Bären Im Film. Hamburg: Universität Hamburg, Institut Für Germanistik 2012 (Medienwissenschaft: Berichte Und Papiere 137)
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Repositorium für die Medienwissenschaft Hans Jürgen Wulff Bärenfilme. Ein filmobibliographisches Dossier zu den Rollen und Funktionen von Bären im Film 2012 https://doi.org/10.25969/mediarep/12769 Veröffentlichungsversion / published version Buch / book Empfohlene Zitierung / Suggested Citation: Wulff, Hans Jürgen: Bärenfilme. Ein filmobibliographisches Dossier zu den Rollen und Funktionen von Bären im Film. Hamburg: Universität Hamburg, Institut für Germanistik 2012 (Medienwissenschaft: Berichte und Papiere 137). DOI: https://doi.org/10.25969/mediarep/12769. Erstmalig hier erschienen / Initial publication here: http://berichte.derwulff.de/0137_12.pdf Nutzungsbedingungen: Terms of use: Dieser Text wird unter einer Creative Commons - This document is made available under a creative commons - Namensnennung - Nicht kommerziell - Keine Bearbeitungen 4.0/ Attribution - Non Commercial - No Derivatives 4.0/ License. For Lizenz zur Verfügung gestellt. Nähere Auskünfte zu dieser Lizenz more information see: finden Sie hier: https://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/4.0/ https://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/4.0/ Medienwissenschaft / Hamburg: Berichte und Papiere 137, 2012: Bären im Film. Redaktion und Copyright dieser Ausgabe: Kathleen Schinkowsky u. Hans J. Wulff. ISSN 1613-7477. URL: http://www.rrz.uni-hamburg.de/Medien/berichte/arbeiten/0137_12.pdf Letzte Änderung: 25.3.2012. Bärenfilme. Ein filmobibliographisches Dossier zu den Rollen und Funktionen von Bären im Film Zusammengestellt von Hans J. Wulff Inhalt: Der Bär im Film / Hans J. Wulff Filmographie / Hans J. Wulff und Kathleen Schinkowsky I. Fiktionale Bärenfilme II. Animierte Bärenfilme III. Nichtfiktionale Bärenfilme Bibliographie / Kathleen Schinkowsky und Hans J. Wulff IV. Bären im Film: Literatur V. Mythologien und Symboliken des Bären in der Kulturgeschichte (Auswahl) Der Bär im Film Die Ambivalenz, mit der den Tieren in allen Phasen von Hans J. Wulff der Kulturgeschichte begegnet wird, prägt die Bezie- hungsgeschichte von Mensch und Bär über alle Ob als fürsorgliches Muttertier, einfältiger Toll- Grenzen von Kulturen und Kontinenten hinweg. Bis patsch, unkontrollierbare Bestie oder schützenswer- heute sorgt das imposante Tier zugleich für Bewun- tes wildes Tier – der Bär zählt zweifellos zu den po- derung und Angst. Die Vielfalt der symbolischen pulärsten tierischen Protagonisten in fiktionalen wie und affektiven Bedeutungen, mit denen Bären belegt nichtfiktionalen Filmen. Die Geschichte der filmi- worden sind, zeigt sich auch in seiner medialen Dar- schen Bärendarstellung ist fast so alt wie die Ge- stellung, die von Prozessen der Symbolisierung, der schichte des Films. Die ersten Bären wurden wäh- Dämonisierung und Sentimentalisierung gezeichnet rend der Bärenfütterung im Zoo, mit Zirkuskunst- ist. Und zumindest die Zeit der bürgerlichen Moder- stückchen oder in Jagdfilmen abgelichtet. Die Kette ne kennt den Bären auch als Kuscheltier, als Teddy- mit fiktionalen und nichtfiktionalen Aufnahmen von bären und am Ende gar als Gummibären (nach