NABU-News aus Eutin und Umgebung Ausgabe 26 - Juli 2016

Vom Leid mit der Leitung Ostseeküstenleitung endlich naturverträglich planen!

Zu kurz gesprungen Halbherziges Management hilft der Unke nicht!

Der Klappertopf Ein Halbschmarotzer in bunten Wiesen Editorial

Liebe Mitglieder, liebe Naturfreunde, soll mit Hochdruck durchgezogen werden, möglichst ohne die lobbystarken Bäderge- das Schutzgebietssystem Natura 2000 ist das meinden an der Lübecker Bucht gegen das Herzstück des europäischen Naturschutzes Projekt aufzubringen. Die hierzu von der und findet weltweit Beachtung. Ohne die Landesregierung durchgeführten Dialogver- FFH- und EU-Vogelschutzgebiete wäre es anstaltungen haben von vornherein nicht das um die Artenvielfalt hierzulande noch deut- gehalten, was versprochen wurde. Es fand lich schlechter bestellt, wären Wachtelkönig nämlich kein echter Dialog statt, sondern die oder Moorfrosch sicher aus einigen Regi- Bürger und Verbände konnten lediglich ihre onen bereits gänzlich verschwunden. Aus Vorstellungen vorbringen. Die vom NABU diesem Grunde, widmen wir uns in diesem und von der Naturschutzbehörde des Kreises Heft schwerpunktmäßig einigen Aspekten des vorgebrachten Argumente für eine Erdver- europäischen Naturschutzrechts. Im Laufe kabelung im Bereich des Neustädter Bin- des Sommers will übrigens die EU-Kommission nenwassers und für eine Trassierung an der über den Fortbestand und etwaigen Anpas- Autobahn 1 wurden von Planungsträger und sungsbedarf der EU-Naturschutzrichtlinien Landesregierung ein ums andere Mal vom entscheiden. Lobbyverbände aus Wirtschaft Tisch gefegt. Ein echter Dialog sieht anders aus! und Industrie haben im Vorwege lautstark Stimmung gegen die Richtlinien gemacht. Wir wünschen Ihnen Hoffen wir, dass es nicht zu einer Aufwei- eine angenehme Lektüre und chung der Richtlinien kommen wird. einen schönen erlebnisreichen Sommer Bei allen Erfolgen, die den EU-Naturschutz- richtlinien zu verdanken sind, ist bei ihrer Um- setzung vielfach noch Luft nach oben, wie das zögerliche Engagement der Landesregierung beim Management des FFH-Gebietes Röbeler Holz beweist.

Ebenso wenig ambitioniert werden Natur- Oscar Klose Rainer Kahns schutzaspekte im Zusammenhang mit 1. Vorsitzender 2. Vorsitzender der geplanten Ostküstenleitung zwischen Lübeck-Siems und Göhl bei Oldenburg berücksichtigt. Die Trasse wird fast an die Stadtgrenze Eutins heranreichen und wei- Lesen Sie in dieser Ausgabe: testgehend unzerschnittene Räume belasten. 3 Bei blauen, braunen und schwarzen Kehlchen Der NABU hat das so genannte Dialogverfahren 5 Kurzportrait der drei Kehlchen zur Trassenfindung intensiv begleitet und 6 Buchvorstellung: Küste im Wandel relativ frühzeitig den Eindruck gewonnen, dass 7 Zu kurz gesprungen die Landesregierung dem Vorhabenträger Tennet nicht ausreichend nachdrücklich auf 9 Geplante Deponie in Lebatz die Berücksichtigung des Landschafts- und 11 Was klappert denn da? Der Klappertopf Artenschutz hingewiesen hat. Die zweifel- 12 Vom Leid mit der Leitung los notwendige Engergiewende als Presti- 14 Gerade noch rechtzeitig! geobjekt der rot-grünen Landesregierung

