die Stadt sehr attraktiv. Nachfrage- und Preisrückgang zu Gunsten des 12

Ansicht der STUTTGARTER CEMENTFABRIK BLAUBEUREN von Osten, ca. 1877

Portlandzements, so dass mit Verlust gearbeitet zu überzeugen. Wiederum war es der Initiative wurde. Ein Konjunktureinbruch Ende des Jahres von Eduard von Hallberger und Alexander 1873, auf welchen später noch eingegangen Pflaum zu verdanken, dass der Aufsichtsrat dem wird, beeinträchtigte die Rentabilität der neuen Umbau zustimmte. Schon 1874, nach einem Unternehmung zusätzlich. Daher betrachtete Betriebsjahr, gelang der Stuttgarter Cement- man im Aufsichtsrat die Blaubeurer Zementfabrik fabrik Blaubeuren die Herstellung von Portland- anfangs eher als „ein Schmerzenskind“ der Ge- zement. Ebenso konnte erstmals ein Gewinn sellschaft. Der Vorstand sah dies jedoch anders ausgewiesen werden.47 und schrieb im Geschäftsbericht: „Das Geschäft Am 2. Juni 1875 erhielt das Immobilien- gibt in der That zu Besorgnissen keinerlei Anlaß.“44 und Baugeschäft ein Patent auf ein „eigenthüm- Die durchschnittlichen Erträge über die ersten liches Verfahren zur Fabrikation von Portland- drei Betriebsjahre ergebe „eine völlig angemes- Cement“. Was genau die Erfindung ausmachte sene Rendite aus dem verwendeten Kapital.“45 ist nicht überliefert, es handelte sich aber sicher Die direkte Konkurrenz, aber auch der um ein Rohstoffaufbereitungsverfahren für wachsende Vertrauensverlust gegenüber Roman- künstlichen Portlandzement. In einem Brief vom zement, der insbesondere durch Angebote von 12. April 1875 schickten Moser und Betriebs- geringer Qualität verursacht worden war, zwang leiter Bischoff ein Gesuch zur Errichtung einer zum Umdenken: Portlandzementfabrik an die Königliche Stadt- „Man stand nun vor der Frage, ob es möglich direktion.48 sein würde, in Blaubeuren und Umgebung einen „Nachdem im Vollmachtsnamen Seiner König- Portland-Cement zu erzeugen, der dem englischen lichen Majestät dem Stuttgarter Immobilien- und und norddeutschen Fabrikate ähnlich wäre. Ob- Baugeschäft für die Dauer von zehn Jahren ein gleich die Gelehrten bisher diese Frage verneint Erfindungspatent auf ein eigenthümliches Ver- hatten, waren dennoch die Fabrikverwalter Hoch fahren zur Fabrikation von Portland-Cement gegen und Bischoff in Blaubeuren und Direktor Moser Bezahlung einer Patentabgabe von jährlich 15 fl der entgegengesetzten Überzeugung.“46 [Gulden] ertheilt worden ist, so wird die K. Central- Obgleich die Versuche zur Portlandzement- stelle hiervon unter Anschluß der Patenturkunde zu herstellung günstige Resultate zeigten, war es Besorgung des Weiteren in Kenntniß gesetzt. Die keine leichte Aufgabe, den Aufsichtsrat der Beilagen des Berichtes vom 25. v. M. folgen zurück. Gesellschaft von der Portlandzementherstellung Stuttgart den 2. Juni 1875.49 Standort der FIRMA LEUBE 13 in der umgebauten Neumühle in GERHAUSEN, 1872. Quelle im Anhang. ANWEISUNG des MINISTERIUMS DES INNERN an die Centralstelle für Gewerbe und Handel in Stuttgart vom 2. Juni 1875 zur Ausstellung der Patenturkunde. Quelle im Anhang.

Die Herstellung von Portlandzement brachte Mehl verarbeitet. Die Feinheit ergab auf einem eine Verfahrensumstellung mit sich. Während 900 Maschen-Sieb, d.h. 900 Drähte pro Quad- für Roman- und Naturportlandzement das Roh- ratzentimeter, einen Rückstand von 12 %. Das material direkt auf den Ofen aufgegeben wurde, pulverisierte Rohmaterial wurde in Trommeln musste es für die Herstellung des künstlichen mit wenig Wasser gemischt (Halbtrockenverfah- Portlandzement zuerst gemahlen werden. Zwar ren) und auf gewöhnlichen Ziegelpressen zu ist das Patent nicht mehr im Original erhalten, Formlingen gepresst. Bei der erwähnten, damals doch aus der Produktionsbeschreibung lässt sich üblichen Nassaufbereitung mussten die Roh- die Besonderheit des Verfahren rekonstruieren. mehlsteine dagegen zuerst auf einer Darre Eine Mischung der in der Zusammensetzung getrocknet und dadurch mehrfach von Hand stark schwankenden Kalkmergel im bergfeuch- umgesetzt werden.50 ten Zustand war zu jener Zeit schwierig. So war Im Gegensatz zu den Konkurrenzwerken die Aufbereitung und Homogenisierung (Ver- errichteten die Stuttgarter das neue Werk mit gleichmäßigung) des Rohmaterials durch Auf- einem Ringofen mit 18 Kammern, der mit Koks schlämmen mit Wasser und anschließender und Kohle befeuert wurde. Diesen energiespa- Mischung üblich. Dies bedeutete einen höheren renden Ofentyp führten sie zu gleicher Zeit auch Energieaufwand beim Brennen für die Verduns- in den übernommenen Stuttgarter Ziegeleien tung des eingesetzten Wassers. Das Stuttgarter ein. Das gebrannte Produkt hatte ein den Zie- Verfahren ging einen anderen Weg und führte gelklinkern ähnliches Aussehen, weshalb es eine künstliche Mischung von hochreinem auch den Namen Zementklinker erhielt. Letzte- Kalkstein und Mergel in trockenem Zustand rer wurde schließlich auf Kollergängen und durch, was eine wesentliche Neuerung darstell- Mahlgängen mit 1,35 m und 1,50 m Durchmes- te. Dazu wurden Mergel mit niedrigem und ser, die denen von Getreidemühlen entsprachen, hohem Tongehalt zunächst in Schachtöfen fein gemahlen. Als Antrieb für die Maschinen getrocknet und entsäuert sowie in getrennten diente eine kleine Wasserkraft von 15 PS und Silos vorgehalten. Das hochkalkige Material zwei Dampfmaschinen mit insgesamt 250 PS. wurde in einem Schuppen abgestürzt, wo es an Seit 1878 galten die von Berliner Baube- der Luft trocknete. Anschließend wurde dieses hörden anerkannten Prüfvorschriften als Richtli- im richtigen Mischungsverhältnis durch Stein- nie für die Zementprüfung. Danach durfte der brecher, Kollergänge und Mahlgänge zu feinem Siebrückstand auf einem 900 Maschen-Sieb 14

WERKSPROSPEKT für Betonröhren, 1884. Quelle im Anhang.

höchstens 20 % betragen, denn die Mahlfeinheit gepriesenes Produkt, lag aber mit seiner Festig- bestimmt maßgeblich die Reaktionsfähigkeit des keitsentwicklung nach 28 Tagen etwa bei einem Zements. Mit drei Teilen Normsand gemischt Drittel der heute gültigen Norm. Auch das und nach 28-tägiger Erhärtung unter Wasser, Stuttgarter Werk stellte Naturportlandzement musste eine Minimaldruckfestigkeit von 10 kg her, mischte ihn mit Romanzement und ver- pro cm2 erreicht werden. Die Stuttgarter Port- kaufte ihn als sogenannten Röhrenzement. landzemente erreichten 50 bis 80% höhere Andere Hersteller nannten dieses Produkt Festigkeiten. Die Blaubeurer Fabrik bot einen in Primazement. Letzterer wurde für Fassadenput- ein bis sechs Stunden langsam und einen in 36 ze und Betonfertigteile verwendet. In den bis 60 min mittellangsam abbindenden Zement 1880er-Jahren hatte Portlandzement immer an. Verpackt wurde das Produkt in damals noch einen relativ hohen Preis, so dass die übliche 180 kg Fässer oder Jutesäcke zu 50 kg.51 Zementhersteller versuchten, den Markt über Im Jahr 1877 betrug die Produktion lediglich den Verkauf von Betonfertigteilen zu erschlie- 6.000 Tonnen. Nach dem Zubau eines weiteren ßen. Der Stuttgarter Cementfabrik Blaubeuren Ringofens hatte sie sich 1882 bereits auf 15.000 t war deshalb auch eine Kunststeinfabrikation erhöht.52 angeschlossen, die insbesondere Kanalisations- In einem Werksprospekt von 1882 wies röhren für die wachsenden Städte herstellte. die Stuttgarter Cementfabrik Blaubeuren darauf Für massige Bauteile wie Fundamente wurde hin, dass sie im Gegensatz zu zahlreichen ande- aber von den Bauherren nach wie vor der preis- ren Herstellern als einzige in Württemberg und günstige Romanzement verwendet.53 Bayern echten künstlichen Portlandzement herstellte. Tatsächlich war es bei günstiger natürlicher Rohstoffzusammensetzung, wie bei den Zementmergeln des Weißen Juras, ohne aufwändige Aufbereitung möglich, sogenannten natürlichen Portlandzement zu brennen. Das Verfahren ähnelte dann der Romanzementher- stellung bei höheren Temperaturen. Der künst- liche Portlandzement war damals ein hoch Die Bauspekulationen und der Immobilienver- war. Die starke Bautätigkeit der vergangenen kehr erreichten zum Beginn des Jahres 1873 Jahre hatte vor allem in Stuttgart zu einem Über- 15 einen Höhepunkt. Die Geschäftsführung erwar- angebot an Wohnungen geführt. Die Krise traf tete einen langanhaltenden Bauboom. Im Rück- daher das Unternehmen besonders stark und blick auf das Jahr 1873 hieß es im Geschäftsbe- machte plötzlich die Grundstücke unverkäuflich.55 richt: „Der Umsatz in Liegenschaften war größer Insbesondere die luxuriösen Doppelhaus- als je und die massenhaften Bestellungen auf villen in der Goethestraße ließen sich schlecht Baumaterialien, die bei uns einliefen, ließen verkaufen. So entschloss man sich, nach deren neben der Menge der bei Behörden eingereichten Fertigstellung die Bautätigkeit komplett einzu- Baugesuche ein bewegtes und erfolgreiches stellen und nur noch Grundstückskäufe zum Betriebsjahr erwarten.“54 Zweck der Arrondierung zu tätigen.56 Während in den ersten Monaten des Jah- Als nach fünf defizitären Geschäftsjahren res noch Euphorie herrschte, trübte sich die keine Besserung in Aussicht war, stand die Ge- Konjunktur Mitte des Jahres schlagartig ein. schäftsführung vor der Wahl der Liquidation oder Noch vor Eröffnung der Wiener Weltausstellung einer Abwertung des Aktienkapitals. Die Durch- im Mai 1873 führten überhitzte Börsenspeku- führbarkeit der partiellen oder totalen Liqui- lationen zu einer Lähmung des Bauwesens. Die dation stand aufgrund der Größenordnung Konjunkturkrise brachte in den Folgejahren für grundsätzlich in Frage. Der andere Weg, das das Immobiliengeschäft erhebliche Verluste, da entstandene Betriebsdefizit auszugleichen war, ein großer Teil der Investitionen durch langfristi- Abschreibungen auf Fabriken, Gebäude und ge Kredite mit relativ hohen Zinsen finanziert Areale vorzunehmen.

INSERAT in der Schwäbischen Chronik vom 16.10.1881. Stuttgarter Immobilien- und Baugeschäft. WOLDEMAR SCHRADER, Generaldirektor (*25.06.1849 Berlin †5.03.1934 Stuttgart), 1929

Von 1870 bis 1878 fielen die Ziegelpreise um 16 10 bis 15 %. Die Nachfrage nach Zementwaren blieb stabil, so dass die Gewinne aus der Stutt- garter Cementfabrik Blaubeuren das Ergebnis einigermaßen ausglichen.60 Die Nachfrage nach Natursteinen, insbesondere aus Maulbronn, hatte dagegen auch während der Krisenjahre unvermindert angehalten. Der Grund lag darin, So konnte ein Teil des Aktienkapitals für die dass die Steine einerseits für viele öffentliche Aktionäre gerettet werden. Auf der Außeror- Bauten vorgeschrieben waren und andererseits dentlichen Generalversammlung am 26. August in ihrer zunehmenden Beliebtheit für feine 1878 wurde von den 23 noch verbliebenen Bildhauerarbeiten.61 Da der Steinbruch am Aktionären das Grundkapital von 3,6 auf 1,8 Schellberg erschöpft war, erwarb das Unterneh- Mio. Mark herabgesetzt. Ebenso wurde die men auf der Feuerbacher Haide und südwestlich Ausgabe neuer Prioritätsaktien/Vorzugsaktien von Neuenstein neue Sandsteinbrüche.62 zum Nennwert von einer Mio. Mark mit 5% Obwohl die Zementfabrik in Blaubeuren in Vorabverzinsung beschlossen. Zugleich verkauf- den 1880er-Jahren dazu beitrug, die Verluste te man die Beteiligung an der Durlacher Thon- auszugleichen, war der Zementabsatz dennoch warenfabrik und betrieb die Liquidation des nicht befriedigend. Dazu trugen insbesondere Rheinischen Baugeschäfts. Mit den Gläubigern die württembergischen Behörden mit hartnäcki- vereinbarte man eine Reduzierung des Zinsfußes gen Vorurteilen gegen den in Württemberg und eine Verlängerung der Tilgung und Künd- hergestellten Zement bei. Wie andere süddeut- barkeit auf weitere fünf Jahre.57 sche Fabriken legten deshalb auch die Stuttgar- Im August 1880 starb der Geheime Kom- ter Referenzschriften mit dem Ziel auf, die Qua- merzienrat von Hallberger, der seit Bestehen des lität ihrer Produkte und die Vergleichbarkeit mit Unternehmens Vorsitzender des Aufsichtsrats den nach wie vor marktbeherrschenden engli- gewesen war. Er hatte das Unternehmen bis schen Portlandzementen nachzuweisen. Wie- dahin trotz fortwährender Verluste zusammen- derholt beklagte sich der Vorstand wegen der gehalten. Das Amt des Aufsichtsratsvorsitzen- Benachteiligung im Markt:63 den übernahm der bisherige Stellvertreter, „Wir mussten die bittere Wahrheit des Alexander Pflaum.58 Im Vorstand übernahm Satzes – Der Prophet gilt nichts im Vaterlande – Woldemar Schrader (*25.06.1849 in Berlin an uns selbst erkennen lernen. Insbesondere die †5.03.1934 in Stuttgart)59 1881 mit Alwin staatlichen und kommunalen Behörden in unserer Moser die Verantwortung. engeren Heimat nahmen zum Teil jahrelang Zu diesem Zeitpunkt waren auch die An- Anstand, unser Fabrikat bei öffentlichen Bauten fangsschwierigkeiten überwunden, die Bautätig- zu verwenden. Erst als dasselbe von bayerischen keit normalisierte sich und die Nachfrage nach und schweizerischen Behörden erprobt und be- Grundstücken stieg gegen Ende 1880. Das ver- währt befunden und mit glänzenden Zeugnissen lustbringende Immobiliengeschäft belastete aber belegt war, da machte man auch in Württemberg weiterhin das Ergebnis. Das Ziegelgeschäft war Versuche mit der Anwendung schwäbischen durch einen starken Preisdruck beeinträchtigt. Portlandzements.“64 Deckblatt einer REFERENZSCHRIFT und Zeugnisse der Stuttgarter Cementfabrik Blaubeuren, Jan. 1883 (Bild links).

Innenseite: Formsteine aus Sandstein. (Bild rechts).

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Eines von vielen ZEUGNISSEN in der Referenz- schrift von 1883.

Auf der Württembergischen Landesgewerbe- industrie zunächst den Formenschatz der zeitge- schau 1881 präsentierte das Immobilien- und nössischen Natursteinfassaden und brachte ihn Baugeschäft sein komplettes Produktspektrum, inflationär zur Anwendung. Damit zog die Be- mit dem Ziel, „neue Liebhaber“ zu gewinnen ton- und Ziegelbauweise sogleich auch Kritik und das Absatzgebiet zu erweitern. Die Verlei- auf sich. Der Ausstellungsbericht zur Württem- hung eines Ehrendiploms war ein großer Schritt bergischen Bauausstellung in Stuttgart im Jahr für die Anerkennung seiner Produkte, insbeson- 1908 kritisiert Zement als Hilfsmittel und billi- dere des Portlandzements.65 ges Surrogat. Er mache es möglich, dass „bis in Die beliebige Formbarkeit von Ziegeln und die kleinsten Ortschaften jene schrecklichen Ge- Beton in Form von Kunststeinen ermöglichte bilde aus Backstein oder Zement Eingang fanden, eine Verbilligung und schnelle Reproduzierbar- die irgendeinen Stil, vornehmlich Renaissance keit. Bis dahin war Fassadenschmuck als Stein- nachahmen sollten. Welche Flut von Unge- metzarbeit ausgeführt worden und daher nur schmack, die nicht nur für die Architektur ver- wohlhabenden Bauherren vorbehalten. Jetzt hängnisvoll war, hat sich dabei über Stadt und entstanden historisierende Bauten nach Baukasten- Land ergossen.“67 Aus der freien Formbarkeit systemen durch billige Imitate von klassischen und Gestaltung des Betons entsteht auch sein Vorbildern. Wie die ersten Automobile einer Dilemma – es kam schon damals darauf an, was Kutsche ähnlich sahen, kopierte die Kunststein- man daraus machte.

BRIEFBOGEN vom 18.01.1882 mit Aus- zeichnungen auf der Württembergischen Landesgewerbe- Ausstellung in Stuttgart im Jahr 1881.66 Quelle im Anhang. Eine Stärke des Stuttgarter Immobilien- und lange Sicht interessant. In Blaubeuren führte die 18 Baugeschäfts war seine gute Kenntnis der Konzentration größerer Zementfabriken zu einer Marktlage und seine Fähigkeit, rasch zu reagie- Anzahl von Problemen. Vor allem in Hauptnach- ren. Wenn es darum ging, den Markt zu beein- fragezeiten kam es zu Engpässen bei der Bahn- flussen, strebte das Unternehmen eine Verstän- verladung. Ebenso waren die Steinbrüche in digung mit den Konkurrenten an, um einen Blaubeuren allmählich erschöpft. In Gerhausen ruinösen Wettbewerb zu umgehen. Bereits behinderten die Besitzverhältnisse einen ratio- 1877 gingen die Stuttgarter eine Interessens- nellen Gesteinsabbau. Ein weiteres Problem gemeinschaft mit der Firma Gebr. Leube in Ulm stellte der Baugrund in der Achniederung dar, ein. Letztere verfügte über einen großen Kun- der Baumaßnahmen für Betriebserweiterungen denstamm und besaß auch in Allmendingen und erschwerte. Die Situation führte schließlich zu Schelklingen Rohstoff- und Produktionsstand- Überlegungen, in Allmendingen eine weitere orte.68 Dies machte sie für die Stuttgarter auf Produktionsstätte zu errichten.69

ARBEITER DER STUTTGARTER CEMENTFABRIK in Allmendingen, 1900. Quelle im Anhang. 19

Am Heilenberg in Allmendingen standen die produziert. Dafür genügten sehr einfache Ein- „Cementstein-Lager“ (Zementmergel) in großer richtungen, weil keine Aufbereitung und Mah- Mächtigkeit an und die Abbauverhältnisse lung des Rohmaterials nötig war.72 waren günstig. Zeitweise existierten hier zwölf, wenn auch z.T. sehr kleine Zementwerke. Auch die Stuttgarter Cementfabrik Blaubeuren begann im Jahr 1878 damit, sich durch Kauf und lang- fristige Pachtverträge die notwendigen Grund- stücke und Abbauflächen zu sichern. Über das Baugrundstück für die neue Zementfabrik wurde am 31. Juli 1880 mit Baron Ernst von Freyberg, der über großen Grundbesitz am Heilenberg verfügte, ein erster Vertrag abgeschlossen.70 Noch im gleichen Jahr errichtete man einen Schachtofen nach „Grenobler“ Vorbild – Bauart Vicat – mit 4 m Durchmesser und 8 m Höhe.71 Bald darauf wurde ein zweiter Ofen errichtet, so dass 2.000 t Klinker pro Jahr ge- brannt werden konnten. Weitere Schachtöfen dienten dem Trocknen der Mergelsteine. Das gebrannte Material wurde zunächst in Blau- beuren gemahlen. Bewusst hatte man die Investitionen in neue Fabrikanlagen anfangs ERNST VON FREYBERG, 1901. gering gehalten und lediglich Romanzement Quelle im Anhang. ANTON HOCH (*16.02.1842 in Reinstetten; †2.06.1919 in Ehingen a. D.) wurde als Sohn eines Sattlermeisters geboren. Nach einer Ausbildung als Maurer und Steinhauer arbeitete er in München als Bauführer. 1872 trat er in das Stuttgarter Immobilien- und Baugeschäft ein und errichtete die Roman- zementfabrik in Blaubeuren. Als technischer Leiter war er maßgeblich am Bau und Betrieb der Zementfabriken in Allmendingen und Ehingen beteiligt. Hoch übersiedelte mit seiner Familie 1885 nach Allmendingen und wurde Direktor der Fabriken. In beiden Orten erhielt er die Ehrenbürgerschaft. Ende 1913 trat er in den Ruhestand. Hoch war zweimal verheiratet und hatte mit seinen beiden Ehefrauen zusammen 19 Kinder.75

20 Aufgrund der steigenden Nachfrage nach Port- maschinen dienten zwei Dampfmaschinen mit landzement, insbesondere für Festungsbauten in insgesamt 375 PS. Für den Versand und die Ingolstadt und Ulm sowie für Bahnhofsbauten, Lieferung der Kohle baute man eine Drahtseil- machte Direktor Schrader im Aufsichtsrat den bahn von einem Kilometer Länge zur Verlade- Vorschlag, auch in Allmendingen die Portland- station am Bahnhof, am heutigen Bahnüber- herstellung aufzunehmen. Dazu war der Aufbau gang an der Marienstraße. Die Arbeiten einer neuen Produktionslinie notwendig. Nach- wurden so rasch durchgeführt, dass schon im dem Vorversuche gute Ergebnisse brachten und März 1883 der Ringofen erstmals in Betrieb die Hauptaktionäre schließlich gegen Hypothe- genommen werden konnte. Im Juni 1883 kensicherung die Finanzierung der neuen Fabrik wurde der erste Portlandzement verladen. ermöglicht hatten, konnte mit den Planungen Weiterhin wurden aber auch Romanzement begonnen werden.73 und Kalkprodukte produziert.76 Unterdessen trat im Sommer 1882 Be- Zusammen mit der Fabrik Blaubeuren triebsleiter Anton Hoch aus Blaubeuren eine erhöhte sich damit die jährliche Produktions- Studienreise durch ganz Deutschland an, um kapazität des Stuttgarter Immobilien- und alle in Frage kommenden einschlägigen Anla- Bau-Geschäfts auf 30.000 t Portlandzement, gen technisch zu studieren. Für die neue Fabrik 15.000 t Romanzement, 7.500 t Prima- wurde am 11. Oktober 1882 der Hauptvertrag Cement.77 mit Baron Ernst von Freyberg unterzeichnet. So Anton Hoch übernahm die Betriebsleitung wurde der benötigte Steinbruch von den Stutt- der neuen Fabrik in Allmendingen. Sein Nach- gartern auf die Dauer von 50 Jahren gepachtet. folger in Blaubeuren wurde Paul Wigand Der abgefasste Vertrag kam beiden Vertrags- (*31.07.1849 in Köln †4.11.1927 in Blaubeuren). partnern entgegen. Zu Beginn war das Pacht- Dieser hatte bei der Firma Leube in Ulm geld gering und steigerte sich mit dem Ge- Karriere gemacht, wo er 1866, mit 17 Jahren, schäftserfolg. Angeblich soll Baron Ernst von eine Kaufmannslehre begonnen und 1881 Freyberg in den ersten Jahren jährlich 10.000 Prokura erhalten hatte.78 Mark als Pacht erhalten haben, die sich dann im Laufe der Jahre auf 14.000 Mark erhöhte. Von Freyberg hatte in all den Jahren, in denen die Stuttgarter in Allmendingen ansässig wa- ren, mit diesen eine sehr enge Geschäftsbezie- hung.74 Sofort nach Vertragsunterzeichnung wurde noch im Oktober 1882 nach Hochs Plänen mit dem Bau eines Ringofens mit 18 Kammern begonnen. Gleichzeitig entstanden eine Mühle, ein Magazin, ein Kessel- und Maschinenhaus sowie ein Wohnhaus. Die maschinelle Einrich- tung bestand aus zwei Steinbrechern und zwei

Walzwerken mit vier Mahlgängen. Als Antriebs- ZEITUNGSANZEIGE FÜR HYDRAULISCHEN KALK, 1897. In der bereits erwähnten Interessensgemein- Mitte 1881 zustande kam. Durch den Tod des 21 schaft von 1877 zwischen Leube und Stuttgart Firmengründers Ernst Gustav Leube am 15. bestand eine enge Zusammenarbeit zwischen November 1881 geriet die Ausführung der beiden Unternehmen, deren Inhalt aber heute Pläne ins Stocken, dennoch hielt man an der nicht mehr bekannt ist. Vermutlich ging es Idee fest. Noch Anfang November 1882 kaufte neben Vermarktungsstrategien im Wesentlichen Leube Grundstücke östlich der Zementfabrik um Rohstofffragen. Spohn in Blaubeuren, wo auch die Stuttgarter Zu dieser Zeit waren die Steinbrüche der Parzellen besaßen. Möglich, dass dies in Abspra- Firma Leube in Gerhausen nahezu erschöpft und che im Rahmen des Interessensvertrags geschah. man musste eine Verlagerung des Betriebs ins Die Firma Spohn war so in ihren Expansions- Auge fassen. Favorisiert wurde ein Ausbau des möglichkeiten stark eingeschränkt. Diese Sperr- Produktionsstandorts in Allmendingen, wo die grundstücke waren für Tauschgeschäfte und für Firma schon über 30 Jahre ansässig war. Zuletzt Verhandlungen ein probates Druckmittel. Den- hatte man dort die schon erwähnten Anlagen noch blieben alle Schachzüge vergebens, denn von Anton Fischer übernommen. Seit 1876 in Allmendingen hatten bereits die Konkurren- waren Planungen für ein größeres Werk mit ten Carl Schwenk, Anton Kneer und die Stutt- Ringofen und einer Drahtseilbahn im Gange. garter entsprechende Grundstücke erworben Dazu verhandelte man mit Schwenk ein weite- und so eine Ansiedlung von Leube vereitelt.79 res Mal über einen Grundstückstausch, der

PORTLAND-CEMENTFABRIK, GEBRÜDER SPOHN von Süden gesehen. Es kreuzen sich die Seilbahnen aus Sotzenhausen und vom Stuttgarter Werk nach Gerhausen. Im Vordergrund links das Doppelschachtofen- gebäude und rechts ein Ringofen, ca. 1930. 22 DOPPELSCHACHTOFEN DER CEMENTFABRIK ALLMENDINGEN der Gebrüder Spohn am Hausener Berg, erbaut 1882, abgerissen 1925, ca. 1890

BRIEFKOPF MIT AUSZEICHNUNGEN, November 1888. Quelle im Anhang.

