Bei Odysseus Nebenan
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Bei Odysseus nebenan »Unter allen Völkerschaften haben die Griechen den Traum des Lebens am schönsten geträumt.« Johann Wolfgang von Goethe Zu Besuch bei Odysseus auf den Ionischen Inseln Kefalonia und Ithaka. Geschichten der Reisege- fährten Michaela & Udo Staleker Zwischen Himmel und Meer. Steil hinauf schraubt sich die Piste an der Flanke des Berges Atros mit Blick auf den Hafen von Poros. 11/2011 TOURENFAHRER 57 Aus den Gefährten von einst sind zufriedene Freizeitkapitäne geworden Im bunten Hafen von Fiskardo liegen Yachten und Fischerboote einträchtig nebeneinander. 58 TOURENFAHRER 11/2011 silbern glänzt das meer, in der ferne tür- men sich die berge in der heimat odysseus’ Panoramasurfen im Gegenlicht. Weit geht der Blick über die Seestraße von Ithaka. 60 TOURENFAHRER 11/2011 11/2011 TOURENFAHRER 61 ie Gefährten waren müde ge- des Meeres jagte und nach sternenloser Dworden. Wochenlang hatte Fahrt gleichsam hart an den Strand einer Geografie Odysseus sie angetrieben, bei Insel stieß. In einer Grotte legten sie den Tag und in der Nacht. Kein Erbarmen, Schlummernden nieder, gingen zurück an Die Ionischen Inseln flankieren den wenn der Sturm sie vor sich hertrieb und den Strand und setzten erneut Segel, als Westen Griechenlands. Von den vielen Poseidon sein grollendes Lied sang. Kei- der Sturm sich gegen Mitternacht ein we- größeren und kleineren Eilanden der Io- ne Gnade, wenn die Männer an Tagen der nig gelegt hatte. Endlich nach Hause woll- nischen Inselwelt sind nur 13 ständig be- Flaute vor Erschöpfung von den Ruder- ten sie, endlich heim zu Frau und Kindern, wohnt. Kefalonia ist die größte Insel, bänken rutschten und ihre schwieligen endlich ans Ende dieser langen, langen Irr- dann folgen Korfu, Lefkas, Zakynthos, Handflächen mit schmerzhaften Blasen fahrt. Aber Poseidon verfolgte die Bahn Ithaka und Paxos. In direkter Nachbar- bedeckt waren. »Ithaka ist meine Heimat, ihres Schiffes mit bösen Gedanken. Kaum schaft zu Kefalonia liegt nordöstlich Itha- nach der ich mich sehne.« Niemand wag- hatten die treuen Männer die schützende ka, getrennt durch eine 22 Kilometer lan- te es, das Wort gegen Odysseus zu ergrei- Bucht der Insel Ithaka verlassen, da ver- ge und lediglich drei bis viereinhalb Kilo- fen. Und so hörten sie ihren Atem in der steinerte der Gott die Planken des Bootes meter breite gleichnamige Seestraße. Stille und lauschten seinen Geschichten. und schlug es mit mächtigen Wurzeln in Kefalonia wird durch das mächtige Sie erfuhren von Abenteuern und Wun- den Grund des Meeres. Gefesselt blieb es Bergmassiv des Enos (1628 m) im Süd- dern, von Lotos-Essern und Riesen, von dort liegen. Einige wenige Gefährten ka- osten geprägt. Besonders interessant ist, Polyphem, dem Zyklopen, von der Zau- men mit dem Leben davon und retteten dass an die Hauptinsel noch eine kleine Freskenmaler im Nonnenkloster Agiou gleitet die Bergstraße hoch über dem berin Kirke und Aiolos, dem König der sich an einen nahen Strand. Und so lande- Schwesterhalbinsel namens Paliki ange- Gerasimou (oben). Frühstück im Café Meer, ein Panoramasurfen im Gegenlicht. Winde. Sie widerstanden dem verführeri- ten sie mit dem