2 Bei blauen, braunen und schwarzen Kehlchen Unterwegs im Neustädter Binnenwasser

„Ein Morgen Mitte Mai. Es ist kurz nach Der Lärm der Autobahn fängt langsam an 05:00 Uhr. Über dem Neustädter Binnen- zu nerven und so trete ich den Rückweg wasser hängt noch der Frühnebel. Der Lärm zum Auto an. der nahegelegenen Autobahn hält sich zu dieser frühen Stunde noch in Grenzen. Eine Nach etwa 6 Stunden und 12 Kilometern akustische Erfassung der Brutvögel des Ge- Fußmarsch erwartet mich dort ein leckeres bietes ist also noch gut möglich. Käsebrötchen und ein guter Kaffee. Wieder ist eine Exkursion zur Erfassung der Vogel- Kurz nach meiner Ankunft im Gebiet, er- arten am Neustädter Binnenwasser erfolg- tönt aus einem schilfbestandenen Graben reich abgeschlossen worden. Von Mal zu die abwechslungsreiche Strophe eines Mal wird das Bild von der Vogelgemein- Blaukehlchens. Dieser hübsche Singvogel schaft in diesem Schutzgebiet klarer. Über- ist ein Neubürger im Gebiet. Anders als morgen geht es wieder los ! Dann aber ge- die Braun- und Schwarzkelchen, die bereits gen Mitternacht zur Erfassung nacht- und seit Jahren im Gebiet anzutreffen sind und dämmerungsaktiver Arten.“ die ihre Singwarten auf den Zaunpfählen in den extensiv beweideten Grünländerei- So oder so ähnlich stellt sich die Feldarbeit en bezogen haben, um von dort eifrig ihre bei der Erfassung der Brutvogelbestände Reviere zu verteidigen. Gleich nebenan in einem europäischen Vogelschutzgebiet in einem größeren Schilfbestand meldet dar. Die europäische Vogelschutzrichtlinie sich hektisch, zeternd ein Schilfrohrsänger verpflichtet die Mitgliedstaaten der Euro- zu Wort. Endlich! Denn bisher konnte ich päischen Union, die betreffenden Gebiete den kleinen Sänger dort nicht nachweisen. in einen günstigen Erhaltungszustand zu Schnell ist eine Markierung an der entspre- versetzen bzw. zu halten. Vor diesem Hin- chenden Stelle in der Karte gemacht. Nach tergrund ist es unumgänglich, dass sich das etwa 2 Stunden in den Wiesen geht es auf Land Schleswig-Holstein in regelmäßigen die andere Seite der Bahntrasse. Abständen einen Überblick über die Vogel- bestände in seinen Vogelschutzgebieten Die Rotschenkel, die auf den Salzwiesen verschafft. Da landesweit etliche Tausend einen der letzten Brutplätze an der Ostsee- Hektar zu kartieren sind, werden von den küste finden, haben nach wochenlangem Naturschutzbehörden Aufträge an erfah- lauten Gezanke und Getriller ihre Reviere endgültig abgesteckt und mit der Brut be- gonnen.

Aus einem angrenzenden Feldgehölz stößt blitzschnell ein Habicht in eine kleine Grup- pe Krickenten, die panikartig auffliegt und sich so ihrem Verfolger erfolgreich entzie- hen kann. Über alledem schwebt seelenru- hig ein Seeadler. Mittlerweile ist es gegen 09:00 Uhr und aus den Wiesen steigen sin- gend Feldlerchen und Wiesenpieper auf. Brutvogel in den Salzwiesen – der Kiebitz.

3 rene Ornithologen vergeben. In der aktu- anstrengend, doch die Kartierer erhalten ellen Berichtsperiode hat ein mehrköpfiges exklusiv die Möglichkeit, sich umfassend in Ornithologen-Team um Bernd Koop aus den ornithologisch spannendsten Gebieten Plön den Zuschlag erhalten und ist seit des Landes umzusehen. März 2016 landesweit unterwegs, um Am Ende der Brutperiode im Herbst sind die Bestände von Neuntöter, Kiebitz, dann die Befunde in Form eines umfangrei- Mittelspecht oder Großem Brachvogel chen Berichtes darzustellen. Dabei ist nicht zu erfassen. Insgesamt sind während der nur der Bestand und die Verbreitung der Brutperiode jeweils mindestens 8-10 Ge- jeweiligen Vogelarten zu dokumentieren, ländeerfassungen durchzuführen. Je nach sondern es ist auch darzustellen, ob und Gebiet kann der Feldaufwand je Exkursion inwieweit der Bestand z.B. durch mensch- zwischen fünf und acht Stunden dauern. liche Einflüsse gefährdet ist. Daneben sind Vorschläge für Schutz und Entwicklungs- Einige Gebiete sind so groß, dass sie nur in maßnahmen zu machen. Am Ende liegt es Etappen zu bewältigen sind. Zusätzlich sind an den Fachbehörden des Landes, auf Basis zur Erfassung von nachtaktiven Arten, wie dieser Arbeit über weitergehende Schutz- Wachtelkönig oder Tüpfelralle Exkursionen maßnahmen zu entscheiden. während der Dunkelheit erforderlich. Für die beauftragten Ornithologen, darunter Die EU-Vogelschutzrichtlinie ist somit ein auch einige im NABU engagierte Vogel- Kerninstrument des europäischen Natur- kenner, ist diese Aufgabenstellung ausge- schutzes. Ohne sie wären Arten wie Rot- sprochen attraktiv. Die Vogelerfassung auf schenkel oder Bekassine sicher längst aus großen Flächen ist zwar auch körperlich unserer Landschaft verschwunden.

