27. Jahrgang , 2. November 2000 Nummer 24

- Eine Erfolgsstory aus Herzogenaurach Zum 100. Geburtstag von Adi Dassler Von Klaus-Peter Gäbelein Vom Bäcker zum Schuhfabri- beitslosenzahlen stiegen, vor allem in Stromnetz auf- und auszubauen, als sich kanten Herzogenaurach, das von einer gewissen 1922 eine erste Krise am Arbeitsmarkt „adidas hat bei Olympia in Sydney Monostruktur seit der Jahrhundertwende ankündigte, die 1923 im Jahr der großen durch ein umfangreiches Engagement und geprägt war: 3.500 Seelen zählte man Inflation noch weiter um sich griff. Und revolutionäre Technologien neue Maßstä- damals in dem oberfränkischen Städtchen. in eben dieser schwierigen Zeit war es ein be gesetzt. Mit Schuhen und Textilien, die 37 Schuhmacher und „Schlappenschus- 20-jähriger Bäcker, der sich in den Kopf speziell für Sydney entwickelt wurden, gesetzt hatte, seinerseits Schuhe herzustel- haben adidas-Athleten insgesamt 254 len: keine herkömmlichen, nein, Spezial- olympische Medaillen errungen und da- schuhe für Sportler sollten es sein: Adolf bei atemberaubende Weltrekorde aufge- Dassler, jüngster Sohn von Christoph und stellt.“ Die Pressemeldung kurz nach Be- Pauline Dassler, die eine Wäscherei und endigung der Spiele von Sydney ist die Büglerei betrieb. Christoph arbeitete in Erfolgsmeldung einer Sportartikelfirma einer Schuhfabrik, war ob seiner Liebe für aus Herzogenaurach, ist die Nachricht aus die Heimatgeschichte als „historischer dem Hause adidas, mit der alle olympi- Christoph“ bekannt und beliebt. Und sei- schen Rekorde geschlagen werden. Nicht ne drei Buben, Fritz, Rudolf und Adolf jeder, der den Weg in die Aurachstadt fin- aus dem Anwesen am Hirtengraben wa- det, der als Hobby-Sportler oder Berufs- ren in der Aurachstadt als die „Wäscher- athlet die Marke mit den drei Streifen buben“ bekannt. trägt, weiß, was sich hinter dem Firmen- Adolf legte im Oktober 1917 die Prü- namen verbirgt. fung als Bäckergeselle ab; zur Bäckerei adidas, das ist die Geschichte eines Weiß in der Bamberger Straße, wo er in Weltunternehmens, hinter dem sich die die Lehre ging, war es nur ein Katzen- Leistung eines Mannes verbirgt, eines sprung von der elterlichen Wohnung aus. Herzogenauracher Urgesteins, das ist das Der Einsatz im letzten Kriegsjahr 1918 Lebenswerk von Adolf (Adi) Dassler, der blieb ihm nicht erspart. Von der Front am 3. November einhundert Jahre alt ge- zurückgekehrt, begann der „Adi“, wie ihn worden wäre. Was heute in allen Ländern ter“, so nannte man die Pantoffel- und seine Freunde nannten, in der Waschkü- der Erde zu einem Markenbegriff gewor- Hausschuhhersteller im Fränkischen, leb- che der Mutter die ersten Rennschuhe zu den ist, nahm im verträumten Herzogen- ten hier. Und diese Zahl erhöhte sich in „fabrizieren“. Vater Christoph gab die aurach der Weimarer Zeit in den 20-er den folgenden Jahren auf 58 (1921) und notwendigen Tipps und die Brüder Jahren seinen Anfang. Der Erste Welt- sogar auf 112 im Jahr 1922. Eine gefähr- Zehlein aus der gleichnamigen Schmiede- krieg war gerade zu Ende, das deutsche lich einseitige Entwicklung, wie die fol- werkstatt, Freunde des sportfanatischen Reich schmachtete unter den harten Frie- genden Jahre beweisen sollten! Adolf, fertigten bald handgeschmiedete densbedingungen von Versailles, die Ar- Die Stadt hatte gerade begonnen, ein Dornen für die Rennschuhe.

