La Flauta Mágica/Die Zauberflöte Die Heilige Ente
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FEBRUAR/MÄRZ 2020 04 THEATERZEITUNG 1 04SPIELZEIT 2019 / 20 FEBRUAR / MÄRZ 2020 SCHAUSPIEL LA FLAUTA MÁGICA/DIE ZAUBERFLÖTE MUSIKTHEATER DIE HEILIGE ENTE JUNGES THEATER DIE FLUT 2 04 THEATERZEITUNG FEBRUAR/MÄRZ 2020 ür diese Leuchtturmproduktion zu SCHAUSPIEL Beginn des Jahres konnte das Thea- Fter außergewöhnliche Menschen ge- winnen: Regisseur Antú Romero Nunes, derzeit noch Hausregisseur am Thalia Das kommt mir Spanisch vor! Theater Hamburg, wird demnächst Mit »La flauta mágica/Die Zauberflöte« wird Schauspieldirektor in Basel. Horacio Sa- es im Schauspiel international und musikalisch linas aus Chile, der eine mitreißende Neu- komposition entworfen hat und Julieta Venegas aus Mexiko, die die Songtexte geschrieben hat, sind in Lateinamerika so bekannt, dass jedes Kind ihre Musik kennt. Der erfolgreichste chilenische Ge- genwartsdramatiker Guillermo Calderón hat dazu einen Text geschrieben, der ein- zelne Motive der Zauberflöte aufnimmt und aktuelle Bezüge zu der derzeitigen politischen und gesellschaftlichen Situa- tion in Chile herstellt, wo die Bevölkerung seit Wochen auf die Straßen geht, um gegen soziale Ungerechtigkeit zu protes- tieren. Im Zentrum der Inszenierung steht dabei Pamina – die als unschuldi- ges Mädchen von allen Menschen um sie herum benutzt wird: Von ihrer Mutter, der Königin der Nacht, um deren egomane Ziele umzusetzen, von Sarastro, der mas- siven Druck auf sie ausübt und sexuell missbraucht – und von Tamino, der seine eigene Liebesbedürftigkeit auf sie proji- ziert: Ein Märchen, ein Traum, ein Alp- traum – über Liebe, Tod und Hass, über Vereinzelung und Gesellschaft. Keine Das internationale Team rund um Regisseur Antú Romero Nunes, hier passend zur Musikalität des Stücks mit Gitarre im Schoß Zauberflöte, wie man sie kennt, sondern Foto: Susanne Reichardt Paminas Geschichte, wie sie sein könnte Diese Produktion ist alles andere als normal: Eine sechsköp- – mit lateinamerikanischer Musik, die PREMIERE sich von Mozarts weltbekanntem Sing- fige Live-Band, ein sechsköpfiges Ensemble, sechs verschie- »La flauta ma´ gica/ spiel hat inspirieren lassen, um daraus dene Nationen und eine Weltpremiere beim renommiertesten Die Zauberflöte« etwas ganz Eigenes und Besonderes zu 1. Februar 2020, 19.30 Uhr schaffen. Auf Spanisch mit deutschen Marguerre-Saal lateinamerikanischen Festival Santiago a mil in Chile. Übertiteln! L.G. SCHAUSPIEL Vor dem Probenstart zum »Kirschgarten« Viereinhalb Fragen an Milan Peschel Was verbindest du mit Heidelberg? dert Jahren alt. Worin besteht seine Ak- 1991 Tschebutikin in »Drei Schwestern« Mit Heidelberg verbinde ich vor allem tualität für uns heute? gespielt. 19 Jahre später, 2010 an der eine Kontinuität in der Zusammenarbeit. Das werden wir herausfinden müssen. Berliner Volksbühne, Werschinin, im sel- Mit meinen beiden Mitarbeiter*innen Ni- Anton Tschechows Stücke haben eine ben Stück. 