Die Salzwiesen am Neustädter Binnenwasser sind wichtige Vogellebensräume.

4 5 Kurzportrait der drei Kehlchen strukturreiche Feuchtgrünländer mit einem reichen Insektenangebot finden. Besonders Das Blaukehlchen gehört wie die Nachtigall gern werden extensive Weiden besiedelt, und der Sprosser zur Gattung Luscinia und solange nicht zu viele Gehölzstrukturen ist mit dem Schwarz- und Braunkehlchen vorhanden sind. Das Braunkehlchen kehrt nur entfernt verwandt. Es ist ca. 14,5 cm meist gegen Mitte Mai aus seinem afrikani- groß und bewohnt Verlandungsbereiche schen Winterquartier zurück. Aufgrund der an Gewässern, ausgedehnte Grünland- späten Rückkehr aus dem Winterquartier niederungen oder Brackwasserröhrichte. reicht die Zeit nur für eine Brut. Ab August Wichtig ist, dass neben ein paar Sträuchern verlassen die Vögel ihr Brutgebiet wieder. Hochstauden- oder Schilfbestände vorhan- Das Braunkehlchen steht auf der Roten den sind. Die Nahrungssuche erfolgt zu- Liste der Brutvögel Schleswig-Holsteins in meist am Boden. Das Blaukehlchen zeitigt der Kategorie 3 und gilt als gefährdet. zwei Bruten pro Jahr. In den letzten Jahren Das ebenfalls ca. 14 cm große Schwarzkehl- chen war wie das Blaukehlchen noch vor 20 Jahren hierzulande nur spärlich verbreitet und galt als gefährdet. Dann setzte ein rasanter Bestandsanstieg ein, so dass die Art nun den Sprung von der Roten Liste geschafft hat. Die Ursache für diese Ent- wicklung ist nicht ganz klar. Das Schwarz- kehlchen besiedelt ähnliche Lebensräume wie sein Vetter, das Braunkehlchen. Anders als dies besiedelt das Schwarzkehlchen aber auch trockenere Biotope wie Kiesgru- ben, Heiden und kommt auch mit Gehölz- strukturen gut zurecht. Die Revierbeset- Das Blaukehlchen - einst eine Rarität - heute weit verbreitet zung erfolgt zumeist zwischen Ende März hat diese Art in Schleswig-Holstein stark und Mitte April. Die frühe Ankunft im Brut- zugenommen und erreicht in ihr zusagen- revier erlaubt ohne weiteres 2 bis 3 Bruten. den Lebensräumen sehr hohe Siedlungs- Der Abzug aus dem Brutrevier erfolgt zu- dichten. Noch vor 20 Jahren war der Vogel meist im September. Einzelne Vögel versu- eine absolute Rarität. Das Blaukehlchen chen aber auch, bei uns zu überwintern. überwintert in Afrika und kehrt im April zurück. Die Art ist in Anhang I der EU-Vo- gelschutzrichtlinie gelistet, so dass für sie Schutzgebiete auszuweisen sind. Während der Balzzeit singt das Blaukehlchen übri- gens auch nachts. Die Bestände des ca. 14 cm großen Braun- kehlchens nehmen seit Jahrzehnten stetig ab. Mit dem Verschwinden der EU-Markt- ordnungsbrachen und dem Grünlandum- bruch hat die Art starke Verluste hinnehmen müssen. Nennenswerte Bestände halten sich nur noch in Schutzgebieten, wo sich Der Schwarzkehlchenbestand nimmt rasant zu.

5 Buchvorstellung Küste im Wandel – NSG Graswarder-

Das Naturschutzgebiet Graswarder bei Hei- eigenes Kapitel gewidmet. Auch hier sind ligenhafen gilt als Perle der Naturschutz- großartige Makroaufnahmen, die den Leser gebiete an der schleswig-holsteinischen sofort in ihren Bann ziehen. Ostseeküste. Landschaftlich höchst reizvoll als Nehrungshaken in der Ostsee liegend, Die Unterwasserfauna und -vegetation im bietet es dem Besucher vielerlei spannende unmittelbaren Küstenbereich werden eben- Perspektiven. Das Gebiet wird 1972 ehren- falls mit Hilfe faszinierender Fotografien amtlich vom NABU betreut. Klaus Dürkop, vorgestellt. Sie machen deutlich, dass die- der mit dem Graswarder verbunden ist, ser Lebensraum – der ja leider immer noch wie kein anderer Naturschutzaktivist hat ein Stiefkind des Naturschutzes ist – und nun gemeinsam mit einer Reihe hervorra- der des Windwatts genau so zum Graswar- gender Co-Autoren ein Buch über diesen der gehören, wie die viel deutlicher sicht- einzigartigen Lebensraum herausgebracht, baren Pflanzen und Vögel oberhalb der dessen Entwicklung über die letzten Jahr- Wasseroberfläche. zehnte wohl so detailliert und lückenlos be- schrieben worden ist wie kein anderer. Klaus Dürkop ist zu diesem hervorragen- den Werk nicht nur zu beglückwünschen; Das Buch beginnt mit einer ausführlichen ihm ist vor allem Dank zu sagen, für seinen Darstellung der eiszeitlich geprägten Ent- unermüdlichen und hartnäckigen Einsatz stehungsgeschichte des Graswarders. Der für den Erhalt dieses einzigartigen Natur- Leser erfährt viele spannende Details über schutzgebietes. Sein Buch sollte in keinem die Geschiebe, die von der Eiszeit aus dem Bücherschrank fehlen. Norden Skandinaviens bis vor unsere Haus- Klare Kaufempfehlung! tür transportiert wurden. Der Geologie des Gebietes wird ein besonderer Schwerpunkt gewidmet.