1 Gebrüder Dassler, Schuhfabrik, übrigens das Deutsche Reichsgebrauchs- Dasslerschen Schuhfabrik. 1928 starteten Herzogenaurach muster Patent DRGM eintragen. erstmals Athleten in Dassler-Schuhen bei Fußball und Leichtathletik, aber auch Das Unternehmen Dassler florierte und den Olympischen Spielen in Amsterdam. der Wintersport hatten es Adolf Dassler konnte 1927 - inzwischen auf 12 Mitar- 1931 wurde der erste Tennisschuh vorge- angetan. Die Sportbegeisterung in seiner beiter angewachsen - in ein angemietetes stellt. Doch trotz der Erfolge ruhte der Heimatstadt Herzogenaurach war dank Fabrikationsgebäude gegenüber dem „technische Direktor“ des jungen Unter- der Erfolge der Fußballmannschaften in Herzogenauracher Bahnhof (heutiges Fir- nehmens in Herzogenaurach nicht. Er war Nürnberg und Fürth riesig. Dreimal stan- mengelände) umziehen. Im gleichen Jahr besessen von seiner Arbeit und seinem den die Spielvereinigung Fürth und sie- konnte die Firma den beachtlichen Rein- Ziel, funktionsfähigere Sportschuhe für ben Mal der „Club“ aus Nürnberg in den gewinn von 17.287,75 Reichsmark ver- bessere Leistungen herzustellen. Ballen- 20-er Jahren im Endspiel um die deutsche buchen, und das, obwohl die Stadt unter schutz und Sprungbänder, Krepp-Gummi- Fußballmeisterschaft. Und in der Heimat- stadt von Adolf Dassler war mitten im Weltkrieg der erste Fußballclub gegrün- det worden (1916, 1. FC Herzogenaurach). Adolfs „Firma“ wuchs dank erträgli- cher Anfangserfolge und nach dem Ein- tritt seines Bruders Rudolf „mit dem Ka- pital einer Schreibmaschine“ wurde am 1. Juli 1924 die Firma „Gebrüder Dassler, Sportschuhfabrik, Herzogenaurach“ aus der Taufe gehoben. Der Aufgabenbereich war so verteilt, dass sich Adolf, der Tech- niker, Erfinder, Tüftler, in der Hauptsa- che um die Produktion, Rudolf um den Vertrieb und den kaufmännischen Bereich kümmern sollte. Das Vermögen der „Fir- ma“ betrug 6.000 Reichsmark und der „Maschinenpark“ bestand in erster Linie aus einfachsten, teilweise veralteten oder von Adolf eigenhändig entworfenen Ma- schinen.

Der erste Großauftrag erreichte die Fir- ma Dassler 1925. Der Herzogenauracher Turnverein ließ 10.000 Paar Turnschuhe zum Stückpreis von 2,39 Reichmark pro- duzieren. Für wen diese Schuhe des klei- nen Vereins gedacht waren und woher er das Geld für die Bezahlung nahm, bleibt ein historisches Geheimnis. In der Dasslerschen Schuhfabrik aber lief die Produktion vier Monate lang auf Hoch- touren. Dass für die Erweiterung der Werkstatt 380 Reichsmark ausgegeben werden mussten, um den Großauftrag er- füllen zu können, sei nur am Rande er- wähnt.

