swissjazzorama.ch jazzletter

Nr. 37, Januar 2017

EDITORIAL

Liebe Leserin, lieber Leser Hier berichten wir von keinem Musiker, Mehr als nur keinem Plattenproduzenten, keinem Kon- zertveranstalter, sondern sage und schreibe Hermosa Beach in Kalifornien von einem König. Und zwar vom thailändi- oto: F schen König Bhumibol, der am 13. Oktober ein geografischer in seinem 90. Lebensjahr verstorben ist. Der von seinem Volke so sehr geliebte König spielte schon als Teenager mit Begeisterung Saxofon und war ein grosser Jazzfan. Als Begriff: Benny Goodman im Rahmen einer Asien- tournee im Dezember 1956 mit seinem Or- chester in Bangkok konzertierte, kam für Bhumibol die seltene Gelegenheit, an der Seite des berühmten amerikanischen Klari- WESTCOAST nettisten mit seinem Sopransax zu spielen. Das war ein ganz ausserordentliches Ereig- nis. Dessen Zustandekommen ist übrigens weitgehend Goodmans gutem Freund Kurt Müller aus St. Gallen, der sich beruflich in Bangkok etabliert hatte, zu verdanken. Gemäss D.R. Connors Goodman-Diskografie Shorty Rogers kam es nach dem Treffen in Bangkok zu mit seiner Trompete einem weiteren gemeinsamen Musizieren immer zu Spässen bereit im Juli 1960. Der hohe Gast aus Thailand jammte an einer Privatparty mit BG in New York. Sind die Bhumibol-Intermezzi von - geschichtlicher Bedeutung? Wohl kaum. In den Medien wurden sie nur selten erwähnt. Wir wollen immer alles, was den Namen Jazz zu Recht trägt, redaktionell berücksich- tigen. Unabhängig von regionalen Unter- schieden. Mit dem Bebop in unserer letzten Ausgabe blickten wir hauptsächlich auf den Begeistert von Dizzy Gillespies und Charlie 1954 ein eigentliches All Star-Ensemble. Osten Amerikas, mit dem Westcoast-Beitrag Parkers Bebop wollte anfangs der 1950er Einflüsse, die vom Bebop über die Barock- dieser Nummer auf den Westen. In unserem Jahre eine stattliche Anzahl von Jazzmusi- musik bis zu Stravinsky reichen, lassen sich Bestreben, regionale Grenzen, aber auch ge- kern der Westküste Amerikas ihre Spielweise unschwer erkennen. Rogers war solistisch sellschaftliche Rangordnungen zu ignorieren, dem Muster der grossen Bebop-Koryphäen und als Komponist und Arrangeur eine hat auch die kleine Geschichte von Benny anpassen. Nicht allen gelang dies so gut, herausragende Grösse des Westcoast Jazz. und Bhumibol durchaus ihre Berechtigung. wie einer Gruppe von Musikern, die vom Or- In seinen Bands versammelten sich sozusa- Herzlich chester des Pianisten Stan Kenton herkamen. gen alle, die damals auf der Westseite Sein Progressiv Jazz bot ideale Vorausset- Amerikas im Jazz Rang und Namen hatten. zungen für junge, ambitionierte Musiker. Jimmy Guiffre, Frank Rosolino, Shelly Inhalt (Heinz Abler erwähnt sie in seinem West- Manne u.a.m. Previns Qualitäten lassen sich 2 Neues aus Geschäftsleitung und Vorstand coast-Beitrag auf Seite 4.) Einer von ihnen mit blossem Schubladendenken kaum erfas- 3 In eigener Sache: Tag der offenen Tür war der Trompeter Shorty Rogers, den wir sen. Seine Leistungen sind im weiten 4 / 5 Focus on Westcoast hier anhand eines Plattenbeispiels besonders Bereich der Klassik ebenso ausserordentlich 6 / 7 Interview mit Klaus König würdigen. Die Stücke der gewählten LP (RCA wie im Bereich des Jazz. Collaboration titeln 8 Jazz in der Schweiz – heute: Ch. Niederer France NL 89308, swissjazzorama LP-02289) die beiden unser Plattenbeispiel. Eine tref- 9 Simmen Collection / Melvin Sy Oliver 10 Wer war Tommy Ladnier? sind typische Westcoast Jazz-Produkte. fende Wahl. Die Zusammenarbeit könnte 11 Elsie Bianchi / Sir Charles Thompson Zusammen mit André Previn leitet Shorty kaum besser gelungen sein. J.T.S. 12 Gelesen / In memoriam / SUISA-Jazzpreis

1 SEITE DER GESCHÄFTSLEITUNG UND DES VORSTANDES

Mit einer Stiftung werden wir auch die Möglichkeit haben, uns um finanzielle Mittel beim Bund zu bewerben.

Mit dem neuen Standort fängt sicher auch eine neue Ära betreffend Sammlungs- strategie an, denn unser Anspruch ist klar: Das swissjazzorama.ch soll zu dem Schwei- zer Jazzarchiv werden, mit einer relevanten und umfassenden Sammlung von nationa- Gedanken des neuen ler Ausstrahlung und Prägung. Wir werden unseren Fokus auf Helvetica* legen Vom Verein zur Geschäftsleiters müssen, es muss den Schnitt geben «vom Stiftung alles sammeln» zum «gezielt sammeln». Hans Peter Künzle,*1951, ist seit Die Nachlässe werden in nächster Zeit Unser Verein möchte 2017 die von der September 2016 Geschäftsleiter des nicht abnehmen. Wenn alles aufbewahrt Vereinsversammlung schon 2011 beschlos- swissjazzorama.ch, mit einem Pensum wird, werden wir schon bald wieder Platz- sene swissjazzorama-Stiftung errichten von 50%. Bereits seit 2013 ist er probleme bekommen. Die Frage ist, macht und dieser das uneingeschränkte Eigentum Mitglied des SJO-Vorstands. Im folgen- es Sinn, Jazz aus der ganzen Welt zu an den Archivalien und den Einrichtungen den Beitrag vermittelt er ein paar sammeln. Eventuell macht es tatsächlich des laufenden Betriebes übertragen, ein- Eindrücke über den jetzigen Stand und Sinn bei Schellack und Vinyl, vielleicht schliesslich aller Rechte im Urheber- und denkt über die Zukunft des SJO nach. auch bei gewissen Printmedien, aber sicher Internet-Bereich. Ausserdem soll die nicht bei den CDs. Allein schon die CDs Stiftung auch die wesentlichen Aufgaben Wenn man das erste Mal an die Ackerstrasse von CH-Labels und CH-Musikern, die wir der Betriebsführung und sämtliche Rechte kommt, ist man erst mal überwältigt, denn zwingend lückenlos archivieren sollten, und Pflichten aus den bestehenden Perso- im Gegensatz zum alten Standort, ist hier werden Dutzende von Gestellen füllen. nal-, Miet-, Versicherungs- und sonstigen die ganze Sammlung im riesigen Ausmass Verträgen des Vereins übernehmen. Jazz ersichtlich: Schellack- und Vinylplatten, CDs, Das SJO muss national und international im weitesten Sinne, in Zukunft wohl auch Filme, Printmedien, Plakate, Fotos, Noten, besser wahrgenommen werden. Potentielle verwandte Musikrichtungen (Rock, Pop Geräte und Instrumente sind unter einem Ansprechpersonen und -Institutionen sind usw.) werden im Zentrum der Stiftungs- Dach und verführen zum schmökern und zu eruieren, die Zusammenarbeit mit Insti- tätigkeit stehen. entdecken. Es hat schöne, helle Arbeitsplätze tutionen (Schulen, Hochschulen, andere in genügender Anzahl, so dass angefangene Archive etc.) muss intensiviert werden. Der Wechsel vom Verein zur Stiftung drängt Arbeiten auch mal bis zum Abschluss liegen Die Website wird zu diesem Zwecke immer sich jetzt auf, weil der Bund bei der ab gelassen werden können. wichtiger. Das swissjazzorama.ch ist auf 2018 vorgesehenen Neu-Vergabe seiner gutem Wege. Eine gut funktionierende Mittel nur überregional oder schweizweit Die übersichtliche Anordnung der unzäh- Datenbank ist vorhanden. Sie kann zum aktive Bewerber berücksichtigen wird, ligen Gestelle, die zu einem grossen Teil grossen Teil über die Website abgerufen die eine gefestigte Organisationsstruktur bereits systematisch und geordnet gefüllt werden. Die Entwicklung in diesem Bereich haben. Vereinsvorstände erfüllen diese sind, ist beeindruckend. Dank der motivier- ist rasend schnell, dauernde Anpassung Bedingung nicht, da sie jederzeit durch ten Crew konnte der ganze Umzug effizient und Verbesserung sind eminent wichtig. neues Personal mit völlig anderen Priori- und kostengünstig durchgeführt werden. Dafür braucht es entsprechende Fachleute. täten ersetzt werden können.

Das Archiv ist gut organisiert. Es bestehen Und last but not least: Wir werden durch Künftige (Mit-)Stifter erhalten beim Archivierungstools und Regelungen, wie Nachlässe und Schenkungen auch immer swissjazzorama einen Zeichnungsschein. Tonträger, Printmedien etc. zu registrieren mehr Doubletten bekommen, die in unse- Ein älteres Ehepaar hat sich bereits schrift- und archivieren sind. Die Archivierung wird rem Shop verkauft werden können. Auch lich dazu verpflichtet, Fr. 40 000.– als dauernd verbessert und professionalisiert. hier ist zu überlegen, wie wir potentielle Schenkung auf das Sperrkonto der zu Es sind Sammlungskonzepte vorhanden, die Kunden finden … gründenden Stiftung einzuzahlen. Unser natürlich auch dauernd angepasst werden Ziel ist es, bis zur nächsten Vereinsver- müssen. Man merkt, hier hat es Leute mit Es gibt enorm viel zu tun! sammlung etwa Fr. 500 000.– zusammen- Kompetenz und Fachwissen, die ganze Crew zutragen. Mitglieder-, Gönner- und Spon- ist motiviert und denkt mit. Mit einem guten Team und den nötigen sorenbeiträge sowie Legate und Spenden Finanzen ist vieles möglich. Ich bin zuver- an den Verein swissjazzorama sind steuer- Mit dem Umzug an die Ackerstrasse und sichtlich und freue mich auf eine weiterhin befreit und können in der Steuererklärung der schrittweisen Professionalisierung des gute Zusammenarbeit mit dem Team, den vom Einkommen abgezogen werden. Archivs, sind die finanziellen Aufwendungen Behörden und den Institutionen. (Verfügung Nr. 05/10372 des Kantonalen gestiegen. Neue verlässliche Geldquellen Steueramtes Zürich vom 28.07.2005). müssen gefunden werden. Ein wichtiger Hans Peter Künzle, Geschäftsleiter Schritt wird die Überführung unseres Vereins Andrea Engi, Präsident in eine Stiftung sein. Nur so wird das swiss- * Mit Helvetica bezeichnen wir alles Archiv- jazzorama.ch zu einem verlässlichen Partner material, das in irgendeiner Weise einen Bezug für Donatoren, Stiftungen und Behörden. zum Jazz in der Schweiz hat.