Das Stuttgarter Immobilien- und Baugeschäft 1887 die Portlandzementherstellung gelang, verfolgte seit der Bildung der Interessensgemein- arbeitete die Zementfabrik mit Gewinn.82 schaft mit Leube deren Situation aufmerksam. Eine neue Konkurrenzsituation entstand, Während die Planungen für die neue Stuttgarter als Carl Schwenk im Jahr 1885 die seit 1872 am Cementfabrik in Allmendingen liefen, machten Heilenberg in Allmendingen ansässige Firma die Stuttgarter im Frühjahr 1882 der Firma Anton Kneer im Konkursverfahren erwarb. Leube ein Übernahmeangebot. Besonders inter- Schwenk ließ das gebrannte Material weiterhin essant waren dabei Leubes großer Kunden- in Blaubeuren in der Thalmühle mahlen, wo die stamm und die Grundstücke in Allmendingen.80 Produktionsbedingungen, nicht zuletzt durch Nachdem die Familie Leube das Übernahmean- Anwohnerproteste, sehr eingeschränkt waren. gebot der Stuttgarter notgedrungen akzeptieren Nach zwei Betriebsjahren wollte Schwenk des- musste, wurden deren Anlagen in Ehrenstein wegen den Betrieb in Allmendingen erweitern und Gerhausen stillgelegt, Allmendingen und und hierfür zwei Grundstücke von der Witwe Schelklingen zu einer Betriebsgemeinschaft Mähr erwerben, die südlich und westlich von vereinigt und ausgebaut.81 seinem Ofen lagen. Die Stuttgarter kamen ihm Unter den örtlichen Zementherstellern allerdings zuvor, so dass er seine Pläne aufgeben dominierte nun das Immobilien- und Bauge- musste.83 schäft. Auch im Jahr 1884 expandierte das Carl Schwenk war bis dahin trotz kleiner Unternehmen weiter, indem es die Werksan- Produktionskapazitäten gut am Markt vertreten. lagen mit Steinbruch von Eduard Sprißler am Er bezog beträchtliche Mengen an Rohmehl und Hausener Berg im Süden von Allmendingen Klinker von Spohn und den Stuttgartern, um übernahm. Sprißler blieb in Stuttgarter Diensten selbst bei kleinen Margen seine Kunden belie- und war fortan als Zementverkäufer tätig. Am fern zu können. Dafür war er auch bereit, mit Hausener Berg hatte auch die Firma Spohn seit den Stuttgartern Preisvereinbarungen zu tref- 1872 einen Steinbruch in direkter Nachbarschaft fen.84 zu Sprißler. In zwei Schachtöfen brannte sie Als Lehre aus der verpassten Chance am Romanzement und transportierte das Material Heilenberg bereitete er in aller Heimlichkeit per Fuhrwerk umständlich nach Blaubeuren zur einen kühnen Handstreich zum Erwerb von Mahlung. Die Blaubeurer Fabrik der Gebrüder Grundstücken am Galgenberg vor. Sein Vater Spohn kam seit der Gründung nicht aus den hatte dort 1855 schon Grundstücke erworben roten Zahlen. Bis dahin glich deren Ravensbur- und seine neue Fabrik sollte darauf gebaut ger Spinnerei die Verluste aus. Erst als ihnen werden. Am 29. April 1887 brach Schwenk mit BAUGESUCH FÜR ERWEITERUNGSBAUTEN vom 23.11.1887 23 ANGEBOTSSCHREIBEN DER VEREINIGTEN CEMENTWERKE - Stuttgarter Cementfabrik Blaubeuren über Kanalisationsrohre für den Bau einer Arbeiter- kolonie in Donahof bei Altshausen, 13. April 1888. Quelle im Anhang.

einem „Stoßtrupp von Mitarbeitern“ um 2 Uhr benen Öfen und Magazine an Baron von Frey- nachts von Blaubeuren nach Allmendingen auf. berg. Selbiger unterhielt, wie schon geschildert, Gegen 4:30 Uhr saß er bereits beim Bauern gute Geschäftskontakte zu den Stuttgartern und Zagst in der Küche und führte Verhandlungen, verpachtete die Grundstücke an diese. Die Öfen um ein strategisch wichtiges Grundstück mit wurden von den Stuttgartern zum Brennen von Quelle zu bekommen. Seine Mitarbeiter taten Schwarzkalk eingesetzt und das Areal als Abla- gleiches bei den anderen Bauern. Um 11 Uhr gerungsplatz genutzt. Im Gegenzug einigte man wurden die Verträge auf dem Rathaus unter- sich mit Schwenk auf den Bau von zwei Öfen schrieben und die Gelder sofort ausbezahlt. am Galgenberg, an welchem Leube einst den Direktor Hoch war noch telegrafisch angewiesen ersten Naturportlandzement in Süddeutschland worden, die Geschäfte zu unterbinden, kam gebrannt hatte.87 aber zu spät. Damit hatte sich Schwenk unan- Schwenk eröffnete am 16. Juli 1889 das greifbar in Allmendingen festgesetzt.85 noch heute bestehende Werk in Allmendingen Da Carl Schwenk jede aktive Form der und übernahm 1897 die Firma Heinrich Wolf, Beteiligung an seinem Unternehmen ablehnte, um deren Kontingente zu nutzen.88 Nachdem in geriet er in Kapitalnot. In einem Brief an seinen beiden Brüchen Schwenks in Gerhausen die Schwiegervater beklagte er, dass er nicht das liegenden Bankkalke bei 590 m erreicht waren Kapital für den Bau einer großen Fabrik aufbrin- – was gleichzeitig auch die Sohle des genannten gen könne. Ebenso habe er nicht die Kapazitä- Transporttunnels darstellte – war das Rohstoff- ten der Stuttgarter Cementfabrik in Blaubeuren, vorkommen erschöpft und Schwenk zog sich um bei den zahlreichen Bahnhofsbauten mithal- ganz nach Allmendingen zurück. Endgültig ten zu können: „Die Stuttgarter arbeiten Tag und aufgegeben wurden die Brüche in Gerhausen Nacht mit ihren mächtigen Werken und ich soll schließlich 1908.89 die schönste Zeit, Geld zu verdienen, ungenutzt Die anhaltende Nachfrage nach Portland- vorbeiziehen lassen.“86 zement hatte eine ständige Erweiterung des Die Gründung einer Aktiengesellschaft Stuttgarter Werks in Allmendingen zur Folge. schloss Schwenk jedoch aus. Es gelang ihm aber, So entstanden bis zum Jahr 1885 ein weiteres den Ravensburger Parkettfabrikanten Carl Sterkel Maschinenhaus, eine Rohmühle, Reparatur- als stillen Kommanditisten zu gewinnen und so werkstätten, eine Wagnerei, ein Trockenofen so- die Mittel für den Bau der Fabrik am Galgenberg wie ein Rohmaterial- und Sackmagazin, eine zu beschaffen. Am 15. Februar 1888 verkaufte Drahtseilbahn in den Steinbruch und zwei wei- Schwenk schließlich die einst von Kneer erwor- tere Schachtöfen. Zur Qualitätssicherung wurde Stampfwerk Steinbruch Kalkmühle Brennofen Anton Fischer Anton Fischer Gustav Leube

Stampfwerk Brennofen Simon Schmutz Zementwerk Gustav Leube E. Schwenk

24 Zementwerk Stuttgarter Cementfabrik

Zementmühle Brennofen Anton Kneer E. Schwenk

Zementwerk Lukas Kneer Stampfwerk Heinrich Wolf Brennofen E. Schwenk Zementmühle Carl Stiehle Lukas Kneer Eduard Manz Steinbruch Brennofen Spohn & Ruthard

Steinbruch Brennofen David Braig Eduard Sprißler Stuttgarter Cementfabrik

STANDORTE DER ZEMENTFABRIKANTEN in Allmendingen. Quelle im Anhang. SONNTAGSAUSFLUG EINER ARBEITERFAMILIE (heutiger Sportplatzweg), im Hintergrund das Stuttgarter Werk in Allmendingen, 1910. Quelle im Anhang.

25 der Bauzeit waren rund 400 Arbeiter beschäf- tigt, im normalen Betrieb 120 bis 160 Arbeiter. Die beiden Stuttgarter Zementfabriken produ- zierten im Jahr 1885 30.000 t Portlandzement, 15.000 t Romanzement und 7.500 t Prima- zement.91 Am 24. Januar 1887 wurden die Fabrik- räume der Stuttgarter Cementfabrik Allmendin- gen zum ersten Mal elektrisch beleuchtet. Damit war das Werk seiner Zeit weit voraus, bedenkt man, dass die Glühbirne gerade einmal acht Jahre vorher erfunden worden war. Erst 22 Jahre später wurde in Allmendingen das elek- STUTTGARTER CEMENTFABRIK AM HEILENBERG in Allmendingen um 1900. Rechts trische Licht eingeführt. Die elektrische Anlage das niedrige Schachtofengebäude mit zwei kurzen Kaminen. Dahinter weitere wurde von der Elektrotechnischen Fabrik in Schachtöfen mit konischem und zylindrischem Kamin. In der letzten Reihe zwei Cannstatt ausgeführt. Insgesamt 56 Glühbirnen neuere Schachtöfen, von denen der linke noch als Ruine vorhanden ist. Mitten im Bild die beiden Kamine der großen Ringöfen, von denen noch Mauerreste vorhanden waren auf die verschiedenen Fabrikgebäude sind. Links das Verwaltungsgebäude, dahinter das Aufseherhaus. Im Vordergrund verteilt, drei weitere erhellten den Fabrikhof. das Zementmagazin, dahinter das Mühlengebäude mit Türmchen. Der Strom wurde von einer Dynamomaschine erzeugt, die von einem Dampfmotor mit 12 PS ein Laboratorium eingerichtet und ein Wohn- angetrieben wurde.92 haus für den technischen Verwalter und den Chemiker erbaut. Mittel dafür kamen aus einer Einlage der Gebrüder Leube, Ulm, gegen Erhö- hung der Kapitaleinlage zum 1. Januar 1885. Angetrieben wurden die Maschinen durch drei Dampfmaschinen mit 250, 150 und 12 PS, welche von drei Dampfkesseln mit je 80 qm Heizfläche gespeist wurden.90 Um die Dampfmaschinen der neuen mo- dernen Zementfabrik betreiben zu können, waren große Mengen von Wasser nötig. Dieses bezog man aus der Springen. Baron Ernst von Freyberg erwarb dafür aus der Konkursmasse des Müllers Ruß die Mühle und ersetzte die vier Wasserräder durch eine Turbine, die das not- BAUGESUCH für Erweiterungsbauten vom wendige Wasser zur Fabrik pumpte. Während 23.11.1887 Nach fast einem Jahrzehnt schloss das Geschäfts- steine aber mangels Rohstoffen nicht herstellen. 26 jahr 1883 des Immobilien- und Baugeschäfts So entschloss man sich 1883 zum Ankauf der erstmals wieder ohne Defizit. Am besseren sogenannten Steig-Ziegelei im heutigen Stuttgar- Ergebnis hatte das Immobilengeschäft und die ter Ortsteil Münster (zwischen Bottroper Straße gestiegene Bautätigkeit gleichermaßen Anteil. und Zuckerfabrik). Die Ziegelei Höfer, die später Vor allem die Gewerbebetriebe hatten bislang vom Immobilien- und Baugeschäft ebenfalls größere Verluste verhindert. Daher verbesserte übernommen wurde, lag der Steig-Ziegelei sich mit der Inbetriebnahme des neuen Werks gegenüber.94 in Allmendingen und der Betriebsgemeinschaft Diese Entscheidung führte sofort zu einer mit Leube das Stuttgarter Betriebsergebnis deutlichen Verbesserung der Ertragslage und wesentlich. Dazu trug auch der große Kunden- stützte die älteren Stuttgarter Ziegeleien: stamm und Auftragsbestand der Firma Leube „Der Erfolg war sofort bemerkbar: unser bei. Trotz zahlreicher Neugründungen und Absatz an Backsteinen nahm von Tag zu Tag fallender Preise florierte der Absatz, was nicht wieder zu und der Verlauf weist am Ende des zuletzt daran lag, dass Portlandzement mehr Jahres ein Mehr von 2,5 Millionen Backsteinen und mehr Verwendung fand. Dem Preisdruck gegen das Vorjahr auf.“95 versuchte man durch Größenwachstum und Schon im März 1884 waren die Vorräte in Rationalisierung zu begegnen. Es folgte für die allen drei Ziegeleien aufgebraucht und mit der Zementhersteller ein Jahrzehnt starker Expansi- Produktion wurde zwei Monate früher als sonst on. Die Stuttgarter Unternehmensführung sah begonnen. Die gesamte Jahresproduktionskapa- sich auf einem erfolgreichen Wachstumskurs: zität der drei Maschinenziegeleien stieg 1884 „Wir hoffen mit unseren jetzt tadellos einge- auf 13 Mio. Stück Ziegelwaren. In den Folgejah- richteten Fabriken im neuen Jahr einen recht ren konnte das Unternehmen von der anziehen- großen Absatz zu erzielen, namentlich wenn es den Baukonjunktur erheblich profitieren.96 uns gelingt, unserem vorzüglichen Produkt von Die Firmenleitung ging jetzt auch daran, Portland-Cement, das nach vorgenommenen die Geschäftsbereiche stärker zu konzentrieren. amtlichen Proben, keinen der berühmtesten Dazu gehörte der Verkauf der ausgebeuteten Zemente in Qualität nachsteht, immer mehr Steinbrüche Neuenstein und Maulbronn, die Eingang zu verschaffen und das Vorurteil, welches man nur durch Zukauf hätte erweitern können. leider allzu oft der einheimischen Industrie entge- Nach Jahren des Stillstands im Immobilien- gengebracht wird, durch die sich täglich mehrende bereich setzte das Unternehmen darauf, brach- Anerkennung, welche unser Fabrikat findet, liegende Grundstücke zu verwerten sowie Bau- gänzlich zu beseitigen.“93 unternehmen für das Überbauen eigener Areale Im Gegensatz dazu waren die Stuttgarter und die Abnahme eigenen Baumaterials zu Ziegeleien auf der Prag und am Bothnanger Weg gewinnen. Dies galt vor allem für die oben unter starken Konkurrenzdruck geraten. Der genannten, im innerstädtischen Baugebiet lie- Grund dafür war eine Modeerscheinung, die die genden, ausgebeuteten Tongruben am Both- Nachfrage nach weißlich gelben Vormauersteinen nanger Weg. Auf der anderen Seite bemühte und Verblendern enorm ansteigen ließ. Das man sich, Grundstücke gegen fertige Häuser zu Immobilien- und Baugeschäft konnte diese Ziegel- tauschen, um totes Kapital zu aktivieren. Dies PRODUKTKATALOG der Süddeutschen Ziegelwerke, ca. 1920.

war der Beginn eines langsamen Ausstiegs aus Bei einem Gesamtertrag von 322.299 Mark im dem Immobiliengeschäft. Während die Baustoff- Jahr 1884 entfielen 261.731 Mark (81 %) auf 27 produktion ursprünglich lediglich das Immo- Gewerbeeinnahmen und nur 56.879 Mark biliengeschäft unterstützen sollte, war die Ziegel- (19 %) auf Liegenschaften.97 und Zementherstellung zunehmend zum Kern- geschäft geworden.

SITUATIONSPLAN mit Steig-Ziegelei und Ziegelei Höfer (oben links), Stand ca. 1935. 28

ZEMENTFABRIK EHINGEN, ca. 1900.

Ende der 1880er-Jahre hatten die verbliebenen interessiert. Da die Stadt Ehingen aber von Zementhersteller nach erbitterten Kämpfen um ihrem Plan nicht abzubringen war, sahen sich Rohstoffe ihre Standorte im Wesentlichen in die Stuttgarter zur Verhinderung eines neuen Blaubeuren und Allmendingen gefunden. Die Konkurrenten gezwungen, den Bau einer weite- Zementwerke von Spohn, Schwenk und dem ren Fabrik selbst in die Hand zu nehmen.99 Immobilien- und Baugeschäft hatten ein stattli- Tatsächlich kam deren Produktion dem ches Ausmaß angenommen und mehrere hun- Bedarf nicht hinterher, obwohl ständig neue dert Industriearbeitsplätze in den Landgemein- Ring- und Schachtöfen gebaut wurden. Die den geschaffen. Schelklingen spielte zu diesem günstige Gelegenheit und das großzügige Entge- Zeitpunkt noch eine untergeordnete Rolle, doch genkommen der Stadt Ehingen, die Ansiedlung auch dort planten Anton Kneer und Emil Alfred finanziell zu unterstützen, machte die Entschei- Barbey den Bau einer größeren Zementfabrik.98 dung leichter.100 Die nahe gelegenen Oberamtsstadt Ehin- Am 20. April 1889 gründete das Stuttgar- gen konnte von dieser Entwicklung bis dahin ter Immobilien- und Baugeschäft die Tochterge- nicht profitieren. Die Stadt hatte zahlreiche sellschaft Oberschwäbische Cementwerke AG. Erwerbslose, die ohne Perspektive waren und in Die Aktien hielt mehrheitlich ein Konsortium die großen Industriestädte abzuwandern droh- aus drei Banken. Darüber hinaus gewährte das ten. Die Stadtverwaltung versuchte daher, In- Immobilien- und Baugeschäft seinen Aktionären vestoren für den Bau einer Zementfabrik zu al pari ihres Aktienbesitzes, quasi als Entschädi- finden. Die Konkurrenten Schwenk und Spohn gung für die Einbußen vergangener Jahre Be- waren mit dem Aufbau der eigenen Fabriken in zugsrechte.101 finanzieller Hinsicht gefordert. Auch das Stutt- Den Bau und die Betriebsleitung übernahm garter Immobilien- und Baugeschäft war mit wie in Allmendingen Anton Hoch. Später sollte dem Ausbau der eigenen Werke beschäftigt und er in beiden Orten Ehrenbürger werden. Das war zunächst nicht an einem Werksneubau Grundstück nördlich des Bahnhofs (zwischen 29

Bahnhof und heutiger Adolffstraße) wurde von baren Ideen und verderblichen Strömungen der der Stadt zur Verfügung gestellt. Der Steinbruch Zeit“ fernhalten. Gemeint war die aufkommen- im Saurücken, heute als „Blauer Steinbruch“ de Sozialdemokratie. Die Angst der Arbeitge- bekannt, wurde durch eine Seilbahn mit dem berseite war nicht unbegründet. Obwohl die Werk verbunden. In gleicher Weise wurde das Arbeiter in der Zementindustrie sich kaum in Rohmaterial auch in Blaubeuren und Allmendin- den Gewerkschaften organisierten, kam es in gen transportiert. Die Fabrik wurde mit drei den folgenden Jahrzehnten immer wieder zu Ringöfen gebaut und entsprach dem damaligen Arbeitskämpfen.103 Stand der Technik. Die Ausmaße der Fabrik- Die Inbetriebnahme des neuen Werks fiel anlagen waren beachtlich, die 800 PS Dampf- in eine Zeit starker Zementnachfrage, so dass, maschine war die größte im württembergischen wie erwähnt, auch die Anlagen in Blaubeuren Königreich.102 und Allmendingen 1891 ausgebaut werden Der Betriebsbeginn des im Juli 1890 fertig- mussten. An Stelle der alten Steinbrecher und gestellten Werks verzögerte sich jedoch wegen Mahlgänge wurden Kugel- und Rohrmühlen Lieferproblemen der Maschinenhersteller bis eingebaut. Die Stuttgarter Fabriken erreichten Ende des Jahres. Am 11. November 1890 end- dadurch eine Produktionskapazität von 87.500 t. lich fuhr um 11.30 Uhr der Sonderzug mit den Das Immobilien- und Baugeschäft war zum Ehrengästen am Ehinger Bahnhof, mit Böller- größten Zementhersteller Süddeutschlands schüssen begrüßt, ein. Durch tannengeschmückte geworden, vor Dyckerhoff (85.500 t) und dem Straßen schritten die Ehrengäste zum Werk, Portland-Cement-Werk Heidelberg (80.115 t). unter Ihnen Dr. Gustav Leube und Regierungs- Die lokalen Hersteller Spohn (19.800 t) und präsident Lamparter. Der Aufsichtsratsvorsitzende, Schwenk waren weit abgeschlagen.104 der Geheime Kommerzienrat Alexander von Pflaum, hielt eine Ansprache und appellierte an die Arbeiter, sie mögen sich von „undurchführ- Zu Beginn des Jahres 1890 hatte das Immobilien- 24. April 1889 entfaltete seine Wirkung in den 30 und Baugeschäft seine Schulden aus den Anfangs- Folgejahren. Es kam zu einer starken Verteue- jahren stark reduziert. Endlich war es gelungen, rung der Kohle, die der Zementindustrie zu die lange Zeit unverkäuflichen Immobilien und schaffen machte.107 nahezu alle unbebauten Areale zu verkaufen Zu gleicher Zeit entstanden zahlreiche neue oder gegen Häuser zu tauschen.105 Zementfabriken, obwohl die Nachfrage stagnier- Auf der 18. Ordentlichen Generalversamm- te. Dies fachte den Wettbewerb weiter an und lung am 16. April 1890 konnte der Vorstand führte zu einem verstärkten Preiskampf zwi- den Aktionären daher erstmals seit Jahren schen den Portlandzementherstellern. In der wieder ein befriedigendes Geschäftsergebnis Vergangenheit hatten die Stuttgarter stets gro- präsentieren: ßes Interesse an der Zusammenarbeit mit der „Es erfüllt uns mit Freude, dass es unserer Konkurrenz gezeigt, vor allem in Bezug auf den jahrelangen mühevollen Arbeit gelungen ist, das ruinösen Wettbewerb, welchen sie durch dem Erliegen nahe gewesene Geschäft zur voll- Marktregulierungen zu vermeiden suchten. ständigen Gesundung und Lebensfähigkeit zu- Zusammen mit den Portland-Cement-Werken rückzuführen und den Aktionären das Kapital zu Heidelberg gelang schließlich 1893 ein Zusam- retten.“106 menschluss von 13 süddeutschen Werken in Das Erfolgserlebnis war aber nur von kurzer einer losen Preiskonvention. Auch die Gebrüder Dauer. Insbesondere der Bergarbeiterstreik vom Spohn waren jetzt geneigt, mit dem fast dreimal