Bereits in den Anfangsjahren des jun- gen Unternehmens ruhte Adolf Dassler nicht eher, bevor er nicht ständig Neue- rungen in seine Produktion eingebracht hatte. 1926 war es beispielsweise ein Rennschuh mit durchgehender Ledersohle und handgeschmiedeten Dornen, der nur Adi Dassler in der Firma. Schon zu Beginn der dreißiger Jahre sind er und sein Bruder knapp über 200 Gramm wog. Kurz vor- Rudolf in Herzogenuarach angesehene Geschäftsleute. her hatte er bereits Fußballschuhe mit Nagelstollen auf den Markt gebracht, spä- einer erheblichen Arbeitslosigkeit zu lei- Keile und vieles andere mehr wurde ent- ter kamen solche mit „messinggenagelter den hatte. wickelt und in die Sportschuhe eingear- Sohle samt versteifter Vorderkappe“ hin- Ende der 20-er Jahre ging es dann wei- beitet. zu. Auf die Rennschuhe ließ man sich ter steil bergauf in der Entwicklung der

2 Olympische Medaillen mit Sport- technische Rüstzeug, das man in dieser satz 1933 auf ärmliche 9.200 Paar. Doch schuhen aus Herzogenaurach Branche braucht und fortan waren ihm die Firma hatte inzwischen genügend Obwohl die wirtschaftliche Situation in „Zuschneiden, Steppen, Stanzen, Auf- Rücklagen, um diesen Verlust aufzufan- Deutschland Ende der „Goldenen Zwan- leisten“ nicht nur in der Praxis, sondern gen. Adi Dassler erkannte rechtzeitig jede ziger“ alles andere als rosig war, behaup- auch theoretisch geläufig. Marktlücke, überbrückte die Krise mit der Produktion von „Straßen-, Kinder- und Segeltuchschuhen“ und ließ sogar Schi- schuhe und Kneipp-Sandalen produzie- ren. Erfreulicherweise erhöhte sich die Produktion auf stolze 36.000 Paar Schu- he. Mit den neuen Machthabern stabilisier- ten sich ab 1933 die wirtschaftlichen Ver- hältnisse, vor allem auch deswegen, weil Deutschland die Ausrichtung der Olym- pischen Spiele in Berlin und Garmisch- Partenkirchen übertragen bekommen hat- te. Der Bedarf an Sportschuhen für natio- nale und internationale Wettkämpfe wuchs; auch bei der wurden Sportschuhe benötigt und in den folgen- den Jahren kletterten die Produktionszah- len in der Firma Dassler erfreulich steil nach oben. Im vorolympischen Jahr 1935 wurde das Fabrikgebäude am Bahnhof erweitert, Ein junger Mann hat einen Traum: Er will Schuhe für Sportler bauen. gleichzeitig stieg man erstmals in geziel- Auch bei Sportfesten kämpft Adi Dassler um jeden Zentimeter. te „Plakatwerbung“ ein und schwamm nach den Spielen von Berlin auf einer tete die Schuhfabrik Gebrüder Dassler ihre In der Pfalz, in der Metropole der deut- ungeahnten Erfolgswelle. Für elf verschie- Marktstellung. 1930 wurden 29.000 Paar schen Schuhindustrie, lernte Adolf dene Sportarten wurden mittlerweile Schuhe hergestellt, 10.500 Paar Renn- Dassler auch sein „Lebensglück“ kennen, Spezialschuhe bei den Dasslers in Herzo- schuhe und - wen wundert‘s bei der gro- seine Frau Käthe, die ihm später zusam- genaurach hergestellt. Viele Sportler, un- ßen Fußballbegeisterung im fränkischen men mit ihrer Schwester Marianne nach ter ihnen der legendäre Ausnahmeathlet Raum – 18.500 Paar Fußballschuhe. Gleichzeitig wurde der Absatz der Pro- dukte im Ausland