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Julius Bernstein's Lebensarbcit. Zugleich ein Beitrag zur @eschichte der neueren Biophysik. Von Prof. Dr. ,(. v. Tschermak~ Prag.

(l~;i~yegctngen am 16. August 1918.)

Am 6. Februar 1917 ist za Halle a. S. der Altmeister unserer Wissen- sehaft Julius Bernstein im 78. Lebensjahre aus unserer Mitre gesehieden, ein still und emsig Sehaffender, ein h6ehst sorgf~ltiger Beobachter un~d feinsinnig-kritiseher Kopf, eh~ sehlichter, edler Menseh. Mit Bernstein ist der letzte der Grossen aus dem Kreise Emil du Bois-Reymond's dahingegangen, selbst ein Meister biophysikalischer Forsehung, ein wahres Musterbild eines deutsehen Gelehrten. Sein Dasein war so gut wie ganz gewissenhaftester wissensehaftlieher Arbeit als Lehrer und Forseher geweiht, und deren Friichte bedeuten fiir den Fernerstehenden schier den Inhalt des i~usserlieh wenig bewegten Lebens. Als dankbarer Sehiiler will ich die Summe yon Bernstein's Geistesarbeit ziehen und damit zugleieh einen Beitrag zur Geschichte der neueren Biophysik liefern. Nut einleitend seien aueh einige persSn- liehe Daten in Erinnerung gerufen 1).

A. LebenslauL Sehon im Elternhause empfing der frtihreife Knabe -- geboren am 8. Dezember 1839 zu -- bedeutsame Weekung und An- regung zu vielseitigen naturwissensehaftliehen Interessen. Der Vater, Aron Bernstein, war als armer Studierender der jiidisehen Theologie aus Danzig naeh Berlin gekommen und hatte dort zuni~ehst ein Lese- kabinett gegriindet, in dem ein grosset Teil der damaligen gebildeten Gesellsehaft verkehrte. Sp~ter wandte sich der geistig un- gemein rege Mann zun~ehst der belletristisehen, seit dem Jahre 1848 der poliLisehen Sehriftstellerei zu, griindete die Urw~hler-Zeitung (1849), sparer die Volkszeitung (1853). Sehon friihzeitig hatte er seine stille Liebe den Naturwissensehaften zugewandt, mit astronomisehen Be-

1) Zudem sei auf die piet/igvolle Grabrede E. Abderh.alden's (Dem Andenken yon Julius Bernstein gewidmet. IVied. Klinik 1917 Nr. 9) verwiesen. -Pfltiger's Archiv fflr Physiologie. Bd. 174. 1 2 A.v. Tschermak:

obachtungen und Spekulationen 1) begonnen und s~ch ein chemisches und photographisches Laboratorium eingerichtet, in welchem auch der Sohn Julius seine experimentelle T~tigkeit begann. Als einer der ersten befasste sieh der Vater (self 1856) mit der Herstellung von photographischen Glaslichtbildern, speziell yon Stereophotogrammen. Auf dem Gebiete der Telegraphie und Telephonie 15ste er des Problem des Doppelsprechens auf einem Draht. Diese Interessen fanden ihren literarischen ~Tiederschlag in naturwissenschaftlichen Aufs~tzen, welehe sp~ter in den ,,Naturwissenschaftlichen Volksbiichern" gesammelt wurden und die Gebiete der Astronomie, Physik, Chemie, Physiologie und Geologie behandelten. Es ist begreiflich; dass durch des rege Geistes- und Verkehrsleben des Vaters der Sohn m~chtige Anregungen erhielt. I)ieser bewahrte dem Vater auch zeitlebens dankbarste Ver- ehrung. Ihm ~vidmete er in reifen Jahren des Bfichlein ~iber die ftinf Sinne des Menschen (31 -- 1876; 58 -- 1899)~), in welchem er, dem Vater ~hnlich, das Talent zu allgemein versta,ndlicher und anziehender Darstellung physiologischer Fragen bekundete. Ebenso interessante als rtihrende Erinnerungen an das Elternhaus hat B. im reifen Alter in einer als Manuskript gedruekten Sehrfft niedergelegt (124 -- 1913). Die im Elternhaus erhaltenen Impulse fiihrten B. nach Besuch des Neu-Ctillner Gymnasiums zum Stndium der Medizin, welches er 1858 in Breslau begann. Hier gewann Rudolf Heidenhain a), der neben dem Botaniker Ferdinand Cohn m~chtigen Eindruck auf ihn machte, sein Herz fiir die Physiologie. Heidenhain hat auch seine weitere Laufbahn, speziell seine spi~tere Berufung nach Halle gefSrdert. Wi~hrend der Fortsetzung seiner medizinischen Studien in Berlin wurde B. durch seinen Jugendfreund L. Hermann, dem Sohne von A. Bernstein's Kollegen S. Hermann, in des Labora- torium yon E. du Bois-Reymond 4) eingeftihrt, wo er im S~mmer 1860 zu arbeiten begann und sich bis 1864 wissenschaftlich bethtigte (Arbeiten 1--6). Am 1. August 1862 wurde er auf Grund einer Disser- tation tiber die Physiologie der Muskeln von Wirbellosen (3) zmn Dr. univ. reed. promoviert. Im Jahre 1864 kam B. auf du Bois' Empfehlung als Assistent naeh Heidelberg zu H. v. Helmholtz, welcher seit 1858, aus Bonn bzw.'KSnigsberg berufen, als Professor

1) In der Schrift A. Bernstein's, Die Gesetze der P~otation (Berlin 18~8) wird zmrt erst.en Male die Hypothese des Lichtdruckes ~ufgestellt, dutch welchen die Str~hlen der Sonne die Rotation der Pl~neten be- dingen sollen. 2) Die ira Literaturverzeichnis, Anhang A, angefiihrten Publikationen B/s sind durch a.rabische Ziffern (1--135) bezeichnet, die im Anhang B zitierten Schiiler~rbeiten durch rSrnische Ziffern (I--LXXXII). 3) Vgl. B.'s ~achruf auf R. Heidenhgin (81 --- 1897). 4) Vgl. B.'s Naehruf auf E. du Bois-Reymond (79 -- 1897). Julius Bernstein's Lebensarbeit. 3 der Physiologie dort wirkte -- seine fruehtbarste und vielseitigste Periode. Im persSnlichen Umgange mit Helmholtz 1) lernte B. dessen erhabene Ruh% seine allem rednerischen Glanze abholde Sehlichtheit, sein experimentelles Gesehick und Talent zu Improvi- sationen bewundern und diesem Vorbilde naeheifern. Er geness auch die edle 'Geselligkeit im ttause des Meisters. In Heidelberg kamen bei B. die yon du Bois empfangenen, yon Helmholtz gefSrderten Anregungen auf bioelektrisehem Gebiete zur Reife. Na.ch der Fortberufung yon Helmholtz im Jahre 1871 laser durch ein Semester an dessen Stelle und leitete vertretungsweise das Heidelberger physiologische Institut. B. wurde dann zum ausser- ordentliehen Professor ernannt und kehrte im Herbst 1871 zu du Bois naeh Berlin zurfick. Schon im n~tehsten Jahre erfolgte fiber Vorschlag seitens A. W. und R. Volkmann seine Berufung als ~achfolger yon F. Goltz im Ordinariat der Physiologie an die Universit~t Halle, der B. zeitlebens treu blieb. Hier entfaltete er dureh 46 Jahre eine hSchst emsige und fruchtbare T~tigkeit als Lehrer und Forscher, spezielt naehdem er das ganz unzul~ngliehe alte Laboratoriumsh~uschen mit einem unter grossen Schwierigkeiten erk~mpften Neubau [erSffnet am 3. November 188]~)] vertauscht hatte. B. w~hlte hiezu sehr zweek- m~ssigerweise eine Lage abseits von Strasse und Starkstromleitungen, verband Institut und darfibergelegene Amtswohnung durch ein zentral- gelegenes Stiegenhaus mit doppelgesehossigem Eingang und w~hlte einen quadratisehen Grundriss mit angesetzten Eckr~umen. Aller- dings fehlte dabei die sehr empfehlenswerte volle Trennung yon Unter- riehts- und Forschungsabteilung. Noch im reiferen Alter erstrebte B. einen noeh vollkommeneren Neubau -- zumal da sehr unzweck- m~ssigerweise in die frfihere Amtswohnung das hygienische Institut verlegt worden war. In einer nieht geringen Zahl yon Sehfilerarbeiten (82), welehe aus dem Hallenser Institut hervorgingen, kommt B.'s befruchtende Anregung und methodisehe Lehrwirkung zum beredten Ausdruek. Allerdings haben sich verh~ltnism~tssig wenige Sch~ler aus B.'s Institut -- so J. Steiner, K. Seh~nlein, P. Jensen, A. v. Tschermak~ E. J. Lesser, E. Laqueur, F. Verzs -- dem akademischen Berufe zugewandt. Frfih verstarben die talen.tvollen Mitarbeiter R. Mar- ehand und B. Morgen. Doeh hat gewiss bei einer stattliehen Zahl yon engeren und weiteren Sehfilern die Hallenser Lern- und Arbeits- zeit die sp~tere ~rztliehe Praxis befruehtet.

i) B. hat dem grossen Meister einen ~achruf (78 -- 1895) und ei~ kurzes Leber~sbild (i04 -- 1904) gewidmet. 2) Bei dieser Gelegenheit hielt B. eine geistvolle Rede fiber Entwiek- lung und Standpunkt der Physiologie (42 -- 1881). 1" 4 A.v. Tschermak:

B. war als Lehrer und Vortragender schlieht, ohne rednerisehen 1)runk oder hinreissendes Temperament. Der eifrige und versti~ndige Schiller konnte jedoeh refche FSrderung linden, zumal da B. sieh gerne und geduldig einer Spezialbefragung widmete. Auch legte 1~ mit ~eeht grosses Gewieht auf eine sorgf~ltige Vorbereitung und experimentell-demonstrative Belebung der Vorlesungen sowie au[ eine hingebende Gestaltung der praktisehen Ubungen. Im Lesen war B. geradezu unermfidlieh und hielt neben dem seehsstfindigen Hanpt- kolleg und dem vierstiindigen Pr~ktikum oft noeh ein Spezialkolleg und ein K011oquium mit Arbeitenbesprechung. Im Laberatorium war B. ein Vorbild an Sorgfalt und Genauigkeit beim Experimentieren, kritisierte wohlwollend ohne abzusehreeken und zeigte sieh als ein Kiinstler im Improvisieren aus beseheidenen Mitteln. Viele seiner nCethodisehen Oedanken sind sehr sinnreich zu nennen. Den gereiften Sehtilern liess er weitgehende Selbstandigkeit. Es war nicht seine Art, eine grosse Sehule machen zu wollen. Neben der Physiologie waren es die Physik, speziell die Elektrik,. ~[olekularphysik und Thermodynamik so~de die physikalisehe Chemic, ~ber aueh die Mathematik, welchen B.'s Interessen geh6rten. Die genannten physikalischen Spezialgebiete hat er auch dureh manche originelle Forsehungsarbeit gef5rdert. Auch der Astronomie bewahrte er eine vom Vater iiberkommene stille RTeigung. R'ieht minder gehSrte sein wissensehaftliches Interesse und seine ~sthetische Befriedigung der Welt der TSne, wobei ihm die musikalisehe Tradition der eigenen Familie (der Vater and die ~lteste Schwester Fanny waren musikalisch veranlagt) und die hohe musikahsehe Begabung seiner Lebensgef~hrtin wesentliche FSrderung gewi~hrte. Im Kreise seiner Kollegen gewann B. bald eine sehr angesehene Stellung und wurde wiederholt zu Vertrauensstelhmgen berufen. So wurde.er innerhalb der Jahre 1879--~9i2 neunmal mit dem Dekanate betraut, fiir d~s Jahr 1890/91 zum Rektor der Universit~t Halle- Wittenberg gew~hlt. Bei der Inauguration hielt er eine Aufsehen el,- regende t~ede fiber die meehanistisehe und die vitalistische Vorstel- lung yore Leben (61 -- 1890). Sehon bei einer friiheren Gelegenheit hatte er diesen Ideen dutch eine Rede als Preisverkfinder (Uber die Kr~fte der lebenden Materie, 40 -- ]880) pr~ludiert. -- Durch lunge Jahre bekleidete B. das Amt eines Vorsitzenden der Staatsprfifungs- kommission und war als soleher ein ebenso unparteilieher wie wohl- wollender Mentor ffir die Kandidaten, denen in ihren Anliegen und NSten seine Tfir stets offenstand. -- Als Mitglied yon Kommissionen, speziell ffir Berufungen, beti~tigte slch B. sehr eifrig, und die Ge- winnung so muncher hervorragenden Kraft ffir die Hallenser Uni- versiti~t ist seinem streng sachhchen Votum zu danken. Julius Bernstein's Lebensarbeit. 5

Naeh vierzigj~hriger T~tigkeit trat B. im Jahre 1911, 72 Jahre alt, vom Lehramte zurfiek. Dies bedeutete jedoch kein Sichzurruhe~ setzen, vielmehr widmete er sich jetzt wieder ganz der T~tigkeit als Forscher und Sehriftsteller. Gerade seinem Otium cure dignitate (1911--1917) verdanken wir eine Anzahl hervolTagender Arbeiten und VerSffentlichungen. Erst der Tod hat ihm sozusagen die Laboratoriums- instrumente und die Feder aus der Hand ~genommen! Bei aller persSnlicher Zurfiekgez0genheit pflegte B. doch manchen Freundesverkehr, in welchem er an geistiger Anregung ebenso der Gebende wie der Empfangende war. Als persSnliche und wissenschaft- liche Freunde, rnit denen er besonders die tteidelberger Zeit gemeinsam verlebte, sind vor allem die beiden Chemiker Viktor und Richard Meyer. zu nennen, yon denen der ]etztere B.'s Schwester Johanna he~ratete, ferner der Mathematiker Paul du -Bois-~eymond 5), der Bruder des Physiologen, und der ]:hysiologe'F. Hohngren~). Vom v~tterlichen Hause her war B. mit W. Sklarek befreundet, dem sp~teren Begrfinder der Naturwissensch~ftliehen P~undschau, welcher gleiehfalls sein Sehwager wurde und B. zu zahlreiehen Bei- tragen ffir seine Zeitschrift gewann. W~hrend seiner Hallenser Zeit pflegte B. speziell mit dem Anatomen Weleker, dem Pathologen C. Eberth, dem Psychiater E. Hitzig, dem Anatomen W. Roux, dem Chemiker J. Volhard, dem Mathematiker G. Cantor, dem Leipziger ChemJker W. Ostwald und mit seinem Naehfolger im Lehr- amte, E. Abderhalden, geistige Beziehungen. Auch auf den Ver- kehr mit Vertretern ihm ferner liegender F~cher -- so dem h~ational- 5konomen Conrad, deln Juristen Loening, dem Arehaeologen [-Ieydeman. dem Philologen Dittenberger u. a. -- legte B. gro~en Wert. B.'s Leben teilte sieh, wie es dem deutschen Gelehrten ziemt, im wesentliehen zwischen Berufsarbeit und Familie. An seiner hoch- begabten Gattin, der Tochter des kaiserlich russisehen Brigadearztes Geh. Kollegienrates Dr. H. L e v y, hatte B. aueh in wissenschafttichen Fragen e~ne verst~ndnisvolle Genosshl. Neben manehem leidvollen Verlust genoss er das Glfick, zwei SShne und eine Tochter heran- wachsen zu sehen, welche sich ~nit grossem Erfolg der Mathematik, der landwirtschaftlichen Masehinenkunde und der Malerei widmeten. Der geistige Verkehr in der _Vamilie ~ar ein lebhafter, indem der V~ter die Kinder mannigfaeh anregte, ihre ~:eigungen auf natur- ~vissenschaftlichem und kfinstlerisehem Cebiete verst~ndnisvoll fSr- ~lerte und selbst yon- ihnen -- speziell dureh die originelle mathe-

1) Vgl, B.'s ~achruf ~uf P. du Bois-]~eymond (~9 -- 1889). 2) Vgl. B.'s Nachruf auf F. Holmgren (80 --1897).. 6 A.v. Tschermak: mathisehe Begabung seines Sohnes Felix -- Anregung empfing: - B. versehied am 6. Februar 1917 ohne Leid an den Folgen einer katar- rhalisehen Pneumonie. B. Lebensarbeit. Auf Grund der vorhegenden Publikationen, von denen im Anh~nge eine Ubersicht naeh zeitlicher Folge geboten wird, sei ein Bild yon B.'s Lebensarbeit entworfen. So wenig verkannt werden d~rf, dass auch beim Gelehrten nut ein bescheidener Tell der geistigen Leistung literarischen Niederschlag zu finden pflegt und das Erbe an die iN~ch- welt arg verkiirzt zu nennen ist, so war es doch get,de B. beschieden, in stiller Emsigkeit sich weitgehend literarisch auszuwirken, so dass ein sorgfMtiges Studium seiner Ver6ffentlichungen ein ziemlich voll- st~ndiges Bild seiner wissensch~ftliehen Lebens~rbeit gibt. Allerdings wird daneben jeder, der aus dem Hal]enser Institut hervorgegangen ist, eine Fiille an wertvoller Tradition, speziell an ~,Versuchsmethodik und Improvis~tionstechnik, yon. B. fibernommen haben. Ein Bild voil B.'s Lebensinhalt auf Grund seiner Arbeiten wird naturgem~ss zu einem Beitrage zur Gesehichte der neueren Biophysik tiberhaupt. B. fiihlte und bet~tigte sich ja als Biophysiker im strengen Sinne des Wortes. Seine Forsehungsarbeit h~tte zwei HShepunkte -- der eine war schon frtihzeitig gelegen in der exakten Erforschung des bioelektrischen Erregungsvorganges im Muskel-und l~ervensystem. Den zweiten Gipfel erreichte B.'s Forschergeist im reiferen Lebens- alter durch die chemisch-physikalische Ausgestaltung und Vertiefung der Bioelektrik, speziell in thermodynamischer Hinsicht, sowie durch die molekularphysikalisehe Analyse des Bewegungsvorganges. Auf dem Gebiete der ~llgemeinen ~uskel- und Nervenphysiologie hat B., ~usgehend vonder Vorstelhmgswelt seines Lehrers E. du Bois- Reymond, sowohl durch originelle und exakte Tats~chenfunde als durch feinsinnige und kritisehe Ver~rbeitung solcher vielfach Neu- artiges geschuffen. Von ihm stammt ja -- neben E. du Bois-l~ey- nlond selbst und den Mitschfilern L. Herm~nn und J. l~osenthal -- ein grosser Tell der Fund~ment~lbeobachtungen und tier Versuchs- instrumente auf dem Gebiete dec allgemeinen 1Y[uskel- und Nerven- physiologie. In den sp&teren Arbeitsjahren Be rnstein's war es die Heranziehung der ~N[ethoden und Ideen der modernen Elektrochemie, Moleknlarphysik und Thermodynamik, wodurch er in geradezu vor- bildlicher und fruchtbarer Weise jenen <eren Problemen neue Seiten abgewann und ihre LSsung in hohem Maasse f5rderte. So konnte B. selbst in vorgeschrittenem Lebensalter auf diesem Gebiete fiihrend bleiben und mit jtingeren Vertretern der biophysikalischen Forschungs- richtung anregend und wetteifernd ~ nicht selten auch unter erfahrungs- reicher Kritik -- zusammenarbeiten. Julius Bernstein's Lebensarbeit.

B.'s biophysikalisehe Interessen waren aber durehaus nieht ein- seitig nut der allgemeinen ~'[uskel- und Nervenphysiologie zugewandt, wie wohl ein oberfl~ehlieher Beurteiler und Kenner seiner Lebens- arbeit glauben k6nnte. In grossem Fleisse und feinsinniger Grfind- liehkeit hat er vielmehr eine Ffille'von Teilgebieten unserer Wissen- sehaft bearbeitet und oft mit wertvollen Beitr~gen bereiehert. Ein umfassendes Bild yon B.'s Lebensarbeit ergibt sigh, wenn wit nun in zeitlieher wie inhaltlieher Gruppierung seine Lelstungen zu- n~ehst auf dem Gebiete der allgemeinen Muskel- und Nervenphysio- logie, speziell der Bioelektrik (I), dann im Bereiehe der Molekular- physik der lebenden bzw. kontraktilen Substanz (II) fiberblieken. Hieranf sei fiber seine Beitr~ge zur Herzphysiologie and Kreislanfs- lehre (III) sowie zur Atmungsphysiologie (IV) gehandelt. Endlieh werden B.'s Studien auf dem Gebiete der Sinnesphysiologie (V) und der Toxikologie (VI) zu sehildern und seine literarisehen Leistunge~ didaktisehen Charakters (VII) zu wardigen sein. Von den aus dem HaHenser Institut hervorgegangenen Arbeiten, welehe im Anhange B (Nr. I--LXXXII) vollz~hlig angeffihrt sh~d, will ieh nur jene berfiek- sichtigen, welche anf B.'s Anregung und unter seiner Leitung ent- standen sind.

I. A rbeiten auf dem Gebiete der allgemeinen Muskel- und Nervenphysiologie, speziell der Bioelektrik. In erster Linie seien B.'s Leistungen auf seinem Hauptarbeits- gebiete, der allgemeinen ~[uskel- und Nervenphysiologie, speziell der Bioelektrik, gesehildert. Die meisten yon B.'s beziigliehen Methoden und Ergebnissen sind zwar allgemeinbekannter Inhalt der Doktrin und Tradition unserer Wissensehaft geworden; manche Beobaehtungen, Gesiehtspunkte und Fragestellungen sind abet dabei fibersehen oder vergessen worden, so dass eine kurze historisehe Erinnerung an die Hauptresultate yon B.'s Forsehungsarbeit nieht bless fiir den An- fgnger, sondern aueh ffir den Faehmann neben Bekanntem doeh munches Neuerseheinende zu bieten vermag. In seiner lateiniseh gesehriebenen Dissertation (3 -- i862) be- handelte B., angeregt dutch E. du Bois-geymond's klassisehe Untersuchung fiber die ehemisehe Ileaktion des Muskels (1859), das Verhalten der relativen I~eaktion an Muskeln yon Wirbel- l osen (Krebssehere, Teieh- und Miesmusehel) bei Prfifung an Laekmus- papier. An ausgesehnittenen Krebsmuskeln ergab sieh ein Umsehlag der fast neutralen, gegen Alkalinitgt neigenden Ruhereaktion in suure bei Totenstarre, und zwar sehon naeh 10 Stunden, ferner ein folgender Umsehlag in alkalisehe Reaktion naeh 48 Stunden -- also rascher als am Frosehmuskel bei gleieher Temperatur. Ebenso tritt bei lung- 8 A. v, Tschermak: samem Erwgrmen S/~uerung ein, bei raseher Hitzeabt6tung (75 U C.I hingegen alkalisehe Reaktion -- hinwiederum S/~uerung bei liinger- dauerndem Tetanus. Doeh sind die Verii.nderungen geringer als beim Froschmuskel, Am Muskelpresssafte wurde spontane Gerinnung sowie Koagulation bei 45 o C. unter gleichzeitiger S~uerung beobachtet -- ebenso wie dies E. du Bois-Reymond aln Froschmuskel festgestellt hatte. Am Sehliessmuskel der Musehel fund B. eine ganz sehwach saure, nach dem Tode nicht zunehmende, sondern sparer in Alkalinit~t umschlagende geaktion, w~hrend der Pedalmuskel gegen Lackmus neutral reagiert. Die relativ saure Reaktion des tonisierten Sehliess- nmskels braehte ]3. damals, wo man ~ wie ja heute noeh vielfaeh! -- noch nicht zwisehen ,,Tonus'" und ,,Erregung" untersehiedl), in Zu- sammenhang mit der dauemden Spannung des Sehliessmuskels -- im Gegensatze zu der Moss zeitweiligen T~ttigkeit der Fussmuskulatur. Auf jeden Fall war hiemit das bedeutsame Problem einer Ver- schiedenhe% der geaktion aufgestellt (und zwar sowohl der absoluten, durch die Wasserstoffionenkonzentration bezeichneten Re- aktion als der relativen, dutch das BindungsvermSgen gegentiber S~uren oder Basen bestimmten Reaktion) bei tonisierten lVI_uskeln, verglichen mit alterativ beanspruchten. -- Interessant war s die Beobachtung, dass am isolierten Sehliessmuskel keine Starreverkfirzung eintritt ; auch fehlt eine S~uerung bei allm~hlichem Erw~rmen, wi~hrend rasehes Erhitzen (auf 750 C.) Umsehlag zu Alkalinit~t bewirkt. Hin- gegen tritt am Sehliess- wie am PedalmuskeI deutliehe S~uerung ein bei tetanisehem Reizeffek~, ebenso wie der Presssaft spontane wie ~hermisehe (45 ~ C.) Gerinnung aufweist. Auf dem Gebiete der Elektrophysiologie begann B. seine literarische Tiitigkeit (2 -- 1862) schon als Student und Praktikant im Berliner physiologischen Institute durch Konstruktion eines Reizapparates. welcher infolge Zu- oder Abnehmens einer Nebensehliessung mit gleieh- m~ssiger Gesehwindigkeit die Erzeugung eines geradlinig an.steigenden Reizstromes gestat~et; zu diesem Behufe wird ein an einem sehwingen- den Pendel befestigtes Kreisbogens~tiek eines Phtindrahtes in Queck- silber eingetaueht oder aus diesem herausbewegt. In seiner ersten bioelektrischen Untersuchung (8, 9, 10 -- 1866), we]ehe bereits in Heidelberg' angestellt wurde, konnte B. am marl~- haltigen Frosehnerven die Verst~rkung der negativen Sehwan- kung bei Versetzen der gereizten Stelle in Katelektrotonus (bei Vermeiden zu starker Str6me!), umgekehrt die Schw/~ehu.ng im Anelektrotonus naehweisen. Es war damit eine volle Analogie

1) Vgl. dazu speziell meine fibersich~liche DarsteHung: Die Lehre yon der tonisehen Innervation. Wiener Klin. Woehensehr. Jg. 27, Nr. 13, 19t4. Julius Bernstein's Lebensarbeit. zwischen den J~usserungen der nerv6sen Erregbarkeit am innerviert.en Muskel and am L~ngsquerschnittstrome bzw. Galvanometer dargetan. Ferner erwies B. das Erfolgen einer stets gegensinnigen, also wahrhaft negativen Sehwankung des elektrotonisehen Zuwaehsstromes (unter Ableitung yon zwei Oberfl~ehenpunkten) bei Reizung des Nerven und die Zunahme dieser Sehwankung mit der St~rke des Zuwachses. Aueh legte B. die Komplikationen dar, welehe sich bei der algebraisehen Summierung yon L~ngsquerschnittstrom und elektrotonischem Zu- wachsstrom ffir Sinn und Gr6sse der Erregungsschwankung sowie aus dem Einflusse des elektrotonisierenden Stromes auf das Leitungs- vermSgen ergeben. Die Erregung des Nerven ~ussert sich demnach bioelektrisch in derselben Weise -- n~mlich in Form einer negativen Schwankung --, gleichgfiltig, ob ein ,,Grundstrom" dauernd durch kfinstlichen Querschnitt oder temloor~r dureh Herbeiftihrung von Elektrotonus geschaffen wird. Diese Analogie beweist zugleieh die physiologische Natur des Elektrotonus und widerlegt die Annahme einer (sc. aussohliessliehen!) physikalisehen Grundlage desselben. Eine ganze Reihe yon geradezu klassisehen Einzeluntersuchungen (13, 14, 15 -- 1867--1868) sowie die bekannte Monographie ,,Unter- suchungen fiber den Erregungsvorgang im Nerven- und Muskelsystem" (21 -- 1871) widmete B. dem Problem der F0rtpflanzungs- geschwindigkeit der negativen Sehwankung im Nerven und im Muskel, vergliehen mit der AuslJreitung der Kontraktion, ferner der Frage naeh dem zeitlichen Verlauf der negativen Sehwankung des Nervenstromes (13, 14, 15 -- 1867--1868; 21 -- 1871) und des Muskelstromes (21 -- 1871). B. grfindete diese Unter- suchungen auf sein Differential-l~heot mverfahren~), welches dank den an einem Rade angebraehten Reiz- und Ableitungskontakten einerseits gestattet, bioelektrische Str6me nach einem beliebigen Zeit- intervall naeh vollzogener 1Reizung zum Galvanometer abzuleiten, andererseits es erlnSglicht, behebige homologe Stficke aus einer Serie rhythmisch wiederholter Stromeskurven hcrauszuschneiden und sum- mativ zur Einwirkung auf ein relativ tr~ges Galvanometer zu bringen and aus diesen Werten die Stromkurve selbst zu konstruieren; so wurde zuerst yon B. die steil ansteigende und langsam abfallende Kurve der negativen SchWankung auf Grund yon 10 Einzel- reizungen pro Sekunde ermittelt. Vor Erfindung der photographischen Registrierung des ganzen Schwankungsverlaufes mittels Telephon~),

1) Siehe aueh B.'s ablehnende Kritik der von L. Hermann, ~rotiz fiber eine Verbesserung am repetierenden Rheor (P.flifger's Arehiv Bd. 27 S. 289. 1882) vorgesehlagenen Abgnd6rungen am Differential- rheotom (,~2, spez. S. 229 -- 1886). 2) Die Verwendbarkeit des.Telephons zum Nachweis der elektrischen 10 .! A.v. TsohQrmak: ..

Kapillarelektrometer und Saitengalvanoraeter stellte des Rheotora- verfahren die zwar urastgndliche, dooh souvergne Untersuchungs~ raethode dar. Aber auch heute ist des Rheotom noch sehr wohl zu m~ncherlei Versuchungsanordnungen, zum Beispiel zur Abblendung de~ einen phase yon InduktionsstrSmen, rait Nutzen zu verwenden. Zungchst erwies B. (9 -- 1866; 13 -- 1867), dass die Fortpflanzungs- gCschwindigkeit der negativen Schwankung iibereinstiramt rait der von Helmholtz erraittelten Gesehwindigkeit der Erregungsleitung ira ausgeschnittenen Froschnerven (25--32 m, ira Mittel 28 m) und somit die ,,Dauer" des elektrisohen Vorganges (siehe unten!) an einer unendlich schraa] gedaohten Nervenstreeke zu 0,6--0,7 ~ (~ = 0,001"), die Lgnge der Sohwankungswelle zu 18--19 rare, raindestens zu 15 ram zu bereehnen ist. Zwisehen dera Moment der Reizung und dera Beginn der Schwankung vergeht kein durch unsere Mittel messbarer Zeit- raum (21, spez. S. 58 -- 1871; vgl. aueh 45, spez. S. 333 -- 1882; 55, spez. S. 94 -- 1888). Ira unversehrten Nerven nimmt B. ein Gleichbleiben der Schwan- kungswelle bei ihrer Fortpflanzung an (21, spez. S. ] 52 -- 1871). B. er- wies auoh das Wachsen der GrSsse der negativen Schwankung mit der t%eizstgrke, und zwar noch welt tiber den Betrag des raanifesten Nervenstroraes hinaus, sogar bis zura 8,7faehenl). Auf Grund dieser klassischen Feststellungen betrachtete B. den Vorgang der Erregung als zusamraenfallend rait jenem der negativen Schwankung und bezeichnete die ablaufende bioelektrische Welle geradezu als ,Reizwelle" oder ,Erregungswelle" 2), die lgeiz- welle selbst als ,,des Bild des ira Nerven ablaufenden Erregungs- vorganges" (15, spez. S. ]99 1868). B. hat damit unstreitig Stromesschwankungen im erregten Muskel (bis zur Frequenz von f" 704: S) hat B. mit K. Sehoenlein (41 -- 1881) zuerst erwiesen, Ft. Lee best~i.tigt (Uber die elektrischen Erscheinungen, welche die Muskelzuckung begleiten. Du Bois' Archly ffir Physiol. 1887, S. 204). 1) Spgter hat B. (.%5, spez. S. 76 -- 1888) in besonderen Versuchen gezeigt, dass auch bei fast verschwundenem bzw. dutch inhere Polarisation verdecktem Nervenstrom eine erhebHche negative Sehwankung erfolgt, und dass deren Gr5sse keineswegs in demselben Verhgltnisse abnimmt als die Kraft des Nervenstromes, wie auch des Anlegen eines neuen Quer- schnittes meisc kein merkliChes Wachsen der negativen Sehwankung bewirkt. 2) Dieser Ausdruck ist meines Eraehtens insofern ein reeht gliick]icher zu nennen, als er dem Begriffe des wie imraer besehaffenen ,,Kontinuit~its- reizes" als Grundlage des Leitungsvorganges gerecht wird. Die hgufigere Anwendung des Terminus ,,(elektrische) Erregungswelle" wgre nicht bless historiseh gerechtfertigt, sondern aueh sachlich vo~x Vorteil, zumal da ~nan damit nicht notwendig die L. ttermann' sche Theorie einer elek- trisehen Natur des Kontinuit~itsreizes, ~!so der Wirkung des Aktions- stromes als Leitungsreizes, zu verknfipfen braucht. Julius Bernstein's Lebensarbeit. 11 als erster die Tatsache des wellenfSrmigen Fortschreitens der bioelektrischen T~tigkeits~usserung festgestellt und die Auffassung begrOndet, dass sich die Erregung in Form einer elektrisehen Welle fortpflanzt. Mit vollem Recht hat B. (spez. 107 -- 1904) seine bezt~gliche Priorit~t gegenfiber L. Her: mann vertreten, welcher im wesentlichen B.'s Beobachtungen nur best~tigt und ffir die negative Schwankung den Ausdruck ,,ein~ phasischer Aktionsstrom", for die gleichfalls zuerst yon B. genauer festgestellte Doppelschwankung den Ausdruek ,zweiphasiseher Aktions- strom" 1) geschaffen hat. In messenden Versucheu am ausgesehnittenen Frosehmuskel (Sar- torius oder Adductor magnus et longus) ermittelte B. zun~chst (13 -- 1867) den Wert yon 3 mals Fortpflanzungsgeschwindigkeit, yon 3 als 5rtliche ,,Dauer" (siehe unten!) des elektrischen Vorganges, von 10mm als L~nge derReizwelle. Schondamit ergab sich mit Wahrsehein- lichkeit die Identit~t der Geschwindigkeit yon Erregungs- welle und Kontraktionswelle (zun~chst yon Aeby mit 1 m bestimmt). Der oben zitierte Weft yon 3 a als 5rtliche ,,Dauer" war yon B. an einem nieht hochgradig empfindliehen, tr~gen Galvano- meter (Me ye r s t e in' sehe Spiegelbussole mit einfachem Magnet oder astatisehem Nadelpaar an 1,3 m langem Kokonfaden aufgeh~ngt, ohne Astasierungsmagnet) ermittelt worden. Da B. andererseits damals das Latenzstadium des Muskels nach Helmholtz mit dem relativ hohen Werte yon 10--20 a ansetzte, gelangte er zu der These, dass der bioelektrische Vorgang, wenigstens der H~uptsache naeh, inner- halb des Latenzstadiums ablaufe, so dass im Zustande der Kontraktion des Muskels selbst keine Anderung des elektromotorischen Verhaltens zu bemerken sei. Diese Formulierung erwies sich nach sp~teren Unter- suehungen als nicht ganz zutreffend (siehc unten). (Den Beginn der negativen Schwankung bereits im Latenzstadium hatte schon v. B e z o 1 d (1861), und zwar auf Grund des sehr geringen Zeitunterschiedes im Beginn der prim~ren und der sekund~ren Zuckung, ebenso F. Holm- gren (1864) nachgewiesep.) -- Bei Ableitung von zwei Oberfl~chen- punkten beschrieb B. ~ls erster -- naeh einer nur ungef~hren Angabe yon Meissner und Cohn (1862) -- die negativ-positive Doppel- schwankung des Muskelstromes, welche bald darauf S. ~ayer (1868) mittels des Rheotoms analysierte und sparer L. Hermann 2) als ,,doppelphasischen Aktionsstrom" bezeichnete. Als erster hat B. bereits

1) PersSnlich halte ich den Ausdruck ,,Erregungsstrom" ffir den besten. 2) Derselbe hat die zuerst von B. am Muskel gefundene Doppel- sehwankung zun~ehst am Nerven best~tigt (Untersuehungen fiber die AktionsstrSme des Nerven. Pflfiger's Arehiv Bd. 18 S. 574. 1878 und Bd. 24 S. 246. 1881), was auch B. selbst tat (~, spez. S. 217ff. ~ 1886). 12 A.v. Tsehermak:

1867 den Satz formuliert, dass jeder innerhMb der fortsehreitendeI~ Erregungswelle gelegene 0berfNehenpunkt, sich negativ verh~l~ gege~ jeden ausserhMb der g.rregungswelle gelegenen. Nach den relativ kurzen Mitteilungen aus dem Jahre 1.867 (13, 14~ fiber die Erregungswelle am Nerven und am Muskel brachte eine ausffihrliehe Abhandlung (15 -- 1868) die Besehreibung des I~heotoms und die detaillierten Ergebnisse bezfiglieh des Ne)venstr0ms. Dieselbe wurde spgter (1.871) Ms erster Abschnitt der Monographie ,,Unter= suchungen fiber den Erregungsvorgang im Nerven- und Muskelsysteme" (21) vollstgndig wiedergegeben. Ausserdem enth~lt dieses grundlegende Werk, das auch heute noeh jeder junge Physiologe durehstudieren sollte, als zweiten Abschnitt die ausfiihrliehe Untersuchung fiber den zei~liehen Verlauf der negativen Schwankung des Muskelstromes. In Erggnzung der bezfiglichen ersten Mitteilung (13 ~ 1867) ergeben sich als Mi~telwerte 2,5 s ffir die Gipfelzeitl), 3,9 s ffir die ,,Dauer "~ der 6r~[iehen Negativit~tt, 2,927 m ffir die For~pflanzungsgesehwindig- keit der Reizwelle, 9,75 mm flit die Wellenlgnge am Muskel im Gegen- satze zu 0,6--0,7 s bzw. 28 m und 18,5 mm am Nerven (21, spez= S. 56 -- 1871). Bei der geringen L~nge der Frosehmuskeln nimmt also die Erregungswelle nur etwa 1/% bis 1/.s der Muskelfaserlfinge ein, hin- gegen tin nur kleiner Teil (1/7 bis 1/4 ) der Kontraktionswelle seho~ die ganze Faserl~nge .2). Speziell betont B. das Naehlaufen der ca. 2 t0 mm langen Kontraktionswelle, an weleher sieh am ausgeschnittenen Muske1 ein deutliehes Intensit~t.sdekremen~ ergab, hinter der etwa 10 mm la~ngen Reizwelle mi~ etwa 20 mm Intervall (bei 0,01" Latenzstadium und 3 m Fortpflanzungsgeschwindigkeit -- vgl. 21, spez. S. 59, 90). B. formulierte datums den heute Mlerdings nieht mehr aufreeht- zuerhaltenden Satz: ,,Jedes Element der ~uskelfaser vollzieht erst den Prozess der negativen Sehwankung, bevor es in den Zusta.nd der

