Corax 22-04 Qxp10-2 Corax 22-04
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Corax 22 (2014) Ornithologischer Jahresbericht für Schleswig-Holstein 2006-2008 K. Jeromin, B. Koop, R. K. Berndt & M. Kühn JEROMIN, K., B. KOOP, R. K. BERNDT & M. KÜHN. 2014. Ornithologischer Jahresbericht für Schleswig-Holstein 2006-2008. Corax 22: 337-477. Nach dem Zeitraum 2003-2005 wurden auch die Jahre 2006-2008 in einem Dreijahresbericht zusammengefasst. Der Berichtszeitraum wurde vor allem durch die Arbeiten zum bundesweiten Brutvogelatlas „ADEBAR“ sowie planmäßige Erfassungen des Vogelzuges geprägt. Durch auffällig positive Bestandsentwicklungen zeichneten sich insbesondere Löffler (von 35 Brutpaaren 2006 auf 52 Brutpaare 2008), Kranich (auf geschätzte 380 Revierpaare 2008), Mittelspecht (auf 1.600 Revierpaare 2008), Schilfrohrsänger (auf 5.200 Reviere 2008) und Blaukehlchen (fast Verdopplung des Bestandes von 350 bis 500 Revieren 2002 auf 900 Reviere 2008) aus. Der Bestand des Eisvogels erholte sich nach Verlusten im kalten Winter 2005/2006 schnell und erreichte 2008 mit 550-600 Revierpaaren ein neues Maximum. Nach der Erstbe- obachtung 2006 gelang 2007 der erste Brutnachweis des Sperlingskauzes im Land. 2008 wurden nachfolgend be- reits zehn Vorkommen nachgewiesen. Bei der Weißflügel-Seeschwalbe kam es im Mai 2007 zu einem starken Einflug, der zu den ersten erfolgreichen Bruten in Schleswig-Holstein führte. Negative Bestandsentwicklungen traten insbesondere bei Kormoran (von 3.094 Brutpaaren 2006 auf 2.322 Brutpaare 2008), Bekassine, der Trauer- seeschwalbe (auf nur noch 52 Brutpaare 2008) und Zwergschnäpper in Erscheinung. Beim Kampfläufer scheint es keine regelmäßig besetzten Brutplätze mehr im Lande zu geben. Der Zwergschwan erreichte im März 2008 erneut sein 2005 aufgestelltes Rastmaximum von ca. 7.400 Vögeln. Im Verbreitungsschwerpunkt Eider-Treene-Sorge-Niederung wurde dabei mit 4.370 Exemplaren ein neuer Höchst- wert für dieses Gebiet festgestellt. An der Westküste wurden auf dem Heimzug 2006 mindestens 125.000 Weiß- wangengänse gezählt. Dies waren 40.000 Vögel mehr als bei einer Erfassung Anfang Mai 2004. Eine weitere positive Entwicklung erfuhren im Berichtszeitraum zudem die Rastbestände des Silberreihers. Beim Goldregenpfeifer zeigte eine europaweite Synchronzählung im Oktober 2008 einmal mehr die Bedeutung Schleswig-Holsteins auf dem Zug für diese Vogelart. Insgesamt wurden bei der Kartierung landesweit 73.063 Goldregenpfeifer erfasst und der Bestand zum Zeitpunkt der Erfassung auf 75.000-80.000 Vögel geschätzt. An der Ostseeküste stellte 2007 ein herausragendes Raubmöwenjahr dar. Von der Zwerggans gingen verhältnismäßig wenig Nachweise ein. Die im Berichtszeitraum festgestellte Anzahl an Gelbbrauen-Laubsängern deutet darauf hin, dass es sich bei der Art (inzwischen) möglicherweise um einen seltenen, aber durchaus regelmäßigen Durchzügler handelt. Vom Blauschwanz gab es im Herbst 2008 einen kleinen Einflug. Erstnachweise gab es von: Pazifiktrauerente, Krauskopfpelikan und Rötelfalke. Zudem gelangen von einer Reihe weiterer, sehr seltener Arten anerkannte Nachweise: Carolinakrickente, Brillenente, Schlangenadler, Gänsegeier, Kaiseradler, Adlerbussard, Prärie-Goldregenpfeifer, Tundra-Goldregenpfeifer, Wüstenregenpfeifer, Kleiner Gelb- schenkel, Bindenstrandläufer, Bairdstrandläufer, Schwarzflügel-Brachschwalbe, Rotflügel-Brachschwalbe, Koral- lenmöwe, Fahlsegler, Kurzzehenlerche, Dunkellaubsänger, Feldrohrsänger, Orpheusspötter, Weißbartgrasmücke und Waldpieper. Knut Jeromin, Dörpstroot 21b, 24861 Bergenhusen, [email protected] Bernd Koop, Waldwinkel 12, 24306 Plön, [email protected] Rolf K. Berndt, Helsinkistr. 