Einen wesentlichen Anteil nimmt erwar- tungsgemäß auch die Vogelwelt des Gras- warders ein, die in all ihren Facetten lebhaft beschrieben wird. Garniert wird das Ganze auch hier durch beeindruckende Fotos. Dürkop scheut sich auch nicht, deutlich auf bestehende Probleme beim Schutzge- biets-Management hinzuweisen. So stellt die Prädation durch Beutegreifer ein erheb- liches Problem für die verschiedenen Küs- tenvogelbestände dar; viele Arten stehen kurz vor dem Erlöschen.

Der spezialisierten, zum Teil aus sehr sel- Küste im Wandel - NSG Graswarder-Heiligenhafen Autor: Klaus Dürkop tenen Arten bestehenden Käferfauna des Verlag: Eggers Graswarders wird zu Recht ebenfalls ein ISBN-10 3981592433

6 7 Zu kurz gesprungen Halbherziges Management hilft der Unke nicht!

Das FFH-Gebiet „Röbeler Holz und Umge- Auf Bitte des Landesamtes für Landwirt- bung“ am östlichen Stadtrand Eutins steht schaft, Umwelt und ländliche Räume (LLUR) seit vielen Jahren im besonderen Fokus hat der NABU daraufhin die Aspekte, die naturschutzfachlich interessierter Kreise. für ein erfolgreiches Gebietsmanagement Beherbergt das Gebiet doch eine der letz- unverzichtbar sind, zusammengestellt. ten Rotbauchunkenpopulationen im Kreis- gebiet. Im April des Jahres erfolgte dann die Ein- ladung des LLUR zu einer öffentlichen Die Unken, aber auch Moorfrosch und Informationsveranstaltung im Eutiner Bau- Kamm-Molch waren Grund dafür, das Ge- amt. Im Rahmen dieser Veranstaltungen biet mit dem FFH-Status zu versehen. Es ist sollte der Stand der Planungen dargestellt damit Bestandteil des europäischen Netzes und Anregungen von Dritten (z.B. Landbe- „Natura 2000“. Doch den bedrohten Amphi- wirtschaftern, Flächeneigentümern, Natur- bien ist mit der Ausweisung als Schutzge- schutzvertretern) aufgenommen werden. biet allein natürlich nicht geholfen. Deshalb sieht die FFH-Richtlinie der EU ausdrück- Entsprechend hoch waren die Erwartungen lich vor, dass die Landesregierungen im der Naturschutzvertreter. Doch deren Hoff- Rahmen so genannter Managementpläne nungen auf eine ambitionierte Manage- dezidierte Vorschläge für Maßnahmen zum mentplanung zu Gunsten von Unke & Co. Erhalt und zur Entwicklung der jeweiligen wurden jäh zerstört. So wurde von den Mit- Arten oder Lebensräume machen und arbeitern des LLUR dargestellt, dass schon deren Umsetzung überwachen. allein durch eine Flächenbewirtschaftung im Rahmen der guten fachlichen Praxis Für die im Besitz der Anstalt Schleswig-Hol- den Vorgaben der FFH-Richtlinie, die einen steinische Landesforsten (SHLF) befindli- guten Erhaltungszustand der betreffenden chen Flächen des Gebietes wurde bereits Gebiete fordert, genüge getan werde. Als vor Jahren ein solcher Managementplan freiwillige Option für die Landeigentümer entwickelt. Der NABU hatte sich seinerzeit wurde die Möglichkeit von Vertragsnatur- intensiv in die Diskussion um diesen Plan schutz-Maßnahmen benannt. eingebracht und an der einen oder ande- ren Stelle weitere Verbesserungen errei- chen können.