2005 Borkin in »Iwanow«, cole Timm (Bühne und Kostüm) und Da- lange und traditionsreiche Rezeptionsge- ebenfalls an der Volksbühne. Inszeniert niel Regenberg (Musik), aber auch mit schichte in Deutschland, und ich glaube, habe ich von Tschechow bisher »Die einigen Schauspieler*innen, wie Christina dass seine Texte allzu eindeutige Deu- Möwe«, das erste Mal 2003 in einer Rubruck, Andreas Seifert, Lisa Förster. tungsversuche und Interpretationen ab- Schauspielschule in Norwegen und zum stoßen – wie Wasser, das an einer glatten zweiten Mal 2011 am Zürcher Neumarkt- Über »Die Kassette« spricht Heidelberg und öligen Oberfläche abperlt. Das Uni- theater. »Onkel Wanja« finde ich ein sehr noch heute. Was war das Besondere dar- verselle und Zeitlose dieser Texte ist zu gutes Stück, darin gibt es zwei Rollen, die an? stark, um durch Interpretation vernichtet mich interessieren würden, Wanja und Für mich war es einfach nur ein guter zu werden – . Astrow. J.P. Abend und die erneute Auseinanderset- Inszeniert die tragische Komödie »Der zung mit Carl Sternheim, einem Autor, Du bist nicht nur Regisseur, sondern auch Kirschgarten«: Milan Peschel. der einzigartig und ein absoluter Solitär Schauspieler. Welche Tschechow-Figur PREMIERE Foto: Thomas Leidig im deutschen Sprachraum war und ist. hast du schon gespielt? Welche würdest »Der Kirschgarten« du gerne mal spielen? 29. März 2020, 19.00 Uhr Alter Saal Tschechows »Kirschgarten« ist über hun- Schon in der Schauspielschule habe ich FEBRUAR/MÄRZ 2020 04 THEATERZEITUNG 3 SCHAUSPIEL Zum letzten Mal: »Der gute Mensch von Sezuan« Ein Beispiel für internationale Zusammenarbeit m 28. November 2018 wurde der »Der gute Mensch von Sezuan « ungarische Regisseur Victor Bodo 18. und 19. Februar 2020, 19.30 Uhr Ain Heidelberg mit dem Preis des Alter Saal Internationalen Theaterinstituts (ITI) für »herausragende Leistungen von internati- Liebes Publikum, onaler Bedeutung« ausgezeichnet. Von Anfang an initiierte er eine Zusammenar- beit seiner eigenen Theatergruppe »Szputnyik Shipping Company« mit dem Theater, sagt man, ist eine langsame Kunst. Das kann wohltuend Ensemble des Theaters, an der er gerade sein in unserer schnelllebigen Zeit. Es kann aber auch nerven. Bis arbeitete – zum Beispiel Heidelberg. So treten in seiner Inszenierung »Der gute das Theater auf aktuelle Ereignisse reagiert, das braucht seine Mensch von Sezuan« die Schauspie- Zeit, denn der Spielplan fürs laufende Jahr ist längst gemacht, ler*innen Blanka Mészáros, István Dankó und Béla Mészáros vom Jozsef-Kato- das relevante Stück muss erst noch geschrieben oder in Auftrag na-Theater Budapest als die drei Götter gegeben werden und so fort. Doch es gibt auch Gegenbeispiele. auf - neben Ensemblemitgliedern aus Heidelberg wie Lisa Förster als Shen Te, Beim letzten Stückemarkt zeigten wir die »Cum-ex Papers«, eine Hans Fleischmann als Wasserverkäufer Recherche zum entfesselten Finanzwesen. Hier arbeitete das und vielen anderen. Eine solche Zusam- menarbeit ist beispielhaft für die interna- Hamburger Lichthof-Theater zeitgleich mit dem Recherchezent- tionale Ausrichtung des Theaters und rum Correctiv über den größten Steuerraub in der Geschichte Orchesters Heidelberg. Die Verleihung des ITI-Theaterpreises an Europas. Als der journalistische Enthüllungsbericht veröffentlicht Victor Bodo war aber auch ein kulturpoli- wurde, lag auch schon das Theaterstück vor. Zu Recht wurde tisches Signal. Die »Szputnyik Shipping Company« musste aufgelöst