Handout Ringvorlesung Klassik
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1 Bergische Universität Wuppertal Ringvorlesung: „Einführung in die Geschichte der neueren deutschen Literatur“ WS 13/14 Prof. Dr. Michael Scheffel: Klassik Gliederung der Vorlesung: 1. Bemerkungen zum Terminus ‚Klassik’ als Stil- und Epochenbegriff (einschließlich seiner Geschichte, unterschiedlichen Konzeptionierung und verschiedenen Extensionen) 2. Weimarer Klassik: Ein poetologisches Programm und seine historischen Voraussetzungen 3. Goethes Iphigenie als ein repräsentatives Werk der Weimarer Klassik Material zur Weimarer Klassik Historischer Hintergrund und „Programm“ : Aus der seit 1794, nach einem Treffen in Jenas bestehenden Arbeitsgemeinschaft von Goethe und Schiller erwächst der Wunsch, als Schriftsteller erzieherisch zu wirken und entschieden voranzutreiben, was im Kontext von ‚Aufklärung’ und ‚Sturm und Drang’ bereits vielfach gefordert worden war: angesichts der herrschenden politischen Zersplitterung das Bewusstsein einer gemeinsamen deutschen Sprache und Kultur zu wecken. „Motiv für die neuen stofflichen und formalen Interessen war das Gefühl der Nötigung, ‚unser Jahrhundert zu vergessen, wenn wir nach unsrer Überzeugung arbeiten wollen’ (Goethe an Schiller, 25.11.1797). Schillers ästhetische Studien im Anschluss an die Kunstphilosophie Kants (‚Über die ästhetische Erziehung des Menschen’, 1795; ‚Über naive und sentimentalische Dichtung’, 1795/96) waren von der Absicht bestimmt, der Kunst eine zentrale Rolle bei der Evolution der Gesellschaft zuzuweisen. Aus der ‚Vereinzelung und getrennten Wirksamkeit unserer Geisteskräfte’ sollte mit ihrer Hilfe der ‚ganze Mensch in uns’ wiederhergestellt und die verschiedenen ‚Kräfte der Seele’ in ‚harmonischem Bunde’ vereinigt werden (Schiller, ‚Über Bürgers Gedichte’, 1791). Aufgabe des Dichters sei es, ‚den Menschen, der nun einmal nicht mehr nach Arkadien zurück kann, bis nach Elisium zu führen’ (‚Über naive und sentimentalische Dichtung’).“ Im Blick auf die gesellschaftliche und politische Entwicklung sprach Schiller so z.B. davon, „die politisch geteilte Welt unter der Fahne der Wahrheit und Schönheit wieder zu vereinigen“ und so „wahrer Humanität“ zu befördern (‚Ankündigung’ von ‚Die Horen’, 1794). (Vgl. Gerhard Schulz „Klassik“ in: Reallexikon der deutschen Literaturwissenschaft. Hg. v. H. Fricke u.a. Bd. 3, Berlin u. New York 2000, S. 271f.). 2 Zeitliche Ausdehnung: Im weiteren Sinn: 1786-1805/1832 Kernzeit: 1794-1805 Regenten am Hof von Weimar (Herzogtum Sachsen-Weimar-Eisenach): Anna Amalia 1739-1807 (Regentschaft v. 1759-1775) Karl August 1757-1828 (Regentschaft ab 1775) Autoren: Johann Wolfgang von Goethe 1749-1832 (ab 1775 in Weimar; 1786/88 1. ital. Reise) Friedrich von Schiller 1759-1805 (1787 und ab 1799 in Weimar) Umfeld: Johann Gottfried Herder 1744-1803 (ab 1776 in Weimar) Friedrich Hölderlin 1770-1843 Wilhelm von Humboldt 1767-1835 Jean Paul 1763-1825 Friedrich Maximilian Klinger 1752-1831 Karl Philipp Moritz 1756-1793 Johann Joachim Winckelmann 1717-1768 Christian Martin Wieland 1733-1813 (ab 1772 in Weimar) Zeitschriften (u.a.): Der Teutsche Merkur 1773-1789 Musenalmanach 1796-1800 Die Horen 1795-1797 Die Propyläen 