Jahrbuch Stiftung Preußische Schlösser Und Gärten Berlin-Brandenburg
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Jahrbuch Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg Band 6 2004 Copyright Das Digitalisat wird Ihnen von perspectivia.net, der Online- Publikationsplattform der Stiftung Deutsche Geisteswissenschaftliche Institute im Ausland (DGIA), zur Verfügung gestellt. Bitte beachten Sie, dass das Digitalisat urheberrechtlich geschützt ist. Erlaubt ist aber das Lesen, das Ausdrucken des Textes, das Herunterladen, das Speichern der Daten auf einem eigenen Datenträger soweit die vorgenannten Handlungen ausschließlich zu privaten und nicht-kommerziellen Zwecken erfolgen. Eine darüber hinausgehende unerlaubte Verwendung, Reproduktion oder Weitergabe einzelner Inhalte oder Bilder können sowohl zivil- als auch strafrechtlich verfolgt werden. 04_Hanne-Wacker 28.04.2006 11:58 Uhr Seite 85 GÄRTEN SVEN HANNEMANN UND JÖRG WACKER Die Wiederherstellung des Sizilianischen und Nordischen Gartens im Park Sanssouci Der zwischen 1856 und 1866 nach Plänen von Friedrich Wilhelm IV. (1795–1861) und seinem Generalgartendirektor Peter Joseph Lenné (1789–1866) durch Gar- tenkondukteur Gustav Meyer (1816–1877) ausgeführte Sizilianische Garten im Park Sans- souci ist ein Fragment des gewaltigen Triumphstraßenprojektes des Königs. Nach diesen Ideen sollten italienisierende Prachtbauten den Höhenzug im Norden des Parkes zwischen dem Mühlenberg mit dem 1763 angelegten Winzerberg und dem 1770/1771 errichteten Belvedere auf dem Klausberg besetzen, sowie eine auf Viadukten geführte Höhenstraße flankieren. Seit 1844 wurden von dieser ebenso gigantischen wie phantastischen Planung nur einige Teilbereiche verwirklicht. Architektonischer Höhepunkt des Projektes wurde der Bau des von Ludwig Ferdinand Hesse und Friedrich August Stüler projektierten Oran- gerieschlosses auf dem Bornstedter Höhenrücken mit der 1851 begonnenen westlichen Pflanzenhalle und den erst 1862 vollendeten Terrassen zur Maulbeerallee.1 Bereits 1840 war zwischen einem Nymphäum an der Historischen Windmühle und dem Orangerieschloss auch ein Casino oder Logierhaus mit einem vorgelagerten, terrassierten, sich über die Maul- beerallee hinweg erstreckendem Garten vorgesehen.2 An dieser Stelle lagen beidseitig der Maulbeerallee seit der Mitte des 18. Jahrhunderts Nutzgartenquartiere, sowie zwei 1768 und 1769 errichtete Orangeriegebäude. Westlich davon standen ein Weintreibhaus und das dazugehörige Hillner’sche Hofgärtnerhaus mit Remise, Stall und Wirtschaftshof.3 Der geplante, formal gegliederte Garten sollte nach dem Willen des Königs mit archi- tektonischen Elementen italienischer Villen- und Gartenanlagen der Renaissance ausge- stattet und axial dem Logierhaus zugeordnet werden. Die vorhandene, alte Kirschtreib- mauer auf der Nordseite der Maulbeerallee wurde einbezogen, südlich der Allee war eine Stützmauer mit Balustrade und einer Brunnenanlage in der Mittelachse des geplanten Logierhauses vorgesehen.4 Seitlich des mit seiner Rückseite an die hoch gelegene Triumph- straße anschließenden Logierhauses sollten zwei symmetrische Rampenwege beginnen, die Maulbeerallee überqueren und vor der an den Ecken abgerundeten Stützmauer nach