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IN EIGENER SACHE swissjazzorama.ch Das Schweizer Jazzarchiv

Sie finden: TAG DER JAZZ Schellacks OFFENEN RECORD Langspielplatten Compact Discs TÜR SHOP Jazzliteratur Poster usw. Wir laden Sie der grösste ein zum Besuch Secondhand Shop der neuen für Jazz Lokalitäten in der Schweiz Spezial-Rabatt am des Schweizer Das swissjazzorama.ch Jazzarchivs mit seinem Shop ist vom Tag der Bahnhof Uster aus zu Fuss Tür Samstag, 14. Januar 2017 in etwa 15 Minuten zu erreichen, offenen von 11.00 – 17.00 Uhr oder mit dem Bus Nr. 817 (See), Ackerstrasse 45, 8610 Uster aussteigen an der 2. Station. Siehe Lageplan Parkplätze hinter dem Haus Öffnungszeiten des Shops:

Programm: Dienstag – Freitag swissjazzorama.ch 13.30 – 17.00 Uhr Ackerstrasse 45 – Rundgang durch die Räume Montag geschlossen 8610 Uster und Abteilungen: Büro, Shop, Individuelle Besuchszeiten Telefon 044 940 19 82 Bibliothek, Archiv, sind nach Absprache möglich www. jazzorama.ch Simmen-Sammlung, (Telefon 044 940 19 82) [email protected] Grau-Sammlung, Perrotet-Sammlung usw. Öffnungszeiten am Tag der offenen Tür – Führungen durch Spezialisten 11.00 – 17.00 Uhr der SJO-Crew mit Hinweisen auf besondere Archiv-Raritäten.

– Gemütliches Zusammensitzen mit einem kleinen Angebot an Getränken und Verpflegung.

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Wir freuen uns auf Ihren Besuch!

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Kühler Jazz nach dem Bebop Focus on Westcoast

Eine längst vergangene Geschichte? An ihrem Beginn kochte der Kalte Krieg zum Sie behandelten auch die Becken mit einer Koreakrieg auf und weit draussen im Pazifik wurden Atombomben getestet. Da untergründig swingenden Intensität. Hamil- entwickelte sich an den Gestaden eben dieses Pazifiks, an der Westküste der USA, ton war jedoch zunächst Drummer im ers- eine Musik, die ruhig genug war, um die Gemüter nicht zusätzlich zu erregen, ten paradigmatischen Quartett Gerry Mulli- jedoch aufregend genug, um eine neue Marke in die Geschichte des Jazz zu setzen gans. Dieser, zwar aus New York stammend, und das Epizentrum vorübergehend innerkontinental zu verschieben. Es lohnt topfte nun die Cool-Ästhethik an die West- sich, kurz zurückzublicken Heinz Abler küste um, verzichtete auf die harmonische Stütze eines Pianos und nahm den Trom- auch Musik und damit, zumindest in vor- peter Chet Baker als zweite Frontstimme digitaler Zeit, lebende Musiker. Der Magnet auf. Allerdings nur solange dieser noch wirkte. Oft schrumpfte das Leben, insbeson- keinen Starstatus hatte. Dann wurde er dere von Jazzmusikern, zu schierem Überle- teuer – zu teuer! Zumal die Budgets Mulli- ben, so dass man sich behufs Brot – und gans und Bakers auch deren wenig kosten- oft genug – Drogenerwerb in den Studio- günstigen Drogenkonsum abdecken sollten. Orchestern fand, die die bewegten und bewegenden Bilder als Musiker und/oder Während in New York zunehmend der Komponisten mit Soundtrack versorgten. Hardbop die Szene befeuerte, machten sich So etwa der Pianist und Komponist Vince auf der pazifischen Seite des Kontinents Guaraldi, der die Zeichentrickfigur Charlie vor allem Musiker aus den Bigbands von Brown aus Charles M. Schulz' The Peanuts Woody Herman und Stan Kenton auf die Cannonball Adderley Quintet live im Light- musikalisch begleitete. Die «Musik» indes Suche nach zeitgemässen Formen. Kenton, house, in Hermosa Beach, Kalifornien. spielte abseits der Studios in den Clubs. der es nie klein mochte und eine Band, bigger than big, leitete, wälzte swingend Wir schreiben das Jahr 1960. Entspannt, Entwicklung aus der Coolness harmonisch komplex geschichtete Klang- oder passender «relaxed», gruppiert um ungetüme und versah sein Konzept unbe- den gewichtigen Boss, der den Kosenamen Es mag ein ironischer Reflex gewesen sein, scheiden mit dem Label Progressive Jazz. Cannonball erkennbar aussermusikalischen dass in der Zeit zu Beginn der Fünfziger- Dies als Schaumschlägerei abzutun wäre Efforts zu verdanken hatte, nehmen die jahre, in der Senator McCarthy eine landes- indes verfehlt. Denn, eben nicht kleingeis- fünf Herren des Adderley-Quintetts den weite, gegen angebliche Kommunisten tig, liess er sich auch von der europäischen Fototermin für ein Cover unter der Sonne gerichtete Paranoia aufgeblasen hatte, sich Klassik anregen und schuf einen Fundus, Kaliforniens wahr. Ein beruflicher Abstecher in New York ein Stil unter dem Label Cool aus dem viele seiner Musiker aus Ost und von der mitunter unwirtlichen Ostküste um Jazz entwickelte. Wie überhaupt Coolness West schöpften. Gerry Mulligan, der als New York ins stets sommerlich gemässigte in einschlägigen Kreisen der Habitus der Arrangeur auch schon einen Namen hatte, Kalifornien mag früher und heute eine Stunde war. Miles Davis zeigte es vor. Er rief begegnen wir hier wieder. Die Liste der angenehme Auflockerung im umtriebigen 1948 sein Capitol Orchestra zusammen, Kenton-Adepten ist lang, doch einige Musi- Leben eines Jazzmusikers sein. So waren, machte das New Yorker Royal Roost zum ker aus der Grossfamilie, die später an mit der Ausnahme des gebürtigen briti- Labor und nahm zwei Jahre später ein zeit- der Westküste aktiv waren, verdienen schen Pianisten und Vibrafonisten Victor loses Album mit dem Titel The Birth Of The namentliche Erwähnung: Die Trompeter Feldman (links), die übrigen Vier, die Brüder Cool auf – ein Milestone. In dieser Band Jack Sheldon, Pete und Conte Candoli, Nat und Julian Adderley, der Bassist Sam lässt erstmals der Baritonsaxofonist und Shorty Rogers, Maynard Ferguson. Die Jones und der Drummer Louis Hayes so- Arrangeur Gerry Mulligan aufhorchen, Posaunisten Milt Bernhart, Frank Rosolino, wohl im Leben als auch musikalisch im einer, der den Westcoast Jazz prägen wird. Stu Williamson, der Hornist John Graas. Osten angesiedelt.Victor Feldman indes, Die Saxofonisten Bob Cooper, Zoot Sims, der auch ein begabter Komponist und Die vermeintliche Kühle des Cool Jazz Richie Kamuca, Charlie Mariano, Bud Drummer war, sah schon einige Jahre zuvor verbirgt eine Intensität, die sich erst bei Shank. Die Bassisten Howard Rumsey, Red die Sonne Kaliforniens als besseren Kont- engagiertem Zuhören auftut. Der Kritiker Kelly, die Schlagzeuger Shelly Manne und rast zum trübkühlen London, als etwa das Marshall Stearns meinte im Zusammen- Stan Levey. Und zu guter Letzt: die Frauen näher liegende New York. So war er dort hang mit Lennie Tristano, einem weiteren angekommen, wo ein Stil des Jazz in voller Idol der Coolen, man spiele kühl, ohne Entfaltung stand: Westcoast Jazz. kalt zu sein. Ein Prinzip, geeignet für den Transfer an die Westküste, wo zudem das Hollywood, der Berg ruft Klima für Erwärmung sorgt.

Von der Südflanke des Mount Lee in den Musik und Musiker, Santa Monica Mountains grüssen die be- mit und ohne Übervater rühmtesten Lettern der Welt und verweisen auf die Traumfabrik, die als Schürfgrube In Richtung Schlagzeug hätte der Imperativ für Generationen jener dient, die kreativ- lauten können: Weg mit den Stöcken, her beruflich die Fantasiewelten eines Millio- mit den Besen. Das wäre zu kurz gegriffen, nenpublikums in aller Welt beleben: zumal dann, wenn man sich als Schlag- Hollywood. Der Spielfilm benötigt als melo- zeuger gleich selbst zum Leader ernennt, dramatische Verdichtungsressource stets wie Shelly Manne und Chico Hamilton.