1798-1800 3 Ereignisse im historischen Kontext (u.a.): 1775 Beginn des amerikanischen Unabhängigkeitskriegs 1783 Versailler Frieden: Ende des amerikanischen Unabhängigkeitskriegs 1785 Erste deutsche Dampfmaschine in Preußen 1789 Ausbruch der Französischen Revolution; George Washington erster Präsident der USA 1792 Erster Koalitionskrieg Österreichs u. Preußens gegen Frankreich, Kanonade von Valmy, Besetzung des linken Rheinufers und Belgiens durch Revolutionsheere 1793 Frankreich: Terror des Wohlfahrtsausschusses unter Robespierre, Hinrichtung von Ludwig XVI. u. Marie Antoinette; England, Holland u. Spanien treten in die Koalition gegen Frankreich ein 1794 Frankreich: Ende der Schreckensherrschaft, Hinrichtung Robespierres; Preuß. Allgemeine Landrecht in Kraft 1796 Napoleon in Italien 1797 Friedrich Wilhelm III. preußischer König (bis 1840) 1798 Besetzung Roms durch frz. Truppen; Napoleon in Ägypten 1799 2. Koalitionskrieg gegen Frankreich (ohne Preußen); Napoleon stürzt das seit 1795 regierende Direktorium u. wird Konsul; A.v. Humboldt beginnt Forschungsreisen nach Mittel- und Südamerika 1802 Napoleon wird Konsul auf Lebenszeit 1804 Napoleon wird Kaiser; Code civile 1805 3. Koalition gegen Frankreich, Schlacht bei Austerlitz 1806 Schlacht bei Jena und Auerstedt, Rheinbund, Ende des deutschen Reiches (Franz II. legt die Kaiserkrone nieder), Kontinentalsperre gegen England 1807 Friede von Tilsit – Beginn d. preußischen Reformen 1810 Gründung d. Universität Berlin 1812 Russlandfeldzug Napoleons 1813 Deutscher Befreiungskrieg, Völkerschlacht bei Leipzig 1814/15 Wiener Kongress; Napoleons „Hundert Tage“; Restauration u. Deutscher Bund 1819 Karlsbader Beschlüsse nach d. Ermordung Kotzebues 1821 Tod Napoleons; griechischer Aufstand gegen Türken 1830 Juli-Revolution in Paris; Louis Philipp „Bürgerkönig“ Wichtige Werke der Weimarer Klassik (kleine Auswahl zentraler Texte!): Programmatische Schriften: Herder Briefe zur Beförderung der Humanität (1793/97) Schiller Über Anmut und Würde (1793); Vom Erhabenen (1793); Über die ästhetische Erziehung des Menschen, in einer Reihe von Briefen (1795); Über naive und sentimentalische Dichtung (1795/96) 4 Epik: Goethe Wilhelm Meisters Lehrjahre (1794/95); Unterhaltungen deutscher Ausgewanderten (1795); Hermann und Dorothea (1797; Epos in Hexametern); Die Wahlverwandtschaften (1808) Schiller Verbrecher aus Infamie (1786) Lyrik: Goethe Römische Elegien (1795); Der Zauberlehrling (1797); Die Braut von Korinth (1797); Schiller Die Götter Griechenlands (1788); Die Künstler (1789); Der Ring des Polykrates (1797); Der Taucher (1797); Der Handschuh (1797); Das Lied von der Glocke (1800) Dramatik Goethe Iphigenie auf Tauris (1787); Egmont (1788); Torquato Tasso (1790); Faust. Der Tragödie erster Teil (1808); Faust, II. Teil (1832) Schiller Wallenstein (1798/99); Maria Stuart (1800); Die Jungfrau von Orleans (1801); Die Braut von Messina oder Die feindlichen Brüder (1803); Wilhelm Tell (1804) Literaturhinweise Zum Zwecke der Vorbereitung auf die Klausur sei hervorgehoben: Borchmeyer, Dieter, Weimarer Klassik: Porträt einer Epoche, Weinheim 1998. Ansonsten: Überblicksdarstellungen, Handbücher und Einführungen zum Phänomen „Klassik“ (Auswahl) Allgemein: Meier, Albert: Klassik – Romantik. Stuttgart 2008. Schulz, Gerhard u. Doering, Sabine, Klassik. Geschichte und Begriff, München 2003 (mit weiterführenden aktuellen Literaturhinweisen). 