Anfang dieses Jahres erhielt der NABU die Nachricht, dass im Laufe des Jahres 2016 auch für die Offenland-Flächen, also die Teile des FFH-Gebietes, die außerhalb des Waldes in der freien Landschaft liegen – es handelt sich um landwirtschaftliche Nutz- flächen – ein solcher Managementplan er- Für die Rettung der Eutiner Rotbauchunke stellt werden soll. braucht es ein ambitioniertes Vorgehen.

7 Aus Sicht des NABU ist dieser Ansatz über- haupt nicht geeignet, um das Überleben der Rotbauchunken-Population langfristig zu sichern. So gibt es derzeit keine ausrei- chenden Reproduktionsgewässer in dem Gebiet. Die von der Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein angelegten Teiche inmitten der Aufforstungsflächen werden ihren Wert im Zuge des Aufwachsens der Kulturen langfristig verlieren. Die vom NABU auf den städtischen Ausgleichsflä- chen angelegten Gewässer sind ebenfalls nur als eine erste Akut-Maßnahme zu ver- stehen, um das Aussterben der Rotbau- chunken zu verhindern.

Völlig unverständlich ist es, dass das Land hier also keinen weiteren Handlungsbe- darf sieht, zumal auch auf dem Truppen- übungsplatz des Bundes, der ebenfalls vor Jahren als FFH-Gebiet gemeldet wur- de, bislang keine Maßnahmen umgesetzt wurden. Unverständlich ist auch, dass die Schleswig-holsteinischen Landesforsten auf einer sehr gut für den Amphibienschutz geeigneten Fläche bei Pulverbeck bis heute keinen Kubikzentimeter Erde bewegt haben. Der NABU hatte für diese Flächen ein erstes Entwicklungskonzept erstellt und angeboten, hier für die Landesforsten tätig zu werden sowie eigene Finanzmittel für den Gewässerbau zur Verfügung zu stellen. Doch auch hier herrscht seit Jahren – fast im wörtlichen Sinne – Schweigen im Walde.

Wenn sich die Bundes- und Landesverwal- tung derart zögerlich verhalten, wird es am Ende für die Rotbauchunken nicht gut ausgehen. Hoffen wir, dass es dazu nicht kommen wird.

8 9 Geplante Deponie in Lebatz Ein Ende in Sicht?

Bald nun 70 Jahre ist es her, dass der Kies- Auf Initiative der Gemeinde Ahrensbök, abbau in Lebatz begann. Dieser kam 1999 welche sich geschlossen gegen die Errich- zum Erliegen, nachdem bereits illegal Grund- tung einer Deponie gestellt hat, wurde An- wasserlagen freigelegt worden waren und fang dieses Jahres ein Antrag beim Kreis erforderliche Böschungswinkel nicht ein- eingereicht das Kiesgrubenge- gehalten wurden, so dass es bis heute zu lände als „geschützten Landschaftteil“ ge- Rutschungen kommt. 1990 war zum ersten mäß § 29 des Bundesnaturschutzgesetzes Male geplant, eine Deponie und zwar für auszuweisen. Sondermüll in der ehemaligen Kiesgrube einzurichten, was damals an erheblichen Naturschutzfachliche Hinderungsgründe Widerstand der Bevölkerung scheiterte. gegen eine Wiederaufnahme eines Kies- abbaus und der nachfolgenden Errichtung 2006 erwirbt erneut ein großer Baukonzern einer Deponie gibt es genügend: das bis dahin größten Teils brachliegende Gelände wieder mit der Absicht eine Depo- • Vorkommen eines großen Anteils der nie der Deponieklasse 1 einzurichten und örtlichen Laubfrosch- und Kammmolch- vorher noch den vorhandenen Krater durch population und vollständiges Vorkom- weiteren Kiesabbau zu vergrößern. Wir be- men des übrigen regionalen Amphibi- richteten bereits 2008 und 2011. en- und Reptilienartenspektrums.

Jetzt schimmert ein Hoffnungsstreifen am • außergewöhnliches vielfältiges Vorkom- Horizont, dass das Vorhaben vielleicht doch men von Libellen (26 Arten), darunter nicht mehr zu Stande kommt und auf dem gefährdete Arten wie Keilfleck-Mosaik- Gebiet dauerhaft Ruhe einkehren könnte. jungfer, Mond-Azurjungfer und gebän- derte Heidelibelle.

Die ehemalige Kiesgrube bei Lebatz hat sich zu einem wertvollen Lebensraum entwickelt.

9 seltenen Magerstandorten und entspre- chend hohem Potenzial von Vorkommen gefährdeter Arten aus Artengruppen wie Schmetterlinge, Käfer, Haselmaus, Pflan- zen, Armleuchteralgen, Mollusken, u.a.