4 an der Bühnenfront, die neben Gesang die Grossräume Los Angeles und San Fran- Falls im Handel greifbar, hatten gewiss auch eine Prise Hollywood-Glamour anbie- cisco beschränken. In der Hochblüte des einige die eine oder andere Westcoast- ten sollten, wie etwa June Christie oder Westcoast Jazz standen die Bühnen etwa Platte als Vorlage im Gestell, aber LPs und Anita O'Day. in Howard Rumseys Lighthouse (siehe oben, Grammofone waren vom Mund abzuspa- im The Haig in L.A. oder in Shelly Manne’s ren. Und ohne Baritonsax war Gerry Mulli- Ausserhalb Kentons Dunstkreis erlangten Hole in Hollywood. Das Black Hawk in San gan ausser Reichweite. Die Instrumenten- die Saxofonisten Jack Montrose (West Francisco bestand von 1949–1963, gewis- bestände von Blasorchestern mochten den Coast Jack, nicht zu verwechseln mit sermassen der Lebensspanne des Westcoast mittelständischen und verständnisvollen J.R. Monterose) und Art Pepper Bedeutung, Jazz im engeren Sinne. Die meisten Ton- Vater vom Zugriff auf das Bankkonto sowie die Pianisten Claude Williamson, dokumente aus jener Zeit finden sich unter abgehalten haben. Russ Freeman, Pete Jolly, Clare Fischer, die den damals spezialisierten Labels Pacific Bassisten Curtis Counce und Monty Bud- Jazz Records und Contemporary Records. Das Dave Brubeck Quartet mit Saxofonist wig, die Schlagzeuger Frank Butler und Viele davon als Live-Mitschnitte, welche Paul Desmond, reihte man grosszügig Larry Bunker (auch vibes). die Nachwelt etwas von der weitgehend unterWestcoast Jazz ein, zumal dessen entspannten Club-Atmosphäre spüren Konzept dem Spielideal der Westküste recht Was man in der Historie als Westcoast Jazz lassen. nahe kam. Nicht zu vergessen Chet Baker, ablegt, offenbart indes mancherlei Unter- (Die interessierten Leser und Leserinnen ein Star, in dem der Zeitgeist waltete und schiede. So gab es, salopp gesagt, eine sind herzlich zu spannender Forschung in der schon deshalb vor Nachstellung nicht Art «weichgespülten» Be- oder Hardbop, unserem Archiv eingeladen!). sicher war. Aber ins weite Feld einer Ge- wie ihn etwa Shelly Manne And His Men schichte der abendländischen Jugendkultur oder Howard Rumsey’s Lighthouse All Stars Post festum wollen wir uns hier nicht vorwagen. in bestechender Eleganz pflegten. Nachdem sich der brasilianische Gitarrist Laurindo Almeida (ein Kenton-Adept) in L.A. nieder gelassen hatte, nahm er 1953 zusammen mit dem Altisten/Flötisten Bud Shank im Quartett das Album Brazilliance auf. So darf man ihn mit Fug und Recht zu

den Geburtshelfern der später unter Bossa eldman Nova firmierten Stilrichtung zählen. Bei der ictor F

Entwicklung des Bossa Nova spielte auch Epilog V der im Bereich Cool Jazz stilbildende Tenor- saxofonist Stan Getz eine Rolle. Kehren wir zurück zu Victor Feldman, jenem sonnenhungrigen Londoner, der Später wurde die Welt und insbesondere der leider schon 1987 53-jährig in L.A. verstarb. Westen der USA langsam von der popmusi- Er war dabei, als Miles Davis 1963, am kalisch angetriebenen Flower Power erfasst, Ende der Westcoast-Epoche, das wegwei- Jimmy Giuffre 3 was den Jazz an der Westküste entweder in sende Seven Steps To Heaven-Album ein Nischendasein oder zur «Aufpoppung» aufnahm – noch ein Milestone. Neben Mulligans Quartett versuchten sich zwang. Der Saxofonist Curtis Amy und der weitere, eher der Avantgarde zuzurech- Trompeter Dupree Bolton stehen für das Beteiligt waren eine West- und eine Ost- nende Gruppen an bis dato ungewöhnli- Eine. Der Saxofonist Charles Lloyd, die Pia- küsten-Formation. West: ein Studio-Quar- chen Besetzungen und Instrumentierun- nisten/Keyboarder Les McCann oder später tett mit Victor Feldman (p), Ron Carter (b) gen. Wie etwa die Jimmy Giuffre 3 mit dem George Duke für das Andere. und Frank Butler (dm). Ost: das legendäre Leader an Saxofon und Klarinette, Jim Hall, Quintett mit George Coleman (ts), Herbie Gitarre (später Bob Brookmeyer, Ventil- Westcoast im Schweizer Jazz? Hancock (p), Ron Carter (b) und Tony posaune) und Ralph Pena am Bass. Mit Williams (dm). Ein Brückenschlag, gewiss, dem Verzicht auf sperrige Instrumente Das etablierte und hierzulande vom Krieg aber der Pfad in die Zukunft führte wieder wie Piano und Schlagzeug setzte man als verschonte Bildungsbürgertum regte sich zurück nach Osten. So spielte der gewitzte raumsparende Variante eine Art von Kam- damals standesgemäss über die «Neger- Miles die vom Westküstler Victor Feldman merjazz in die Welt. Oder das Quintett des musik» auf, deren wachsender Import als komponierten Stücke – das Titelstück und Drummers Chico Hamilton, ebenfalls ohne kultureller Kollateralschaden zu verbuchen Joshua mit der Ost-Gruppe ein. Piano, mit Gitarre (Jim Hall, Dennis Budi- war. Einige aufgeweckte Bürgersöhne ent- mir, Gábor Szabó), Woodwinds (Buddy deckten den Modern Jazz jedoch als will- Collette, Eric Dolphy(!), Charles Lloyd), kommenes Vehikel für angewandten Unge- Cello (Fred Katz, Nathan Gershman) und horsam. Sie durften dennoch auf die Bühne wechselnd besetztem Bass. des damaligen Zürcher Kinos Urban bringen, was in den Kellern elterlicher Heime aus- Oft hielt man den Westcoast Jazz, soweit geheckt worden war. In der dünn besiedel- er europäisch angehaucht war, für aka- ten Kategorie Moderner Jazz am Amateur demisch veredelt, was aber keineswegs als Jazzfestival Zürich, führten sie, als adrett «Weisswaschung» zu missverstehen ist. in Sonntagsanzüge gekleidete Amateure, mehr oder minder gekonnte Imitationen Orte und Labels ihrer Idole vor. Modern Jazz war etwas für wenige Aufgeklärte und vor allem: modern. Die Westküste der USA lässt sich in der Und als besonders modern galt damals historischen Jazzgeografie weitgehend auf auch der Westcoast Jazz.

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Klaus Koenig und der Charme des Understatements

