MALEN MIT LICHT •••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••• Richard Wagners »Ring Des Nibelungen« Und Der Lichtgestalter Manfred Voss
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Journal der Oper Köln 2 2004 · SEPTEMBER · OKTOBER · NOVEMBER MALEN MIT LICHT •••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••• Richard Wagners »Ring des Nibelungen« und der Lichtgestalter Manfred Voss TURANDOT, DAS UNGEZOGENE KIND •••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••• Interview mit Nina Warren KOPFLOS •••••••••••••• Bernd Weikl über seine Erfahrungen als Jochanaan in »Salome« Titelfoto: Christian Franz in »Siegfried« INHALT VORWORT Liebes Publikum, ••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••• herzlich willkommen in der neuen Spielzeit! Nun geht sie also los, die erste Saison, die ich als Intendant gemeinsam mit 4 MALEN MIT LICHT Generalmusikdirektor Markus Stenz geplant habe und verant- Richard Wagners »Ring des Nibelungen« worte. Für mich ist es eine unserer vorrangigen Aufgaben, und der Lichtgestalter Manfred Voss Ihnen neue Werke nahe zubringen, und zwar nicht nur in einer Experimentiernische, sondern auf der großen Bühne. 8 TURANDOT, DAS UNGEZOGENE KIND Daher ist für mich Detlev Glanerts Spieloper des 21. Jahrhun- Nina Warren kehrt in der Titelrolle von derts, »Scherz, Satire, Ironie und tiefere Bedeutung«, eine der »Turandot« an die Oper Köln zurück wichtigsten Produktionen in dieser Spielzeit. Diese zeitgenös- sische Oper, die den so schwer zu findenden leichten Ton 12 KOPFLOS trifft und gleichzeitig so substanziell ist, hat bereits an eini- Bernd Weikl über seine Erfahrungen als gen anderen Häusern ihre Repertoiretauglichkeit unter Beweis Jochanaan in »Salome« gestellt. Die beiden ersten Premieren dieser Spielzeit zeigen zwei wichtige Regiehandschriften: Katharina Thalbach setzt 10 HINTER DEN KULISSEN sich mit »Salome« auseinander, Günter Krämer inszeniert Die Bühnenmalerin Wencke Wesemann »Turandot« – zwei außergewöhnliche Frauengestalten, zwei 13 FREUNDE DER OPER KÖLN E.V. starke Werke über archaische Motive und Konflikte. 14 KINDEROPER »Die heilige Ente« von Hans Gál Außerdem freuen wir uns, Ihnen im Oktober die beiden ersten 15 AUSSENANSICHT Zyklen des Kölner »Rings« unter der Leitung von Jeffrey Tate Josef F. Terfrüchte, Geschäftsführer der und Robert Carsen zeigen zu können. Nicht nur bei dieser Pro- Genossenschaft Kölner Friedhofsgärtner duktion werden wir Ihnen wieder eine ganze Reihe von hoch- 16 AUFGESCHNAPPT karätigen, internationalen Sängerinnen und Sängern präsen- 18 GEFRAGT – 11 Fragen an Regina Richter tieren. So startet die Saison gleich mit dem Rollendebüt von 19 GEHÖRT & GELESEN Camilla Nylund als Salome. 20 GÜRZENICH-ORCHESTER KÖLN 23 KARTEN & PREISE Mit gespannter Erwartung sehen wir Ihrem Zuspruch und 23 IMPRESSUM Ihrem Interesse entgegen und freuen uns auf die Begegnung 24 SPIELPLANVORSCHAU und den Austausch mit Ihnen! September bis November Ihr ••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••• Dr. Christoph Dammann Opernintendant Daniel Sumegi als Hagen in »Götter- dämmerung« ZYKLUS Wer über Inszenierungen spricht, dem sind die Namen der wichtigsten Regisseure und Bühnenausstatter geläufig – weniger, wer bei den Produktionen für das Licht verantwortlich