unten in den tiefer gelegenen Gartenteil mit zwei Vierpass-Wasserbecken führen.5 Schon in um 1852/1853 entstandenen Entwürfen zeigte der Garten unterhalb der Kirschtreibmauer 04_Hanne-Wacker 28.04.2006 11:58 Uhr Seite 86 86 SVEN HANNEMANN UND JÖRG WACKER regelmäßige Zierbeete und einen großen Wegekreis vor der geplanten Stützmauer und den beiden davor herunterführenden Rampen in der Mitte.6 Diese Elemente nahm Lenné in seine späteren Planungen auf. Das südlich der Maulbeerallee befindliche, alte Orangerie- hauses wurde 1852 abgetragen. 1853/1854 war die Planung des Gartens vor dem projek- tierten Logierhaus in seiner Grundform weitgehend festgelegt, doch auf dem Terrain des unteren Gartenteiles standen noch teilweise die Treibhäuser.7 Im Zusammenhang mit der Neuanlage des Gartens wurde 1856/1857 erwogen, das alte Hillner’sche Hofgärtnerhaus zu einem Billardhaus umzubauen, doch wurde dieser Gedanke wieder aufgegeben.8 Die Ausführung des Gartens begann mit der einen Höhenunterschied von 4,50 Meter überbrückenden, mit Sandstein verblendeten Stützmauer und der Marmorbalustrade. Sie wurde um 1856 fertig gestellt. Die Mitte wird durch eine Brunnenanlage betont. In der unteren Brunnennische wurde eine marmorne Najade aufgestellt, die Wasser aus einem Krug in ein davor liegendes Becken gießt. Beidseitig davon standen je zwei Nachgüsse anti- ker Skulpturen. Auf der Balustrade folgte die marmorne Schalenfontäne, erst 1862 kamen die beiden marmornen, Wasser speienden Seelöwen mit Fischschwänzen hinzu, auf deren Abb. 1 Das runde Mittelstück des Sizilianischen Gartens mit der symmetrischen Blatt-, Blumen- und Gräserbepflanzung, Fotografie vor 1902, Sammlung Jürgen Tolks 04_Hanne-Wacker 28.04.2006 11:58 Uhr Seite 87 Die Wiederherstellung des Sizilianischen und Nordischen Gartens im Park Sanssouci 87 Rücken Okenaiden reiten. Auf den abgerundeten Seitenstücken fanden um 1857 je drei Marmor-Kopien griechischer Standbilder ihren Platz. Der Sizilianische Garten, auch der Italienische Garten genannt, wurde 1856 unterhalb der Terrassenstützmauer und der beiden Rampen als regelmäßige Schmuckanlage mit einem kreisförmigen Mittelstück und den beiden charakteristischen, segmentbogenartigen Laubengängen sowie zwei viereckigen, symmetrischen Seitenteilen um je ein Vierpass- Wasserbecken angelegt. Er sollte einen Garten im südlichen, genauer italienischen Klima darstellen und wurde mit vielfältigen immergrünen südeuropäischen, neuseeländischen und amerikanischen Gewächsen, die im Süden vorkommen, ausgestattet. Die Pflanzen wurden teilweise in Kübeln und Töpfen kultiviert und im späten Frühjahr im Garten auf- gestellt, teilweise ausgepflanzt und ab Herbst in Kalthäusern und Einschlaghäusern unter- gebracht. In der Mitte des Sizilianischen Gartens liegt das große runde, zwölfteilige und reich verzierte teppichartige Beet mit symmetrischer Bepflanzung. (Abb. 1) Die beiden Sei- tenteile mit jeweils sieben regelmäßigen Schmuckflächen waren rabattenartig umrandet und trotz aller konstruierter Symmetrie unterschiedlich bepflanzt. Die westlichen Acht- eckstücke waren mit Laubgehölzen, die östlichen Achteckstücke mit Nadelgehölzen besetzt.9 Auf dem östlichen Rasenstück trug ein runder Marmorsockel mit einem Mitte des 