SWR2 Tandem - Manuskriptdienst
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2 SWR2 Tandem - Manuskriptdienst Gonen Ben Itzhak Israelischer Geheimdienstler und Palästinenserfreund Autor: Igal Avidan Redaktion: Rudolf Linßen Regie: Igal Avidan Sendung: Montag, 08.02.16 um 10.05 Uhr in SWR2 __________________________________________________________________ Bitte beachten Sie: Das Manuskript ist ausschließlich zum persönlichen, privaten Gebrauch bestimmt. Jede weitere Vervielfältigung und Verbreitung bedarf der ausdrücklichen Genehmigung des Urhebers bzw. des SWR. Mitschnitte der Sendungen SWR2 Tandem auf CD können wir Ihnen zum größten Teil anbieten. Bitte wenden Sie sich an den SWR Mitschnittdienst. Die CDs kosten derzeit 12,50 Euro pro Stück. Bestellmöglichkeiten: 07221/929-26030. Einfacher und kostenlos können Sie die Sendungen im Internet nachhören und als Podcast abonnieren: SWR2 Tandem können Sie ab sofort auch als Live-Stream hören im SWR2 Webradio unter www.swr2.de oder als Podcast nachhören: http://www1.swr.de/podcast/xml/swr2/tandem.xml Kennen Sie schon das neue Serviceangebot des Kulturradios SWR2? Mit der SWR2 Kulturkarte können Sie zu ermäßigten Eintrittspreisen Veranstaltungen des SWR2 und seiner vielen Kulturpartner im Sendegebiet besuchen. Mit dem Infoheft SWR2 Kulturservice sind Sie stets über SWR2 und die zahlreichen Veranstaltungen im SWR2-Kulturpartner-Netz informiert. Jetzt anmelden unter 07221/300 200 oder swr2.de ___________________________________________________________________ MANUSKRIPT Autor: Eines Tages im Jahr 2008 liest der israelische Geheimdienstler Gonen Ben Itzhak in der Tageszeitung die geheime Geschichte seines besten palästinensischen Informanten Mosab Hassan Yousef. Der Palästinenser lebt in den USA – mittellos und obdachlos. Gonen bietet ihm daher finanzielle Hilfe und Mosab schreibt zurück: Übersetzer: “Du hast mir damit den Tag, ja das ganze Jahr versüßt.… Du kennst mich besser als jeder andere auf diesem Planeten. Es wird eine große Ehre für mich sein, dich eines Tages wieder zu treffen, hoffentlich bald“. Autor: Einige Monate später fallen sich beide Männer in die Armee, wie Gonen im Dokumentarfilm The Green Prince erzählt: Gonen Übersetzer: “Wir standen einfach da, vielleicht zehn Minuten lang, und lachten sozusagen über alle Grenzen und Probleme hinweg.“ Autor: Nichts in Gonens Biographie deutete auf seine Karriere als Geheimdienstler hin. Das Mitglied einer linken Bürgerrechtspartei arbeitete bei den Pfadfindern. Palästinensern begegnete er nicht einmal im Militärdienst, den er bei der Marine leistete; Arabisch lernte der Sohn eines früheren Generals auch nicht, aber Toleranz schon. Gonen Übersetzer: “Eines Nachts kehrte mein Vater von einer Militäroperation zurück. Während der Fahrt schlief sein Fahrer ein und der Wagen stürzte in eine Senke. Der Fahrer war sofort tot, aber mein schwer verletzter Vater kroch irgendwie 40 Meter wieder hinauf bis zur Landstraße. Ein arabischer Autofahrer hielt an, fuhr meinen Vater direkt ins Krankenhaus und rettete somit sein Leben. Die Auswirkung dieses Ereignisses war, dass ich niemals mit Hass gegen Araber aufwuchs.