ist. Wenn im Oktober der Kölner »Ring des Nibelungen« erstmals zyklisch gezeigt wird, dann bietet sich die Gelegenheit, mit der einzigartigen Inszenierung von Robert Carsen und seinem Ausstatter Patrick Kinmonth auch die Licht- handschrift von Manfred Voss zu erleben, der von 1995 bis 2002 Künstlerischer Leiter der Lichtgestaltung »ENDEN SAH an der Oper Köln war und über zwanzig Jahre die Inszenierungen der Bayreuther Festspiele prägte. aren Katastrophe – die ganze morbide Schönheit der modernen Welt. Der unverhohlene materialistische Prunk von Walhall und der zur Schau gestellte Reich- ICH DIE WELT« tum seiner Ausstattung wird später in der militäri- schen Macht-Architektur der Gibichungen imitiert.« Das Prädikat »grüner Ring« hatte die Inszenierung Manfred Voss hat lange an dem Lichtkonzept gear- schon nach dem »Rheingold« bekommen. Kein beitet, um die Absichten von Carsen und Kinmonth Zufall, denn für Regisseur Robert Carsen spiegelt intensiv zu unterstützen. Effekte wie Feuer und Was- sich im »Ring« Wagners Naturbild und die Bedro- ser waren nicht zu bedienen, sie sind wirkungsvoll hung der Natur durch den Menschen: »Die Weltan- ins Bühnenbild integriert. Die Inszenierung sollte schauung Wagners wird durch die Natur bestimmt, realitätsbezogen, aber nicht realistisch sein. Viel wir sehen Bäume, Wälder, Vögel und Bären, Feuer Licht von der Seite oder von oben, keine Fußrampe, und Wasser. Daraus spricht eine große romantische dies sind die wesentlichen Prinzipien, mit denen Liebe zur Natur, wozu gleichzeitig die Angst Manfred Voss den Schrott auf der Bühne, der sich gehört, diese Natur zu verlieren. Also kann man über den gesamten Ring immer weiter anhäuft und sich am besten darüber auseinander setzen, wenn für jede Vorstellung von der Requisite wieder minu- man die Zerstörung der Natur thematisiert.« tiös arrangiert werden muss, in eine mythische und manchmal magische Landschaft verwandelt. Unter dieser Prämisse war für Ausstatter Patrick Kin- month klar, dass viele Möglichkeiten in Anlehnung •••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••• an Gesehenes ausschieden, so zum Beispiel »jene, die das Klischee der keifenden Walküren mit gehörnten »Die Zerstörung der Natur durch Helmen bedienen und daraus eine Folge von ironi- schen und zersetzenden optischen Gleichungen die Gier der Macht ist etwas, das machen: Die Rheintöchter kommen als Stewardes- sen, fast-food-Kellnerinnen oder Nonnen, der Rhein wir aktuell erleben, erleiden.« wird zu einem tropischen Aquarium in einer Piano- Bar, die Walküren sind Punk-Rockerinnen. Eines der •••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••• größten Kunstwerke des 19. Jahrhunderts kann auf diese Weise sehr schnell zu einem Einkaufszettel Drei Grundräume bestimmen den »Ring«, die sich mehr oder weniger exzentrischer oder amüsanter in der »Götterdämmerung« zu einem großen Gags reduziert werden. Aber dies verhindert auf gan- Tableau der Apokalypse zusammenschließen. Die zer Linie die tatsächliche Auseinandersetzung in »Götterdämmerung« spielt im Wesentlichen am einer Produktion, die Wagner beim Wort nimmt und Rhein. Von Rheingold kann hier aber keine Rede wirklich kraftvolle Bilder zu finden versucht, die sei- sein, es ist rostiger Schrott. Ein Artikel im Kölner nen dramatischen und