19. Jahrhunderts aufgesetzten, dreieckigen, von drei Greifen nach antikem Vorbild geschmückten Marmorpostament eine marmorne Sockelvase mit Kinderbachanal aus dem 18. Jahrhundert. Das westliche Rasenstück schmückte ebenfalls eine Reliefvase mit Mäan- derzug aus Marmor. Sie ruhte auf einem hohen viereckigen und reich verzierten, fast barock erscheinenden Marmorsockel. Oberhalb der nördlichen Treppe aus dem runden Mittelteil, deren Höhendifferenz 2,80 Meter beträgt, wurde 1857 gegenüber der Brunnennische in der Stützmauer die breit gelagerte Skulpturengruppe »Schäfer mit Hund im Kampf mit einem Panther« aufgestellt. Sie wurde 1875 in das westliche Seitenstück an den nordwestlichen Rundplatz versetzt. Beidseitig des östlichen Grenzweges zum 1843 umgebauten Felsentor wurden an den Stufen zur Maulbeerallee auf marmorverkleideten Postamenten um 1857 zwei Bronze-Tiergruppen platziert, östlich liegt ein Löwe mit gejagtem Rehkitz und west- lich eine Löwin mit Rehbock. Der westliche Abschluss des symmetrischen Gartens blieb wegen des noch bestehenden Weintreibhauses und des Hillner’schen Hauses vorerst ein als Halbrund am Vierpass-Wasserbecken gestaltetes Provisorium. (Abb. 2) Das alte Orangeriehaus nördlich der Maulbeerallee wurde 1856/1857 abgebrochen, um dem geplanten Logierhaus Platz zu schaffen. Da jedoch das aufwändige, nach mehrjähriger Bauzeit 1860 fertiggestellte neue Orangerieschloss ausreichend Gästezimmer erhalten hatte, verzichtete Friedrich Wilhelm IV. auf den Bau eines separaten Logierhauses. Damit entfiel für den bereits angelegten Sizilianischen Garten der Bezug zu einem Gebäude als Kernstück im Norden. Auf der ursprünglich für das Logierhaus vorgesehenen Fläche ent- stand dann, 1860/1861, als Pendant zum südlich gelegenen Sizilianischen Garten nach Plä- nen Lennés der regelmäßige Nordische Garten im Norden.10 An der steilen Böschung zur Triumphstraße wurde in der Mittelachse um 1860 eine 7,40 Meter hohe Grotte errichtet, deren Dach als Altan an die Höhenstraße anschließt. Davor liegt ein hippodromartiges Mit- 04_Hanne-Wacker 28.04.2006 11:58 Uhr Seite 88 88 SVEN HANNEMANN UND JÖRG WACKER telstück, ursprünglich in der Mitte mit einen Mammutbaum (Sequoiadendron giganteum) und von Rabatten mit Ziergehölzen und Blumenbeeten geschmückt, sowie seitlich von einem weiblichen und männlichem Ginkgobaum (Ginkgo biloba) und dichter Bepflanzung mit immergrünen Laubsträuchern und Koniferen umgeben.11 Das seitliche Gerüst dieses Pinetums bildeten Laubengänge, unter denen Treppenläufe von der Triumphstraße zum Mittelplateau herunterleiten, in der Querachse halbkreisförmig nach außen schwingen und weiter zu einer Pergola vor der alten Kirschtreibmauer führen. Davor lagen quadratische Zierflächen mit regelmäßiger Bepflanzung. Die ursprünglich hinter dem Felsentor stehen- de »Thetis« wurde an die Nordostecke der Orangerie versetzt und an ihrer Stelle ein weiß gefasster Zink-Nachguss der »Schlafenden Ariadne auf Naxos« aufgestellt. In der mit Muscheln und farbigem Glas ausgekleideten Grotte unter dem Altan fand in einem kleinen runden Wasserbecken die 1856 von Ferdinand Hieronymus Schindler gefertigte Zinkguss- plastik »Knabe mit Gans« ihre Aufstellung. In der Mittelachse des Nordischen Gartens