Als Klaus Koenig 1962 als Tonmeister von Norddeutschland nach Zürich zog, war Leute um John Lewis nach Europa kamen, er für die hiesige Jazzszene ein unbeschriebenes Blatt. Das änderte sich freilich waren die mit ihren Anklängen an klassi- schnell. Auf Anraten von Heinz Wehrle, damals im Radiostudio Zürich für den sche Musiktraditon auch in jenen gehobe- Jazz zuständig, nahm Pianist Koenig am nationalen Amateur-Jazzfestival teil. Als nen Kreisen wohlgelitten, die zuvor den Solistenvehikel schrieb Klaus Koenigs Jazz Live Trio in der Folge Jazzgeschichte. Jazz verabscheut hatten. MJQ präsentierte Nach einem dramatischen Karrierebruch aus gesundheitlichen Gründen formierte sich wie ein Streichquartett, mit Frack und sich dieses Trio 2013 neu. René Bondt und Fernand Schlumpf haben mit dem ernstem Gesicht, und genoss auf diese achtzigjährigen Klaus Koenig in dessen «Erinnerungsalbum» geblättert. Weise Akzeptanz. Bandleader John Lewis war kein überragender Pianist, aber was er aus seiner Formation gemeinsam mit dem Klaus, Du hast in Niedersachsen das noch sooo liebe. Chet Baker spielt mit bluesig und virtuos kontrastierenden Vibra- Gymnasium besucht. Kamst Du dort mit Caterina Valente an der Gitarre. fonisten Milt Jackson machte, war gross- Musik in Berührung oder war schon das artig. Bald war für mich allerdings der Elternhaus in dieser Hinsicht prägend? Tanzmusik und Cool Jazz Trompeter und Flügelhornist Art Farmer Mein Vater spielte Geige, übte allerdings eine wesentlichere Richtmarke: Keiner hat kaum. Nach dem Krieg kam er schwer krank Wie lange hast Du denn Bass gespielt? das Grundgefühl des Understatements, aus der Kriegsgefangenschaft zurück. Eine Ich habe eine Zeitlang Tanzmusik gemacht das zum Cool Jazz gehört, so wie er arti- russische Ärztin hatte seine Transportfähig- und zu diesem Zweck das Instrument übers kulieren können. Guten Zugang zum keit nach Sibirien verneint und ihm damit Wochenende mit nach Hause genommen. modernen Jazz fand ich aber, wie bereits das Leben gerettet. Bald spielte er wieder. Dem Musiklehrer durfte ich das freilich erwähnt, auch über Mulligan, über Chet Mit meinem ersten Klavierlehrer gestaltete nicht sagen. Diese Tanzmusik war damals Baker und den Pianisten Lennie Tristano. er Hausmusikabende in unserer Kleinstadt übrigens nicht schlecht gemacht, es gab Und selbstverständlich über Lee Konitz. Ich im Weserbergland. Diese Abende haben ehemalige Militärmusiker, die in unsere hatte das Glück, in gut kennen zu lernen. mich schon geprägt. Der junge Klavierlehrer Gegend kamen und teils haupt-, teils Er gehörte zu jenen amerikanischen Jazz- kam ebenfalls geschädigt aus dem Krieg und nebenberuflich die lokale kommerzielle musikern, die sich zwar nicht fest in Europa hatte kaum pädagogisches Talent. Er liess Szene bereicherten. Es war eine Zeit mit niederliessen, aber regelmässig zwischen mich Beethoven-Sonaten spielen, die ich vielen Bällen. Ich hab da gerne mitgewirkt. hüben und drüben pendelten. einfach so hinhaute. Jazz war meilenweit weg. Es gab an unserem Gymnasium in Verglichen damit war der aufkeimende Wenn das Hirn streikt der Kreisstadt Holzminden unter mehreren Cool Jazz aber doch eine ganz andere hundert Schülern zwei Leute, die ein wenig Sache. Er traf – ähnlich wie die Nouvel- Als Tonmeister lässt es sich zumindest Ahnung hatten von Jazz, einer spielte Kla- le Vague im französischen Film – mit beruflich nicht vermeiden, dass man es vier, der andere Bass. Die brachten mir erste einer gewissen Abgehobenheit den ab und an mit grossartigen Musikern Schritte im Jazz bei. Nerv der Zeit. Manche kritisieren diese zu tun bekommt ... Jazzrichtung im Rückblick als blutleer. Für Tonmeister waren die sechziger Jahre AFN, als US-Soldatensender von mis- Hast Du das anders empfunden? eine goldene Zeit. Schon vor meinem sionarischer Bedeutung für junge jazz- Ich hab's in der Tat anders empfunden. Examen in Detmold konnte ich zwischen affine Europäer, konnte man in der Man stand damals im deutschsprachigen mehreren Angeboten wählen. Zum Radio britisch besetzten Provinz wohl gar Raum recht stark unter dem Eindruck des nach Zürich kam ich über einen Studien- nicht hören… Jazzbuchs von Joachim-Ernst Berendt. freund. Die feste Anstellung war für mich AFN kannte ich damals in der Tat nur dem Dieses systematisch in Epochen und Stil- und meine Eltern – ich stamme aus einer Namen nach. Aber die Musik begann mich schubladen gegliederte und von einem sich Beamtenfamilie – ein erstrebenswertes zu interessieren. Ich spielte im Schulorches- stets positiv weiterentwickelnden Kultur- Ziel. Nie hätte ich mir zugetraut, mich in ter Klavier, als dessen Leiter eines Tages verständnis getragene Buch war für mich einem desaströsen Konkurrenzfeld als zu mir sagte: «King, wir brauchen einen die musikwissenschaftliche Bibel. Berendt Konzertpianist und freier Musiker durch- Bassisten, du musst Bass lernen. Es gibt dozierte in den fünfziger Jahren, Saxofonist setzen zu können. Heute sehe ich das noch einen guten Lehrer – einen ehemaligen Lee Konitz sei die weisse Antwort auf den viel klarer, ich gelte ja als Invalider, der Militärmusiker, der hier in Holzminden ge- für den Bebop stilbildenden schwarzen seit Ende 1997 mit der Musikerkrankheit landet ist. Bei dem kriegst du Unterricht auf Charlie Parker. Das war schon in Bezug auf fokale Dystonie konfrontiert ist. Die Dysto- Kosten der Schule.» In Holzminden erlebte die zeitliche Einordnung nicht ganz richtig, nie macht es schwer, so flüssig zu spielen ich dann auch mein erstes Jazzkonzert. Die vor allem aber fühlte sich Lee Konitz selber wie früher. Ich habe andere Strukturen Trompete blies Bill Coleman, mit dem ich keineswegs als Gegenpart zu Parker. entwickeln müssen, um dies zu erreichen. später im Studio Zürich einen Jazz-Live- Abend gestalten konnte. Das Holzmindener Man hat solche Zuordnungen damals Liegt bei dieser Krankheit ein motori- Konzert wurde anschliessend in der Lokal- ja nicht nur stilistisch und zeitlich, sches Problem in den Fingern vor oder presse als dekadente Negermusik abquali- sondern auch geografisch formuliert. ist die Behinderung hirngesteuert? fiziert – in einer Sprache, die noch immer Mit der Umschreibung Westcoast Das Problem ist hirngesteuert und kommt den Ungeist des Nationalsozialismus atmete. interpretierten manche den Cool Jazz vom Üben. Wenn das Gehirn bei schnell Ich reagierte mit einem empörten Leserbrief, mehr oder weniger als kalifornischen gespielten Passagen für einen Sekunden- denn für mich war der Auftritt der dunkel- Gegenpool zum Jazzgeschehen in New bruchteil nicht mehr mitkommt, die Be- häutigen Amerikaner ein Initialzündung. York oder zur Mississippi-Landesmitte fehle zu geben, führt das zu einer Art Kurz- Ich kaufte erste Jazzplatten, die dem dama- mit ihren Zentren New Orleans, Mem- schluss. Das Gehirn weiss dann nicht mehr, ligen Trend zur Coolness im Jazz entsprachen phis, Kansas City, Chicago und Detroit. was es machen soll – und beschliesst – Scheiben mit dem Modern Jazz Quartet, Westcoast hatte Parallelen zum Cool Jazz, vorsichtshalber, einzelne Finger einzuzie- mit Gerry Mulligan, mit Art Farmer. Alles den ich zunächst ganz stark mit dem Mo- hen. Das ist die typische Haltung des dysto- begann mit einer kleinen EP, die ich heute dern Jazz Quartet identifizierte. Als die nischen Pianisten (Klaus präsentiert seine

6 rechte Hand mit angewinkeltem Ring- und – 1973 bis 1978 Erweiterung des Trios zum Sextett Kleinfinger). Liefen die drei übrigen Finger Magog (mit Hans Kennel, Andy Scherrer, Paul Haag, Peter Frei, Peter Schmidlin). Konzerte und Festival- noch locker, würde ich mich nicht beschwe- Auftritte in mehreren europäischen Ländern mit ren, aber der vom Hirn ausgeübte Zug Magog wertet Klaus Koenig als zweites Karriere- beeinträchtigt die ganze Hand. Ich habe Highlight. Magog stand für den Versuch, Brücken 15 Jahre lang vergeblich nach einer erfolgs- zwischen den damals auseinanderstrebenden Elementen Tradition, Rockjazz und Freejazz zu versprechenden Therapie gesucht und schlagen. Und dieser Versuch wurde sowohl vom dafür viel Geld, Reisen und Zeit investiert. Publikum wie von Fachleuten enorm honoriert. Fündig geworden bin ich in Hannover bei – Klassik & Jazz-Projekt mit Pianistin Annette einem forschenden Neurologen, der heute Weisbrod in den siebziger Jahren. Während drei als führender Spezialist für fokale Dystonie Jahrzehnten Jazz & Lyrik-Projekt mit Schauspieler gilt und in Zusammenarbeit mit einem Gert Westphal. In den achtziger Jahren Konzen- tration aufs Trio mit Festival-Auftritten in der belgischen Pianisten eine gute Behand- Schweiz und in Italien. Ab 1989 Soloauftritte. lungsmethode entwickelt hat. Beide haben 1995 Gründung des Quintetts Magog 2 (mit Nat Su, mich ermutigt, wieder zu spielen. Christoph Merki und Daniel Schenker). – 1997 Erkrankung beider Hände an fokaler Kann man das als therapeutisches Klaus Koenig biografisch ... Dystonie; damit vorläufiges Ende der musikalischen Spielen bezeichnen? Tätigkeit. Man kann es so sehen. Die beiden meinten, – Geboren 1936 in Braunschweig, aufgewachsen – 2013, nach 15 Jahren Arbeit mit verschiedenen im Weserbergland. Therapien, Wiederaufnahme der pianistischen ich sollte mehr mit der nur leicht betrof- Tätigkeit mit dem neu besetzten Jazz Live Trio – Nach dem Gymnasium Studium am Akustischen fenen linken Hand arbeiten. Wäre ich ein (Patrick Sommer, Andi Wettstein) und Institut der Musikhochschule Detmold. Tonmeister- 2014 mit dem Quintett Seven Things (Daniel Genie, hätte ich wohl sehr vieles auf meine diplom mit Auszeichnung. 1962 bis 1997 Tonmeister Schenker, Christoph Merki und das Trio). linke Hand verlegen können. Aber das bin am Schweizer Radio, Studio Zürich. Mitarbeit in der ich nicht und habe darum den Handwech- Jazzredaktion (etwa 300 kommentierte Sendungen). … und diskografisch sel nur begrenzt nachvollziehen können. – Seit 1962 pianistische Tätigkeit, ab 1964 aus- schliesslich im Jazz. Gründung des Jazz Live Trios. – Tonmeister Klaus Koenig hat nicht nur fürs flüch- Es ist bemerkenswert, dass der Aus- Wichtigste Mitspieler: am Bass Isla Eckinger und tige Medium Radio gewirkt, sondern auch Musik Peter Frei, am Schlagzeug Alex Bally, Makaya aufbereitet, die hernach auf Tonträgern erschienen bruch der Krankheit zeitlich mit dem Ntshoko, Peter Schmidlin und Pierre Favre. Ende Deiner Tonmeister-Tätigkeit ist. Und er hat sich dabei als Interpret nicht ausge- – 1964 bis 1983 Pianist und Mitgestalter der Radio- zusammenfiel. Zufall oder mehr? nommen: Mit ihm sind im Laufe der Jahre gegen DRS-Konzertreihe Jazz Live. Über 100 Live-Übertra- 30 Schallplatten-Einspielungen in der Schweiz, Ich bin etwas vorzeitig in Pension gegan- gungen mit Solisten aus aller Welt, unter anderen mit Deutschland und Italien entstanden. gen – zu einem Zeitpunkt, da der Arbeit- den amerikanischen Spitzenmusikern Johnny Griffin, – Aus den Tonkonserven von über hundert Jazz- geber SRG den Sparhobel bei seinen Radio- Dexter Gordon, Slide Hampton, Art Farmer, Lee Konitz, Sal Nistico, Phil Woods, Cliff Jordan, Live-Konzerten ist ein 13 CDs umfassender Sampler studios ansetzte. Da man mir finanziell Kai Winding, Lucky Thompson und Booker Ervin. entstanden und vom Label TCB in den Handel entgegenkam, stand ich dem Ansinnen Ausserhalb des Radios Zusammenarbeit des Trios mit gebracht worden. Ebenfalls bei TCB ist die Wieder- positiv gegenüber. Am 31. Oktober 1997 Lee Konitz, Sal Nistico, Benny Bailey, Booker Ervin veröffentlichung von zwei Magog-Einspielungen hatte ich meinen letzten Arbeitstag im und Gianni Basso. Konzerte mit Dexter Gordon, erhältlich. Slide Hampton, Clark Terry. Gemeinsame Tourneen Studio Zürich und ab 1. November 1997 – Klaus Koenigs aktuelle Gruppen, das neue Jazz mit Johnny Griffin während mehreren Jahren. Live Trio und Seven Things, sind derzeit mit je zwei konnte ich dort, gegen Bezahlung, eine – 1968 bis 1975 Quartett mit Franco Ambrosetti. CDs am Markt. Sie enthalten ausschliesslich Kompo- Übungszelle als freier Mensch überneh- Radio-, Konzert- und Festivalauftritte in der Schweiz, sitionen des Pianisten. men. Ich kam um 10 Uhr, übte fast ohne in Deutschland und Italien. Unterbruch bis abends um sechs und fühlte mich am Ende des Tages frischer als am Morgen. Mit einer Riesenfreude ging ich Ich merkte einfach, dass ich kein gutes damals, anders als heute, viele schwarze nach Hause und nahm mir vor, weitere Niveau hatte. Aber die Jazz-Live-Jahre Spitzenmusiker – Art Farmer eben oder intensive Übungstage anzuhängen. Aber waren eine Art Steigerungslauf, bei dem Slide Hampton und Johnny Griffin – nach schon am zweiten Tag merkte ich plötzlich, wir uns, dem jeweiligen Können angemes- Europa kamen, um hier zu leben, weil sie dass meine Finger beim Übungsmarathon sen, qualitativ verbessern konnten. Die bei uns keine rassistische Zurücksetzung nicht mehr mitspielen wollten. Da hat sich Konzertreihe startete mit einheimischen erfuhren. Diese Spitzenleute konnten wir die Dystonie angekündigt! Solisten, die halbprofessionell Jazz spielten. alle engagieren. Und Lee Konitz wohnte Mit Drummer Alex Bally wirkte – nach Fritz sogar für kurze Zeit bei uns zuhause. Jazz Live, ein Steigerungslauf Stähli – ein erster Schweizer Drummer mit, der am Berklee College in Boston aus- Lee Konitz ist ein gutes Stichwort zum Wenn Du Deine persönliche, mittler- gebildet worden war. Von dort kam auch Schluss: Weil der Jazzletter, in dem weile deutlich über 50 Jahre zählende Heinz Bigler, einer unserer frühen Solisten, unser Gespräch erscheint, sich thema- Jazzära überblickst, wo ergaben sich der mir mit seinem Wissen weit überlegen tisch mit dem Cool Jazz befasst, sollten für Dich Höhepunkte? war. Ich hatte ja gar kein System und wir noch ein paar Worte über diesen Die Jahre mit dem Jazz Live Trio und Solis- musste mir mit der Aebersold-Methode grossen alten Mann – Jahrgang 1920 – ten waren zweifelsohne von besonderer allmählich alles selber beibringen. Einer verlieren. Was war und ist sein Beitrag Art. Ich hatte am Anfang viel mehr Spiel- meiner Höhepunkte war etwas später die zur Geschichte des modernen Jazz? möglichkeiten als heute, aber ich erkannte, Zusammenarbeit des Jazz Live Trios mit Lee hat dem Lebensgefühl des Understate- dass ich noch nichts konnte. Es war quä- Trompeter Franco Ambrosetti, für mich eine ment wie kaum ein anderer Jazzmusiker lend, weil ich merkte, dass ich schlecht der grössten Begabungen im Schweizer Ausdruck verliehen. Auf der steten Suche spielte. Es fehlte ein Studium, es fehlten Jazz. Mit den Rhythmikern Peter Schmidlin nach der perfekten Melodie hat er kleine Routinejahre. und Peter Frei entwickelte sich das Trio Meisterstücke geschaffen. Seine Melodik deutlich weiter und war damit befähigt, begnügt sich mit einem Minimum an Tech- Hat sich der deutsche Pflichtmensch Musiker von internationalem Rang zu nik. Dabei verfügt Lee Konitz, wie er in Koenig schon immer hohe – vielleicht begleiten. Das Ganze war eine riesige kurzen Sequenzen mit horrender Tempover- zu hohe – Ansprüche und Fleissleistun- Herausforderung, bei der man permanent doppelung demonstriert, über ein volles gen abringen wollen? lernte. Wir hatten das grosse Glück, dass Repertoire an technischen Möglichkeiten.