• großflächig Teil der wichtigen Haupt- verbundachse im Biotopverbundsys- tem des Kreises Ostholstein z.B. durch Vorkommen des Fischotters belegt.

Dieses wurde auch in einem von der Ge- meinde Ahrensbök beauftragten Schutz- würdigkeitsgutachten des Kieler Instituts für Landschaftsökologie belegt. In diesem Gutachten wurden auch Szenarien für eine zukünftige natürliche Entwicklung des Ge- bietes angedacht. Eine Wiederaufnahme des Kiesabbaus und eine Deponie würde Herbst-Mosaikjungfern finden in den alten die seit Jahrzehnten entstanden Vielfalt er- Strukturen der ehemaligen Kiesgrube einen heblich gefährden. geeigneten Lebensraum. Am 15. Februar 2016 wurde im Kreistag • direkt angrenzende Lage genau zwischen des Kreises Ostholstein ein Votum ein- den beiden Wäldern Kuhkoppel und geholt, welches ohne Gegenstimmen für Fohlenkoppel als Teile des Flora-Fau- eine Unterschutzstellung der Kiesgrube als na-Habitat-Gebietes „Wälder im Ahrens- geschützten Landschaftsbestandteil aus- böker Endmoränengebiet“ mit hohem fiel. Das formalrechtliche Verfahren unter Natürlichkeitsgrad aufgrund naturnaher Beteiligung von Behörden, der Gemeinde, Bewirtschaftung und mit hoher Vielfalt Verbänden und der Eigentümer ist zur Zeit der Fledermausarten, darunter die stark noch in Gang. gefährdete Bechsteinfledermaus, die als Erhaltungzielart des FFH-Gebietes fest- Bleibt zu hoffen, dass die Begehrlichkeiten gesetzt ist an dem ehemaligen Kiesgrubengelände endlich ein Ende haben und das Gelände • eine vielfältige Biotopentwicklung mit dauerhaft als besonderes Kleinod der Na- nährstoffarmen Gewässern und heute tur gesichert wird.

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10 11 Was klappert den da? Der Klappertopf Ein Halbschmarotzer in bunten Wiesen

Der Große Klappertopf ist wohl den wenigs- Der Große Klappertopf wird etwa 25 bis ten Menschen bekannt. Dabei war diese maximal 70 cm hoch. Seine Blütezeit be- Pflanze, die ebenso wie Königskerze oder ginnt etwa Ende Mai und dauert bis in den Fingerhut zu den so genannten Braunwurz- September hinein. gewächsen zählt, einst ein gar nicht selte- ner Bewohner frischer Mähwiesen, vor allen Wie aber kommt der Klappertopf zu Dingen in den Flußniederungen. seinem Namen? Das ist schnell erklärt: Doch mit der Aufgabe der externen tradi- Wenn der Wind die Pflanzen durch- tionellen Wiesenbewirtschaftung, ist auch schüttelt, verursachen die in die in den diese Art selten geworden. Gegenwärtig trockenen Fruchtkörpern umherpurzelnden existieren im Kreis Ostholstein noch Vor- Samen ein klapperndes Geräusch. Wer kommen im Schwartaual. Aus weiten Tei- Lust hat, mit dieser überaus interessante len des Hügellands ist die Art bereits ver- Pflanzenart im heimischen Garten einmal schwunden. Bekanntschaft zu machen, kann unter [email protected] eine kleine Anzahl Doch seit einigen Jahren kümmern sich Samenkörner bestellen. Wildpflanzenfreunde hierzulande beson- ders um diese botanische Besonderheit mit den zitronengelben Blüten, an deren Lippen kleine himmelblaue „Zähne“ sitzen. Der Große Klappertopf besitzt nämlich eine besondere Eigenschaft, der ihn auch für den Naturschutz interessant macht.

Es handelt sich bei dieser Pflanze nämlich um einen so genannten Halbschmarotzer. Der Klappertopf betreibt zwar wie andere Pflanzen auch Photosynthese. Doch dockt er sich mit seinen Saugfortsätzen an den Wurzeln seiner Wirtspflanzen – bevorzugt sind dies flachwurzelnde Gräser – an und entzieht diesen Nährsalze. Dadurch werden die Gräser geschwächt. Eine für den Natur- schutz durchaus erwünschte Folge ist, dass sich die Bestände der vielfach dominieren- den und konkurrenzstarken Gräser dadurch deutlich lichten. Auf diese Weise können dann auch andere, weniger durchsetzungs- fähige Pflanzenarten Fuß fassen. Auf diese Weise kann also der Klappertopf eine Bei- trag zur Artenvielfalt leisten. Experimente im heimischen Hausgarten haben dies ein- drucksvoll bestätigt. Der Klappertopf ist in Ostholstein selten geworden.