erheblich gesteigert. Dabei gab es infolge der Weltwirt- schaftskrise von 1929 erhebliche Proble- me zu meistern. Es schien, als müssten die Auslandsaufträge wegen der drasti- schen Zollerhöhungen rückgängig ge- macht werden. Doch Adi Dassler erwies sich einmal mehr als der Kämpfer, der er sein Leben lang war, nicht nur als Fußballer, Leicht- athlet, Schispringer oder Eishockey- spieler. Mit dem von ihm entwickelten neuen Rennschuh gewann Arthur Jonath 1932 in Los Angeles erstmals eine Me- daille bei Olympischen Spielen. Adi selbst hatte inzwischen längst sei- ne fachlichen Grenzen in Sachen „Sport- schuhherstellung“ erkannt. Schließlich war er kein gelernter Schuhmacher. Er Wendig, energisch, beharrlich - ein Idealist lässt nicht locker. wollte vor allem fachmännisch dazu- Ein Sonntag ohne Sport? Undenkbar! Adi Dassler beim Stretching anno 1930. lernen. Adi Dassler fasste den Entschluss, sich an der Schuhfachschule in Pirmasens Herzogenaurach folgte , gewannen 1936 ihre Medail- die nötigen theoretischen Fachkenntnis- In die Heimat zurückgekehrt, blieben len mit Renn- und Spezialschuhen aus se anzueignen. In zwölf Monaten erlern- erneute Rückschläge nicht aus. Nach dem dem Herzogenauracher Unternehmen. te er dort das, was man sich sonst in zwei Produktionsrekord von 24.500 Paar Fuß- Die Zahl der Beschäftigten war inzwi- Jahren erarbeiten muss. Er holte sich das ballschuhen im Jahr 1932 sank der Ab- schen auf 72 angewachsen und der Ge-

3 samtumsatz betrug 1936 sagenhafte 480.000 Reichsmark, wobei die vom Staat geförderte Betriebssportbewegung ein Übriges zum Gewinn beitrug. Dieser wur- de in neue Maschinen investiert und das Betriebsgebäude am Bahnhof wurde auf- gestockt. Kurz vor Kriegsbeginn wurde 1939 das Gebäude der Schuhfabrik „Lohmaier und Söhne“ in der Würzburger Straße erwor- ben, denn für die 110 Beschäftigten war der Platz in der alten Fabrik am Bahnhof zu eng geworden. Um so wirtschaftlich wie möglich arbeiten zu können, wurde ein Lastwagen für Fahrten zwischen den Werken angeschafft.

Kriegswirtschaft und Neubeginn Mit Kriegsbeginn 1939 begann für die Sportschuhfabrik Dassler eine schwere Der „Schuster der Nation“ - immer auf der Suche nach Verbesserungen. Zeit. Die Beschränkung in der Bewirt- schaftung mit Rohstoffen und die staat- lich vorgeschriebene Drosselung der Pro- schließen. In den übrigen sank die Pro- zu Grabe tragen müssen. US-Offiziere duktion um 50 % sowie die Einziehung duktivität erheblich. Die Arbeitszeit wur- quartierten sich im Dasslerschen Wohn- der männlichen Beschäftigten zum de von 48 Stunden pro Woche auf 36 ge- haus ein. Über sie gelang es, „Ersatzstof- Kriegsdienst trugen zum Abbau der Mit- senkt und nahm infolge der häufigen Flie- fe“ für die Produktion von Sportschuhen arbeiter von 110 auf 55 bei. Um die Pro- geralarme gegen Kriegsende weiter ab. zu erwerben, denn Leder und Gummi duktion überhaupt aufrechterhalten zu Am 16. April 1945, einem trüben Mon- waren im zerstörten Deutschland nicht zu können, nahm die Firmenleitung Kinder- tag, nahmen die Amerikaner Besitz von bekommen. Zeltstoffplanen und Treib- schuhe