Adidas - Eine Erfolgsstory Aus Herzogenaurach Zum 100

Adidas - Eine Erfolgsstory Aus Herzogenaurach Zum 100

27. Jahrgang Herzogenaurach, 2. November 2000 Nummer 24 adidas - Eine Erfolgsstory aus Herzogenaurach Zum 100. Geburtstag von Adi Dassler Von Klaus-Peter Gäbelein Vom Bäcker zum Schuhfabri- beitslosenzahlen stiegen, vor allem in Stromnetz auf- und auszubauen, als sich kanten Herzogenaurach, das von einer gewissen 1922 eine erste Krise am Arbeitsmarkt „adidas hat bei Olympia in Sydney Monostruktur seit der Jahrhundertwende ankündigte, die 1923 im Jahr der großen durch ein umfangreiches Engagement und geprägt war: 3.500 Seelen zählte man Inflation noch weiter um sich griff. Und revolutionäre Technologien neue Maßstä- damals in dem oberfränkischen Städtchen. in eben dieser schwierigen Zeit war es ein be gesetzt. Mit Schuhen und Textilien, die 37 Schuhmacher und „Schlappenschus- 20-jähriger Bäcker, der sich in den Kopf speziell für Sydney entwickelt wurden, gesetzt hatte, seinerseits Schuhe herzustel- haben adidas-Athleten insgesamt 254 len: keine herkömmlichen, nein, Spezial- olympische Medaillen errungen und da- schuhe für Sportler sollten es sein: Adolf bei atemberaubende Weltrekorde aufge- Dassler, jüngster Sohn von Christoph und stellt.“ Die Pressemeldung kurz nach Be- Pauline Dassler, die eine Wäscherei und endigung der Spiele von Sydney ist die Büglerei betrieb. Christoph arbeitete in Erfolgsmeldung einer Sportartikelfirma einer Schuhfabrik, war ob seiner Liebe für aus Herzogenaurach, ist die Nachricht aus die Heimatgeschichte als „historischer dem Hause adidas, mit der alle olympi- Christoph“ bekannt und beliebt. Und sei- schen Rekorde geschlagen werden. Nicht ne drei Buben, Fritz, Rudolf und Adolf jeder, der den Weg in die Aurachstadt fin- aus dem Anwesen am Hirtengraben wa- det, der als Hobby-Sportler oder Berufs- ren in der Aurachstadt als die „Wäscher- athlet die Marke mit den drei Streifen buben“ bekannt. trägt, weiß, was sich hinter dem Firmen- Adolf legte im Oktober 1917 die Prü- namen verbirgt. fung als Bäckergeselle ab; zur Bäckerei adidas, das ist die Geschichte eines Weiß in der Bamberger Straße, wo er in Weltunternehmens, hinter dem sich die die Lehre ging, war es nur ein Katzen- Leistung eines Mannes verbirgt, eines sprung von der elterlichen Wohnung aus. Herzogenauracher Urgesteins, das ist das Der Einsatz im letzten Kriegsjahr 1918 Lebenswerk von Adolf (Adi) Dassler, der blieb ihm nicht erspart. Von der Front am 3. November einhundert Jahre alt ge- zurückgekehrt, begann der „Adi“, wie ihn worden wäre. Was heute in allen Ländern ter“, so nannte man die Pantoffel- und seine Freunde nannten, in der Waschkü- der Erde zu einem Markenbegriff gewor- Hausschuhhersteller im Fränkischen, leb- che der Mutter die ersten Rennschuhe zu den ist, nahm im verträumten Herzogen- ten hier. Und diese Zahl erhöhte sich in „fabrizieren“. Vater Christoph gab die aurach der Weimarer Zeit in den 20-er den folgenden Jahren auf 58 (1921) und notwendigen Tipps und die Brüder Jahren seinen Anfang. Der Erste Welt- sogar auf 112 im Jahr 1922. Eine gefähr- Zehlein aus der gleichnamigen Schmiede- krieg war gerade zu Ende, das deutsche lich einseitige Entwicklung, wie die fol- werkstatt, Freunde des sportfanatischen Reich schmachtete unter den harten Frie- genden Jahre beweisen sollten! Adolf, fertigten bald handgeschmiedete densbedingungen von Versailles, die Ar- Die Stadt hatte gerade begonnen, ein Dornen für die Rennschuhe. 