“ Autor: Es war die Ermordung des israelischen Premierministers Yitzhak Rabin im November 1995, die Gonens Berufsleben prägte. Gonen Übersetzer: “Es ist die Folge meiner schlechten Angewohnheit, aus dem Bauch heraus zu handeln und nicht vom Kopf. Unmittelbar nach Rabins Ermordung, die mich schwer erschütterte, dachte ich, dass wir in Israel an der Schwelle eines Bürgerkriegs stehen.“ Autor: Und Gonen wollte die israelische Demokratie beschützen. Zur gleichen Zeit beschloss der 17-jährige Palästinenser Mosab Hassan Yousef, sich 2 wegen der Verhaftung seines Vaters an den Israelis zu rächen. Sheikh Hassan Yousef war Mitbergründer und Anführer der radikal-islamischen Hamas-Bewegung im Westjordanland und daher oft in israelischen Gefängnissen. Sein Sohn Mosab wurde, weil er zwei illegale Waffen gekauft hatte, als potentieller Terrorist verhaftet. Nach dreiwöchiger Folter wurde der Student zum Geheimdienstoffizier Gonen bestellt. Das Treffen beschreibt Mosab in seinem Buch, Sohn der Hamas. Mein Leben als Terrorist: Zitat Mosab (S. 89): Er wirkte sehr selbstbewusst und sprach freundlich und respektvoll mit mir. Ich fragte mich, ob das ein Spiel war, um mich zum Reden zu bringen. »Du hast bald Prüfungen. Warum bist du hier?« »Ich weiß nicht.« »Natürlich weißt du es. Du bist doch nicht dumm, und wir sind es auch nicht. Ich bin Luay, der für deine Region zuständige Offizier vom Schabak. Ich weiß alles über deine Familie und deine Nachbarschaft. Und ich weiß alles über dich«… Ich studierte sein Gesicht und versuchte zwischen den Zeilen zu lesen. Er hatte helle Haut, blondes Haar und sprach mit einer Ruhe, die mir noch nie begegnet war. Sein Gesichtsausdruck war freundlich, sogar etwas um mich besorgt. Ich fragte mich, ob das zur Strategie der Israelis gehörte: den Gefangenen aus der Fassung zu bringen, indem sie ihn erst verprügelten und im nächsten Augenblick freundlich behandelten… Autor: Auch Gonen Ben-Itzhak, der ein Monster erwartete, ist überrascht: Gonen Übersetzer: “Er sah wie Harry Potter aus – wegen der Brille und der Frisur. Er war ein Nerd, frech, intelligent und besserwisserisch. Er trug Jeans, hatte keinen Bart und ging kaum in die Moschee.“ Autor: Der Israeli Gonen bietet dem Palästinenser Mosab an, für seinen Geheimdienst Schabak zu arbeiten. Mosab Übersetzer: “Die Kollaboration mit Israel ist das Schändlichste in unserer Kultur - schlimmer sogar als die Vergewaltigung der eigenen Mutter!“ Autor: Mosab willigt dennoch ein. Denn er will später Rache üben. Damit er nicht der Kollaboration verdächtigt wird, muss er jedoch ins Gefängnis, wo die Hamas über die Gefangenen herrscht. Mosab Übersetzer: “Einmal räumten Sicherheitsleute der Hamas unser Zelt. Sie schlossen das Zelt, drehten alle Fernsehgeräte in der Sektion voll auf und forderten einige Häftlinge auf zu singen, 3 damit die Soldaten draußen das Geschrei nicht hören. Die Häftlinge im Zelt schrien wie wild. Plötzlich verschwanden Menschen: Sie wurden zu Tode gefoltert. Die Hamas- Leute steckten Nadeln unter ihre Fingernägel und verbrannten Plastik auf ihren Körpern. Dann wurden ihre Leichen verbrannt. Und ich rede nicht von ein oder zwei Fällen, sondern von Hunderten! Ich sah das schockiert und dachte mir: Soll das das Lebenswerk meines Vaters sein?