7 JAZZ IN DER SCHWEIZ – HEUTE Christian Niederer: Schlagzeugspiel in bester Manier

Wie lernten die ersten herausragenden Drummer der Jazzgeschichte das Spielen auf dem Schlagzeug: Chick Webb, Sid Catlett, Gene Krupa u.a.? Das waren alles noch Autodidakten, die vor allem lernten, indem sie einander beobachteten, mit offenen Augen und Ohren. Erst im Laufe der Zeit, als die ersten Jazzschulen gegründet wur- den, war es ambitionierten Schlagzeugern möglich, die Beherrschung ihres Instru- mentes in akademischer Art zu erarbeiten. Einer, der mit Erfolg die Jazzschule Luzern absolvierte, ist Christian Niederer. – Jimmy T. Schmid hat ihn im swissjazzorama begrüsst und stellt ihn in einem kurzen Interview vor. Christian Niederer swissjazzorama: Christian, dein Vater ihrer Phrasierung zu befassen und das – Geboren am 20. Oktober 1971in Zürich ist ein von vielen Musikern sehr ge- entsprechend am Schlagzeug umzusetzen. – Nach der Matura Studium schätzter Amateur-Jazzpianist. Du hast mit Abschluss «Jazz-Schlagzeug dich jedoch für das Schlagzeug ent- Wie wichtig war das Einüben der Jazz- und Pädagogik» (entspricht in etwa schieden. Wie kam das? und Rock-Grundrhythmen? dem heutigen Master-Abschluss) Christian Niederer: Das Klavier wäre eine Das war sehr wichtig und ist es heute noch. – Wohnt mit seiner Frau und seinen vier Kindern in Zürich Möglichkeit gewesen. Ein Instrument stand Ein solider Grundrhythmus ist in beiden in der Stube. Mich faszinierte aber das Richtungen das Fundament dessen, was Kurz vor Redaktionsschluss Rhythmische so sehr, dass ich mich mit sich musikalisch abspielt. Auch hier lohnt erschienen: Die neue CD «Port»: zwölf entschloss, Schlagzeuger zu werden. sich systematisches Lernen und Üben. Christian Niederer’s Plan In der Platten-Sammlung meines Vaters Oliver Keller, guitars gab's viel swingenden Jazz, der mich reizte Übrigens, was sagt dir der Name Thomy Jordi, bass mitzuspielen. Gene Krupa? Christian Niederer, drums Krupa war ein hervorragender Drummer Unit Records Cede.ch Du bist also nicht ein Jazzdrummer, der in der Zeit der grossen Swingbands. Doch von der Militär-Marschmusik kommt? die meisten meiner Favoriten stammen aus Nein, die sogenannten Rudiments aus der späteren Epochen: z.B. Tony Williams, Elvin Rhythmik und Bewegung. Auch das Spielen Tambouren- und Militärmusik finden jedoch Jones, Jo Jones, Philly Joe Jones, Steve eines Zweitinstrumentes gehörte dazu. Für auch im Jazzschlagzeugspiel durchaus Gadd und natürlich Kenny Clarke, der Schlagzeuger war das Klavierspiel unerläss- spannende und zum Teil auch wichtige anfangs der Vierzigerjahre den Kick zum lich, das bei den Fächern Harmonielehre Anwendungen. Es lohnt sich also, sich mit modernen Schlagzeugspiel gegeben hat. Er und Komposition von grossem Nutzen war. diesen Rudiments auseinanderzusetzen. verlagerte den Grundrhythmus konsequent Hört man sich durch die Geschichte des von der Pauke zu einem grossen Becken. Umfasste der Lehrkörper auch Jazzschlagzeugspiels, trifft man auf deren bekannte Namen? Anwendung auch dementsprechend oft Die Beherrschung des Instrumentes Durchaus, z.B. Bruno Spoerri für Jazz- (z.B. Philly Joe Jones). Wichtiger als dieses stand sicher im Zentrum. Was gehörte geschichte, Norbert Pfamatter fürs Schlag- Wissen und Können ist jedoch eine musi- aber auch zum Lernprogramm? zeug, Heiri Känzig, Bass und Workshop, kalische Umsetzung der Jazzsprache am Dieses Programm war sehr weit gefächert. Nat Su Harmonielehre und natürlich Christy Schlagzeug. Rudiments können hier besten- Zu meiner Zeit (1996 –2000) gab es Kurse Doran, einer der Gründer der Jazzschule falls helfen. Vielmehr gehört dazu auch, in Jazzgeschichte, in Harmonielehre, Kom- Luzern, Gitarre und Workshop. sich mit den grossen Solisten im Jazz und position, Pädagogik und Fachdidaktik, Brachte Dir die Studienzeit viele inter- essante gesellschaftliche Kontakte? Man lernt viele Musiker und Musikerinnen kennen. Man diskutiert oft, jammt mit ihnen in den Übungsräumen, die dafür zur Verfügung stehen. Die Verbindungen inner- halb eines grossen gesellschaftlichen Netz- werkes sind auch nach dem Studium von grossem Nutzen und öffnen viele Wege.

Welche Wege hast Du nach dem Studium eingeschlagen? Ich habe bald in vielen Bands gespielt, auch heute noch, stilistisch weit gefächert. An der Kantonsschule Hohe Promenade Zürich unterrichte ich Schlagzeug und Workshop. Das zweigleisige Fahren bringt mir die berufliche Befriedigung, die ich immer angestrebt habe.