1 Gebrüder Dassler, Schuhfabrik, übrigens das Deutsche Reichsgebrauchs- Dasslerschen Schuhfabrik. 1928 starteten Herzogenaurach muster Patent DRGM eintragen. erstmals Athleten in Dassler-Schuhen bei Fußball und Leichtathletik, aber auch Das Unternehmen Dassler florierte und den Olympischen Spielen in Amsterdam. der Wintersport hatten es Adolf Dassler konnte 1927 - inzwischen auf 12 Mitar- 1931 wurde der erste Tennisschuh vorge- angetan. Die Sportbegeisterung in seiner beiter angewachsen - in ein angemietetes stellt. Doch trotz der Erfolge ruhte der Heimatstadt Herzogenaurach war dank Fabrikationsgebäude gegenüber dem „technische Direktor“ des jungen Unter- der Erfolge der Fußballmannschaften in Herzogenauracher Bahnhof (heutiges Fir- nehmens in Herzogenaurach nicht. Er war Nürnberg und Fürth riesig. Dreimal stan- mengelände) umziehen. Im gleichen Jahr besessen von seiner Arbeit und seinem den die Spielvereinigung Fürth und sie- konnte die Firma den beachtlichen Rein- Ziel, funktionsfähigere Sportschuhe für ben Mal der „Club“ aus Nürnberg in den gewinn von 17.287,75 Reichsmark ver- bessere Leistungen herzustellen. Ballen- 20-er Jahren im Endspiel um die deutsche buchen, und das, obwohl die Stadt unter schutz und Sprungbänder, Krepp-Gummi- Fußballmeisterschaft. Und in der Heimat- stadt von Adolf Dassler war mitten im Weltkrieg der erste Fußballclub gegrün- det worden (1916, 1. FC Herzogenaurach). Adolfs „Firma“ wuchs dank erträgli- cher Anfangserfolge und nach dem Ein- tritt seines Bruders Rudolf „mit dem Ka- pital einer Schreibmaschine“ wurde am 1. Juli 1924 die Firma „Gebrüder Dassler, Sportschuhfabrik, Herzogenaurach“ aus der Taufe gehoben. Der Aufgabenbereich war so verteilt, dass sich Adolf, der Tech- niker, Erfinder, Tüftler, in der Hauptsa- che um die Produktion, Rudolf um den Vertrieb und den kaufmännischen Bereich kümmern sollte. Das Vermögen der „Fir- ma“ betrug 6.000 Reichsmark und der „Maschinenpark“ bestand in erster Linie aus einfachsten, teilweise veralteten oder von Adolf eigenhändig entworfenen Ma- schinen. Der erste Großauftrag erreichte die Fir- ma Dassler 1925. Der Herzogenauracher Turnverein ließ 10.000 Paar Turnschuhe zum Stückpreis von 2,39 Reichmark pro- duzieren. Für wen diese Schuhe des klei- nen Vereins gedacht waren und woher er das Geld für die Bezahlung nahm, bleibt ein historisches Geheimnis. In der Dasslerschen Schuhfabrik aber lief die Produktion vier Monate lang auf Hoch- touren. Dass für die Erweiterung der Werkstatt 380 Reichsmark ausgegeben werden mussten, um den Großauftrag er- füllen zu können, sei nur am Rande er- wähnt. Bereits in den Anfangsjahren des jun- gen Unternehmens ruhte Adolf Dassler nicht eher, bevor er nicht ständig Neue- rungen in seine Produktion eingebracht hatte. 