“ Autor: Nach 16 Monaten im Gefängnis sieht Mosab die Welt ganz anders. Er ist daher bereit, sich die israelische Perspektive anzuhören. Nach einem einjährigen Intensivkurs Arabisch, beginnt Gonen 1998 seine Arbeit für den Schabak. Er ist zuständig für die Region Ramallah. Die Palästinenser kennen ihn nur als ‚Captain Luay‘. Das arabische Wort bedeutet, ebenso wie das hebräische Wort „Gonen“: „Beschützer“. Gonen Übersetzer: “Eines Tages kam ich ins Dorf Kobar bei Ramallah, wo die Familie des meistgesuchten Palästinensers Marwan Barghuthi lebte. Die Kinder bewarfen jede israelische Patrouille mit Steinen und daher bat ich die Soldaten, die mich begleiteten, nicht zu reagieren. Trotz des Steinhagels stieg ich - gegen alle Vorschriften - allein aus dem Jeep (immerhin mit Helm und Schutzweste). Die Kinder waren überrascht, weil die Soldaten weder schossen noch Gasgranaten warfen. Daher hörten sie auf, Steine zu werfen. Ich ging auf sie zu. Zuerst traute sich das mutigste Kind, mit dem ich mich auf Arabisch unterhielt, dann folgten die anderen, so dass ich am Ende von 200 Kindern umringt war. Plötzlich sahen sie einen kommenden Wagen und riefen, ‚das ist unser Schulleiter!‘ Ich versprach ihnen Action, hielt den Wagen an, stellte mich als Geheimdienstler vor und bat den Direktor um seinen Ausweis. Nach einer kurzen Überprüfung sagte ich ihm, ‚Ich nehme Sie fest‘. Er verstand nichts. ‚Sie sind auf unserer Liste der Gesuchten; ich nehme Sie fest.‘ Er war entsetzt! Ich wartete ein bisschen, bevor ich sagte, ‚Das war nur ein Scherz‘. Die Kinder brüllten vor Lachen! Dann führten sie mich durchs Dorf und erzählten mir: ‚Der Metzger Abu Mohammad ist ein Hamas-Aktivist und Abu Ibrahim ist bei der Volksfront zur Befreiung Palästinas‘. Die Kids erzählten mir alles über ihr Dorf, weil ich jetzt ihr Freund war.“ Autor: Gonen trifft Mosab in einem konspirativen Haus in einer jüdischen Siedlung. Mosab erzählt von seinen Mordplänen, der Israeli berät mit seinen Vorgesetzten und bekommt grünes Licht: Israel hat niemand innerhalb der Hamas und Mosab kann als Sohn des Hamas-Anführers sehr wichtig werden. Er schreibt: ZITAT-Mosab „Luay gab mir ein paar hundert Dollar. Ich solle mein Leben genießen. Was? Kein Geheimauftrag? Kein Codebuch? Keine Waffe? Nur ein Bündel Geldscheine und eine Umarmung? Das ergab in meinen Augen überhaupt keinen Sinn. Als ich mich später im gleichen Monat mit Luay traf, sagte dieser…: »Dein Auftrag 4 besteht darin, ans College zu gehen und deinen Bachelor-Abschluss zu machen.« Er reichte mir einen Umschlag voller Geld. »Das sollte für die Studiengebühren und alle anderen Ausgaben reichen«, sagte er.… Luay ähnelte meinem Vater mehr als jeder Palästinenser, den ich kannte. Er glaubte nicht an Allah, doch er respektierte mich trotzdem.“ Gonen (Zweiter Teil am Telefon) Übersetzer: “Sein Vater ist entweder im Gefängnis oder voll bei der Hamas. Er interessierte sich für Mosabs Ausbildung niemals. Mosab hat ein großes Ego und es ist ihm sehr wichtig, besonders zu sein und im Mittelpunkt zu stehen. Aber er hat einen prominenten Vater, der selbst im Rampenlicht steht. Er ist ein superintelligenter junger Mann, der sich im Schatten seines überdominanten Vaters nicht entwickeln konnte. Er hat mich als seinen älteren