8 News from the Melvin James «Sy» Oliver Simmen Collection Auszug aus einem Aufsatz von Johnny Simmen

Beim Erfassen von LPs haben wir diesmal Der Bandleader, Arrangeur, Komponist, folgende interessante Notizen von Johnny Sänger, Orchesterchef und Trompeter Simmen gefunden: Sy Oliver wurde am 17. Dezember 1910 • Eddie Barefield/Edgar Battle S-LP-02551 geboren und verstarb am 28. Mai 1988. Enthält eine hervorragende Sammlung von Dokumenten über Edgar William «Puddinghead» Für viele war er neben Duke Ellington Battle III – ein bedeutender Teil des Lebens- und der bedeutendste werks von Johnny Simmen war Edgar Battle Arrangeur und einer der wichtigsten gewidmet. Wegbereiter für modernere Jazzformen. – Weiter sind folgende Dokumente dabei: Noten zu seiner Komposition «LIZA AND MICHELLE» (To my good friends Johnny, Liza Vor allem in den 30er, 40er und 50er Jahren and Michelle Simmen, 1975). spielte Oliver eine führende Rolle als Arran- – Ein 4-seitiger Flyer der Edgar Battle Band geur.Ab den 70er Jahren leitete er seine mit vielen Fotos von Jack Bradley «The Swingers eigene Band. Trotz stark reduzierter Instru- Inc. presents – AN ADVENTURE IN AMERICAN MUSIC». mentierung brachte er einen veritablen – Ein Artikel über Edgar Battle von Michel Sound zur Geltung. Sehr populär Perrin aus Revue de Son, No. 172–173, von 1973. waren seine Auftritte im Rainbow Room in – Ein Artikel von Johnny Simmen «Edgar New York, sowie während der Europatour Battle's Cosmopolitan Record sind ein MUST». 1973, die ihn auch in die Schweiz führte. Dorsey und andere Bigbands. Ab 1946 – Edgar Battle report No. 2. «Two new Cos- mopolitan issues, report by Johnny Simmen, leitete er eigene Orchester, mit denen er nothing but praise by Stanley Dance and 1929 spielte er einen Teil der Trompetensoli Platten aufnahm, darunter Meisterwerke Hugues Panassié.» auf den 3 Sessions von Zack Whyte. Zudem wie HEY DADDY-O und SLOW BURN. – JAZZ, Schweizerische Jazz Zeitschrift Nr. 7, schrieb er die Charts für alle Titel. MANDY Dieser Titel wurde von Billy Moore arran- zwei Seiten über Edgar Battle von Ernst Steiner. – Zwölf Briefe von und an Edgar Battle. enthält Partien, welche sich in den Lunce- giert – auf Empfehlung von Oliver – und Die Beziehungen von Johnny Simmen und Battle ford Aufnahmen von 1939 wieder zeigen. die (lange Zeit unklaren) Solisten sind: Bill waren sehr eng und freundschaftlich. Ab 1933 war Sy der wichtigste Lunceford- Coleman, Dickie Wells, Eddie Barefield cl – Einen Artikel über Edgar Battle von Albert Arrangeur, und entwickelte dessen einzig- und Freddie Williams ts. J. McCarthy: «Neglected Jazzman». artigen Sound, welchen die andern Arran- – Einen Brief von Hugues Panassié vom 20.1.1957 an Edgar Battle. geure Edwin Wilcox, und Sy Oliver war in den 50er und 60er Jahren – Fotos von vorläufig noch nicht identifizierten Willie Smith in hohem Mass übernahmen. musikalischer Direktor,Arrangeur und Musikern. Oliver förderte diese drei, sowie etliche Aufnahmeleiter für Decca, Dot und Jubilee. – Interessante Infos über Edgar Battle aus der andere, mit viel Elan, ohne eine Spur von Hier ergab sich die aussergewöhnliche englischen Zeitschrift: «Battle continues». Missgunst oder Eitelkeit. Einige der bahn- Zusammenarbeit mit Louis Armstrong, • Maxine Sullivan S-LP-02429. Mit Liner brechenden Titel mit Olivers Signatur sind: welche Hits wie A Musical Autobiography Notes von Johnny Simmen und diversen Briefen des Managers von Kenneth Records an Johnny, DREAM OF YOU, SWANEE RIVER, MY (4 LPs), die Duos von Louis mit Billie Holi- auch über Maxine Sullivan. BLUE HEAVEN, FOR DANCERS ONLY, day, sowie mit Ella Fitzgerald, Louis and POSIN', ANNIE LAURIE, MARGIE, BY the Angels, Louis and the Good Book Edward Emanuel «Eddie» Barefield THE RIVER SAINTE MARIE, T'AIN'T hervorbrachte. Die Re-Kreationen vieler (1909–1991) WHAT YOU DO, LE JAZZ HOT, BLUE Lunceford-Nummern gelangen Oliver eben- war ein BLAZES, LONESOME ROAD, DINAH und falls ausserordentlich gut. Ja, sie waren US-amerikanischer LINGER AWHILE. Lunceford war in seiner teilweise musikalisch perfekter als die Ori- Altsaxofonist Art ein fast ebenso talentierter Leader wie ginale. Und Sy legte grössten Wert darauf, Klarinettist und Arrangeur Ellington, legte jedoch hohen Wert auf Dis- möglichst viele der frühern Musiker dabei des Swing ziplin. Die Gage war allerdings schlecht: zu haben, wie die Drummer Jimmy Craw- Oliver erhielt pro Arrangement nur $ 2.50. ford und Joe Marshall. Doch der spezielle Doch Sy liebte die Lunceford Band. 1939 bot Lunceford-Spirit war nicht reproduzierbar – • Eddie Barefield S-LP-02549. Enthält alle ihm Tommy Dorsey den Job als Staff Arran- der grosse Mann fehlte irgendwie. Solo-Angaben auf dieser LP. Simmen hat diese ger, mit einer Jahresgage welche Luncefords mit Questionnaires von Eddie Barefield erhalten. Salär um $ 5000.– übertraf. Damit drängte Sy war ein souveräner, eloquenter Mensch. Zusätzlich die Notiz vom Tod von Babe Clark. sich der Wechsel auf. Oliver, als ausserge- Das hatten auch etliche Journalisten ge- • Eddie Barefield S-LP-02550. Enthält super- wöhnlicher Mensch, hegte gegen Lunceford merkt. So gibt es zahlreiche interessante spannende Unterlagen über Eddie Barefield! jedoch keinen Groll. Im Gegenteil, wie fast Interviews mit ihm. Und woher kommt der • Max Kaminski S-LP-02395. Enthält persön- alle Kollegen blieb er von Lunceford und Übername «Sy»? Sy half als Musiker und liche Grüsse von Kaminski an Johnny Simmen. dessen Musik zeitlebens begeistert. Bei Leader in zahlreichen heiklen Situationen • Bob Wilber, S-LP-02475. Enthält Briefe an Dorsey erreichte er eine viel grössere so vielen seiner Kollegen in schwierigen Johnny Simmen von Mark Shane, Bob Wilber, kommerzielle Präsenz, etwa mit Arrange- Momenten, dass sie ihn psychologist nann- Randy Sandke, Butch Miles, Joanne Horton und Mike Peters und eine spannende Dokumentation ments für OPUS ONE, SWING HIGH, THE ten, abgekürzt mit Sy. über Bob Wilber. MINOR IS MUGGIN' mit Duke am Piano, • Bob Wilber, S-LP-02488. Enthält Brief der EASY DOES IT, WELL GIT IT und unzäh- Das englische Original dieses Artikels von Tochter des Bruders von Sidney Bechet, the late ligen weiteren. Von 1943–1945 diente Sy Johnny Simmen wurde beim Aufarbeiten Doctor Leonard Bechet, an eine Jazz Zeitung. in der Army als Kapellmeister, u.a. mit Joe der Simmen-Collection im Archiv des swiss- Gesammelt und präsentiert Turner, Russell Procope und Jimmy Craw- jazzorama gefunden. Gekürzt, adaptiert und von Klaus Naegeli und Konrad Korsunsky ford. Anschliessend schrieb er wieder für übersetzt wurde es von Konrad Korsunsky.