ins Sortiment auf. Herzogenaurach. Für die Stadt war damit stofftanks aus Gummi waren begehrte Pro- der Krieg ohne Blutvergießen zu Ende. dukte, aus denen man die ersten „Nach- Am 26. Dezember 1939 traf bei den 14 Tage vorher hatte man Vater Christoph kriegsschuhe“ herstellte. Dasslers die Nachricht ein, dass jegliche Produktion ab dem 1. Januar 1940 zu un- terbleiben habe. Nach zähen Verhandlun- gen erreichte Adolf Dassler jedoch die Aufhebung dieser Auflage. Die Dassler- Brüder mussten sich aber verpflichten, nicht mehr als 6.000 Paar Schuhe im Monat zu produzieren. Angesichts der zunehmenden Rohstoffknappheit war die- se Zahl allerdings mehr als utopisch. Einen absoluten Tiefpunkt hatte das Unternehmen 1942 zu bewältigen, als nur noch sieben Männer und 43 Frauen be- schäftigt werden konnten. Seit 1941 konn- ten die Herzogenauracher Schuhfabriken nicht mehr frei wirtschaften, denn die Regierung teilte Rohstoffe zu, wie bei- spielsweise Leder oder Gummi; gegen Kriegsende wurden „Ersatz- oder Hilfs- stoffe“ zugeteilt. Auch für die Rüstung mussten die ortsansässigen Unternehmen arbeiten. Genauso wie in der Metallwa- renfabrik Weiler in der Würzburger Stra- Mehr als tausend Worte beweist dieses Foto, wieviel adidas - zum Beispiel auf dem ße wurden auch in der Firma Dassler so- Fußballschuh-Sektor - getan hat. Der WM-Schuh von 1974 wiegt nur knapp über 200 genannte „Panzerschreck“ als Ersatz für Gramm, während in den 50-er Jahren englische Schuhe um die 500 Gramm auf die Panzerfäuste produziert. Waage brachten. Neben der Gewichtsersparnis stand und steht bei adidas stets die Gesundheit der Athleten im Vordergrund. In unzähligen Stunden intensiver Forschungs- Von 13 Herzogenauracher Schuhfabri- arbeit entwickelte Adi Dassler Fußball- und Sportschuhe noch modernsten sport- ken mussten zwei während des Krieges orthopädischen Erkenntnissen.

4 Die Firma „adidas“ wird gegrün- stermannschaft um und die setzte er sich nicht zur Ruhe. Vielmehr det beiden Franken „Charly“ Mai und „Maxl“ war er stets auf der Suche nach neuen und Die Dassler-Brüder schlugen sich nach Morlock nannte, verdanken ihren Erfolg besseren Produkten zum Wohle des Sports Kriegsende so recht und schlecht durch, im Berner Wankdorfstadion der Erfin- und der Aktiven. wie es eben im Nachkriegs-Deutschland dungsgabe und akribischen Arbeit von Dabei suchte er immer den Kontakt zu an der Tagesordnung war. Nach dem Motto „der Krieg war schlimm, der Frie- den wird fürchterlich“ musste man ver- suchen, sich mit allen Mitteln über Was- ser zu halten. - Es gelang, die Produktion lief langsam wieder an. Aber eines wurde auch sichtbar: Die beiden Brüder Adolf und Rudolf hatten sich auseinander ge- lebt. Die Interessen und Vorstellungen waren zu verschieden, die Kluft zwischen ihnen wurde immer größer. Eine Tren- nung blieb der einzige Ausweg. Man stellte den Mitarbeitern im Früh- jahr 1948 frei, für welchen der beiden Brüder sie in Zukunft arbeiten möchten. Die Währungsreform vom 20. Juni 1948 war der Beginn zweier getrennter Unter- nehmen, - Adolf und gin- gen fortan getrennte Wege. Während Ru- dolf mit 13 Arbeitern im Betriebsgebäu- de an der Würzburger Straße begann, star- tete Adolf mit 47 Beschäftigten in der ur- sprünglichen Fabrik in Bahnhofsnähe. Sepp Herbergers (2. v. links) „Adi, stolle auf“ ist ein geflügeltes Wort unter den deut- Ein Jahr später war die Zahl der Beschäf- schen Nationalspielern. - Fußball-Weltmeisterschaft 1954 in der Schweiz. Mit seiner tigten bereits auf 74 angewachsen. 