Sting Ten Summoner’s Tales, 1992 Mercury Falling, 1996 (A & M records)

“Honig ist die erste Wohltat, die Gott den Menschen erwiesen hat”, heisst es im Koran. Das Geschenk Gottes, von den Bienen durchwirkt, lässt den Menschen ein wenig das Paradies erahnen. Man wähnt sich beim Genuss im Garten Eden. Doch lautlos sterben Milliarden von Bienen und unsere gesamte Nahrungskette ist in Gefahr. Der verantwortungs- und respektlose Umgang mit den Ressourcen dieser „paradiesischen“ Welt verschliesst uns den Garten. Einer, der immer wieder in seinem musikalischen Schaffen und in seinem privaten Einsatz auf die soziale und ökologische Verantwortung hingewiesen hat, ist der Musiker , welcher die Popmusik stark geprägt hat.

Seine zwei Alben „Ten Summoner’s Tales“ (zehn Pilgergeschichten) und „Mercury Falling“ (das Quecksilber fällt) sind geprägt von einer Grundhaltung – nämlich die Natur erst mal wahrzunehmen, zu achten, und als Metapher für das Leben zu sehen. Sting ist kurz vorher auf das Land gezogen, in ein Gutshaus mit einem schönen Garten aus dem sechzehnten Jahrhundert. Kein Wunder sind die Texte dieser zwei Alben durchdrungen von „geschöpften“ Bildern, welche uns auch in der Bibel begegnen. Der Song „“ kann es mit dem Hohelied der Liebe aufnehmen. Wenn der Wind die schimmernde Oberfläche der Gerstenfelder in Bewegung bringt, wie Wellen auf einem Meer aus Gold, ist es als liebten sich Wind und Gerste wie Mann und Frau:

„See the west wind move like a lover so upon the fields of barley feel her body rise when you kiss her mouth among the fields of gold”

In “I was brought to my senses” wird durch Einsicht und Besinnung die Blindheit genommen. Die Natur wird zum Zeichen und zum Kompass für die Wahrheit.

„Heute Morgen ging ich nach draussen Es war, als zöge man von meinem Augen einen Schleier fort Zum ersten Mal sah ich das Werk des Himmels Mit einer Ahnung, dass sich Hügel und Himmel verbunden haben Und jeder Halm dort in dem Gras Rief deinen Namen, sprach, unsere Liebe wird für immer sein Und in jedem Blatt, welches am Baum braun wird Steckt die Seele eines älteren Baums Der Plan unserer Zukunft Der Plan all unserer Geschichte Und aus unserer Verwirrung Wo der Fluss mündet ins Meer Kamen Dinge, die ich nie gesehen hatte, kamen Dinge, die ich nie gesehen hatte...

...und ich kam zur Besinnung Ich war blind, doch jetzt sehe ich Jedes Zeichen in der Natur sagte du gehörst zu mir“

Die Natur als Metapher der Liebe zwischen Mann und Frau wird von Sting zelebriert. Und ist es nicht so, dass alles, was die Natur immanent in sich trägt auch zu einer Beziehung gehört: Herausforderung und Ruhe, Dynamik und Stille, Kraft und Sanftheit, Sonne und Schatten, Tag und Nacht, Gewalt und Friede, Macht und Ohnmacht. So vergleicht Sting seine Liebste im Song „all four Seasons“ mit allen vier Jahreszeiten. Das bewusst werden des eigenen Alterungsprozesses und damit die Erinnerung an die Geliebte führt hinein in das melancholische „The Hounds of Winter“, diese Hunde des Winters, die wie Schattengestalten diesen Gefühlen auf den Fersen sind:

„I still see her face as beautiful as day it’s easy to remember remember my love that way all I hear is that lonesome sound The Hounds of Winter They follow me down”

Der wohl stärkste Song auf dem Mercury Falling ist aber wohl „Let your soul be your pilot“ mit der Aufforderung, sich der Führung der Seele zu übergeben. Seele verstanden als Verbindung und Anbindung an die ureigenste Natur und damit als Orientierung auf Gott hin.

„Wenn du am Boden bist, und sie zählen Wenn man all deine Geheimnisse kennt Wenn deine Sorgen dich quälen Wenn die Landkarte nur falsche Wege nennt Wenn jedes Wort falsch ist Und der Kompass in keine Richtung mehr zeigt Nimm die Seele als Lotsen Nimm die Seele allein Die führt dich gut

Wenn die Ärzte dich nicht kurieren Wenn dir keine Medizin mehr hilft Wenn dich kein Wort mehr tröstet Wenn keiner mehr eine neue Lüge will Wenn jede Zahl falsch ist Und die Nadel sich im Kreise dreht Zwischen Himmel und Hölle springt Nimm die Seele als Lotsen Nimm die Seele allein Die führt dich gut...“

Die Fähigkeit zu unterscheiden, was wichtig und unwichtig ist um Sinn zu finden und Glück zu erfahren, ist Massstab für die Orientierung in dieser Welt. Der Glaube an das Wesentliche, an die Seele, die Natur, die Kraft der Beziehung, ist die Essenz der Verantwortung gegenüber dieser Welt. So besungen im Song „Prologue“:

„You could say I lost my faith in science and progress you could say I lost my belief in the holy church you could say I lost my sense of direction y you could say all of this and worse, but If I ever lose my faith in you there’d be nothing left for me to do some would say I was a lost man in a lost world…never saw no miracle of science that didn’t go from a blessing to a curse I never saw no military solution That didn’t always end up as something worse But let me say this first If I ever lose my faith in you… ”

Der Glaube an das Feine und Kleine, die Geschenke der Natur an uns Menschen sollten uns eigentlich den Blick auf die paradiesische Welt eröffnen und uns dankbar machen.