11 Vom Leid mit der Leitung Ostküstenleitung endlich naturverträglich planen!

Bereits im vergangenen Heft berichte- ermöglichen. Doch, so die Aussagen der ten wir ausführlich über die Planung der Planer und der Naturschutzverwaltung des Ostküstenleitung und den so genannten Landes, gebe es derzeit keinerlei Hinweise Dialogprozess der Landesregierung. Was darauf, dass diese Kriterien zwischen Neu- damals galt, ist leider auch ein halbes Jahr stadt und Lübeck-Siems vorliegen würden. später noch aktuell. Für den NABU ist diese Bewertung nicht In einer Reihe von Gesprächsrunden mit der nachvollziehbar. Besonders pikant ist dabei, Tennet als Vorhabenträger und der Landes- dass die Planer nach eigenem Bekunden regierung hat der NABU wie auch andere bislang keine Erheblichkeitsgrenzen defi- Naturschutzisntitutionen seine erheblichen niert haben, oberhalb derer mögliche Be- Bedenken gegen die Planung deutlich einträchtigungen europäischer Schutzge- gemacht. Leider gibt es weder von Seiten biete oder geschützter Vogelarten zu einer des Landes noch von der Tennet konkrete Erdverkabelung führen würden. Dennoch Aussagen dazu, wie z.B. mit dem Aspekt wird gebetsmühlenartig behauptet, die Vogelschutz umgegangen werden soll. Grenzen hierfür seien nicht überschritten Zwar gibt es rechtlich normierte Kriterien und eine Erdverkabelung zum Beispiel am (Konflikte mit dem Artenschutz, Beein- Neustädter Binnenwasser damit nicht erfor- trächtigungen von Natura-2000-Gebieten) derlich. Wie man Beeinträchtigungen hin- die die Errichtung der Leitung als Erdkabel sichtlich ihrer Erheblichkeit bewerten kann,

Hohe Gittermasten werden schon bald das Landschaftsbild in bisher weitestgehend unzerschnittenen Räumen prägen

12 13 Und was tut die rot-grüne Landesregierung ? Kaum etwas! Halbherzige und von ihrem Umfang her nicht aussagekräftige faunis- tische Untersuchungen werden am Ende nicht zu einem anderen, als dem von Land und Tennet gewünschten Ergebnis führen, aber auch nicht die Rechtssicherheit brin- gen, die für eine Umsetzung der Planung notwendig ist. Minister Habeck hat hier- zu im Rahmen eines Erörterungstermins Für rastende Singschwäne bei Bockholt und Neustadt gegenüber dem NABU unmissverständlich wird die 380 KV-Leitung zur Gefahr. dargestellt, er könne sich nicht vorstellen, den Leitungsbau als Folge weiterer, zeit- wenn man andererseits noch gar keinen intensiver Erfassungen kollisionsgefähr- Bewertungsmaßstab entwickelt hat, bleibt deter Vogelarten im Trassenbereich zeit- wohl das Geheimnis der Tennet-Planer. lich weiter nach hinten zu verschieben. Dies ist nur eines von vielen Ungereimt- Sieht so eine naturverträgliche Planung aus ? heiten und Widersprüchlichkeiten bei der Wohl kaum! Schade, dass die Landesre- Planung. gierung ihre Möglichkeiten, steuernd auf den Vorhabenträger Tennet einzuwirken, Und so durchschneidet die „Vorzugstrasse“ ungenutzt verstreichen lässt. Hier drohen in erheblichem Umfang wertvolle Lebens- die selben Fehler gemacht zu werden, wie räume streng geschützter Vogelarten wie beim Ausbau der Windenergienutzung. Seeadler oder Kranich. Teilwiese soll die Leitung fast unmittelbar an deren Brutplät- Dass die Landesregierung durch mangeln- zen vorbeiführen. Ebenso unverständlich ist de Sensibilität im Umgang mit den berech- es, dass die Leitung in der Gemeinde Süsel tigten Belangen der Bürger und des Natur- einen bedeutenden Ratsplatz nordischer schutzes die gesellschaftliche Akzeptanz Singschwäne tangieren soll. Gerade größe- der so genannten Energiewende insgesamt re Wasservögel wie Gänse oder Schwäne auf Spiel setzt, scheint den Verantwortli- sind besonderes kollisionsgefährdet. Schon chen in Kiel wohl erst ganz allmählich zu heute kommen dort Singschwäne an der dämmern. vorhandenen Leitung zu Tode, wie dem NABU durch Mitteilungen von ortsansässi- Mit Ihrer Spende ger Vogelfreunden bekannt geworden ist. können wir auch weiterhin wertvolle Ähnlich verhält es sich im Bereich des Lebensräume bewahren. Neustädter Binnengewässers, einem Euro- Helfen Sie mit! päischen Vogelschutzgebiet. Die Leitung wird dort nur wenige hundert Meter ent- Unser Spendenkonto lautet fernt vorbeiführen. Auch hier sind Unfälle Sparkasse Holstein von Großvögeln vorprogrammiert. Bereits die vorhandene Leitung, die zwar deutlich IBAN niedriger ist, als die geplante 380-KV-Lei- DE20 2135 2240 0000 0101 73 tung, dafür aber teilweise innerhalb des Gebietes steht, erweist sich bei regelmäßi- Spenden sind steuerlich absetzbar. ger Kontrolle als „Killerleitung“.