Erwachen des Tages auf hängt ist, die sowohl auf dem Landweg Kastro unterhalb der Festung von Agios Die Bergwelt gewaltig und unwirtlich, schen Gesang der Sirenen, den Verlo- Kefalonia, in der Bucht einer einsamen In- als auch mit einer Fähre von der Insel- Georgios (rechts oben). Schlangenkult in doch unsagbar schön zugleich. Steil hinab ckungen von Kalypso und trotzten dem sel gleich bei Odysseus nebenan… hauptstadt Argostoli aus erreichbar ist. der Dorfkirche von Markopoulo (rechts). geht der Blick in die Bucht von Agia Efi- Zorn des Meergottes Poseidon. Stunden- Viele Generationen von Gefährten spä- Das fruchtbarste Gebiet von Kefalonia ist mia. Schneeweiße Segelboote schaukeln lang erzählte Odysseus… ter. Längst haben die Männer das Umher- der südöstlich von Argostoli gelegene sos, und vielfältig farbenfroh zugleich. in dem schmucken Hafen, und in den zahl- Endlich wurde es Abend, die Hitze ließ irren aufgegeben, sind sesshaft geworden Livathos. Hier wird der bekannte Weiß- Bunte Fischernetze und blumenge- reichen Bars, Cafés und Fischtavernen am nach, und die Sonne versank glutrot im und kümmern sich um ihre Familien. wein Robola angebaut, hier tragen Obst- schmückte, pittoreske Hausfassaden in Wasser locken der Geruch von »kafé elli- Meer. Odysseus legte sich nieder, schloss Manche von ihnen sind zufriedene Fähr- und Olivenbäume reiche Frucht, und hier Fiskardo, ein erstes zaghaftes Bad der Rei- nikó«, Omelettes, Käsetaschen und Tsat- seine Augen, hörte das Klatschen der Taue kapitäne geworden, die jeden Sommer sorgen Blumen und Büsche für einen segefährten im kristallklaren Wasser der siki zu einem zweiten Frühstück. Wir fin- und den peitschenden Einschlag der Ru- blasse Besucher aus kühlen Nordländern bunten Farbenrausch bis in die heißen kleinen Bucht von Foki nur wenige Kur- den ein Plätzchen in der Taverna Corelli, der. Dann sank ihm erlösender Schlaf auf in dem bunten Hafen von Fiskárdo anlan- Sommermonate hinein. Darüber wacht ven später. Blassbleiche Astralleiber auf ordern eine bescheidene Mezedes (Vor- und auf die 1100 Meter hohe Bergwelt des die Lider. Und so spürte er nicht mehr den den. Seltsam zufrieden wirken diese die beeindruckende Festung Agios türkisblauem Grund – da müssen die we- speise) aus Oliven, gebratenen Champi- Pilaros. Divarata weist der XT den Weg Wind, der sich zum Sturm wandelte, ver- Fremden, und besonders glücklich schei- Georgios. Das Kloster Agiou Gerasimou nigen Insulaner am Strand dann doch gnons mit Knoblauch, Sardellen und ge- zum Strand von Myrtos, und kaum hat der nahm nicht das Wehklagen der Gefährten, nen jene zu sein, die auf zwei Rädern mit ist das religiöse Zentrum der Insel und zweimal hingucken und können sich ein rösteten Zucchinischeiben. Die XT ver- Supermotoreifen begriffen, dass der In- als das Schiff über die purpurnen Wellen bassig bollernden Motoren über die Ram- auf jeden Fall einen Besuch wert. leichtes Schmunzeln nicht verkneifen. Et- bietet mir humorlos den obligatorischen selasphalt auch seine rutschigen Tücken pe der Fährschiffe rollen Im Westen zeigt sich die Küstenlinie was später dann echte Enduro-Spannung Ouzo zum Nachspülen, und so bleibt der haben kann, da entschädigt uns der Blick und mit ein