Bekanntmachung der VERKAUFSSTELLE DER CEMENTWERKE in Blaubeuren vom 23.11.1893. Sie war ein Vorläufer und Vorbild für die spätere Süddeutsche Cement-Verkaufsstelle in Heidelberg. DREIGELENK-BETONPROBEBOGEN DER STUTTGARTER CEMENTFABRIK in Ehingen aus dem Jahr 1896 mit 20 m Spannweite 2 2 und 1,42 m Höhe. Bei einer Belastung mit insgesamt 226 t traten Druckkräfte bis 3720 N/cm und Zugkräfte bis 1275 N/cm auf. 31

BETONBRÜCKE ÜBER DEN NECKARKANAL IN ESSLINGEN. BETONBRÜCKE ÜBER DIE DONAU IN BERG BEI EHINGEN. Drei Sichtbare Spannweite 19 m, Höhe 1,8 m, erbaut 1896. Öffnungen mit 21, 20 und 21 m Lichtweite. Pfeil 2,0 m. Erbaut 1897/98.

so großen Stuttgarter Zementhersteller zum Verdichtung des Betons bei guten Wasser-Ze- 1. Januar 1894 eine gemeinschaftliche Verkaufs- mentwerten. Da der Brückenzement noch nicht stelle zu gründen. Diese lieferte u.a. den Ze- genormt war, führten die Stuttgarter auf dem ment für zahlreiche staatliche Baustellen, insbe- Gelände des Zementwerks in Ehingen Belas- sondere für Brückenbauten.108 tungsversuche durch, um die Behörden zu über- Dafür entwickelte die Stuttgarter Cement- zeugen. Ein Probebogen mit nur 12 cm Stärke fabrik Blaubeuren einen speziellen Brückenze- aus einer Betonmischung von 1:7,5 hielt einem ment, der als Vorläufer der späteren Hochwert- Testgewicht von 226 t stand. Bei diesem Belas- zemente gelten kann. Dieser wurde aus einem tungsversuch war es nicht möglich, das Gewölbe gut gebrannten, sehr fein gemahlenen Klinker zum Bruch zu bringen, stattdessen wich das hergestellt. Der Siebrückstand, ein Maß für die Widerlager aus.109 Gleichmäßigkeit und Feinheit der Mahlung, Begünstigt durch Betriebsstörungen bei der ergab weniger als die Hälfte im Vergleich mit Konkurrenz gestaltete sich das 25. Geschäftsjahr dem üblichen Portlandzement. 1896 besonders erfreulich. Den Aktionären Die erste im Jahr 1893 mit „Brückenzement“ konnte das Unternehmen die erfreuliche Mittei- ausgeführte Brücke über die Donau wurde bei lung machen, dass die Ergebnisse es gestatteten Munderkingen errichtet. Zahlreiche, bis zur „… sämtliche noch ausstehenden Genußscheine Jahrhundertwende errichtete Bogenbrücke einzulösen und damit die Ueberreste einer trüben wurden durchweg in unbewehrtem Stampfbe- Periode unseres Geschäftes aus der Welt zu ton ausgeführt. Bei den damaligen technischen schaffen.“110 Möglichkeiten brachte diese Bauweise die beste 32

PROGRAMM DES JUBILÄUMSAUSFLUGS am 27. September 1896 nach Stuttgart.

Im Gedenkblatt zum 25-jährigen Jubiläum hieß (Ver)Zehrgeld bekam jeder ein Paar Würste und es dazu in pathetischen Worten: „Unter glän- Brot als Marschverpflegung, für viele sicher eine zenden Auspicien entstanden, blieb es ihr nicht Besonderheit. Morgens um 4:30 Uhr fuhr der erspart, Jahre tiefster wirtschaftlicher Depression Zug in Ehingen los, mit Halt in Allmendingen durchzumachen, um dann durch Nacht zum Licht und Blaubeuren, die Rückkehr war für 22:35 wieder aufzukämpfen – und heute, am Ende des Uhr geplant. In Stuttgart erwartete die Arbeiter Vierteljahrhunderts, darf sie mit berechtigter und Angestellten ein nicht alltägliches Pro- Freude und Genugtuung zurückblicken auf die gramm. Zunächst machte man einen Rundgang Jahre erfolgreichen Kampfes und sich des wieder- zu den Sehenswürdigkeiten der Stadt und be- errungenen Standpunktes für jetzt und hoffent- suchte das Gewerbemuseum. Anschließend traf lich für immer erfreuen.“111 man sich beim Festessen in der Liederhalle. Am Die Unternehmensleitung beging das Nachmittag folgte ein Besuch der elektrotechni- Jubiläum daher in großzügiger Weise. Arbeiter schen Ausstellung in der Gewerbehalle sowie und Angestellte, die mehr als 15 Jahre im Un- eines Kinematographen, der für die Landbevöl- ternehmen waren, erhielten Prämien. Am 27. kerung sicher eine Sensation war. Für viele war September 1896 ging es mit 850 Teilnehmern es vermutlich ein Großereignis in ihrem Leben.112 per Sonderzug nach Stuttgart. Neben einem Die beiden Ziegeleien in der Stuttgarter Innen- hinaus aus, so dass die eigenen Reserven ge- 33 stadt kamen durch das rasche Städtewachstum schont blieben. Der Anwohnerschaft war der und die immer dichter werdende Bebauung Betrieb jedoch wegen der Rauchbelästigung und unter Druck. Außerdem gingen allmählich die der durch den Abbau nicht fertiggestellten Rohstoffvorkommen zur Neige. Die Ziegelei auf Straßen ein Dorn im Auge. Mehr und mehr der Prag in der Nähe des Pragfriedhofs war von Petitionen und Beschwerden zwangen die Stadt der Stadt Stuttgart schon seit Jahren als Fried- deshalb, ein Ende des Betriebs festzusetzen. hofserweiterungsfläche gehandelt worden. Werkmeister Ludwig Blankenhorn musste eine Pläne der Eisenbahn, auf der Prag einen Ran- Erklärung unterschreiben, dass nur noch auf den gierbahnhof zur Entlastung des Hauptbahnhofs unmittelbar angrenzenden Grundstücken abge- zu errichten sowie Pläne zur Anlage verschiede- baut werde, andernfalls drohte ihm eine Straf- ner Fabrikbetriebe, ließen die Grundstücke stark zahlung von zehn Mark pro Karre. Im Jahr 1902 im Wert steigen und machten eine baldige fand die letzte Kampagne statt. Schließlich Stilllegung interessant. Im Jahr 1898 konnten verkaufte das Unternehmen das Areal, lediglich die Grundstücke schließlich an die Stadt mit der die Gebäude blieben noch im Eigenbesitz.114 Zusage verkauft werden, die Rohstoffe noch Trotz der lebhaften Bautätigkeit um die vollständig abbauen zu dürfen.112 Jahrhundertwende war im Baugewerbe und Bereits beim Kauf der Ziegelei am Bothnan- insbesondere bei der Baustoffproduktion eine ger Weg 1872 hatte die Stadt die Betriebsge- Sättigung zu erkennen. Vor dem Hintergrund nehmigungen nur unter dem Vorbehalt erteilt, stark steigender Arbeitslöhne sowie höherer dass die Stadt zu gegebener Zeit den unentgelt- Kosten für Brenn- und Betriebsmaterialien lichen Rückbau der Ziegelei verlangen könnte. gingen die Erträge stark zurück. In der Ziegelin- Über Jahre hinweg baute die Ziegelei den auf dustrie war deshalb schon 1899 eine Vereinba- den Bauarealen anfallenden Lehm ab und mach- rung zur Preisstabilität getroffen worden. Die te ein doppeltes Geschäft mit den Bauherren, Syndikatsverhandlungen in der Zementindustrie deren Baugruben ausgegraben und der Aushub zogen sich aber noch einige Jahre dahin, so dass „entsorgt“ wurde. Die Ziegelei dehnte ihre die Ziegeleien zu dieser Zeit im Vergleich zum Aktionen dabei weit über die eigenen Flächen Zementgeschäft gute Erträge erzielten.115

OBERE ZIEGELEI CANNSTATT, ca. 1930. AREAL DER FELDZIEGELEI, der späteren Oberen Ziegelei. Baugesuch von Friedrich Mayer für zwei 34 Wohnhäuser, März 1863. Quelle im Anhang.

Das Immobilien- und Baugeschäft hatte von errichtet. In letzteres wurden Maschinen von Anfang an im Konkurrenzkampf auf eine moder- der alten Ziegelei am Bothnanger Weg über- ne Ziegelproduktion gesetzt. Vorausschauend nommen.117 hatte man daher als Ersatz für die beiden Stutt- Eine günstige Gelegenheit bot sich im Jahr garter Fabriken im Jahr 1896 die Beuttel’sche, 1903 durch den Erwerb der früheren Rapp’schen sogenannte Obere Ziegelei, in Cannstatt er- Ziegelei auf der Steig bei Cannstatt.118 Die Zucker- worben.116 Schon beim Erwerb plante das Immo- fabrik hatte sie einst zur Arrondierung ihres bilien- und Baugeschäft größere Erweiterungen. Neubaus angekauft, schließlich trat sie Teile des Vor der Realisierung der Bauvorhaben musste nicht benötigten Terrains zum 25. Juni an die aber bis 1905 noch der Lehm auf dem Baugrund Stuttgarter ab. Darüber hinaus gestattete sie aufgearbeitet werden. Dann wurden in rascher der Ziegelei die Lehmgewinnung auf eigenen Folge zwei Ringöfen und ein Maschinenhaus Flächen.119

OBERE ZIEGELEI CANNSTATT der Süddeut- schen Ziegelwerke an der Schmidener Straße in Stuttgart-Bad Cannstatt, ca. 1960. Heute erinnert die Straßenbahnhalte- stelle „Obere Ziegelei“ (oben links am Schnitt- punkt der gerade nicht mehr zu sehenden Straßen) an die traditi- onsreiche Fabrikanlage. 35 BAUGESUCH FÜR DIE CEMENTFABRIK SCHELKLINGEN VOM JANUAR 1900. Die Anordnung und Höhe der Kamine wurde beim Bau noch ästhetischen Gesichtspunkten angepasst, so dass diese einem Bogen über dem Werk bildeten.

Trotz der guten Marktposition, die das Stuttgar- mentmergeln zu erhalten. Ein Jahrzehnt später ter Unternehmen mittlerweile erreicht hatte, gelang es dort Gelände, das im Eigentum des waren die Perspektiven am Stammsitz in Blau- württembergischen Staates war, zu kaufen. beuren schlecht. Das beengte Fabrikgelände Ebenso konnte man zwischen 1897 und 1898 und der Baugrund in der Achniederung sowie am Bahnhof Schelklingen ein größeres Areal die zur Neige gehenden, günstig abzubauenden erwerben. Somit stand der Verlagerung des Steine in Gerhausen sprachen für eine Betriebs- Betriebes nach Schelklingen und der allmähli- verlagerung.120 chen Aufgabe des Standorts Blaubeuren nichts Durch den Zusammenschluss mit der Firma mehr im Weg.122 Gebrüder Leube besaß das Stuttgarter Unter- Das Baugesuch für den Neubau des Ze- nehmen in Schelklingen in der „Lurkenbahn“ mentwerks Schelklingen wurde am 26. Februar Steinbrüche. Leube hatte dort in den 1840er- 1900 beim Oberamt Blaubeuren eingereicht. Jahren einen Steinbruch angelegt und in den Die Genehmigung des Kreisamts folgte am 1860er-Jahren Schachtöfen errichtet.121 Ganz in 11. Juni 1900. Schon im August 1901 war der der Nähe, im Gewann Vohenbronnen am Süd- ausgedehnte Bau soweit fortgeschritten, dass hang des 642 m hohen Hühnerberges, hatte das die Öfen vergeben werden konnten.123 Ein hal- Stuttgarter Unternehmen bereits 1887 vergeb- bes Jahr später, am 21. Januar 1902, ging das lich versucht, ein großes Areal von 40 bis 50 Werk in Betrieb.124 Morgen (12 bis 15 ha) mit vorzüglichen Ze-

ZEICHNUNG DES NEUEN ZEMENTWERKS von Chr. Rudolph, 1901 ELEKTRISCHE LOKOMOTIVE der Steinbruchbahn, 1898.

36 Die Aufbereitung des Rohmaterials erfolgte nach dem Trockenverfahren wie im Blaubeurer Werk. In vier Schachtöfen mit sechs Metern Höhe und vier Metern Weite wurde der Ton- mergel getrocknet. Nachdem dieser mit dem Kalkstein ins richtige Mischungsverhältnis ge- bracht worden war, wurde er mittels einer Hän- gebahn zur Rohmühle geschafft. Hier wurde das Material zunächst durch sechs Maulbrecher zu Schotter gebrochen, dann auf Brechschnecken nachzerkleinert und schließlich auf zwölf Unter- läufer-Mahlgängen zum fertigen Rohmehl ver- mahlen. Das Rohmehl wurde anschließend auf Den Kalkstein baute man im Steinbruch Vohen- fünf zweistempeligen Fallpressen zu Rohmehl- bronnen zunächst auf drei, später auf fünf steinen gepresst. Vor dem Brand mussten die Terrassen ab. Die Ein-Kubikmeter-Kippwagen Presslinge noch von Hand auf die Darren im wurden von Hand im Akkord beladen und zu Trockenschuppen gesetzt werden.125 Zügen zusammengestellt. Über Bremsberge Handarbeit nahm folglich auch im neuen wurden sie auf die unterste Sohle geschoben Zementwerk großen Raum ein, was nicht zuletzt und über eine 3,8 km lange Schienenstrecke mit an den arbeitsintensiven Ringöfen lag. Allein für einer elektrischen Bahn ins Werk gefahren. die Be- und Entladung waren je Ringofen mit Elektrische Eisenbahnen waren damals noch 24 Kammern mindestens 40 Mann nötig. Die eine Besonderheit. Brennleistung eines Ringofens betrug durch-

HERAUSBRECHEN DER KLINKER aus dem 70 m langen und 28,3 m breiten Ringofen, 1927. BELADUNG DES RINGOFENS mit Rohmehlsteinen, 1927.

schnittlich 50-55 t Klinker, wovon etwa 10% kosten stiegen aber durch den hohen Anteil der 37 „Ungares“ abzurechnen war. Bei 300 Arbeits- Handarbeit weiter an. Die Entscheidung für den tagen – sonntags wurde nicht gearbeitet – be- Ringofenbetrieb zeigt, dass die Stuttgarter zu trug die Jahresleistung der beiden Öfen maximal diesem Zeitpunkt den technologischen An- 35.000 t Klinker.126 schluss an die Zeit verloren hatten. Einst hatten Nach der Inbetriebnahme des neuen Werks sie den Ringofen als erste in Württemberg ein- wurde der Produktionsstandort Blaubeuren geführt, jetzt konnten sie sich davon nicht 1903 stillgelegt. Am 30. Juli 1904 wurde auch lösen. Die Portland-Cement-Werke Heidelberg die seit 1872 in Blaubeuren ansässige Zweignie- hatten 1896 in Leimen eines der modernsten derlassung des Stuttgarter Immobilien- und Zementwerke jener Zeit mit einem Jahresver- Baugeschäfts nach Schelklingen verlegt.127 sand von 115.000 t errichtet. Auch dieses Werk Im Jahr 1907/08 ging im Werk ein dritter war mit Ringöfen gebaut worden, diese wurden Ringofen in Betrieb. Die Produktion stieg da- aber schon 1902 durch Drehöfen mit Abhitze- durch bis 1911 zwar auf 50.000 t, die Selbst- verwertung ersetzt.128

STUTTGARTER CEMENTFABRIK Blaubeuren, ca. 1900 38

BAUGESUCH von E.A. Barbey für eine Cement-Fabrik in Schelklingen von 1889 mit Genehmigung des Oberamts vom 12.09.1890.

Der einzige Konkurrent war das in unmittelbarer begann an vier Stellen mit Sondierungsgrabun- Nähe am Schellberg gelegene kleine Zement- gen. Offensichtlich verfolgte er auch eigene werk von Georg Hammerstein. Die Ursprünge Pläne, denn im gleichen Jahr kaufte er in der des Werks gehen auf den Privatier Emil Alfred „Lurkenbahn“ ebenfalls einen Steinbruch mit Barbey zurück. Dieser tat sich Januar 1889 mit dem Ziel, dort eine größere Zementfabrik zu dem Hotelbesitzer Anton Kneer aus Ulm zusam- errichten. Nach längeren Verhandlungen mit der men, der seit 1872 am Heilenberg in Allmendin- Stadt über den Rollbahnanschluss stellte er gen eine Zementfabrik betrieb. Kneer sollte 1891 das Projekt ein. Barbey hingegen errichte- geeigneten Kalkstein ausfindig machen und te zwei Schachtöfen, die im Frühjahr 1890 in 39

SITUATIONSPLAN zur Anlage einer Eisenbahn vom Steinbruch Vohenbronnen zum Bahnhof Schelklingen vom 19.05.1898. In einem Nachtrag vom 11.03.1904 ist das ehemalige Hammerstein’sche Werk samt Steinbruch auf Parzelle 1053 und 1054 bereits als Stuttgarter Besitz eingetragen.

Betrieb gingen.129 Nach dem Tod Barbey’s wech- öfen mit Vorwärmern um. Im Gegensatz zu den selte die Fabrik mehrfach die Eigentümer. Am Stuttgartern zeigte er sich innovativ und plante 12. Oktober 1893 musste wegen Überschul- 1903 eine Drehofenanlage mit Maschinenhaus, dung das Konkursverfahren eröffnet werden, Kohlenmühle und Kohlentrockentrommel, die wodurch die Fabrik wieder an die Witwe er allerdings aus finanziellen Gründen nicht Barbey’s fiel. Schließlich kaufte Hammerstein realisieren konnte.130 Bereits 1906 kauften die 1895 die Fabrik und baute in den Folgejahren Stuttgarter das Werk und bauten es zu 27 Ar- die beiden Schachtöfen in Dietz’sche Etagen- beiterwohnungen um.131 Nachdem sich der Absatz des Portlandzements Portland-Cement-Fabriken stieg von 1894 bis 40 ab den 1880er-Jahren gut entwickelt hatte, stieg 1900 von 40 auf 75. Die älteren Zementwerke auch die Zahl der neu gegründeten Zementfabri- entwickelten im Gegenzug eine starke Ausbautä- ken stark an. Als ab 1889 die Nachfrage rückläu- tigkeit, was zu einer weiteren Verschärfung der fig war, kam es zu einem scharfen Konkurrenz- Konkurrenzsituation führte.134 kampf mit Preisunterbietungen. Im Zeitraum Die neu gegründeten Fabriken konnten oft zwischen 1877, dem Gründungsjahr des Vereins die in sie gesetzten Erwartungen nicht erfüllen. Deutscher Portland-Cement-Fabrikanten und Selbst in den Jahren der Hochkonjunktur 1898 1892 waren 31 neue Zementwerke dem Verein und 1899 arbeiteten 10 % aller Werke unter der beigetreten. Seit 1887 gab es dort eine Interes- Rentabilitätsgrenze. Gegenüber den Altwerken, sensvertretung auf vorwiegend technischem die eine durchschnittliche Dividende von 12,8 % Gebiet. Von Anfang an bestand aber auch der ausschütteten, hatten sie einen schweren Stand. Wunsch nach einer Verständigung in Fragen der Nach anfänglichen, oft trotz Verlusten ausge- Wirtschaftlichkeit. Anfang der 1890er-Jahre kam zahlten Dividenden, sanken die Ausschüttungen es daher zu einer losen Verkaufsvereinigung schnell auf Null.135 verschiedener nord- und ostdeutscher Grup- Als ab dem Jahr 1900 zur Überproduktion, pen.132 die die Nachfrage inzwischen um das Dreifache Im Jahr 1893 schlossen sich auch 13 süd- überstieg, eine allgemeine Depression hinzu deutsche Werke in einer losen Konvention zu- kam, kam es zu drastischen Preisstürzen. Beson- sammen. Diese setzten nicht nur Preise und ders hart war Süddeutschland betroffen, wo der Verkaufsbedingungen fest, sondern regelten Preis von 32,5 Mark pro Tonne im Jahr 1900 auf auch die Produktion durch Kontingentierung des 23 Mark pro Tonne im Jahr 1903 verfiel. Zum Absatzes. Im gleichen Jahr hatte Julius Spohn, Zeitpunkt der Gründung der ersten deutschen Inhaber der Portland-Cementfabrik Blaubeuren, Zementfabrik 1855 in Stettin lag der Preis bei als Reaktion auf die Fusion der Stuttgarter Port- ca. 120 Mark pro Tonne. Von hier war er konti- land-Cementfabrik mit Leube, eine gemein- nuierlich bis Mitte der 1870er-Jahre auf 52 Mark schaftliche Verkaufsstelle mit Stuttgart gegrün- pro Tonne gesunken. Vor allem die neu gegrün- det. Ansonsten stand Julius Spohn den deten, in der Regel syndikatsfernen Zementwerke Zementsyndikaten ablehnend gegenüber. 133 litten unter der Überproduktion. Mit Preisunter- Ab dem Jahr 1894 belebte sich das Aus- bietungen brachten sie schließlich auch die landsgeschäft erneut, blieb aber hinter den Verbände ins Wanken, bis diese sich auflösten.136 Steigerungen der Produktion zurück. Starkes Im Stuttgarter Geschäftsbericht ist folgen- Bevölkerungswachstum und Hoffnungen auf den des zu lesen: „Das Geschäftsjahr 1900 war für Kanalbau ließen eine günstige konjunkturelle die Verwaltung ein sehr schwieriges; es bedurfte Entwicklung erwarten und führten zu einer aller Ruhe und Festigkeit, um sich von dem wil- zweiten Welle von Neugründungen. In dieser den Treiben der ins Maßlose angewachsenen Zeit gewannen die Aktiengesellschaften die Konkurrenz in der Cementindustrie nicht mitrei- Oberhand, da diese die hohen Gründungs- und ßen zu lassen, dass schließlich die Kündigung Betriebskosten der Zementindustrie leichter aller bestehenden Verbände und Kartelle zur aufbringen konnten. Hohe Dividenden lockten Folge hatte. Die Summen, welche die Cementin- in der Portlandzementherstellung unerfahrene dustrie in diesem sinnlosen Konkurrenzkampf Spekulanten und Investoren. Die Anzahl der vergeudet hat, beziffern sich nach Millionen.“137

PAUL WIGAND (31.07.1849 in Köln †4.11.1927 in Blaubeuren).