visuellen Anforderungen ent- Stadtanzeiger über den historischen Tiefstand des sprechen, aber gleichzeitig in glaubwürdiger Weise Rheins vergangenen Sommer ließ Patrick Kinmonth unser heutiges Leben reflektieren. Die Materialien, beinahe als Visionär erscheinen: Über weite Stre- mit denen ich auf der Bühne arbeite, sind zugleich cken und vor allem in den Nebenarmen trat der industriell und natürlich: rostiger, schmutziger ganze dort abgelegte Wohlstandsmüll zu Tage, Stahl, eine todgeweihte Landschaft von abgestorbe- gestohlene Autos, Safes, Waschmaschinen und Fahr- nen Wäldern in einem Winter wie nach einer nukle- räder. Das Bühnenbild wurde freilich vor dieser 4 5 INTERVIEW Manfred Voss: Ja, ich glaube schon, das Licht gegen die beteiligt war, aber auch denen, die ich sonst gesehen habe, sind mischungen verschiedener Lichtquellen und Farben. Ich benutze jetzt-zeitigen Räume gesetzt zu haben. Die manchmal Chéraus »Ring« in Bayreuth und der Kölner von Carsen und Kin- wenig Vorderlicht (was nichts Besonderes ist), liebe Seitenlichter, realistischen Räume verführen zu einer »realistischen« month die herausragendsten Inszenierungen. natürlich Gegenlicht verschiedenster Lichtquellen und Fußrampen Lichtführung: Ich wollte aber die Räume magisch mit Leuchtstoff. Ich bin nicht versessen darauf, mit Kilowatt aufzu- gestalten, um die Handlung dramatisch zu unterstüt- Wie ist die Arbeit am »Ring«, wenn man sie nicht zum ersten Mal macht – trumpfen. Wenn ein Effekt gut ist, würde ich ihn auch mit einer ••••••••••••••••••••• zen. Wenn der Kritiker mein Licht mit Caravaggios wie können Sie sich immer wieder neu auf Wagner einlassen? Kerze gestalten. Der Lichtgestalter Bildern vergleicht, ehrt mich das, denn ich sehe den Manfred Voss: Im Laufe meiner Tätigkeit habe ich viele Werke, Lichtgestalter als Maler. Und deshalb ist mir das per- nicht nur welche von Wagner, mehrere Male gemacht. Es ist wich- Wie hat die rasante Weiterentwicklung der Technik Ihre Arbeit beeinflusst – Manfred Voss fekte Licht auch immer suspekt. Mir gefällt, wenn das tig, jedes Mal neu zu beginnen, alte Bilder zu vergessen, aber nicht etwa neue Scheinwerfer und Steuerungstechnologien? Licht etwas unsauber, schmutzig ist. Also, wie ein die bisher gemachte Erfahrung. Der »Ring« in Köln ist mein neun- Manfred Voss: Die Technik der Scheinwerfer hat sich natürlich wei- •••••••••••••••• Maler mit dem Pinsel. ter. In meinen Anfangsjahren hat mich die Musik Wagners manch- ter entwickelt, aber überwiegend zu dem Zweck, den Spielbetrieb mal schon strapaziert. Ich musste zu meinem Selbstschutz eine sicherer und schneller zu gewährleisten. Das ist schon eine große Ein Kritiker schrieb zu Recht, dass Ihr Licht Was gefällt Ihnen an diesem »Ring« besonders? Distanz schaffen, die mir ein glückliches Arbeiten ermöglicht. Hilfe für uns Lichtmacher, aber sonst ist uns außer ein paar neuen im »Ring« an die Bilder des Barockmalers Manfred Voss: Dass die Idee durch alle vier Werke Lichtquellen nicht viel Neues eingefallen. Man sehe sich die Aus- Caravaggio erinnert. Haben Sie bewusst gestaltend spürbar ist. Umweltzerstörung, Krieg, Haben Sie bestimmte Stilelemente, die Sie als Ihr »Markenzeichen« charak- leuchtung eines Ufa-Films an! Aber Licht ist keine Eigenveranstal- Gegenakzente zum jetzt-zeitigen