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der Band in der Zeit von Oktober 1926 bis Wer war Tommy Ladnier? November 1927. Dank diesem renommee- Teure Schellacks – wenig Informationen! trächtigen Engagement fand er den Weg in die Band von , mit der er auch auf Europa-Tournee ging. Jazzfans und Jazzmusiker in der Schweiz der ersten Nachkriegs-Generation nach dem 2. Weltkrieg sind heute 70 bis 80 Jahre alt oder älter. Viele von ihnen kannten In den späten 1920er und frühen 1930er Tommy Ladnier. Spätere Generationen und Studienabgänger von heutigen Jazz- Jahren spielte er abwechselnd in den schulen werden sich in den Haaren kratzen und fragen: Wer soll das gewesen sein?» Orchestern von Fletcher Henderson, Sam Wooding und Noble Sissle. Eine Jazzsammlung aufzubauen musste, bei dem damaligen kargen Taschengeld, wohl Eine ganz wichtige Station für Ladnier überlegt sein. 5 Franken kostete eine Schel- waren die New Orleans Feetwarmers, die lackplatte. Darauf waren zwei (2) Stücke er zusammen mit Sidney Bechet gründete von etwa 3 Minuten Länge. Wollte jemand und leitete, diese waren von 1932 bis 1933 z.B. alle Aufnahmen von Armstrongs Hot aktiv. Wegen der grossen Depression Five und Hot Seven anschaffen, musste er (Weltwirtschaftskrise in den 1930er Jahren) tief in die Tasche greifen. 64 Titel, 2 pro hatten die New Orleans Feetwarmers nicht Platte = 32 Schellacks à 5 Franken = 160 lange Bestand. Sie wurden bald wieder Franken – nach heutigem Wert mindestens aufgelöst. Bechet und Ladnier wandten sich 1000 Franken!!! So etwas schafften die von der Musik ab und versuchten ihr Glück Schüler und Lehrlinge, das heisst die jungen mit einem Schneider-Geschäft. Aber auch Jazzfans nicht. das ging nicht lange gut. Bechet kehrte zur Musik zurück und Ladnier verschwand für In deren Sammlungen hatte es meistens etwa fünf Jahre von der Jazzszene. nur ganz wenige Platten, die immer wieder aufgelegt wurden, bis sie kaputt waren. Als 1938 Hughes Panassié in New York Gut, dass es in Genf einen Zwonicek gab, nach Musikern aus der New Orleans-Zeit der einem Platten zur Auswahl zustellte, die suchte, stiess er auch auf Tommy Ladnier. man dann, nach einem dutzendmal hören, Sprache natürlich englisch. Diese Sprache Dieser konnte überredet werden wieder wieder zurückschickte und vielleicht 2 bis 3 hatten wir aber in der 2. Sek noch nicht im zur Trompete zu greifen. In der Folge ent- Stück behielt und bezahlte. Die Informatio- Stundenplan. standen denkwürdige Aufnahmen im nen auf den Schellacks waren ziemlich Rahmen des New Orleans Revival: 1938 dürftig. Da stand etwa: Ladnier/Mezzrow In diesem Umfeld hat man versucht sich, z.B. unter dem Namen Tommy Ladnier Quintet, dann der Titel des Stücks und z.B. als zukünftigen Jazzkenner, von überall her and his Orchestra. Dabei waren Sidney noch der absolut wichtige Hinweis, dass das etwas Wissen anzueignen. Bechet (ss, cl), Mezz Mezzrow (cl, ts), Teddy ein «Foxtrott» sei. Das war es dann schon, Bunn (g), Cliff Jackson (p), Elmer James (b), wer die 3 anderen Musiker waren – keine Nun aber zurück zu Tommy Ladnier, Manzie Johnson (dm). In dieser Zeit hatte Ahnung! Jazzliteratur zum Nachschauen – den wir damals immerhin kannten! Tommy Ladnier grosse Pläne für weitere Fehlanzeige! Die Ausnahmen waren Publi- Arbeit mit eigenen Orchestern. Dazu kam kationen von Hughes Panassié und Charles Thomas J. «Tommy» Ladnier, wurde am es dann aber nicht mehr. Delauney – natürlich auf französisch. Dort 28. Mai 1900 in Florenceville/Louisiana konnte man ab und zu etwas über Jazz geboren. Er war ein hervorragender Trom- Am 1. Februar 1939 war er nochmals im aufschnappen, sofern man in der Schule in peter des sogenannten alten Stils. Orien- Aufnahmestudio, um die Bluessängerin den Französischstunden nicht zum Fenster tiert hat er sich an King Oliver und auch an Rosetta Crawford zu begleiten. Die Mit- hinaus geschaut hatte. – Dafür gab es für Bunk Johnson, mit denen er in den frühen musiker waren Mezz Mezzrow (cl), James Interessierte jeden Samstagnachmittag 1920er Jahren gespielt habe. Tondokumen- P. Johnson (p), Teddy Bunn (g), Elmer James auf Radio Sottens die «Swing-Serenade»: te aus dieser Zeit sind nicht zu finden. Man (b), und Zutty Singleton (dm). Niemand Sprache: französisch. Ausserdem konnte sagt von Tommy Ladnier, dass er einer der dachte, dass das die letzten Aufnahmen man noch auf AFN (Radiosender für die bedeutendsten Stilisten des traditionellen von Tommy Ladnier sein würden. amerikanischen für GIs) zurückgreifen – Jazz war. Er hat sich dann einen persön- lichen Stil erarbeitet, und gehörte später zu Am 4. Juli 1939 starb er an einem Herz- den frühen Swingtrompetern. infarkt im Appartement von Milton Mezz Mezzrow, in . Er war erst 1917 verliess Tommy Ladnier New Orleans, 39 Jahre alt – ein herber Verlust für die wie viele andere, in Richtung Chicago, um damalige Jazzfamilie und die Fans des dort Karriere zu machen. Einen grossen New Orleans Revival! Walter Abry «Fussabdruck» in Form von Plattenauf- nahmen hat er nicht hinterlassen. In den 1920er Jahren war er aber sehr beliebt als In Archiv des swissjazzorama sind von Begleiter von Bluessängerinnen, wie u.a. Tommy Ladnier 16 Alben (LPs und CDs) Alberta Hunter, Ma Rainey, Bessie Smith, und 58 Schellackplatten, aus den Jahren Ethel Waters, Ida Cox – vielfach als Mitglied 1923 –1939, zu finden. von Lovie Austin's Blues Serenaders. Literatur über ihn ist rar. In unserem Archiv 1925 wurde Tommy Ladnier von Fletcher wird er nur in einem Buch von Hugues Panassié erwähnt. Fazit: Tommy Ladnier Etikette einer Schellackplatte: Henderson in dessen Bigband engagiert. war ein hervorragender Musiker, der in der Viel Text – wenig Informationen! Er wurde der wichtigste Trompetensolist Jazzgeschichte beinahe übersehen wurde.

10 IN MEMORIAM Elsie Bianchi Brunner – Eine Jazzmusikerin in zwei Welten

Elsie Bianchi, geboren am 5. November 1930 in Zürich als Elsie Brunner, gestorben am 17. Juli 2016 in Royston, Georgia/USA, war eine Schweizer Jazz- musikerin (Akkordeon, Piano, Gesang). Nach ihrer musikalischen Karriere war sie in der Sportartikel-Branche tätig. Sir Charles Thompson Elsie Brunner und Geboren wurde er als CharlesRené Phillip Nyffeler,1953 Thompson am 12.3.1918 und starb 98-jährig am 16.6.2016. Er war ein US-amerikanischer Pianist, Organist und Arrangeur des Swing und des Bebop. Er begann schon 10-jährig professionell Klavier zu spielen. Als die Bennie Moten Band an einer Tanzveranstaltung in Colorado Springs spielte, lud , der am Klavier sass, den 12- jährigen Charles ein, auf die Bühne zu kommen. Das war auch der Moment als Lester Young ihm den Spitznamen «Sir» verpasste, unter dem Sir Charles Thompson später meistens auftrat. Ab 1940 spielte er in den Bands von berühmten Bandleadern, wie u.a. Horace Henderson, Lionel Hampton, Lucky Millinder, Coleman Hawkins, Illinois Jacquet, Panama Francis. Er trat auch mit Elsie Brunner spielte zuerst Akkordeon, K-Swiss. Fortan spielten sie Jazz öffentlich Combos unter seinem Namen auf. In den 1950er wechselte dann im Alter von 10 Jahren zum nur noch an Wochenenden. Jahren war er auch bei Charlie Parker, Buck Piano. Neben dem Musikunterricht absol- 1987 zogen sich Elsie und Siro Bianchi auf Clayton, Vic Dickenson, Paul Quinichette und anderen. In allen Bands sassen viele hoch- vierte sie eine kaufmännische Lehre. eine Farm in Georgia zurück. karätige Musiker. – Später trat er viel als Solo- pianist oder im Trio auf, z.B. in Bars. 1951 bis 1954 trat sie mit grossem Erfolg Elsie Bianchi Brunner war eine brillante Nach seinen eigenen Worten erlebte er den am Nationalen Amateur Jazzfestival Zürich Jazzmusikerin und zudem eine der Übergang vom Swing zum Bebop vor allem in als Pianistin, Akkordeonistin und Sängerin ersten Frauen, die sich in den 1950er- der Art wie die Musik präsentiert wurde – war auf. Unvergessen ist ihr Auftritt am Festival Jahren in der «Männerdomäne Jazz» es im Swing vor allem als Tanzmusik, ging das Publikum danach an «Jazzkonzerte» oder in von 1953 mit René Nyffeler (Blockflöte). in der Schweiz durchsetzen konnte. Clubs um Jazz zu hören. War beim Swing ein 1955 wurde ein Auftritt mit Chet Baker vom guter Rhythmus wichtig, spielten Parker und Schweizer Radio aufgenommen, leider wur- Gillespie «schneller und mehr Noten» und nann- den diese Aufnahmen bei einer Räumungs- Diskografisches ten das dann Bebop. Für ihn als Musiker seien aktion des Radios gelöscht! Sie begleitet diese Begriffe aber «sehr, sehr unwichtig». Im Elsie Bianchi Brunner war nicht allzuoft in gleichen Interview nannte er als Einflüsse auf Chet Baker aber mehrmals in Italien. Aufnahmestudios. Immerhin findet man einige sein Spiel weniger Pianisten, sondern die Saxo- 1956 heiratete Elsie Brunner den Saxofonis- Tonträger auf denen sie mit Schweizer und fonisten Coleman Hawkins und Lester Young. ten und Bassisten Siro Bianchi. Die beiden europäischen Spitzenmusikern zusammen Als Komponist war er, neben anderen Themen, gearbeitet hat, unter anderem mit arbeiteten fortan als Profimusiker. Elsie der Verfasser des bekannten und viel gespielten Jazzstandard «Robbin’s Nest». Bianchi Brunner erweiterte dann das Duo – Flavio Ambrosetti (as), 1955 – Franco Cerri (g/Italy), European Jazz Stars,1959 zum Trio mit Schlagzeugern wie Daniel Sie Charles Thompson war noch 2004 als Pianist – Franco Cerri, International Jazz Meeting,1961 aktiv. Er lebte in Kalifornien und ab 2002 bei Humair,Alex Bally und anderen. – George Gruntz, The MPS Years,1971–1980 seiner Frau in Japan, wo er 2016 verstarb. – George Gruntz, The Band – The Alpine Power Diskografisches Pendeln zwischen der Schweiz und den Plant, 1972 Sir Charles Thompson hat in seinem langen USA – Definitiver Wohnsitz in den USA – George Gruntz, The Band – Live in Zürich, 1976 – Franco Ambrosetti (tp, flh) Leben mit unzähligen Musikern zusammen- und Don Sebeski (tb, kb, arr/USA),1979 gearbeitet, in den USA, in Europa und anderswo. 1958/59 waren Elsie und Siro Bianchi in Details dazu findet man im Internet. Er war auch Im Archiv des swissjazzorama sind den USA. Aus dieser Zeit existiert eine Auf- öfters in der Schweiz. Nachfolgend eine (unvoll- sechs Tonträger dokumentiert, auf denen ständige) Liste seiner Präsenz hierzulande: nahme von Howard Rumsey im berühmten Elsie Bianchi Brunner mitwirkte: Lighthouse in Hermosa Beach/Kalifornien. 2. Mai 1961 Stadtcasino Basel: – 4. Nationales Amateur Jazzfestival Zürich, 1954 Thompson (p) und US-Musiker 1959 kamen sie in die Schweiz zurück und SJO-Nr. 701 3. Mai 1961 Radio Studio Basel: spielten hauptsächlich im Basler «Atlantis». – Radiosendungen 1960: Thompson (Pianosolo) Ab 1962 verbrachte das Paar musizierend Elsie Bianchi mit Bigband, SJO-Nr. 485 28. Mai 1964 Radio Studio Zürich: – Musik zur Ausstellung Jazzstadt Zürich, 1962, jeweils den Sommer in den USA und die Thompson (Pianosolo) SJO-Nr. 638 29. April 1967 Kantonsschule Baden: Wintersaison in Les Diablerets, Grindelwald, – Elsie Bianchi Trio mit Fritz Stähli (dm), 1962, Thompson (p), Don Byas (ts) St. Moritz oder Gstaad. SJO-Nr. 5268 und die Schweizer Isla Eckinger 1968 übersiedelten sie definitiv in die Verei- – CD-Box Jazz in Switzerland 1930–1975: (b) und Peter Schmidlin (dm) nigten Staaten von Amerika. Elsie Bianchi Trio, 1962 27. Mai 1967 Radio Studio Zürich: – Elsi Bianchi Trio – The Sweetest Sound, 1978 zogen sich beide aus dem Musikerberuf Thompson (Pianosolo) mit Charly Antolini (dm), 1965, SJO-Nr. 8440 17. Sept. 1972 Zürich: Thompson und europäi- zurück und übernahmen von Elsies Bruder sche Musiker und der Schweizer die -Filiale der Sportschuh-Fabrik Quellen: Internet, SJO und private Walter Abry Jürg Morgenthaler (cl, as) WA