Mit dem beginnenden Niedergang regten sich Die Süddeutsche Cement-Verkaufsstelle Heidel- aber auch neue Bestrebungen zu festeren Zusam- berg übernahm im eigenen Namen den gemein- 41 menschlüssen innerhalb der Zementindustrie. samen Verkauf. Die Generalversammlung setzte Auch Beteiligungen an anderen Firmen waren nach Maßgabe der Marktlage alljährlich Kontin- eine Möglichkeit, den Markt zu beeinflussen. So gente fest. Nach der Gründung der gemeinsa- beteiligte sich das Immobilien- und Baugeschäft men Verkaufsstelle gestaltete sich der Markt 1901 „mit einigen befreundeten Firmen“ an der freundlicher, insbesondere deswegen, weil die Portland-Cementfabrik Fr. Sieger & Co in Buden- SCV unter großen Opfern eine Anzahl Fabriken heim a. R. GmbH, der Portland-Cementfabrik aufkaufte und stilllegte.142 Blaubeuren Gebr. Spohn und dem Bayerischen Unterdessen vollzog sich in der Geschäfts- Portland-Cementwerk Marienstein138 Zu den leitung des Immobilien- und Baugeschäfts ein „Freunden“ gehörten die Portland-Cement-Werke Generationswechsel. Nach dem Tod von Kom- Heidelberg und Mannheim, die ebenfalls Anteile merzienrat Alwin Moser (†26.05.1906), der aus an den genannten Firmen hatten.139 der Gründergeneration stammte und von 1872 Im Januar 1904 entstand aus dem Süddeut- bis 1905 dem Vorstand angehörte, rückte ab schen Verband von 1893 auf einer neuen Grund- 1906 Paul Wigand nach. Ihm unterstand die lage die Süddeutsche Cement-Verkaufsstelle Oberleitung der Oberschwäbischen Werke GmbH (SCV) mit Sitz in Heidelberg. Es war vor Schelklingen, Allmendingen, Ehingen und allem Friedrich Schott von den Portland-Cement- Münsingen. Nach der Übersiedlung von Anton Werken Heidelberg, der beharrlich eine Verstän- Hoch nach Allmendingen war Wigand ab 1883 digung zwischen den Zementfabrikanten suchte. Betriebsleiter in Blaubeuren. Im Jahr 1900 wur- Bis auf die Firma Dyckerhoff, Amöneburg, die de er im neuen Werk in Schelklingen Direktor. sich nur durch einen Sondervertrag anschloss, Ab 1903 war Wigand auch Vorstand in der waren in der neuen Verkaufsstelle sämtliche 26 Portland-Cementfabrik, Gebrüder Spohn und süddeutschen Zementwerke vertreten. Aufsichtsrat der Süddeutschen-Cementverkaufs- Die Gründung der Süddeutschen Cement- stelle Heidelberg.143 Verkaufsstelle hatte Julius Spohn zum Anlass Das Stuttgarter Immobilien- und Bauge- genommen, sich finanziell aus dem Geschäft schäft verfolgte unter Wigands Leitung einen zurückzuziehen. Sein ältester Sohn Dr. Georg Konsolidierungskurs. Es verfügte in Stuttgart Spohn übernahm die technische Leitung und über 28 Wohnhäuser und drei Ziegeleien. Nach betrieb die Umwandlung in eine Aktiengesell- den verschiedenen Übernahmen der vergange- schaft.140 nen Jahre und den beiden Betriebsgemeinschaf- Im Geschäftsbericht des Immobilien – und ten sollten die Betriebs- und Vermögensverhält- Baugeschäfts für das Jahr 1904 hieß es dazu: nisse vereinfacht werden. Am 31. Oktober 1906 „Schließlich würde aber die ganze Vereinigung an beschloss die außerordentliche Generalver- dem Widerstande einer uns benachbarten großen sammlung eine Verschmelzung mit den Ober- Fabrik gescheitert sein, wenn wir uns nicht in schwäbischen Cementwerken durch Aktien- letzter Stunde mit einer Anzahl anderer Gesell- tausch und eine Ablösung der Forderungen der schaften verbunden hätten, um diese Fabrik Firma Leube durch Abgabe von Aktien. Dazu unter unserer Beteiligung in eine Aktiengesell- wurde das Aktienkapital der Gesellschaft von schaft umzuwandeln …“141 3,4 Mio. auf 5,6 Mio. Mark erhöht.144 42

Im Jahr 1907 erwarb das Immobilien- und Bau- geschäft die gesamten AKTIEN DES SÜDDEUT- SCHEN PORTLAND-CEMENT- WERKS MÜNSINGEN und pachtete die ganze Fabrik.145

Die deutsche Zementindustrie war durch Zölle zunichte. Ab dem Jahr 1910 kam es aufgrund ab der Jahrhundertwende im Export stark be- des Konkurrenzkampfes zu Aussperrungen im nachteiligt, während der Import durch fehlen- Baugewerbe und der Gewinn ging weiter zu- den Schutzzoll Jahr für Jahr zunahm.146 Ab 1907 rück. Vor dem Hintergrund der drohenden war das Ergebnis durch die Zementkonkurrenz Auflösung des Rheinisch-Westfälischen und zusätzlich gedrückt. Zwar war es der SCV zeit- Norddeutschen Syndikats war Süddeutschland weise gelungen, die Zementpreise zu erhöhen. ständig von zusätzlichen Importen aus diesen Das dadurch neu entfachte Gründungsfieber Regionen bedroht.147 machte die Anstrengungen allerdings wieder Den höchsten Absatz mit 178.000 t hatte das zung der Arbeiter aus der Unterstützungskasse Stuttgarter Immobilien- und Baugeschäft im in Höhe von 64.223,07 Mark. Weitere Verluste 43 Jahr 1910 erreicht. Mit der Kriegserklärung im brachten die Beteiligungen an fremden Unter- August 1914 ging der Versand abrupt zurück. nehmen, die ihre Dividenden absenkten oder Bis 1918 fiel er um 75 % auf 46.170 t.148 Mit der keine auszahlten, so z.B. die jüngste Beteiligung Mobilmachung wurden nicht nur viele Arbeiter am 1912 gegründeten Portland-Cementwerk eingezogen, sondern auch Pferde und Lastkraft- Burglengenfeld, dessen Aktien im Wesentlichen wagen wurden beschlagnahmt. Bald konnte nur von Heidelberg und Stuttgart gehalten wur- noch ein Notbetrieb mit älteren Arbeitern und den.150 Frauen aufrechterhalten werden. Auch Zement- Um nicht die Existenz der gesamten Ze- lieferungen für Militärzwecke hielten nur die mentindustrie zu gefährden, verbot der Bundes- ersten Kriegswochen an. Ebenso mussten im rat am 29. Juni 1916 den Abschluss von Liefer- Immobiliengeschäft herbe Verluste hingenom- verträgen über 1916 hinaus. Damit sollte men werden, da viele Mieter in den etwa 25 verhindert werden, dass sich einzelne Hersteller Häusern die Mieten nicht mehr zahlen konnten über langfristige Lieferverträge dauerhaft Kondi- oder auf Grund des Ausnahmezustandes nicht tionen sicherten. Ebenso wurde der Bau und die mehr zahlen wollten.149 Erweiterung bestehender Zementfabriken unter- Auch das Ziegelsyndikat, dem die Stuttgar- sagt. Damit kam er einer alten Forderung der ter angehörten, hatte nur noch 11,5 % des Syndikate nach und schuf gleichzeitig die bisherigen Kontingents. Daraufhin wurde auch „Reichsstelle für Zement“.151 Letztere überwach- der abgelaufene Syndikatsvertrag der Ziegelver- te die Durchführung der Bestimmungen und kaufsstelle Stuttgart nicht erneuert. Zusätzliche nahm maßgeblichen Einfluss auf die Gründung Belastungen entstanden durch die Unterstüt- des neuen Syndikats Norddeutscher Cementver-

STUTTGARTER DIREKTOR WENK mit Ehefrau vor der Werks- wohnung in Allmendingen, ca. 1914. 200.000

180.000

160.000

140.000

120.000

100.000

80.000

60.000

40.000 44

20.000

1874 1880 1885 1890 1895 1900 1905 1910 1914 1918

ABSATZENTWICKLUNG der Zementwerke des Stuttgarter Immobilien- und Baugeschäfts 1874-1918.

band GmbH. Vor der Bundesratsverordnung Absatz sank deshalb 1919 auf den absoluten waren in Westfalen noch einige Zementfabriken Tiefpunkt. entstanden, die mit langfristigen Lieferverträgen Das Werk in Allmendingen war von 1883 versuchten, sich dem Rheinisch-Westfälischen bis 1914 ununterbrochen in Betrieb gewesen, Cementverband zu entziehen. Durch eine weite- stand aber seit Kriegsbeginn still. In den Kriegs- re Bundesratsverordnung vom 24. November jahren war nur noch eine Notbesatzung von 10 1916, die drastische Strafmaßnahmen vorsah, bis 15 Arbeitern im Werk beschäftigt. Im Jahr gelang es auch die Außenseiter in das Zement- 1910 lag die Jahresproduktion bei rd. 28.000 t syndikat einzugliedern. Der Reichskanzler war (vgl. Schelklingen 46.000 t, Leimen 206.112 t). außerdem jederzeit befugt, in die Preisbildung Zunächst war nach dem Ersten Weltkrieg an einzugreifen. Vom Kriegsamt wurde eine „Ce- eine Wiederinbetriebnahme gedacht. Deshalb mentausgleichsstelle“ geschaffen, die die einge- wurden die Dampfkessel in der Maschinenfabrik henden Aufträge gleichmäßig auf das norddeut- Esslingen überholt. Die Absatzlage und der sche, westfälische und süddeutsche Syndikat Materialmangel sowie die seit mehr als dreißig verteilte. Als Interessensvertretung der Industrie Jahren unveränderten Maschinen ließen einen schuf die Behörde 1917 den Deutschen Ze- wirtschaftlichen Betrieb unter den herrschenden mentbund GmbH.152 Bedingungen jedoch nicht zu und das Werk ging Ende Oktober 1918 hörte die Kohleversor- nicht wieder in Betrieb.153 gung der Zementwerke im Deutschen Reich auf Ein Großteil der Fabrikgebäude in Allmen- und setzte erst Mitte 1919 wieder ein. Hinzu dingen am Heilenberg wurde schließlich um kam, dass Reparaturmaterialien und andere 1930 von Ulmer Pionieren gesprengt. Das Fabrik- Betriebsmittel kaum zu bekommen waren. areal und die an der Ehingerstraße gelegene Unterdessen wurden auch die ehemaligen aus- Arbeitersiedlung „Häusle“ wurden an Schwenk ländischen Marktgebiete von der ausländischen verkauft.154 Konkurrenz erobert. Gleichzeitig kam es zu bedeutenden Importen von Zement, der mit „Reparationskohle“ hergestellt worden war. Der FIRMENLOGO, 1918.

Die Stuttgarter Gesellschaft hatte bereits 45 1883 mit den Cementwerken Gebr. Leube in Ulm fusioniert und damit ihre Position gegen- über Schwenk gefestigt. Ebenso suchte die Unternehmensleitung stets die Verständigung in den Verbänden. Zu den Portland-Cement- Werken Heidelberg und Mannheim gab es zu dem Ergebnis, dass mit Stuttgart in Verhand- zahlreiche Verbindungen. Beide Unternehmen lungen getreten werden soll.“155 hatten, wie schon erwähnt, Anteile an der Am 24. August 1918 fusionierten die Blaubeurer Cementfabrik der Gebrüder Spohn Portland-Cement-Werke Heidelberg und Mann- und dem neu errichteten Bayerischen Portland- heim AG mit der Stuttgarter Immobilien- und Cementwerk Burglengenfeld. Baugeschäft AG. Das neue Unternehmen fir- Schon während des Krieges hatte Friedrich mierte bis 1937 als Portland-Cementwerke Schott vom Heidelberger Konzern den Stuttgar- Heidelberg-Mannheim-Stuttgart AG. Ganz leicht tern eine enge Zusammenarbeit angeboten. fiel es den Stuttgartern jedoch nicht, ihren Angesichts der schlechten Aussichten auf dem Firmensitz in Württemberg aufzugeben. Auf der Zementmarkt und dem absehbaren Kapitalbe- außerordentlichen Generalversammlung am 24. darf für Modernisierungen kam es schließlich zu September 1918 begründete der Vorstand des einer weiteren Annäherung. Stuttgarter Immobilien- und Baugeschäfts die

Ausschnitt aus dem PROTOKOLL DER AUFSICHTSRATSSITZUNG der Portland-Cement- Werke Heidelberg und Mannheim vom 14.6.1918.

Am 14. August 1918 wurde die engere schon länger erwogene Entscheidung zur Fusion: Zusammenarbeit konkreter im Heidelberger „Seit Jahren schon ist bei gelegentlichen Zusam- Aufsichtsrat diskutiert. Das Protokoll hält fol- menkünften unseres Vorstandes mit den Vor- gendes fest: „Herr Weinschenk [Aufsichtsratsvor- standsmitgliedern der Portland-Cement-Werke sitzender] berichtet über die Anregung der Herrn Heidelberg und Mannheim in Heidelberg der des Stuttgarter Immobilien & Baugeschäft in Gedanke einer engeren Verbindung zwischen Stuttgart über eine Fusion mit unserer Gesell- unseren beiden Gesellschaften, als das Cement- schaft. Die sich anschließende Aussprache führt syndikat sie bereits bietet, erörtert worden. 46

1000-MARK-AKTIE des fusionierten Unternehmens vom 14.02.1919.

Nur die Scheu, die Selbstständigkeit unserer setzte sich aus Friedrich Schott und Carl Leon- Gesellschaft aufzugeben und den Sitz eines alten hard aus Heidelberg und den Stuttgarter Vor- blühenden Unternehmens Württembergs nach ständen Generaldirektor Woldemar Schrader Baden abwandern zu lassen, hielt den Vorstand und Kommerzienrat Paul Wigand (bis 1.07.1926) unserer Gesellschaft seither zurück, den Anre- aus Schelklingen zusammen. Im Aufsichtsrat gungen weitere Folge zu geben.“156 bekamen die Stuttgarter vier Sitze.157 Die Aktio- Die Stuttgarter Gesellschaft brachte Zementwerke näre der Stuttgarter Gesellschaft erhielten im in Allmendingen, Ehingen, Marienstein, Tausch gegen ihre Aktien neu ausgegebene Münsingen und Schelklingen sowie zwei Ziege- Aktien von Heidelberg-Mannheim-Stuttgart. leien in Cannstatt in das neue Unternehmen ein. Das Grundkapital wurde dafür um 5,6 Mio. Die Heidelberger brachten die Zementwerke Mark auf 20,6 Mio. Mark erhöht.158 Am 3. Feb- Leimen, Mainz-Weisenau, Offenbach, Diedes- ruar 1919 wurde die Aktiengesellschaft Stutt- heim-Neckarelz, das Gipswerk Obrigheim und garter Immobilien- und Baugeschäft aufgelöst, das Ziegelwerk Lochhausen ein. Heidelberg- nachdem die ordentliche Generalversammlung Mannheim-Stuttgart war damit zum beherr- am 24. September 1918 der Übertragung des schenden süddeutschen Zementhersteller ge- Vermögens ohne Liquidation auf das neue worden. Der Vorstand des neuen Unternehmens Unternehmen zugestimmt hatte.159 Die Zeit unmittelbar nach dem Ersten Weltkrieg Technisch lagen sie hinter den Heidelberger war durch Mangelwirtschaft, insbesondere bei Werken zurück. Alle Fabriken arbeiteten noch 47 der Kohleversorgung und der Sackverpackung, mit arbeitsintensiven Schacht- und Ringöfen. Es gekennzeichnet. Ebenso belasteten die stark lag daher nahe, einen Standort auszubauen und gestiegenen Arbeitslöhne das Ergebnis. Die die anderen stillzulegen. Das Werk Ehingen lag fehlende Nachfrage ließ den Zementversand mit einer Produktionskapazität von 30.000 t pro 1919 auf einen Tiefpunkt sinken.160 Jahr und 138 Beschäftigten in der Produktivität Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen knapp vor Schelklingen mit 55.000 t und 262 erforderten Effizienzsteigerung in den zahlreichen, Arbeitern. Die Werke Allmendingen und höchst unterschiedlich ausgestatteten Werken Münsingen lagen weit darunter.161 im neuen Heidelberg – Mannheim – Stuttgart Der Civilingenieur Otto Schott, ein Bruder Großkonzern. Die großen Überkapazitäten im Friedrichs, wurde beauftragt, ein Gutachten Unternehmen, aber auch ein zehnjähriger Inves- über die Ehinger Fabrik mit dem Ziel anzuferti- titionsrückstand, machten Standort-chließungen gen, das Werk effizienter zu machen. Im Sep- erforderlich. Die ehemaligen Stuttgarter Werke tember 1923 legte er dieses vor und lokalisierte waren im Blau- und Schmiechtal konzentriert. darin die Probleme. An mehreren Stellen in der

SCHACHTÖFEN DER STUTTGARTER CEMENTFABRIK in Allmendingen nach der Stilllegung im Jahr 1914, ca. 1920. SCHORNSTEINSPRENGUNG 48 im Oberschwäbischen Cementwerk Ehingen am 9.04.1928.

Produktion, wie bei der Zerkleinerung und beim zität von 588.000 t bei 130 Arbeitern. Alle Transport des Rohmaterials, sowie bei der Ofen- ehemaligen Stuttgarter Fabriken hatten mit 800 entleerung der Schneider-Öfen kam es zu stän- Arbeitern gerade einmal 130.000 t produziert.163 digen Unterbrechungen durch anhaltende Repa- Nach dem Ende der Hyperinflation mit der raturmaßnahmen. Nach Schotts Untersuchungen Einführung der Goldmark 1924 erreichte der war eine Produktionssteigerung von ca. 45 % Absatz wieder ungefähr das Vorkriegsniveau. möglich, sofern entsprechende Maßnahmen Inzwischen hatte sich der Vorstand in Heidel- ergriffen würden.162 berg aber gegen den Neubau in Ehingen ent- Die Verfolgung von Otto Schotts Vorschlägen schieden. Im Oktober 1924 kam es zu ersten war aber in der Zeit der Hyperinflation unmög- Kündigungen der 200 Beschäftigten in Ehingen, lich. Nach der Einführung der Rentenmark am die aber zunächst auf politischen Druck hin 20. November 1923 stabilisierte sich die Wäh- wieder aufgehoben wurden. Ein Jahr später rung schlagartig. Der Spielraum für Investitionen stand die Stilllegung endgültig fest und Anfang verbesserte sich damit ebenfalls plötzlich. Otto 1926 begannen die Abbrucharbeiten. Am 9. Schott erstellte daraufhin am 14. Januar 1924 April 1928 berichtete der Volksfreund schließ- ein Exposee zum kompletten Neubau der Ehin- lich über die Schornsteinsprengung durch Ulmer ger Fabrik mit einer jährlichen Produktionskapa- Pioniere. Nach dem Abbruch wurde das Fabrik- 49

gelände samt der Arbeitersiedlung „Häusle“ an geschah vor dem Hintergrund der Neuordnung die Firma Schwenk verkauft.164 der deutschen Zementsyndikate, die Ende 1925 Das Jahr 1925 war in der deutschen Ze- abliefen. Die Interessengemeinschaft übte star- mentindustrie im Allgemeinen ein Jahr der ken Einfluss auf die seit Sommer laufende, stark Veränderungen. Im Heidelberger Konzern ging umkämpfte Erneuerung aus.166 Generaldirektor Woldemar Schrader, der von Das Jahr 1925 wurde auch zum Schicksals- 1882 bis 1918 dem Stuttgarter Vorstand ange- jahr weiterer Konzernwerke, wie Diedesheim- hörte, zum 30. Juni 1925 nach 48 Jahren Tätig- Neckarelz und Offenbach. Im Gegenzug für die keit in den Ruhestand.165 Im Folgejahr schied Stilllegung des Ehinger Werks sollte das veraltete mit Paul Wigand auch der letzte Vorstand aus Schelklinger Werk, das seit seiner Gründung dem Stuttgarter Immobilien- und Baugeschäft unverändert geblieben war, modernisiert und aus, so dass die Familie Schott den Vorstand für eine Jahresproduktion von 150.000 t ausge- dominierte. baut werden. Der Ausbau des Werks Schelklin- Im Oktober 1925 schloss Heidelberg mit gen sollte etappenweise erfolgen, soweit Geld- den westfälischen Wicking`schen Portland- mittel zur Verfügung standen, ohne dass der Cement- und Wasserkalkwerken in Münster bestehende Produktionsbetrieb durch den einen Interessengemeinschaftsvertrag. Dies Ausbau gestört werden durfte.167 Die revolutionären Ereignisse unmittelbar nach ersten Werksvereine, dem in kurzer Zeit die 50 dem Ersten Weltkrieg, aber auch die sozialen gesamte Belegschaft beitrat. Auf gesetzlicher Umwälzungen jener Zeit, brachten Konflikte Grundlage stehend, konnte mit der Werkslei- zwischen Unternehmern und Gewerkschaften mit tung ein neues Tarif- und Arbeitszeitabkommen sich. Erstmals seit Jahrzehnten konnte für die getroffen werden. Die Fabrikleitung betrachtete Arbeiterschaft eine nennenswerte Reallohnstei- den großen Zuspruch zum Werkstarif mit Ge- gerung erreicht werden. Allein im ersten Halb- nugtuung: jahr 1925 stiegen die Löhne von 41-55 Pf. auf „Seitdem haben wir Ruhe unter unserer 62-66 Pf. Die im Jahre 1927 eingeführte Arbeits- Belegschaft und alle Versuche der Gewerkschaf- zeitverordnung und die im Zusammenhang ten hier wieder Fuss zu fassen, sind bisher in damit stehende und von den Gewerkschaften ganz kläglicher Weise gescheitert.“169 geforderte Einführung des Acht-Stunden-Tags Das Zementwerk Schelklingen folgte dem veränderten die Situation für die Zementindustrie Beispiel kurze Zeit darauf mit einem eigenen erheblich. Diese bekämpfte das Gesetz, da die Tarif- und Arbeitszeitabkommen: Arbeitsabläufe bisher in 10-stündiger Arbeitszeit „In unserer Arbeiterschaft hat sich in den und in zwei Schichten organisiert waren. Die letzten Jahren eine völlige Umwandlung vollzo- Umstellung auf den Dreischichtbetrieb brachte gen insofern, als sie sich restlos von den Gewerk- zunächst einen Produktivitätsverlust, da die schaften abgewandt hat. Den äußeren Anlass Anlagen erst angepasst werden mussten. Die hierzu hat im Jahre 1927 die Arbeitszeitverord- stark gestiegenen Arbeitskosten, der hohe Kon- nung und die im Zusammenhang damit stehende kurrenzdruck und das Arbeitszeitgesetz führten und von den Gewerkschaften geförderte Einfüh- zu verstärkten Rationalisierungsmaßnahmen. rung des 8 Stunden-Tages gegeben. Unsere Ar- Die Arbeiterschaft bestand damals zu einem beiterschaft wollte ihre bisherige 10-stündige großen Teil aus Ungelernten und Tagelöhnern, Arbeitszeit und das 2-Schichten-System beibe- die im Akkord arbeiteten, also nach verrichte- halten und hat deshalb am 10. Mai 1927 mit tem Arbeitspensum bezahlt wurden. Unter der Betriebsleitung ein Werkstarif- und Arbeits- Beibehaltung der Akkordsätze bedeutete die zeitabkommen getroffen.“170 8-stündige Arbeitszeit für die ungelernte Arbei- Im Oktober 1927 kam es erstmalig zu terschaft Lohneinbußen von 20 %. Daher stand einem Werkstarifabschluss mit dem Werksverein diese den neuen Arbeitszeitgesetzen und den Schelklingen. Die Lohnsteigerungen lagen in Gewerkschaften ablehnend gegenüber.168 etwa in Höhe der zuvor von den Gewerkschaf- Der geringe Organisationsgrad in der Ze- ten erreichten Abschlüssen und betrugen jetzt mentindustrie machte es für die Arbeitgebersei- 71-84 Pf.171 te einfach, die Arbeiterschaft in sogenannten Die Werksvereine waren aber für die Un- Werksvereinen zu organisieren. Der Heidelber- ternehmensleitung weit mehr als Tarifpartner. ger Vorstand Friedrich Schott war ein erbitterter Sie organisierten auch die Freizeit der Arbeiter- Gegner der Gewerkschaften und favorisierte die schaft und der Angestellten. Die Aktivitäten Werksvereine für alle Konzernwerke. Sein Bru- sind durch den Vorsitzenden des Werksvereins, der Adolf Schott, ebenfalls im Vorstand, leitete den Aufseher Gramlich, gut dokumentiert. Die das Nürtinger Zementwerk. Er förderte am 10. Werksfeiern waren für die Arbeiterschaft große Juni 1927 in Nürtingen die Gründung eines der Ereignisse. So erhielten auf den jährlichen Weih- FLUGBLATT DER GEWERKSCHAFT MIT STREIKAUFRUF gegen das Zement- werk Nürtingen, ca. 1927.