1926 war es beispielsweise ein Rennschuh mit durchgehender Ledersohle und handgeschmiedeten Dornen, der nur Adi Dassler in der Firma. Schon zu Beginn der dreißiger Jahre sind er und sein Bruder knapp über 200 Gramm wog. Kurz vor- Rudolf in Herzogenuarach angesehene Geschäftsleute. her hatte er bereits Fußballschuhe mit Nagelstollen auf den Markt gebracht, spä- einer erheblichen Arbeitslosigkeit zu lei- Keile und vieles andere mehr wurde ent- ter kamen solche mit „messinggenagelter den hatte. wickelt und in die Sportschuhe eingear- Sohle samt versteifter Vorderkappe“ hin- Ende der 20-er Jahre ging es dann wei- beitet. zu. Auf die Rennschuhe ließ man sich ter steil bergauf in der Entwicklung der 2 Olympische Medaillen mit Sport- technische Rüstzeug, das man in dieser satz 1933 auf ärmliche 9.200 Paar. Doch schuhen aus Herzogenaurach Branche braucht und fortan waren ihm die Firma hatte inzwischen genügend Obwohl die wirtschaftliche Situation in „Zuschneiden, Steppen, Stanzen, Auf- Rücklagen, um diesen Verlust aufzufan- Deutschland Ende der „Goldenen Zwan- leisten“ nicht nur in der Praxis, sondern gen. Adi Dassler erkannte rechtzeitig jede ziger“ alles andere als rosig war, behaup- auch theoretisch geläufig. Marktlücke, überbrückte die Krise mit der Produktion von „Straßen-, Kinder- und Segeltuchschuhen“ und ließ sogar Schi- schuhe und Kneipp-Sandalen produzie- ren. Erfreulicherweise erhöhte sich die Produktion auf stolze 36.000 Paar Schu- he. Mit den neuen Machthabern stabilisier- ten sich ab 1933 die wirtschaftlichen Ver- hältnisse, vor allem auch deswegen, weil Deutschland die Ausrichtung der Olym- pischen Spiele in Berlin und Garmisch- Partenkirchen übertragen bekommen hat- te. Der Bedarf an Sportschuhen für natio- nale und internationale Wettkämpfe wuchs; auch bei der Wehrmacht wurden Sportschuhe benötigt und in den folgen- den Jahren kletterten die Produktionszah- len in der Firma Dassler erfreulich steil nach oben. Im vorolympischen Jahr 1935 wurde das Fabrikgebäude am Bahnhof erweitert, Ein junger Mann hat einen Traum: Er will Schuhe für Sportler bauen. gleichzeitig stieg man erstmals in geziel- Auch bei Sportfesten kämpft Adi Dassler um jeden Zentimeter. te „Plakatwerbung“ ein und schwamm nach den Spielen von Berlin auf einer tete die Schuhfabrik Gebrüder Dassler ihre In der Pfalz, in der Metropole der deut- ungeahnten Erfolgswelle. Für elf verschie- Marktstellung. 1930 wurden 29.000 Paar schen Schuhindustrie, lernte Adolf dene Sportarten wurden mittlerweile Schuhe hergestellt, 10.500 Paar Renn- Dassler auch sein „Lebensglück“ kennen, Spezialschuhe bei den Dasslers in Herzo- schuhe und - wen wundert‘s bei der gro- seine Frau Käthe, die ihm später zusam- genaurach hergestellt. Viele Sportler, un- ßen Fußballbegeisterung im fränkischen men mit ihrer Schwester Marianne nach ter ihnen der legendäre Ausnahmeathlet Raum – 18.500 Paar Fußballschuhe. Gleichzeitig wurde der Absatz der Pro- dukte im Ausland erheblich gesteigert. Dabei gab es infolge der Weltwirt- schaftskrise von 1929 erhebliche Proble- me zu meistern. Es schien, als müssten die Auslandsaufträge wegen der drasti- schen Zollerhöhungen rückgängig ge- macht werden. Doch Adi Dassler erwies sich einmal mehr als der Kämpfer, der er sein Leben lang war, nicht nur als Fußballer, Leicht- athlet, Schispringer oder Eishockey- spieler. Mit dem von ihm entwickelten neuen Rennschuh gewann Arthur Jonath 1932 in Los Angeles erstmals eine Me- daille bei

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