11 GELESEN… IN MEMORIAM

Elsie Bianchi Brunner Vorläufer des Cool Jazz Schweizer Akkordeonistin, Pianistin und Sängerin Der Leitartikel dieses Jazzletters auf Seite 3 05.11.1930 – 17.07.2016 heisst Focus on Westcoast. Westcoast Jazz Elsie Bianchi verstarb am 17. Juli 2016 in ihrer entstand in den späten 1940er Jahren in der Wahlheimat USA. Wir würdigen sie mit einem Folge des Cool Jazz. Eigentlich ist es logisch, ausführlichen Beitrag auf Seite 11. dass die coole Spielweise nicht aus dem Werner Tester Nichts auf einmal da war. Da muss es Vor- Schweizer Kornettist, Flügelhornist, 1955 – 1965 gänger gegeben haben. Zwei davon waren Chronist und Archivar des ersten und ab 1977 leicht zu eruieren. Hier die beiden kurzen Chronist und Fotograf des zweiten Jazzclubs Chur Statements, gefunden im Wikipedia. 17.07.1939 – 02.09.2016 Bix Beiderbecke war einer der bedeudensten Neben seiner musikalischen Arbeit hat er unzäh- weissen Jazzmusiker der 1920er Jahre und der lige Konzerte auf Tonträger verewigt, machte Toots Thielemans eine vierteilige Jazz-Radiosendung für das roma- wichtigste Vertreter des Chicago Jazz. Seine Belgischer Musiker des Modern Jazz nische Radio und realisierte 2007 die grosse Improvisationen waren geprägt durch eine Mi- (Mundharmonika und Gitarre) Fotochronik 30 Jahre Jazzclub Chur. schung aus lyrischer Phrasierung und – vergli- 29.04.1922 – 22.08.2916 chen mit den meisten Jazzmusikern der Epoche – Joe Temperley Ella Fitzgerald, Charlie Parker, Quincy Jones, mit einer starken emotionalen Zurückhaltung, die Britischer Saxofonist (bs und ss) Benny Goodman oder Frank Sinatra, alle liebten ihn zu einem Vorläufer des Cool Jazz machte. und Bassklarinettist den Sound seiner Mundharmonika. Jetzt ist Toots Lester Young. Joachim-Ernst Berendt schreibt 20.09.1929 – 11.05.2016 Thielemans, der auch ein hervorragender Gitar- zum Einfluss Lester Youngs: Der Klang des mo- Von 1958 bis 1965 war er Mitglied der Humphe- rist war, im Alter von 94 Jahren gestorben. Quin- dernen Jazz, um ein Wort des Arrangeurs Bill rey Littleton Band. Dann übersiedelte er nach cy Jones würdigte ihn einmal als ‘einen der ganz Russo zu gebrauchen, wurde tenorisiert. Der Ein- New York und arbeitete u.a. für Woody Herman, grossen Musiker unserer Zeit’. fluss, der ihn tenorisiert hat, ist Lester Young. Buddy Rich, Joe Henderson, Clark Terry Rudy van Geldern und für das Composer’s Orchestra und die So war auch der Klang des Miles Davis Capital US-amerikanischer Tonmeister und Betreiber Thad Jones-Mel Lewis Bigband. Orchestra (1948 –1950) eine Orchestrierung des eines Tonstudios mit Schwerpunkt Jazz Tenorsaxofon-Spiels von Lester Young. Gemäss Sir Charles Thompson 02.11.1924 – 25.08.2016 Berendt waren alle wichtigen Tenorsaxofonisten US-amerikanischer Pianist, Organist und Während der 1950er und 1960er Jahre wurde der 1950er Jahre, selbst Alt- und Baritonsaxofo- Arrangeur des Swing und Bebop er bekannt durch seine Arbeit für das Label Blue nisten, aber auch Trompeter, Posaunisten, Pianis- 13.03.1918 – 16.06.2016 Note. Seit Ende der 1990er Jahre beschäftigte ten des Cool Jazz von Lester Young beeinflusst. Im hohen Alter von 98 Jahren hat sich Charles er sich hauptsächlich mit der digitalen Nach- Leon Bix Beiderbecke (10.03.1903 – 06.08.1931) Thompson von dieser Welt verabschiedet. bearbeitung seiner alten Originalaufnahmen. US-amerikanischer Kornettist und Pianist Er starb am 16. Juni 2016 in Japan. Einen Der All Music Guide würdigt ihn wie folgt: Er ist Musikbeispiele: Singin' The Blues und grösseren Beitrag finden Sie auf Seite 11. einfach der beste Tonmeister der Jazzgeschichte. I'm Coming Virginia (beide Aufnamen von 1927) WA Lester Young,‘Prez’ (27.08.1909 –15.03.1959) US-amerikanischer Tenorsaxofonist und Klarinettist Musikbeispiele: Kansas City Six: Jazzpreis für Heiri Känzig Pagin' The Devil (1938, Lester Young cl) In eigener Sache Count Basie And His Orchestra: Der Schweizer Kontrabassist Heiri Känzig erhielt You Can Depend On Me (1939, Lester Young ts) Mitglieder-, Gönner- und Sponsoren- den Jazzpreis 2016 der Stiftung SUISA. «Sein beiträge sowie Legate und Spenden an Variantenreichtum und seine Fingerfertigkeit Im Archiv des swissjazzorama.ch sind zur- den Verein swissjazzorama sind steuer- machen ihn zu einem Virtuosen auf seinem zeit die erstaunliche Anzahl von 119 Alben, befreit und können in der Steuer- Instrument», heisst es in der Begründung. Die auf denen Bix Beiderbecke und 166 Alben, erklärung vom Einkommen abgezogen Auszeichnung wurde ihm am 4. Dezember 2016 auf denen Lester Young mitwirkte, erfasst werden. (Verfügung Nr. 05/10372 des im Jazzclub Moods in Zürich überreicht. und archiviert. WA Kantonalen Steueramtes Zürich, Abteilung Heiri Känzig, geboren 1957, ist in Zürich und Recht, vom 28.07.2005). Wir danken Ihnen Weiningen aufgewachsen. Seine musikalische ganz herzlich für Ihr Wohlwollen und die Ausbildung erhielt er in Graz, Wien und Zürich. Zwei Schwergewichte der Jazzgeschichte: rege Nutzung dieser Möglickeiten. Mit 21Jahren startete er seine internationale Bix Beiderbecke (oben) und Lester Young Karriere als Bassist des Trompeters Art Farmer. Unsere Bankverbindung: Ab 1978 gehörte er während 15 Jahren dem Credit Suisse, Zürich, IBAN CH810483 5061 Vienna Art Orchestra an. 1991 wurde er als 6569 8100 0, swissjazzorama erster Nicht-Franzose in das renommierte fran- zösische Orchestre National de Jazz berufen. Die Liste der Musiker mit denen er zusammengear- beitet hat oder immer noch zusammenarbeitet ist lang. Unter vielen anderen findet man die IMPRESSUM Namen von Daniel Humair, Pierre Favre, Franco Ambrosetti, George Gruntz, Thierry Lang, Wolf- Der Jazzletter erscheint 2–3 x jährlich gang Dauner, Kenny Wheeler, Charlie Mariano, Redaktion: Jimmy T. Schmid (J.T.S.) Billy Cobham und Chico Freeman. Seit 2002 Layout: Walter Abry (WA) ist Heiri Känzig Professor für Kontrabass an Copyright: swissjazzorama.ch der Hochschule für Musik in Luzern. Er lebt mit Ackerstrasse 45, 8610 Uster seiner Familie in Meilen bei Zürich. WA Tel. ++41(0)44 940 19 82 [email protected] www.jazzorama.ch Contact pour la Suisse romande:Vakant Contato per la Svizzera italiana: Nicolas Gilliet Schluss Tel. 079 428 97 65, [email protected] Mitarbeiter dieser Nummer: Paul Desmond Heinz Abler,Walter Abry (WA), Altosaxofonist des Cool Jazz René Bondt, Andrea Engi, Konrad Korsunsky, Hans Peter Künzle, «Ich möchte Saxofon spielen, Klaus Naegele, Fernand Schlumpf (fs), aber ohne hineinzublasen.» Jimmy T. Schmid (J.T.S.), Irène Spieler

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