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nachtsfeiern in der Rose unter Mitwirkung des „Auch die Lohn und Arbeitszeitfrage waren „Liederkranzes“ weit über 200 Kinder Pakete Gegenstand einer längeren Diskussion und es mit Äpfeln, Feigen, Gebäck, Nüssen, Wurst, kann dabei unzweideutig zum Ausdruck, dass es Wecken und nützlichen Geschenken oder Spiel- ein Eingriff in die persönliche Freiheit ist, wenn sachen. Die umliegenden Brauereien spendeten behördlicherseits einzelnen Arbeitsgruppen die Bier, Zigarren, Kaffee und Kuchen. Auch Theater- Arbeitszeit einfach diktiert wird ohne Rücksicht aufführungen und Betriebsausflüge gehörten zu auf den Verdienstausfall. Mehr als 30-jährige den Aktivitäten der Werksvereine.172 Erfahrung hat gelehrt, dass die Gesundheitsschä- In Schelklingen gehörte die komplette digung in unserer Industrie nicht so ist, dass der Belegschaft dem Verein an, was es für den ein- § 7 der Arbeitszeitverordnung in Frage kommt. zelnen Arbeiter schwer machte, sich von diesem … Mit Befriedigung kann festgestellt werden, zu distanzieren. Die allgemeine Stimmung ist im dass der Werksvereinsgedanke feste Wurzeln Protokoll der zweiten ordentlichen Sitzung des gefasst hat und keine der Gewerkschaften, die Werksvereins am 28. Juli 1929 gut dokumen- nur Selbstinteresse verfolgen, werden ihn zu tiert: entwurzeln vermögen.“173 ARBEITERFAMILIE VOR WERKSHAUS, CA. 1910.

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Wenn Arbeiter es zu jener Zeit als „persönliche eigneter Entstaubung waren Magengeschwüre Freiheit“ bezeichneten, für das Existenzminimum besonders häufig. Fehlende Sicherungsmaßnah- länger arbeiten zu dürfen, so geschah das nicht men an den transmissionsgetriebenen Maschinen aus liberaler Überzeugung, sondern aus Ohn- bargen ebenso ein hohes Unfallrisiko.174 macht und Alternativlosigkeit. So mussten auch Innerhalb weniger Jahre hatte sich die etwaige Gesundheitsrisiken dem täglichen Zementindustrie an die veränderten Rahmenbe- Überlebenskampf untergeordnet oder verdrängt dingungen angepasst. Auch dort wo man noch werden. Die damalige Werkszeitung enthält hartnäckig an der Beibehaltung der 10-stündi- zahlreiche Nachrufe zu früh verstorbene Arbei- gen Arbeitszeit und des Zwei-Schichten-Systems ter. z.B. von dem erst 46 Jahre alten Zementfas- festhielt, kehrte bald Einsicht ein. Insbesondere ser Josef Sontheimer. Am 12. September 1929 die Produktivitätssteigerungen, die eine verkürz- wird vom Tod des erst 25 Jahre alten Karl Bierer te Arbeitszeit mit sich brachte, machten das berichtet. Ebenso starb der 63 Jahre alte Ring- traditionelle Arbeitszeitmodell bald unattraktiv. ofenbrenner Benazzo Domenico. Mangels ge-

ARBEITER IN DER WERKSKANTINE, 1938. 53

Errichtung der ELEKTRISCHEN GASREINIGUNG (links), Bau der WERKSANSICHT NACH DEM UMBAU, 1929. KOHLENMÜHLE und des Ofenhauses für die DREHÖFEN, 1928.

Im Jahr der Inbetriebnahme des Schelklinger einem Schuppen an der Luft getrocknet, wäh- Zementwerks war der automatisierte Drehofen rend das mergelige Material in Schachtöfen mit in der Zementindustrie eingeführt worden. Das Handentleerung getrocknet und entsäuert wur- Zementwerk in Leimen, das 1896 errichtet wor- de. Beide Materialien wurden ins richtige Mi- den war, hatte ebenfalls 1902 seine Ringöfen schungsverhältnis gebracht und per Seilbahn zur abgebrochen und neue Drehöfen eingebaut. Die Vorbrecherei transportiert. Nach dem Werksum- Materialaufgabe und Entleerung geschah voll- bau wurde das Rohmaterial schon im Steinbruch automatisch. Im Schelklinger Werk erfolgte der richtig gemischt. Mit der Inbetriebnahme der Materialtransport zwischen den verschiedenen neuen Schachtofenanlage wurde das Rohmateri- Aggregaten noch ausschließlich von Hand. Der al durch einen Polysius Zet-Brecher im Werk Produktionsprozess und die Betriebseinrichtun- vorzerkleinert und in drei Schottersilos geför- gen, wie Mahlgänge, Ringöfen und Pressenbe- dert. Mittels Drehtellerentleerung und Elevato- trieb sowie die Packerei, waren nicht mehr zeit- ren wurde der Schotter den beiden Trocken- gemäß. Die Kraftübertragung an den Maschinen trommeln aus dem stillgelegten Zementwerk geschah immer noch mittels Transmissionen.175 Budenheim zugeführt. Die Trockentrommeln Im Jahr 1925 wurde beschlossen, das veral- von 2,1 m Durchmesser und 22 m Länge waren tete Werk zu modernisieren und für eine Jahres- bereits mit Einzelantrieben versehen.177 produktion von 150.000 t auszubauen. Der Bisher musste das Rohmehl auf zweistem- Ausbau sollte in zwei Teilschritten erfolgen, peligen Fallpressen manuell zu Rohmehlsteinen soweit Geldmittel zur Verfügung standen, ohne gepresst werden, die von Hand in die Ringöfen dass der bestehende Produktionsbetrieb durch eingesetzt wurden. Die „neuen“ vier automati- den Ausbau gestört werden durfte. Ein ganz schen Grueber’schen Schachtöfen arbeiteten neues Fabrikprojekt mit automatischen Schacht- vollautomatisch. Sie wurden aus gebrauchten öfen, einem Drehofen mit Abhitzekesseln und Teilen, wie Drehrosten, Schneckenrädern, Kö- einer 1.500 KW-Dampfturbine wurde ausgear- nigswellen und Hauben von den stillgelegten beitet. Die vorhandenen Gebäude wurden nur Werken Diedesheim-Neckarelz und Ehingen soweit genutzt, als sie sich in den Rahmen des zusammengebaut. Zur Formung der Rohmehl- Gesamtprojekts einpassten.176 steine (Verziegelung des Rohmehls) wurden Im Jahr 1926 begann der erste Bauab- automatische Drehtischpressen eingesetzt. Über schnitt mit der Erneuerung der Vorzerkleine- einen Drehrost erfolgte die automatische Ent- rung, Trocknerei, Errichtung der Rohmehlsilos leerung. Die Leistung eines Ofens mit 2,6 m und der Schachtofenanlage sowie der Klinker- Durchmesser und 12 m Höhe lag bei 50 bis 60 halle. Bislang wurde das hochkalkige Material in Tagestonnen.178 KONDENSATIONSTURBINE MIT DREHSTROMGENERATOR der Firma AEG mit einer Leistung von 1600 KW, 1928

54 Einen wichtigen Schritt unternahm man im In den Jahren 1928 und 1929 erfolgte mit der September 1926, als die Fabrik an das Netz der Erneuerung der Rohmühle, dem Neubau der Oberschwäbischen Elektrizitätswerke, die Kohlenmühle, Abhitzekessel- und Turbinenanlage, hauptsächlich die Wasserkraft der Donau und Drehofenanlage sowie der elektrischen Entstau- Iller nutzten, angeschlossen wurde. Jetzt war es bungsanlage die zweite Ausbaustufe. Die Dreh- möglich, die kraftzehrenden Transmissionsan- ofenanlage war die erste mit erweiterter Sinter- triebe schrittweise durch elektrische Einzelan- zone und Abhitzekessel. Dieser Ofentyp wurde triebe zu ersetzen.179 in den Heidelberger Werken zu jener Zeit bevor- Im Jahr 1927 trat im Ausbau eine Pause zugt eingesetzt, da er gute Wirkungsgrade ein. Die Werksleitung ging von dem erkrankten, aufwies. Friedrich Schotts Sohn, Ehrhart, war zu 78-jährigen Paul Wigand auf Direktor Liebold dieser Zeit Vorsitzender der Ofenkommission über. Kommissarisch hatte Gottfried Wenk180, und mit der Optimierung von Zementöfen Direktor des stillgelegten Allmendinger Werks, befasst. Der neue Drehofen in Schelklingen das Werk bis dahin schon mehrere Jahre gelei- hatte einen Durchmesser von 3,2 m und eine tet. Nach Abschluss des zweiten Bauabschnitts Länge von 55 m, die Leistung betrug 260 t pro ging Wenk am 1. April 1929 in den Ruhe- Tag.182 stand.181

ALTE UNTERLÄUFERMAHLGÄNGE, wie sie im 19 Jh. auch in Getreidemühlen eingesetzt wurden, ca. 1925 Für den Antrieb der Transmissio- nen war eine vierzylinderige TRIPLEX-DAMPFMASCHINE mit 1.200 PS aus Esslingen vorhanden, die über vier Tembrink-Kessel mit separater Überhitzung gespeist wurde.184

Der neue Drehofen verlangte wesentlich feineres tägliche Klinkererzeugung der drei Ringöfen 55 Rohmehl, als es die alte Mahlanlage herstellen etwa 150 t ausmachte. Bei 300 Arbeitstagen konnte. Die Rohmühle bestand noch aus 20 (sonntags wurde nicht gearbeitet) betrug die Unter- und zwei Oberläufer-Mahlgängen mit Jahresleistung aller Öfen gerade einmal 45.000 t 1,5 m Durchmesser, die über Seilscheiben durch Klinker pro Jahr.187 die alte Dampfmaschine angetrieben wurden. Im Jahr 1929 brach der Absatz von 66.000 t Eine Kolonne von fünf Mann war ständig mittels (1928) auf 59.000 t ein, was einer Ausnutzung Schärfhämmern mit dem Schärfen der Mahlsteine des Werks von 39 % entsprach. Im März 1929 beschäftigt. Daher wurden im stillgelegten begann der Drehofenbetrieb und die Ertüchti- Konzernwerk Offenbach 16 alte Griffinmühlen gung der Schachtöfen wurde aufgrund der Ab- übernommen. Die Leistung einer Mühle lag bei satzsituation abgebrochen. Der Energieaufwand 3,5 t/h, also bei mehr als dem Doppelten. Als des Drehofens lag ohne Abhitzeverwertung über Feinmahlung galt damals ein Siebrückstand von 43% höher als beim Schachtofen. Mit Abhitze- 28-30 % auf dem 4900 Maschensieb – nach verwertung lag er 4 % günstiger. Die Umstellung heutigen Maßstäben ungeheuer grob.183 auf den Drehofenbetrieb brachte aber auch Die Schachtöfen hatten im Pressenbetrieb manche Schwierigkeit in der Zementmühle mit eine Gesamtleistung von 200-240 t pro Tag. Ein sich. Die harten Drehofenklinker ließen die Ertüchtigungsprogramm sollte deren Leistung Leistung der alten Zementmühle stark absinken. erhöhen. Insbesondere sollte dabei das Rohma- Selbst bei reduzierter Ofenleistung gelang es terial ungeziegelt aufgegeben werden, um den nicht, die produzierte Klinkermenge zu mahlen. teuren Pressenbetrieb einzusparen. Die Vorteile Solange Schachtofen und Drehofenklinker zu- des Schachtofens lagen in den niedrigeren sammen vermahlen werden konnten, war auch Brennstoffkosten, dem Einsatz minderwertigerer das Ergebnis der Zementmühle erheblich besser. Kohle und dem geringeren Kraftbedarf. Auf- Die schlechte Absatzlage ließ aber keinen ge- grund der hohen Klinkervorräte musste der meinsamen Betrieb zu. Um die neue Ofenkapazi- Schachtofenbetrieb dennoch Mitte 1928 stark tät auslasten zu können, hätte eine neue Ze- reduziert werden.185 mentmühle gebaut werden müssen. Dadurch Im Juli 1928 wurde der Ringofenbetrieb hätten die Anlagen zu 60 bis 65 % ausgelastet komplett eingestellt. Dies geschah aber nicht werden können. Die Weltwirtschaftskrise verhin- nur aufgrund des schlechten Absatzes. Im Jah- derte diese Investition aber auf absehbare Zeit.188 resbericht 1929 ist selbstkritisch vermerkt: „Der So versuchte man, die Leistung der Zement- Ringofen dürfte in der Cementindustrie Deutsch- mühle seit Oktober 1928 mit einem 680 PS lands mittlerweile historisch geworden sein. Das Motor zu erhöhen. Ansonsten mahlte man umständliche Einsetzen und Ausräumen der munter so weiter, wie man es seit 1900 ge- Kammern von Hand, wie auch die Befeuerung wohnt war, was aber kaum etwas brachte. Denn der einzelnen Kammern, ist nach heutigem Ar- die Beschickung der Kugelmühlen erfolgte beitsrhythmus kaum noch denkbar.“186 immer noch in Handarbeit durch vier Einschauf- Die Brennleistung eines Ringofens betrug ler pro Schicht. Trotz verschiedener Verbesse- durchschnittlich 50-55 t Klinker, wovon etwa rungen arbeiteten im September 1929 immer 10% „Ungares“ abzurechnen war, so dass die noch 20 Mann in der Zementmühle.189 56 UMGEBAUTE GRIFFINMÜHLEN aus dem stillgelegten ERRICHTUNG DES NEUEN OFENGEBÄUDES, 1928. Werk Offenbach mit elektrischen Einzelantrieben, 1929

Die Zementmühle bestand aus acht Löhnert- Die Qualität des Zements aus den neuen Dreh- Kugelmühlen mit Separatoren und vier nachge- öfen war denen aus den Ring- und Schachtöfen schalteten Rohrgängen. Über die Separatoren deutlich überlegen. Die Festigkeitssteigerungen wurde besonders feiner Zement mit 5 % Rück- betrugen über 20 % und wären noch deutlicher stand auf dem 4900 Maschensieb aus dem ausgefallen, wenn der Zement in der Mahlfein- Materialstrom gezogen. Dieser wurde unter heit des Ringofenzements gemahlen worden dem Namen „Solidifit“ für den Betonstraßenbau wäre.191 verwendet und gilt als Vorläufer des heutigen Der Betrieb hatte aber noch andere organi- Hochwertzements. Bis 1928 wurde „Prima satorische Schwierigkeiten. Durch geringe Kohle- Zement“ als Kampfprodukt verkauft. Ab 1929 lagerungsmöglichkeiten musste auf die kosten- ging man zu den heute noch geläufigen Ze- günstige Beschaffung ganzer Schiffsladungen mentsorten über. Der Engpass in der Klinker- verzichtet werden. Zudem fehlte es an geeigne- mahlung wurde erst 1930 durch eine neue ten Entladungsmöglichkeiten, so dass die Kohle Drei-Kammer-Rohrmühle von Polysius mit 2 m von Hand ausgeladen und auf dem Lagerplatz Durchmesser und 12 m Länge mit selbsttätigen verebnet werden musste.192 Drosselklappen gelöst.190

STEILROHRABHITZEKESSEL der Maschinenbaugesellschaft Karlsruhe mit einer Heizfläche von 1000 m2. Die Anlage arbeitete mit 25 Bar und einer Überhitzungstemperatur von 420 °C, 1928. MONTAGE DES 57 DREHOFENS, Ende 1928.

Mit der Inbetriebnahme des Drehofens und der motive, Erneuerung der Gleise und Nivellierung Schachtöfen musste auch der Steinbruchbetrieb der Strecke sowie durch Neuorganisation des intensiviert werden. Im Steinbruch Vohenbron- Abbaus konnten die Energiekosten auf 35 % des nen wurde das Material bis 1929 auf fünf Etagen bisherigen Werts gesenkt werden. Die neue von Hand abgebaut und danach mit der Schau- Lokomotive, die ab 1929 im Einsatz war, konnte fel in Loren geladen. Durch drei Bremsberge mehr als 30 Rollwagen ziehen.193 wurden die Loren auf die Bruchsohle geschafft. Die wichtigste Aufgabe war, die Handverla- Von hier wurden sie durch eine elektrische dung zu optimieren. Dazu wurde das Rollloch- Schmalspurbahn zur vier Kilometer entfernten verfahren eingeführt, das im Heidelberger Kon- Fabrik gefördert. Diese konnte aber höchstens zern schon seit zwei Jahrzehnten eingesetzt zwölf Loren ziehen. Auf der Fahrt zur Fabrik wurde. Dabei wurde rings um einen senkrech- mussten die Loks an der Ausweichstelle aufein- ten Schacht mit Kleinsprengungen und Spitzha- ander warten, was die Transportkapazität limi- cke abgebaut. Das Material wurde in den tierte. Durch Anschaffung einer größeren Loko- Schacht abgerollt und am unteren Ende mittels

STEINBRUCH VOHENBRONNEN mit Gleisanlage und angeleg- ten Transportstollen, 1929. einer Abfüllschnauze direkt in Loren verladen. 58 Diese wurden im Transportstollen zu Zügen zusammengestellt und von Hand nach draußen geschoben. Nach der Errichtung einer Pressluft- anlage konnte man Ende 1929 zwei Rolllöcher in Betrieb nehmen.194 Insgesamt aber brachte die neue Abbau- methode gewaltige Produktionsfortschritte. So finden wir im Jahresbericht 1929 folgende Bemerkung des Betriebsleiters:

Im Vordergrund ein ROLLLOCH, im Hintergrund ist noch „Anfänglich wollte der Rolllochbetrieb nicht die alte Steinbruchlokomotive zu sehen, ca. 1930. recht gehen, weil eben die Leute nur Handabbau in Etagen kannten und jede Neuerung auf inner- lichen Widerstand bei den Arbeitern stößt, der erst überwunden werden muss. Heute leisten wir im Rollochbetrieb mit 20 Mann mehr als früher 45-50 Mann förderten.“195 Ein Nachteil des Rolllochbetriebs zeigte sich bei anhaltendem Regenwetter durch Ver- stopfungen der Rolllöcher und Schwierigkeiten, das nasse, klebrige Rohmaterial mit den Zet- Brechern zu verarbeiten. Zu Beginn des Roll- lochbetriebs arbeitete man mit hölzernen Ab- füllschnauzen, die aber bald durch Stahl- konstruktionen ersetzt werden mussten. Zum günstigem Preis von 15 Pfg. pro Quadratmeter konnten noch 13.456 qm Steinbruchfläche zugekauft werden, so dass zum damaligen Zeit- punkt die Kalksteinreserven auf 100 Jahre ge- schätzt wurden.196 Die Umstellung des Betriebs verlief ohne Stö- rungen des Produktionsbetriebs, obwohl der alte und neue Betrieb häufig ineinander griffen. Schwierigkeiten bereiteten dagegen die an Handarbeit gewöhnten Arbeiter. Dieser Um- stand zeigte sich auch deutlich in der Unfallsta- tistik.

NEUE STEINBRUCHLOKOMOTIVE bei der Ausfahrt aus dem Transportstollen, 1929. 59

ROLLLOCHBETRIEB. Arbeiter an der Abfüllschnauze, 1929.

Während der Bauperiode 1926 bis 1927 war ein Dieses Zitat darf allerdings nicht darüber hin- starkes Ansteigen der Unfälle zu verzeichnen, wegtäuschen, dass reine Handarbeit noch in was damit zusammenhing, dass die Arbeiter mit etlichen Betriebsabteilungen vorherrschte. So in den Maschinen noch nicht vertraut waren.197 Im der gesamten Packerei, vom Abwiegen über das Jahresbericht 1929 lesen wir zu diesem Aspekt: Abfüllen mittels Schaufeln bis hin zur Verladung. „Ferner mussten wir aus der vorhandenen Der Umbau der Werksanlagen brachte dennoch Arbeiterschaft, die einem modernen Betrieb eine starke Verminderung der Belegschaftsstärke völlig fremd gegenüberstand, einen geeigneten mit sich. Diese sank von 277 im Jahr 1927 auf Stamm Leute anlernen, was bei der Schwerfällig- 194 im Jahr 1929 und 150 im Jahr 1930. Trotz keit unserer Arbeiter viel Mühe, Arbeit und stark gestiegener Stundenlöhne sanken rationa- Geduld gekostet hat.“198 lisierungsbedingt die Gesamtlohnkosten von 1925 bis 1929 um 9 %.199 Von 1924 bis 1929, also in der Zeit von der 60 Einführung der neuen Währung bis zur einset- zenden Weltwirtschaftskrise, wurden in der deutschen Zementindustrie große Summen in die Rationalisierung investiert. Der Übergang zu leistungsfähigeren Großmaschinen war eine Entwicklung, die als Antwort auf die stark gestiegenen Löhne zu sehen ist. Die Portland- Cement-Werke Heidelberg-Mannheim-Stutt- gart investierten im genannten Zeitraum in allen Konzernwerken 17 Mio. Mark.200 Der kontinuierliche Absatzrückgang im Laufe des Jahres 1929 führte dazu, dass trotz Stilllegung der Ring- und Schachtöfen auch der neue Drehofen nur ein halbes Jahr voll in Be- trieb gehalten werden konnte.201 Von den vier Gruber’schen Schachtöfen waren zwei außer Betrieb, die anderen zwei wurden demontiert und nach Münsingen geschickt.202

KLINKERLAGER, links sind noch Mauerreste eines Ringofens zu erkennen, 1938.

Der Bau des „SCHLÖSSLE“ an der Ringinger Straße wurde im Sommer 1900 begonnen. Seit 1902 wohnte der Werksdirektor dort. Im Mai 1998 schenkte das Zementwerk das Haus der Stadt Schelklingen, 2005. TURBINENHAUS UND SCHMIEDE, dahinter Reparaturwerkstätte, im Hintergrund das Klinkerlager mit Elevatorturm, rechts das Zementkastensilo und Packerei, 1938.

61

Die nahezu ruhende Bautätigkeit hatte in den Beschäftigungsmöglichkeiten zu bieten.203 Betrieben der Bauindustrie fast die Hälfte der Im Oktober 1930 musste auch das Schelklinger Arbeiter arbeitslos gemacht. Auf einem Treffen Werk auf unbestimmte Zeit stillgelegt und die der Vertreter der Werksvereine am 30. Juni Arbeiter entlassen werden. Zur Inbetriebnahme 1930 in Sulzbach in der Oberpfalz wurden der neuen Zementmühle, die die Auslastung Forderungen nach staatlichen Beschäftigungs- der Werksanlagen auf 60-65 % verbessert programmen zur Belebung der Bauwirtschaft hätte, kam es nicht mehr. Die Stilllegung sollte laut. Insbesondere sollten Bitumenimporte schließlich 3 ½ Jahre dauern.204 gestoppt und der Betonstraßenbau vorange- trieben werden, um deutschen Arbeitern

160.000

140.000

120.000

100.000

80.000

60.000

40.000

20.000

0

1905 1907 1912 1917 1922 1927 1932 1938 62

FAHNENAPPELL vor der Lehrwerkstatt, 1936.

Erst im Zuge der nationalsozialistischen „Macht- „... wir [haben] uns pflichtbewusst bemüht, ergreifung“ gewann die Bauwirtschaft durch nicht nur die Rentabilität des Werkes sicher zu große staatliche Straßen-, Flugplatz- und Rüs- stellen, sondern vor allem, um durch unser tungsbaumaßnahmen wieder an Fahrt. Die Schaffen Dienst an der Gemeinschaft zu leisten. Wiederinbetriebnahme des Schelklinger Werks Denn „Arbeit schafft Kapital“ und durch die von erfolgte als gleichgeschalteter Betrieb unter dem uns geübte Betriebsgemeinschaft, die den Be- neuen Werksleiter und SA-Funktionär Dr. Koch. triebsführer mit dem letzten Arbeiter verbindet, Die politische Durchdringung des Betriebs wird arbeiten wir an der angestrebten Volkswirtschaft in dessen Schlussbetrachtung zum Jahresbericht und Volksgemeinschaft. Eine solche Gemein- 1934 sehr deutlich: schaft lässt sich aber nur gründen auf die Einheit der Herzen des arbeitenden deutschen Volkes, die verankert ist in der NSDAP. An dieser sei erwähnt, dass der Unterzeichnende [Dr. Koch] als Sozialreferent in der hiesigen SA Dienst tut und Herr Betriebsing. Lemm Ortgr. [Ortsgruppen] Leiter der NSDAP ist. Über 30 % der Belegschaft sind SA-Männer oder politische Leiter und 100%ig ist unser Werk in der Deutschen Ar- beitsfront.“205 DR. KOCH in seinem Büro, ca. 1935. 63

VERTRAUENSRATS- ZIMMER, Tischbanner mit Hakenkreuz, im Hintergrund die „Verbrüderung der SA mit dem deutschen Arbeiter“, ca. 1935.