1) Obiger Wert war yon B. fiir die Gipfelzeit der ersten Phase der doppelsinnigelx Erregungsschwankung am 3'I. gas~roenemius des Frosehes bei indirekter t~eizung bestimmt worden. Am M. sartorius des Frosehes land L. tIermann (Versuehe mit dem FMlrheotom tiber die Erregungs- sehwankung des Muskels. Pfliiger's Arehiv Bd. 15 S. 233. 1877) mittels des FMlrheotoms eine Gipfelzeit yon 1,1--1,5 a. S. Garten (Uber rhythmisehe Vorgiinge im quergestreiften Skelettmuskel. Abh. d. S~ehs. Ges. d. Wiss. Bd. 26 Nr. 5. 190I; Beitr~ge zur Kenntnis des Erregungs- vorganges der Nerven und Muskeln des Warmblfiters. Zeit.sehr. f. Biol. Bd. 52 S. 534. 1909) erhielt am M. sartorius des Frosehes an der Stelle direkter Reizung 1,6--2,0 s -- naeh ]b~ortpflanzung fiber 20 mm Streeke 2,4--3,6 ~ --, am M. gastroenemius des Kaninehens bei indirekter Reizung 2,0 ~ Gipfelzeit und 8--10 ~ Gesamtdauer der Erregungssehwankung. 2) Dis damaligert Betraehmngen B.'s gewinnen spezielles Interesse angesiehts tier The0rie der kleinsten Wellen yon M: Heidenhain (Plasma und. Zelle II. S. 669ff. Jena. 1'911). Julius Bernstein's Lebensarbeit. 13

.Kontraktion eintritt" (~1, S. 60, 92, 158). Die Erregungswelle. be, traehtet B. als notwendige Vorbedingung der Kontraktionswelle (S. 92). B. stellte auch als erster (21, S. 68) den wiehtigen ~usseren Unter- sohied fest, dass die negative Schwankmlg am Muskel nur bis zur Nullh~ie herabffihren, beim Yerven jedoeh fiber die Nullirfie des Nervem stromes (d. h. seines manifesten Teiles !) hinunter zur Positivit~t fi~hren kann. -- Entspreehend dem Leitungsdekrement am ausgesehnittenen Muskel land B. bei Untersuohung der negativ-positiven Doppel- sehwankung einen deutliehen Unterschied in der ,,Dauer" (0,0039" und 0,0058/'), ebenso eine geringere GipfelhShe im zweiten Falle (21, S. 6r i es ergab sioh also beim Fortsohreiten eine Abnahme der F.rregm~gswelle w~e auch der Kontraktionswelle (21, spez. S. 93) an Geschwindigkeit uncl GrSsse, die wi~ heute als Folge des Leit~ngsdekrements am er~ stickenden Muskel auffassen. B. betrachtete allerdings damals die Abnahme der Erregungswelle bei der Ausbreitung im Muskel- im Gegensatze zmn Nerven -- als einen normal-physiologisehen Vorgang und bezog dieses Verhalten auf Umwandlung yon Molekelbewegung in Massenbewegung im Muskel (21, spez. S. 92ff.). Ffir den Muskel ist B. der Ansieht, den experimentellen Naehweis erbraeht zu haben, dass die Intensit~t der Erregung eine Funktion der Reizwelle ist (21, spez. S. 232), Uber die Fortpflanzungsgesehwindigkeit der Koatraktionswelle in der Muskelfaser stellte B. selbst (21, spez. S. 76ff.) neue Versuehe an, und zwar mit Diekenschreibung am ungespannten Muskel -- unter schritt/ weisem Wandernlassen des Querbfigels entlang dem Muskel. Er er: hielt gegenfiber Aeby (1 m) und Engelmann (1,17 m) den besseren Wert yon G ~ 3,2--4,4 m, Mittelwert 3~869 m, wobei er zur Messung zweekmgssigerweise den Horizontalabstand der Wendepunkte der Zuekungskurven, nicht jenen der unseharfen Abhebungspunkte be- nutzte. Als Wert ffir das Latenzstadium ergab sigh 0,0145--0,0226~', als lokale Dauer der Kontraktionswelle 0,0533--0,098u als L~nge der Kontraktionswelle 198,5-- 380,0 ram. Bei niedriger Temperatur fand sich eine l~ngere Dauer der 5rtliehen Verdickung mit l~ngerem Ver- barren auf dem Maximum, eine deutliche Zunahme der L~nge der Kontraktionswelle. Als interessante Reminiszenz sei hervorgehoben, dass B. zuerst die Anregung ausgesproehen hat (21, spez. S. 92, 242 -- 1871), die Frequenz der Erregungswellen baler AktionsstrSme bei willkfirlicher wie bei reflek- toriseher Erregung zu messen, also Elektromyogramme aufzunehmen. Der dritte Abschnitt der klassischen Monographie (21) bietet Be- obachtungen und Betraehtungen fiber den Zusammenhang yon Er- regung und l~eizwelle am Nerven und Muskel. B. beschreibt zun~ehst seinen akustischen Stromunterbrecher, welcher einerseits -- je naeh L~nge und Dieke der schwingenden Feder -- eine Variation tier Frequenz 14 A.v. Tsohermak: des Stromunterbrechungen (in B.'s Versuchen von 100--1400 Schwin~ gungen pro 1") gestattet, andererseits durch Verwendung eines Queck- silberkontaktes unter Alkohol hohe Gleichmgssigkeit der Einzelreize verbfirgt. B. en~deckte dgmit die Erscheinung einer bloss ~nf~nglich starken, yon schwachem Tetanus gefolgten Kontr~ktion, der so- genannten Anfangszuckung des Muskelsl), bei Zufuh~" yon

1) Ein alleiniges Ubrigbleiben yon Anfangszuekung ohne jeglichen anschliessenden Tetanus konnte B. aueh bei 1760 t~eizen pro 1" nieht erreichen. Ein beztigliches Missverst~ndnis yon It. Kroneeker (Monats- ber. d. Berl. Akad. 6. Dez. 1877) konnte B. zurtickweisen (37 -- 1878). -- Auch bei frequenter Reizung des ~7. isehiadieus a.m Kaninchen konnte B. spates (28 -- 1875) den fiber 300 Reizen leiser werdenden Muskelton his zu b" = 928 Schwingungen eben noeh in gleieher HShe wahrnehmen; dariibes hinaus zum Beispiel bei Reizung mit c"' = 1056 S vom Nerven '~us war der Muskelton um eine Quinte (f" = 704 S) oder um eine Oktave (528 S) niedriger, ohne da.ss ein entsprechender Nebenton im Reizapparat naehweisbar gewesen wi~re. Die Grenze fiir des Schwgcherwerden fi~llt mit der Grenze fiir Auftreten der Anfangszuekung zusammen. Aus dera Ergebnis einer gewissen Selbsti~ndigkeit der MuskeltonhShe (vgl. ~uch den tiefen Muskelton bei sogenannt ehemiseher Reizung dtn'ch Koch- salz) schloss B. atg Veranlagung des ~'[uskels zu einer natfirlichen Periodik der I%eaktionsweise. Bei einer det~illierten Anulysc der Anfangszuckung fal~d K. S c h o e n- lein {XV -- 1882) unter B.'s Leitung, d~ss Anfangszuckung aueh ~n einem Sekundarprgparat zu beobachten ist, und zwar aueh school bei geringerer Reizfrequenz, wenn ngmlich der primgre 1~luskel errniidet is~. Bei Verstgrkung der l%eize geht die Anfangszuekung bei jeder Reizfrequenz in Tetanus fiber, bei extremen tgeizen wieder in Anfangszuekung. Die- selbe erscheint nach der Ktu'venform als einfache Zuekung; bei starkeren Reizen treten ganz kurze Tetani auf. Schoenlein betrachtet die erste Zuekung ale einen Spezialfall des Helmhoitz'sehen Gesetzes, nach welchem sich untermaxim01e Reize noch summieren, wenn ihr Abstand geringer ist als des Latcnzstgdiurn. Die erste Zuekung ist hervorgerufen dureh Summation durchaus nnterwertiger, zur AuslSsung einer Kontraktion einzeln nicht hinreichender Reize. Daraufhin stellte sich Sch. das Problem, ob ~ieht ein Muskel durch lgngerdauernde Induk- tionsrcizung zu rhythmischen Kontraktionen gebracht werden kSnne (analog dem Herzmuskel); er fend auch tatsgchlich ein solches Verh~lten ~na Wasserkafermuskel (2--6 Zuckungen pro 1" bei l:~eizfrequenz 880 bis 1500). -- Fiir des Zus~andekommen der ersten Zuekung kommen zweifellos mehrere 51omente in Betrasht, und zwar: 1. Interferenz tier Erregungen (des heisst wohl besser: Refrakti~rph~se); 2. erregba~'kcitssteigernde Nach- wirkung unterschwelliger Reize, sogena.nnte latente Addition; 3. Er- miidung des ~bertragungsapparates zwischen Nerv und Muskel. B. sclbsC (181 -- 1916) hat mittels seines geradlinigen Induktoriums einwandfrei nachgewiesen, dass bei indirekter Weehselstromreizung die Sti~rke der }luskelerregung bis zu eincr Reizfrequenz yon gegen 200 wgchst, d~rliber hinaus nicht mehr, und bringt dieses Vcrhglten ebenso wie bcreits 1871 in Zusammenhang mit der Dgucr dcr Erregungswelle bzw. der refrakti~ren Periode. Mit obiger Feststellung erscheint auch des Einwand Julius Bernstein's Lebensarbeit, ]5

mindestens 224-360 I~eizen pro 1" (S. 108) 1). B. braehte die Anfangs- zuekung in urs~chlichen Zusammenhang mit der 6rtlichen ,,Dauer" der Erregungswelle im Muskel (yon etwa 1//250''~j, und zwar in der Weise, dass ,,die Anfangszuckung bei schnellfolgenden Reizen aufzutreten beginnt, sobald die entstehenden Reizwellen anfangen, einander zu deeken" ~-) (21, spez. S. 116), und um so sehwacher wird, je mehr die Reizwellen fibereinanderfallen (S. 127). Es trete damit eine Art Inter- ferenz ein 3) (S. 232). B. regt eine Untersuehung des Verhaltens der

von J. K. A. Wertheim-Salomonson erledigt, dass die Anfangszuekung eine rein physikalisehe Folgeerscheinung set (Uber Anfangs- und End- zuekung bet Reizung mittels frequenter WeehselstrSme. Pfliiger's Arch. Bd. 103 S. I24. 1904). 1) Der Frage, in weleher Beziehung die im Muskel freigemaehte Menge aI~ Spannkraft zur Reizfrequenz steht, widmete B. eine eigene Experi- mentahmtersuehung (47 -- 1883). Fiir diese konstruierte er einerL neuen Kraftmesser, ,weleher auf dem Prinzipe der hydrostatisehen Wage beruht. Der Muskel iibt dutch sine besondere Umsehaltevorriehtung einen Druek auf die Gummimembran einer mit Wasser geftillten Metallkapsel. Der Druek wird dutch ein angesehlossenes offenes Queeksilbermanometer ge- messen, das mit einem sehreibendea Sehwimmer versehen ist. Es ergab sieh ein Ansteigen der freigemaehten Spannkraft bet Wachsen der Reiz- frequenz bis 50 odor 108 pro 1", dariiber hinaus keine deutliehe Abnahme der Kraft. 2) Die Anfangszuekung in B.'s Vsrsuehen, in welehen dureh Auf~ hebung eine~ Nebensehliessung im sekundgren Kreise des Induktions~ apparates mit akustisehem Stromunterbreeher gereizt wurde, ist nieht etwa auf eine physikalisehe Komplikation -- n~mlieh hShere Intensiti~t des ersten I~eizes der Serie (wie dies bet Sehliessung des prim~tren Stromes bzw. bet Beginn der Federsehwingung der Fall wi~re!) -- zu beziehen. B. hat dies mit Reeht gegeniiber Setsehenow's Einwand (Pfliiger'.~ Arehiv Bd. 5 S. 114. 1872) hervorgehoben (2~ -- 1872). Den korrektelx Verlauf der Induk!gionsstrSme am akustisehea Strom- unterbreeher sieherte B. noeh durch Beseitigung des IDffnungsfunkens -- eventuell unter Einsehalten eines Galvanometers mit Nebensehliessung in den primgren Kreis zur Kontrolle (47 S. 93 -- 1883). Er verwendete zu jenem Zweeke einerseits an der Rolle des Unterbreehers eine Neben- sehliessung aus 1 m induktionsfrei gewiekelten, 0,2 mm diekeu Kupfer- drahtes oder aus einem Fl~sehehelt mit Cu-Polen in CuSO~-LSsung (bzw. Zn in ZnSO~), andererseits noeh eine zweite Nebensehliessung (11,5 in eines 0,4 mm starken Cu-Drahtes) fiir die prim~re Spirale des lnit dem Unterbreeher verbundenen Induktoriums (~7 S. 123 -- I878; 47, spez. S. 94 -~ 1883). Es wird dadureh eine weitgehende Gleiehwertigkeit der einzelneIi Unterbreehungsakte und sine nahezu vo|lkommene Ausgleichung yon Sehliessungs- and Offnungsstrom erreieht. 3) Bet Versuehea tiber Anfangszuekung und Sehwellenbestimmung ftir Reize versehiedener Frequenz ist sehr wohl zu beriieksiehtigen, dass die Intensitgt der EinzelinduktionsstrSme herabgehen muss, sobald die Sehliessungsdauer unter die Zeit sinkt, welehe der primi~re Strom braueht, um ureter Kompensierung der sieh entgegenstellenden Sehliessungsextra- str5me bis zur konstantbleibenden ,,vollen '~ HShe auzusteigen. Unter- 16 A.v. Tsehermak: negativen Schwankung naeh Doppelreizung mittels Rheotom an (S. 233). -- Heute sehliessen wir, dass bei einer so rasehen Reizfolge der zweite Reiz bereits in das durch den ersten t~eiz gesetzte rela- halb dieses Wertes wird die Intensit~t der Einzelreize mit wachsender Unterbreehungsfrequenz bzw. mit abnehmender SChliessungsdauer immer geringer, n~hert sich also dem Sehweilenwerg ffir den gegebenen 5~[uskel, um schliesslieh unterschwellig zu werden. (Zuerst yon E. du Bois- Reymond erkannt, Ges. Abt, I. S. 254; 5~on B. wiederholt hervorgehobem speziell 22 -- 1872; 37, spez. S. 122 -- 1878; 47, spez. S. 95 -- 1883.) -- Ein fast momentanes Ansteigen und Abfallen des prim~ren Stromes und eine fast momentane Dauer der InduktionsstrSme, welehe selbst bei Unterbreehungen zu mehrOren Tausend in der Sekunde nieht iibereinander- fallen, lgsst sieh hingegen erreiehen, wenn man als prim/ire und sekundfire Leiter nieht Spiralen, sondern parallele Ziekzaekdr~hte, also ein sogenanntes geradliniges Induktorimn naeh 13 ernstein (131 -- 1916) verwendet. Aueh muss zu diesem Zwecke der akustisehe Stromunterbreeher yon einer selbsti~ndigen Stromquelle betrieben und die Sehliessung und I)ffmmg des Primarkreises dureh einen mit der sehwingenden Feder isoliert ver- bundenen Hg-Kontakt oder einfaeh dureh einen zweiten, konsonant ge- stimmten akustisehen Stromunterbreeher bewerkstelligt werden, dessen Spirale in den Kreis des ersten Unterbreehers miteinbezogen ist. Das wiehtige, noeh heute nieht erschSpfte Problem des tats~ehliehen Reizver]aufes in unseren physiologisehen Apparaten gegenfiber dem theo- retiseh angenommenen behandelte B. dutch Studien fiber den Verlauf der InduktionsstrSme (19--1870; 20--1871; 60 -- 1890). Er erwies zun~ehst (20 -- 1871) das Auftreten elektriseher Sehwingungen bei in- duktionswirkung. So liessen sich in einer Spirale naeh 0ffnung eines Kettenstromes alternierende Oszillationen naehweisen, welche nach Aus= weis des Differentialrheotoms dureh 1 z naeh der 0ffnung ablaufen und 0,1--0,05 z Einzeldauer haben. Der sogenannte 0ffnungsinduktionsstrom einer offenen sekund~ren Spirale besteht demnaeh aus einer Sehar raaeh abklingender rhythmisctier Weehselstr5me (etwa 10--20), wahrend in einer dauernd gesehlossenen Sekund~rspule nur positive Phasen auf- treten, jedoeh dureh 1/~ngere Zeit (2--3 ~). Ganz Analoges ergab sieh in besonderen Versueher~ ffir den Offnungsvorgang in der prim/iren Spirale. [Das Vorkommen solcher elektriseher Sehwingungen in einer unter grossem Widerstand gesehlossenen S ekund/~rspirale hatte /ibrigens bereitb H. v. I~elmholtz (Abh. des nat.-med. Ver, Heidelberg 5, 27, 1860 vgl. aueh Pogg. Ann. Bd. 83, S. 505, 1851 und Ges.Abh. I, 429 und 531) ver- muter.] B. erg~nzte diese Studien an geradlinigen metallisehen und flfissigen Leitern; an den ersteren wurde nur eine Oszillation beobaehtet, an den letzteren hingegen ein mehrfaehes Hin- und Hersehwingen wie an einer Spirale (vgl. aueh die Abhandlung yon Schiller, Pogg. Ann. Bd. 152, S. 535, 1872). Zwei Dezennien sp/iter (.60 -- 1890) sehloss B. daran die phototelephonisehe Untersltehung des zeitliehen Ver- laufes der InduktionsstrSme. Er liess ein schmales Liehtbiindel, das an einem dutch einen Steg mit der Telephonplatte in Verbindung stehen- den Spiegelchen reflektiert wurde, sich auf photographisehem Papier auf- zeiehnen. Die Bilder sind Mlerdings dutch erhebliehe Eigensehwingungen tier Telephonplatte gestSrt, so dass die frfiher yon B. im Prinzip fest- gestellte Schar rhythmiseher Sehwingungen bei 0ffnung nicht heraus- Julius Bernstein's Lebensarbeit. 17 rive RefraIkt~rstadiuln f~llt und daher fast unwirksam bleibtl). Aus B.'s Entdeekuhg ergibt sieh naeh der heutigen Auffassung jeden- falls, dass das Refrakt~rstadium am Muskel d~e damals bestimmte ,,Dauer" der negativen Sehwankung yon etwa x/2~o" bzw. 4 a nicht ~:iberschreitet und kleiner ist als das Latenzstadium, welches damals allerdings auf 0,01--0,02" veransehlagt wurde. B. entwiekelte damals (21, spez. S. 120ff. -- 1871) eine rein physi- kalische Theorie des Erregungsvorganges in der Nerven- und Muskel- laser, nach welcher die &ureh Kontraktion sich ~ussernde Leistung eines Elementes der ~uskelfaser eine Funktion der Erregungswelle sei, und zwar der Geschwindigkeit, mit weleher sieh clie H5he der I~eizwelle in dem betreffenden Element ~ndert (~l, spez. S. 125, 133); demnach .erscheint bloss das Reizwellendifferential als bedeutsam. B. suehte ferner nach Analogien zur An~angszuckung -- d. h. zur GrSssenabnahme des Reizeffektes oberhalb einer gewissen l~eiz- Yrequenz -- an sensiblen Nerven, obzwar diese ja vielfach erst

ein kompliziertes zu sein, indem die Kontraktion yon Vorhof und Kammer eine nahezu gleichzeitige zu sein scheint, wobei 5iters der anodisehe Herzteil etwas voraneilen mag.) Zur Erklarung nahm B. damals Elektrotonisierung der ,,motorisehen" Herznerven an, welche yon den als reflektorischen Zentren betraehteten Atrioventrikular- ganglien naeh Vorhof und Kammer in gegens~tzlicher Langsriehtung verlaufen: Die Erregungsleitung yore Vorhof zur Kammer daehte sich B. schon damals als ohne Vermittlung der Atrioventrikular- ganglien zustandekommend. -- Heute werden wir, naehdem eine erregende Wirkung der Kathode, eine hemmende der AJ~ode aueh am Herzmuskel siehergestellt ist (Biedermann 1884), B.'s Ergebnisse auf Katelek~rotonisierung des ,,subsidi~r automatischen" [naeh A. v. Tsehermak~)] atrioventrikul~ren Verbindungssystems zurfiek- f~hren, ohne dass damit allerdings die Erkl~rung bereits vollkommen ware. In der Schlussbetrachtung seiner Monographie bezi~ht B. sowohl die F~higkeit des l~Iuskels elektromotorisch zu wirken als das Kon- traktionsvermSgen auf eine gesetzm~tssige molekulare Anordnung, cleren spezielle N~tur jedoch zunachst ganz dahingestellt bleiben muss (S. 236). Zudem sprach B. bereits damals (21, sl~ez. S, 242 -- 1871) den Plan aus, die negative Sehwankung an den Vorderwurzeln des t~iickenmarkes bei reflektorischer Erregung yon den hinteren aus zu untersuehen, den er erst viel sparer (83 -- 1898) zur Ausffihrung braehte. Ferner ~usserte er die Vermutnng (S. 242), dass aueh bei kfinstlieher l%eizung der Hinterwnrzehl in beliebiger Frequenz die bioelektrische Reaktion der Vorderwurzelu in einem fixen, dem Muskelton der Willkfirerregung entspreehenden t~hythmus (yon Helmholtz auf 32 pro 1" angegeben) erfolgen dfirfte. Aueh kSnnte die einzelne Reizwelle dabei eine Andermlg des Verlaufes erfahren.

Die grundlegende klassische Monographie B.'s, welche wohl die hSchste Leistung seines literarischen Schaffens dieser Art genannt werden darf, bezeiehnet zugleich eine ganze Reihe yon Spezial- problemen, die B. tells selbst welter verfolgte, tells zur Anregung fiir fremde Bearbeiter anfstellte. Wir sahen, dass dieser Anregungswert auch heute noch nicht ersehSpft ist. -- Zungchst sei als Erg~nzung zur ~onographie eine Untersuchung genannt, welehe B. in Gemein- schaft mit J. Ste]ner iiber die Fortpflanzung der Kontraktion und der negativen Schwankung im Sgugetiermuskel(30-- 1873) ausffihrte. An dem yon der nnteren Insertionsstelle abgetrennten

1) Vgl. meine Physiologie des Gehirns, ttandbuch der t)hysiologie, herausg, yon W. Iq~gel, Bd. 4 (1), spez. S. 91, Braunsehweig 1905 sowie meine Abhandlung fiber die Inerv~tion der hillteren Lymphherzen bei den anuren Batrachiern. Pfliigers Arch. Bd. 119, S. 165, 1907. Julius Bernstein's Lebensarbeit. 21 und freigelegten, doeh noeh durchbluteten M. sternoeleidomastoideus des Hundes ergab sieh als mittlere Fortpflanzungsgeschwindigkeit der unter Dekrement sich ausbreitenden Kontraktion 3,5 m (~tir den in- takten Zustand auf 4--5 m gesehi~tzt). Als Latenzstadium wurden 17--28 a, als lokale Dauer der Kontraktionswelle 270--500 a, als Wellenl~nge 1050--1928 mm ermittelt. Die letzteren Werte sind etwa 5--7mal so gross als beam Frosche (ira Mittel 76 a bzw. 240 ram) ; fiir den Kaninehenmuskel in situ reduzieren sich dieselben auf etwa 80 a bzw. 280 mm (Oberschenkel) bzw. ]47 a oder 515 mm (Waden- muskulatur). Fiir die Fortpflanzungsgeschwindigkeit der Erregungs- schwankung ergaben sich an Kaninchenmuskeln Werte zwischen 2 und 6 m, an ,,Dauer" der Schwankung 1,8--3,4 a. Mit zweifellosem Rechte bezeiehnete B. spi~ter (77 -- ]897) seine mit Verdiekungsschreibung am ungespannten Froschmuskel erhaltenen Werte yon 3--4 m Fort- pflanzungsgesehwindigkeit (yon L. Hermann mit 3 m bestiitigt) als einwandfreier wie die von Th. W. Engehnann nach anderem Ver- fahren ermittelte Zahl yon 6 m. Auch bestritt B. die Angabe desselben Autors, dass die Gesehwindigkeit der Erregungsausbreitung yon der Reizst~rke unabhi~ngig sei; zu Anfang des Wachsens der Reizst~rke sei eine Zunahme, fiber ein bestimmtes l=~eizmaximum hinaus Konst~nz festzustellen (77 -- 1897; 82 -- 1898). -- Saehlich schliesst sieh hier an das Ergebnis einer sparer ausgefiihrten Untersuchung B.'s fiber die Latenzdauer am ~usgeschnittenen Frosehmuskei (7~ -- 1897). Bei photographiseher t%egistrierung der lokalen DickenSnderung mittels Spiegelchen (Reflexionsmethode nach Joh. Czermak) land Do den wohl korrektesten 1) Latenzwert von mindestens 4,8 ~ und darfiber, wghrend Tigerstedt 2) bei l%egistrierung der Zuckung des Gesamt- mnskels Werte his 3 G hinunter bzw. 4--6 ~ als Mittel (gegenfiber dem Mittelwert yon 10 ~ naeh ttelmholtz) angegeben, ja -- ge~dss mit Unrecht -- das Bestehen eines wahren Latenzstadiums fiberhaupt bezweifelt, bzw. mechanische Latenz und Gipfelzeit der negativen Sehwankung als GrSssen gleicher Ordnung erklart hatte. Besonders wiehtig sind B.'s weitere Untersuehungen und Aus- ffihrungen fiber die Dauer der Erregungsschwankung und fiber das Verh<nis yon Reizwelle und Kontraktionswelle. Er ge]angte dabei zu einer gewissen Korrektur seines ursprfingliehen

1) Vgl. die Ausfiihrungen in Anm. 2 S. 60. 2) R. Tigerstedt, Untersuchung fiber die Latenzdauer der 1YIuskel- zuckung in ihrer Abh[ingigkeit yon versehiedenen Variabeln. D u B o is' Arch. f. Physiol. 1885 Suppl. S. 111. -- Vgl. aueh J. Gad's Wert vo~l 4 s als kfirzestes Latenzstadkxm am Gastrocnemius bei Zuekung des Gesamtmuskels (fdber das Latenzstadium des Muskelelementes und des Gesamtmuskels. Du Bois' Arch. f. Physiol. 1879 S. 250). 22 A.v. Tsehermak:

Standpunktes fiber die ,,Dauer" der negativen Schwankung (vgl. oben S. 10, 11, 12, 13). Seine ursprtingliehen Messungen mit et,wa 4 als ,,Dauer" besehr~nkten sieh eben auf den markanten Teil der Sehwankungskurve bis zum Wendepunkt des abfallenden Astes (so speziell yon B. betont. 76, spez. S. 350--351 -- 1897). Sehon 1871 (21, spez. S. 52) hatte B. bei 10 Reizen in der Sekunde eine fiber das ganze Intervall zweier Reize reiehende negative Naehwirkung beobaeht.et. Bei neuerlieher ErSrterung des zeitliehen Verh~ltnisses yon Erregungswelle und Kont.rakt.ionswelle betonte er sp~ter (55, spez. S. 94ff. -- 1888), dass zwar der elektrisehe Prozess w~thrend des ersten Ansteigens der 3[uskel- kontraktion sehon sein Maximum erreieht und meist sehon tiber- sehritten hat,, dass jedoeh die sehr rasch gipfelnde Sehwankung lang- samer absinkt, und mit. einem allmi~hlieh versehwindenden Ende sehliesst,. Dies konnte beim Rheot.omverfahren, we sich bei perio- $ . diseher Reizung eine stgndige negative Nae!imrkung ergibt., nicht fes*gestellt werden, wurde abet yon L. Hermann 1) bei einmaliger Reizung nachgewiesen. -- Demgemass sei ein wirklieher ,,Endpunkt,'" nieht zu besgimmen; nut sehematiseh wird der sieh deuglieh ab- hebende Gipfelt.eil bis zum Wendepunkt. der Dekreszente als ,,Sehwan- kungsdauer :' bezeichnet. Daneben ist jedoeh ein lgnger dauernder negativer Rest nicht zu verkennen 2). Dieses langsam ablaufende Ende der Sehwankung fgllt je naeh dem Ermiidungs- und ErnKh- rungsznstand des 3/[uskels mehr oder weniger welt fix den Anfang der Kontraktion hinein3). Gleiehwohl bleibe der in der negativen Sehwankung zmn Ausdruek gelangende Erregungsprozess die not- wendige Vorbedingung ftir das Zust.andekommen der mechanisehen Leistung. Allerdings muss die Sehwankung noch nicht ihr Maxi- mum erreieht, haben ~), damit es zu einer Zuekung kommt. Nut entsprieht, die Kreszente der Sehwanknng der Spannkraftsausl6sung, und ist. tats~ehlieh ein grosser Teil der Sehwankung verstriehen, ehe die Zuekung anhebt. Bei dem sp~teren Stndium des in die

1) L. Hermann, Versuehe mit dem FM1-]Rheotom fiber die Erregungs- schwankung des Muskels. Pflfiger's Arch. Bd. 15 S. 233. 1877. 2) Angesichts der neueren Zeitdauerbestimmungen gin Saitengalvano- meter, welehe zum Beispiel am 1Vf. gastrocnemius des t{aninehens einen Wert yon etwa 9 ~ ergeben haben (vgl. S. Garten, Zeigsehr. f. Biol. Bd. 52, S. 534, 1909), ist Mlerdings Vorsieht geboten, um nieht die Dauer der negativen Sehwankung hinwiederum zu iibersehgtzen. 3) Ein analoges Verhalten der naeh etwa 0,13" gipfelnden Erregungs- welle und der erst 0,1--0,29" spg~$er beginnenden Korrtrgktionswelle hat ~. t~. XVIarchand (IX -- 1877; vgl. aueh X -- I878) unger B.'s Leitung am Herzmuskel des t~rosehes festgestellt. Derselbe bezeiehnete aueh auf Grund des kont.inuierlich-ste~igert Ablaufes der Erregungswelle die Herz- kontraktiort als Zuckung, nicht als Tetanus. 4) Vgl. allerdings die Angaben fiber sehr kurze Gipfelzeiten Anm. I S. 12. Julius Berns~ein's Lebensarbeit. 23

Kontraktionsphase hineinfallenden Res~teiles der Schwankung sind diese Vorbeobaehtungen und Definitionen B.'s mehrfaeh nieht beaehtet und daher seine Verlegung der ,,Erregungswelle" in das Latenz- stadium zu Unreeht kritisiert worden 2). Ffir das zeitliehe Verh~l~nis yon Erregungssehwankung und ~uskelt~tigkeit war aueh B.'s Nachweis (84 -- 1890; vgl. aueh Hesselbaeh XXI -- 1884) reeht interessant, dass der yon ihm erstmalig naehgewiesene Zuekungssehall am Froseh- wie Kaninehenmuskel sehon mig dem Beginn der Erregungs- schwankung, also im Latenzstadium, eJnsetzt 2). Wir h6ren also nieht die erst sparer einsetzende meehanische ~uskelaktion bzw. die Spannungs~nderung, sondern bereits den Molekularprozess, dessen elektrisehes Zeiehen die Erregungssehwankung ist. Der mi%els Telephon hSrbare Sehwankungsschall und der daneben mittels Stethoskop zu- geffihrte Zuekungssehall fallen fiir das menschliehe 0hr zusammen, obzwar dieses noeh SehallstSsse yon 2 ~ Intervall zu unterseheiden vermag. B. verwendete bei dieser Untersuehung den sehr zweek- m~ssige n Kunstgriff, die lebenden Muskeln in Gips einzusehliessen. wodureh jede _Pormgnderung ausgesehlossen ist. Bezfiglieh des Nervenstromes fiihrte eine yon B. angeregte und unter seiner Lei~ung ausgeft~hrte Arbeit L. Hellwig's (XXXIX -- 1896)

1) So speziell yon Ft. Lee, Uber die elektrisehen Erseheinungen, wclehe die ){uskelzuekung begleiten. Du Bois' Arch. 1887 S. 210. 2) Es ]gge nahe, diesert Befund fiir den FIerzmuskel zu verwerten. Bei der kompliziert.er~ Natur und Erscheinungsweise des Ekg lasst sieh allerdings nieht der genaue Begirm der bioelektrischen Erregungsschwma- kang fiir dert mechanisch wirksamen Anteil der I-Ierzmuskutatur feststellen, da sieh dieselbe mit jener fiir. den reizleitenden Anteil kombiniert. Wohl aber wgre das zeitliehe Verhgltnis yore Beginn des ersten Herztones und Begin~ der meehanischen Leismng genauer fest- stellbar. Die vorliegenden Zahlenangaben beschranken sieh auf das IntervM1 yon Beginn des ersten Herztones und Beginn der Kammererhebung des Spitzenstosses beinl Mensehen. W. Einghoven und M. A. J. Geluk (Pflfiger's Arch. Bd. 57 S. 617, 1894) geben dafiir den Wert 0,014/' an bei 0,78" Dauer der Herzperiode; H. Gerhurtz (Pfliiger's Arch. Bd. i31 S. 509. 1910) setzt hingegen den Beginn des ersten tIerztones 0,012" naeh Beginn des Kammerspitzenstosses. In letzter Zeit haben iibrigens C. J, Wiggers und A. Dean (Proceed. Soc. Exp. Biol. Vol. I4, p. 12, 1916) eine Zusammensef~zung des ersten Ventrikeltones aus drei Komponenten nachgewiesen, yon denen die erste -- bestehend aus ein bis zwei Initialschwingmlgen --bereits wg~rend der Vorhofs- +rsehlaffung beginnt und in sehwankendem Intervall dem Ans~ieg ~des intraventriktflaren Druekes vorangeht, die zweite hingegen -- bcstehend aus 7--13 unregelmiissigen 1-Iauptschwingungen- mit dem Anfang des Druekanstieges zusammenf~llt, die dritte endlich -- bestehend aus einer weehselnden Zahl yon Finalsehwingungen -- in die Austreibungsperiode fMlt. 24 A.v. Tsehermak:

zu dem Ergebnis, dass die ktinstlichen Querschnitte eines Nerve~ eine allerdings nicht gunz regelm~ssige Potentiuldifferenz -- einel~ sogenannten Axialstrom -- erkennen lassen 1), welche mit der L~nge der Nervenstrecke zunimmt, im Luufe der Zeit ubsinkt, bei Erregung eine negative Schwunkung erkennen l~isst. Von speziellem Interesse ist ferner die Vorurbeit B.'s zu der uns sei~ Ad. Fick so gel~ufigen bedeutsamen Scheidung von AuslSs- b~rkeit (Schwellenreizbarkeit oder Reizbarkeit fin engeren Sinne) und Lcistungsfi~higkeit, obzwar diese Bezeichnungen bei ~hm da- reals noch fehlen 2). Er fund n~mlieh in einer besonderen Experi- mentuluntersuehung (96- 1874), dass im Anelektrotonus des Nerven zw~r die Schwellenreizbarkeit sinkt, jedoch das ~[a.ximum der dureh starke t~eize am Muskel uusgel6sten Erregung steigt: Muximul- zuckung und MaximMsehwankung wachsen im Anelektrotonus -. erstere bis zu einem bestimmten Maximum, let,ztere ohne feststellbare Grenze --, w~hrend im Katelektrotonus das Umgekehrte grit. In der Purallele yon Zuck~mg und Sehwunkung sieht B. fibrigens eine neue Dbereinstimmung zwisehen dem Verhulten des bioelek~risehen und des zuekungserregenden Vorganges. -- B.'s Ideen kniipfen sieh un die be- reits bei Pflfiger ungedeutete Seheidung yon ,,hemmender Kraft" und ,,angesammelter Spannkraft". Er finder, dass obige Tatsuchen s) zu einer Vereinigung der Pflfiger'sehen Theorie vonder Wirkung des konstanten Stromes und der elekt.r~schen Molekulurtheorie yon E. du' Bois-t~eymond Ifihren (Abnahme der Bewegliehkeit der ~olekekt bei Zunahme ihrer Spannkruft im Anelek~rotonns). Immer wieder -- so speziell hier (26, spez. S. 58 -- 1874) -- betonte B. die Willkiir einer Scheidung ~'on Physik nnd Chemic auf dem Gebiete der Erregungs- physiologic; sehon 1874 bezeielmete er ,,chemisehe Affinit~t nnd elektrisehe 3mziehung uls nuhe verwundt". I-Iier sei such der wiehtigen ~ntersuehungen B.'s gedaeht fiber den zei~liehen Verlauf der elektrotonisehen Str6me des Nerx, en a) (39 -- 1880; 51, 52 -- 1886). Dieselben fiihrten -- sowohl