paar Gasstö- von ihrer schroffen Seite: steil abfallende und Anreize für die Gashand. Kurz vor Kopf klar genug, um nachzulesen und auf den direkt unterhalb der Serpentinen ßen die kurvenreiche Küsten, die nur selten von Buchten un- dem unscheinbaren Weiler Vasilikiades sich auszumalen, was in Agia Efimia wohl liegenden Strand für jede einzelne Küstenstraße Richtung terbrochen werden. Die Halbinsel Paliki zweigt eine Straße nach Mesovounia ab abging, als Hollywood im Jahre 2000 Schrecksekunde. Weich eingebettet zwi- Matsoukata entlang- ist von einer leicht hügeligen, kargen und führt in die verschlafenen Dörfer Pir- mit Kamerateams, Schauspielertross, schen den grünen Flanken des Küstenge- schwingen. Eigenartige Landschaft und einem spärlich bewach- gos, Plagia und Vary, wo die Zeit wohl ste- Schminktruppe und Komparsen in den birges dehnt und streckt sich auf gut einem Menschen – aber irgend- senen Nordteil geprägt. Auf den Touren- hen geblieben ist. Von Efeu und Wachol- stillen Küstenort einfiel, um das Melo- Kilometer Länge eine schneeweiße Sand- wie auch liebenswürdig, fahrer warten einsame Dörfer und einige derbüschen halb zugewuchert, zeugen die dram »Corellis Mandoline« zu drehen. Ob decke, hart umsäumt von einem blau- kommen sie doch jedes der schönsten Strände Kefalonias. Be- Ruinen einstmals schön verzierter Gebäu- Kapitän Antonio Corelli (Nicolas Cage) grünen Meeresrand, der sich nach nur we- Jahr wieder, suchen die sonders lohnend sind die roten Strände de von einer reichen Architektur aus der sich mit der bildhübschen Arzttochter nigen Metern in tiefes Blau verliert und Schätze der Insel, sam- von Xi im Süden oder die spektakuläre Zeit vor dem schrecklichen Erdbeben von Pelagia (Penelope Cruz) wohl in dieser weit draußen am Horizont von den dun- meln Erlebnisse und Petani-Bucht im äußersten Westen. 1953. Hinter Karya mausert sich das Taverne das ein oder andere Glas vom kel-dunstigen Bergrücken der Halbinsel Abenteuer. Manche da- Auf der Eríssos-Halbinsel im Norden Sträßchen zu einem kurvenreichen Berg- guten heimischen »Robola« (Weißwein) Paliki begrenzt wird. Gib dem Paradies von sind so schön, dass kann man die Tage in der Myrtos-Bucht führer und schraubt sich an der Flanke des genehmigte…? einen Namen! man sie weitererzählen verträumen, hinüber nach Assos schwin- über 800 Meter hohen Demolato hinauf Ein Seitenwechsel ist angesagt. Auf Ke- Myrtos’ Wasser ist so gut wie sein Pan- muss – die Geschichten gen oder im bunt getünchten Fischerdorf nach Komitata. Hier oben muss man den falonia geschieht dies innerhalb weniger orama, und so darf der Einzylinder der Gefährten. und Fährhafen Fiskardo bei einem Frappé Zündschlüssel nach links drehen. Weit Kilometer, und so kommt die Fahrt hin- schweigen, bis die Mägen knurren und die Knisternd lehnt die XT die Yachten begutachten. Und immer geht der Blick über die Seestraße von Itha - über zur Bucht von Myrtou gerade recht Wasservorräte aus dem Tankrucksack auf dem Seitenständer wieder stößt man unterwegs auf einsa- ka, silbern glitzert das Morgenlicht auf für einen Mittagsbummel. Wir meiden die aufgebraucht sind. Gerade noch rechtzei- hoch über der Felsinsel me, verfallene Bergdörfer, die nach dem dem dunklen Wasser,