5 Thomé, Horst, "Klassik 1," in: H. Fricke u.a. (Hg.), Reallexikon der deutschen Literaturwis- senschaft. Bd. 2, Berlin u. New York 2000, 266-270. Thomé, Horst, "Klassizismus," in: ebd., 276-278. Rosenberg, Rainer, "Klassiker," in: ebd., 274-276. Voßkamp, Wilhelm, "Klassisch/Klassik/Klassizismus," in: K. Barck u.a. (Hg.), Ästhetische Grundbegriffe. Historisches Wörterbuch in sieben Bänden. Stuttgart u. Weimar, 2001, 289-305. Voßkamp, Wilhelm (Hg.), Klassik im Vergleich: Normativität und Historizität europäischer Klassiken, Stuttgart [u.a.] 1993. Weimarer Klassik sowie Goethe und Schiller: Borchmeyer, Dieter, Weimarer Klassik: Porträt einer Epoche, Weinheim 1998. Boyle, Nicholas: Goethe: der Dichter in seiner Zeit, übers. v. H. Fliessbach, Bd. 2. 1791- 1803, München 1999. Bruford, Walter H., Kultur und Gesellschaft im klassischen Weimar 1775-1806, Göttingen 1966. Koopmann, Helmut (Hg.), Schiller-Handbuch, Stuttgart 1998. Meier, Albert: Klassik – Romantik. Stuttgart 1908. Schulz, Gerhard, "Klassik 2," in: H. Fricke u.a. (Hg.), Reallexikon der deutschen Literaturwissenschaft. Bd. 2, Berlin u. New York 2000, 270-274. Wilpert, Gero von, Goethe-Lexikon, Stuttgart 1998. Witte, Bernd (Hg.), Goethe-Handbuch in vier Bänden, Stuttgart [u.a.] 1998/99. Zu einzelnen Aspekten: Baeumer, Max L., "Der Begriff 'klassisch' bei Goethe und Schiller," in: R. Grimm u. J. Her- mand, (Hg.), Die Klassik-Legende, Frankfurt/M. 1971, S. 17-49. Barner, Wilfried, Lämmert, Eberhard u. Oellers, Norbert (Hg.), Unser Commercium. Goethes und Schillers Literaturpolitik, Stuttgart 1984. Berghahn, Klaus L., "Von Weimar nach Versailles. Zur Entstehung der Klassik-Legende im 19. Jahrhundert," in: R. Grimm u. J. Hermand (Hg)., Die Klassik-Legende, Frank- furt/M. 1971, 50-79. Bloch, Peter André, Schiller und die französische klassische Tragödie: Versuch eines Ver- gleichs, Düsseldorf 1968. Böhn, Andreas, "'Zwischen Klassik/Romantik und Realismus': eine notorisch 'schwierige' Epoche und neue Ansätze zu ihrer Bestimmung," in: R. Herzog u. R. Koselleck (Hg.), Epochenbegriffe: Grenzen und Möglichkeiten, Bern [u.a.] 2002, 87-92. Brandt, Wolfgang, Das Wort 'Klassiker'. Eine lexikologische und lexikographische Untersu- chung, Wiesbaden 1976. 6 Burger, Heinz Otto (Hg.), Begriffsbestimmung der Klassik und des Klassischen, Darmstadt 1972. Curtius, Ernst Robert, Europäische Literatur und lateinisches Mittelalter, Bern 1954. Fischer-Lichte, Erika, Geschichte des Dramas. Bd. 1: Von der Antike bis zur deutschen Klas- sik, Tübingen 1990. Frick, Werner, "'La querelle des anciens et des anciens': Tragödienexperimente in der Ära der Weimarer Klassik," in: Ders. (Hg.): Die Tragödie : eine Leitgattung der europäischen Literatur, Göttingen 2003, 218-251. Grimm, Reinhold u. Hermand, Jost (Hg.), Die Klassik-Legende, Frankfurt/M. 1971. Gross, Michael, Ästhetik und Öffentlichkeit: die Publizistik der Weimarer Klassik, Hildesheim [u.a.] 1994. Gutjahr, Ortrud u. Segeberg, Harro (Hg.), Klassik und Anti-Klassik. Goethe und seine Epoche, Würzburg 2001. Kermode,