Die Wiederinbetriebnahme gestaltete sich in Besonders die Motoren hatten während des technischer Hinsicht schwierig. Als im Januar Stillstandes gelitten. In den zum Teil offenen 1934 die ersten Arbeiter wieder eingestellt Hallen waren sie feucht geworden. Nach kurzer wurden, musste das Werk zuerst wieder in Betriebszeit schlugen die Wicklungen durch einen betriebsfähigen Zustand versetzt werden. und zerstörten sie. Einen längeren Betriebsaus- Alle Aggregate standen noch so, wie sie am fall verursachte ein Ofenversuch, der dem Werk letzten Arbeitstag abgestellt worden waren. durch die Nationalsozialisten auferlegt wurde. Lediglich die Turbine war ordnungsgemäß Die Veitscher Magnesit-Werke in Österreich konserviert worden. Zuerst konzentrierten sich versuchten, ein dem bekannten Radex-Stein der die Arbeiten auf die Inbetriebnahme der neuen Radentheimer Magnesitwerke ähnliches Pro- Polysius Dreikammer-Zementmühle. Am 3. dukt herauszubringen. Die Steine wurden März 1934 konnte die Steinbruchförderung schließlich in die Sinterzone des Drehofens aufgenommen und am 14. März der Drehofen eingebaut, waren aber nach 34 Tagen völlig angezündet werden.206 zerstört. Eine Ersatzlieferung von Veitsch hielt Der neu eingerichtete SANITÄTSRAUM gehörte ebenfalls zur nationalsozialistischen Sozialführsorge, ca. 1935.

64 nur 19 Tage, brachte aber schwerwiegende Folgen mit sich. Seltsamerweise hatten sich die Steine am Beginn der Sinterzone langsam völlig in Staub aufgelöst, was zunächst nicht bemerkt wurde. Mit dem völligen Fehlen der Steine wurde der innere Ofenmantel angegriffen, was erst nach dem Herausfallen einiger Nieten be- merkt wurde. Diese Vorfälle brachten insgesamt 28 Tage Betriebsstillstand mit sich.207 Probleme bereitete auch die Rohmühle. Die aus den abgebrochenen Zementwerken Offenbach und Budenheim stammenden 16 WERKSANSICHT VON OSTEN, rechts im Vordergrund das im Sommer Griffinmühlen kamen seinerzeit in unbezeichne- 1900 erbaute Kantinengebäude, 1935. ten Einzelteilen ins Werk und wurden unter hohen Kosten mit elektrischen Einzelantrieben bestückt. Der provisorische Zusammenbau hatte zur Folge, dass der Betrieb von nicht endenden Reparaturen begleitet war. Die kleinen Mühlen- einheiten hatten aber bei einem Werk mit Ab- hitzeverwertung dennoch den Vorteil, dass sie durch zu- oder abschalten einzelner Mühlen die wechselnde Dampferzeugung des Kessels voll ausnutzen konnten. Da das Rohmaterial bereits innig gemischt vorlag, war nur eine verhältnis- mäßig grobe Mahlung durch die Griffinmühlen nötig, so dass diese eine sehr günstige Mahlleis- tung in Bezug auf den Kraftverbrauch hatten. Auf dem 4900 Maschensieb wurde der optimale Punkt bei 28-30 % Rückstand gefunden.208 Die Verwahrlosung des Betriebs zeigte sich besonders stark im Steinbruch. In den Rollloch- stollen wurde die Auszimmerung nicht instand- gehalten und verfaulte. Im ersten Stollen gelang LÖFFELBAGGER es, die Zimmerung auszuwechseln. Dagegen beim Beladen von Kipploren, 1937. 65

STEINBRUCHLOK mit neuen Muldenkippern, ca. 1937.

ging im zweiten Stollen beim ersten Versuch, die Hölzer auszuwechseln, die gesamte ausge- zimmerte Strecke von ca. 30 m zu Bruch. Die Verwerfungsstelle, die den Bruch veranlasste, lag 20 m hinter dem Stolleneingang. Da an ein Ausräumen wegen der zu großen Einsturzgefahr nicht zu denken war, musste die ganze Bruch- Arbeiter an der wand um ca. 35 m zurückverlegt werden. Die DREI-STUTZEN-PACKMASCHINE, Arbeit zog sich das ganze Jahr 1934 hin, da zur 1937. Herstellung der Rohmaterialmischung auch an anderen Stellen abgebaut werden musste. So stand zu dieser Zeit nur ein Rollloch zur Verfü- gung und ein beträchtlicher Teil der Förderung musste von Hand aufgeladen werden. Der Wa- genpark bestand aus einer Lok von 1890, zwei Maschinen von 1902 und einer neuen Lok mit dem Baujahr 1929. Die gesamten Transportwa- gen waren in einem schlechten Zustand.209 In den Jahren 1935 bis 1937 wurden sie durch moderne Muldenkipper ausgetauscht. Außer- dem wurde ein Löffelbagger angeschafft. Ferner erhielt die Vorzerkleinerung einen zweiten Brecher und die Rohstofftrocknerei eine dritte Trockentrommel.210 Der seinerzeitige Betrieb mit nur einem Drehofen war zu starr und großen Zufälligkeiten unterworfen. Bei geringem Absatz musste auf periodischen Betrieb übergegangen werden. An- dererseits bestand bei nur einem Ofen das Risiko großer Produktionsausfälle bei Reparatur- arbeiten. Durch die Abhitzeverwertung und eigene Stromproduktion war ein reiner Schacht- 66 ARBEITER IN DER HANDPACKEREI. Mittels Sackkarren SCHLOSSEREI, 1937. wurden die 50 kg-Säcke in Eisenbahnwaggons verladen, ca. 1930.

ofenbetrieb bei Stillstand des Drehofens nur „Immer noch stand ein Mann mit einem Papier- unter Bezug von Fremdstrom zu ungünstigen sack über einer Dezimalwaage. Ein anderer Konditionen durchführbar. Daher wandte sich musste mit drei Schaufeln den Sack füllen, wäh- „Werksführer“ Dr. Koch in einem Brief vom 7. rend ein dritter die Anzahl der gefüllten Säcke November 1935 an den Vorstand mit verschie- registrierte. … Man rechnete auf einen Mann denen Vorschlägen zum Ausbau des Werks.211 300 Sack täglich. Die Packerei bestand aus 30 Schließlich wurde 1936 ein zweiter Dre- Mann bei einer Gesamtbelegschaft von 280.“213 hofen mit Abhitzekesseln sowie eine zweite Deshalb stellte man Anfang des Jahres Zementmühle eingebaut und Zementsilos mit versuchsweise die erste Dreistutzen-Packma- 12.000 t Fassungsvermögen erstellt. Die Kraft- schine außerhalb der eigentlichen Packerei auf, zentrale erhielt eine zweite große Dampfturbi- um die Arbeiter daran zu gewöhnen, „… aber ne, welche den Abhitzedampf der beiden Dre- niemand wollte von dieser neumodischen Pack- höfen nutzte und den gesamten Strombedarf maschine etwas wissen. Ständig ging sie kaputt des Werkes erzeugte.212 und machte Schwierigkeiten.“214 Ende des Jahres 1937 sollte auch eine Schließlich setzte sich die neue halbauto- völlig neue Packerei mit modernen Bates-Pack- matische Packerei aber durch und die Handpa- maschinen und Bandförderanlagen errichtet ckerei gehörte endgültig der Vergangenheit an. werden. Bis dahin erfolgte die Zementlagerung Die zahlreichen Umbaumaßnahmen, die sich in fünf Magazinen mit insgesamt 1.700 qm und mittlerweile über ein Jahrzehnt hinzogen, hat- einer Kapazität von 15.000 t. Noch immer wur- ten schließlich das Werk in einen konkurrenz- den in reiner Handarbeit nach Arbeitsmethoden fähigen Zustand versetzt. Schwierigkeiten berei- des 19 Jh. die Säcke gefüllt und per Sackkarren teten lediglich die Arbeitskräfte. Trotz großen in die Eisenbahnwaggons verladen: Bedarfs an Zement für immer größere Rüstungs- Neu eingerichtetes BETRIEBSLABOR, 1937. OFENHALLE mit zweitem, 67 neuen Abhitzeofen, 1937.

bauwerke schrumpfte die Belegschaft des Ze- mentwerks durch permanente Einberufungen. Im Jahr 1942 war wiederum ein Tiefpunkt in der Zementproduktion erreicht, dieses Mal aller- dings durch Mangel an Arbeitskräften. Um andere Werke des Heidelberger Konzerns aus- lasten zu können, musste das Werk erneut bis 1946 stillgelegt werden. Nach dem großen Angriff vom 28. April 1944 auf Friedrichshafen und der Beschädigung der dortigen Maybach Motorenwerke wurde deren Produktion im August 1944 teilweise nach Schelklingen, Ehingen und Blaubeuren verlagert. In der Lehrwerkstatt im Zementwerk Schelklingen arbeiteten 30 bis 40, in der Schmiede im Zementwerk Blaubeuren 15 Perso- nen, vor allem Belgier, Niederländer und russi- sche Kriegsgefangene.215

LEHRLINGE (Auszubildende) in der Mittagspause, ca. 1935. Die Zementwerke der Portland-Zementwerke eine Verkaufsunion. Die Nachfrage aus dem 68 Heidelberg, wie sie seit 1938 firmierten, waren rasanten Wiederaufbau ließ zunächst keine von Kriegszerstörungen weitgehend verschont großen Umbauten an den Produktionsanlagen geblieben. Das seit 1942 stillgelegte Werk zu, so dass nach und nach nur einzelne Aggre- Schelklingen musste bis zur Währungsreform gate erneuert wurden. Die Griffin-Mühlen in der den Betrieb drosseln, da es nicht gelang, die Rohmühle wurden durch eine Mahltrocknungs- Franzosen in der Bizone216 zu Kohlelieferungen anlage mit einer Sichter-Umlaufmühle verstärkt. gegen Zement zu bewegen. Erst die Währungs- Weitere nachgeschaltete Aggregate, wie eine reform 1948 brachte entscheidende Änderun- neue Zementmühle III und eine Vierstutzen- gen. Die Klinkerproduktion erreichte erstmals Packmaschine kamen in den Folgejahren hin- wieder die 100.000 t Grenze, im Jahr 1951 zu.218 wurde schon die 200.000 t Grenze überschrit- Alle älteren Abhitzeöfen produzierten ten. Sogar die beiden bereits demontierten zusammen mit den Schachtöfen 820 t Klinker Schachtöfen mussten wegen der hohen Nachfra- pro Tag.219 Sowohl die zu geringe Leistung als ge zu Hochleistungsschachtöfen umgebaut und auch die sich häufenden Reparaturen gaben den wieder in Betrieb genommen werden.217 Anlass, im Jahr 1963 eine neue Lepolofenanlage Seit 1938 hatten die Portland-Zementwerke (LO 3) mit einer Tagesleistung von 1.200 t zu Heidelberg das Spohn‘sche Werk in Blaubeuren, errichten. Die Entstaubung des neuen Lepolofens an dem sie die Aktienmehrheit hatten, komplett war sehr effektiv, die mitlaufenden Abhitzeöfen gepachtet. Zur Koordinierung des Zementabsat- sorgten aber weiterhin für einen starken Staub- zes der dicht beieinander liegenden Werke ausstoß. Deren Staubauswurf lag trotz Elektro- Blaubeuren und Schelklingen schufen sie 1956 filter bei 0,5 % der Klinkerproduktion, bei den

WERKSANSICHT von Nordwesten, ca. 1955. NEUE PACKEREI, Zement wird zunehmend mit LKWs transportiert, 1958.

BOHRMASCHINE beim Erstellen von Bohrlöcher für eine Großbohrloch- sprengung, 1956.

69 Arbeiter auf der Schachtöfen lag der Wert noch wesentlich GICHTBÜHNE DES höher.220 SCHACHTOFENS Der Absatz stieg auf fast 300.000 t und beim Abstoßen von die Belegschaft zählte inzwischen wieder 330 Anbackungen, 1952. Arbeiter. Bis 1965 waren die Drehöfen so weit ertüchtigt, dass diese jährlich 600.000 t produ- zieren konnten. Die Schachtöfen wurden dar- aufhin endgültig stillgelegt.221 Durch die laufende Steigerung der Produk- tionskapazität konnte der Rolllochbetrieb im Steinbruch bald nicht mehr die erforderliche Menge an Rohmaterial liefern. Neue leistungs- fähige Bagger ermöglichten den Umstieg auf Großbohrlochsprengungen.222 Der Einsatz von Löffelbaggern und die Ertüchtigung der Vorbrecherei wurden erforder- lich. Bis zu diesem Zeitpunkt wurde die Zerklei- nerung des Materials in zwei Polysius-Z-Bre- chern bewerkstelligt. Beide Brecher mit einer Kapazität von 150 t/h waren den neuen Anfor- derungen der Fünf-Tage-Woche nicht gewach- sen. Mit dem Bau der neuen Vorbrecherei mit Bau des LEPOLOFENS, einem Hischmann-Einwellenbrecher konnte im 1963. September 1957 begonnen werden. Für diese Anlage musste eigens eine 15.000-Volt-Hoch- spannungsleitung vom Werk zum Steinbruch verlegt werden, am 31. August 1958 erfolgte die Inbetriebnahme. Mit der neuen 300 t/h- Mammut-Brecheranlage musste der gleisgebun- dene Transport zum Brecher auf gleislosen Fahrbetrieb durch Muldenkipper umgestellt werden. Das von den Steinbruchfahrzeugen in den Einwurftrichter gekippte Gestein wurde über ein automatisches Plattenband dem Bre- cher zugeführt. Von dort gelangte es in ein 1.200 t fassendes Schotterübergabesilo. Im Werk war seit 1961 ein neues großes Schotter- lager in Betrieb, um Schwankungen im Rohma- terial besser ausgleichen zu können.223 70 Aufgrund der guten, nunmehr seit über 20 war die Verwendung von Planetenkühlern Jahren anhaltenden Baukonjunktur, wurde im nicht unproblematisch und mit zahlreichen Herbst 1970 beschlossen, die Werksanlage für Mängeln behaftet.224 eine Klinker-Nennleistung von 3.000 t pro Tag Mit der Inbetriebnahme der neuen auszubauen. Als Ofensystem wurde eine Werksanlage, dem Weiterbetrieb der Lepol- Schwebegas-Wärmetauscheranlage von 5,2 m ofenanlage und der Stilllegung der beiden Durchmesser und 85 m Länge mit einem Pla- kleinen Abhitzeöfen (Drehöfen) stieg das netenkühler gewählt. Mitte Juli 1971 began- Schelklinger Werk zu den großen Werken mit nen die Bauarbeiten mit der Gründung des einer Jahreskapazität von über einer Mio. Wärmetauscherturms. Bereits 13,5 Monate Tonnen auf.225 später waren alle Anlagegruppen betriebsbe- Für das neue Werk mussten täglich reit, so dass am 31. August 1972 die Inbetrieb- 10.000 t Rohmaterial gefördert werden. Die nahme der Ofenanlage erfolgen konnte. Der begrenzte Leistung der elektrischen Schmal- Schwebegas-Wärmetauscherofen mit Plane- spurbahn und deren Reparaturanfälligkeit tenkühler war eine neue Ausführung. Mit einer waren ausschlaggebend für den Bau einer Leistung von 3000 t/d im Trockenverfahren neuen geradlinigen 2,2 km langen Bandförder-

Neu errichtetes Werk mit WÄRME- TAUSCHEROFEN, ca. 1972. WERKSANSICHT VON NORDEN. Rechts der Mitte sind noch die Fabrikgebäude des ehemaligen Werks Hammerstein zu sehen, die seit 1906 als Fremd- arbeiterwohnheime genutzt wurden. Der Abbruch der Wohnhäuser erfolgte 1998 und 2001, ca. 1995.

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Neuer SCHWEBEGAS-WÄRMETAUSCHEROFEN im Bau, 1971. Neben der Steigerung der Transportkapazität vom Steinbruch zum Werk musste auch die Vorbrecherei erheblich vergrößert werden. Da im Steinbruch Vohenbronnen an mehreren Stellen und auf mehreren Sohlen abgebaut wurde, kam ein Fahrbrecher nicht in Betracht. Deshalb wurde ein zweiter Brecher neben dem ersten erstellt.227 Der getrennte Abbau von Kalkstein mit einem CaCO -Gehalt von mindestens 82 % 3 und Mergel mit einem durchschnittlichen CaCO -Gehalt von 68% machte eine neue 3 Schotterhalle nötig, in der beide Komponen- ten getrennt gelagert und nach Bedarf ge- mischt werden konnten. Die Rohmaterial- Dosieranlage erlaubte es darüber hinaus, zwei verschiedene Rohmischungen für den Wärme- tauscher- und den Lepolofen bereitzustellen.228 Zwei Walzenschüssel-Rohmühlen mit anlage mit einer Transportkapazität von 2.000 t einer Nennleistung von je150 t/h wurden über pro Stunde. Da zwischen dem Werk und dem eine Dosierstation beschickt, in der auch die Steinbruch der Erzens- und der Engelsberg Zusatzkomponenten zugegeben werden konn- sowie ein Tal, die sogenannte Lurgenbahn, ten. Zur Trocknung des Rohmaterials wurden lagen, musste eine Tunnellösung angestrebt die Abgase des Wärmetauschers verwendet. werden. Der Tunnel konnte in fünf Monaten Die Rohmehlsilos wurden als Doppelstocksilos auf einer Länge von 1.305 m mit einem Durch- gebaut. Im oberen Teil wurde das Ofenmehl messer von 3,5 m fertiggestellt werden. Die nach dem Quadrantensystem homogenisiert Talstrecke wurde durch eine 553 m lange und im unteren Siloteil gelagert.229 Förderbandbrücke überbrückt.226 72

ANSICHT VOM SCHLOSSBERG, 1998.

Zur Klinkerlagerung wurden zwei Rundsilos mit einem Fassungsvermögen von je 45.000 t errich- tet. Bedienung und Überwachung erfolgten von einem neu errichteten zentralen Leitstand aus, dem ein Labor zur Qualitätsüberwachung ange- gliedert war. Zur Vervollständigung der neuen Produktionsstätte wurden eine neue Zement- mühle und Zementsilos mit Verladeanlagen für Silozement errichtet.230 Wieder einmal war das Werk an die Erforder- nisse der Zeit angepasst worden, doch konnte die neue Produktionskapazität nicht genutzt werden. Mit der Ölpreiskrise 1973 folgte wiederum eine einschneidende Konjunktur- krise. Bis 1974 fanden noch Anpassungen der Anlagen statt. Neue Investitionen konzentrier- ten sich dann auf die Reduzierung des Energie-

SILO-LKW-VERLADUNG, 1995. LUFTBILD, ca. 2005.

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verbrauchs und den Einsatz von Sekundärener- gieträgern. Ab 1980 wurden Altreifen, Bleicherde und Säureteer als Ersatzbrennstoffe verwendet.231 Zur Vereinfachung und aus WÄRMETAUSCHEROFEN, Rationalisierungsgründen wurde 1976 die 1999. Leitung und Verwaltung des Spohn’schen Werks in Blaubeuren und Schelklingen zusam- mengefasst. Die Packerei erhielt 1978 eine automatisierte Absack- und Palettieranlage, wodurch körperliche Arbeit immer mehr ver- mieden wurde. Eine wesentliche Modernisie- rung war auch der Bau neuer Werkstätten und des Ersatzteillagers, die Ende 1984 fertigge- stellt wurden. Um den steigenden Qualitätsan- sprüchen gerecht zu werden, wurde 1988 ein neues Laborgebäude gebaut. Bis in die 1990er- Jahre wurden über 100 Mio. DM investiert. Mit einer Jahreskapazität von 1.500.000 t gehört das Schelkilnger Werk zu den größten und modernsten in Deutschland.232 Nicht gekennzeichnete Bilder stammen aus dem HeidelbergCement-Unternehmensarchiv. Übrige Abbildungen: S. 5 Stadtbibliothek Stuttgart bzw. Alemannia-Judaica S. 33 Stadtarchiv Stuttgart 116/3 1898 S. 9, 10 Schwenk-Archiv, Ulm S. 13 Leube-Archiv, Gartenau S. 13, 17 Staatsarchiv Ludwigsburg E170 a Bü 2369 S. 14, 22, 23 Staatsarchiv Ludwigsburg PL 411 II Bü 172 S. 18, 19, 20, 24, 25, 43 Walter Kneer, Allmendingen