1) In Bestgtigung von E. du Bois-I~.eymond, Ges. Abh. II. S. 196 und 230, 1877, m~d 5I. ~Iendelssohn, Uber den axiMen Nervens~rom, Du Bois' Arch. 1885 S. 381. 2) Spiiter kgm B. wiederholt auf diese Scheidung zurfick, so spezielI 85, spez. S. 324ff. -- 1877, 116, spez. S. 133 --1908. Vgl. auch A. Tschermak [L, spez. S. 230- 1902). 3) Seine Beobachmngen Melt B. in einer Polemik (27 -- 1874) mit L. I-termann (Zur Aufkl~rung und Abwehr. Pflfiger's Arch. Bd. 9 S. 28. 1874) aufreeht: 4) B. war der erste (i880, 1886 -- reklamiert 107--1904), weleher die Entwieklung und FSrtpflanzung der elektrotonisehen Str~ime am Nerven mauss -- eine Untersuehnng, welche L. Hermann wiederholte Julius Bernstein's Lebensarbeit. 25

bei Langs-Querschnitt- wie bei L~ngs-L~ngsschnittableitung -- zu dem teilweise bereits yon Tschirjew 1) (1879) erhaltenen Ergebnis, dass diesen Str6men eine messbare Entwickhmgszeit zukommt. Die Ausbreitung des Anelektrotonus erfolgt nach B. mi~ einer Geschwindig- keit yon 8 m (6--16 m)pro Sekunde, jene des Katelektrotomts mit ~hnlicher Gr6ssenordnung (nach der efl~en Mettiode 3,29--5,64 m, nach der anderen 9,47 m -- wahrscheinlich 9--10 m). Der katelektrotoni- schen wie der anelektrotonischen Schliessungswelle eilt die negative Erregungsschwankung bzw. der doppelphasische Aktionsstrom voran. Der konstante Strom vermag dabei, sowohl in aufsteigender als in absteigender Richtung verwendet, unter Umst~nden eine absolut- negative, d. h. zur Umkehrung des manifesten Nervenstroms ffihrende Erregungsschwankung auszul6sen. -- Den Ergebnissen B.'s traten sp~ter solche aus der Schule L. Hermann's 2) gegentiber, welche bei Benfitzung eines Fallrheotoms keine Entwicklungszeit, also keine Wellenf6rmige Ausbreitung des Elektrotonus, speziell des Anelektro- tonus, feststellen konnten. Die Verschiedenheit der Resultate ist meines Erachtens noch nicht aufgekl~rt; die Ergebnisse B?s k6nnten sich auf die physiologische, jene yon Hermann auf die physikalische Seite des Elektrotonus im~Sinne E. Hering's beziehen 3). Spezielle Untersuchungen widmete B. (65 -- 1890) -- im Anschlusse an E. du Bois-l%eymond ~) und Hermann 5) _ der recht reiz- vollen Frage nach der inneren Polarisation des leitenden Gewebes, speziell dem Ablauf der Depolarisation, d. h. des Nachstromes nach 0ffnung eines dem Muskel zugefflhrten konstanten Stromes 6). Es und in ihren tatsachlichea Ergebnissen vollkommen bestatigte (Pfliiger's Arch. Bd. 35 S. 1. 1885 und Bd. 71 S. 237. 1889). 1) S. T s c h i r j e w, Uber die Fortpflanzungsgeschwindigkcit der elekto- tonischen Vorg~nge der Nerven. Du Bois' Arch. 1879 S. 525. 2) L. Hermann (mit v. B~ranowski und v. Garr6), Uber die Ge- schwindigkeit, mit. welcher sich der Elektrotonus im Nerven verbreitet. Pflfiger's Arch. ~1, 446, 1880. 3) Vgl. W. Biedermann, Elektrophysiologie S. 683, 697ffi Jena 1895; A. v. Tschermak, Elektrophysiologie. In W. Ellenbergers' Handbuch tier vergl. Physiologic der Haustiere S. 506, spez. S. 525. Berlin 1910. 4) E. du Bois-Reymond, Ges. Abh. zur allg. Muskel- und Nerven- physik. Nr. II S. 13 und Nr. XX S. 191; Untersuchungen II (2) S. 377. 5) L. H e r m a n n, Ullt ersuchungen iiber die Polarisation der lV[uskela und Nerven. Pflfiger's Arch. Bd. 42 S. 1. 1888. 6) Beziiglich der Ionenkonvektion bei Polarisation bemerkte B. (66 -- 1890) gegeniiber N. v. Reg6czy's Nissverstandnissen (Pfl~iger's Arch. Bd. 45 S. 620. 1889), dass bei Zuleitung eines konst~nten Stromes zu ~[uskel oder Nerv inhere Polarisation, d. h. Ionenabscheidung an Ele- menten des Gewebes, die gegeniiber der umgebeaden F]iissigkeit polari- sierbar sind, eintri~t und sich daher unter der ~usSeren Anode eine inhere Kathode bildet, an der sich Kationen, z. B. It', Na', sammeln. 26 A.v. Tsehermak:

wurde der zeitliche Verlauf schon in den ersten Momenten naeh der 0ffnung unter gheotombenfitzung festgestellt (beginnend yon etwa 0,7--0,8 ~ bei Ableitungsdauer yon etwa 1,5 ~ nach Einzelt)olarisationen yon 7,6--9,1 a), und zwar bei reizloser Durehstr6mung naeh Anlegung yon zwei kfinstlichen Querschnitten oder unter einfacher Querdurch- str6mung des Muskels 1). B. land recht erhebliche Polarisationswerte, die in sehr kurzer Zeit erreicht wurden -- so als Ma.ximalwert der Querpolarisation, die bedeutend starker ist als die Li~ngspolarisation e), 587,1 Millivolt, was bei einem M_uskelfaserdurchmesser von 65,5 ~z als Einzelfaserwert 2,189 m V ergibt, Die Depolarisationskurve weicht erheblich yon einer loga.rithmisehen ab. B. betrachtet die Polarisation an der Grenze yon lebender und toter Muskelsubstanz als die weitaus st~rkste, ebenso die Polarisation am Eintritt und Austritt der Strom- f~den aIs stark fiberwiegend gegentiber der Polarisation im Faser- verlaufe (wie I-Iermann). Er nimmt, an, dass die N[uskelfaser noch in pol~risierbare L~ngselemente (Fibrillen bzw. Molekelf~den) zerf~llt. In einer sp~teren Arbeit zur Theorie der negativen Schwan- kung (76 -- 1897) betonte B. zun~chst seine eigenen Feststellungen fiber l~ngeres Verbleiben eines neg~tiven ]~estes nach Ablauf der Erregungswelle und erinnerte weiterhin dara.n, dass ein Ablaufen des IIauptteiles der negativen Schwankung w~hrend des Latenzstadiums natfirlich nur ffir das einzelne 5~[uskelelement gelte, wie es angen~hert bei Dickenregistrierung beobachtet wird~ nicht a.ber ffir einen beliebig langen Muskel im ganzen. An neuen Versuchen bringt B. daselbst solehe fiber den Einfluss der Bela.stung auf. die negative Schwankung des 5'[uskelstromes -- ein Problem, das B. und seine Schiller noch welter besch~tftigte. Nach der mehr ungefghren Angabe Lamansky's a) aus dem Heidelberger Institute, dass die GrSsse der Erregungsschwankung bei Vorbelastung (nicht so bei s o- genann~er (J'berlastung!) bis zu einem gewissen Maximum waehse.

1) B. (29 -- 1875; 50 -- 1886) untersuchte auch das zeitliche Ent- stehender Polarisation an Platir~ in verdfinnter H~SO4 oder HCl mit Hilfe seines Differentialrheotoms. Es ergab siet~ momenta.ner oder um~nessbar rascher Anstieg zu einem Maximum, weiterhin at~fangs rasehes, dann langsameres Absinken, welches zwar in den erst.en Momenten einer logarithmisehen Kurve entsprieht, weiterhin jedoch dahinter zurtick- bleibt. Aus den so erhal.tenen Zeitwerten l~isst sieh die ,,Abgleichungs- konstante" oder der ,,Depolarisationskoeffizient" berechnen. Ftir andere Elektroden und Elektrolyte hat Krieg unter B.'s Leit,ung diesen Weft bestimmt (XXIII -- 1884). 2 ) In Bestiitigung vot~ L. H e r m ann, Untersuehungen fiber die Polari- sation der Muskeln und Nerven. Pflfiger' s ~a~reh. Bd. 42 S. I, spez. S. 18. 1888. 3) S. Lamansky, (~Tber die negative Stromschwankung des arbeiten- den Muskels. Pflfiger's Arch. Bd. 3 S. I93. 1870. Julius Bernstein's Lebensarbeit. 27 jenseits desselben abnehme, hatte Fr. Schenck l) in freilich unvoll- kommenen Beobachtungen Zunahme der GipfelhShe und Erniedrigung des abfallenden Sehwankungsteiles angegeben. "B. stellte zun~ehst das Waehsen der Gesamtschwanku~g, d. h. des Integrals der Einzel- sehwankungskurve bei Steigen der Arbeitsleistung lest (76, spez. S. 362 -- 1897); bei kurzdauerndem Tetanus ergab sich hingegen meist eine Abnahme des Integrals bei zunehmender Belastung (76, spez. S. 371). Eine Beeinflussung des Endteiles der Sehwankung bei zunehmender Spannung bezeiehnete B. wohl als denkbar (76, spez. S. 367), jedoch als bisher unerwiesen, da bis dahin entscheidende Versuehe fehlten. -- Solche braehte erst eine sp~tere, gemeinsam mit A. v. T s e h e r m ak ausgeffihrte Untersuehang mittels des Kapillar- elektrometers 2) (98 -- 1902). Dabei wurde der prinzipiellen Forderung

1) F. Schenek, Uber den Eirffluss der Spannung auf die negative Schwankung des Muskelstromes. Pfliiger's Arch. Bd. 63 S. 317. 1896. 2) Im Ansehlusse hieran wttrden in besonderen kapillarelek- trisehen Versuchen die grundlegendet~ Beobaehtungen yon Lipp- manu (Ann. de ehim. et phys. 5. s6r. t.,5) fiber den reversiblen Zu- sammenhang yon kapillarer Bewegung und Potentialerzeugung wieder- holt. Dabei konnte A. v. Tsehermak (mitgeteilt bei B. 95, spez. S. 272 -- 1901) an einer Naehbildung des d'Arsonval'sehen Modells (Gummi- :sehlaueh dureh Seheiben yon spanischem Rohr in Kammern mit Hg und tL, SO4 gegliedert) einerseits bei Dehnung wie bei Entspannung bzw. bei akustisehen Sehwingungen StrSme ableiten, andererseits bei Zufiihrung yon Wechselstr6men Verkfirzung bzw. akustisehe Schwingungen er- hMten. -- Ferner liess sieh (B. 96 -- 1901) an einer Tropfelektrode, be- stehend aus einer mit Hg geffillten Kapillare, welehe innerhalb von tt~SO4 tropfenweise ausfliesst, das Entstehen eines sehr kurzen Strom- stosses (yon etwa 0,02" Dauer) im 5{omente des Abreissens jedes einzelnen Tropfens naehweisen -- entspreehend der Zeit, in weleher sieh die Potential- differenz zwisehen der frisehen I-Ig-Fl~ehe und dem Elektrolyten aus- bildet bzw. zu einem konstanten }Vert ansteigt. Atff Grund anderer kapillarelektriseher Versuehe (107 -- 1904) be- reehnete B. die Dieke der bei kapillarelektrisehen Erscheinungen in Aktion tretenden Sehieht zwisehen Queeksilber und Sehwefels~ure

-- und zwar unter der Anrtahme, dass sieh art tier Beriihrungsfl/iehe eine molekulare Sehieht yon I-IgO bildet, welehe bei Applikation der Kathode eines konstanten Stromes dutch Konvektion yon I-I" -Ionen zu I-Ig reduziert wird. Als Weft ergab sieh 6,18.10 -7 ram, was dem GrSssenwert einer. Molekel entsprieht, w/ihrend ffir die molekulare WirkungssphKre etwa der zehnfaehe Weft (10 -5 his 10-6) anzunehmea ist (vgl. S. 54 Anm. 3.) B. (98, spez. S. 291 -- 1902) bemiihte sieh aueh, in Verein mit A. v. Tsehermak (1902), die Ablenkung der Kathodenstrahlen dureh Elektromagnetismus -- erzeugt d~lreh bioelektrisehe StrSme -- zu derek1 Naehweis zu beniitzen. Doeh reiehten die ihm zu Gebote stehendelx Apparate nut zmn Naehweise des Muskelstromes aus. In besonderen physikalisehen Versuehen (78 -- 1897) studierte B. die gegenseitige Ab- stossung zweier gleiehgeriehteter Kathodenstrahlbiindel (Crookes) und fand mit Hilfe yon besonders konstruierter~ RShren eirmn direkten Ein- 28 A.v. Tsehermak:

entsproehen, dass nur die auf ihr elektromotorisches Verhalten ge- prtifte L~ngsschnittpartie des Muskels auch als arbeitende Strecke benutzt und versehi'edener lokaler Belastung unterworfen wird. Es erg~b sieh, dass Vorbelastung den Muskel in einen Zustand versetzt, in welchem er auf einen maximalen ]~eiz mit einer an GipfelhShe wie Fl~cheninhalt bis zu einer gewissen Grenze wachsenden negativen Sehwankung und mit erhShter Zuekungsarbeit reagiert. Und zwar w~ehst die Arbeit mit dem Grade der Vorbelastung verha~ltnismi~ssig rascher, erreieht aber erst sparer ihr Maximum als die negative Sehwankung und die W~rmeproduktion. Es ergibt sieh daraus der Schluss, dass bei wachsender Belastung nieht bless die UmsatzgrSsse, sondern auch der Nutzfaktor oder Wirkungsgrad anpassungsweise w~chst~). Die verst~rkte mech~nische Leistung selbst ist mit einer m~ssigen Abnahme and wohl aueh Verkiirzung des abfallenden Schwan- kungsteiles verknOpft. Dementsprechend ergab sich auch eine dureh- sehnittliehe Engedrigung und Verkfirzung des abfallenden Schenkels der negativen Schwankung bei Isometric ~). Dureh die Untersuchung yon B. und A. v. Tsehermak erscheint eine Beziehung zwischen Be- lastungsgrad und GrSsse des elektrisehen Prozesses sowie zwischen mechanischer Leistung und Dekreszente der negativen Sehwankung festgestellt. Der der Erregungsschwankung zugrundeliegende Prozess stellt demgem~iss einen jener Stoffwechselvorg~tnge im tatigen l~][uskel dar, welche anpassungsweise mit der Belastung wachsen und in der produzierten W~trme zmn Ausdruck kommen s). fluss der einen Kathodenplatte auf die Strahlen der anderen, w~ihrend die Strahlenbtinde] an sieh ohne Einfluss aufeinander sind. Nebenbei sei darauf hingewiesen, dass B. (86 -- 1899) in dan Liehtbfindehl des Nordliehtes Phosphoreszenzerseheinungen, hervorgerufen dureh I<_athoden- strahlen, vermutete. l) Vgl. den ganz analogen Befmld yon O. Bruns am I-lerzmuskel, dass dieser zwar jedesnaal die inaximale Menge latenter Spannkr~ifte um- setzt, dass jedoeh der Wirkungsgrad mit der 1-15he der Anforderung bezw. der durch Druekleistung zu fiberwindenden Widerstgnde wgehsi~ (Untersuehungen fiber die Energetik dos I-lerzlnuskels. S.B. Gas. ~NTatur- wiss. Marburg 21. Jg. 1914.) 2) Bei der allerdilxgs nieh~ einwandfreien Totalisometrie des IWiuskels hatten bereits S. Alnaya unter F. Sehenck's Leitung (Uber die nega- tive Sehwankung bei isotoniseher und isolnetrischer Zuckung. Pf]figer's Arch. Bd. 70 S. I01. 1898) und P. Jensen (XLIV- 1899), weleher jedoch aueh Versuehe init Lokalisolnetrie anstellte, den abfallenden Tell der negativen Sehwankung iln allgemeinen niedriger bzw. steiler ab- fallend befunden als bei Isotonie. 3) Bezfiglieh der sieh hier anschliessenden Frage, welche B eziehung zwischert KontraktionshShe oder Muskelkraft und Dehnung besteht, hstte B. schon 1872 (2~, 2~) kritisch Stellung gcnommen gegen W. Preyer's Aufstellung eines rnyophysisehen Gesetzes: ]ogarithraisehe Julius Bernstein's Lebensarbeit. 29

Beziiglich der Theorie der negativen 8ehwankung hatte B. {54, 55 -- 1888) -- ankntipfend an die Unerregbarkeit des kiinstlichen Muskelquerschni{tes -- eine elektrochemische Molekularhypothese auf- gestellt, der zufolge die Molekeln der Muskelfibrillen in Lgngsreihen 1) geordnet seien [vgl M. Heidenhain's 2) Protomerentheorie des Muskels und Nerven] und dureh Sauerstoffatome in der Lgngsriehtung verkettet seien, wi~hrend oxydable Substanzen daran als Seitenketten verankert seien nnd in Verein mit den 0-A{omen die Fibrillenmolekeh~ polarisieren. Bei irgendweleher Art der Reizung erfolge zwisehen diesen Komponenten 0xydative Reak~ion. Dementspreohend nimmt ]3. unter Einwirkung des konstanten Stromes eine Abseheidung yon 0" an, und zwar auf dem Lgngssehnitt der Muskelr im Be- reiehe der Kathode des polarisierenden Stromes, d. h. an der ftir die innere Polarisa~ion anodischen Stelle -- macht also die Voraussetzung, dass sioh die Molekelreihen der Muskel- und Nervenfaser gegen die umgebende Gewebefliissigkeit ghnlieh verhalten wie ein Metall gegen einen Elektrolyten oder wie zwei einander bertihrende Elektrolyte gegeneinander (vgl. auch 66 -- 1890). -- Diese Theorie spezialisierte B. spiiter (76 -- 1897) -- unter Festhalten an der Ansehauung, dass die Erregungsschwankung der kusdruek einer bestimmten Komponente der im Muskel und Nerven ausgelSsten ehemisehen Energie sei, welehe sich im Muskel in Wgrme und Arbeit umsetze -- folgendermaassen.

Beziehung zwischen Muskelkontraktion und ,,fundamentalem" tZeiz eizlerseits, zwischen Muskeldehnung und Gewicht alzdererseits. Die Rathe- matischen Deduktionen W. Preyer's (Pfliiger's Arch. Bd. 5 S. 294 u. 483. 1872; Bd. 6 S. 237 u. 567. 1872 sowie Bd. 7 S. 200. 1873), welche stch ~uf Versuche A. W. Volkmann's (Zur Theorie der Muskel- krgfte. Ber. d. Sgchs. Ges. d. Wiss. 1870 8. 57) stiitzten, die ein festes Verha.ltnis zwischen KontraktionshShe und der dieselbe an~ullierenden DehnungsgrSsse zu ergeben schienen, wurden fibrigens auch voe B. Luch- singer (Ffliiger's Arch. Bd. 6 S. 395 u. 642. 1872; Bd. 8 S. 538. 1873; Bd. 9 S. 201. 1873) abgelehnt. --Eineh 13eobaehtungsbeitrag lieferte unter B.'s Leitur~g M. Levy (XXVIII -- 1886) mit dem Ergebnisse, dass die Kraft des Muskels mit zunehmender Anfangsspannung zuerst be- trgchtlich zunimmt (bestgtigt yon Feuerstein), weiterhin aber deutlich abnimmt. Des Maxhnum der Kraft liegt bei einem Dehnungszuwachs yon 15--17,5 % zur natiirlichen L~nge. -- Des weiteren fend E. Meyer (XLIII -- 1898), welcher unter B.'s Leitung den Einfluss der Spannungs- gnderung w~hrend der Ausfiihrung einer Zuckung -- in Form der so- geuannten ditonischen Wechselzuckung -- studierte, dass auch hiebei ein anpassungsmgssiges Wachsen der Arbeitsleistung so wie bei Vor- belastung oder bei Oberlastung erfolgt, wenn die Belastung im Anfangs- tell der Zuckung eintritt u~d die Reizung nicht minimal ist. 1) An den Sehnenenden werden die als pol~risierb~re Leiter angesehenert Molekelreihen paarweise als kontinuierlich miteinander verbunden be- trachtet (55, spez. S. 42--1888). 2) M. I~Ieidenhain, Plasma und Zelle. II. S. 654ff. Jena 1911. 30 A.v. Tschermak:

Die Kreszente. der negativen Schwankung sei das elektrische Zeichel) des oxydativen Spaltungsprozesses; die Menge der ausgelSsten chemi- schen Energie sei eine Funk~ion der Schwankungskurve. Die De- kreszente entspreehe entweder derWiederansammlung und Assimilierung des Sauerstoffs, bzw. dem Restitutionsprozess, oder dem Verbraueh des aktiven Sauerstoffs w~hrend der Kontraktion. Die letztere MSgliehkeit entsl?rieht der sparer yon B. und A. v. Tschermak (98 -- 1902} gesicherten Tatsacl{e einer H6hena.bnahme des abfallenden Schwan- kungsteiles bei isometrischer Kontraktion. Diese theoret~sehen VorstellungelL welche einerseits noeh stark yon den molekularelektrischen Hypothesen E. du Bois-l~eymond's beeinflusst sindl), andererseits jedoch schon physikalisch-ehemisehe Gesichtspunkte einfr wurden bald yon B. selbst iiberwunden, und zwar durch die selbsti~ndige Ausgest~itung der Konzentrat~ons- und ~embrantheori~ der bioelektrisehen StrSme (seit 1902~ -- ein neues Forschungsgebiet, dem B. nml bis an sein Lebensende seine Kraft ebenso widmete wie der )/[olekul~rphysik der Plasma- bewegung, speziell der Muskelt~tigkeit. Auf beiden Gebieten erSffnet.e B. die ungemein fruehtbare thermodynamische Behandhmg der Pro- bleme. Hiedureh wie durch die Aufstellung der osmotischen Membran- theorie wurde B. einer der Begrtinder der physikaliseh-chemische~ Betrachtungsweise der bioelektrisehen Erscheinungen. Er trat mit seinen Studien und Lehren hervor, als auf diesem Gebiete nur die allgemeine Vermutung W. Ostwald's (1890) fiber dig Bedeutung der Membran-Semiperme~bilit~t ffir die bioelektrischen Str6me, der Hinweis yon Tschagowe~z (1896) auf die Nernst'sehe Formel, die Studien yon ~acdonald (1900) und yon Oker-Blom (1901) vor- lagen, welehe die wesentliche Gleichstellung der bioelektrischen mit osmotischen oder Konzentrationsstr51nen mehr annahmen als streng erwiesen. BMd naeh dem Einsetzen yon B.'s Arbeiten begann -- ab- gesehen ~on B.'s Sehiilern (A. v. Tsehermak, Lesser, Verz~r) -- eine g~nze Reihe yon Autoren sich an dec etektrochemischen Be- trachtungsweise der bioelektrischen S~rSme zu be~eiligen (T s c hag o wetz, ferner HSber, Briinings, Cybulski, Cremer, Galeotti: Pauli u. a.).

1) Yiistorisch bemerkt. B. (101, spez. S. 561 -- 1902), d~ss die du Bois- sche 3~olekulartheorie ullerdings nichts ~nderes seirr sollte uls ein Schema. tier Ver~eilung elektrischer Sp~nnungen an den kleinster~ Teiler~ der Faser. Auch hebt er hervor, dass die yon ihm statuierte Polarisiertheit und Pol~risabilit~ der Fibrillen gegen d~s umgeber~de Cy~oplasm~ ebenso ffir Met~ilf~den. in einem Elektrolyt.en wie fiir h~lbdm~chl~ssige Grenzfl~ichen gelte. Julius Bernstein's Lebensarbeit. 31

B. behandelte einerseits die Thermodynamik der sogenam~ten Dauer- str6me, und zwar der natfirlichen wie des Sekretionsstromes der Haut und der ktinstliehen wie des Lgngsquerschnittstromes, andererseits die Thermodynamik der Frregungsstr6me. Er verwertete dabei als, erster die exakten thermodynamischen Betrachtungen und I~ormeln yon Gibbs und Hehnholtz sowie die Nernst'sche Theorie der Konzentrationsketten zur Feststellung des Charakters der bioelek- trisehen Ketten. B. (101, spez. S. 522--530 -- 1902; 103 -- ]904, und 113, sloez. S. 439--442 -- 1906) ging dabei aus yon der dureh Hehn- holtz gewonnenen Fundamentalerkenntnis, dass ffir die elektro- motorisehe Kraft (E) der umkehrbaren galvanischen Ketten nicht bloss ein reversibler chemischer Umsatz bzw. chemisehe Warme .(Q) -- von positivem oder negativem Vorzeichen -- in Betracht kommt, sondern aueh physikalisehe Momente -- ausgedrfiekt durch eine Wgrmemenge, welche entspricht dem Produkt yon Temperaturkoeffi- zient (dE d. h. Jmderungsgrad der elektromotorisehen Kraft mit der \d T Temperatur) und absoluter Temperatur. Die physikalisehen Momente wirken entweder additiv oder subtraktiv oder bestreiten sogar allein dE die Kraft der Kette -- entspreehend der Formel E=Q @ dT" T. --

Ffir den Biologen ist speziell jene Art von Ketten interessant, welehe W~rme aus dem eigenen Vorrat oder aus der Umgebung in elektro- motorisehe Kraft umsetzen, also endotherm arbeiten (E>Q) bzw. einen positiven Temperaturkoeffizienten \dT = ~' k ) aufweisen. Unter digsen Ketten stehen im Vordergrund die nieht ehemiseh-galvani- sehen, sondern rein physikaliseh-osm0tisehen Konzentrationsketten, in welehen wi~hrend der T~itigkeit ~berhaupt kein Umsatz ehemiseher Energie erfolgt (Q =@). Vielmehr ist bier die ganze elektromotorisehe Kraft physikalischen Ursprungs; sie geht n~mlieh -- naeh Nernst (1889) -- aus W~rme bzw. osmotiseher Diffusion oder Ionenbewegung hervor (E = K. r "dT]"d E~ Die Bestimmung yon Vorzeiehen und GrSsse des Temperaturkoeffizienten gibt also Aufsehluss tiber den exo-, iso- oder endothermen Charakter der Kette' (je naehdem--dE als- k, dT @, q- k befunden wird). Der Befund der ehemischen W~rme (Q) als Null wfirde filr einen rein physikalisehen Ursprung der elektrisehea Energie, also ftir eine osmotisehe oder Konzentrationskette ent- seheiden. -- Bei I-Ialten der i~ussere Stromarbeit (bzw.-w~rme Se) leistenden Kette unter Isothermie, d. h. in einem Kalorimeter, geben 32 A.v. Tschermak: exotherme Ketten eine W~trmemenge C (sogenannte Ketten- oder Organ- w~rme) an das Kalorimeter ab, w~ihrend endotherme Ketten verminderte W~irmeabgabe oder sogar manifeste W~irmeaufnahme aus dem Ka- lorimeter zeigen -- letzteres, wenn der Wfi.rmeanspruch der Kette jenc W~i.rmemenge i~bersteigt, welche infolge der Durehsetzung der Kette dutch den eigenen Strom in dieser entsteht (sogenannte innere Stromw~rme Si). Es gilt demnaeh die Gleichung Se~-Q--C, wobei in dem positiven oder negativen C die GrSsse Si darinsteckt. Bei einer Konzentrationskette, bei weleher Q=0, S,=--C ist, besteht -- bei Vorausset.zbarkeit hochgrad_ig verdflnnter, nahezu vollst~ndig dissoziierter L6sungen -- sehr angen~iherte Proportionalit~it der Kraft mit der absoluten Temperatur. Eine geringe Abweiehung (etwa ~c 1,5 ~ ist auch bei eh~er einfachen unkomplizierten Konzentrationskette da- dutch bedingt, dass die Beweglichkeit bzw. ~berffihrungszahl der Ionen i~berhaupt, speziell abet die relative Beweglichkeit von Kation und Anion desselben Elektrolyten sich nicht ganz gleichm~issig mit der Temperatur ~indert 1). Die vorstehend dargelegten Grunds~tze hat B. als erster zur Unter- suehung der bioelektrischen Str6me angewendet, wobei er die so- genannten t~uhe- und die ErregungsstrOme an tierisehen wie pflanz- lichen Geweben als prinzipiell gleichartig betrachtete. Zun~chst ergab eine mit einwandfreier Methodik'2) ausgef/ihrte Untersuchung B.'s (101 -- I902) am Li~ngsquerschnittstrom des Frosehmuskels 3) bzw. ~n seinem aus der nnvermeidlichen natfirlichen Benetzungs- flt'lssigkeit abgeleiteten Zweigstrom innerhalb der Grenzen 0 o und

1) Diese von B. selbst wiederholt (101, spez. S. 529 -- 1902; 118, spez. S. 496 -- 1906; 121, spez. S. 599 -- 1910; 182, spez. S. 109 -- 1916) hervorgehobene Einsehr~nkung dureh Dissoziationsgrad und Temperatur- koeffizient der Ionenbeweglichkeit muss naehdriieklieh im Auge bchMten werden, ~rrn bei den Beobachtunge.n an bioelektrischen Ketten keine iibertriebenen Forderungen betreffs Ubereinstimmung zu stellen, wle dies manche Autoren meines Erachtens mit U~nreeht getan haben. Uber die zureichende Ubereinstimmung selbst der Bruttowerte B.'s, noch mehr der ir~ durehaus berechtigter Korrektur gewonnenen Nettowerte vgl. S. 33. 2) Der Muskel wurde nach Anlegen eines thermischen Quersehnittes an Streifen yon ungebranntem Ton als Elektroden. angeschlungen und in ein 01bad versenkt.. Unter relativ raschem Temperaturwechsel wurde der i~[uskelstrom am Galvanometer gemessen, und zwar nach dem ~

320 C. einen positiven Temperaturkoeffizienten und angen~therte Pro- port.ionalitat der Bruttowerte (mit -- ],27 % b.is -~ 5,14 ~ o Abweiehung), nehr weitgehende Proportionalit~t der unter Beri]eksichtigung des zeit- lichen Absterbens berechneten Nettowerte (z. B. +0,3 % netto gegen ~3,3~ brutto). Mit Recht betont ]3. (132, spez. S. 109 -- 19~6), dass selbst in physikalischen Verstmhen die Ubereinstimmung nicht besser sein kSnne. Das absolute Ausmaass der thermischen Strom- ~nderung ist allerdings nieht gross, beispielsweise 8 ~'o ~hr 12,2 ~ C. Die geringen, in B.'s Versuehen aufgetretenen Abweichungen berechtigen. wie _B. eingehend darlegte (101, spez. S. 533fL -- 1902), keineswegs zur Annahme einer chemischen Natur der Muskelstromkette, zmnal da sich f~r die chemische Warme (Q) zwisehen 0 ~ und 20 ~ negative, zwisehen 180 und 32 o C. positive Werte ergeben ~rden. Vielmehr ist eine rein physikalische Natur bzw. ein Konzentrationscharakter der Kette sehr wohl annehmbar, ~venn man ~tie sehr plausible An- nahme maeht, dass der Temper~turkoeffizient der Kette zwar stets positiv, aber nicht konstant ist, sondern sich gem~ss einer mit Wende- punkt um 20 o ansteigenden Knrve ~.ndert. Die cIarin angedeutete Komplikation l~sst sieh zurfickf~ihren einmal auf die Beeinfltissung der Beweglichkeit bzw. Uberffihrungszahl der Ionen dureh die Gegen- wart yon Nichtleitern fiberhaupt (nach Arrhenius). Sodann kommt in Betracht, dass die elektive Undurchlgssigkeit bzw. die differente UnlSsliehkeit der zellularen Grenzflhehen.ff~r gewisse Ionen mit steigen- der Temperatur eine zunachst reversible, oberhalb einer gewissen Grenze rasch erfolgende Minderung erfahren dfirfte 1). Als dritte Quelle yon Abweiehungen kommt das nieht gleictim~ssige, sondern ~ngen~hert logarithmische Fortschreiten des Absterbens isolierter Organe in Betr~cht. -- Die Geschwindigkeit der Temperaturgnderung seheint nach der wesentlichen Ubereinstimmung yon B.'s Versuchen mit rascher und mit l~ngsamer Abkfihlung v/ie Erw~rmnng ~m Muskel ohne Bedeutung zu sein, wghrend beim Nerven rascheAnderung negative Erregungsschwankungen des Nervenstromes aust'6st (101, spez. S. 552, 553 -- 1902). Erhebliehe Abweiehungen ergaben sich ffir den Nervenstrom e), 'weleher im Intervall yon 0 bis 18 ~ zwar eine der absoluten Temperatur angen~herte proportionale ~) Zunahme bzw. einen positiven Temperatur-

1) Eine andere MSgliehkeit bestfinde nach /3. (101, spez. S. 553 -- 1902) im Eintreten einer zun~chst reversiblen Konzentrations~inderung in der lebenden Faser rnit der Ternpera.tur. 2) An diesem hatte bereits J. Steiner (VIII --1876) unter B.'s Leitung ein Wachsen nait der Temperatur yon 2 o bis zu einem Maximum zwischen 14--25 ~ darfiber hinaus ein Sinken festgestellt. 3) Mit Bruttoabw~ichungen von + 1,99 %. bis + 6,4 %. Pflfiger's Archiv ffir Physiologie. Bd. 17~. :3 34 A.v. Tschermak:

koeffizienten, bei 180 ein Maximum, zwischen 18 und 32 o jedoch Abnahme, d. h. scheinbar einen negativen Temperaturkoeffizienten aufweist. Zur Erklgrung dieses Verhaltens nimmt B. speziell eine betr~ichtliehe Minderung (etwa nach einer Exponentialkurve v' = ~ T 2 } der Ionen-Impermeabilit~t der Phasengrenzfl~iehen oberhalb 180 an. Im Anschlusse an B.'s Untersuchungen am sogenannten l%uhestrom yon Muskel und Nerv studierte E. J. Lesser (LXVII -- 1907) unter B.'s Leitung die Beziehung des einsteigenden Dauerstromes der Frosehhaut. Er fand -- fussend auf den Vorarbeiten yon Hermann 1) mit W. :Bach, R. Oehler und v. Gendre an der Froschhaut, yon Biedermann 2) an der Froschzunge --, dass die Stromkraft yon 3 bis 300 zwar mit der Temperatur w~chst, jedoch nur fiir ein kurzes Intervall (8--14 e) beim Erw~rmen angen~herte Proportionalit~t zur absoluten Temperatur zeigt. Sonst ergeben sieh erhebliche Abweichmlgen, welche einer- seits auf das unter wie i~ber der Zimmertemperatur besehleunigte Absinken bzw. Absterben mit der Zeit, andererseits auf nur zum Teil reversible ~nderungen der Kette selbst bezogen werden. (Die Haupt- komplikation ist me~nes Erachtens darin zu erblicken, dass zwei ver- schiedengeartete Potentialsprtmgfl~ichen, die Sekretions- und die Ern~hrungsfl~c~m der Froschhaut, in Betraeht kommen, welche ther- miseh versehieden beeinflussbar sind.) Trotz der erhaltenen Ab- weichungen lassen sieh auch die FroschhautstrSme als Konzentrations- str6me besonderer Art betrachten~). Neben der Thermodynamik der Dauerstr6me wurde yon B, (und A. v. T s cherm a k --103- ]904; 113 _u ] 906)auch die The rmodynamik der ErregungsstrSme bearbeitet. Zu schwach hiefiir erschienen die ErregungsstrSme am Nerven und am BIuskel, bei welch letzterem die thermisehe Xusserung des bioelektrisehen Erregungsvorganges dureh jene des Leistungsvorg~nges kompliziert ist, der die mechanische Leistung und die direkte W~rmeproduktion bestreitet. Hingegen er- wies sich das elektrische Organ der Zitterfisehe als geeignet zur Be- antwortung der Frage, ob auch die bioelektrisehen Erregungsstr6me