ihrer Bären in Zoos und Zirkuszelten, in freier Wildbahn Einführung durch die Firma Haribo im Jahre 1922). oder als Tanzbären auf Jahrmärkten ist seitdem nicht Die Bärenpuppe – ein Substitut des realen Bären – mehr abgebrochen. Bären finden sich in allen Gen- mag für eine radikale Domestizierung eines Tieres res, sie bedienen alle Rezeptionsaffekte. Von senti- gelten, das zumindest in seinen großen Rassen eines mentalen Tiergeschichten über Horrorfilme bis hin der gefährlichsten Tiere ist, dem der Mensch in der zu primär informativen Tierdokumentarfilmen – Bä- Natur begegnen kann. Manche Geschichte der Bä- ren sind als filmische Darsteller von einer ähnlichen rendarstellungen führen die Affinität, die menschli- Universalität wie menschliche Figuren, können be- ches Kulturschaffen mit den Bären verbindet, auf drohliche Killer genauso sein wie Helfer in Notla- seine Fähigkeit zurück, sich auf die Hinterbeine zu gen, als hilflose Bärenjunge Mitleid und Fürsorge stellen; darin würde er dem Menschen ähnlich, ohne auf sich ziehen wie aber auch den Jäger zum Kräfte- mit ihm verwandt oder ihm freundlich gesinnt zu messen einladen. sein. Die Wärme des Fells, die Bedächtigkeit der meisten seiner Bewegungen, sein Heißhunger auf Honig sind andere Charaktereigenschaften, die das Bären im Film // Medienwissenschaft/Hamburg, 137, 2012 /// 2 Gefährliche zurücknehmen, ihn in menschlichen Ka- stand hohen Interesses, für viele Tierfilmer eine tegorien ganz anders fassen. große Herausforderung; weil es aber gefährlich ist, sich in die Nähe von Bären zu begeben, setzt sich Es bedarf einer „Kulturgeschichte des Bären“, die der Filmer aber auch handfester Gefahr aus. Die Bil- bis in die Vor- und Frühgeschichte zurückreicht der von Bären, die mitten im Fluss stehen und nach (Treff 1995; Storl 2005), vielleicht sogar einer an- springenden Lachsen haschen, gehören zum Ein- thropologischen Untersuchung (Bobbé 2002), will drucksvollsten, was diese Art von Aufnahmen pro- man verstehen, dass kein Wildtier eine solche Pro- duziert hat. Die Bären-Dokumentation der Frühzeit minenz in der Filmgeschichte hat wie der Bär. Im machen den Eindruck großer Naivität (und sind Rückblick auf die Zehntausende von Jahren der Be- wohl meist mit dressierten Bären inszeniert worden). gegnung von Mensch und Bär finden sich Bärenkul- Mit James Algars halbstündigem Film Bear Country te, die in Europa schon vor mehr als 70.000 Jahren (USA 1953) und Eugen Schumachers Langfilm Im nachgewiesen worden sind und die in manchen scha- Land der schwarzen Bären (BRD 1958) beginnt aber manischen Naturreligionen bis heute überlebt haben eine Kette von dokumentarischen Tierfilmen, die bis (Kohn 1986; Fleischhut 1989; Bakró-Nagy 1979). heute weiter bedient wird. Die Faszination am Ge- Oder es finden sich mythologische Deutungen, wie genstand scheint ungebrochen. in der griechischen Mythologie die ursa major (= große Bärin) als eine Inkarnation der Göttin Artemis (2) Protagonale Bären werden zwar meist in freier oder Kallisto angesehen war, die ihrerseits als Wäch- Wildbahn aufgenommen, doch werden sie in eine terin des Polarsterns und der Weltachse galt. Es fin- Spielhandlung eingebettet, die Züge des Dramas und den sich Legenden-Erzählungen wie die von Zeus, des Spielfilms trägt. Ob