1 Vietzen, Hermann, Hallberger, Georg Eduard von schen Industrie, wurde 1881 vom König geadelt 74 in: Neue Deutsche Biographie 7, 1966, S. 539; und zum Geheimen Kommerzienrat ernannt. Im Hagen, August: Gestalten aus dem schwäbischen Jahr 1907 wurde Pflaum Ehrenbürger der Gemein- Katholizismus, Band 4, 1963, S. 48; 1849 heiratete de Pflaumloch, wo auch eine Straße nach ihm Hallberger in Stuttgart Friederike Bauzenberger, benannt wurde. Der kinderlose Kommerzienrat Tochter eines Arztes aus Kirchheim/Teck. Aus der Pflaum, der mit Marie Clementine geb. Emden Ehe gingen zwei Töchter hervor. Gabriele (1850– verheiratet war, hinterließ bei seinem Tod im Jahr 1915) war in erster Ehe mit dem Bankier Heinrich 1911 einen beträchtlichen Aktienbesitz und eine Philipp von Eichborn (1844–1926) verheiratet und große Kunstsammlung, die teilweise der Staats- heiratete nach der Scheidung 1884 Carlo Graf galerie Stuttgart vermacht wurde. Vgl. Hermann, Landberg. Hallbergers jüngere Tochter Helene Anne: Pflaum, Alexander von (württembergischer (1853–1944) heiratete 1876 Rittmeister Carl Personaladel 1881), in: Neue Deutsche Biographie Friedrich Sigmund Felix Freiherr von Reitzenstein- (NDB), Band 20, Berlin 2001. Vgl. Hagen, 1963, S. Zoppaten (1848–1897), Sohn des Generals Karl 48. Sauer, Paul und Hosseinzadeh, Sonja: Israeliti- Bernhard von Reitzenstein. Helene von Reitzen- sche Religionsgemeinschaft Württembergs, stein ließ von 1910 bis 1913 die nach ihrem Mann Gerlingen 2002, S. 72. Hofmann, Rolf: Alexander benannte Villa Reitzenstein errichten. von Pflaum. Lebensgeschichte eines bedeutenden 2 Die erste Zuckerfabrik Stuttgart stand auf dem Stuttgarter Bankiers im späten 19. Jahrhundert Gebiet des heutigen Hauptbahnhofs und wurde (www.alemannia-Judaica.de). 1903 nach Münster verlegt. Nach einem Brand 7 Gedenkblatt,1896. wurde das Werk 1971 geschlossen. 8 Protokoll über die 2. Ordentliche Generalver- 3 Hirschfeld, Paul: Württembergs Großindustrie und sammlung des Stuttgarter Immobilien- und Großhandel, Bd. 3, Berlin 1889, S. 116-120, Baugeschäfts vom 7.03.1874, HC-Archiv HV 49. HC-Archiv HV 293. 9 Protokoll über die 3. Ordentliche Generalver- 4 Handelsregistereintragung 25.11.1871: Vorstand sammlung des Stuttgarter Immobilien- und Amtsnotar Distel aus Isny und Alwin Moser in Baugeschäfts vom 28.04.1875. Stuttgart. Grundkapital 120.000 Taler, 6.000 10 Im Jahr 1867 erließ Preußen ein erstes Genossen- Aktien, vgl. Aktenvermerk Curt Anderst, 3.10.1963, schaftsgesetz. Das allgemeine Wirtschafts- und HC-Archiv HV 293. Erwerbsgenossenschafttsgesetz von 1889, kurz 5 Gedenkblatt zum fünfundzwanzigsten Jubiläum Genossenschaftsgesetz, ermöglichte die Gründung (1871-1896) des Stuttgarter Immobilien- und von Genossenschaften mit beschränkter Haftungs- Baugeschäfts vom 1. Dezember 1896, Stuttgart pflicht. Zugleich schuf die Invaliditäts- und Alters- 1896, S. 4, HC-Archiv HV 239 und DS 2389. versicherungsgesetzgebung von 1889 weitere 6 Alexander Pflaum wurde als ältester Sohn des Voraussetzungen für den Erfolg der Baugenossen- jüdischen Getreidehändlers Elias Pflaum in Pflaum- schaften, weil sie mit der Vergabe von langfristigen loch geboren. Elias Pflaum gründete 1855 in und zinsgünstigen Krediten der Versicherungsan- Stuttgart das Bankhaus Pflaum. Sein Sohn Alexan- stalten an die gemeinnützige Wohnungswirtschaft der absolvierte eine Bankausbildung in Frankfurt einherging. Von da an begannen sich Baugenos- am Main, Berlin, Brüssel und Darmstadt. Im Jahr senschaften in ganz Deutschland zu entwickeln. 1865 wurde Alexander Pflaum zusammen mit Waren es im Jahr 1889 noch 38, so stieg ihre Zahl seinem Bruder Moritz Mitgesellschafter im Bank- auf 385 (1900), 1056 (1910) auf 1402 im Jahr haus seines Vaters, das 1881 in Württembergische 1914 schnell an. Bankanstalt umfirmiert und mit der Württembergi- 11 Das Gebäude sollte in Juli 1875 fertiggestellt sein. schen Vereinsbank zusammengeschlossen wurde. Zu einem erhöhten Preis gemietet, sollte es nach Alexander Pflaum, ein Förderer der württembergi- einer Mietzeit von 40 Jahren in das Eigentum des Reichs (25.07.1914) übergehen. Vgl. Verhandlun- Wohnhäuser und zahlreiche öffentliche Bauten in gen der Kammer der Abgeordneten des König- Stuttgart und auswärts geplant und ausgeführt reichs Württemberg, Band 3,1875, S. 297/298. haben. Vgl. Jürgen Brand: Der „Vater“ der Stuttgar- 12 Vgl Hirschfeld, 1889, S. 119. Pfäfflin errichtete ter Pferdebahn, in: Stuttgarter Nachrichten, auch Arbeiterwohnbauten in der Möhringer Straße 15.11.2012. 75 25 a–39 a. 17 Zwischen Reuchlin und Schwabstraße lag ein 13 Hirschfeld, 1889, S. 119/122. Schießhaus. Zwischen Röthestraße-Rothenwald 14 Ebd. und Rothebühl und Gutenbergstraße lag ein 15 Protokoll über die 2. Ordentliche Generalver- Militärschießstand. Vgl. Karte N.O. XXV.7 M. sammlung des Stuttgarter Immobilien- und Stuttgart, aufgenommen 1826, rektifiziert 1860, Baugeschäfts vom 7.03.1874. HStA E 271 C Bü 2772. 16 Geboren wurde Georg Schöttle 1823 in der 18 Protokoll über die 2. Ordentliche Generalver- Esslinger Straße 10 im Bohnenviertel. Der Vater sammlung des Stuttgarter Immobilien- und führte einen Mehlhandel und eine Weinwirtschaft. Baugeschäfts vom 7.03.1874. Im nahen Waisenhaus ging er zur Grundschule, 19 Ebd. wechselte später an die Bauschule, wo er die 20 Protokoll über die 3. Ordentliche Generalver- theoretischen Grundlagen des Baufachs lernte. sammlung des Stuttgarter Immobilien- und Seine Lehre machte er bei einem Steinhauer-Werk- Baugeschäfts vom 28.04.1875. meister. Nach der Gesellenprüfung zog es Schöttle 21 Hirschfeld, 1889, S. 116-120, HC-Archiv HV 293. hinaus, er arbeitete u.a. als Polier und Bauleiter. Er 22 Vgl. Hepach, Wolf-D.: Schwenk 1847-1997. Fünf organisierte die Erstellung von großen Gebäuden Generationen – ein Werk, Allmendingen 1997, S. ebenso wie von Bahnstrecken. Kaum 30 Jahre alt 16. gründete er seine erste Firma und verwirklichte 23 Zit. nach Otto Leube: Zur Erinnerung an Gustav ganze Eisenbahnprojekte. Den Zeitgenossen fiel Leube sen., geb. 23.5.1808, (unveröffentlicher aber auch auf, dass Schöttle immer darauf achtete, Aufsatz des Enkels), Ulm, HC-Archiv ZWB 219. seine Vorhaben möglichst weitgehend mit lokalen 24 Ebd. Ressourcen zu verwirklichen. Neuen technischen 25 StA Ludwigsburg E179II Bü 5361: Lästige Anlage Ideen aufgeschlossen, ließ er als erster Unterneh- 1858-1908, u.a. Weil und Sigloch Weiler, Parz. mer Erdbewegungen mit Lokomotivbetrieb 486/489. ausführen. Zudem scheint er eine glückliche Hand 26 Zur gleichen Zeit oder kurz zuvor hat Daniel Weil in der Auswahl von Partnern und Mitarbeitern ebenfalls erfolgreich hydraulischen Kalk gebrannt. gehabt zu haben. „Einen außerordentlichen Vgl. Ruska, Julius: Studien zur Geschichte der Genuß“, so schreibt der Schöttle- Biograf Eugen Chemie Festgabe, 2013. Dolmetsch, „bot dem Vielbeschäftigten das 27 Bericht von Paul Wigand, Schelklingen an Friedrich beglückende Familienleben an der Seite seiner Schott, 29.10.1925 ZWB 219. kernhaften, ihm ebenbürtigen Frau, einer gebore- 28 Kneer, 2011, S. 14-21. nen Glaß“. Das Paar hatte acht Söhne und drei 29 Der Plan ist von einem Herrn Knapp auf das Jahr Töchter. 1859 kaufte Georg Schöttle die riesigen 1898 datiert, es ist aber eine Lichtpause, die wohl Gebäude der stillgelegten Aktienbrauerei (Wil- in den 1930er-Jahren oder später anlässlich eines helmstr. 14A) und richtete darin eine Baufabrik Jubiläums erstellt wurde. Für betriebliche Zwecke ein; Bauteile und ganze Häuser wurden hier wäre sie wahrscheinlich nicht nötig gewesen. Vgl. vorproduziert. Der „Bau-Schöttle“, wie er allge- HC-Archiv ZWB 23-1 und ZWB 219. Schwenk, E.: mein genannt wurde, besaß Steinbrüche, eine Bericht über Cement-Fabrikation und Ansicht der Ziegelei, eine Sägemühle, eine Parkettfabrik (am Cementsteinbrüche & Fabriken in Ulm, Blaubeu- Stöckach) und Werkstätten für fast alle Bauhand- ren, Gerhausen, Söflingen & Allmendingen, Ulm werke und war deswegen weitgehend sein eigener 1884. Lieferant. In gut zehn Jahren, bis 1870, soll der 30 Vgl. Hepach, 1997. S. 17. Betrieb nicht weniger als 20 Fabrikgebäude, 80 31 Im Jahre 1846 hatte Schwenk vom Klarissenkloster Söflingen eine Mühe gekauft. Zuvor war dort eine sammlung des Stuttgarter Immobilien- und Drahtzieherei mit seiner Unterstützung betrieben Baugeschäfts vom 7.03.1874. worden. Nach deren Konkurs baute Schwenk ein 44 Protokoll über die 2. Ordentliche Generalver- neues Gebäude mit Mahlgängen und einem sammlung des Stuttgarter Immobilien- und 76 Pochwerk mit insgesamt 40 PS Leistung. Baugeschäfts vom 7.03.1874. 32 Vgl. Hepach, 1997, S. 17f. 45 Protokoll über die 3. Ordentliche Generalver- 33 1855 und 1869 hatte Schwenk in Allmendingen sammlung des Stuttgarter Immobilien- und Grundstücke am Galgenberg gekauft. Baugeschäfts vom 28.04.1875. 34 Tatsächlich ist das Baujahr des Stollens durch 46 Hirschfeld, 1889, S. 116-120. Unterlagen aus dem Schwenk-Archiv für das Jahr 47 Blaubeuren produzierte 1874 3.959 t Romanze- 1872 nachgewiesen. Vgl. auch Hepach, 1997, S. ment, 40,65 t Portlandzement und 933,9 t Kalk. 18-19. Gewinn 88.441,2 Mark gegenüber Verlust vom 35 Stadt A, GdeA Gerhsn. Bü. 122, Nr. 86 sowie C Vorjahr von 7494,6 Mark. Vgl. Protokoll über die 753, Nr. 39, beide Akten mit Bauplänen. 3. Ordentliche Generalversammlung des Stuttgar- 36 Vgl. Cramer, Dietmar: Eine Fabrik verschwindet. ter Immobilien- und Baugeschäfts vom Die Geschichte und das Ende der Portland-Ce- 28.04.1875. mentfabrik Blaubeuren, hrsg. von der Heidelberg- 48 Bezirksbauinspektor Weiss an K. Kreisamt, Cement AG, Ulm 2001. 10.04.1897, StA Ludwigsburg E179 II Bü 5358, 37 Mangold, Georg: Bau und Sprengung der Cement- Lästige Anlagen, Oberamt Blaubeuren 1840-1879 Fabrik. Werkseinweihung der Zementfabrik sowie Brief von Moser und Bischof zum patentier- Ehingen jährt sich zum 100. Mal, in: Ehinger ten „eigenthümlichen Verfahren“, 12.04.1875. Tagblatt, 20.11.1990, HC-Archiv ZWB 216. 49 Ministerium des Innern an die K. Centralstelle für 38 Werke standen in Ulm, Söflingen, Ehrenstein, Blau- Gewerbe und Handel, 2.06.1875, StA Ludwigsburg beuren, Weiler, Schelklingen, Schmiechen, All- E170a Bü 2369. mendingen und Ehingen sowie Rechtenstein. Zum 50 Stuttgarter Cementfabrik Blaubeuren. Fabrik letzteren vgl. Schmidt, Uwe: Papier, Zement und künstlicher und natürlicher Cemente und Cement- Wasserkraft: Die Geschichte der Holzstofffabrik Waaren, Referenzschrift, Jan. 1883, HC-Archiv Kraemer und des Portland-Cementwerks in ZWB 216 und ZWB 217. Rechtenstein, Ulm 2008. 51 Ebd. 39 Hepach, 1997, S. 22 und 25. Der damalige Ge- 52 Schultheiß, Xaver: Geschichtliche Entwicklung des schäftsführer in Blaubeuren, Jakob Ripple, trat aus Werkes des Heidelberger - Konzerns im Blautal dem Angestelltenverhältnis aus und gründete am und Oberschwaben, 22.11.1927, HC-Archiv ZWS 1.04.1924 zusammen mit Hans Väth die Baumate- 12 und Leube, Gustav (jun.): Über Cement, Vortrag rialienhandlung Väth & Ripple, die die Liegenschaf- gehalten in der Versammlung des oberschwäbi- ten im Rahmen der neuen Firma auf vertraglicher schen Zweigvereins für vaterländische Naturkunde Grundlage nutzen durfte. Die Grundstücke sind auf dem Museum in Ulm am 2.05.1900, HC-Ar- inzwischen in das Eigentum der Stadt Blaubeuren chiv ZWB 216. Stuttgarter Cementfabrik Blaubeu- übergegangen (Mitteilung des Schwenk-Archivs). ren, 1883. 40 Hirschfeld, 1889, S. 116-120 sowie Protokoll über 53 Stuttgarter Cementfabrik Blaubeuren, Referenz- die 3. Ordentliche Generalversammlung des schrift, 1.01.1882. HC-Archiv ZWS 12. Stuttgarter Immobilien- und Baugeschäfts vom 54 Protokoll über die 2. Ordentliche Generalver- 28.04.1875. sammlung des Stuttgarter Immobilien- und 41 Beschreibungen des Oberamts Blaubeuren, Baugeschäfts vom 7.03.1874. Stuttgart und Tübingen 1830, S. 76f. 55 Protokoll über die 3. Ordentliche Generalver- 42 Vgl. Der Blaumann, Okt. 1872. sammlung des Stuttgarter Immobilien- und 43 Handelsregistereintragung, vgl. Aktenvermerk Curt Baugeschäfts vom 28.04.1875. Anderst, 3.10.1963 HC-Archiv HV 293 sowie 56 Protokoll über die 4. Ordentliche Generalver- Protokoll über die 2. Ordentliche Generalver- sammlung des Stuttgarter Immobilien- und Baugeschäfts vom 8.4.1876. Ordentliche Generalversammlung des Stuttgarter 57 Protokoll über die 6. Ordentliche Generalver- Immobilien- und Baugeschäfts vom 21.04.1884. sammlung des Stuttgarter Immobilien- und 65 Hirschfeld, 1889, S.116-120 und Protokoll über Baugeschäfts vom 21.04.1878. die 9. Ordentliche Generalversammlung des 58 Ab 1881 Geheimer Kommerzienrat Alexander von Stuttgarter Immobilien- und Baugeschäfts vom 77 Pflaum. 30.04.1881. 59 Verheiratet 1.12.1877, Sohn des Berliner Hotelbe- 66 Protokoll über die 12. Ordentliche Generalver- sitzers Carl und Sofie Mühling, vgl. Starke, C.A.: sammlung des Stuttgarter Immobilien- und Deutsches Geschlechterbuch, Band 146, 1968, S. Baugeschäfts vom 21.04.1884. 453. 67 Brinkmann, A.: Die Württembergische Bauausstel- 60 Protokoll über die 7. Ordentliche Generalversamm- lung Stuttgart, 1908. lung des Stuttgarter Immobilien- und Baugeschäfts 68 Schultheiß, 1927. vom 21.04.1879. 69 Ebd. und Stuttgarter Cementfabrik Blaubeuren, 61 Protokoll über die 6. Ordentliche Generalver- 1883. sammlung des Stuttgarter Immobilien- und 70 Kneer, 2011, S. 38. Baugeschäfts vom 21.04.1878 und Protokoll über 71 Hirschfeld, 1889, S. 116-120 und Protokoll über die 9. Ordentliche Generalversammlung des die 9. Ordentliche Generalversammlung des Stuttgarter Immobilien- und Baugeschäfts vom Stuttgarter Immobilien- und Baugeschäfts vom 30.04.1881. 30.4.1881. 62 Protokoll über die 9. Ordentliche Generalver- 72 Schultheiß, 1927. sammlung des Stuttgarter Immobilien- und 73 Protokoll über die 6. Ordentliche Generalver- Baugeschäfts vom 30.04.1881. sammlung des Stuttgarter Immobilien- und 63 In Baden hielten sich die Vorbehalte noch 20 Jahre. Baugeschäfts vom 26.04.1878. Noch 1901 bat deshalb das Cementwerk Diedes- 74 Kneer, 2011, S. 38. heim-Neckarelz zusammen mit der Mannheimer 75 Hochs Familie übersiedelte ebenfalls nach Ehingen und Kuppenheimer Portland-Cement-Fabrik unter und Ehingen wurde zum dauerhaften Wohnsitz. In Federführung der Portland-Cement-Werke Heidel- Ehingen engagierte er sich in den lokalpolitischen berg und Mannheim, vorm. Schifferdecker & Organen: Er war langjähriger Obmann des Bürger- Söhne, das großherzogliche Finanzministerium ausschusses, einem Gremium, welches neben dem „ehrerbietigst“, in Baden hergestellten Zement für Stadtrat bestand. Hoch war beteiligt an der Errich- Staatsbauten zu verwenden. Obwohl es von tung des Elektrizitätswerkes, der Einführung des staatlicher Seite nicht vorgeschrieben sei, wünsch- Telefons und bemühte sich um die Förderung des ten die bauleitenden Beamten aus alter Gewohn- Eisenbahn- und Autoverkehrs. Daneben wirkte er heit immer noch Zement der Firma Dyckerhoff & als Ausschuss- und Vorstandsmitglied des örtlichen Söhne und der Wunsch der Beamten sei Befehl für Gewerbevereins. Hoch heiratete am 22. Oktober die Unternehmer. Ausdrücklich wurde in dem 1866 in Erolzheim Margaretha geb. Fink Bittbrief auf württembergische und bayerische (*20.11.1841 Reinstetten †19.02.1886 Allmendin- Behörden verwiesen, die im Land produzierte gen). In der Ehe wurden insgesamt 16 Kinder Zemente verwendeten. Vgl. gemeinsames Gesuch geboren, darunter Leo (*4.04.1863 Reinstetten), von Friedrich Schott und Carl Leonhard, Portland- dessen Tochter Maria (*22.01.1889 Allmendingen) Cement-Werke Heidelberg, August Riehm und am 19. Oktober 1918 den späteren Rennfahrer Fritz Brans, Mannheimer Portland-Cement-Fabrik, Otto Merz heiratete. Hoch heiratete ein zweites Schmid, Kuppenheimer Cement-Fabrik, Rudolf Mal in Allmendingen am 27. Dezember 1886 Luise Thiele, Portland-Cementwerk Diedesheim- geb. Rühle (*1.06.1848 Dätzingen †Ehingen Neckarelz Actiengesellschaft, an das großherzog- 8.08.1932). In dieser Ehe wurden nochmals drei liche Finanzministerium, Heidelberg 23.04.1901, Kinder gebohren. Vgl. Schultheiß, 1927 ebenso HC-Archiv HV287. www.wikipedia.de. 64 Gedenkblatt, 1896 sowie Protokoll über die 12. 76 Stuttgarter Cementfabrik Blaubeuren, 1883. 77 Ebd. am Wolfersberg eine Ziegelei errichtet. Mit einer 78 Nachruf auf Paul Wigand, in: Werks-Zeitung der Jahresproduktion von 100.000 Ziegel war er der Portland-Cementwerke Heidelberg-Mannheim- Konkurrenz unterlegen. Heute befindet sich im Stuttgart AG, 1. Jg., 15.12.1927, S. 4, HC-Archiv Gebäude das Weingut Jägerhof, vgl. auch Auf dem 78 DS 1. Hallschlag blühte der Ziegelhandel, in: Esslinger 79 Kauf von Grundstücken am 4.11.1882: Parz. Zeitung, 23.09.2015. 380-382 50 a 14 qm von Kronenwirt Friedrich 95 Protokoll über die 11. Ordentliche Generalver- Friederichs für 5.412 M. und Schilling von der sammlung des Stuttgarter Immobilien- und Schimmelmühle Parz. 388 24 a 4 qm für 2.700 M. Baugeschäfts vom 12.04.1883. Am 2.02.1899 ging Parz. 382 an Spohn, auf dem 96 Hirschfeld, 1889, S. 118. Gelände stand später Fulgurit, Stadtarchiv Blaubeu- 97 Protokoll über die 13. Ordentliche Generalver- ren. Vgl. Kneer, 2011, S. 22-25. sammlung des Stuttgarter Immobilien- und 80 Protokoll über die 12. Ordentliche Generalver- Baugeschäfts vom 13.04.1885. sammlung des Stuttgarter Immobilien- und 98 Protokoll über die 16. Ordentliche Generalver- Baugeschäfts vom 21.04.1884. sammlung des Stuttgarter Immobilien- und 81 Schultheiß,1927. Baugeschäfts vom 16.4.1888 und Protokoll über 82 Cramer, 2001, S. 12-14. die 12. und 13. Ordentliche Generalversammlung 83 Kneer, 2011, S. 53. des Stuttgarter Immobilien- und Baugeschäfts vom 84 Hepach, 1997, S. 26. 21.04.1884 und 13.04.1885. 85 ausführlich dazu Hepach, 1997, S. 27. 99 Protokoll über die 20. Ordentliche Generalver- 86 Ebd. sammlung des Stuttgarter Immobilien- und 87 Ebd., S. 24-27 sowie Kneer, 2011, S. 57. Baugeschäfts vom 4.04.1892. 88 Albrecht, Helmuth (Hg.): Kalk und Zement in 100 Protokoll über die 19. Ordentliche Generalver- Württemberg, Ubstadt-Weiher 1991, S.154 sowie sammlung des Stuttgarter Immobilien- und Kneer, 2011, S. 57. Baugeschäfts vom 31.03.1891. Baugesuch vom 89 Angeblich hat Oberlehrer Freiberg zu diesem 29.07.1886 für einen weiteren Ringofen in Blau- Thema bereits recherchiert. Vgl. auch Schwenk, E.: beuren, am 26.04.1888 wurde ein neuer Schacht- Bericht über Cement-Fabrikation und Ansicht der ofen genehmigt. Cementsteinbrüche & Fabriken in Ulm, Blaubeu- 101 Protokoll über die 19. Ordentliche Generalver- ren, Gerhausen, Söflingen & Allmendingen, Ulm sammlung des Stuttgarter Immobilien- und 1884, HC-Archiv ZWB 219. Baugeschäfts vom 31.03.1891. Die Stuttgarter 90 Protokoll über die 13. Ordentliche Generalver- wiesen nie den selbst erzielten Gewinn aus, sammlung des Stuttgarter Immobilien- und sondern nur den vertragsmäßigen Anteil an dem Baugeschäfts vom 13.04.1885 und Stuttgarter Jahresgewinn der Interessensgemeinschaft als Cementfabrik Blaubeuren, 1883. Im Jahr 1886 „Betriebsüberschuss“, vgl. auch Marquardt, Ulrich: wurde in Blaubeuren noch ein dritter Ringofen Die Interessengemeinschaften: eine Ergänzung zur errichtet. Entwicklungsgeschichte der Zusammenschlussbe- 91 Kneer, 2011, S. 40. wegungen von Unternehmungen, Berlin 1910. 92 Ebd. 102 Für 8 Morgen zahlte die Stadt 4.500 Mark, Ehinger 93 Protokoll über die 11. Ordentliche Generalver- Tagblatt, 11.11.1890. Schon 1891 wurde ein sammlung des Stuttgarter Immobilien- und Gesangsverein gegründet. Baugeschäfts vom 12.04.1883. 