1) L. Hermann, Beitr~ige zur Lehre yon den Ha.ut- und Seka'etions- strSmen. Pfliiger's Arch. Bd. 17 S. 291 u. 310. 1878; Bd. 18 S. 460. 1878; Bd. 22 S. 30. 1880; Bd. 27 S. 280. 1882; Bd. 34 S. 422. 1884; Bd. 58 S. 242. 1894, 2) W. Biedermann, ~Jber ZellstrSme. Pfltiger's Arch. Bd. 54 S. 209. 1893. 3) Zu diesem Schlusse war vor E. J. Lesser bereits G. Galeotti gelangt auf Grund yon Ableitung mit versehiedenen Elektrolyten (Uber die elektro- motorischen Kr~fte, welehe an der Oberfl~ehe tieriseher Membranen bei Beriihrung mit. versehiedenen Elektrolyten zustandekommen, Zeitsehr. f. physik. Chemie Bd. 49 S. 542. 1910; Ricerehe di elettrofisiologia secondo i criteri della elettro-chlmica. Zeitsehr. f. allg. Physiol. Bd. 6 S. 99. 1907). Julius Bernstein's Lebensarbeit. 35 als KonzentrationsstrSme besonderer Art aufztffassen sind. Zu diesem Behufe wurde am elektrisehen Organ des Zitterroehens einerseits die W~rmet6nung (C) des Organs (mit der spezifisehen Wi~rme 0,8708) wiihrend der T~itigkeit indirekt auf thermoelektrisehem Wege, die hussere Stromwiirme (Se) des dutch kiinst]iehe Nervenreizung aus- gel6sten Schlages mittels eines l%iess'schen Luftthermometers ge- nlessen 1). Da des Organ w~hrend der l~uhe stromlos ist und erst wa,hrend der Erregung bzw. T~tigkeit zu einer Kette wird, kommt als Energie- quelle zun~chst eine zweifellos exotherme Zustands~nderung mi~ ,,Um- wandhmgsw~rme" (U) in Be~racht, w~hrend des Auftreten einer be- sonderen, sei es positiver, sei es nega~iver ehemischer W~rme (Q) daneben fraglieh b]eibt bzw. bei einer Konzentra~ionskette nicht zu erwarten ist. Es ist also die Gleiehung U~-Q:C+Se bzw. Se=U+Q--C zu untersuchen, wobei in der Kettenw~rme C noch die innere Strom- w~rme (Si) enthalten ist, welehe im t~tigen Organ infolge Selbst- durchstr6mung des Organs yon der Nervenplatte naeh der Gallert- platte hin aus Stromarbeit gebildet wird. Die Umwandlungswi~rme (U) ist allerdings nieht als konstant zu betraehten, vielmehr als ab- hi~ngig vonder Ableitungsweise des Organs durch einen Kreis mit gr6sserem oder gerfi~gerem Widerstand2). Bei v611iger Isolierung des Organs~ die in Praxi natiirlich nur unvollkommen m6glich ist, kommt U allein in Frage (Uj----Cj). Die Temperatur~nderungen des elektrisehen Organs w~ihrend der Ti~tigkeit erwiesen sich als sehr gering; des Organ ist sonaeh eher dem Nerven als dem Muskel analog zu setzen. Meist tritt geringe Erwiirmung (bis + 0,005390), seltener Abktihlung (bis --0,00044 ~ zutage; auch gehen thermische und elektrische Leistung keineswegs parallel. Die jeweilige Wiirmet6nung ist offenbar die algebraische Summe yon zwei gegensinnigen Vorg~ingen -- einem exothermen und einem endothermen Prozess, n~mlieh der chemisch bewirkten ketten- sehaffenden Zustands~nderung und der rein physikalisehen strom- erzeugenden Kettent~tigkeit. Hingegen ergibt sich keine Unterlage 1) Di.e Empfindlichkeit des rait H e i d e n h a in' scher Bi- Sb-Thermosaule verwendeten Thermogalvanometers betrug 1 Skalenteil ~ 0,00010257~ C., jene des Luftthemxomet~ers 1 ram im Mittel ~- 0,0016456 g cal). 2) Bei Sehliessung mit geringem Widerstand (Kurzsehluss) kommen als Komplikationen in Betraeht einerseits die MSglichkeit einer effekt- steigernden Selbstreizung des Organs, anderersei~s die MSglichkeit einer Selbsthernxnung dutch die an der Nerveneintrittsstelle geleger~e innere Anode des Sehlages. -- ])ass keine I~mnuniti~t des Zitterroehens gegen den eigenen Schlag besteht, hat J. Steiner (I -- 1874) uhter B.'s Leitung nachgewiesen. Iqaeh den Erfahrungen yon A. v. Tschermak stellt des Seewasser eine ~iussere Schliessung yon hSherer Leitungsfghigkeit dar, als es die Leibessubstanz tier marinen Tiere ist. 3* 36 A.v. Tschermak: ffir die Annahme eines stromliefernden chemisehen Vorganges daneben. Die einzige w~thrend der T~tigkeit des Organs auftretende Wi~rme- quelle ist augenscheinlieh in der Umwandlungswi~rme gegeben. So- weit diese nicht zur Deekung der Stromenergie ausreicht (also im Falle U'~ Se + St), wird W~rme aus dem physikalischen Wfi.rmevorrat des Organs, das ist zun~chst aus der inneren Stromw~rme (Si) oder gar aus der Umgebung, herangezogen. Meistens reieht jedoch die erstere ads, so dass eine positive Restw~rme C--Si fibrigbleibt; je- doeh wurden aueh FMle yon manifester Abkfihlung mit einer priln~ren W&rmeabsorption bis zu -- 0,26g cal (davon 0,1 lg cal aus innerer Strom- w~rme) beobachtet. Ffir den i~usserlichen Nfitzliehkeitsfaktor [Strom- w/~rme : Gesamtw~rme = (Se + Si) : (C + Se)] ergeben sieh sehr hohe Werte, mitunter weit fiber 100 ~o, d. h. das elektrisehe Organ ist. im- stande, W~rme in Elektrizit~t umzuwandeln. Die direkt wie indirekt naehweisbare Endothermie (bis -- 0,093 g eal pro 100 g Organ in 1") weist unbestreitbar auf eine rein physikalisch-osmo~ische Strom- produktion hin und bereehtigt uns, den Tatigkeitsstrom des elek- trischen Organs als einen Konzentrationsstrom, das Organ selbst als eine Konzentrationskette besonderer Art zu betrachten, deren Kon- stitution selbst -- im Gegensatze zu einer physikalisehen Kette -- yon der Temperatur abh~ngig ist. Die Besonderheit jener Kette ist in einer Reihe komplizierender physiologiseher ~omente gelegen, welehe speziell bei der wciteren Untersuchung hervortraten, die B. und A. v. Tsehermak (113, spez. S. 490ff. -- 1906) der Abh~ngigkeit der Kraft des Schlages yon der Temperatur widmeten. Nur innerhalb enger Grenzen (2--100 C.) und unter gfinstigen Verh~ltnissen (Resistenz des Organs gegen Ab- kfihlung) bestand angeni~herte Proportionalit~t der Kraft zur absoluten Temperatur. Es ergab sieh, ~hnlieh wie beim L~ngsquerschnittstrom des Nerven, ein Optimum zwisehen 15 und 20 ~ und zwar anseheinend dutch Thermoadaptation des Tieres versehieblich, hingegen Sinken der Kraft des Schlages gegen 0 und 300 him Der Brutto-Temperatur- koeffizient erseheint demnach Zwischen 0 und 18 o positiv (+ 0,004 bis + 0,07), zwisehen 18 und 300 hingegen negativ (-- 0,027 bis -- 0,048). Physiologische Momente, wie sie in den Temperaturkoeffizienten der Reizbarkeit, der Leistungsfi~higkeiL der nur zum Teil reversiblen thermogenen Ver~nderung der Kette selbst, der Ermfidung, des zeit- lichen Absterbens zum Ausdruek kommen, beeintri~ehtigen augen- seheinlich das reinliche Hervortreten des positiven physikalischen Temperaturkoeffizienten und der angen~herten Proportionalit~t der . Kraft des Schluges und der absoluten Temperatur. Im Sinne yon B.'s osmotiseher Membrant.heorie bezeiehnen es B. and A. v. Tsehermak (113, spez. S. 472 -- 1906) als wahrscheinlieh, Julius Bernstein's Lebensarbeit. 37 dass die den Konzentrationsstrom im elektrischen Organ erzeugenden Elektrolyte bzw. Ionen wi~hrend der Erholung und Ruhe in den elek- trisehen Zellen unter Leistung yon Konzentrierungsarbeit angesammelt werden und nieht erst anlgsslieh der Tgtigkeit gebildet werden. Letzteres warde zu einem relativ hohen Weft yon Umwandhings- wgrme ffihren, wogegen die Beobaehtungen spreehen. u dfirfte sieh naeh den Autoren der kettenbildende exotherme Vorgang auf eine relativ wenig Umwandlungswgrme beanspruehende Zustands~nderung der Zellwand an der Nerveneintrittsseite besehrgnken -- mit dem Effekte einer Steigerung der Ionendurchli~ssigkeit der Zellgrenzzone da- selbst. Dutch die Untersuchung yon B. und A. v. Tsehermak ist zum ersten Male, und zwar auf thermodynamisehem Wege, der Naehweis erbraeht worden, dass die ErregungsstrSme -- zu- ngehst des elektrisehen Organs, wahrscheinlieh jedoch die sogenannten Aktionsstr6me iiberhaupt -- osmotischen Ursprunges sind, also Konzentrationsstr6me darstellen. Bereits auf Grund der festgestellten angen~herten Proportionaliti~t yon Muskelstromkraft und absoluter Temperatur hatte B. (101 -- t902) die osmotisehe Membrantheorie aufgestellt, welehe er dutch weitere Untersuchnngen auszugestalten und zu festigen suchte. Ihr Hauptinhalt ist die bald darauf speziell yon H5 b e r 1) weiterentwiekelte Vorstellung, dass die zellularen nnd intrazellularen ,,Membranen" eine ungleiehm~ssige Durchl~ssigkei~ ffir das Ka~ion und Anion gewisser Elektrolyte besitzen, so dass zwisehen unversebrter 0berfl/iehe und Inhalt bzw. Qnersehnitt einer Zelle, ebenso zwisehen ruhender nnd erregter Stelle eine Differenz an Konzen~ration bestimmter Ionen besteht. Infolge der ionalen Semipermeabilit~t umkleiden sich naeh B. die Zellmembranen mi~ einer elektrischen Doppelsehieht -- beispiels- weise aussen mit durehgelassenen Kalium-Kationen, innen mit zurt~ek- gehaltenen Phosphorsgure-Anionen. Bei der Erregung erfolgt dutch einen exothermen Vorgang eine reversible Ver~nderung der zellularen ~embranen und als Folge davon eine Steigerung der Durebl~ssigkeiC bzw. eine Minderung der elektiven Impermeabilitgt ffir bestimmte Ionen. Die bioelektrisehen Spannungsdifferenzen werden als Membran- potentiale, die Ruhe- wie die ErregungsstrSme als Konzentrations- strSme betraehtet, welche dutch eine I~eihe yon physiologisehen Faktoren kompliziert sind. Der entseheidende Poten~ialsi0rung wird von B. an der unversehrten bzw. ruhenden Zelloberfl~ehe -- am so- genannten Lgngssehnitt --, nieht am Querschnitt bzw. an der erregten Stelle angenommen 2), wghrend yon 0ker-Bloom (ebenso yon Mac- 1) F. I-ISber, Resorption und Kataphorese. Pfliiger's Arch. Bd. 101 S. 607, spez. S. 616. 1904. 2) Sehon friiher (5~, spez. S. 80 -- 1888) hatte B. die en~seheidende 38 A.v. Tschermak:

do'nald -- 1900) zwar schon vor B. den bioelektrischen StrSmen der Chamkter yon Konzentmtionsstr6men zugesehrieben wurde, jedoch die alterative Bildung eines Elektrolyten -- mit Ionen yon ver- schiedener Wanderungsgesehwindigkeit -- ~m Querschnitt angenommen wurde. -- In seinen sp~teren Darstellungen (123 -- 1912 und speziell 125 -- 1913) gibt J~. der INernst'sehen Vorstellung, dass hulbdureh- lgssige ~embranen als elektive LSsungsmittel oder ]3ewegungsmedien far versehiedene Ionen wirken, den Vorzug vor dem Ostwald'sehen Bilde der Ionendiaphragmen. ]3ei der ansehliessenden Er6rterung iiber die Theorien der Phasengrenzkrgfte als Ursaehe der bioelektrisehen Str6me bezeiehnet B. seine Vorstellung ggnz allgemein ale Phasen- theorie, naeh weleher zw~r eine ~ernbran, d. h. eine sprunghaft vet- schiedene Trennungsphase zwischen umgebender ~3iissigkei~ und Zell- inh~it angenommen wird, jedoch die einander gleiehen und entgegen- gesetzten Phasengrenzpotentiale an der Aussen- und Innenfl~che der Membran nieht in ]3etraeht kommen, sondern nur des Diffusions- potential der dutch die Membran getrennten L6sungen ~). Die Phusen- grenzkraft beruht allgemein gesproehen (nach Nernst und l~iesen- feld) auf dem versehiedenen Teilungskoeffizienten far gewisse Ionen in den beiden nieht-misehbaren L6sungsmi~eh~ bzw. auf Unbeweg- liehkeit desselben Ions in dem einen derselben. -- Die Phasengrenz- theorie yon Haber and Klemensiewicz~), welehe auf die Ann~hme einer Membran verziehte~, ~lso Umgebungsfliissigkei~ und ZelHnhalt als nicht misehbare L6sungsmittel direkt ~neinander grenzen l~sst, lehnt ]3. ab, d~ sie die Ents~ehung eines Potentialsprunges nur dureh An- nuhme eines chemischen Prozesses am Quersehnitte erkl~ren k6nne, der Ionen yon versehiedener L6sliehkeit bzw. t~eweglichkeit liefere, so dass die umgebende Fliissigkeit negativ gege~iiber der Zelle ge- laden werde s).

Bedeutung der Langsschnittlsdung und ihrer Xnderung bei der Erregungs- schwgr~kung betont. Diesen Gesichtspunkt hielt er ~ueh bei Aufstellung der Membrantheorie konsequent lest (vgl. 116, spez. S. 158 -- 1908). 1) Vgl. bereits ~r Cremer, Die allgemeine Physiologie der ~erven. l-Iandbueh tier Physiologie, hergusgegeben yon ~V. ~agel, Bd. 4 S. 793ff., spez. S. 872--879 bzw. 875. Braunsehweig 1909. 2) F. t-Iaber und Z. Klemensiewicz, fdber elektrische Phasengrenz- krg~te. Zeitschr. f. physik. Chem. Bd. 67 S. 389. 1909. 3) Zxxr Frage der Phasengrenztheorie mSehte ieh s~lbst bemerken, dass einerseits such bei einer reinen Phasengrenztheorie die M~glichkeit bestiinde, d~ss gerade an der Grenze zweier Phasen 1Krafte bestehen kSnnten, welehe beziiglich Permeabilitgt bzw. Ionenbeweglichkeit im wesentlichen dieselbe Wirkung h~ben, als ob eine gesonderte Zwisehen- phase, eine eigentliehe Membr~n, vorh~nden ware. Andererseits rauss mit Nachdruek betont werden, dass uueh ei~ undifferenzierter Protoplast nicht eine einheitliehe Phase gegen~ber der Umgebungs/ltissigkeit d~r~ Julius Bernstein's Lebensarbeit. 39

Das Wesentliche yon B.'s Auffassung ist die Annahme einer elek- trischen Doppelschicht pr~exsistenter Ionen an den zellularen Mem- branen. Diese Ionen geh6ren den st~ndig vorhandenen P1asmasalzen zu. Die nicht durchgelassenen bzw. im Faserinhalte tmbeweglichen Ionen sind fiir den Potentialsprung am L~ngssehnitt entseheidend. Die am Querschnitt unzweifelhaft ablaufenden Ver~nderungen sind hingegen nach B. (124, spez. S. 397 -- 1913, vgl. auch 101, spez. S. 542 -- 1902) ohne ursi~chliehe Bedeutung fiir die elektrische Erregungsschwan- kung. Wesentlieh ist ferner die seitens B. yon allem Anfange an festge- haltene begriffliche Scheidung des Vorganges der Erregung, der allen reizbaren Plasmen in wesentlieh gleieher Weise zukommt und sich bioelektrisch ~ussert, und des Vorganges der mechanischen Leistung beim ~uskel 1). Beide Prozesse sind zeitlich und stofflich zu trennen, wiewohl der bereits im Latenzstadium voraneilende Erregungsvorgang die Vorbedingung ftir die Leistung yon Arbeit oder Spannung dar- stellt. (Vgl. S. 60. 61.) Eine direkte experimentelle Entseheidung zugunsten der Pri~exsistenztheorie bioelektriseher Potentiale -- gegentiber der seit L. Hermann gleiehfalls in neue Formen gekleideten Alterations- stellt, sondern stets einem heterogenen System koexsistenter Phasen (nach g. Zwasrdemaker) entspricht. In einem solchen mSgen nun gewisse Anteile gegeben sein, welche bereits aus rein physikslisehen Griinden stgndig nach der Gesamtoberflgche des Protoplssten streben und sich dorthin begeben. Dieselben linden sich dementsprechend am mobilen Protoplasms -- selbst bei eruptiver Pseudopodienbildung wie bei Pelomyx~ (Rhumbler) -- immer wieder, wenn such ohne fixe Lage- beziehung der einzelnen Teilehen, temporgr zu einer Grenzphase mit Membrsnfunktion zussmmen. Bei hSherer Differenzierung wird dann die Anordnung dieser Anteile stsbilisiert, also eine stgndige Membran gebildet. Die Membranfunktion, welche der Erhaltung eines spezifisehen Bestandes an InhsltskSrpern bzw. Ionen dient, stellt nach dieser meiner Auffsssung -- ebenso wie die Reizbarkeit, das LeitungsvermSgen, die Kontraktilitgt -- eine Grundeigentiimlichkeit dsr, welche bereits dem undifferenzierten Protoplasms zukommt. Die Dffferenzierung hat nach meiner !V[einung die Bedeutung, jene GrundvermSgen dltrch besondere Bildungen nach bes~flnmten Riehtungen zu orientieren, zu steigern und suszugestslten, in dieser Form st~ndig, zu machen. Hingegen schafft nicht erst die Differenzierung wesentlieh neue GrundvermSgen. -- Die vorstehend angedeutete Auffassung werde ich im zweiteu Teil des ersten Bsndes meiner Allgemeinen Physiologie (I. 1. -- 1916. Berlin. Springer) ngher dsrlegen und begrtinden. l) Als Illustration zur prinzipiellen Scheidung yon Erregungsprozess und Vorgang der mechanischen Leistung sei angefiihrt das Fortbestehen- bleiben des Ekg, speziell der Beeinflussbarkeit der T-Zscke dutch 5r~- liche K4ihlung, an einem isolierten Froschherzen, welches dutch Muskarin ~oder kslziumfreie RingerlSsung zum Stillstand gebrscht wurde (F. K 1 e- witz, Zeitschr. f. Biol. Bd. 67 S. 279. 1917). 40 A.v. Tsehermak:

theorie -- suehte B. auf zwei Wegen zu gewinnen: dutch Unter- suchungen iiber den zeitlichen Verlauf des Durehschneidungs- stromes am Muskel (105--1904; 114- 1906)sowie durch Studien an den ThermostrSmen von Muskel und ~Nerv (121 -- 1910; LXXXI -- 1912; 125 --1913; 132, 135 -- 1916). In ersterer Beziehung hatte Hermunn 1) ein Intervall der Ent- wicklung bzw. des ,,Absterbens" bis zum Wendepunkt der auf- steigenden Kurve yon 2,5 a gefunden. Ebenso hutte Garten 2) eine Gipfelzeit bis zum M~ximum yon 2--3 a erhalten. Unter VerwencIung eines jedesmal sorgf~ltig maximal gesch~rften Knochenz~hnes, den ein elektromagnetischer Fullhammer dutch den auf Kork gelagerten M. sar~orius durchtrieb, gewannen dann B. 3) und A. v. Tsehermak (105 -- 1904)am K~pillarelektrometer- mit Versuehsmitteln, welche ~llerdh~gs in maneher Hinsieht, so in bezug auf grSssere Gesehwindig- keit der Registrierung, an Vollkommenheit zu wiinsche~ iibrig liessen -- sehr steil ohne Wendepunkt ansteigende 4) Schnittstromkurven~ Da deren Bereehnung schon n~ch dem ersten messbaren Intervall von 0,156--0,385 a den Muskelstrom m~ximal erscheinen liess and welter- bin ein anf~ngs rasehes, dann langsameres Absinken ergab, seblossen sie ~uf sofortiges m~ximales Zutagetreten bei der Durchsehneidung, also auf Pr~exsistenz oder wenigstens sehr kurze Entwicklungszeit. -- Bei einer Wiederholung dieser Versuehe mit einer weitgehend analogen Versuchsanordnung, jedoch vollkommenerem Registrierverf~hren, er- hielt hingegen Gart.en 5) deutlich langs~mer unter Wendepunkt an- steigende Kurven, aus denen er bei Zimmertemperatur nur mehr eine Ent.wieklungszeit yon 1,3-- 1,5 a (frfiher 2--3 ~) bei 1,58 ~ Durchsehnei- 4ungsdauer berechnete, w~thrend sieh ~m ~bgektihlten Muskel ohne Bestilmnung der Schllittzeit Werte yon 3,2--5,2 ~ ergaben. Die Ver- sehiedenheit der Beob~chtungsergebnisse glaubte Garten wesentlieh ~uf die I)ifferenz im Registrierverf~hren zurt~ckftihren zu sollen. Ich m6ehte sie jedoeh in erster Linie d~rauf beziehen, d~ss B. und 1) L. I-terrn~nn, Untersuchunge~ fiber die Entwicklung des Muskel- stromes. Pflfiger's Arch. Bd. 15 S. 191. 1877 und ]-Imldb. d. Physiol. hrsg. yon L. Her~nn, Bd. 1 (1) S. 237. 1879. 2) S. G a r t e n, f,J~ber rhythmische Vorg~inge im quergestreiften Skelett - muskel. Abh. d. s~chs. Ges. d. Wiss., M~th:-Physik. K1. Bd. 26 Nr. 5. 190[. 3) B. hatte bereit~ 1888 (55, spez. S. 57) untcr Kritik der Versuche vo~l L. I-Iermarxn die Absicht einer solchen Untersuchung ausgesprochen. 4) Und zw~r vor Eint.ritt der Depression durch die infolge des Schnitt- reizes ausgel~ste~ rh'ythmischen Erregungsschw~nkungen mit 8--10 Intervall (Garten, Buchanan): 5) S. Garten, Experimentel!e Nachpriifung der Untersuchung yon Herrn Professor Bernstein und Tsehermak fiber die Frage: Pra- exsistenztheorie oder Alterationstheorie des Muskelstromes. Pflfiger's Arch. Bd. 105 S. 291. 1904. Julius Bernstein's Lebensarbeit. 41

2/. v. Tschermak in ihren Versuehen die Schneideelektrode in jedem Versuehe auf maximale Schi~rfe braehten und dureh sorgf~ltiges Naeh- sehleifen dabei erhietten. Zudem liess sich in weiteren Versuchen yon B. und A. v. Tsehermak (114 -- 1906) naehweisen, dass schon bei der der Schnittffihrung unvermeidlieh vorangehenden Quetsehung des Muskels eine wachsende Potentialdifferenz zutage tritt. Auch besteht naeh erfolgter Durehtrennung mit der Sehneideelektrode kein reines Anliegen des Quersehnittes, was daraus hervorgeht, dass nachtr~gliehes reinliches Anlegen des Querschnittes eine deutlieh grSssere Potential- differenz erkennen lasst. -- So sehr bei dieser Saehlage eine noeh- malige Wiederholung der Versuehe unter allen Kautelen (speziell steter Elektrodenseh~rfung!) zu wtinsehen bleibt, so muss doch zugegeben werden, dass die Sehnittversuehe an sieh -- infolge der Verkniipfung des Sehnittstrdmes mit einem Quetsehungsstrom und infolge unreiner Quersehnittsableit.ung -- nieht geeignet sind, zwisehen Priiexsistenztheorie und Alterationstheorie zu entseheidem Von der einen Seite k6nnen eben zur Erkl~rung des Anseheines einer mit Verbesserung der Durehsehneidungsteehnik siehtlieh sieh vermindernden, relativ sehr kurzen ,,Entwieklungszeit '' die eben angedeuteten Komplikationen angeftihrt werden. Von der anderen Seite kann dig ~6gliehkeit eines stromerzeugenden Alterationsvorganges yon molekularer Gesehwindigkeit eingewendet werden (vgl. B. 114 -- 1906). In diesem Bewusstsein suehte B. einen anderen Weg zur Ent- seheidung, nnd zwar dutch Untersuehung der Thermostr6me yon Muskel nnd Nerv. B. (121 -- 1910) verwertete und erg~inzt.e zun~chst die grundlegenden Versuehe L. Hermann's 1), welehe das innerliehe Positivwerden der erwgrmten Muskelpartie gegen die kiihlere, ferner den wesentlieh iibereinstimmenden Effekt, yon totaler Temperatur- gndernng des Muskels und von bloss lokaler des Lgngssehnittes, endlich die thermische Inaktivit~it des Quersehnittes ergeben batten. B. be- tonte speziell, dass diese Versuehe den Sit.z des fiir den Thermostrom entseheidenden Potentialsprunges am L~ngssehnitt -- nieht am Quer- sehnitt -- erkennen lassen. Unter Anwendung der Hermann'sehen Ableitungsmethode mit toten Muskelstreifen -- da beim ~uskel die Anwendung yon Koehsalzelektroden innerhalb des 01bades zu st6ren- den Eigenthermostr6men fiihrt (Hermann a. a. 0.; Bernstein 121, spez. S. 591 -- 1910; 132, spez. S. 105 und 109 -- 1916) -- erhielt B. (132, spez. S. 106 -- 1916) selbst bei isolierter Erwiirmung eder

1) L. tIermann, Versuche tiber den Einfluss der Temperatur auf die elektromotorisehe Kraft des 5iuskelstromes. P flii ger' s .Arch. Bd. r S..t63. 1871. ~2 A.v. Tschermak:

Abkfihlung des 3 mm breiten Verbri~hungsquerschnittes keine Spur 1) yon ~nderung der am Kompensator (also unter Vermeidung yon Polarisation) gemessenen elektromotorischen Kraft. Endlieh land B. bei Bereehnung eine angen~herte Proportionalitiit der Kraft des Thermostromes mit der absoluten Temperatur, und zwar aueh bei lokaler Erw~trmung oder Abkiihlung, welche fast dieselbe -- relativ beseheidene -- Wirkung hat wie jene des ganzen Muskels. B. betrachtet die Kraftquelte yon Thermostrom und L~ingsquersehnitt- strom als identiseh, und zwar den Thermostrom als die Differenz des latenten L~.ngsquersehnittstromes der w~rmeren und der k~ilteren Muskelh~.lfte. Liess sich doch in besonderen Versuchen (125, spez. S. 400 -- 1913) feststellen, dass Zerquetsehen des Muskels an der Grenze beider Halften die Kraft des yon beiden abgeleiteten Stromes nieht ~ndert. -- W~ihrend das yon Hermann und B. fibereinstimmend beobachtete ~erhalten der ThermostrSme der Alterationstheorie 2) er- hebliehe Sehwierigkeiten macht und zu der Hilfsannahme nStigt, dass der Absterbeprozess am Quersehnitt ein dureh Erw~irmen nieht mehr besehleunigbares Maximum erreieht habe, l~sst B.'s Membran- theorie die obigen Daten tadellos verst~ndlieh erseheinen: am Quer- sehnitt fehlt eben im Gegensatz zum L~ngssehnitt eine thermiseh beeinflussbare Membran (B. 121, spez. S. 592ff. -- 1910; 1~5 -- 1913). Bedeutsame Abweichungen yon dem Verhalten am IV[uskel ergaben die ThermostrSme am Nerven, welche Verzfi.r (LXXXI- I912) unter B.'s Leitung untersuehte. Beztiglich der Riehtung des inneren Stromes yon der w~rmeren nach der k~lteren Stelle besteht -- naeh Versuehen mit streekenweiser Temperatur/inderung im {)lbad ~) -- zwar zwisehen 0 und 200 C. Ubereinstimmung, oberhalb yon 200 je- doeh ein hSchst unregelm~ssiges Verhalten ~). ]~erner erwies sich 1) L. Hermann selbst hatte mitunter minimMe _~nderungen be- merkt, dieselben jedoeh so wie B. (13~ spez. S. 107 -- I916) als zufiillig und bedeutungslos erachtet, wghrend W. Pauli und J. ~{atula (Der Thermostrom des Muskels. Pfliiger's Arch. Bd. 163 S. 355, spez. S. 375. ]916) darin Andeutungen der yon ihnen beschriebenen Krafti~nderungen yore Querschnitt aus sehen. 2) Aneh nach der Vorstellung yon Oker-Bloom, dass am Quer- schnitt ein Elektrolyt entstehe, w~re thermische Inaktivit~t des L~ngs- sehnittes, nicht aber des Quersehnittes zu erwarten (B. 1~1, spez. S. 593 u. 598 -- 1910). 3) Am Nerven erwies sieh im Gegensatze zum .~iuskel die direkte Ableitung mit Kochsalz-Elektrodenfi~den Ms zulgssig, wghrend tote Nerven nooh immer einen Eigenstrom erkennen liessen. Eine versehiedene Tem- perierung der Elektroden selbst kann Fehler ergeben (F. Verzs LXXXI, spez. S. 256, 276 -- 1912). 4) P. Gr/it z ner, Beitr~ge zur allgemeinen Nervenphysiologie. P f 1Jig er' s Arch. Bd. 25 S. 265. i881; G. Galeotti und F.Poreelli, Influenza della, temperatura helle eorrenti di demarcazione dei nervi. Zeitsehr. Julius Bernstein's Lebensarbeit. 43 beim Nerven aueh der Quersehnitt als thermisch aktiv, indem aueh nlleinige Temperaturi~nderung der abgeleiteten Quersehnittstelle zu zweifellosen, wenn auch weniger kr~ftigen ThermostrJmen ffihrt, die fiber 20 ~ C. regelm~ssiger sind als die vom L~ngssehnitt her aus- gel6sten. W~hrend die Jmderung des Nervenstromes bei totaler Abkfihlung oder Erw~rmung innerhalb gewisser Grenzen der ab- soluten Temperatur angen~hert proportional geht, gilt bei lokaler Temperatur~nderung angen~herte Proportionaliti~t mit der Differenz der absoluten Telnperaturen, d. h. mit der gew6hnlichen Temperatur. Zur Erkl~rung dieses Verhaltens nimmt VerzAr in Ubereinstimmung mit B. (132, spez. S. ]07 -- 1916) an, dass nieht bloss am L~ngsschnitt ein thermisch beeinflussbarer Potentialsprung bestehe, sondern dass sieh beim Nerven ein solcher auch am Querschnitt bilde, und zwar in Form einer Membran entsprechend dem n~ehstgelegenen R anvier- sehen Schnfirringl). Da demnach zwei Potentialsprfinge (bzw. zweierlei 3s yon etwas verschiedenem Verhalten) vorhanden seien, kann Erwiirmung oder Abkfihlung der einen allein nicht der absoluten Tem- peratur proportional wirken, sondern bloss der Temperaturdifferenz. Zu ganz analogen Ergebnissen wie Verzs am Nerven sind -- bei Fortffihrung der Versuehe yon Hermann und B. -- spgter Pauli und ~atula 2) am Muskel gelangt. Ihr Befund, dass nicht bloss der Lgngssehnitt, sondern auch der Querschnitt -- und zwar letzterer schw~cher und in entgegengesetztem Sinne -- thermisch aktiv sei, steht im Widerspruch zu den Beobaehtungen yon tIermann und B. Bei lokaler Abktihlung des L~ngssehnittes fanden Pauli und ~atuta den Abfall der elektromotorischen Kraft des Lhngsquerschnittstromes starker -- ebenso bei Erw~rmung die Zunahme -- als bei Temperatur- i~nderung des ganzen ~uskels; in letzterem Falle subtrahiere sich eben die Wirkung auf den Quersehnitt yon jener auf den L~ngsschnitt. Die beiden Autoren bestreiten daraufhin, dass die Erfahrungen fiber den Thermostrom des 51uskels endgfiltig im Sinne der Pr~exsistenz- theorie entschieden haben; dieselben bes~issen vielmehr naeh keiner f. allg. Physiol. Bd. 11 S. 317. 1910. Vgl. auch S. Gartert's Nachweis voa ThermostrJmen am Ncrvcn und Alleinwirksamkei~ lokaler Abkiihlung am Lgngsschnitt (in bezug auf Verschwinden der positiven Nach- schwankung -- Pfliiger's Arch. Bd. 136 S. 545. 1911). 1) Es wird damit, wie B. (13% S. 107 -- 1916) mit Recht betont, eine wohldiskutable Annahme gemacht, welche an Th. W. Engelmann's Vorstellung von sogenannter ~{askierung des Lgngsquerschnittstromes beim Nerven ankniipft. -- Allgemein kJnnte man meines Erachtens von einer Umwandlungszone mit Membranfunktion an irgendeiner quer- schnittsnahen Stelle sprechen und dieselbe als t~eaktions- oder Resti- tutionsgrcnzphase bezeichnen. Vgl. iibri'gens die Anm. 3 auf S. 38. 2) W. P auli und J. Matula,, Der Thermostrom dds Muskels. Pflfiger' s Arch. Bd. 163 S. 355. 1916. 44 A.v. Tschermak: "

Richtung hin Beweiskraft. Aueh beziiglich der yon ihnen selbst aller- dings nicht im Detail verfolgten Beziehung von Stromkraft und ab- soluter Temperatur mschten sich Pauli und Matnla die grSsste Zuriickhaltung auferlegen. Die beiden Autoren deuten ihre Ergebnisse im Sinne yon Pauli's 1) Theori% derzufolge in der erregten oder ver- letzten Muskel- oder Nervensubstanz elektromotorisch wirksame Ionen, speziell Sgureproteinionen und Wasserstoffionen mit erheblichem Be- wegliehkeitsunterschied ~) -- verschieden yon den im unversehrten Plasma vorhandenen Elektrolyten- gebildet werden.- Die Ver- schiedenheit 6er Auffassung betrifft also den Ursprung der zur Er- kl~rang, der bioelektrisehen StrSme erforderliehen Differenz an Ionen- gesehwindigkeit. B. sieht denselben in der elektiven Wirkung der Phasengrenze als Filter oder besser als LSsungsmittel bzw. ]~ewegungs- medium ftir die [onen vorhandener Binnenelektrolyte des Plasmas, w~hrend Pauli und Matula Neubildung yon Ionen mit primi~r stark verschiedener Bewegliehkeit a nnehmem In der Erkenntnis, dass Elektrolytketten eine annehmbare Unterlage der bioelektrischen Erscheinungen darstellen, stimmen beide Standpnnkte iiberein. -- An dem dauei~den Vorhandensein yon Binnenelektroiyten bzw. Ionen im Plasma und an einer dieselben zuriickhaltenden ~iembranfunktion der Grenzfl~ehe ist meines EraeLtens angesichts des Nachweises, dass das Zellinnere eine erhebliche Leitfghigkeit besitzt (H6ber), nieht zu zweifeIn. Strittig ist meines Eraehtens nur, ob die pri~- exsistenten Ionen oder die infolge der Erregung neugebildeten Ionen oder beide Ionenarten die bioelektrischen Potentiale bedingen. Die Grundlagen ftir d~e tats~chliehe Differenz der Beobaehtnngen yon B. und yon Pauli mit Matuta'sind meines Era chtens noeh nicht vSllig ~ufgekl~rt. So wenig man die einwandfreie Anlegung eines thermisehen Quersehnittes seitens der beiden Autoren. bestreiten kann [was dieselben mit Reeht betoneI~)], so sehr dart die Reinheit der Ab!eitung veto Quersehnitte bezweifelt werden. ~. (132~ spez. S. I03 -- 1916) machte diesbeziiglich ant die auffallend niedrigeren ]~eobach- tungswerte ftir die Kraft des L~ngsquerschnittstr0mes'aufmerksam, ferner (135 -- 1916) auf die kapillare Ausbreitung yon Flfissigkeit veto Querschnitt auf den angrenzenden Lhngsschnitt, wie sic bet direkter Anlegung yon Koehsalzelektroden ohne porSses Endglied (naeh Pauli i) tu l~uli, Die kolloiden Zust~nds~nderungen yon Eiweiss und ihre physiologische Bedeutung. Pfliiger's Arch Bd. 136 S. 483, spez. S. 489. 1910; Die kolloiden Zust~nds~nderungen der EiweisskSrper. t~ortschr, d. n~t,urwiss. Forschung Bd. 4 S. 223, spez. S. 269. 1912. 2) W. ]?~u]i und S. Od6n, Anzeigcr der Wiener Akad. d. ]u 20. Nov. 1913. 3) W. Pauli und" J. M~tula. Der Thermostrom des Mnskels. Gegea J. Bernstein. Pflfiger's Arch. Bd. 165 S. 157. 1916. Julius Bernstein's Lebensarbeit. 45 und Matula) unvermeidlich eintritt. B. deutet daher (132 und 135 -- 1916) die widerspreehenden Versuchsergebnisse als Folgen yon un- reiner, d. h. den L~ngsschnitt mitbetreffender Ableitung des Quer- sehnittes 1) -- eine Deutlmg, welche Pauli und Matula selbst ab- lehnen2), ohne alterdings einen experimentellen Gegenbeweis zu er- bringen. Andererseits ist aber doeh auch mit der MSgliehkeit zu rechnen, dass sich im ~Iuskel -- speziell bei langdauernden Versuehen --, ~hnlich wie beim Iqerven eine Reaktions: oder Restitutionsgrenzphase in der N~he des Quersehnittes bilden kSnnte, wie sie (nach meiner Meinung) allem Anseheine nach beim Verbleiben eines verletzten 'Muskels im lebenden Tierk6rper entsteht und den anf~nglichen L~ngs- querschnittstrom verschwinden l~sst. Immerhin muss heute zugegeben werden, dass eine zwingende, direkte Entscheidung zugunsten der Praexsistenz- oder Membran- theorie auf den von B. eingeschlagenen Wegen noeh nieht erbracht ist. Nur yon weiteren sorgf~ltigen Versuchen, die alle mSglichen Fehlerquellen berficksichtigen und speziell die Potential- sowie die Temperatur~nderungen graphiseh registrieren~ ist eine solche zu er- hoffen. Uberhaupt ist das yon B. ersehlossene Gebiet der thermo- dynamischen B6handlung der Bioelektrik wie der Kontraktionstheorie noeh lange nieht erschSpft. Hat doeh B. selbst (116, spez. S. 148 -- 1908; 130, spez. S. 2, 6 -- 1915) manche wertvolle, bisher ncch un- genfitzte Anregung zur Weiterforschung ausgesprochen! Besonders erfreulich is't es zu nennen, dass B. die Musse land, seinem Hauptarbeitsgebiete noch in den letzten Jahren eine sehr anspreehende zusammenfassende Darstellung -- ,Elektrobiologie" betitelt -- (1~ -- 1912) zu widmen, welche nieht bloss weitere naturwissenschaftliehe und ~rztliehe Kreise mit dem Lehrinhalte der modemen Bioelektrik vertraut maeht, sondern aueh dem l~achmann wertvolle Daten und Anregungen bietet. Enth~lt das Buch doch aueh neue Beobachtungen und Schlussreihen. -- Naeh einer ein- leitenden Darstellung der gesehiehtliehen Entwieklung der Lehre von der tierisehen Elektrizitat wird zun~chst die Theorie der Ketten, speziell naeh der thermod3rnamischen Seite, auseinandergesetzt. Dann folgt eine fibersichtliche Darstellung der elektrischen Vorg~nge im Muskel und Nerven sowie an Herz und Auge. Besonders wertvoll 1) In diesem Sinne kSnnte aueh das yon Pauli und Matu]a (a. a. O. 1916, spez. S. 367, 380, 381) mehrfach beobachtete nachtra.gliche An- .steigen des L/~ngsquerschnit.tst, romes gedeutet werden als Folge davon, dass das Absterben allm~hlich vom Querschni.tt auf den Langsschnitt fortschreitet und dadurch die anfangs unreine Querschnittsableitung naehtr/iglieh zu einer reinen wird. 2) W. Pauli und J. 1VIatula, Der Thermostrom des Muskels. Gegell J. Bernstein. Pflfiger;s Arch. Bd. 165 S. 157. 1916. 46 A.v. Tschermak:

und originell ist das Kapitel fiber die Membrantheorie, der sieh auch das VerhMten der elektrisehen Organe der Zitterfisehe ffigt. Naeh Darlegung der Vorg~nge der inneren Polarisation, welche ]3. auf die Halbdurchli~ssigkeit der l~ibrillenoberfl~tehe bezieht, werden die Haut- und DrfisenstrSme behandelt. Sehr originell und anregend ist die Darstellung yon B.'s elektroosmotiseher Membrantheorie, der zufolge das Dauerpotential der semipermeablen Zellmembranen -- neben dem osmotisehen Druek und dem Quellungsdruck bzw. der Wasser- fixierung seitens der Kolloide ~) -- eine physiologische Bedeutung fiir die Bindung und Festhaltung des spezifisehen Wassergehaltes der lebenden Zellen hat. B. bringt eigene neue Beobaehtungen z) bei fiber die vitale Fixierung yon Wasser in Haut, Muskel und Bl~ttern (123, spez. S. 167--172). Die t~eizbewegungen der Pflanzen ffihrt B. darauf zuriiek, dass die gereizten Zellen infolge Sinkens ihres MembranpotentiMs Wasser an die Gef~sse abgeben und sieh dabei verkleinern, wodureh die Bewegung zustande kommt. Bei der t~fiekkehr zur Ruhelage werde unter Ansteigen des Membran- potentials Wasser wieder angezogen und festgehalten. Sowohl am pflanzliehen wie am tierisehen Protoplasma gilt naeh B. der allgemeine Satz, dass bei Erregung eine Abnahme des Membran- bzw. L~ngs- sehnittpotentials stattfindet, wodurch die erregte Stelle ~usserlich relativ negativ erseheint gegen die ruhende. --- Weiterhin erSrtert B. die Frage, ob die elektrisehen Potentialgef~lle" im Organismus eine Be- deutung ffir den Teilehentra.nsport (Elektrokinese) haben kSnnten -- etwa bei Herstellung der Kernteilungsfiguren, wobei die Kern- schleifen positive Ladung yon der :~quatorialplatte naeh den Zentro- somen transportieren kSnnten (1~ spez. S. I87--196). Es ergibt sieh, dass die Wanderungsgesehwindigkeit der Kernsehleifen jener GrSssen- ordnung nahesteht, welehe Kolloidteilehen in einem entsprecheMen Potentialgef~lle zukommen wfirde a). B.~ Forschm~gsarbeit auf dem Gebiete der allgemeinen ~uskel- und Nervenphysiologie besehr~nkte sieh keineswegs auf das in erster Linie behandelte Gebiet der Bioelektrik, sondern betraf -- wie sehon mehrfaeh hervorgehoben und belegt wurde -- eine grosse Zahl weiterer Probleme. ~ber eine t~eihe yon Arbeiten soleher Art sei, soweit dies 1) Vgl. meine Darstellung in der Allgemeinen Physiologie Bd. 1 (1) S. 152, 175. Berlin 1916. 2) Die beziigliehen, zum Tell gemeinsmn mit W. Lindemann (1908 bis I910) ausgef/ihrten Versuehe harren noch der ausffihrlicheren Ver- 5ffentliehung. 3) Meines Erachtens entbehrt diese gewiss feinsinMge Spekulation gegenw/~rtig noeh zu sehr tier tats~ehliehen Begriindung -- zudem ist die Teilehenbewegung im lebenden Plasma wohl gewiss Meht in erster LiMe elektrokinetiseher Natur. Julius Bernstein's Lebensarbeit. 47 nicht schon in vorhergehendem geschah, berichtet. So hat B. mit seiner Studie fiber Ermfidung und Erholung des Nerven (35 -- 1877) eine sehr anregende Frage angeschnitten, allerdings noch nicht einwandfrei gel6st. Zunhchst demonstrierte B. das viel raschere Er- miiden des Muskels, verglichen mit dem Nerven: yon zwei andauernd indirekt, faradisch gereizten Muskeln bleibt der eine, welcher dureh einen aufsteigenden konstanten Strom, also durch Leitungsblock, in Ruhe ge- halten wird, gut reizbar, auch nachdem die Erregbarkeit des anderen infolge yon Ermfidung sehon vSllig abgesunken ist. Andererseits schafft langerdauernde lokale rhythmisehe oder konstante Nerven- reizung am motorischen Nerven einen Block ffir Erregungsleitung yon einer zentralgelegenen Stelle her -- wie as der Vergleich der Hub- hShe des Muskels bei Reizung an einer mehr zentralen und an einer peripheren Nervenstelle lehrt. Die Kurve der lokalen Erholung steigt anfangs langsam, dann rasch durch einen Wendepunkt hindurch, endlich wieder langsam. Analoges wie ffir lokale elektrische Reizung ergab sieh ffir lokale mechanisehe und chemische Reizung sowie ffir lokMe Erwiirmung. Auch am sensiblen Nerven bewirkt Tetanisierung lokale LeitungsstSrung mit naehfolgender Erholufig. -- Gewiss be- stehen gewiehtige Bedenken, die produzierte lokale Beeintr~chtigung der Leitung als Ermfidung zu betmchten, wie dies B. selbst (35, S. 301) hervorhebt. Eine physiologisehe Ermfidung des Nerven mfisste ja ffir den Leitungsreiz, also bei Leitungsbeanspruchung, nicht bei lokMer Einwirkung zntage treten. B.'s Schlussfolgerung auf Ermfidbarkeit des markhaltigen Nerven wurde bekanntlich von Wedensky (1884), ~aschek (1887), Bowditch (1890) und Szana (1891), Howell (1894), Lambert (1894), Tur (1899), Durig (1901) -- ~hnlieh A. B e c k (1908) -- bestritten, welche auch nach stundenlanger Reizung keine wahre Ermfidung feststellen konnten. Neuerdings gelang jedoch Garten (1903), H. v. Bayer (1903), F. W. Fr6hlich (1904), Burian (1907), Th6rner (1908--1912), L. Haberlandt ~) (1910--1911), Filli6, Arends (1.914) der einwandfreie Nachweis einer wahren Leitungsermfidung, welche allerdings unter physiologischen Verh~lt- nissen nicht in Betracht kommt. Ein sehr bedeutsamer Fund B.'s war der Nachweis einer Erregungs- zeit der Nervenendorgane im Muskel (45 -- 1882). Diesen ,,Zeit- verlust im Nervenendorga.n" oder in der Kontaktzone bestimmte B. am Nervmuskelpr~parat des Frosehes zu 0,0032" im Mittel (myo- graphisch) bzw. 0,0031" (bioelektrisch). Daraufhin bezeichnete B. die Entladungshypothesen (Krause, Kfihne, E. du Bois-l~eymond), 1) Vgl. deren zusammenfassende Darstellung: Uber Stoffwechsel und Ermiidbarkeit der peripheren Nerven. Sammlung anat.-physiol. Versuche: Herausg. yon Gaupp und Trendelenburg. Heft 29. Jena 1917. 48 A,. v. Tsehermak: denen zufolge die Muskelsubstanz durch eincn vom Nervenende aus- gehenden elektrisehen Strom gereizt werden sollte, als h6ehst un- wahrseheinlieh. Er vermutet viehnehr irgendeinen molekularen Vor- gang -- sei es explosiven oder fcrmentativen oder elektroehemisehen Charakters -- yon bestimmter Entwicklungszeit ats Grundlage der ~uskelreizung vom Nervenende aus. Aueh an der heute gesiehCrten Erkenntnis, dass N erv u nd ~r s ke 1 for QuerdnrehstrSmung unempf~nglich sind, hat B. einen nennenswerten Anteil. Unter seiner Leitung hatte zunhehst Bern- helm (Y -- 1874) am Nerven wie am euraresierten ~{. sartorius die QuerdurchstrSmung fa.st oder ganz wirkungslos befunden -- ein Er- gebnis, dem Sachs (1874:) und Tsehiriew (1877) widerspraehen, wi~hrend es Giuffr5 (1880) und andere best~tigten. Bernheim formulierte die Ilegel, dass die zur Hervorbringung gleieher Wirkung erforderliehen Stromst~trken umgekehrt proportional seien dem Kosinus des DurchstrSmungswinkels. -- Sparer erhhrtete die Untersuehung eines anderen Sehiilers yon B., ]). Leieher (XXX -- 1888), die Tat- saehe dcr Unerregbarkeit des euraresierten 1K. sartorius bei reiner QuerdnrehstrSmung im Tauchtroge sowohl ftir konstante wie ffir In- duktionsstrSme. Nach AbtStung der ~uskelenden war der 35uskel aueh dureh L~ingsdurehstr6mnng m~ssiger St~irke nieht mehr zu er- regen, w~hrend er hera.usgehoben flit die dureh Tonspitzen aus der Tanehwanne zugeleiteten Stromzweige bei Anlegen an lebende Partien sehr wohl noeh reizbar ist. L. sehloss, dass rein auf den Quersehnitt einwirkende elektrisehe Ileize effektlos seien. In feinsinniger Weise bentttzte weiterhin B. (72 -- 1895) die Ranvier- sehen Beugungsspektren, welehe bei ])urehleuehtung des Stab- gitters der Q- Seheiben der quergestreiften Muskelfaser entstehen, einer- seits zur Bereehnung der ,,Spaltbreite", for die er den Weft yon 0,0033 mm bei Ruhe land, was dem Abstande der q~-Seheiben im Froschmuskel entsprieht. Andererseits untersuehte er die bei lokal- isometri~eher Kontraktion eintretende Verbreiterung der Spektren (gleieh wie I~anvier, Zoth). Es ergab sieh auf Grund photographi- seher l~egistrierung, dass die guskelsubstanz w~hrend der Kont,raktion liehtdurehl~ssiger wird, wobei jedoeh in den Gipfel der Kontraktion eine Depression f~llt. ])ehnung bewirkt Abnahme der Liehtdurch- l~issigkeit. ])as bereits 1871 (21, spez. S. 242) bezeichnete Problem der reflek- t(~risehen Erregungssehwankung des Nervenstromes hat B. 1886--1898 (83, 84 -- 1898) eingehend mit einem hoehempfindliehen Galvanometer bearbeitet und den bioelektrisehen Reflexvorgang, ebenso die bloss einsinnige Leitung im Reflexbogen festgestellt. Zu- n~ehst wnrden je ein gemisehtfaseriger Ast des Plexus lumbalis gereizt Julius Bernstein's Lebensarbei~. 49 und die beiden anderen Aste zum Galvanometer abgeleitet; weiterhin wurden Vorder- und Hinterwurzeln abweehselnd gereizt bzw. ab- geleitet. Aus der Einsinnigkeit der Leitung sehloss B. auf das Be= stehen einer ,,ventilartigen Einrichtung im Rfiekenmark", welche den Durchgang der Erregungswelle nur in einer Riehtung gestattet -- er ver- mutete diese Einrichtung in der spinalen senso-motorischen Kontakt- zone. An diese Feststellung B.'s sehloss sich eine mehrfache Polemik (90, 92, 94 -- ]900; 99, 100 -- ]902) mit L. Hermann an, der die Er- seheinung der ,,Irreziprozit~it der Reflexleitung'" als allgemein bekannt bezeichnete und au~ eine ganz ungefihre Bemerkung in seinem Lehr- buch verwies, auf welche allerdings kein berechtigter Priorit~tsanspruch gegrfindet werden konnte. B. wie H. iibersahen dabei, dass einer ganz analogen ~lteren Beobachtung yon Mislawsky i) die Prioritit an Publikation gehSrte, ebenso, dass bereits Goteh und Horsley 2) die Einsinnigkeit der Erregungsleitung in der kortiko-muskul~ren Bahn festgestellt hatten. (Ich selbst betraehte die Einsinnigkeit der Er- regungsleitung in Nervenzellketten als Ausdruck einer Versehiedenheit des Erregungsvorganges in den einzelnen Neuronen bzw. als Folge einer verschiedenen elektiven l~eizbarkeit der Folgeneuronen einer Leitungsbahn ~ so dass wohl das Neuron 1 das Folgeneuron. 2, dieses das Folgeneuron 3 zu erregen vermag, nieht aber umgekehrt das Neuron 3 das Vorneuron 2, dieses das Vorneuron 1. Diese Vor- stelhmg brieht allerdings mit der von B. festgehaltenen Hypothese der Identit~t des Erregungsvorganges in allen Nervenfasern.)

II. BeitrSge zur Molekularphysik der lebenden bzw. kontraktilen Substanz. Die im Grunde genommen nicht physiologisehe, sondern philo- sophische Frage nach der Grundlage des Lebens hat B. immer wieder angezogen. Hatte er doeh als junger Mann den bereehtigten Einspruch yon Helmholtz und E. du Bois-Reymond gegen den Vitalismus eines G. E. Stahl u. a. mit seinen Verst6ssen gegen das Prinzip der Erhaltung der Energie a) und die ansehliessenden litera- rischen K~mpfe, welehe durch der ]~arteien Gunst und Hass oft arg verwirrt waren, in der Frage pro und eontra Lebenskraft miterlebt. 1) N. Mislawsky, Sur le r61e des dendrites. C. R. soc. biol. 1895 p. 488. 2) F. Gotch und V. Horsley, On the mamalian nervous system. Philos. Trans. vol. 182 B p. 267, spez. p. 481. 1891. 3) ]3. (40 -- 1880) glaubte allerdings, dass dieses mngekehrt das Recht gebe, ,,alle objektiven Vorg~nge in den Organismen nach mechanischen Prinzipien fiir erkl~rbar zu halten'" -- ein Standpunkt, welchen ich persSnlich nicht teile. Vgl. meine Ausfiihrungen in meiner Allg. Physio- logie ]3d. 1 (1) Kap. I. Berlin 1916. Pfliiger's Archiv ftir Physiologie. Bd. 174. 4 50 A. v~ Tsehermak:

Entsprechend seiner Veranlagungs- und I)enkweise nach der bio- p hysikalisehen, nieht so sehr naeh der kriCiseh-philosophisehen Seite hin pfliehtete B. in einer als Preisverkfindigungsprogrannn ersehienenen Schrift (40 -- 1880) dem Monismt~s eines E. du B.ois-Reymond bei, d. h. er fasste den Lebensvorgang an sieh als einen rein materiellen ehemiseh-physikalisehen auf und setzt ,,an die Stetle der Lebenskraft (lie bekannten Krafte der toten Natur". B. maehte jedoeh gleieh seinem Lehrer E. du Bois-P~eymond 1) Halt vor dem Versuehe einer meehanistiseh-monistisehen Auffassung der psychisehen Er- seheinungen, des Subjektiven 2). Die ph~nomenologisehe Versehiedenheit der [ebenden Substanz gegenfiber dem unbelebten Stoff eraehtete B. speziell dureh das gervortreten yon Kontaktkrgften (Adhesion, Reibung,'Kapillaritiit, Diffusion, elektrisehe Spanuung, Katalyse) an den Grenzen differenter Phasen begrtindet, welehe die besonderen Bedingungen ffir die Wirkung der chemisehen Kr~fte abgeben. Die Kontaktkrafte bewirken Aus- 16sungen wie Hemmungen ehemiseher 'Prozesse. Als Beispiele werden die reaktive Bildung yon Kontaktmembranen (sogenannte kiinstliehe Zellen naeh M. Tr aube), die eventuelle Bedeutung elektrischer Kon- taktkrafte ftir Teitungs- und Waehstumsvorggnge er6rtert. Die beiden Seiten des Lebensprozesses bezeiehnete B. (40 -- 1880) als anenergetische oder thermonegative und als kateneJNetisehe oder thermopositive Veranderung. Interessant i.~t, dass B. hiebei (10, spez. S. 6 -- 1880) das Problem der W~rmet6nung des Entwicklungsprozesses tieriseher Eier bertihrt -- ebenso, dass er die Hypothermie naeh Muskel- anstrengung oder Fieber auf W~rmebindung bei Erholung zurflekffihrt. Demgem~iss betraehtet B. die lebende Materie als einen dureh Kontaktkr~fte regulierten Motekularmeehanismus, der aus Aggregat.en ehemiseh-differenter Molekelgruppen -- sogenannten physiologisehen Molekeln -- zusammengesetzt sei. Di~selben werden als feste, kri- stallinisehe K6rperehen in einer Flfissigkeit angenommen und mit E. v. Brficke's hypothetisehen Disdiaklasten der quergestreiften Muskelfaser identifiziert. B. antizipierte damit in gewissem Grade die Auffassung des Protoplasmas a.ls ,,heterogenes System koexistenter Phasen'" (Zwaardemaker). Aus dem Teilungsvorgange glaubte B. sehliessen zu k6nnen auf eine Anordnung der physiologisehen Molekeln r~aeh bestimmten ]%iehtungen des gaumes, auf eine vektoriale Ver- kettung. Die Bildung physiologiseher ~{olekeln betraehtete B. a,ls

1) E. du BoJs-Reymond, /Jber die Grenzen des Naturerkennens. (1872) i0. Aufl. Leipzig 1907, spez. S. 44. ,,Es ist also das Problem der Empfindung, bis zu dem die anMytische Meehanik reieht.'" 2) Vgl. auch B.'s gektoratsrede (61, spez. S. 12 -- 1890) sowie se/ne Rede zur ErSffnung des neuen physiologisehen Jnstituts (4.~ 1881). Julius Bernstein's Lebensarbeit. 51 einen Kristallisationsprozess, die Stoffwechselvorg~nge als in der ober- flgehlichen Kontaktzone ablaufend. -- Eine mehr popul~re Darstellung seiner mechanistisehen Theorie des Lebens gab ]3. in seiner l~ektorats- rede (61 -- 1890), wobei er die Leistungen physikaliseher und chemi- sbher Gesichtspunkte und Methoden auf dem Gebiete der Physiologie, die ihm wesentlieh als" ~ngewandte Physik und Chemie erscheint,' eindringlich betont. Als spezielle Argumente far seinen philosophischen Standpunk~ fiihrt ]3. an die Erfolge der Synthese organ~seher Ver- bindungen, ferner den N~ehweis tier Energiegqnivalenz aueh ffir die lebende Substanz, endlich die Deutung der organischen Zweekm~ssig- keit ]1T1 SJnne des Darwinismus. [Ieh pers6nlich 1) vermag allerdings hierin keine berechtigte Begrtindung einer mechanistisch-monistisehen Lebenstheorie zu erblicken, so berecMigt aueh die Kritik gewisser, speziell ~lterer Anschauungen des Vitalismus zu nennen ist.] Gegenfiber der Thomson-Clausius'sehen Deduktion des so- gen~nnten Wgrmetodes fiir das Universum auf Grund des Entropie- prinzips er6rterte B. (115 -- 1907) -- ~thnlich wie Sv. Arrhenius (i906) -- die MJgliehkeit, dass die ausgestr~hlte Energie an der Grenze der Xtheratmosph~re eine Reflexion erfshre. Daratffhin wird ein periodischer Wechsel yon entropischen und anatropischen Daseins- phaseu des Universums angenommen 2). Das Problem der Struktur der lebenden Substanz be- sehgftigte B. unausgesetzt welter. Er setzte sieh dabei zun~chst (87 -- 1899) kritisch auseinander mit tier Theorie der Atomverkettung in der lebenden Substunz, welche der Bot~niker G. H6rmann s)ent- wiekelt hutte. Er lehnte dabei dessen Theorie der PlasmastrJmung ab, bezeichnete hingegen bereits damals (1899) G. Quineke's ttin- weis ~uf Oberflgchenspannung als vielverspreehend -- eine Erkenntnis, die ]3. selbst weiterhin ausbaute. -- Die Auffassung primitiver "Plasmen ads freier Flt~ssigkeiten bzw. als Mischungen ohne Struktur be- zeichnet B. (87 -- 1899) zwar als reeht wohl denkbar, doeh lehnt er eine blosse Emulsionsvorstellung ffir hJher differenzierte Plasmen, speziell ft~r di~ Muskel- und Nervenfaser ab und nimmt hier eine besondere Struktur auf Grund yon regul~rer Molekelanordnung an.

1) Vgl. meine Allg. Physiologie I (1), Kap. I, spez. S. 46. Berlin 1916. 2) PersJnlieh kann ich reich atlerdings einer solchen Vorstellung nicht anschliessen. Ioh verweise ~uf L. B o It zm a n rF s kla.ssischen Ausspruch : ,,Aile Versuehe, das UniversLxm yon diesem ~rmetode zu erre~ten, blieben erfolglos" (Populare Schriften S. 33. Leipzig 1905), sowie auf meine Allg, Physiologie I (1), spez. S. 32ff. Berlin 1916. 3) G. HJrmsnn, Die Kontinuitgt der Atomverkettung, ein Struktur- prinzip der ]ebendigen Substsnz. Jena 1899. Vgl. such dessen Erwiderung an Bernst, ein: Zur ehemisehen Kontinuit~tt der lebendigen Substanz. Biol. Zentralbl. Bd. 19 S. 571. 1899. 4" 52 A.v. Tschermak:

Dieselbe mag naeh B. im primitiven Plasma dutch ringfSrmig geschlossene Molekelketten vorgebildet sein, die sich bei der Differen- zierung 5ffnen und l~ngs wie quer aneinandersehliessen. In der Nerven- und Muskelsubstanz nimmt B. zur Erkl~nmg der Reizbarkeit und Erregungsleitung -- ohne damit zugleich die Kontrakt.ionsvorgi~nge erkl~ren zu wollen -- cine Aggregation yon Molekeln in L~ingsreihen an, wobei eine Verkettung durch chGmisehe Affinit~t, etwa dureh Vermittelung yon O-Atomen, stattfinde. An der L~ngsfl~iche, nicht abet in der Querrichtung bestehe Polarisierbarkeit. -- An den L~ngs- seiten der Molekeln linden sieh die dem Ti~tigkeitsstoffweehsel unter- liegenden Atomgruppen angelagert, t~eizung dnrch den elektrischen Strom bewirke Auftreten bestimmter Ionen an der L~tngsfl~che der Muskel- odGr Nervenfaser und Verbindung derselben mit bestimmten angelagerten Atomgruppen daselbst. Aus diesen Grundvorstel!ungen 1eitete B, alle Vorgange elektriseher Reizung sowie alle elektro- motorischen Erscheinuugen zusammenfassend ab (vgl. oben S. 29). Wertvolle allgemein-physiologische Gesichtspunkte entwickelte B. in einem Aufsatze t~ber Wachstum und Befruchtung (85 -- 1898) beziiglieh der Auffassung der Entwicklungsvorgange. Er unter- scheidet beim Wachstumsvorgang treibende, erregende und hemmende Kri~fte -: ~hnlich wie sic fi~r dig Erscheinungen der Erregung, speziell der rhythmischen, seit l~ngerem (besonders yon E. F. W. Pfliiger) angenommen werden. Die Befruchtung bestehe in einem Zur~;mk- drgngen der hemmenden Krgfte infolge einer maximalen Organisations- differenz der beiden Arten yon Zeugungszellen. Wertvolt ist die yon B. gegebene Charakteristik der ,,morphoIogischen Deutungen eines biologischen Vorganges" als ,,Aufstellung der Bedingtmgsgleichungen~ und die Begriffsbestimmung der kausal-mechanischen Analyse als ,,analytische Bereehnnng". Erst in reiferen Jahren wandte sigh B. der experimentellen Be- arbeitung eines Problems zu, welches bei ibm allerdings schon lange vorher durch die oben gekennzeiehneten allgemein-physiologischen Spekulationen vorbereitet war -- der Frage nach der Grund- lage der Plasmabewegung fiberhaupt und der Muskeltatigkeit im besonderen. Den ersten Beitrag zur Lehre yon den Kr~ften der vitalen Be~,vegung bfldete das bekarmte re~zvolle Experiment B.'s (91 -- 1900), die am5boide Bewegung naehzuahmen in Form des Chemo- tropismus eines Quecksilbertropfens in 20% Salpetersi~ure bei An- ngherung eines Kristalls bzw. einer LSsungszone yon doppeltchrom- saurem Kali. Rhythmische Oszillationen eines Quecksilbertropfens unter diesen lCledingungen hatte bereits Paalzow (1858) beobaehtet; die am6boiden Bewegungen sah erst B. und erkannte in ihnen einen Julius Bernstein's Lebe~sarbeit. 53 wichtigen Fingerzeig fiir die Mechanik der analogen Bewegung des Protoplasmas. Er ffihrte die am Quecksilbertropfen beobachteten Form~nderungen zurtiek auf lokale Abnahme (eventuell aueh Zu- nahme! -- vgl. die gelegentliche Sichelform) der Obeffl~chenspannung, und zwar infolge 5rtlicher Bildung yon ehromsaurem Quecksilber. B. pfliehtete daraufhin der yon G. Quincke aufgestellten, von Bert- hold und Verworn angenommenen Theorie bei, dass die am~boide Bewegung auf 5rtliehe, sei es exogene, sei es endogene ~nderung der 0berfli~chenspa.nnung zurtickzufiihren sei. In beiden Fi~llen setzte sieh chemisehe Energie in Oberflaehenenergie bzw. diese in mechanische Leistung urn. Von dieser Grundidee ausgehend, bemtihte sieh B. (95 -- ]901; 97 -- 1902), die gesamten Bewegungsleistungen, speziell auch die meehanischen Leistungen sowohl der glatten wie der quergestreiften )/[uskelfaser, yon einem einheitliehen Gesichtspunkte zu erfassen und auf Oberfliiehenenergie zuriiekzufiihren. B. nimmt ein Wachsen der Obeffliichenenergie bzw. eine Minderung der Oberfliiche bei der Tiitigkeit an und fiihrt diese Vorstelhmg in mathematiseher Formulierung aus. Beim fibrillierten kontraktilen Plasma zieht B. in erster Linie die Oberfl~chenspannung zwischen den Fibrillen und dem dieselben allseitig umhfillenden Sarkoplasma in Betracht, wobei aller- dings den Fibrillen nicht die Natur einer Fliissigkeit zugeschrieben werden kann [gegeniiber Jensenl)], sondern ein gallertiger Aggregat- zustand mit geringer, aber vollkommener Elastizitiit. Erst in zweiter Linie kommt die Oberfl~chenspannung zwischen Muskelzelle und Inter- zellularfltissigkeit "~) oder zwischen den anisotropen und isotropen Zonen der Fibrillen in Frage. -- In der Querstreifung sieht B. nur eine Ein- richtung zur Steigerung der Kontraktionsgeschwindigkeit, und zwar auf Grund yon VergrSsserung der reagierenden Oberflache, wodureh gewissermaassen eine Zusammensetzung der Fibrille aus li~nglichen Teil- k6rperchen resultiert. Die Berechnung B.'s fiihrt allerdings -- solange man die mikroskopisch wahrnehmbaren Fibrillen mit etwa 37 Millionen pro 1 qcm Quersehnitt in maximo als letzte Elemente betrachtet -- zu unwahrscheinlich hohen Werten an kontraktiver Oberfl~chen- spannung (~Z), welche allerdings mindestens zehnmal so gross an- zunehmen ist als der Ruhewert (~R) -- ni~mlieh ~K ----0~468 bis herab zu 0,105 g pro 1 qcm gegen Queeksilber-Wasser 0,421 und (~l-Wasser 0,021. Demnaeh geniigen die iiberhaupt mSgliehen Werte der Oberfl~chen-

1) P. Jensen, In Sachen des Aggregatszus~andes der lebendigen Subst~nz. Pflfiger's Arch. Bd. 83 S. 3. 1900, und Untersuchungen fiber Protopl~smamechanik. Ebenda Bd. 87 S. 361. 1901.- 2) Diese ist nach B. (131, sp~z. S. 600 -- 1916) mSglicherweise die Grundl~ge des Muskeltonus. 54 A.v. Tsehermak~

spannung zwischen Sarkoplasma und mikroskopisch wahrnehmbaren Fibrillen nieht, um die Kraft der Muskelkontraktion zu erkl~ren. B. sehliesst daher -- ghnlieh wie M. tteidenhain ~) -- auf eine weitere metamikroskopisehe Langsaufteilung der Fibrille ill je 10 bis 20 Einzelelemente (mit etwa 10 _5 cm als Einzelradius bei einer Zahl yon 29; Milliarden pro l qem Quersehnitt bzw. 2.10 =6 em als Dureh- messer der molekularen Wirkungssph~ire und einem Werte yon ~K -- 0,036 g gegen ~R=0,002 g pro 1 qem). B. nimmt an, dass in der Oberfl~ehensehieht der Fibrillen ehemisehe Energie direkt in Ober- fl.~chenenergie t~bergehe, in der iibrigen Fibrillen- bzw. guskeIsubstanz hingegen direkt in Wgrme. Die Oberfl~ehenspannnngstheorie der ~uskelkontraktion entspricht der prinzipiellenForderung A. Fiek's, dass der Muskel keine thermodyna.misehe, sondern eine chemodyna- misehe Masehine ist -- mit prim~rer Entwieklung yon Warme als Neben- prodnkt. Beziiglieh der Gestalt, der kontraktilen Elemente wird nut die Voraussetzung gemaeht, dass bei der Verk~rzung ihrer L~ngs- richtung ihre Oberflgehe kleiner werden muss, was ja beim ~bergang eines Lang-Prismas in einen Wiirfel von gleiehem Volumen der Fall ist ~). Die Theorie B.'s bedeutet meines Eraehtens -- ghnlich wie die i~lteren, nieht so detailliert ausgefiihrten und begrt~ndeten Vor- stellungen yon J. Gad (1892), Imbert (1897), P. Jensen (1900) auch heute noeh die fruehtbarste und ungeachtet maneher Schwierig~ keiten ~) anspreehendste allgemeine Erkl~trnng der Plasmabewegung iiberhaupt. Fahrt sie doeh die unorientierte wie die orientierte Be- wegung auf dasselbe Prinzip der Kapillarkri~fte zuriick, unter denen bekanntlieh die Oberfl~iehenenergie ebenso wie die elektrisehe Energie eine fast totale Umwandlung in freie, d. h. zu nutzbarer Arbeit ver- wertbare Energie gestattet -- nicht wie die W~rme eine bloss par- tielle. -- Eine mehr popnlgre Darstellung seiner Theorie gab B. in einer gesonderten Schrift (97 -- 1902). Auch weiterhin war B. bis an sein Lebensende bemfiht, die Ober- fl~iehenspannungstheorie der vitalen Bewegung z'u stiitzen und zu

1) M. Heidenhain, Plasma und Zelle II S. 654ff. Jena 1911. 2) So weist eirt Prisma yon doppelter HShe und gleiehem Volumen wie ein Wiirfel eine Oberfl~ehe yon 1,1093 gegeniiber 1 auf, also ein Plus yon 11%. 3) Daraus, dass der angenommene Fibrillenradius vort 10--5 em selbs~ sehor~ der Gr5sse der molekularen Wirkungssphiire, innerhalb weleher die der Oberfl~iohenspannung zugrundeliegende Molekelattraktion erfolgt (naeh Quineke-Sohnke 10--5, naeh Drude jedoeh 10--6 bei einer Mo- lekelgrSsse yon etwa 10--7; vgl. oben S. 27 Aarn. 2), entspriehG ergibt sich keine Sehwierigkeit -- wie dies B. (109 -- 1905) gegeniiber der Kritik v0n ~r I-Ieidenhain (Anat. I:Iefte I. Abt. 79./80. Heft bzw. 26. Bd JvIeft. 2,,'3 S. 197. 1904; Antwort 27. Bd. 1905) betonte. Julius 'Bernsteln's Lebensarbeit. :~5

Verteidigem So gelangte er gegentiber ~lem Einiv/~nd, dass die ~uskei- kraft etw~ dureh osmotisehen Dmck oder Q~iel!ungsdrtiek erzpugt werden kSnne, in'einer bedeutsamen kritischen Studie (1'11 -- 1905) z,u einem negativen Ergebnis. Wie besondere Beob~ehtungen ah einem Gummiballbn' bei zunehmendem Ftillungsdruck tehren, mtissten die Elemente der 3~uskelfaser aus kleinen', mit; lgngsgefalteten 1) Wandungen versehenen Bli~sehen in bestimmter Anordnung bestehefi (wie es t~enlnux sowie W. Mc Dongall 1898 annahmen) -- dann kSnnte eine bei der ~uskelt~tigkeit entstehende Erh6hung des osmo'- ~isehen oder des Quellungsdruekes :zur Erkl~trung ausreicl/en. Jedoeh besteht fiir eine solche Annahme gar keine WahrseheinliehkeiV)). Gegen jede osmotische oder Quellungstheorie der Nuskelkontraktioil erhebt sieh einerseits die Sehwierigl~eit der Konstanz des Volmnens des arbeitenden KSrpers, andererseits die Notwendigkeit der Annahme einer ausserordentlich rasehen Wasserbewegung. B. stfitzte seine 0berfl~chenspannungstheorie weiterhin (116, 117 -- 1908) dutch eine sehr feinsinnige Untersuchung fiber den Temperaturkoeffizienten (d. h. den ~nderungsgrad mit der

Temperatur ~ der gesamtert freien meehanischen Energie

des Muskels. Zur Ermittelung voia dessen Vorzeiehen und Gr6sse a) wird die meehanisehe Gesamtleistung (Spannung oder Arbeit) bei verschiedener Temperatur ermittelt, und zwar unter gleiehzeitiger Verwendung eines abgektihl~en und eines erwgrmten Muskels. Dureh diese neue ,,Kompensationsmethode" wird der elementare Fehier ver- mieden, Weleher -- wie B. erstmatig erkannte -- allen bisherigen Untersuehungen tiber den Einfluss der Temperatur auf Anspruehs-