74 von bahnbrechenden Erfindung der auswechselbaren Stollen schuf Adi Dassler (1. v. links) 500 Personen, die in diesem Jahr in der eine wichtige Voraussetzung für den sensationellen WM-Triumph des deutschen Teams. Herzogenauracher Schuhindustrie in wei- teren 13 Betrieben Arbeit fanden. Adolf Dassler. Der leichte, legendäre den Sportlern, aber auch zu Trainern, Wis- Ein neuer, eigener Firmenname musste Schraubstollenschuh war 1954 mitverant- senschaftlern und Ärzten. Neue Werkstof- gefunden werden. Adolf schwebt die Be- wortlich für den deutschen Erfolg im End- fe hatten es ihm ebenso angetan wie das zeichnung „Addas“ vor, aber der Kinder- spiel über Ungarn. Und der Erfolg, der Aussehen von Schuhen oder Sportbeklei- schuhhersteller „ada ada“ hatte etwas da- mit den Herzogenauracher Fußballschu- gegen. Und so wird schließlich am hen errungen wurde, war letztlich auch Registergericht Fürth am 18. August 1949 ein Erfolg, der das Selbstwertgefühl einer der neue Name eingetragen, - der dem ganzen Nation nach dem Krieg erheblich volkstümlichen Rufnamen Adolf – „Adi“ steigern half. „Wir sind wieder wer“, so am Besten entspricht – „adidas“ für „Adi hörte man in Deutschland den „kleinen Dassler“. Mann auf der Straße“ sagen nach dem Adolf Dassler sorgte sich auch um die Erfolg in der Schweiz, und der „Hans Eintragung ins Firmenregister und um ein Sachs des 20. Jahrhunderts“ aus der äußeres Kennzeichnen für seine Produk- Schlappenschusterstadt Herzogenaurach, te. Drei Streifen, ursprünglich dafür ge- Adolf Dassler, war der Vater des Erfol- dacht, dem Sportler festen Halt im Sport- ges. schuh zu geben, wurden zum Symbol der In einer englischen Zeitung war nach Weltfirma. der gewonnenen WM ein Artikel erschie- nen, der den „deutschen Schuh aus Herzogenaurach“ in den höchsten Tönen Mit adidas-Schuhen von Erfolg lobte: Der Erfolg der deutschen Fußbal- zu Erfolg ler, so die englische Zeitung, sei darin Das legendäre „Adi, stolle auf“, das begründet, dass der Fußballschuh u. a. Bundestrainer dem „Ober- Schraubstollen, eine weiche Zunge und schuster der Nation“ einst zugerufen hat, Schaumstoffeinlagen zur Polsterung habe. brachte der Bundesrepublik und dem Hau- Und auch in der Folge war und blieb Diskussion unter Fachleuten: Bei der Fuß- se adidas 1954 Weltruhm und der deut- Adi Dassler der Tüftler, der Erfinder, der ball-Weltmeisterschaft 1974 passt Adi schen Fußball-Nationalmannschaft den sich für nichts und für keine Arbeit zu Dassler persönlich Franz Beckenbauer ersten von drei Weltmeistertiteln. Die schade war. Auch als seine Firma florier- den neuen, superleichten adidas-WM- „Helden von Bern“, wie man die Weltmei- te, als er längst Weltruhm erlangt hatte, Fußballschuh an.