103 Bau und Sprengung der „Cement-Fabrik“, in: 94 Die Ziegelei Höfer fertigte industrielle Ziegelwaren Ehinger Tagblatt, 11.11.1990. bis ca. 1940. Auf dem sogenannten Hallschlag 104 700 PS Dampfmaschine, 4 Schachtöfen und 2 wurden schon zu römischer Zeit Ziegel gebrannt. Ringöfen. Technischer Jahresbericht der Portland- Auf der Gemarkung Münster und insbesondere auf Cement-Werke Heidelberg-Mannheim-Stuttgart der Steig wurden immer wieder kleine Ziegeleien AG 1931, HC-Archiv HV 67. gegründet. 1873 hatte Friedrich Andreas Herbst 105 Protokoll über die 15. Ordentliche Generalver- sammlung des Stuttgarter Immobilien- und weit abgebaut, wie es sein sollte. Der Gemeinderat Baugeschäfts vom 31.03.1891. verlangte daher am 26.07.1898 die Beseitigung der 106 Protokoll über die 18. Ordentliche Generalver- Ziegelei. sammlung des Stuttgarter Immobilien- und 115 Protokoll über die 28. Ordentliche Generalver- Baugeschäfts vom 16.4.1890. sammlung des Stuttgarter Immobilien- und 79 107 Protokoll über die 17. Ordentliche Generalver- Baugeschäfts vom 29.3.1900. sammlung des Stuttgarter Immobilien- und 116 Hervorgegangen war sie aus der Feldziegelei von Baugeschäfts vom 17.4.1889 sowie Protokoll über Daniel Fausel, die 1862 von Friedrich Mayer die 20. Ordentliche Generalversammlung des gekauft worden war. Sie wechselte mehrfach den Stuttgarter Immobilien- und Baugeschäfts vom Besitzer. Um das Jahr 1870 übernahm Joh. Schmid 4.04.1892. & Cie die Anlagen und modernisierte sie. Im Jahr 108 Hirschfeld, 1889, S.116-120. 1880 erhielt sie einen neuen kontinuierlich 109 Heidelberger Portländer H. 1, 1954, S. 1-5 sowie brennenden Ringofen. Vgl. HC-Archiv HV 296. Kleinlogel, A., Bauzeitung 1931. Schon das Port- 1871 machte Johannes Schmid Umbauten. Am land-Cement-Werk Heidelberg, Schifferdecker & 16.07.1880 erhielt er die Genehmigung für einen Söhne hatte einen sogenannten F-Zement angebo- neuen kontinuierllichen Ringofen. Ebenso errichte- ten, in Leimen wurde 1911/13 ein sogenannter te er ein Werkstattgebäude mit Schlaflokalen, vgl. Separatorenzement, der aus abgezweigtem Feinst- K. Bauamt an Stadtschultheissenamt Cannstatt, material bestand, erzeugt. Erst 1932 wurde diese 2.07.1870. Zementsorte allgemein als Z 325 oder Hochwert- 117 Protokoll über die 25. Ordentliche Generalver- zement eingeführt und in die Zementnorm aufge- sammlung des Stuttgarter Immobilien- und nommen. Baugeschäfts vom 6.4.1897 und Protokoll über die 110 Protokoll über die 25. Ordentliche Generalver- 26. Ordentliche Generalversammlung des Stuttgar- sammlung des Stuttgarter Immobilien- und ter Immobilien- und Baugeschäfts vom 6.4.1898. Baugeschäfts vom 6.4.1897. Bericht über das Geschäftsjahr 1904 des Stuttgar- 111 Gedenkblatt,1896. ter Immobilien- und Baugeschäfts in Stuttgart, 112 Protokoll über die 24. Ordentliche Generalver- 11.4.1905. Diese Fabrik war bis in die 1970er sammlung des Stuttgarter Immobilien- und Jahre in Betrieb und wurde erst 1993 abgebro- Baugeschäfts vom 31.3.1896. 596 Teilnehmer aus chen. den Werken Ehingen (189 Männer, 44 Frauen, 4 118 Vgl. auch StA Ludwigsburg F 160 II Bü 124 und Bü Beamte), Allmendingen (155 Männer, 28 Frauen, 125. Die Ziegelei E. Rapp bestand mindestens von 3 Beamte), Blaubeuren (142 Männer, 9 Frauen, 12 1899 bis 1912. Beamte), HC-Archiv ZWB 216. 119 Protokoll über die 31. Ordentliche Generalver- 113 Protokoll über die 25. Ordentliche Generalver- sammlung des Stuttgarter Immobilien- und sammlung des Stuttgarter Immobilien- und Baugeschäfts vom 25.04.1903. Baugeschäfts vom 6.4.1897 und Protokoll über die 120 Schultheiß, 1927. 26. Ordentliche Generalversammlung des Stuttgar- 121 Carl Stiehle hatte am Hühnerberg auf der Gemar- ter Immobilien- und Baugeschäfts vom 6.4.1898 kung Schiechen 1846 bis 1854 fünf Brennöfen sowie Protokoll über die 34. Ordentliche General- betrieben. Leube kaufte die Öfen mit Steinbruch. versammlung des Stuttgarter Immobilien- und 122 Brief Moser und Schrader an Cementfabrik Blau- Baugeschäfts vom 11.4.1906. Mit dem Geschäfts- beuren, 22.4.1898 HC-Archiv ZWS 14 und jahr 1905 endete auch der Betrieb der Pragziege- Albrecht, 1991, S. 153 und Protokoll über die 31. lei. Ordentliche Generalversammlung des Stuttgarter 114 Protokoll über die 31. Ordentliche Generalver- Immobilien- und Baugeschäfts vom 25.04.1903. sammlung des Stuttgarter Immobilien- und 123 Der Blaumann vom 2.03.1900 und 21.03.1900 Baugeschäfts vom 25.04.1903 sowie StadtA sowie vom 5.08.1901 Parz. 951-957, 959-961, Stuttgart Gemeinderat 26.07.1898 IV.2 Bd.1, Nr.2: 965, 1009-1015, 1018 und 1020. Bericht Ober- In 26 Jahren war die Röthestraße noch nicht so amt an Königl. Kreisreg. Ulm, 10.12.1903, StA Ludwigsburg E179II Bü 5361. 137 Vgl. Riepert, 1927, S. 990/1023f. 124 StadtA Schelklingen, C 375, und B 58/4. Vollstän- 138 Protokoll über die 31. Ordentliche Generalver- dig in Funktion war es am 10.12.1903, vgl. StA sammlung des Stuttgarter Immobilien- und Ludwigsburg E179II Bü 5361. Baugeschäfts vom 30.03.1901. 80 125 Rationalisierung durch Automatisierung. Die neue 139 Die Zementfabrik wurde 1904 verkauft und Vorbrecherei des Werkes Schelklingen im Stein- liquidiert. bruch Vohenbronnen, in: Werksreportage H. 3, 140 Protokoll über die 29. Ordentliche Generalver- 1959. Auch das Zementwerk Leimen betrieb seit sammlung des Stuttgarter Immobilien- und 1896 eine elektrische Eisenbahn zwischen dem Baugeschäfts vom 25.04.1903. Im Jahr 1902 Kiesloch und der Cementwaarenfabrik. Vgl. ebenso hielten die Stuttgarter dreiviertel des Aktienkapitals Schultheiß, 1927. von Marienstein. Sie verringerten dafür die Stamm- 127 Werk Schelklingen Jahresbericht 1929, S. 26, einlagen bei der Süddeutschen Cement-Verkaufs- HC-Archiv HV 74 und HV 127 sowie Bericht stelle Heidelberg und Ziegelverkaufsstelle Stuttgart. Oberamt an Königl. Kreisreg. Ulm, 17.04.1900, StA 141 Spohn, Georg: 75 Jahre Gebrüder Spohn, in: Ludwigsburg E179II Bü 5361. Unsere Heimat in Bildern. Beilage der Oberschwä- 128 Handelsregistereintragung, Aktenvermerk Curt bischen Volkszeitung und Tettnanger Bauernzei- Anderst, 3.10.1963 HV 293. tung, Nr. 7, 1. Jg., 30.09.1922, Ravensburg. Im 129 1907 wurde auf Parzelle 1015 ein dritter Ringofen Jahr 1907 wurde der Aktienanteil an der Blaubeu- errichtet, Genehmigung 2.08.1907; Bericht rer Cementfabrik, Gebrüder Spohn, weiter erhöht. Oberamt an Königl. Kreisreg. Ulm, 3.06.1907, StA 142 Protokoll über die 33. Ordentliche Generalver- Ludwigsburg E179II Bü 5361. sammlung des Stuttgarter Immobilien- und 130 Gesuch Oberamt an Königl. Kreisreg. Ulm, Baugeschäfts vom 11.04.1905 sowie die außeror- 23.05.1889; Genehmigung Kreisamt 19.06.1889. dentliche Generalversammlung vom 31.07.1903: Die Schachtöfen standen auf Parzelle 1028, die „Ermächtigung zur Bildung von Verkaufsvereini- umgebauten Öfen auf Parzelle 1028a. gungen mit anderen Gesellschaften und Firmen.“ 131 Bericht Oberamt an Königl. Kreisreg. Ulm, 143 Bericht über das Geschäftsjahr 1904 des Stuttgar- 9.05.1896, StA Ludwigsburg E179II Bü 5361. ter Immobilien- und Baugeschäfts in Stuttgart, 132 Vgl. HC-Archiv HV 243 und ZWB 216: Rothen- 11.04.1905. bacher, Franz: Anfänge der Zementfabrikation. 144 Werkszeitung, 15.12.1927, HC-Archiv DS 1. Tod Barbey’sches, später Hammersteinsches Zement- von Aufsichtsratsmitglied Karl Körner werk Schelklingen 1889 bis 1906, Schelklinger (†31.10.1906). Hefte 15, Schelklingen 1989 sowie Bericht Ober- 145 Protokoll über die 31. Ordentliche Generalver- amt an Königl. Kreisreg. Ulm, 16.01.1900 und sammlung des Stuttgarter Immobilien- und 1.05.1900; Bericht Oberamt an Königl. Kreisreg. Baugeschäfts vom 6.4.1907 und Bericht über das Ulm, 15.02.1904 StA Ludwigsburg E179II Bü Geschäftsjahr 1904 des Stuttgarter Immobilien- 5361. Genehmigung 28.08.1903. und Baugeschäfts in Stuttgart, 11.4.1905. Der Tod 133 Spohn, Eberhard: Über die Anfänge der Zementfa- des Prokuristen der Firma Leube, Carl Schall brik, (Aufsatz), o.D., S. 7, HC-Archiv HV 382. (†16.8.1909), war auch eine Zäsur, er hatte diese Bereits 1878 gehörte die Stuttgarter Zementfabrik persönlich über 25 Jahre vertreten. Von nun an Blaubeuren zu den Mitgliedern, 1882 folgte war die Firma Leube nur noch als einfacher Leube, 1887 Schwenk und 1889 die Firma Spohn. Aktionär vertreten. 134 Spohn, Eberhard: Über die Familie Spohn und die 146 Gedenkblatt, 1896 sowie GB 1907, 11.4.1908. Entstehung der Zementfabrik, (Aufsatz), S. 14-15, Beschluss der außerordentliche Generalversamlung HCArchiv HV 382. vom 4.7.1907 zum Erwerb des gesamten Aktienka- 135 Riepert: Die deutsche Zementindustrie, Berlin pitals. Seit 1903 war Münsingen Mitglied der 1927, S. 959. Süddeutschen Verkaufsstelle. Vgl. Fischer, Wolf- 136 TIZ, 23. Jg., Nr. 13, 07.02.1899, S. 152 und TIZ, gang: Das Baustoffunternehmen Kemmler: Die 23. Jg., Nr. 14, 10.02.1899, S. 177. Geschichte eines schwäbischen Familienunterneh- mens über fünf Generationen, 2010, S. 48. Aufsichtsratssitzung, 14.06.1918, HC-Archiv HV 147 Bericht über das Geschäftsjahr 1904 des Stuttgar- 61. Der Beschluss zu Vorzugsaktien vom 14.06. ter Immobilien- und Baugeschäfts in Stuttgart, wurde am 3.07.1918 wieder aufgehoben, Auf- 11.4.1905. sichtsratssitzung, 3.07.1918, HC-Archiv HV 61. Zur 148 Bericht über das Geschäftsjahr 1909 des Stuttgar- Kapitalerhöhung: Brief an das Reichsbankdirektori- 81 ter Immobilien- und Baugeschäfts in Stuttgart, um vom 27.6.1918 und 4.07.1918 sowie Brief an 22.04.1910. das Großherzogliche Ministerium des Innern vom 149 Gedenkblatt, 1896. 27.6.1918 (Fusion mit der Stuttgarter Immobilien- 150 Bericht über das Geschäftsjahr 1914 des Stuttgar- und Baugeschäft AG, Erhöhung des Aktienkapitals), ter Immobilien- und Baugeschäfts in Stuttgart, HC-Archiv HV 289. 26.04.1914. 160 Bericht für die außerordentliche General-Versamm- 151 Vgl. Cramer, Dietmar: 100 Jahre – Die bewegte lung der Stuttgarter Immobilien- & Baugeschäfts Geschichte des Zementwerks Burglengenfeld, Der AG am 24.09.1918, HC-Archiv HV 1938, sowie Heidelberger Portländer H. 5, Heidelberg 2012, S. Handelsregistereintragung, Aktenvermerk Curt 16-17. Anderst, 3.10.1963, HC-Archiv HV 293. 152 BA Berlin R 8767: Reichsstelle für Zement. 161 Materialsammlung zur Geschichte von Heidelberg- 153 Bericht über das Geschäftsjahr 1916 des Stuttgar- Cement, HC-Archiv HV 298. ter Immobilien- und Baugeschäfts in Stuttgart, 162 Ehingen 30.000 t/a, 138 Arbeiter, 217 t/a; 14.5.1917, vgl. auch Mering, Otto von: Erträgnisse Schelklingen 55.000 t/a, 262 Arbeiter, 209 t/a; Deutscher Aktiengesellschaften vor und nach dem Allmendingen 15.000 t/a, 223 Arbeiter, 67,3 t/a; Kriege, Berlin 1923, S. 61f., vgl. Naumann, A.: Die Münsingen 30.000 t/a, 177 Arbeiter, 169,5 t/a. neue Zementverordnung, in: TIZ Nr. 23, 1917, S. 163 Gutachten über den Betrieb der Portland-Cement- 146-147, Bernhard Averbeck war Aufsichtsratsvor- fabrik Blaubeuren in Ehingen vom 7.09.1923 von sitzender des Deutschen Zementbunds (Sohn Otto Schott, HC-Archiv HV 590. Danach war eine Horst Averbeck entwickelt Betonstraßen). Steigerung von täglich 420 Fass auf 600 Fass 154 Protokoll über die 46. Ordentliche Generalver- möglich. sammlung des Stuttgarter Immobilien- und 164 Expose des Civilingenieurs Otto Schott Heidelberg Baugeschäfts vom 27.04.1918, Bericht des Vor- vom 14.01.1924 über den Neubau einer Portland- stands vom 18.05.1920. Cementfabrik in Ehingen a. d. D. und Nachtrag 155 Kneer, 2011, S. 46. vom 22.01.1924, HC-Archiv HV 590. Im Nachtrag 156 Aufsichtsratssitzung, 14.06.1918, HC-Archiv HV vom 22.01.1924 zum Expose formuliert Otto 61. Schott: „Wenn man nun einen Vergleich mit den 157 Bericht für die außerordentliche Generalversamm- Produktionskosten der bestehenden Fabriken lung am 24.09.1918, HC-Archiv HV 293. Am 6. Schelklingen, Ehingen, Allmendingen und Münsin- August war der Fusionsvertrag zwischen den gen anstellt, so findet man, dass mit der Inbetrieb- annähernd gleich großen Unternehmen ausgehan- nahme des neuen Werkes ca. 700 Arbeiter gespart delt. werden können.“ 158 Der Aufsichtsrat bestand aus: Alfred Weinschenk, 165 Für 8 Morgen zahlte die Stadt 4.500 Mark, Ehinger Vorsitzender, Alfred von Kaulla (Vorstandsmitglied Tagblatt, 11.11.1890. der Württembergischen Vereinsbank, Stuttgart), 166 Aufsichtsratssitzung, 22.05.1925, HC-Archiv HV 1. stellvertretender Vorsitzender, Dr. Josef Helm, 61. 2. stellvertretender Vorsitzender, Ludwig Anderst, 167 Geschäftsbericht der Portland-Cement-Werke Reichsrat Franz von Buhl, Geheimer Kommerzien- Heidelberg-Mannheim-Stuttgart AG für das Jahr rat Wilhelm Federer, Carl Leonhard, Oberfinanzrat 1925. Adolf Klett, Karl Koenigs, Wilhelm Merz, Eduard 168 Werk Schelklingen, Jahresbericht 1929, S. 1-2, Schall, Wilhelm Scipio. HC-Archiv HV 74 und Schultheiß, 1927. 159 Ausgabe 1,4 Mio. Vorzugsaktien mit fünffachem 169 Werk Schelklingen, Jahresbericht 1929, S. 71/72. Stimmrecht und maximalen 6 % Dividende, vgl. 170 Werk Schelklingen Jahresbericht 1929, S. 71. 171 „Die Gewerkschaften sind mit Unterstützung des ker im Werk Blaubeuren, 1900-1906 als solcher in Reichsarbeitsministers gegen diesen Tarifvertrag Ehingen, von 1906-1917 als Verwalter und später Sturm gelaufen, es kam zu dem bekannten Tegern- als Direktor in Allmendingen. Ab Stilllegung zur seer Schiedspruch vom 7. Oktober 1927, der Unterstützung in Schelklingen tätig. 82 selbstverständlich vom Reichsarbeitsminister für 182 Schultheiß, 1928. verbindlich erklärt wurde.“ Vgl. Werk Schelklingen 183 Den dazu gehörigen Abhitzekessel lieferte die Jahresbericht 1929, S. 71. Maschinenbaugesellschaft Karlsruhe. Dieser 172 Werk Schelklingen Jahresbericht 1929, S. 71/72. Steilrohrabhitzekessel hatte eine Heizfläche von 173 Beitrag für Werkszeitung von X. Schultheiß, 1000 m2. Die Anlage arbeitete mit 25 Bar und Ehingen, 8.08.1929, HC-Archiv ZWS 12. einer Überhitzungstemperatur von 420 °C. Kühl, 174 Ebd. Otto Heinrich: Geschichte des Zementwerks 175 Ebd. Schelklingen, (Aufsatz) 1967 HC-Archiv ZWS 23. 176 Kredler, Florian: Das Wirtschaftsleben in Schelklin- Zur gleichzeitig laufenden Entwicklung des Lepol- gen. Geschichtliche Entwicklung des Zementwerks ofens: Wie HeidelbergCement den Lepolofen Schelklingen, Ulm 1984, S. 359-360, HC-Archiv mitentwickelte, in: WirHeidelberger, Dez. 1915, S. 6. ZWS 12 und Schultheiß, Xaver: Geschichtliche 184 Kühl, 1967. Entwicklung der Werks des Heidelberger-Konzerns 185 Schultheiß, 1928. im Blautal und Oberschwaben, 27.3.1928, HCAr- 186 Werk Schelklingen Jahresbericht 1929, chiv ZWS 12. S. 16/21/24 und S. 29f. 177 Schultheiß, 1928. 187 Werk Schelklingen Jahresbericht 1929, S. 2, 25. 178 Werk Schelklingen Jahresbericht 1929, S. 11-12 188 Werk Schelklingen Jahresbericht 1929, S. 26. und Schultheiß, 1928. Die Trockentrommeln 189 Werk Schelklingen Jahresbericht 1929, S. 2, 36, wurden 1928 übergangsweise von Hand, ab Juli 76, 77. Werk Schelklingen Jahresbericht 1934, S. 1929 mit eingeblasenem Kohlenstaub beheizt, ab 7-8. Die Neuanlagen hatten aber auch manche April 1930 mit den Drehofenabgasen beheizt. Die „Kinderkrankheiten“. Schon nach kurzer Zeit Nutzung der Ofenabwärme brachte es allerdings verursachten die 1928 von der Maschinenfabrik mit sich, dass die Leistung der Trockentrommeln Karlsruhe erstellten Abhitzekessel Betriebsstörun- aufgrund niedrigerer Temperaturen nachließ. gen. Die Steilrohrkessel waren nicht für die 179 Schultheiß, 1927. Die Presslinge für den Ringofen- staubigen Abgase des Drehofens ausgelegt und betrieb wurden von sieben Zweistempel-Fallpres- führten zu häufigen Verstopfungen. Außerdem sen der Maschinenfabrik Geislingen verziegelt. Jede wurde der falsch ausgelegte Überhitzer seit seiner hatte eine Stundenleistung von ca.1.200 Steinen. Inbetriebnahme zwei Mal zerstört. Schließlich Die Schachtofenpresslinge lieferten vier Drehtisch- wurde mit Hilfe der Firma Hering AG in Nürnberg pressen der Fa. Lucke Eilenburg mit einer Stunden- der Überhitzer überarbeitet und betriebssicher leistung von je 2.400 Steinen, was einer max. gemacht. Ofenleistung pro Schachtofen von 1.000 t Klinker 190 Werk Schelklingen Jahresbericht 1929, S. 36, 43, pro 24 Stunden entsprach. Der Pressenbetrieb 45. wurde mit Inbetriebnahme des Drehofens ganz 191 Kühl, 1967. „Solidifit“ mit 5 % Rückstand auf dem eingestellt. Auf Vorrat wurde nur für den Ringofen- 4900 Maschensieb. Ab 1929 ging man zu den betrieb gepresst, da hier die Steine austrocknen heute noch geläufigen Zementsorten über. Der PZ mussten. Die Schachtofenpresslinge wurden direkt 225 wurde mit einem Siebrückstand von 15-20 % aufgegeben. Vgl. Werk Schelklingen Jahresbericht auf dem 4900 Maschensieb verkauft. Drei Tage- 1929, S. 21/24. Festigkeiten von 227 kg/cm2 und 346-380 kg/cm2. 180 Ebd. Die Polysius-Mühle 11,5 t/h bei 14 % Rückstand 181 Beitrag für Werkszeitung von Xaver Schultheiß, auf 4.900 Maschensieb. Ebenso wurde eine neue Ehingen, 1928 zur Verabschiedung von Dir. Kohlenmühle angeschafft und die Mechanisierung Gottfried Wenk nach 41 Jahren in der Rose. Wenk der Klinkerhalle vollzogen. war seit dem 28.04.1888 bis 1900 Betriebschemi- 192 Werk Schelklingen Jahresbericht 1929, S. 76/77. 193 Werk Schelklingen Jahresbericht 1929, S. 42. ringreparatur Drehofen II. 194 Werk Schelklingen Jahresbericht 1929, S. 8-10. 222 Kühl, 1967. 195 Kühl, 1967 und Werk Schelklingen Jahresbericht 223 Ebd. 1929, S. 4. 224 Rationalisierung durch Automatisierung. Die neue 196 Werk Schelklingen Jahresbericht 1929, S. 5. Vorbrecherei des Werkes Schelklingen im Stein- 197 Ebd., S. 6. bruch Vohenbronnen, in: Die Werksreportage, H. 198 Ebd., S. 74/75. 3, 1959, HC-Archiv DS 160. 199 Ebd., S. 2. 225 Maier, H.: Neubau des Zementwerks Schelklingen 200 Ebd., S. 74/75. – Planung und Errichtung, (vorgetragen auf der 201 Ebd., S. 62. technisch-wissenschaftlichen Zement-Tagung 1973 202 Werk Schelklingen Jahresbericht 1934, S. 2, in München), 1973, S. 107, HC-Archiv HV 624. HC-Archiv HV 75. Die Absatzstörung machte sich 226 Ebd., S. 102. durch das Auftreten von Mischzementen bemerk- 227 Ebd., S. 102/103. bar, vgl. Entwurf einer Festschrift zum 50-jährigen 228 Ebd., S. 102. Im Steinbruch Vohenbronnen fehlt Werksjubiläum, Okt. 1950, HC-Archiv HV 383. die Tonkomponente, insbesondere Aluminium. 203 Kühl, 1967. Abgebaut wird Riffkalk, Wiedenhalde Tonmergel, 204 Bericht von Xaver Schultheiss als Geschäftsführer Mischungsmergel, Zementmergel aluminiumhaltig. des Verbands von Werksvereinen der süddeut- 229 Maier, 1973, S. 103/104. schen Cementindustrie e.V. über die Tagung am 230 Ebd., S. 110. 21.6.1930 in Sulzbach i. Oberpfalz. Protokoll der 231 Ebd., S. 110. 3. Generalversammlung des Werksvereins am 232 Am 30.09.1981 wurde die Genehmigung zur 2.08.1930. Zufeuerung von Altreifen erteilt. Forschungsinstitut 205 Werk Schelklingen Jahresbericht 1934, S. 2. der Deutschen Zementindustrie an HV, 206 Ebd. S. 60. 19.05.1980: Untersuchung von Reingas-Staubpro- 207 Ebd., S. 2. ben des Lepolofens im Werk Leimen, Schwerme- 208 Ebd., S. 11-12. talluntersuchungen bei Altreifeneinsatz. 209 Ebd., S. 23-24. 233 Tag der offenen Tür bei Heidelberger Zement. Das 210 Ebd, S. 13-14/20. Werk Schelklingen, in: Information (Mitarbeiterzei- 211 Entwurf einer Festschrift zum 50-jährigen Werks- tung), Sept. 1991, HC-Archiv DS 597. Kredler, jubiläum, Okt. 1950, HC-Archiv HV 383. 1984, S. 360-362. 212 Werk Schelklingen Jahresbericht 1934, Anhang. 213 Entwurf einer Festschrift zum 50-jährigen Werks- jubiläum, Okt. 1950 und Kühl, 1967. 214 Kühl, 1967. 215 Ebd. 216 Gespräch mit Ernst Hörenberg am 29.08.1999 im Werk Schelklingen. 217 Vereinigtes Wirtschaftsgebiet der US-amerikani- schen und der britischen Besatzungsmacht nach 1945. 218 Kühl, 1967. 219 Ebd. 220 HV an Werk wg. Staubauswurf der alten Abhitze- öfen, 31.07.1963. 221 Heidelberger Portländer H. 5, 1956, S. 22: Lauf- HeidelbergCement AG Unternehmensarchiv Rohrbacher Str. 95 69181 Leimen

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