werden, in Regisseur Helge Schmidt dafür im November 2019 mit dem The- Viktor Orbans Ungarn hat Victor Bodo aterpreis DER FAUST ausgezeichnet. kaum noch Arbeitsmöglichkeiten. Die Verleihung des ITI-Preises an ihn war Die letzten Wochen und Monate waren geprägt von weltweiten auch ein Statement gegen die zunehmen- Demonstrationen für Klimagerechtigkeit. Und schon bringt das de Marginalisierung von Kultur in vielen europäischen Ländern und ein Zeichen Junge Theater Heidelberg das passende Stück dazu heraus: »Die der Solidarität mit bedrohten Künstlerin- Flut« von Charles Way. Bittere Pointe: Das Stück ist aus dem Jahr nen und Künstlern. IMPRESSUM Nach drei erfolgreichen Spielzeiten sowie 1990. Schon damals machte man sich Sorgen um den Klimawan- Gastspielen in Budapest, Winterthur und Die Theaterzeitung ist eine Sonderveröffentlichung der del, passiert ist seitdem viel zu wenig. Um mit literarischen Aus- Meiningen sind nun die letzten Vorstel- Rhein-Neckar-Zeitung. lungen von »Der gute Mensch von Sezu- grabungen auf solche Missstände hinzuweisen, dafür ist die lang- an« in Heidelberg zu sehen. J.P. Titelfoto: »La flauta mágica/Die Zauberflöte« same Beharrlichkeit des Mediums Theater dann wiederum gut. Foto: Susanne Reichardt Fotos Programm: Sebastian Bühler, Ihr Susanne Reichardt Konzept: Martin Stufferin Gestaltung: RNZ-Grafik Redaktion: Jana Lösch Anzeigen: Andreas Miltner (verantw.) Druck: Holger Schultze Heidelberger Mediengestaltung HVA GmbH 4 04 THEATERZEITUNG FEBRUAR/MÄRZ 2020 MUSIKTHEATER DIE VERTAUSCHTEN KÖPFE Die Wiederentdeckung des Opernhits »Die heilige Ente« von Hans Gál in verbotener Blick in einem unbe- auf den Spielplan. Nur wenig später, mit dachten Augenblick, schon fällt in der Machtergreifung der Nationalsozialis- EChina der berühmte Sack Reis um ten endete Gáls berufliche Karriere. Be- und löst eine Ereigniskette aus, die den reits im März 1933 wurde Hans Gál auf- Hofstaat des Mandarin für eine Nacht aus grund seiner jüdischen Herkunft des der gewohnten Bahn katapultiert. Kuli Amtes enthoben, mit einem Berufs- und (=Tagelöhner) Yang erblickt verbotener- Aufführungsverbot belegt. Bis 1938 lebte weise Li, die wunderschöne Gattin des Gál mit seiner Familie wieder in Wien, Mandarin, wobei ihm die Ente, die er für gefolgt von harten Exiljahren in London die Abendtafel liefern sollte, abhanden und Edinburgh. Erst nach Kriegsende sta- kommt. Verbotener Blick und verlorene bilisierte sich Hans Gáls berufliche wie Ente ergeben ein doppeltes Strafmaß: private Situation. Am Musik-Institut der Yang soll geköpft werden. Da schreiten Universität Edinburgh erhielt er endlich die Götter ein. Sie vertauschen die Köpfe eine feste Stelle. So konnte er sich als von Mandarin und Kuli. Für kurze Zeit Musikwissenschaftler und Publizist etab- regiert ein anderer Geist, der des Kulis – lieren. Auch als Komponist blieb er Zeit er ordnet Reformen und eine Generalam- seines noch langen Lebens hoch produk- nestie an. Doch als er auch noch die Göt- tiv, doch leider wenig aufgeführt. Hans ter abschaffen will, wird es denen zu Gál teilt das Schicksal vieler Kollegen bunt. Und von der Ente fehlt jede Spur … seiner Generation. Es brauchte Jahrzehn- Blicke exotische, nostalgische, phantasti-