68, 24109 Kiel, [email protected] Martin Kühn, Am Steig 17a, 25813 Husum, [email protected] 1. Einleitung mengen liefern. Darüber hinaus sollen die Berichte Nachschlagewerk sein, in das man auch nach Jahren Jahresberichte sind eine in mehrerlei Hinsicht schwierige noch schaut, um Daten zu bestimmten Fragestellungen Materie. Sie sollen das Spiegelbild des Vogellebens im je- zu erhalten. Da dies immer häufiger Naturschutzthemen weiligen Berichtszeitraum sein. Da sie jedoch zwangs- sind, droht sich das Artenspektrum fast zwangsläufig auf läufig gleichzeitig die Aktivitäten der Mitarbeiter die „naturschutzrelevanten“ Arten einzuengen, nicht widergeben, sind manche Aspekte, die eventuell für ein nur, weil die OAG z. B. zu den weit verbreiteten Arten des Jahr wichtig sind, nicht immer zur vollen Zufriedenheit Anhang I der EU-Vogelschutzrichtlinie Berichte erstellt, bearbeitet, während andere Themen wiederholt darge- sondern auch viele Beobachter sich aufgefordert fühlen, stellt werden, weil die Beobachter hierfür große Daten- zu naturschutzrelevanten Arten ihren Beitrag zu leisten. 337 JEROMIN. K. et al.: Ornithologischer Jahresbericht 2006-2008 Daher gibt es fortwährend eine konstruktive Diskussion Holstein und Hamburg (ASK-SH/HH) verzögerte, unter den Berichtsautoren über Inhalt und Erscheinungs- wurden im vorliegenden Dreijahresbericht ansonsten bild des Jahresberichtes. Für diesen Bericht (und auch alle gemeldeten Seltenheiten aufgeführt, die den Regional- für die folgenden) haben wir uns auf folgenden „roten leitern bekannt waren. Faden“ geeinigt: In den Kapiteln 1-4 wird auf eine Nennung des wissen- - Vollständigkeit: Für möglichst viele Arten sollen schaftlichen Artnamens verzichtet, da dies ausführlich kommentierte Ergebnisse oder zumindest ausge- im systematischen Teil (Kapitel 5) erfolgt. wählte Daten (ggf. Mindestzahlen, neue Orte) vorgelegt werden, damit deutlich wird, welche Unser Dank gilt allen Meldern, ohne die eine Zusam- Arten im Lande vorkommen. Daher enthält dieser menstellung wie die vorliegende nicht möglich wäre. Bericht erstmals Brutbestandsangaben für alle H.-H. GEISSLER stellt uns seit Jahren Daten aus dem Brutvögel aus dem Atlasprojekt ADEBAR. Da u. a. Hamburger Berichtsgebiet bereit, und J. J. KIECKBUSCH auch durch standardisierte Erfassungsprogramme bereicherte das Manuskript mit Auswertungen aus der immer mehr Daten zur Aufenthaltsdauer der Zug- Wasservogelzählung. vögel in Schleswig-Holstein vorliegen, werden zudem Erst- und Letztbeobachtungen in größe- 2. Das Wetter in Schleswig-Holstein 2006-2008 rem Umfang aufgeführt. Dies soll die Einordnung der eigenen Beobachtungen erleichtern. Darüber Der Winter 2005/2006 war ein Normalwinter (Abb. 1, hinaus