1) Die gegenteilige Annalnne, dass sehon Zylinder mit einfaeh elast.i- sehen Wandungen gen0gen w/irden (Me Dougall), wies B. (120 -- 1909) gegeniiber W. Biedermann. (Ergebn. d. Physiol. Bd. 8, 1909, S. 26, spez. S. 183) zuriiek, da solehe/-l:0hlkSrper sieh bei Zunatm~e des Innendruekes verl~ngern w/irden, wie besondere Versuehe an Sehl~uehen lehren. 2) Nine solehe kann ieh aueh der Vorausse~zung der L. Waeker'- sehen .Kohlens~ureLheorie der 3Iuskelkontraktion -- der Annahme eines Wabenbaues der Fibrillenglieder, auf Grund dessen die Produktion yon CO2 zu intraplasmatiseher Drueksteigerung bzw. Verkiirzung f/ihre nieh~ zuerkennen (L. Waeker, Chemodynamisehe oder Kohlens/~ure- theorie der Muskelkon~raktion. Pfiiger's Arch. Bd. 168 S. 147. 1917 und Bd. 169 S. 492. 1917); Analoges gil~ yon den Ansehauungen yon H. 1~. I~oaf, Proceed. t~oy. See. Ser. B. 88 S. 139. 1914. 3) Zu berechnen nach der Formel Klo=P2--P~.io, wobei P., = Pi" t Leistung bei hSherer, P1 = bei niederer Temperatur, t = Temperatur- differenz bedeutet. K~o ist demnaeh das Zehnfache des relativen Zu- waehses f/Jr + 1~ C. 56 A.v. Tsehermak: f~higkeit, Gesamtenergie und Sekundenleistungsf~higkeit des Muskels anhafte L n~mlich die yon B. detMlliert nachgewiesene gleiehzeitige ~nderung des Leitungswiderst.andes und damit der Reizst~rke im Muskel mit der Temperatur 1). In Versuehen am Frosehgastrocnemius mit Verk~rzung des Gesamtmuskels, denen B. sparer (118 -- 1908) gleiehsinnige am Semimembranosus mit lokaler Verdiekung beifiigte, ergab sieh bei Abkfihlung unter Zimmertemperatur (yon 16--21 ~ auf 4--0 0 C.) im Mlgemeinen ein Waehsen der Zuekungsh6he, und zwar ausnahmslos bei isometrisehem 2) Verfahren und s*arken Off- nungssehl~igen, bei Erw~rmung (yon 18--200 auf 30--310 C.) ein Sinken. Die daraus bereehnete Kraft~nderung flit --1 ~ C. ergibt Rohwerte, welehe vorwiegend negatives 'Vorzeiehen besit.zen, und zwar fiir isometrisehe Zuekung im .Rohmittel K-~--0,0195, ft~r iso- tenisehe Zuekung bei Abkt~hlung K = --0,01, bei Erw~nnung K------0,016. Bei tetaniseher Reaktion ergibt sieh stetseine ~llerdings sehr sehwankende seheinbare Abnahme der Kraft bei Abkflhlung bzw. ein sehr weehselnder positiver Gesa.mtkoeffizient. Bei der theoret.isehen Auswertung dieser empirisehen Daten im Sinne einer Thermodynamik der N[uskelt~t.igkeit ist zu ber~ieksiehtigen, dass zu unterseheiden ist. einerseits ein ehemiseher Temperaturkoeffizient der umgesetzten Gesamtenergie, andererseits ein physikaliseher Tem- peraturkoeffizient der freien Energie, d. h. jener Energiefonn, verm6ge deter die ehemisehe Energie in meeha.nisehe Leistung verwandelt, wird. Der erstere ist Mlerdings dadureh kompliziert, dass die Summe der ausgel6sten ehemisehen Energie selbst yon der Temperatur abh~ingt, und zwar offenbar zwisehen 0 und 180 langsam, zwisehen 18 und 300 raseher w'~ehst. Aueh sind gesonderte Temperaturkoeffizienten 3) fiir Reizbarkeit, LeistungsfiihigkeiL Leitungsverm6gen -- ebenso ftir aus- 1) Auf diesen Umstand ist, wie B. (116, spez. S. 13~ -- i908) naehwies, das Seheinergebnis yon J. Gad tmd G. tleymans (Einfluss der Tempe- ratur auf die Leistungsf~higkeit der Muskelsubstanz. Du Bois' Arch. f. Physiol. Suppl. S. 59, 1890) zu beziehen, dass die ZuekungshShe des Frosetmauskels bei Erwfirmell yon 19 ~ auf 300 C. wieder alasteige. Bei eir~wandfreier Met.hodik erhielt B. nur fortsel~reitende Abnahme beim Erw~trmen. Dass bei Abktihlur~g die IokMe I(ontraktionsdauer ztmimmt, dis lokMe Kontraktionswelle jedoeh nieht niedriger wird, hat bekannt- lieh B. (~1, spez. S. 87ff. '-- 1871) naehgewiesen; t~ingegen fehlen noeh einwandfreie Versuehe tiber die AbhAngigkeit des Leitungsverm~Sgens des Muskels yon der Temperatur (B. 11S, spez. S. 2 -- 1908). Das De- krement ist anseheinend ir~ der K~lte grSsser.. (B. 116, spez. S. 173 ~ 1908). 2) Bei isometriseher~ Zuek~mgen werden die Spannungen so gross, class bei jeder Temperatur fast das M~ximum der ausl~Ssbarelt E nergie frei wird, wodureh der negative physikMisehe Temperatm'koeffizient zu deutliehem ~bergewieht gelangt (B. 116, spez. S. 171 ~ 1908). 3) Dieselben steher~ allerdings in. einem bestimmten funktionellen Zusammenhang (B. 116, spez. S. 155- 1908). Julius ]3ernstein's Lebensarbei~. 57 gelSste Energiemenge und far Reaktionsgeschwindigkeit -- zu unter- scheiden 1). Der chemische Temperaturkoeffizient fiir die Spaltungs- und Oxydationsvorgange 2) wahrend der Muskelt~tigkeit ist positiv anzunehmen. Im Gegensatze dazu erweist sich jener der freien Energie als negativ, indem bei der di'rekten Beobachtung -- also bei arith- metisCher Summierung -- vielfach wechselnde oder direkt negative Vorzeichen festgestellt wurden. Im Gegensatze zur 3/bnahme des ehemischen Gesamtumsatzes bei sinkender Temperatur w~chst dabei -- ~hnlich wie bei Belastung (A. Fick) -- der Niitzlichkeitsfaktor oder 6konomische Koeffizient. Beziiglieh des Verhaltens bei tetanischer Reaktion ist zu erschliessen,

scheinlichkeitgilt dasselbe - wenigstens innerhMb der im Organismu~ in, Betracht kommenden Temper~turgre~zen -- ffir die QuMlung. Gegen d~s Inbetrachtkommen ~elastischer Energie for die ~uske!- kraft spricht der Umstand, d~ss jene im ruhenden Mu,~kel anscheinend einen positiven Temperaturkoeffizienten besitzt. Es ergibt sieh daher mit hSchster WahrschMnlichkeit die Oberfl~chenenergie Ms Vennittlerin der ~[uskelkraft, .: In besqnderen stM~gmometrisehen Versuehen -- mit einem sehr zweekmassigen Tropfenz~.hler ffir weehselnde Temperatur -- finder B., dass der Temperaturkoeffizient der Oberfl~ehenspannung kolloider L6sungen eine hinreiehende Aml~herung an jenen des' guskelenergie ergibt, z. B. 4--8 ~ nat~rliehe Eiweissl6sungen (Blur, Serum, Milch) den Wert K= -- 0,008 gegen den am welt eiweissreieheren Muskel ermittetge~ .t%ohwert K-~--0,015. Gegen B,'s Sehlussfolgerungen wandte sieh Fr. W. FrShlieh ~), weleher an der Krebsseherenmuskulatur bei Yerzeichnung der'Gesamt- zuekung zwar. gleiehfMls HShen~unahme bei Abkfihlung, Abnahme bei Erw~irmung erhielt, jedoeh die Zunahme als eine seheinbare betraehtete und auf Summation der,Kontrakt, ion in den 2~{uskelabschnit,ten [infolge Verl~ngerung der Gesamtzuekungsdauer 2)bzw, Verlangsamung der Erregungsleitung] zurt~ekf~hrte. B. (116, spez. S. I72 -- 1908) be- merkte jedoeh dazu, dass angesieht, s der geringen L~inge der zu den Versuehen verwendeten Muskelfasern selbst eine Verdoppe]ung der Wellenla.nge in der K~lte nur eine ganz minimMe Steige'rung der Gesamtverkfirzung hervorzubringen verm6ehte. Eine direkte Wider- iegung des obigen Einwandes, den Pr. W. Fr6hlieh 3) noeh ein- osmot.ische Druek tier Galle und der Bl'utdruek meistens ausreiehen, um die Abseheidung des Wassers in Form der Galle zu erklg~ren. Er bet.orit jedoeh, dass die Wasserbewegung bei den VorgSngen der Sekretion' und Resorption keineswegs in allen F~llen aus der Differenz deshydrostatisehen und o~rnotisehen Druekes erkli~rt werden kSnne; speziell gelte dies ffir die Harn- und Speiehelabsonderung. -- Dazu sei bemerkt., da.ss bereits E. ttering (Uber die Ursaehe des hohen Absonderungsdruekes in der Gla.ndula submaxillaris. S. B. d. ~riener Akad. d. Wiss. Bd. 66 (III, Abt:) S. 83. 1872) die Frage der Bet.eiligung osmotiseher Krfifte an dem Zust.ande- kommen des hohen Absonderungsdruekes der Glandula submaxillaris er- 5rtert hat. Meines Eraehtens liegt jedoeh fiir e~ne solehe, doch grob meehaniseh zu nennende Auffassung wie iiberhaupt, fiir eine gesonderte Erkt~rung der Wasserbewegur~g gegeniiber der Absonderung der anderen Sekretstoffe keine Bereehtigung vor. 1) Fr. W. Fr5hlieh, Uber den Einfluss der Temperat.ur auf den Muskel. Zeitsehr. f. Mlgem. Physiol..Bd. 7 S, 461, t907. " 2) Eine Verl~ngerung der lokalen-Zuekungsdauer bzw.' der Kontraktions- welle bei Abkiihlung hatte B. bereits 1871 (~1, spez. S. 87, 88) naehgewiesem 3) Ft, W. FrShIieh, Zur Thermodynmnik der Muskelkontraktiom Pfliiger's Arch. Bd. 123 S. 596. !908: .... , Julius Bernstein's Lebensarbeit. 59 gehender darlegte, erbraehte B. (118 -- 1908) dutch den~ wichtigen Naehweis, dass die Zunahme der Zuckungsh6he bei Abktihlung auch fur die lokale Verdickung gelte, wobei keine M6glichkeit yon Sum- mierung der sieh fortpflanzenden Kontraktion besteht. Allerdings fehlte ein Einfluss der Wellenl~nge auf die gemessene Leistung sehon bei B.'s i;lteren Versuchen mit isometriseher Gesamtzuekung. Zudem legte B. gegenfiber Fr. W. Fr6hlich die Notwendigkeit dar, zwischen der yon der Dauer des Umsatzes unabh~ngigen Gesamt~nergie des Mflskels und zwisehen seiner Sekundenleistungsfghigkeit --' ~hnlich wie zwisehen Gesamtwirkungsgrad und Sekundeneffekt einer Masehine zu unterseheiden; ffir die erstere ergibt sieh auch a.us Ft. W. Fr6h- lieh's Versuclien ein 'negativer Temperaturkoeffizient., der sich auf die vermittelnde Energieform bezieht: ftir die letztere ist ein posi- river zu erwarten. In einer weiteren kritisehen Abhandlung (130 -- 1915) zeigte B. -- in Nachprflfuug der vielzitierten Versuehe Th. W. Engehnann's -- zun~chst, dass sieli Darmsaiten wie Strieke beim Quellen in Wasser nur infolge der spiraligen Windungen ihrer Fasern, nicht in- folge Anisotropie des Faserinhaltes verktirzen, w~hrend die einzelnen Fasern sich hiebei niemals verktirzen, sondern nur verdicken. Ahnliches gilt yon Hanf-, Bindegewebs- und Seh.uenfasern 1). Damit ist der Engelmann'schen Quellungstheorie 2) jeder Boden entzogen. B. lehnt dar~ufhin jede Zurfickffihrung der Kontraktion auf eine thermische Verkiirzung ab und weist nochmals die osmotische Theorie der Kontraktion zurtiek. Aueh eine S~urequellung des Muskeleiweiss ist -- selbst wenn sic anisodiametriseh erfolgt -- rein meehanisch betraehtet nicht ]mstande, zu ehmr Verk/irzungs- und Kraft!eistung zu fiihren, wie sie der Muskelkontraktion eigentfimlieh ist s). Hin-

1) An elastisehen ]~asern tritt ebenso ivie an Kautsehukf/~den aller- dings eine zun~chst reversible Verkiirzung bei relativ steilem Temperatur. geffi.lle ein (Th. W. Engelmann, I~. du Bois-Reymond). An Eiweiss- kristallen ist wohl anisodiametrische Quellung, nieht abet Verkiirzung in einer Axe zu beobachCen (A. F. W. Schimper). 2) Th. W. Engelmgnn, ~Tber den Ursprung der Muskelkraft. 2. Aufl. Leipzig 1893. 3) B. hatte sehon fr/iher (63 -- 1890) dargetan, dass die bei der iVIuskel= starre eintretende Gerinnung nieht die. Ursache der Verkiirzung ist, sondern nur die Wiederausdehnung des im verkiirzten Zustand erstarrten Muskels hindert. Nach Versuchen yon Klingenbiel (XXIX -- 1887) unter B.'s Leitung, welche sp~ter B. Morgen (XXXII -- 1890) bestiitigt hat, be- wirkt n~mlich Ammoniak eine sehr raseh voriibergehende Kontraktion, dann Absterben im ersehlafften Zustande, in welclaem bei naehfolgender Essigsfiurebehandlung wohl Starre, jedoeh nicht Verkiirzung eintritt. Ebenso ruft ~i_ther zwar eine sehr raseh vor/ibergehende Kontraktion 'des quergestreiften Skelettmuskels hervor, aber erst naeh sehr langer Eir~- 60 'A. v. Tschermak: gegen ware es. m6glieh, dass die Zunahme der Wasserstoffionenkonzen- tration im tatigen Muskel zu einem Wachsen der OberflSchenspannung an der Oberfl~che der kontraktilen Elemente fiihrt. Allerdings ist die alterative Anderung der absoluten ehemischen Reaktion bzw. die nachweisbare Zunahme yon [H'] selbst nach maximal ermiidender Muskelt~tigkeit eine reeht beseheidene- n~mlieh 1,4..10 -7 (oder 9,8.10 -7) gegen 3,7. l0 -s (oder 1,6.10 -7) bei Ruhe ~). Im Gegensatze zu den Quellungstheorien haften -- wie B. selbst betonte -- der Oberflachenspannungstheorie keine physikalischen Wider- sprtiche an, wenn dieselbe auch die his~ologisehe Hilfsannahme eines metamikroskopisehen Weitergehens der Fibrillisation notwendig maeht. Als ehemische Ursaehen der kontraktiven Anderung der Oberflaehen- spannung bezeiehnet B. speziell das Auftreten yon S~uren bzw. die Zunahme der [H'] infolge Abbaues der Kohlehydrate des Muskel- plasmas. Hingegen bringt B. (124, spez. S. 400 -- 1913) die Ober- flachenspannungsanderung mit der bioelektrisehen Erregungssehwan- kung nicht in direkten Zusammenhang 2), da die letztere zeiLlich vomngeht bzw. sehon im Latenzstadium beginnt. Vielmehr geht die wirksame Oberfl~chenenergie im Muskel erst aus den ehemischen Prozessen w~thrend der Kontraktion hervor. B.'s Sta,ndpunkt beztiglieh desVerhgltnisses der bioelektrischen und der Kontraktions-

Wirkung Starre. Auf Chloroform tritt eine langsam ansteigende Kon- traktion ein, welehe in Starre fibergeht. Die Reizwirkung yon Xther und Chloroform auf den Frosehmuskel bestgtigte P. v. Griitzner (Uber die Wirkung einiger ehemiseher Stoffe anf qnergestreifte iVIuskeln. Wiener Ned. Woehensehr. Nr. 14, S. 511, 1917). -- B. ~{orgen fund an der glatten 'Muskulatur des Frosehmagens Chloroform ebenso wlrkend, Xther jedoeh sofort Ersehlafftmg bedingend. --Mit diesen Befunden stimmt das Ergebnis der Untersuehungen iiberein, welehe kiirzlieh W. B a u- mann (Pfliiger's Arch. Bd. 167 S. 117. 1917) fiber 3/[uskelstarre an- gestellt hat: FSrderung der Totenstarre dutch Chloroform -- ebenso dutch Alkohol und Sguren, I-Iemmung, ja geringe Verlgngertmg unter Absterben dutch A!kMien. I) Die Si~ner-ang, soweit aus der summarisehen Bestimmung der l~e- aktion ersehliessbar, erseheint --- rein quantitativ betraehtet -- an sieh sehon durehaus unznl~nglieh, um die Form'~ndertmg des ~Inskels eln- faeh auf Quellung infolge yon Sfi.ureeiweissbildnng und Ionisation der Proteokolloide (naeh dem Vorgange yon W. Pauli) beziehen zu k5nnen. Vgl. meine Allgemeine Physiologie I (1) S. 154. Berlin 1916. -- Unter physiologisehen Verh~ltnissen erfolgt offenbar eine sehr rasehe, vollst~ndige Neutralisation und oxydative ZerstSrung der gebildeten S/~uren. Nut bei ermtidender TAtigkeit werden diese Prozesse insuffizient, so dasses zu einer naehhaltigen Anderung der absoluten Reaktion kommt. 2) Einen soleher/ hatten F. Haber und Klemensiewiez (Ober elektrisehe Phasengrenzkr~fte. Zeitsehr. f. physik. Chem. Bd. 67 S. 389. 1909) vermutet. Julius Bernstein's Lebensarbeit. 61 erscheinungen liisst sich kurz dahin fassen: im gereizten Muskel effolgt zuni~chst der exotherme ehemische Erregungsvorgang --' etwa in der Bildung oder Aktivierung eines Ferments (Glukase) be- stehend --, welcher ohne Wirkung auf die Oberfli~chenspan- nung ist, jedoeh bioelektrisehe Erscheinungen bedingt (dutch Steigerung der Ionenbeweglichkeit oder Ionendurchl~issigkeit m der Membran oder Phasengrenze ffir gewisse pr~iexsistente Ionen, und zwar meines Eraehtens dureh eine aufsteigende, dispergative Zustands- ~nderung der Membrankolloide -- vgl. oben S. 37). An den Erregungs- vorgang "schliesst sich im Muskel (nicht so im Nerven I) als Aus!Ssungs- effekt der exotherme chemische Leistungsvorgang -- ha der Bildung yon Milchs~ure und Kohlens~ure bzw. H'-Ionenproduktion bestehend, weleher auf die Oberfl~chenspannung wirksam ist, jedoch -- ebenso wie der Ersehlaffungs- und Erholungsvorgang -- keine bioelektrisehen Vorg~nge bedingt. Trotz des Ausl6sungs- zusammenhanges greif~ nati]rlich die kontraktive ~nderung der 0ber- fl~ehenst)annung zeitlieh noeh in gewissem Ausmaasse in die bio- elektrische Erregungsschwankung hinein und beeinflusst deren ab- fallenden Tell (vgl. S. 26 ft.). Gegenfiber den Einw~nden 1), we!ehe R. du Bois-Reymond ~) gegen die 0berfl~.ehenspannungstheorie der Muskelkonktration erhob, betonte B. (13.1 -- 1916) mit Nachdruek, dass die Kraft des Muskels in jedem Moment der Kontraktion gleich sei der I)ifferenz zwisehen der wirkenden Kraft der Oberfl~chenspannung und der dieser ent- gegenwirkenden Elastizit~ttskraft, welch letztere mit zunehmender Form~nderung wiiehst. Die 0berfli~ehenspannungstheorie werde auch dem Falle maximaler Verkiirzung des Muskels (auf 15--20~ der Ruhel~nge) gerecht. Beztiglich der Speziallrage nach dem Verhalten der Doppel- brechung der Muskelfaser bei der Kontraktion hatte ]3. zun~chst (130, spez. S. 40 -- 1915) theoretisch ein Steigen bei der Verktirzung abgeleitet auf Grund der Vorstellung, dass sich dabei Teilehen aus einem Quersehnitt in den anderen einsehieben. Nach- dem V. v. Ebner 3) _ meines Eruchtens mit Reeht -- eine ,,negative Schwankung" der Doppelbrechung an den Q-Scheiben (-- 12 bis 42 ~o) sowie an den Z-Seheiben (bis zum Verschwinden der Doppelbreehung)

1) Siehe solche auch bei W. N. Berg, Biochem. Bull. Bd. 3 S. 177. I914. 2) 1%. du Bois-l~eymond, Zur Theorie der Muskelkontraktion. Berl. klin. Wochensehr. 53. Jg. Nr. 15 S. 392--394. 10. April 1916. 3) V. v. Ebner, Zur Frage der negativen Sehwankung der Doppel- brechung bei der Muskelkontrakt, ion. Pflfiger's Arch. Bd. 163 S. 179. 1916. 62 A.v. Tschermak:

w~hrend der isotonischen Kontraktion als von ihm 1) und A. R o lle t t ~} erwiesene Tatsache reklanfiert hatte, formulierte B. (131 -- 1916) seinen Standpunkt dahin, dass bei der freien Kontraktion keine Ver~ mehrung yon doppelbreehenden Elementen Jm Quersehnitte eintrete, sondern eine blosse N~iherung in der Liingsrieht, ung, hingegen Ent.- fernung in der Quere. Doeh k6nne man die Frage der Doppelbreehung bei der Oberfliiehenspammngstheorie der Kontraktion zun~ehst ausser Bet, racht lassen. In engem Zusammenhang mit der Oberf!~ehenspannungstheorie der Kontraktion bearbeitete B. in anregender und grundlegender Weisedas Problem der physikMiseh-ehemisehen Analyse der Zuckungskurve (127- 1914) sowie des zeitliehen Verlaufes der W~trmebildung w~thrend der Kontraktion (128 -- 1914). Ausgehend yon der Vorstellung A. Fiek's, dass der Ersehlaffungsvorgang nieht bless einem Aufh6ren des Kontraktionsvorganges entspreehe, sondern einen besonderen ehemischen Prozess darstelle, sueht B. das VerhMtnis der Gesehwindigkeitskonstanten beider Umsetzungen zu ermitteln. Er setzt dabei zun~ehst, sehematiseh eine monomoleknlare Natur derselben voraus, indem einerseits Glnkose unter Verbraueh von Sauerstoff zu Milehs'~ure bzw. Kohlendioxyd und Wasser abgebaut werde, anderer- seit.s eine S~%igung der SKuren unter Sauerstoffspeieherung erfolge 3).

h~tir jenes Verhi~.ltnis KI-- wird etwa der Weft yon 0,5 abgeleitet (mit K~ Q10 zu etwa 2,3). B. gelangt zur theoretisehen Forderung einer idealen Zueknngskurve mit paraboloid-logarithmiseher Kreszente ohne Wende- punkt und mit einem Wendepunkt in der Dekreszente, so dass die Gipfelabszisse (tin) und die Wendepunktsabszisse (G) sieh verhMten wie 1:2, m6glieherweise sogar I :2,3. In eigenen neuen Versuehen am Ite lm h o it z' sehen N:yographion ~) findet er allerdings fiir L~ngen- zuckungen mit leiehtem Aluminiumhebel den Durehsehnittswert 1 : 1,87. B. betont jedoeh -- wie sehon friiher wiederholt (75 -- 1.897; 98 -- 1902; 116, spez. S. 1.56 -- 1908) --, dass die Zuekungskurve des Ge-

1) V. v. Ebner, Untersuchungen fiber die Ursaehen der Anisotropie orga.nisierter Subst,~nzen. Leipzig 1882. 2) A. l~ o 11 e t t, Unt6rsuehungen fiber Kontraktion und Dop pelbreehung der quergestreiften Muskelfasern. Denksohr. d. Wiener Akad. d. Wiss. Bd. 58 S. 41. 1891. 3) Vgl. die thermodynamisehe Betr~chtung der Muskeltatigkeit Ms eines vollst~ndigen, nicht umkehrbaren Kreisprozesses (ns~eh A. Fiek) auf Grund der GiBbs-Helmholtz'seheil Formel bei B. (116 -- 1908). 4) Zur Erreichung eines sehr gleichm~ssigen Ganges der 1%egist.rier- trommel, die mit elektromagnetisehem Motor mlgetrieben wurde, h~tt.e B. (I,5, spez. S. 215 -- 1897) einen elekt.romagnetisohen J{egulator an- gegeben. Julius Bernstein's Lebensarbeit. 63 samtmuskels durch die Erregungsfortpflanzung (speziell bei Abktih- lung) wesenthch modifiziert wirdl), und 'dass daher nm' bei Fest- stellung der Kontraktionswelle an einer Stelle des Muskels die Abi weiehung yon der Idealkurve -- bis auf einen vo~ der Elastizit4tt und der .I~egistrierungsmeehanik abhDongigen I~est -- versehwinden ~viirde ~). TM, s~ehlich hatte B. sehon in fri~heren Versuchen (75 -- 1897) gefunden, dass bei Dickenregistrierung mit sehr leiehtem S10iegelhebel der schein- bare Wendepunkt in der Kreszente dem Anfangspunkte sehr nahe rt~ckt. Die hiebei gemachte Voraussetzung, dass das Maximum des ehemi- schen Urnsatzes in der Kreszente der Muskelkontraktion liegt, sieherte B. (128 -- 1914) dureh den experimentellen Naehweis maximaler WS~rmebildung sehon w~hrend der Verkiirzung an der glattert Froseh- magemnuskulaturS), l~ei faradiseher tfeizung yon l" und einer Kon- traktionsdauer yon 60~ 150" -- ebenso bei Spontankontraktion -- f~llt an Winterfr6sehen (mit Dauer der Kreszente yon etwa 39")sehon das beobachtete, fort.gepflanzte Geschwindigkeitsmaximum der Wgrrae-

1) In eirter speziellen Auseinandersetzung gegeniiber Ft. ~u FrSh- ]ich (Pfl/iger's Arch. Bd. 123 S. 596. 1908) legt B. (118 -- 1908) dar, dass die Zuckungsdauer ~les Gesamtmuskels (;~) yon drei Faktoren ab- h/~ngig ist: yon der Dauer der Kontrs~ktionswelle bzw. Schwingungsdauer der einzelnen Quersehnittsbtel]e (t), yon der Fortpflanzungsgesehwindig- l keit der Welle (v), yon der Lfinge des 3'[uskels (1) naeh der Formel 0.= l § bzw. 0 ~/(/§ , wobei die Wellenlhnge X=v.l ist. Die Zuekun~sdauer,_ des Gesmntlnuske/s (;J) ist demnach immer l~.nger Ms die VYellendauer (t), und zwar um so mehr, je grSsser die ~uskell/~nge (l) und je kleiner die l~ortpflanzungsgesehwindigkeit (u) ist. Diese Darlegung, auf welehe schorx obert beim Problem des Latenzstadiums (S. 21, Anm. 2) verwiesen wurde, sei- der naehdr/ickliehen Beaehtung empfohlen. 2) Als einen m5glie'her~ Grund f/ir eine /~usserliehe Abweiehung volx der theoretiseh geforderten Form bezeiehnet B. noch den Umstand, dass die dutch den Igeiz in Aktion gesetzte Substanzmenge nieht, momentan, sondern erst innerhMb der Zeit der latenten l~eizung freigemacht wird. Die umgesetzte Subst.anzmenge bzw. die ausgelSste Energie nimmt mit der Temperatur zu, der N/itzlichkeitsfaktor jedoch ab. 3) Die Herstellung des sogenannten Magenringes Ms eines sehr verwendbaren Pr/~parates aus dem mittleren Drit.tel des Froschmagens hat. zuerst. B. ~orgen unter B.'s Leimng (XXXII -- 1890) angegeben. Der Autor sah naeh Abpr~tparieren der 3{ucosa den Tonus sowie im all- gemeinen aueh die spontane Rhythmik sehwirtden sowie im allgemeinen die Sehliessungskontraktion gusfallen -- bei Bestehenbleiben eines starken 0ffnungseffektes, endlich die kiinst.lieh ausgel5sten Kontraktionen raseher verlauferl (vgl. aueh G. Kautzseh, I~XV -- 1907). Morphium bracht, e auch am muoesahaltigen Pr/~para.t. die Sehliessungskontraktion zum Schwinden. 6z~ A. ~. Tsehermak: bildung v o r das Verktirzungsmaximum. An der auf Grund yon Eichung bereehneten Kurve der W~trmebildung im Muskel selbst ergibt sieh, dass im sauerstoffhaltigen Zustand bzw bei Oxybiose der tiber- wiegend grSssere Teil der ehemisehen Energie im (glatten) Muskel sehon in der ersten H~Ifte der Kreszente umgesetzt wird ~). B. sehliesst a.us diesem Verhalten -- meines Eraehtens mit Reeht --, dass der ehemische Umsatz w~hrend der Kreszente bei Oxybiose '~) nicht bloss in Spaltung yon Zueker zu MJlehs~ure bestehen ka.nn, sondern aueh sehon den oxydativen Abbau bis zu Kohlendioxyd und Wasser um- fasst 3). In der Bildung yon S~uren und im Sauerstoffverlust sieht B. -- wie schon fr/iher bemerkt (S. 60) -- die Grundlage for die zur Kontraktion ffihrende ~nderung der OberflS~chenspannung. -- Zu B.'s Ausftihrungen sei nur bemerkt, dass gegen die Verwertung des sehr bedeut.samen Befundes ffir das Verhalten bei elementarer Reaktionsweise (d. h. Zuekung) der nieht von vornherein abzu- weisende Einwand erhoben werden k6nnte, dass die dureh fara- dische Sekundenreizung ausgel6ste oder in spontaner Rhythmik er- folgende Reaktion des Frosehmagenringes eine zusammengesetzte,

1) Die entgegenstehenden Resultate yon A. V. Hill (The position occupied by the production of heat in the chain of processes constituting a muscular contraction. Journ. of physiol, voh 42 p. 1. 1911; vgl, aueh ibid. voh 4~4 p. 466. 1912) und tterlitzka (Rieerche di termodinamica museolare I. Arch. di fisioh vol. 10 p. 501. 1912 und Ptl/iger's Arch. Bd. 161 S. 367, 1915) lehnt B. (siehe auch 1:28 -- 1915) als technisch fehlerhaft a b. Schon A. Fiek hat -- wie B. (116, spez. S. 160 -- 1908) hervorhebt -- angenommen, dass der gr5ssere Teil der W~rmebildung w~hrend der Kreszen~e erfolge. -- Analog land O. B runs (Unter- suchungen fiber die Energetik des Herzmuskels. S. I3. Ges. Naturwiss. Marburg, Jg. 21, 1914), dass in dem absteigenden Schenkel der Herz- kontraktion nur 5 ~ der Energieabgabe bzw. der W/irmeentwieklung fallen. -- Vgl. aueh die zusamlnenfassenden Darstellungen yon O. Frank, Thermodynamik des Muskels. Ergebi1. der Physiol. Jg. 3, Bd. II, S. 506, 1904 ; A. V. H i 11, Die Beziehungen zwischen der W~rmebildung und den im Muskel st attfindenden ehemischen Prozessen. Ergebn. d. Physiol. Jg. 15, S. 340, 1916. 2) Bei Anoxybiose erfolgt Spaltung yon Zueker in Milehs/~ure und andere Karbons.~uren ohne oxydativen Abbau derselben, also eine weir weniger 5konomisehe Arbeitsleistung. 3) B. widerspraeh damit W. Pauli (Kolloidchemie der Muskelkontrak- tion. Dresden 1912), welcher blosse Spaltung yon Zucker in Milehsaure (und konsekutive Ionproteinbildung sowie Quellungsverkiir,zung) wghrend der Kreszente, oxydativen Abbau w~hrend der Dekreszente angenommen hatte. Der erstcre Prozess wfirde aber nut 2,8 %, der letztere 97,2 % der ctxemischen Spannkraft des Zuekers freimachen. Eine Arbeitsleistung ersterer Art wiirde, wie B. betont, einen physiologiseh unmSgliehen Zucker- umsatz und eine unmSgliche, nicht naehweisbare W&rmebildung beim~ oxydativen Abbau nach der kontraktiven Arbeitsleistung herbeifiihren. Julius Bernstein's Lebensarbeit. 65 d. h. superponiert-tetanische gewesen sei 1). Hingegen kann meines Erachtensgegenden A~-al giesehluss vomglatten auf den quergestre~ften Muskel keifi berechtigter Einwand erhoben werden. In ersterer Hin- sieht, sind weitere Versuche erforderlich mit gleichzeitiger Registrierung des bioelektrisehen Verhaltens, welches Zuckung und Tetanus 2) ohne weiteres zu unterscheiden gestattet.

III. Arbeiten zur Herzphysiologie und Kreislauflehre. Auch das Gebiet der T~tigkeit und der Innervation des Herzens hat B. mehrfach (1 -- 1862; 4 -- 1863; 5, 6 -- 1864; 11 -- 1867: 33, 34 -- 1876) bearbeitet. Schon als Student, erbraehte er (1 -- 1862) den Nachweis der hochgradigen Empfindlichkeit des Frosch- herzens for oberflgchliche Vertrocknung, welche die Ursaehe ffir den baldigen Stillstand des Herzens unter der Luftpumpe beim Aus- pmnpen der Luft und damit des Wasserdampfes abgibt. Aus dem Fortschlagen des Herzens bei Wasserdampfzufuhr ohne Sauerstoff schloss B., dass der freie Sauerstoff nicht erst einen ,,Reiz" ffir die Herz- bewegung (Goltz) darstellt. (Heute betrachten wir ihn als eine relative Bedingung far die Ausserung der rhythmischen Herzaut, omatie analog wie Ionengehalt, Temperatur, Ft~llung.) -- Von besonderem Interesse war der von B. (4 -- 1863) in Du Bois' Institut erbrachte Nachweis, dass die reflektorische Pulsverlangsamung oder Stillstellung des Herzens bei meehaniseher Reizung der Baucheingeweide am Frosch, der Golt z' sche Klopfversuch, dureh die ,,Vagusreflexfasern" des Bauchsympathicus vermittelt wird, welche in einem unpaaren, wesentlieh vom Magen herkommenden Stamm (N. mesentericus) -- l~tngs der Arteria mesenterica zum Ganglion eoeliacum laufend --

l) Dass die Reaktion des Froschmagenringes bei spontaner l~hyttnnik, ebenso bei Dehnungsreizung eine einfache Zuekung darstellt, konnte ich in einer bioetektrisehen Studie fiber das Egg (Elektrogastrograrnm) zeigen, welche ieh demnachst verSffentliehen werde. -- Schon hier sei daran er- innert, dass 1~. F. Fuehs (S.B. der physik, reed. Soc. Erlangen Bd. 40, S. 201~ 1908; Pflfiger's Arch. Bd. 136 S. 65. 1910) die spontanen Kon- traktionen der glatten Muskulatur yon Sipunculus nudus bioelektrisch als langdauernde Einzelkontrak~ionen, nicht als Tetani erwiesen hat. Ebenso haben fiir die spontanen peristaltisehen Wellen des Uret.ers des I-Iundes E. Th. v. Brficke und L. Orbeli auf bioelektrisehem Wege den Charakter als eehte Einzelkontraktionen fes~gestellt (Beitrgge zur Physiologie der autonom innervierten Muskulatur. II. Die AktionsstrSme tier Uretermuskulatur wghrend des Ablatffes spontaner Wellen. P f i fig e r's Arah. Bd. 133 S. 341. 1910). 2) Uber das Verh~Itnis yon Tetanus und Tonus vgl. A. v. Tsehermak, Die Lehre vonder tonischen Innervation. Wiener klin. Woehenschr. Bd. 27 Nr. !3, spez. S. 10 d. S.-A. Pflflger's Archiv ffir Physiologie. Bd. I74. 5 66 A.v. Tschermak:

durch die Rami communicantes oberhalb des 5. Spinalsegments bzw. in der HShe des 3. bis 6. Wirbels 1) in das Ritckenmark eintreten und auf das medullare Vaguszentrum einwirken. Dieser Verlauf wurde dutch systematische Durchschneidungsversuehe festgestellt. Aueh a,m Kaninchen ergab zwar Reizung des zentralen Splaachnicusstumpfes keine reflektorische Wirkung auf das tterz, wohl ~ber trat reflektorische Verlangsamung und Abschwaehung ein bei l~eizung des Kopfendes am tief unten durchsehnitteneu Halssympathieus ~) sowie vor allem bei Reizung des Brustsympathicus zwischen 3. Lendenwirbel und 8. R~ppe. (An der 7. Rippe ws,r der Brustsympathieus vorsiehtshalber durchtrennt worden, um eine Mitreizung tiefaufsteigender Accelerans- fasern naeh C. v. Bezold [1863] zu vermeiden.) Beiderseitige Vago- tomie hebt diese Reflexwirkung auf. Beim sehw&eheuraresierten, kiinstlieh ventilierten Kaninchen konnte (5; 6 -- 1864) auch ein reflektoriseher sympathcgener D~uer- einfluss auf die Herzvagi naehgewiesen werden: Durehtremmng beider Vagi bewirkt beim Kaninchen unter diesen Umstanden eine geringe Herzbesehleunigung -- abet nur sol~nge der B~aehsympathicus uud das Halsm&rk bis zum 7. Brustwirbel herab unversehrt gelassen wird. Auch an einem morphinisierten, kfinstlich ventilierten Hunde hatte Durchtrenmmg des Rtickenmarks in 'der HShe des 3. Halswirbels naehdauernde erhebliche Pulsbeschleunigung und Blutdrucksteigerung bzw. Verlust des Vagustonus zur Folge. B. glaubte a us diesen Ver- suehen den Sehluss ziehen zu k5nnen, dass der Vagustonus nicht automatisehen, sondern enterogen-reflektorischen Ursprunges sei, also dem B r o ndg e e st' schen Tonus der Skelettmuskulatur vergleiehbar. -- Man wird heute allerdings zugeben mtissen, dass B.'s Versuehe zur Begrtindung dieser These nicht ausreichen, zumal da der physiologisehe V~gustonus beim Kaninchen jedenfalls sehr gering ist,. Jmmerhiu bleibt n~ch einer en~erogenen Komponente des Vagustonus gn ge- eigneten Versuehstieren zu f~hnden. B.'s weitere Versuche zur Herzinnerv~tion (10 :- 1867) betrafen den Einfluss des Blutdruckes auf die Pulsfrequenz an Kaninchen m~d Hunden. Es erg~b sieh, dass Infusion yon 25--45 ecru defibrinierten Blutes vortibergehend neben Drueksteigerung betr-~ehtliche Puls- verlangsamung bewirkt, solange die Vagi unversehrt sind. Umgekehrt 1) Eventuell erfolgt die Einstrghlung noch hSher bis oberhalb des Plexus brachialis bzw. in der HShe des 1. und 2. Wirbels. 2) Von diesem aus muss also noch eine Einstrahlung in das Halsmark oder in die Medulla oblongata bestehen. -- Zu einem analogen Ergebnis wie B. gelangten spgter I:[. Aubert und G. Roever (]~ber die vasomotori- schen Wirkungen des N. vagus, laryngeus mid sympat.hicus. Pfliiger's Arch. Bd. 1 S. 211. 1868) am Ha lssympathicus des Hundes, wogegen B. seine Prioriti~t wahrte (16 -- 1868). Julius Bernstein's Lebensarbeit. 67 bewirkt Blutentziehung vortibergehend Pulsbeschleunigung neben Drucksenkung. B. erschloss daraus eine regul~torische Einwirkung des BluMruckes auf den efferenten Herzvagus, so dass eine primgre Drucksteigerung sich sekund~r durch Vaguserregung kompensiere. Den Mechanismus dieser Einwirkung liess B. d~mals durehaus often. -- Heute wissen wir, dass der auf F~llungs- bzw. Wandspannungsreizung des Aortenbogens ansprechende N. depressor eine erregende Reflex- wirkung sowohl auf das Vaguszentrum als auf das medullare Vaso- dilat~torenzentrum besitzt -- andererseits ist eine hemmende l%eflex- wirkung auf das Vasokonstriktorenzentrum (L. Asher, E. Th. v. Briicke) sowie ~uf das Acceleranszentrum festgestell~ (E. Th. v. Brticke, G. H611 sehon 1913/14 mit A. v. Tsehermak). Bezfiglich J~usserung der Automatie ~n der isolierten Herzkammer des Frosches gelangte B. (33, 34 -- 1876) zuni~chst abweichend yon Merunowicz zu einem negutiven Ergebnisse. Die durch Abklemmen bei erhaltenem Kreislauf isolierte tterzspitze, welche keinem abnorm hohen Fii]lungsdruck ausgesetzt war, pulsierte ngmlich binnen 1 bis 2 Tagen nicht wieder 1). Dasselbe ]~esultat hatte bereits R. Heiden- hain (]854) nach Ligierung der Herzspitze erhalten: Spgter gelang es allerdings C. v. Lucowicz 2) (XXXI[I -- 1890) unter B.'s Leitung nachzuweisen, dass infolge der Abklemmung der intrakardiale Druck um etwa ein Drittel seiner H6he sinkt, und dass .die abgeklemmte Herzspitze schon bei m~issiger Drucksteigerung (auf etwa 200 ram. Wasser -- bei Perfusion bzw. Zufliessenlassen yon 0,6 % Kochsalz- 16sung) zu pulsieren beginnt. Der Binnendruek bzw. die Wand- spannung stellt jedoch -- im Sinne yon A. v. Tschernrak -- far dieses Manifestwerden subsidi~rer Automatic eine absolute Zustands- bedingung dar, wie dies schon aus den Versuchen yon Merunowicz 3) (unter C. Ludwig) zu erschliessen war. Eine auf B.'s Anregung unternommene, unter Leitung von A. v. Tschermak durchgefiihrte Institutsarbeit yon C. Ewald (L -- 1902) zeigte, dass die zweite Stannius'sche Ligatur bzw. der Munk- sche Stich am Froschherzen nicht etwa durch Treffen der Atrio-