5 dung, die inzwischen in die Produktions- genannt wurde, war trotz aller Weltbürger- in Garmisch-Partenkirchen zum Lang- palette aufgenommen worden war. Denn schaft und Weltoffenheit Herzogenau- laufen. Es sollte sein letzter Wintersport- schließlich waren und wurden die drei racher und Franke geblieben. So lange er aufenthalt sein. Nach einem Schlaganfall Streifen an Trikots und Hosen, an Trai- konnte und immer wenn er Zeit hatte galt verbrachte er noch drei Wochen im Kran- ningsanzügen und Sportschuhen zum sein Augenmerk den Mitarbeitern in der kenhaus, bevor er verstarb. Seinem Natu- unverkennbaren Markenzeichen des Herzogenauracher Unternehmens. Unver- wechselbar sind noch heute die Trikots und Trainingsanzüge, mit denen deutsche Athleten 1972 im Münchner Olympiasta- dion von Erfolg zu Erfolg eilten oder 1974 den Weltmeistertitel im Fußball zum zwei- ten Mal gewannen. 1972 kämpften bei den Olympischen Spielen in München 78 % aller Athleten in adidas-Schuhen um die Medaillen, vier Jahre später in Montreal waren es stolze 83 %. Noch heute geben sich die Großen des Sports im Hause adidas-Salomon AG die Hand. Zu Adis Zeiten waren es Weltmei- ster und Olympia-Sieger wie Max Schme- ling, Emil Zatopek, die „tschechische Lokomotive“, Zehnkämpfer Willi Holdorf, Das Werksgebäude an der Adi-Dassler-Straße. Das „Dreiblatt“ als Symbol für Marken- die Sprintstars Manfred Germar oder vielfalt machte auch die Stadt Herzogenaurach weltweit bekannt. Martin Lauer und in späteren Jahren Deutschlands Fußball-Idole wie Franz Beckenbauer oder Gerd Müller. Fast end- los ließe sich die Zahl nationaler und in- ternationaler Größen in dieser Reihe fort- setzen. Auch die schwierigsten orthopä- dischen Probleme, ob bei Fußballern oder Leichtathleten, löste Adi Dassler durch die Anfertigung von speziell angepassten Schuhen mit Hilfe seines Spezialisten Heinrich Schwegler.

Das Weltunternehmen Ende der 70-er Jahre war das Haus adidas zum größten Sportschuhunter- nehmen der Welt angewachsen. 10.000 Beschäftigte weltweit, Exporte in 150 Länder der Erde mit rund 700 verschie- denen Produkten für fast alle Sport- bereiche waren der stolze Erfolg des Herzogenauracher Familienunterneh- Über 400 Sportschuhe präsentierte das adidas-Sportschuh-Museum. Im Vordergrund mens. Rund 700 Patente und Gebrauchs- ist eine von Adi Dassler selbst entworfene und gebaute Fräse mit „Fahrrad-Pedal- muster hat Adolf Dassler zu Lebzeiten Antrieb“ zu sehen. anmelden können. Er enwickelte eine leichte Nylonsohle für Fußball- und Renn- Firma. Für jeden hatte er ein offenes Ohr, rell entsprechend wurde er eine Stunde schuhe. Als zur WM 1978 der „World Cup für alle Anliegen und Probleme war er früher als offiziell angekündigt in seiner Schuh“, der nur 280 Gramm wog, auf den ansprechbar. Öffentliche Auftritte waren Heimatstadt Herzogenaurach beerdigt, in Markt kam, staunte die Welt. ihm ein Gräuel, am liebsten feierte er im der Stadt, die längst erkannt hat, welche Adolf Dassler erlebte noch den Höhe- Familienkreis mit seiner Frau Käthe, der Bedeutung ihr großer Sohn für sie hatte. punkt seines Unternehmens, das den Seele des Unternehmens, und den Töch- Umsatz und die Produktion in Schwindel tern Inge, Karin, Brigitte und Sigrid und Herausgeber: Stadt Herzogenaurach erregende Höhen trieb. Mehr als 300.000 dem Sohn Horst, der den Vater nur um Beilage im Amtsblatt Nr. 44/2000 Paar Sportschuhe täglich wurden Ende der wenige Jahre überleben sollte. Die Fotos: Stadtarchiv, adidas-Salomon AG 70-er im Auftrag der Firma adidas welt- Dasslers waren und blieben eine große Repros: Kulturamt der Stadt weit produziert. Familie, eine fränkische, intakte Familie, Text: Klaus-Peter Gäbelein Adi Dassler, der „Chef“, wie er von die Weltgeschichte geschrieben hat. Redaktion: Helmut Biehler Freunden und Mitarbeitern respektvoll Im Frühjahr 1977 weilte Adolf Dassler Druck: Mandelkow GmbH

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