es um die Abenteuer einer der auf Kreta von zwei Bärinnen ernährt wurde. Und Bärenfamilie im Yellowstone-Nationalpark (wie in die „Berserker“ waren eine germanische Kriegerkas- dem Disney-Film Yellowstone Cubs, USA 1963, te, die ein Hemd aus Bärenhaut trug (die ber sark), Charles Draper) oder um eine Bärenwaise geht, die die ihnen den Mut einer Bärin gab, die um ihre Jun- von einem fremden Bären adoptiert und großgezo- gen kämpft (Blaney 1972; Oitana 2006; Schmidt gen wird (wie in L’Ours, Frankreich 1988, Jean-Jac- 2011). ques Annaud), tut wenig zur Sache. Die Bedeutungsgeschichte des Bären ist in ihrer gan- Zwei Dinge kommen zusammen, die eine ganze Rei- zen Vielfalt und Widersprüchlichkeit auch im Film he von Bärenfilmen in einem Zwischenbereich zwi- gespiegelt. Ein einheitlicher narrativer oder dramati- schen den beiden filmischen Gattungen Spiel-/Doku- scher Typus lässt sich nicht ausmachen, und es gibt mentarfilm und ebenso in einer Spannung zwischen sicherlich kein Rollenfach des „Bären“. Vielmehr den beiden damit verbundenen Rezeptionsmodi an- stößt man auf eine ganze Familie von Motiven, ganz siedelt: Wenn in einem Film wie Toklat (USA 1971, unterschiedliche Konzeptionen des Bären. Und es Robert W. Davidson) die oft gerühmten Tieraufnah- sind nicht nur reale Bären, die vor der Kamera ge- men on location in den Wäldern Utahs gemacht wer- standen haben, sondern es sind auch die animierten den, so sichert dies dem Film einen eigenen Schau- Bärenfiguren, die es zu bedenken gilt und die ihrer- wert neben der Geschichte von der Rettung eines seits noch einmal eigene Bedeutungsfelder eröffnen. Nutztiere reißenden Bären, die der Film erzählt. Er hat ein doppeltes Thema, bietet dem Zuschauer seine Die folgende Filmographie umfasst das ganze Spek- Geschichte an ebenso wie Bilder einer Realität, die trum der Rollen und Motive. Wenigstens einige ei- der Zuschauer so nie gesehen hat und die eben nicht genständige Konzeptualisierungen und Repräsentati- eine filmisch-diegetische Welt darstellen, sondern onsweisen seien hier kurz aufgelistet. der äußeren Realität entstammen. Die Spektakulari- tät der Aufnahmen verbunden mit den Bindungskräf- (1) Die dokumentaren Bären: Das Leben vor allem ten von Geschichten schaffen ein Rezeptionsange- der großen Bärenarten (allen voran der Grizzly als bot, das auf mehreren Ebenen gleichzeitig lokalisiert größte Braunbärenart, gefolgt vom Eisbären) in frei- ist und die Gratifikationen von dokumentarischen er Natur zu beobachten, ist für Zuschauer ein Gegen- Bären im Film // Medienwissenschaft/Hamburg, 137, 2012 /// 3 Aufnahmen mit denen des Teilnehmens an einer aus der Ruhe zu bringen sind. Kindliche Bären zei- Spielhandlung miteinander verbinden. gen das Tolpatschige noch ausgeprägter, ihre Affini- tät zum Komischen liegt auf der Hand. (3) Im Western und in vielen Abenteuerfilmen ist die Begegnung mit wildlebenden Bären eine der größten Natürlich finden sich auch Filme mit Tanzbären im Bedrohungen, die dem Trapper oder Abenteurer be- eigentlichen Sinne – jenen Jahrmarktsvergnügungen, gegnen kann. Die Szene der Begegnung mit dem Bä- die aber einen noch primitiven Status der Unterhal- ren gehört zum festen Szeneninventar dieser Genres. tungskünste anzeigen. Es sind durchweg historische