1) H. Aubert beobachtete in einer nicht geringen Anzahl yon Fallen spontane Kontraktionen unter verschiedenen Bexlingungen, speziell bei Drueksteigerung -- allerdings nioht rege]m/issig (Untersuchungen fiber die Irritabilit&t und l~hytlgnizit~t des nervenhaltigen trod des nervenlosen Froschherzens. Pflfiger's Arch. Bd. 24 S. 357, spez. S. 365. 1881). 2) In Best~tigung der Versuche yon M. Foster und FI. Gaskell, On the tonicity of the heart and blood-vessels. Journ. of physiol, vol. 3 p. 51. 1880. 3) Merunowicz, Die chemischen Bedinglmgen des Herzschlages. Bet. d. Sgchs. Ges. d. Wiss. 1875 S. 252 und Arb. a. d. physiol. Anstalt zu Leipzig Bd. 10 S. 148. 1876. 5* 68 A.v. Tsehermak:

ventrikularganglien, sondern dureh Verletzung des atricventrikularen Verbindungssystems bzw. des St. Kent'sehen Triehters 1) zum Wiederpulsieren fiihrr Es wird hiebei die de norma iibert6nte sub- sidi~ire Automatie des Verbindungssystems ,,geweekt ~ Die L~sions- stelle wurde dureh Naehziehen eines Kokonfadens mJttels der Stieh- nadel bezeiehnet und in Seriensehnitten verfolgt. Auf dem Gebiete der Innervation und der Meehanik des Blut, gefgsssystems konnte B. (in Gemeinsehaft mit R,. F. Marehand und K. Sehoenlein) zunhehst (36 -- 1877) den Goltz'schen Befund 2) best~tigen, dass bei geizung des 3-5 Tage zuvor durehtrennten ttiiftnerven am tIunde eine erhebliehe ErhShung der Itaut- temperatur (yon 15 oder 200 a.uf 300 C.) der Hinterpfote eintritt. Versuehsweise war noeh vor der Nervendurehsehneidung Brust- und Lendenmark voneinander getrennt worden. Am wirksamsten erwies sieh meehanisehe Reizung, ,,Kerbung", dureh Seherensehnitte am Hiif~nerven. Allerdings hatte die Nervenreizung stets noeh Zuekungen Jm Gefolge; doeh waren diese, wit VeNleiehsversuehe unter Curare- vergiftung lehrten, ohne Einfluss auf den Erfolg. Der Versueh gelang weiterhin aueh ohne Ri~ekenmarksdurehtrenmmg am frisehdureh- trennten Nerven, und zwar bei jed.weder Reizung, wenn nut die Anfangstemperatur der Haut relativ niedrig war oder dig gautgefiisse einen leidliehen (diesfalls peripher bedingten) Tonus besassen, in dessen Hemmung ja der vasodilatatorisehe Reizeffekt besteht -- wie B. sehon dama.ls (1877) erkannte. B. verwirkliehte diese Vorbedingung dutch niedrig e Zimmertemperatur oder Kaltbad, welches aueh wahrend der R,eizung appliziert bleibt (gegeniiber L6pine 1876). Die Tem- peratursteigerung hglt sehr lunge an, erreieht oft erst naeh 15 bis 30 Minuten ihr Maximum. was B. auf sekund~ires Weitbleiben der

1) In ~lteren Versuchen, welehe J. Steiner (II -- 1874) unter 13. angestellt hatte, erwies sieh der Sinus als ernpf~ng]icher gegen Vergiftung durch Galle, Stryehnin, Chloroform als des atrioventrikulare Verbindungs- system. Whhrend des dureh die Wirkung jener Gifte auf den Sinus be- wirkter~ Ilerzstillstandes bleibt der Munk'sche Stichversuch positiv. -- Andererseits hatte K. Sehoenlein (XI -- 1878) unter B. die Puls- verl~ngsarnung und den diastolischen Stillstand des Frosehherzens alff O, 1 -- 1,0 ecru 5--10 ~ iger LSsung von kohlensaurem Natron auf Sch/idigtrng des laterzmuskels zuriiekgefiihrt. Weit.erhin gelang R. Marehand (XI -- 1878) unter B. die ,,u der subsidi~ren Autornatie des atrioventri- kularen Verbindungssystems nach erster Stannius'scher Ligatur dutch Applikation Won Ammoniak, Kalilauge, Salzs~ure oder yon plStzlieher Tem- peratursteigerung, ja yon einern einzelnen. Induktionsschlag auf die Atrio- ventrikularregion. In der Erkliirung dieser Wirkungen stand R. Marehand (1878 !) allerdings ganz auf deln Boden der gangliomotorisehen Herztheorie. 2) Fr. Go]tz, Uber gef/~sserweiternde Nerven. Pfltiger's Arch. Bd, 9 S. 174. 1874 und Bd. ll S. 52. 1875. Julius Bernstein's Lebensarbeit. 69

Gef:4sse infolge der durch die primi~re Vasodilatation gesctzten 6rt- lichen Temperatursteigerung bezieht. -- Bei kiinstlicher Durchstr6mung des euraresicrten Hinterbeines mit defibriniertem Blute yon Zimmer- temperatur konnte B. eine cleutliche Beschleunigung des Blutstromes bis auf das Doppelte infolge yon Nervenreizung naehweiscn, hingegen eine etwaige neurogene Thermogenese in den Geweben aussehliessen. Dass in B.'s Versuehen die Ischiadieusreizung keine Verengerung zur Folge hatte, lag offenbar darin, dass infolge der ktinstlichen Abktihlung bereits ein ,,Ausgangszustand vorhandener sta~ker Verengerung" be- stand, d. h. der Gefi~sstonus bereits maximal war. Bei Er6rterung des Problems des Gef~sstonus wirft B. schon damals (36, spez. S. 602 -- 1877) die Frage auf, ob nieht den glatten Muskeln selbst -- nieht bloss peripheren Nervenzentren -- gewisse ,,zentrale Fi~higkeiten" zuzuschreiben wi~ren. Nut in Parenthesi sei bier der Beobachtung B.'s (24 -- 1872) ge- daeht, dass die langsamen rhythmisehen Tonussehwankungen an den Blutgefi~ssen der Froschsehwimmhaut nach Zerst6rung des Ri~cken- marks verschwinden, also -- wenigstens dominant -- spinal-neurogen bedingt erseheinen. Mit diesem Verhalten braehte er die zuerst yon Goltz 1) gemachte, von ihm best~tigte Beobaehtung in Zusammen- hang, dass instillierte Kochsalzl6sung nur so lange aus dem giicken- lymphsack des Frosehes resorbiert wird und dureh die Venen ab- fliessend zu verfolgen ist, als das Rtickenmark intakt ist. tIeute fiihren wir dieses Verhalten auf die spinal bedingte T~tigkeit der coeeygealen Lymphherzen zuriiek. Der Analyse der Pulskurve widmete B. (53 -- 1887) eine Untcrsuehung, welche speziell die Frage der sekund~ren Wellen im absteigenden Teil betraf. Er bezieht dieselben (mit Landois und Noens) auf Vorgi~nge am Ursprung des Arteriensystems, nicht auf l~eflexionen im Gef~sssystem selbst (Narey, A. Fick u. a.), und zwar auf Grund des Verhaltens ktinstlieh erzeugter Stosswellen in den Arterien eines frischget6teten Tieres, in welehe verdtinntes defibri- niertes Blur durch Kanfile mit Sehlaueh infundiert wird. Bei oftener Kommunikation yon Schlaueh und Gef~sssystem wurden keine reflek- tierten Wellen beobachtet, wohl aber bei Abschluss des Sehlauehes fiir sich gegen die Gefi~ssbahn oder bei Verschluss der Gefiissbahn an ihrem Abflussende. -- Eine fehlerfreie, photographisehe Verzeiehnung der Verdiekungswelle des nieht komprimierten ,~rterienlumens erreiehte B. (62 -- 1890) dutch Anwendung der Spiegelreflexionsmethode, welche bekanntlich zuerst Joh. Czermak zu Demonstrationszwecken be-

1) Fr. Goltz, Uber den Einfiuss der Nervenzentren ~uf die Auf- saugung. Pfl/iger's Arch. Bd. 5 S. 53. 1872. 70 A.v. Tschermak: nii~zte. Speziell kommt hiebei aueh am Lumenpulse die Steilheit und Tiefe der pr~dikroten Inzisur deuglieh heraus, welehe uns am Druekpulse erst die Verwendung yon m6gliehst eigensehwingungs- freien Manometern (Gad, Frank) kennen gelehrt hat.

IV. Bei~r~ge zur Atmungsphysiologie. Aueh die Physiologic der Atmung verdankt B. einige wertvolle Feststellungen und Methoden. In erster Linie war es das Pr6blem der Entstehung der Thoraxaspira~ion~ welches B. fesselte (38 -- 1878). An totgeborenen Kindern wurde ktinstliehe Lufteinblasung durch die Trachea vorgenommen und ~dann mit positivem Erfolg auf das Vorhandensein yon Thoraxasioiration geprtift -- dureh Beobachtung eines mit der Luftr6hre kommunizierenden Wassermanometers vor und nach Er6ffmmg der Brustwand. Der Beginn der Atmung hat also sofort die Aspiration des Thorax zur Folge~ und zwar dutch eine naehdauernde vo]umvergrSssernde Form~nderullg des Brustkorbes, welche in einer dutch den ersten, foreiert bzw. dyslonOisch erfolgenden Atemzug bewerkstelligten Hebungsverlagerung der Rippen und wohl auch in einer Tiefereinstellung des Zwerchfells besteht. Die Ursache fiir das Eintreten einer solehen neuen Gleiehgewichtstage erblickte ]3. mit Wahrseheinliehkeit in einer bleibenden Uberdehnung der ex- spiratorisch wirksamen Apparate, so dass sieh die Gleiehgewiehtslage des Thorax zugunsten der Inspiration verschiebt (~berdehnungs- theorie). -- Die gegens~tzliehen, yon Hermann und Keller 1) ent- wiekelten Vorstellungen (LSsnng der Adha.sion der Bronchialflgehen und elastisehe Tendenz des fStalen Thorax zur Ausdehnung) weist B. zuriiek (43 -- 1882) miter Hinweis auf seine Beobaehtung, dass bei Er6ffnung der Pleurah6hlen am F6tus keine Thoraxerwei~erung ein- tritt. Zur kiinstliehen Atmung an Neugeborenen schlggt B. ein manuelles tteben der Rippen vor. -- Auch gegenilber den/sp~eren Erklhrungs- versuehe Hermann's 2) (allm~hliches Entstehen der Aspiration durch raseheres Waehsen des Brustkorbes gegen~iber der Lunge) konnte B. (48 -- 1884~) an jungen Ziegen und Schafen beweisen, dass eifm be- tr~chtliehe Thoraxaspiration sehon ganz kurze Zeit naeh der Geburt

-- sogar sehon naeh wenigen Minuten -- naehweisbar ist. Ein Unter- sehied in der Waehstumsgesehwindigkeit kann demnaeh nur fiir die Festhaltung und Zunahme d er Thoraxaspiration, nicht ffir ihr erstes Entstehen in Betrach~ kommen. 1) L. Hermanr~ und O. Keller, Uber do1 atelektatisehen Zustand tier Lungen und dessen Aufh5ren bei der Geburt. Pfliiger's Arch. Bd. 20 S. 365. 1879. 2) L. I-Iermann, Uber alas Verh~lten des kindlichen Brustkastens bei der Geburt. Pfliiger's Arch. Bd. 30 S. 276. 1883. Julius Bernstein's Lebensar beit. 71

~u nahm B. das bereits vielbehandelte Problem der Wirkung der Kohlens~ure auf das Atmungszentrum inAngriff. Nach- dem einerseits Sauerstoffverarmung (Rosenthal, Pflfiger), anderer- sei~s CO~-Anreicherung (Rosenthal, Pflfiger und Dohmen) als bedingende und bestimmende Faktoren fiir die T~tigkeit des medul- ]aren Atmungszentrums bezeichnet worden waren, stellte ]3. zuniiehst <44- 1882)den Ablauf der dyspnoischen Atembewegungen bei Atmung eines indifferenten Gases und eines Luft-Kohlendioxyd- gemisehes lest. Er konstruierte dazu den ira Prinzip bereits yon Knoll und yon Gad angegebenen 1) ,,Spirographen", welcher die Druckschwankungen in einem Glaszylinder regis~riert, weleher das dureh eine naeh aussen fiihrende Kaniile atmende Tier mnsehliesst. B. fand bei 0-Verarmung der Atemluft (z. B. in Wasserstoff) Versti~rkung der In- und Exspiration, und zwar mehr noeh der Inspiration, bei C02-.4mreieherung hauptsgehlieh Verstgrkung der Exspiration -- und zwar im Sinne yon "Erh6hung und tetanischer Verliingerung des Ex- spirationsgipfels gegeniiber der Norm. Deutlieh sind diese Unter- schiede allerdings etst naeh Aussehaltung der Regulationsfasern in den Nn. vagi. B. sehliesst, dass das 0-arme Blur hauptsRehlieh das Inspirationszen~rum, das C02-reiehe 2) hauptsgehlich das Exspirations- zentrum reize. Beide Wirknngen sind als zweekmiissige Mi~tel zur l~egulation des Gasgehaltes des Blutes zu bezeiehnen. -- Als teehnisehen Kunstgriff zur Erreiehung der normalerweise bei Nasenpassage er- folgenden Vorwgrmung, Anfeuehtung und Reinigung der Inspirations- luft empfahl B. (57 -- 1888) die Traehealkantfie mit einem Sehlaneh- ansatz zu versehen und diesen entweder in das eine Nasenloeh hinein- zufiihren (also Atmen dureh das andere freigelassene Nasenloeh) oder mit einer Kappe an den Mund anzusehliessen (also Atmen dutch die Nase).

1) Ph. Knoll, Uber die ~rirkung yon Chloroform und ]4ther auf Atmung nnd Blutkreislauf. Sitzungsber. d. Wien. Akad. d. Wiss. Bd. 78 {III. Abg.) S. 223. 1879; J. Gad, Versammlung deutscher Naturforseher und ~rzte 1881. J. Bernstein hat (46 -- i883) die Prioritgt beider Joereitwillig anerkannt. 2) Unter B.'s Leitung sind spgter E. Laqueur undJ~~. Verzgr (LXXXII -- 1912) gegeniiber der H. Winterstein'sehen geaktionstheorie, dass weder ,der Sauerstoffmangel noeh die Kohlensgurespannung als solehe, sondern .die Gesarataziditiit bzw. die Wasserstoffionenkonzentration des Blutes for die Tiitigkeit des Atmungszentrums maassgebend sei (Pfliiger's Arch. Bd. 138 S. 167. 1911 lind Bioehem. Zeitschr. Bd. 70 8. 45. 1915), fiir eine spezifisehe, aueh bei neutraler, ja ganz sehwaeh alkMiseher Reakl, ion fortbestehende Wirkung der Kohlensgure bzw. des I~ohlensgureanions eingetreten, da die Kohlenstture sehon bei einer viel geringeren [I-I'] auf alas Atmungszentrum wirke als Salzsiiure oder Essigsiiure, welche hin- wiederum dutch Steigerung der CO~-Freimaehung in den Geweben wirken. 72 A.v. Tschermak-

Auf dem Gebiete der inneren oder Gewebsatmung verdankert wit B. die reeht brauehbare Fli~schehenmethode (56 -- 1888), wobei zur vergleiehenden Untersuehung der Sauerstoffzehrung ver- schiedener Gewebe Sttiekchen rein zerkleinerter Organe in kleine, ab- schliessbare Fl~tsehchen mit ] --5 ~o Oxyh~moglobinlSsung (zuerst durch destilliertes Wasser lackfarben gemacht, dann durch Zusatz yon Koch- salz auf Isotonie gebracht) eingebracht werden. Es wird dabei die Zeitdauer fiir Vollendung der Reduktion bestimmt; die st~rkste O-Zehrung ergab sich nach den die verschiedensten Organe yon Frosch wie Warmblilter umfassenden Tabellen filr Nierenrinde und quer- gestreifte Muskulatur. -- Sp~tere Versuehe (67- ]891)zeigten, dass hiebei eine Abscheidung reduzierender Substanzen aus den Gewebs- sttickehen nicht in Frage kommt, sondern eine Anziehung und Bindung des Sauerstoffs seitens der lebenden Zellen stattfindet. Filr 100 g Froschmuskel wurde pro 1 heine Sauerstoffzehrung yon 7,8 cem, flit 100 g Kaninchenmuskel eine solehe yon 70--83 ecru festgestellt. Im Anschlusse an seine ~lteren Studien iiber den Einfluss yon Giften auf die roten Blutzellen (siehe Abschnitt VI) hat B. (49 -- 1884, in Gemeinschaft mit Seharffenorth sowie F. J. Becker XIX -- 1884) sp~ter Versuche angestellt, welehe die Rolle der Salze betrafen. Zun~ehst wurde untcr B.'s Leitung dutch Scharffenorth die Angabe A. Rollett's 1) bestatigt, dass Zusatz yon Alkalisalzen, speziell yon K2SO 4 zu 0,75%, die Resistenz der Erythrozyten gegen H~molyse durch elektrische Str6me erhSht. Dasselbe gilt bezfiglieh der H~imolyse durch hSherc Temperatnr (59 o C. Ifir Kaninchen- blur) oder dutch Gefrieren- and Wiederauftauenlassen. Im Gegensatze zur ErhShung der Resistenz gegen physikalische L6sungsmittel bewirkt Salzzusatz zugleich eine deutliehe Verminderung cler Resistenz gegen chemische Agentien, Galle, :~ther-Alkohol. Dabei steht K~CO~ an der Spitze.

V. Studien auf dem Gebiete der Sinnesphysiologie. Der Sinnesphysiologie hat B. verh~ltnismfissig wenige 0rigii~a]- arbeiten gewidmet. Dieselben bekunden durchwegs die vorwiegend biophysikalische Orientierung seines Interesses und seiner Denkweise. Er verharrte als Schiller yon Helmholtz auf dem StancIpunkt der physikalisch-objektivistischen Sinnesphysiologie; die modernere exakt- subjektivistische Anffassung und Forschungsweise, wie sie -- fussend auf Joh. Mtiller -- E. Hering, E. Mach und C. Stumpf begrilndeten, blieb B. im wesentlichen fremd. Dessenungeachtet muss ich, gerade 1) A. Rollett, (~ber die Wirkung, welehe Salze und Zueker auf die roten BlutkSrperchen uusiiben. S.-B. d. Wiener Akad. Bd. 84 (IIL Abt.) S. 1, 5, 7. 1881. Julius Bernstein's Lebensarbeit. 73 ats Anh~nger dieser Denk- und Arbeitsrichtung, betonen, dass B.'s sinnesphysiologische Beitr~ge keineswegs des bleibenden Wertes ent- behren, vielmehr mannigfuche bedeutsame Daten und feinsinnige Er- wi~gungen darbieten. Im Detail wurde bereits oben (S. 19) hingewiesen auf B.'s sch~tz- bare Ausffihrungen (21, S. 193ff. -- 1871) fiber die Weber'sehen Tastkreise. Des weiteren stammt yon B. (32 -- 1876) die Kon- struktion eines Apparates zur Bestimmung des mittleren Knoten- punktes im menschlichen Auge. Eine kurze in hSherem Sinne popul~re Darstellung tier gesamten Sinnesphys~ologie gab B. in dem Btichlein ,,Die ffinf Sinne des Menschen'" (31 -- 1876). Das Werkchen, welches den 12. Band von B r o c k h a u s' Internationaler H-issenschaftlicher Bibliothek bildete, erlebte zwei Auflagen (31 -- 1876; 58 -- 1889) und erfuhr eine Uber- setzung ins Englische. B. behandelt in demselben die Sinnesqualitiiten der Haut, den Gesichts- und GehSrssinn, endlich den Geruch und Gesehmaek. Er teilt dabei zwar den Standpunkt yon Job. M filler, dass wir nicht die Dinge der Aussenwelt, sondem nur die in den Sinneszentren vor sieh gehenden Veranderungen empfinden, bezieht je- doch die Aussenlokalisierung der Empfindungen auf eine gewohnheits- m~ssige Verkntipfung der gleichzeitigen Tast- uncT Gesiehtseindrticke dureh einen unbewussten ]ogisehen Sehluss. B. bekennt sich zur Projektionstheorie, zur Verlegung der empfundenen Bilder nach aussen, cntsprechend dem sogenannten Gesetze der exzentrisehen Empfindung 1). In den Kapiteln fiber Optik und Akustik schliesst sich B. eng an dic klassischen Darstellungen seines Lehrers Helmholtz an -- speziell auch in der Annahme der sogenannten Dreifarbenlehre und der ~[uskel- geffihlstheorie der Tiefenwahrnehmung. Relativ aus~iihrlich ist die Darstellung der physikalisehen Grundlagen des GehSrssinnes -- ein Ge- bier, fiir welches B. spezie]les Interesse hatte.

1) Interessant ist, dass B. selbst eine bcsonders starke Abweiehung zwischen funktionellem und geometrischem Lagewert seiner Netzhaut- e]emente besass, wie daraus hervorgeht, dass cr in Versuchen, die er in Gemeinsehaft mit Berthold und D~stich unter tier Leitung yon I-Ielm- holtz (Physiolog. Optik, 2. Aufl., S. 801. Hamburg-Leipzig 1896 bzw. 3. Aufl., Bd. III S. 265. 1910) unternahra, am n~chsten herangehen musste, um drei in einer objektiv sehwach konkaven Zylinderfl'~che auf- gestellte Lote in einer subjektiven Ebene zu sehen. Gerade aus solchen Abweichungen oder Diskrepanzen bzw. Inkonkruenzen beidcr Netzhiiute liisst sieh die Zurfickweisung der objektivistischen Projektionstheorie und die Sicherung der subjektivistischen Lokalzeichenlehre ableiten (vgl. A. v. Tschermak's Monographie: Uber die Grundlagen der optisehen Lokalisation nach HShe und Breite. Ergebn. d. Physiol. Bd. 4 S. 517--564. ~905). 74 A.v. Tsoh~rmak:

Dieses Interesse fiir Akustik veranlasste B. dazu, seinen Schiller ]~'. }Iatte (XXXVI -- 1892; XXXu .- 1894) zu ether Prfifung des angeblichen HSrens labyrinthloser Tau ben, welches R. Ewald l) und W. Wundt 2) behauptet hatten, anzuregen, und dessen Unter- suchungen selbst fortzusetzen. Matte und Bernstein (71 -- ]895) 3) kamen dabei zu dem Ergebnisse, dass des Labyrinths beraubte Tauben -- wenn zweckm~ssig in einer Schwebe aufgeh~ngt -- auf Gergusch- eindrticke, beispielsweise Knall ether Kinderpistole. nicht reagieren4). in besonderen Versuehen konstatierte B. aueh Taubheit ftir Ton: schwingungen (d" = 594 S) bei Zuleitung dureh einen Schlauch : es fehlte das eharakteristische Kopfscht~tteln. Komplikationen ffir die Beobachtung ergeben sieh allerdings aus den h~ufigen spontanen Kopf- und Lid- bewegungen bet Tauben (71 -- 1895). Hingegen reagierten die labyrinth- losen Tauben aueh in B.'s Versuchen auf die yon Stimmgabeln uncl elektrischen Klingeln erregten Luftsehwingungen. Wihrend jedoeh g. Ewald und W. Wundt hieraus auf ein restierendes HSrvermSgen. speziell auf t~eizung des Akustieusstumpfes dureh Sehallwellen ge- sehlossen herren, fiihrte B. gleich anderen jenes Verhalten s~uf taktile Reizung durch Mitschwingen der abgestimmt resonierenden Elemente des Federkleides 5) der V/~gel zurtiek. B. betonte zndem ~[atte's Naehweis, dass die labyrinthlosen Tauben aueh dann noeh auf Luft- schwingungen reagieren, wenn bereif, s simt.liche Fasern des iN~. aeustieus der anfsteigenden Degeneration bis in des medullare Kernlager ver- fallen sind. Die Kritik, welehe Is Ewald an ~Iatte's Operations- methodik und an dessen H5rpri~fungen geiibt hatte~ wies B. aus- Ifihrlich (71 -- 1895) zurfiek. Ebenso widerlegte er (68 -- 1894) die Einwande, welehe Wundt bet dieser Gelegenheit gegen des Gesetz yon der spezifischen Energie erhoben hatte. Speziell lehnte B. die beziigliehe Verwertung binauraler Schwebungen ab; solche konnte

1) J. 1~. Ewald, Der Akustieusstamm ist, durch Sehall erregbar, Berl. klin. Woehensehr. 1890 Nr. 32; Physiologisehe Untersuehungen fiber das Endorgan des l~Tervus oetavus. ~Viesbaden 1892; Die zentrale Entstehung yon Sehwebungen zweler monotiseh gehSrter TSne. Pfliiger's Arch. Bd. 57 S. 80. 1894. 2) ~7. Wundt, Ist der ]-[Srnerv direkt dutch Tonsehwingnngen er- regbar ? Philos. Stud. Bd. 8 S. 641. 1893; Akustische Versuehe an laby- rinthlosen Tauben. Philos. Stud. Bd. 9 S. 496. 1894. 3) Vgl. auch seine zusammenfassende Besprech~mg betreffeud Ohr- labyrinth im Jahresberieht yon Virchow-Hirsch 1894 (70). 4) Bet bloss der Schneckea beraubten Tauben. konstatierte ~{atte noeh geringes l~eaktionsvermSgen ftir Gerausehe (etwa durch Vermitte- lung des Saceulus ?), hingegen keine Gleichgewichtsst5rungen. 5) Man kSnnte meines Eraehtens das Mitsehwingen in weiteren Ver- suehen sehr wohl durch starkes Einfet.ten oder Nassmaehen der Federn verhindern. Julius Bernstein's Lebensarbeit. 75

B. (68 -- 1894) in Selbstversuchen mit Schlauchzuleitung yon zwei akustischen Stromunterbreahern her beobachten, und zwar auch noah an sahwellennahen TSnen (B ~ 116, g ~ 198 5). B. vermutet dabei alas Stattfinden yon Knochenleitung; allerdings gelang es B. nicht, daffir einen direkten Nachweis zu erbringen -- in der Form, dass ffir zwei Beobachter Sahwebungen merklich wtirden, wenn beide in ein gemeinsames Holzbrett beissen, dadurch in Knochenleitungsgemein- schaft stehen und je aine etwas differente Tonschwingung durch Ohr- schlauch zugeleitet erhalten. Das embryonale Hervorgehan yon zweierlei Sinnes- bzw. Re- zaptionsorganen wie des Geh6rorgans und des Labyrinths aus einer gemeinsamen Anlage bezog 13. zutreffend auf das gemein- same Prinzip der Erregung durch !~ltissigkeitsbewegung (Teilchen- schwingung einerseits, Str6mung andererseits). Atlerdings meinte er (68, spez. S. 493 -- 1894) zugleich -- meines Erachtens mit Unreaht -- .dem Labyrinth, welches er als den phylogenetisch zuerst entwickelten Tell des inneren Ohres batrachtet, eine Sinnesfunktion, d. h. Empfin- dungsvarmittlung, fiberhaupt absprechen zu sollen and dasselbe aus- schliesslich als einen reflektorisah t~tigen Apparat ansehen zu sollen 1). In zwei Abhandlungen (112 -- 1906; 126 -- 1914) stellte 13. seine neue Theorie der Farbenempfindung dar, welche er sich seit larger Zeit zurechtgelegt hatte. Er suchte damit die Young-Helm- holtz'scha und die Hering'sche Lehre zu vars6hnen, in denen ar kaum mehr als versahiedene Spezialtheorien des Sehvorganges er- blickte, nicht aber den Ausfluss von zwei fundamental verschiedenen Anschauungsweisen -- dar objektivistischen und der exakt-subjakti- vistischen Sinnesphysiologie -- erkannte. Schon aus diesem Grunde wird sich 13.'s Thaorie kaum als fruchtbar erweisen. Sic behalt be- zfiglich der Funktion der peripheren Apparate die Grundzfige der Young-Helmholtz'schen Theorie bei, wghrend sic bei der Erklgrung tier zentralen Apparate Vorstellungen yon E. Hering verwertet. Mit vollem Recht erblickt 13. eine fundamentale Schw~che der Dreifarben~ lchre darin, dass ffir die subjaktiv unstreitig einfaehe Weissempfindung eine dreikomponentige Grundlage angenommen wird. Er schliesst .sich der von M. Schultze und W. Kfihne begrfindeten, von H. Parinaud, A. K6nig, J. v. Kries, O. Lummer u. a. fiber- nommenen Hypothese an, dass die St~bchen nur farblose, die Zapfen daneben auch farbige Empfindung vermitte]n -- eine meines Erachtens ganz diskutable, doah noch keineswegs ausreichend begrfindete Vor-

1) Vgl. dazu die Studie P. Jensen's (XL -- 1896), welehe der Be- streitung eines Zusarnmenhanges zwischen Labyrinthapparat und galvani- sehem Sehwindel dureh lVI. S trehl (Beitr/~ge zur Physiologic des ipneren Ohres. Pflfiger's Arch. Bd. 61 S. 205. 1895) entgegentritt. 76 A.v. Tschermak: stellung. 13. vermeidet dabei den Fehler, weleher der v. Kries'sehen Hypothese vom Doppelweiss anhaftet, im Widerspruche zur Emp- findungsanalyse zwei Arten von Weiss, ngmlich ein einkomponentiges Sti~behenweiss und ein dreikomponentiges Zapfenweiss, anzunehmen. In Ubereinstimmung mit E. Hering wird jedem farbigen Liehte neben der farbigen Wirkung eine farblose zuerkannt, indem jeder photoehemisehe Farbsehstoff -- zwei Paare soleher werden yon B. den Zapfen zugeschrieben -- einerseits Weisserregung in einer tieferen Station des Rindenzentrums vermittle, andererseits farbige Erregung in einer hSheren Station zustandebringe. D~bei heben sieh i~ot- und Grtinerregung, Gelb- und 131auerregung dureh eine hemmende Neben- leitung in ihrer Wirkung auf die Endstation auf.

VI. Toxikologisehe Beobaehtungen. Aueh auf toxikologisehem Gebiete hat B. einige sehiitzbare Bei- triige geliefert. So behandelte er (12 -- ]867) die Frage, ob das Chloro- form (vgl. S. 59 Anm. 3) bless auf die nervSsen Zentren oder aueh auf die peripheren Nerven wirke. Nach Unterbindung der e~nen Art. iliaea am Frosche und Chloroformierung ergab sich zwar kein Unter- schied in der Sehwelle, jedoch liessen motorisehe wie sensibel-reflek- torische Nervenst~mme bei 6rtlicher Einwirkung yon Chloroformdampf anfangs eine Steigerung, sparer eine Minderung der Erregbarkeit er- kennen, von welcher aus noch Erhohmg eintreten kann. Naeh Ab- trennung veto verl~ngerten Mark unterliegt das R/iekenmark der Chloroform- bzw. Strychninvergiftung langsamer, und zwar infolge yon Aufhebung der beim Frosch nur yon der ~[edullarregion her (durch die Art. spinalis ventralis), nicht segmental erfolgenden Blut- zufuhr ~). Es ergab sieh ein Vergiftungsstadium, in welchem zwar nicht auf m~ssige Einzelreize, wohl abet auf starke und wiederholte Reizungen bin starke, hyloerdimensionale Reflexbewegungen ausgeftihrt wurden; ebenso traten dann Reflexe ein auf die~ untere Extremit~t -- zwar nieht von deren Haut }:er, wohl aber von der Haut der vorderen Extremiti~t her. Endlich kamen in gewissen F~llen reflektorisehe Mit- bewegungen der direkt-reflektorisch nicht mehr erregbaren Vorder- pfote bei Reizung der Hinterpfote zur Beobachtung. Aus diesem Verhalten schloss B. auf eine raschere Vergiftung der sensiblen Nervenzellen, verglichen mit den motorischen. -- Interessant ist auch,

1) Genauer gesagt, spielen die ]~ami spina]es der Art. vertebralis dorsi, welche iibrigens mit g. laterales der A. spinalis ventralis anastomosieren sollen, keine erhebliehe Belle fiir die Blutversorgung des Riickenmarkes (vgl. Ecker-Gaupp, An~tomie des Frosehes, 2. Aufl., Bd. 2 S. 299, 311. Braunschweig 1899). Julius Bernstein's Lebensarbeit. 77 dass B. FrSsche nach Kochsalzdurchspfilung 1) _ also nach Befreiung yon Blur -- ebenso narkotisierbar land wie normale, was eine direkte Wirksamkeit des Giftes auf das Nervensystem, ohne Vermittlung der roten Blutzellen, beweist. B. land auch, dass Nervenfasern ebenso wie Cholesterinkristalle die Eigensehaft haben, sich in einer Chloroform- atmosphare mit TrSpfchen zu besehlagen. Gelegentlieh seiner Chloro- formversuche bestatigte B. (12 -- 1867) das inzwisehen yon B6ttieher und L. Hermann (1866) beobaehtete Lackfarbigwerden des Blutes dureh Chloroform und das bereits yon B6tticher beschriebene Aus- kristMlisieren des Ham0globins bei Verfl~ichtigung dieses LSsungs- mittels (12, spez. S. 18- 1867). Interessante Beobachtungen fiber To xiko logie und Inne rvation der Pup~lle machte B. in Gemeinsehaft mit J. Dogiel (7 -- 1866). Faradisehe l~eizung der Iris dutch eingestoehene und vorgeschobene Elektroden gleich naeh dem Tode oder naeh Exzision des Bulbus ergibt Dilatation, Aufsetzen der Elektroden auf den Corneoskleralfalz hingegen Verengerung. l~eizung des Oculomotoriusstammes in der Sella tureiea (naeh Entfernen der Grosshirnhemispharen) veranlasst deut- lithe Verengerung, die naeh Atropinisierung wegfallt; wohl abet bleibt der Sphinkter aueh dann noeh direkt reizbar. Das zuerst yon Hirsch- mann beobaehtete Eintreten yon Miosis auf lokale Nikotinapplikation

-- bei eventuellem Wirkungsloswerden der dilatierenden Fasern im Halssympathieus -- wurde yon B. und D. best~tigt und ffir das Gift der Calabarbohne, das Physostigmin oder Eserin, erweitert. In beiden Fallen bleibt der M. dilatator pupillae 2) ffir direkte Reizung erregbar 3).