wollen wir noch mehr die Ergebnisse der Tab. 1). Längere Frostperioden führten dazu, dass selbst einzelnen Projekte der OAG darstellen, soweit es große Seen von Ende Januar bis Mitte März vereist sinnvoll erscheint. waren. Es folgte ein Frühjahr, das hinsichtlich Tempera- - Langfristige Nutzbarkeit: Der Jahresbericht soll tur, Niederschlag und Sonnenscheindauer nur wenig von auch als Nachschlagewerk fungieren. Daher wer- den langjährigen Mittelwerten abwich. Sommer und den Aussagen zu bestimmten Themen möglichst Herbst waren mit Ausnahme des Augustes deutlich wär- einheitlich dargestellt, was eine spätere Nachsuche mer als im langjährigen Mittel, der Juli fiel dabei sehr erleichtert. trocken und sonnenscheinreich aus. Der August war ver- - Innovationen: Um keine langweiligen „Archiv- regnet. zusammenfassungen“ zu liefern, soll mehr Platz für Interpretationen und Darstellungen von Zusam- Im Winter 2006/2007 überwogen ausgesprochen milde menhängen aufgewendet werden, dafür eventuell Luftmassen (Abb. 1, Tab. 1), wobei im Januar Tempera- die teils langen Auflistungen von Einzeldaten zu turen bis zu +13 °C erreicht wurden. Es gab nur eine bestimmten Arten etwas stärker zusammengefasst kurze Frostperiode mit Vereisung kleiner Gewässer in werden. der 3. Januardekade. März und April waren warm und sonnig, vor allem der April zudem sehr trocken. Der Rest Ob uns das in zufrieden stellender Weise gelingt, ent- des Jahres fiel relativ temperaturnormal aus, Mai bis Juli scheiden auch Sie als Mitarbeiter der OAG durch Ihre waren dabei relativ nass, August bis Dezember dagegen Beobachtungsmitteilungen. trockener als im langjährigen Mittel. Die vorliegende Zusammenstellung beruht in erster Linie auf den Zufallsbeobachtungen der OAG-Mit- Auch der Winter 2007/2008 fiel sehr mild aus (Abb. 1, glieder. Des Weiteren sind Daten aus dem ADEBAR- Tab. 1). Nur Anfang Januar froren kleinere Gewässer Projekt, der Wasser- und der Wintervogelzählung, dem kurzzeitig zu. Es folgte ein extrem trockenes Frühjahr Monitoring in der Normallandschaft sowie der Spring- mit stark gesunkenen Wasserständen in Mooren und an tidenzählung an der Westküste mit eingeflossen, soweit vielen Gewässern. An einigen großen Fischteichen lagen sie uns vorlagen. Brutpaarzahlen für Helgoland sind den die Schilfgürtel trocken. Vor allem der Mai war dabei ornithologischen Jahresberichten für die Insel entnom- sehr sonnig. Erst im August regnete es wieder vermehrt. men (DIERSCHKE et al. 2007, 2008, 2009). Für die melde- Starkregen am 23.08.2008 ließ den Wasserstand u. a. an pflichtigen Seltenheiten mit nationaler Bedeutung wurde den Lebrader Teichen/PLÖ um 40 cm steigen. Auch der die Limicola-Publikation der Deutschen Seltenheiten- Oktober brachte noch einmal verbreitet Niederschläge, kommission (2009) herangezogen. Da sich die Arbeit bevor es im November und Dezember wieder trocken der Avifaunistischen Seltenheiten-Kommission Schleswig- wurde. 338 Corax 22 (2014) Tab. 1: Witterungsdaten der Stationen List /Sylt und Kiel-Holtenau in den Jahren 2006-2008, Abweichungen vom Mittel 1961-1990 („/“ = keine Daten verfügbar). Table 1: Weather data from the Stations List/Sylt and Kiel-Holtenau in 2006-2008, deviation