13 Gerade noch rechtzeitig! Ein neues Zuhause für die Störche in Gießelrade

Als hätten sie es geahnt, war das Storchen- Die Entwicklung der Störche in Schles- paar in Gießelrade im Jahr 2015 nach 3 wig-Holstein und auch in Ostholstein kann erfolgreichen Jahresbruten ohne Bruterfolg. unter der Internetadresse stoercheimnor- Der Storchenhorst auf dem Schornstein den.jimdo.com verfolgt werden. der ehemaligen Meierei in Gießelrade, einem kleinen Dorf zwischen Ahrensbök und Eutin, war schon seit über einem halben Jahrhundert Bestandteil des Ortsbildes. Leider waren die Baulichkeiten lange Zeit dem Verfall Preis gegeben. Als das Grundstück 2015 durch neue Eigentümer erworben wurde, war schnell klar, dass neben dem Meiereigebäude auch der hohe Schornstein wegen Einsturzgefahr nicht erhalten werden konnte, so dass er im Ja- nuar samt Storchenhorst abgerissen wurde.

Angesichts des nahenden Frühjahrs dräng- te die Zeit noch rechtzeitig vor der Rück- kehr der Störche Ersatz zu schaffen.

Den neuen Bewohnern des Grundstücks, der Familie Steiding, lag sehr daran, dass die Störche auch zukünftig jedes Jahr nach Gießelrade zurückkehren. So organisier- ten sie als aller erste Neubaumaßnahme schnell einen Betonmast, schweißten selbst eine Plattform und mit vom NABU Eutin gefertigte Reisighorst wurde unter Beisein vom Ostholsteiner „NABU-Storchenvater“ Leo Pietsch der neue Horst am 12. März aufgestellt.

Nur drei Tage später war der erste wieder- kehrende Storch prompt auf dem neuen Horst gelandet und er blieb nicht lange alleine! So scheint das neue Heim aus Storchensicht akzeptabel zu sein. Kurze Zeit später war leider nur noch ein Storch anwesend und es bleibt nur zu hoffen, dass das Paar im nächsten Jahr wieder in Baufälliger Schornstein mit Stochenhorst Gießelrade zusammen findet. in Gießelrade 2015.

14 MF Ihre Ansprechparter beim NABU Eutin Vorstand

1. Vorsitzender Beisitzer Oscar Klose, Perla 6, 23701 Eutin Burkhard Bohnsack, Tel. 04521 / 6472 Mobil: 0176 / 61249625 Dr. Michael Weber, Tel. 04521 / 72455 [email protected] Sandra Mannsfeld, Tel. 04525 / 642540

2. Vorsitzender Rainer Kahns, Weiße Kate Kniphagen 23 Weitere Ansprechpartner 23744 Schönwalde am Bungsberg Telfon: 04528 / 910273 Betreuung NSG Barkauer See [email protected] Klaus Lehmkuhl , Tel. 0175 / 7159970

Schatzmeister Betreuung Klenzauer See Oliver Juhnke, Kükenwiese 13a, Oscar Klose, Tel. 0176 / 61249625 23623 Dunkelsdorf Telefon: 04525 / 3665 Amphibienschutz an Straßen [email protected] Gudrun Griep, Tel. 04521 / 9911

Schriftführer Dirk-Christian Stahnke Am Ehmbruch 31, 23701 Eutin Telfon: 04521 / 73550 [email protected]

Bildnachweis Titelbild: T. Krüger, Seite 3: A. Trepte, Seite 4: O. Klose, Impressum Seite 5, rechte u. linke Spalte: T. Dove, Seite 7: B. Trapp, NABU-News aus Eutin und Seite 9: S. Mannsfeld, Seite 10: O. Klose, Seite 11: F. Böhrin- Umgebung ger, Seite 12: O. Klose, Seite 13: O. Klose, Seite 14: O. Juhnke Herausgeber: Naturschutzbund Deutschland Gruppe Eutin e.V. 1. Vorsitzender und V.i.S.d.P: Oscar Klose, Perla 6, 23701 Eutin

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