VII. Literarisehe Leistungen didaktisehen Charakters. Auf didaktisehem Gebiete hat B. in seinem Lehrbuehe der ~Physiologie des tierisehen Organismus, im Speziellen des Mensehen

l) Die Durehspiilung gesehieht naeh B.'s Methode (12 -- 1867} dureh Einbinden einer Kaniile in den peripheren Tell des einen Aortenbogens und Ausfliessenlassen aus dem zentrMen Teil desselben unter tempor~rer Ligierung des anderen Aortenbogens, w~hrend Cohnheim (1869) yon der Vena abdominalis anterior aus durehspiilte. Die Methode B.'s (18 -- 1870) ist eher geeignet, alle Blutreste zu entfernen. 2) Den direkten physiologischen Naehweis yon dessert Exist enz er- braehte E. tteese unter B. (XXXu -- 1892), der an der Katze auch naeh Itornhautabtragung und SphinkterektomJe noch Pupillenerweiterung auf t~eizung des Halssympathieus erhielt -- ebenso Hervortreten des Bulbus, wi~hrend beim l(aninehen wohl infolge yon Uberwiegen der gleiehzeitigen Vasokonstriktion Zuriieksinken des Bulbus erfolgt. 3) Diese Ergebnisse bedeuten Reizung bzw. Erregbarkeitssteigerung der parasympathischen Nervenendigungen im Sphinkter pupillae, eventuell uugleich L~hmung der sympathisehen Nervenendigungen irn Dilatator

(69, 93, 119), welches in Enke's Bibliothek des Arztes erschien und drei Auflagen (1. Aufl. 1894; 2. Aufl. 1900; 3. Aufl. 1908) erlebte, eine sehr dankenswerte Leistung vollbraeht. Die Einteilung des Stoffes ist die in den meisten Lehrbfichern fibliehe, yon der Blutlehre zu der Physiologic der Sinne fortschreitend. Doch ist ein Kapitel fiber Fort- pflanzung und ein analytisch-chemiseher sowie ein speziell wertvoller physikaliseh-chemischer Anh~ng beigesehlossen. Die Darstellung ist sehr fliilssig, anspreehend und zum Studium vorzfiglich geeignet, so dass ich B.'s Lehrbuch geradezu das bestlesb~re nennen m6chte. Ein spezieller bleibender Wert ist in zahlreiehen schematischen Zeich- nungen sowie in reichen und zuverl~ssigen Zahlenangaben und Tabellen gelegen. Inhaltlich bed~irfte das Bueh heute allerdings einer weit- gehenden Erneuerung. Ftir Fragen der Studienorganisation hat B. stets ein besonderes Interesse bekundet. So widmete er der Frage der Vorbildung der Medizin-Studierenden in Hinblick auf die neue Pr~ifungs- ordnm~g eine besondere Schrift (88, 89 -- ]899), in weleher er speziell die ungenfigende naturwissenseh~ftliche Gymnasialvorbildung i~figte -- speziell in der Chemic, die schon in der Mittelschnle praktiseh be- trieben werden sollte. B. trat ein f~ir eine teilweise Differenzierung des Mittelsehulunterriehtes vom 15. Lebensjahre ~b, indem die Prima eine philosophisch-historische und eine m~thema,tiseh-naturwissen- sehaftliche Abteilung erhalten sollte 1). In bezug auf die Prfifungs- oMnung empfiehlt B. eine -- im frfiheren (3sterreich durchgeffihrte -- zeitliche Trennung des Physikums in zwei Stationen~bzw. Prfifungs- gruppen; zugleieh tritt er ffir Beibehaltung der doppelten Prfifung aus Anatomic und Physiologic Bin (nunmehr abgesehafft, und zwar meines. Eraehtens mit Recht). Als Didakt interessierte B. (102 -- 1902) auch die Frage des mathematischen und naturwissenschaftliehen Unterriehtes an den hSheren Realanstalten, zumal n~chdem die Abiturienten des Realgymnasiums zu den medizinischen Studien zugel~ssen wurden. B. empfiehlt -- gleieh F. Klein und E. GStting 2) -- die Einffihrung der analytischen Geometric (bereits seit l~ngem an den bisher 5ster- reichischen Gymnasien erfolgt !) und der Grundlagen der Differential- und Integralrechnung in den oberen Klassen der Realanst~lten. B. verweist mit l~echt ~uf die enorme Bedeutung, welehe der an~lytiseh- geometrisehen Funktionsdarstellung in den Naturwissensehaften wie

1) Er w~ndte sich dabei (89 -- 1899) gegen den Vorschlag L. :Ker- mann'~s einer allgemeiner~ Beschrankung der philologisehen und Er- weiterung der mathematisch-naturwissenschaftlichen Vorbildung. 2) ~ber den mathematischen und naturwissenschafttichen Unterricht in den hSheren Realanstalten. Padagogische Zeitung 1902, S. 592--594~ Julius Bernstein's Lebensarbeit. 79 in der Medizin zukommt. Beziigheh des naturwissenschaftlichen Unter- richts fordert B. speziell Ausdehnung der Physik und Chemie in den lgealgymnasien sowie Einft~hrung der Somatologie in der Prima aller hSheren Lehranstalten. Anhang. Literaturverzeiehnis. A) VerSffentlichungen von J. Bernstein (Nr. 1--135, 1862--1916). 1. Einiges zur Ursache der Herzbewegung. Reiehert-Du Bois' Arch. 1862, S: 527--531. 2. Vorl~tufige Mitteilung fiber einen neuen elektrisehen Reizapparat ffir Nerv und 3~uskcl. Rcichert-Du Bois' Arch. 1862, S. 531--532. 3. De animalium evertebratorum museulis nonnulla. Diss. Berlin 1862. 32 S. 4. I-Ierzstillstand durch Sympathicusreizung. Vorl. Mitteil. Centr.-B1. f. d. reed. Wiss. 1863, Nr. 52, S. 817. 5. Vagus und Sympathieus. Vorl. Mitteil. Centr.-B1. f. d. reed. Wiss. 1864, Nr. 16, S. 240~241. 6. Untersuehungen fiber den Mechanismus des regulatorischen tterz- nervensystems. Reichert-Du Bois' Arch. 1864, S. 614--666. 7. (Mit J. Dogiel.) Versuehe fiber die Wirkung einiger Gifte auf die Iris. Verh. d. naturh.-med. Vereins zu Heidelberg. IV, S. 28--31, 1866. 8. Die Natur der negativen Sehwankung und des elektrotonisehen Zu- standes des Nervenstromes. Vorl. 3~itteiL Cen~r.-B1. f. d. reed. Wiss. 1866, Nr. 15, S. 225--228. 9. Die Fortpflanzungsgesehwindigkeit der negativen Schwankung im Nerven. Vorl. Mitteil. Centr.-B1. f. d. reed. Wiss. 1866, Nr. 38, S. 593' bis 596. 10. ~'ntersuchungen fiber die Natur des elektrotonisehen Zustandes und der negativen Schwankung des Nervenstromes. R ei e her t - D u B o i s' Arch. 1866, S. 596--637. 11. Zur Innervation des Herzens. Vorl. Mitteil. Centr.-B1. f. d. reed. Wiss. 1867, Nr. 1, S. 1--3. 12. l~-ber die physiologische Xu des Chloroforms. Moleschott's Unters. z. Naturlehre. X, 1870, S. 280,300 (verSfferttlicht 1867). 13. ?Jber den zeitlichen Verlauf der negativen Schwankung des Nerven- stromes. Monatsber. d. Berl. Akad., 14. Februar 1867, S. 72--77. lt. Uber den zeitliehen Verlauf der negativen Schwaukung des N[uskel- stromes. 3{onatsber. d. Berl. Akad., 18. Juli 1867, S. 440--450. 15. Uber den zeitliehen Verlauf der negativen Sehwankung. Pflfiger's Arch. 1, S. 173--207, I868. 16. Bemerkung zu dem Aufsatze: ,,Uber die vasomotorischen Wirkungen u.s.w." vonAubert und I~oever (1, S. 211). Pfl/iger'sArch. 1, S. 601--602, 1868. 17. Zur Theorie des ]? e e h n e r' sehen Gesetzes der Empfindung. R ei c h e r t - Du Bois' Arch. I868, S. 388--393. 18. Uber das Auswasehen des Blutes der FrSsehe mit KoehsalzlSsung. Centr.-B1. f. d. reed. Wiss. 1870, Nr. 54, S. 851.. 19. l~ber elektrisehe OscilIationen im indueirten Leiter. Pogg. Ann. 142, S. 54--88, 1870. 80 A.v. Tschermak:

20. Uber elektrische Oscillation in geradlinigen Leitern und in Elektro- lyten. ~Ionatsber. d. Berl. Akad., 13. Juli 1871, S. 380. 21. Untersuchungen fiber den Erregamgsvorgang im Nerven- ~md Muskel- systeme. Heidelberg, C. Winter, 1871, 240 S. 22. Gegenberrierklmg fiber die Anfangszuekung (eontra Setschenow 5, S. 114). Pf.liiger's Arch. 5, S. 318--319, 1872. 23. Uber das myophysische Geset,z des Herrn Preyer (5, S. 294 u. 486). Pflfiger's Arch. 6, S, 403--412, 1872. 24. Einige Versuche fiber Resorption. S.-B. d. physiol. Vcr. zu Berlin. Berl. klim Wochenschr. 1872, Nr. 28. 25. Uber die myophysischen Untersuchtmgen yon Preyer. II. (6, S. 567 und 7, S. 200). Pflfiger's Arch. 7, S. 90--100, 1873. 26. Uber den Elektrotonus und die innere Mechanik des N erven. P f l iig e ~'s Arch. 8, S. 40--60, 1874. 27. (Yber Elektrotonus. Antikritik (gegen L. ttermann, 8, S. 258). Pflfiger's Arch. 11, S. 498--505, 1874. 28. ~ber die HShe des Muskeltones bei elektrisel~er und ebemischer tt.eizung. Pflfiger's Arch. 11, S. 191--196, 1875. 29. 12ber oen zeitlict:en Verlauf des Polarisationsstromes. Poe's', Ann. 15,5, S. 177--211, 1875. 30. (5'Iit J. Steiner.) Uber die Fortpflanzung der Kontraktion und der negativen Schwankung im SS.ugetiermuske]. Du Bois' Arch. 1875, S. 526--55l. 31. Die ffinf Sirme des Menschen. I~)ternat. BJbl. Bd. XII. Leipzig, Brockltaus, 1876, 285 S. Engliseh: The five senses of man. New York, App]eton & Co., 1876. 32. (Yber die Ermittlung des Knotenpunktes im Auge des lebenden Mensehen. 5{onatsber. d. Berl. Akad., 7. August 1876, S. 509--515. 33. Uber den Sitz der auvomatisehen Erregung im Froschherzen. Ceutr.-B1. f. d. reed. ~riss. 1876, Nr. 22, S. 385. 34. Bemerkung zur Frage fiber die Automatic des Herzens. Centr.-B1. f. d. reed. Wiss. 1876, Nr. 25, S. 435. 35. ~ber die Ermlidung und Erholung des Nerven. Pfliiger's Arch. 15, S. 289---327, 1877. 36. (MitR. ?r und K. Schoenlein.) Versuehe zur Innervation der Blutgefhsse. Pflfiger's Arch. 1,5, S. 575--602, I877. 37. Uber Erzeugung des Te~aous und die Anwendung des akustischen Stromunterbreehers. Pflfiger's Arch. 17, S. 121--124, 1878. 38. Uber die Entstehung der Aspiration des Brustkorbes bei der Geburt. Pfliiger's Arch. 17, S. 617--623, 1878. 39. Uber den zeitlichen Verlauf der clektrotonischen StrSme des Nerven. I~Ionatsber. d. Berl. Akad., 12. ]~ebruar 1880, S. 186--192. 40. Uber die Kr~fte der lebenden Materie. Preisverkfindigungsprogramm d. Univers: Halle, 1880, 22 S. 41. Telephonisehe Wahrnehmung der Sehwankungen des 3/Iuskelstromes bci der Kontraktion. Naeh Versuchen mit K. S e h o e n 1ei n. Sitzungs- bet. d. naturf. Ges. zu Halle, 8. Mai 1881, S. 1--10. 42. Entwieklung und Standpunkt der Physiologic. Rede zur ErSffnung des neuen physiolog. Instituts am 3. November 1881. Deutsche Revue, November 1881. 43. Zur Entstehung der Aspiration des Thorax bei der Geburt (eontra L. Hermann, 22, S. 365). Pflfiger's Arch. 28, S. 229--242, 1882. Julius Bernstein's Lebensarbeif.

44. iJber die Einwirkung der Kohlensgure des Blutes auf das Atem- zentrLml. Du' Bois' Arch. 1882, S. 313--328. 45. Die Erregungszeit der Nervenendorgane in den Muskeln. Du Bois' Arch. 1882, S. 329--346. 46. Erklgrung (betr. Ursache der Dysprme). Centr.-B1. f. d. reed. Wiss. 1883, Nr. 28, 8. 512, 47. Uber den Einfluss der Reizfrequenz attf die Entwickelung der Muskel- kraft. Du Bois' Arch. ]883, Suppl.-Bd. Festgabe ffir Du Bois, S. 88--104. 48. Weiteres fiber die Entstehung der Aspiration des Thorax nach der Geburt. l~fltiger's Arch. 3=[, S. 21--37, 1884. 49. Uber den Einfluss der Salze 'auf die LSmmg der roten BlutkSrperchen. Bet. d. Naturf.-Vers. in Magdeburg 1884, S. 96--98. 50. t)ber das zeitliche Entstehen der elektrischeu Polarisation. Natur- wiss. Rundsch., I. Jahrg., Nr. 2, S. 9, 1886. 51. t)ber den Elektrotonus der Nerven. Naturwiss. Rundsch., I. Jahrg., Nr. 26, S. 225, 1886. 52. t3ber das Entstehen und Versehwinden der elektrotonischen StrSme im Nerven ttnd die damit verbundenen Erregungsschwa~kungen des Nervenstromes. Du Bois' Arch. 1886, 8. 1975-250. 53, {}ber die sekundgren Wellen der Pulskurve, Sitzungsber. d. n~turf. Ges. zu Hal.le, 4. Mgrz 1887, S. 1--10. 54. Neue Theorie der Erregungsvorggnge und elektrischen Erscheinungen an der Nerven- und Muskelfaser. Naturwiss. ]Rundsch., III. Jahrg., h*r. 28, s. a5a, lSS8. 55. Neue Theorie der Erregungsvorgange und elektrischen Erscheinungen an der Nerven-'und Muskelfaser. Unters. a. d. phys. Inst. zu Halle, I. Heft, S. 27--104, 1888. (Siehe aueh Verhandhmgen der naturf0rseh. Gesel]schaft zu Halle a. S. 17, 1. u. 2. Heft., 1888, S. 135.) 56. Uber die Sanerstoffzehrung der Oewebe. Unters. a. d. phys. Inst. zu Halle, Heft~ I, S. 107--136, 1888. .57. Ein Trachealrespirator. Centr.-B|. f. d. reed. Wiss. 1888, Nr. 17, S. 321--323. .58. Die ffinf Sinne des Menschen. 2. Aufl., 285 S. Jnternat. wiss. Bibl. Bd. XII, Leipzig, Brockhaus, 1889. .59. Naehruf auf P. d u B o i s- R e y m o n d. Naturwiss. l%undsch., IV. Jahrg.: Nr. 19~ 1889. 60. Phototelephonische Untersuchung des zeitlichen Verlaufs elektrischer StrSme. Sitzungsber. d. Berl. Akad. Bd. VIII, 13. ]%bruar 1890, S. 153--157. ~1. tJber die mechanistische und vitalistisehe Vorstellung yore Leben. l~ektoratsrede.. Naturwiss. Rundsch., V. Jahrg., Nr. 45, S. 569, 1890. Aueh separat erschienen bei Vieweg & Sohn, Braunschweig 1890, unter dem Titel: Die mechanistisehe Theorie des Lebens, ihre Grund- lagen und Erfolge. 62..S.phygmophotographisehe Vm'suche. Fortseh. d. Medicin 1890, Nr. 4. 63. Uber die Beziehungeu zwischen Kontraktion und. St~rre des Muskels. Unters. a. d. phys. Inst. zu HMle, Heft II, S. 173--182, 1890. .. 84. t~ber den mit einer Muskelzuckung verbundenen Schall und das Ver- hgltniss desselben zur negativen 8chwankung. Unters. a. d. phys. Inst. zu Halle, Heft II, S. 183--191, 1890. Pflfiger's Ar~hiv ffir Physiologie. Bd. 174. 6 82 A.v. Tsehermak:

65. Uber den zeitlichen Verlauf der Depolarisation im Muskel. Unters. a. d. phys. Inst. zn Halle, Heft II, S. 193--219, 1890. 66. Zur Theorie der elektrisehen Erregung (Antwort auf die Bemerkung des Herrn N. v. Reg6czy fiber meine Theorie). Pflfiger's Arch. 16, S. 259--265, 1890. 67. Weitere Versuche fiber die Sauerstoffzehrung in den Geweben. Verh. d. Ges. d. Naturf. u. Arzte zu Halle, September 1891, Tell II, S. 148 bis 151. 68. Uber die spezifisehe Energie des HSrnerven, die Wahrnehmung binauraler (diotischer) Schwebungen and die Beziehung der HSr- funktion zur statischen Funktioa des Ohrlabyrinths. Pflfiger's .4xch. 57, S. 475--494, 1894. 69. Lehrbuch der Physiologic des tierischen Organismns, im Speziellen des Menschen. Stuttgart, Enke, 1894. 70. I~eferate fiber Physiologic der Sinne, Stimme und Sprache, des Zentral- nervensystems, Psychophysik. V i r c h o w- H i r s c h's Jahresber. Physic - logic II, S. 202--218, 1894. 71. Uber das angebliche HSren labyrintbloser Tauben. (Nach Versuchen, welche gemeinsam mit Dr. Fr. Matte angestellt sind.) Pflfiger~s Arch. 61, S. 113--122, 1895. 72. Das Beugungsspektrum des quergestreiften MnskeIs bei der Kontrak- tion. Pflfiger's Arch. 61, S. 285--290, 1895. 73. Nachruf auf Helmholtz. Naturwiss. Rundsch., X. Jahrg., Nr. 6, S. 73, 1895. 74. Nachruf auf C. Ludwig. Naturwiss. Rundsch., X. Jahrg., Nr. 27~ S. 349, 1895. 75. Uber die Latenzdaner der Muskelzuckung. Pflfiger's Arch. 67, S. 207--'218, 1897. 76. Znr Theorie der negativen Schwankung. [3ber die Mebhode der Rheotomversuche und fiber den Einflnss der Belastung auf die negative Schwanknng des Muskels. Pflfiger's Arch. 67, S. 349--372, 1897. 77. Zur Geschwindigkeit der Kontraktionsprozesse. (Bemerkung zu dem Aufsatz yon Th. ~:. Engelmann: ,,L'ber den Einfluss der l~eiz- st~rke usw.") Pfliiger's Arch. 68, S. 95--99, 1897. 78. ~ber das VerhMten der Kathodenstrahlen zu einander. Wied. Ann. d. Physik, 62, S. 415--424, 1897. 79. Nachruf a uf E. du Bois-geymond. Naturwiss. R.undsch., XII. Jahr- gang, R'r. 7, S. 87, 1897. 80. Nachruf auf F. Holmgren. Naturwiss. Rundsch., XII. Jahrg., Nr. 45~ S. 579, 1897. 81. Nachruf auf R. Heidenhain. ~,~aturwiss. Rundsch., XII. Jahrg., ~,Tr. 47, S- 606, 1897. 82. Gegenbemerkung zu der E n g e 1m a n n' schen Abhandlung: , Yber den Einfluss der Reizstarke" (Pflfiger's Arch. 69, S. 28, 1898). Pflfi- ~.er's Arch. 70, S. 367--370, 1898. 83. Uber reftektorische negative Schwankung des Nervenstromes und die l~dizleitung im Reflexbogen. Pflfiger's Arch. 73, S. 374~380, 1898. 84. ~ber reflektorische negative Schwankung des Nervenstromes und die Reizleitung im Reflexbogen. Arch. f. Psychiatr. 80, Heft II, 1898, S. 651~652. 85. Zur T.heorie des \u und der Befrnehtung. Arch. f. Entw.- Mech. 7, S. 511--521, 1898. Julius Bernstein's Lebensarbeit. 83

86. Ein Vorschlag zur Untersuchung des Nordlichtes. Naturwiss. R und~eh. XIV. Jahrg., Nr. 8, S. 95, 1899. 87. Zur Konstitution Lnd Reizleitung der lebenden Substanz. Biolog. Centr.-B1. 29, S. 289--295, 1899. 88. Die Vorbildung der Medizinstudierenden in Hinblick auf den Entwurf der neuen Prfifungsordnung. Bra~nschweig, Vieweg & Sohn. 1899, 25 S. 89. Benerkungen zum Bildungsgange der Medizins~udierenden und den Entwurf der neuen Priifungsordnnlg. Hochschulnachrichten, Akad. Tagesfragen. Oktober 1899, S. 7--8. 90. Zur Abwehr, betreffend die reflektorische negative Schwankung. Pflfiger's Arch. 79, S. r 91. Chenotropische Bewegung eines Queeksilbertropfens. Zur Theorie der anSboiden Bewegung. Pflfiger's Arch. 80, S. 628--637, 1900. 92. Nochnals die reflektorisehe negative Sehwankung. Zur Abwehr gegen L. Hernann. Pflfiger's Arch. 81, S. 118--150, 1900. 93. Lehrbuch der Physiologie des tierischen Organisnus, in Spezie]le~l des Mensehen. 2. AufL S~uttgart, Enke, 696 S., 1900. 94. Erwiderung auf L. Hernann's ,,Letztes Wort. usw.". Pflfiger's Arch. 88, S. 181--186, 1900. 95. Die Energie des Muskels als Oberflachenenergie. Pflfiger's Arch. 85, S. 271--312, ]901. 96. Ein Versuch zur Theorie der Tropfelektrode. Zeitsehr. f. physik. Chem. 38, S. 200--204, 1901. 97. Die Kr~fte der Bewegung in der lebenden Substanz. Naturwiss. Rundseh., XVI. Jahrg., Nr. 33, S. 413; Nr. 34, S. 429; Nr. 35, S. 441, 1901. Auch separ~t bei Vieweg & S., Braunschweig 1902, 28 S. 98. (Mit A. Tsehernak.) Uber die Beziehung der negativen Schwankung des Muskelstrones zur Arbeitsle]stung des Muske]s. Pflfiger's Arch. 89, S. 289--332, 1902. 99. Erklhrung zu L. Hernann's Jahresberieht der Physiologie 1901 betreffs der reflektorischen negativen Sehwankung. Pflfiger's Arch. 89, S. 592--593, 1902. 100. Gegenerkl~rung, Erwiderung auf L. H ernann's Erkl~rung in diesem Arehiv 90, S. 232. Pfliiger~s Arch. 90, S. 583--58~:, ]902. 101. Untersuchungen zur Thermodynanik der bioelektrisehen Str5ne. I. Tell. Pflfiger's Arch 92, S. 521--562, 1902. 102. ~ber den Unterricht in dcr Mathenatik und Naturwissenschaft an den Realschulen. Zeitsehr. f. d. math. Unterr. 1902. 103. (Mit A. Tsehernak.) Uber das t.hernisehe Verhalten des elektrischea Organs yon Torpedo. Sitzungsber. d. Ber/. Akad. 11. Februar 1904, S. 301--313. 104. Hernann yon Helnholtz, Badische Biographien. Bd. V, S. 281 bis 294. Karlsruhe 1904. 105. (Mit A. Tschernak.) ~ber die Frage: ,,Pr~existenztheorie oder Alterationstheorie des Muskelstrones". Pflfiger's Arch. 103, S- 67 bis 84, 1904. 106. Benerkungen zu den Aufsatze yon L. Hermann: ,,Uber elektr~sehe Wellen in .Systenen yon hoher Kapazit~V und Selbstinduktion". Arm. d. Physik, 4. Reihe, 13, S. 1073--65, 1904. 107. Berechnung des D~rchnessers der Molekfile aus kapillar-elektrischen Versuchen. Ann. d. Physik, 4. I~eihe, 14, S. 172--176, 1904. 6* 84 A.v. Tschermak"

10~. Elektrische Eigenschaften der Zellen und ihre Bedeutung. ~Taturwiss. Rundsch. XIX. Jhrg. Nr. 16, 1905. 109. Bemerkung zur Wirkung der Oberfl~chenspailnung im Organismus. Eine Entgegnm~g. Anatom. Hefte yon Merkel und Bonnet, 27, S. 823--827, 1905. 110. Uber den osrnotisehen Druck der Galle und des Blutes. Zur Theorie der Sekretion und l~esorption. Pflfiger's Arch. 109, S. 307--323,1905. 111. Zur Theorie der Muskelkontraktion: Kann die Muskelkraft durch osmotischen Druck oder Quellungsdruck erzeugt werden ? Pflfiger's Arch. 109, S. 323--337, 1905. 112. Eine neue Theorie der Farbenempfindung. Naturwiss. Rundsch. Bd. 21, I~'r. 38, 1906. 113. (Mit A. T s e h e r m a k.) Untersuchungen zur Thermodynamik der bio- elektrisehen Strgme. II. Tell. Uber die Natur der Kette des elek- trisehen Organs bei Torpedo. Pflfiger's Arch. 112 S. 439--522, 1906. 114. Zur Fra.ge der Pr~iexistenztheorie oder der Alterationstheorie des Muskelstromes. Pflfiger's Arch. 113, S. 605--612, 1906. 115. Die Entropie und Anatropie der Welt. (Naturwiss. Skizze.) ,,Tag", Berlin 1907, 14. 1Vial. 116. Zur Thermodynamik der Muskelkontraktion. 1. iJ'ber die Temperatur- koeffizienten der Mus~elenergie. Nebst Versuchen fiber den Tem- peraturkoeffizie~ten der Oberfl~chenspannung kolloider LSsungen. Naeh gemeinsamen Versuchen mit cand. reed. W. Knape, L. Koeppe und W. Lindelnann. Pflfger's Arch. 122, S. 129--196, 1908. 117. Beriehtigung zu dem Aufsatz, betitelt: ,,Zur Thermodynamik der ~[uskelkontraktion". Pfliigcr's Arch. 122, S. 129. Ebend~ 122, S.418, 1908. 118. Zur Thermodynamik der l~uskelkontraktion. Eine Erwiderung. Pfliiger's Arch. 124, S. 462--469, 1908. 119. Lehrbuch der Physiologie des tierischen Organismus, im Speziellen des Mensehen. 3. Aufl. Stuttgart, Enke, 1908. 120. Kontraktionstheorie. Pflfiger's Arch. 128, S. 136--142, 1909. 121. Die ThermostrSme des Muskels und die Membrantheoric der bio-. elektrischen StrSme. PfHiger's Arch. 131, S. 589--600, 1910. 122. Herz, Muskeln, Nerven und Bioelektrizit~t. Saale-Zeitung, 22. Juli 1912. 123. Elektrobiologie. Die Lehre yon den elektrischer~ Vorg~ngen im Organismus, auf moderner Grundl~ge dargestellt. Vieweg's Saturn- lung: Die Wissenschaft, 41. Heft. Braunsehweig 1912. 124. Erinnerungen an das elterliehe Haus. (Als ~[anuskript gedruckt. ) 1913. 125. Zur elektroehemisohen Grundlage der bioelektrischen Potentiale. Bio- chemische Zeitschr. 50, S. 393--401, 1913. 126. Eine Theorie der Farbenempfindung auf phylogenetiseher Grundlage. Pflfiger's Arch. 156, S. 265--298, 1914. 127. Zur physikalisch-ehemisehen Analyse der Zuckungskurve des Muskels. Pflfiger's Arch. 156, S. 299--313, 1914. 128. ~Jber den zeitliehen Verlauf der W~rmeblldung bei der Kontr~ktion des Muskels. (Nach Untersuehungen mit Dr. E. Lesser veto Jahre 1908.) Pflfiger's Arch. 159, S. 521--584, 1914. 129. Erwiderung, betreffcnd die Versuehe yon A. I.ierlitzka fiber die W~trmebildung bei der Herzkontraktion. Pflfiger's Arch. 161, S. 595 bis 598, 1915. Julius Bernstein's Lebensarbeit. 85

130. Experimentelles mid Kritisches zur Theorie der Muskelkontraktion. Pfliiger's Arch. 162, S. 1--53, 1915. ~ 131. Kontraktilitiit und Doppelbrechung des Muskels. Pfliiger's Arch. 168, S. 594--600, 1916. 132. ~Tber die ThermostrJme des Muskels. In Hinblick auf die Versuche von W. Pauli und J. Matula. Pflfiger's Arch. 164, S. 102--110, 1916. 133. Ein line~res Induktorium. Pflfiger's Arch. 164, S. 198--202, 1916. 134. Kontraktionstheorie. Berliner klin. Wochenschr. 53, Nr. 23, S. 620 bis 621, 5. Juni 1916. 135. Uber die elektrische Ableitung des Muskelquerschnittes. Pflfiger's Arch. 166, S. 201--202, 1916.

B) VerJffentlichungen unter ~1. Bernstein's Lcitung (Nr. I--LXXXII, 1874--1912). I. J. Steiner, Ober die Immunit~t der Zitterrochen (Torpedo) gegen ihren eigenen Schlag. Reichert-Du Bois' Arch. 1874, S. 684--700. II. J. Steiner, Zur Innervation des Froschherzens. IZeichert- Du Bois' Arch. 1874, S. 474--490. III. J. Steiner, Iqotiz fiber die Wirkung des amerikanischen Pfeil- giftes Curare auf verschiedene Thierklassen. Reichert-Du Bois' Arch. 1874; S. 700--701. IV. Bernheim, (3bcr die Wirkung des elektrischen Stromes in verschiedener Richtung gegen die Li~ngsaxe des Nerven mid Muskels. Pfliiger's Arch. 8, S. 60--70, 1874. V. Bernheim, ~3ber die Wirkung des salpetrigsauren Amyloxyds. Pflfiger's Arch. 8, S. 253--257, 1874. VI. P. B6ttger, LTber die physiologische Wirkung der Abffihr- mittel. Diss. 1874. VII. J. Steiner, 13bcr die Wirkung des amerikanischen Pfeilgiftes Curare. Eine vergleiehend physiologische Untersuchung. l~eiohert-Du Bois' Arch. 1875, S. 145--176. viii. J. Steiner, Untersuehungen fiber den Einfluss der Tem- peratur~a~ff den Nerven- und Muskclstrom. Reichert-Du Bois' Arch. 1876, S. 382--421. IX. 1~. Marchand, Beitr&ge zur Kenntniss der Reizwclle und dcr Kontraktionswelle des Herzmuskels. Pflfiger's Arch. 15, S. 511--536, 1877. X. R. Marchand, Der Verlauf derReizwelle des Ventrikels bei Erregung desselbcn yore Vorhofe aus und die Bahn, auf der die Erregung zum Ventrikel gelangt. Pf]figer's Arch. 17, S. 137--151, 1878. XI. K. Sehoenlein, Versuche fiber einige physiologische Wir- kungen des Natriumkarbonates. Pflfiger's Arch. 18, S. 26--38, 1878. XII. R. Marchand, Versuche fiber das Verhalten von Nerven- zentren gegen ~ussere Reizc. Pflfiger's Arch. 18, S. 511 bis 542, 1878. XlII. J. ]3 o as, Ein Beitrag zur Lehre yon der paroxysmalen H~mo- globinurie. Diss. 1881.. 86 A. v. Tschermak:

XIV. K. S c h o e n 1ei n, I3ber das VerhMten des sekundfiren Tetanus bei verschiedener Reizfrequenz. Diss. und Du Bois' Arch. 1882, S. 347--356. XV. K. Sehoenlein, Zur Frage nach der Natur der Anfangs- zuckung. Du Bois' Arch. 1882, S. 357--368. XVI. K. Sehoenlein, fffber rhythmische Kontraktionen quer- gestreifter Muske]n auf tetanische Reizung. Du Bois' Arch. 1882, S. 369--386. XVII. K. S the enlein, fffber das Verhalten dcr W~rmeentwickelung in Tetanis verschiedener Reizfrequenz. Habilit.-Schrift, Halle 1883. XVIII. E d. L e s e r, Untersuchungen fiber isch~mische Muskell~hmun- gen und ?r Diss. 1884. XIX. Fr. Jos. Becker, (Tber den Einfluss, we]chen verschiedene Salze auf die roten BlutkSrperchen ausfiben. Diss. 1884. XX. F. LSwenhardt, Versuehe fiber das Schieksal und die Wir- kungsweise elastischer Ligaturen in der BauehhShle. Diss. 1884. XXI. A. Hesselbach, ~-ber die Entstehung des ersten Iterztones. Diss. 1884. XXII. L. Th. K~mpffer, fJber die VVirkung der Vaguserregung auf das Froschherz. Diss. 1884. XXIII. I~rieg, Beitrfige zum zeitlichen Verlauf der galvanischen Polarisation. Diss. 1884. XXIV. P. Sehfitte, L~ber die Regulierung des Blutstromes im Zu- stande der Dyspnoe. Diss. 1885. XXV. Ad. Olshausen, Entoptische Untersuchung eines zentrMen Blendungsskotoms. Diss. 1885. XXVI. K. Sehoenlein, Die Summation der negativen Sehwankungen. Du Bois' Arch. 1886, S. 251--262. XXVII. E. W. Franke, Uber Sympathicns-Reflexe beim Frosch. Diss~ 1886. XXVIII. M. Levy, Ober den Einfluss der Dehnung auf die Muskel- kraft. Diss. 1886. XXIX. A]b. V. Klingenbiel, Untersuchungen fiber Muskelstarre am quergestreiften Muskel. Diss. 1887. XXX. Des. Leieher, Uber den Einfluss des DurehstrSmungswinkels auf die elektrisehe Reizung der Muskelfaser. Unters. a. d. phys. Inst. zu HMle, Heft I, S. 1--26, 1888. XXXI. Sally Simson, Zttra Curarediabetes. Diss. 1888. XXXIL B. Morgen, Uber Reizbarkeit mid Starre der glatten Muskeln. Unters. a. d. phys. Inst. zu Halle, Heft II, S. 137--169, 1890. XXXIII. C. v. Lueowicz, Uber die Automatie des Froschherzens. Unters. a. d. phys. Inst. zu Halle, Heft II, S. 221--240, 1890. XXXIV. F. IIe]mke, Der Einfluss der Athembewegungen auf die Blutzirkulatiom Diss. 1891. XXXV. E. Heese, Uber den Einfluss des Sympathicus auf das Auge, insbesondere auf die Irisbewegung. Pflfiger's Arch. 52, S. 535 bis 556, 1892. XXXVI. Fr. Matte, Ein Beitrag zur Funktion der Bogengiinge des Labyrinths. Diss. 1892. XXXVII. Fr. iKatte, Untersuchungen fiber die Funktion des Ohr- labyrinths der Taube. Vorl. Mitteil.' Fortschr. d. Medizin. 15. Februar 1894. Julius Bernstein's Lebensarbeit. 87

XXXVIII. F r. Matte, Experhnenteller Beitrag zur Physiologic des Ohr- labyrinths. Pflfiger's Arch. 57, S. 437--475, 1894. XXXIX. L. Hellwig, Uber den Axialstrom des Nerven und seine Be- ziehung zum Neuron. Diss. 1896 und Du Bois' Arch. 1898, S. 239--259. XL. P. Jensen, ~Tber den galvanischerL Schwindel. tIabilit.-Schr. Pflfiger's Arch. 54, S. 182--222, 1896. XLI. H. Freyberg, LTber die Automatie des S~ugetierherzens. Diss. 1897. XLII. M. Lewandowsky, Zur Lehre vom Lungenvagus. Diss. 1898; zudem erschienen unter dem Titel: Uber Schwankungen des Vagusstromes bei Volumgrtderungen der Lunge. Pflfiger's Arch. 78, S. 288--296, 1898. XLIII. E. Meyer, Uber den Einfluss cler Spannungszunahme wghrend der Zuekung auf die Arbeitsleistung des Muskels und den Verlauf der Kurve. Diss. 1898 und Pflfiger's Arch. 69, S. 593 bis 612, 1898. XLIV. P. Jensen, Uber das Verh~ltnis der mechan_~schen and elek- trischen Vorggnge im erregten Muskel. Pflfiger's Arch." 77, S. 107--155, 1899. XLV. A. Tschermak, Uber physiologische and pathologische An- passung des Auges. Leipzig, Veit & Co., 31 S., 1900. XLVI. A. Tschermak, Uber spektrometrische \~erwendung von Helium. Pflfiger's Arch. 88, S. 95--97, 1901. XLVII. 1%. Keller, Uber die Folgen yon Verletzungen in der Gegend der unteren Olive bei der Katze. Arch. f. Anat. von W. His. 1901, S. 177 249. XLVIII. A. Tompa, Beitr/~ge zur pflanzlichen Elektrizit~t. Beihefte z. Bot. Centr.-B]. Bd. XII, Heft I, S. 99--136, 1902. XLIX. A. Tschermak, Studien fiber das Binokularsehen der Wirbel- tiere. Einleitende Mitteilung. Pflfiger's Arch. 91, S. 1--20, 1902. L. W. Ewald, Ein Beitrag zur Lehre vonder ErregLmgsleitung zwischen Vorhof und Ventrikel des Froschherzens. Pflfiger's Arch. 91, S. 21--34, 1902. LI. A. Tschermak, ~Tber den Einfluss lokaler Belastung auf die Leistungsfghigkeit des Skeletmuskels. Pflfiger's Arch. 91, S. 217--247, 1902. LII. A. Tschermak, Notiz fiber das VerdauungsvermSgen der menschlichen Galle. Centr.-Bl. f. Phys., 27. September 1902, S. 329--330. LIII. A..Tschermak, Die Hell-Dunkeladaption des Auges und die Funktion der St~tbchen und Zapfen. Ergebn. d. Phys., i (1), S. 695--800, 1902. LIV. A. Tschermak, (~ber die absolute Lokalisation bei Schielen- den. Arch. f. Ophth. 55, S. 1--45, 1902. L\I. G. KSster und A. Tschermak, Uber den Nervus depressor als Reflexnerv der Aorta. Pflfiger's Arch. 93, S. 24--38, 1902. LVI. A. Tschermak, Uber einige neuere Methoden der Unter- suchung Schielender. Centr.-B1. f. prakt.Aghlkde. 1902, S. 1--14. LVIL A. Tschermak und P. Hoefer, ~ber binokulare Tiefen- wahrnehmung auf Grund yon Doppelbildern. Pflfiger's Arch. 93, S. 299--321, 1903. 88 A. v. Tschermak: LVIII. A. Tsehermak, ~J~ber Kontrast und Irradiation. Ergebn. d. Physiol. 2 (2), S. 726--798, 1903. LIX. A. Tsehermak, Das Anpasstmgsproblem in der Physiologie der Gegenwart. Arch. d. se. biol. 11. Suppl. St. Petersburg 1904, S. 79--96. LX. A. Tschermak, (Jber die Lokalisation der Sehsph~re des Hundes. Centr.-Bl. f. Phys. 19, S. 335--336, 1905. LXI. A. Tsehermak, U'ber die Grundlagen der opt isehen Lokali- sation nach HShe und Breite. Ergebn. d. Physiol. 4, S. 517 bis 564, 1905. LXII. A. Tschermak, Physiologie des Gehirns. Bd. IV (1) d. Hand- buches der Physiologie, hrsg. yon ~u Nagel. Braunsct~weig, Vieweg, 1905. LXIII. M. Frank, Beobaehtungen betr. der Fbereinstimmung der ttering-Hillebrand'sehen Horopterabweiehung und des Kundt'schen Teilungsversuches. Pflfiger's Arch. 109, S. 63 bis 7"2, 1905. LXIV. P. Hoefer, Beitrag zur Lehre vom Augenmaass bei zwei- i~ugigem und einaugigem Sehen. Beobachmngen am Wheat- stone-Panum'sehen Grenzfall. Pflfiger's Arch. 115, S. 483 bis 515, 1906. LXV. G. Kautzsch, Studien fiber die rhythmisehen Kontraktionen der Froschmagemnuskulatur. Pflfiger's Arch. 117, S. 133 bis 150, 1906. LXVI. E. J. Lesser, Zur Kenntnis der Katalase I. Zeitschr. f. Bio- logie, 48 S. 1, 1906. LXVI1. E. J. Lesser, Uber die elek~romotorische Kraft des Froseh- t~autstromes und ihre Beziehungen zur Tonperatur. P f l fige r's Arch. 124, S. 143, 1907. LXV111. E. J. Lesser, Uber die Guajakreation des Blutes. Zeitscbr. ffir Biologie 49, S. 571, 1907. LXIX. E. J. Lesser, Zur Kenntnis der Katalase II. Zeitsehr. f. Biol. 49, S. 575, 1907. LXX. E. J. Lesser, Chemisehe Prozesse bei Regenwiirmern. I. Der Hungerstofhvechsel. Zeitsehr. f. Biol. 50, S. 419, 1908. LXXI. E. J. Lesser und E. W. Taschenberg, Uber Fermente der Regenwfirmer. Zeitsehr. f. Biol. 50, S. 446, 1908. LXXI1. E. J. Lesser, Die W~rmeabgabe der FrSsche in Luft und in sauerstofffreien Medien (ein experimenteller Beweis, dass die Kohlensi~ureproduktion der FrSsehe im sauerstofffreien Raum nicht auf Kosten gespeicherten Sauerstoffes geschieht). Zeitschr. f. Biol. 51, S. 287, 1908. LXXlII. E. J. Lesser, Das Leben ohne Sauerstoff. Ergebnisse der Physiol. 8, S. 742, 1909. LXXIV. E. J. Lesser, Chemische Prozesse bei Regenwfinnern. II. An- oxybiontlsetie Yrozesse. Zeitsehr. f. Biol. 52, S. 282, 1909. " LXXV. E. Laqueur, Bedeu~ung der Entwickhmgsmechanik ffir die Physiologie. (Sammlung anat. u. physiol. Vortri~ge und Auf- s~tze. 2. Bd., Heft. 3.) Jena 1911. LXXVI. E. Laqueur und J. Ettinger, (~ber den Einfluss des Arsens auf die Autolyse. I1. Mitteilung yon. Autolyse und Stoff- weehsel. Zeitsehr. f. physiol. Chemie 79, S. 1, 1912. Julius Bernstein's Lebensarbeit. 89

LXXVII. E. Laqueur, t~ber den Einfluss des sMizylsauren N~tritm~s a~ff die Autolyse. III. Mitteilung. Ebenda 79, S. 30, 1912. LXXVIII. E. Laqueur und K. Brfinecke, Uber den Einfluss des benzoe- sauren Natriums auf die Autolyse. IV. Mitteilung. Ebenda 79, S. 65, 1912., LXXIX. E. Laqueur, tJber den Einfluss von Gasen, im beso~dererL yon Sauerstoff und K0hlens~ure, auf d~e Autolyse. Ebend~ 79, S. 82, 1912. LXXX. E. Laqueur und K. B riinecke, Uber den Einfluss yon Gasen, insbesondere des Sauerstoffs, auf die Trypsin- und Pepsinverdauung. Ebend~ 81, S. 239, 1912. LxxxI. 1~. Verz~r, Uber die Natur der ThermostrSme des Nerven. Pfliiger's Arch. !43, S. 252--282, 1912. LXXXII. E. Luqueur und F. Verzs Uber die spezifische Wirkung der Kohlensiiure auf das Atemzentrum. Ebenda 143, S. 395 bis 427, 1912.