Ausgabe 114 / 2011

Die Tagung wird veranstaltet von der Deutschen Bodenkundliche Gesellschaft in Zusammenarbeit mit der Technische Universtität Berlin, Institut für Ökologie, Fachgebiet Bodenkunde ( Prof. Dr. Martin Kaupenjohann ) und dem Helmholtz-Zentrum – Deutsches GeoForschungsZentrum ( Prof. Dr. Dr. h.c. Reinhard Hüttl ). Die Veranstalter bedanken sich recht herzlich bei den folgenden Institutionen und deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die sich an der Vorbereitung und Durchführung des Exkursionsprogramms beteiligt haben: • Biosphärenreservatsverwaltung Niedersächsische Elbtalaue • Brandenburgische Technische Universität Cottbus, Lehrstuhl für Bodenschutz und Rekultivierung • Brandenburgische Technische Universität Cottbus, Lehrstuhl Geo- pedologie und Landschaftsentwicklung • Brandenburgische Technische Universität Cottbus, Forschungs-zentrum Landschaftsentwicklung und Bergbaulandschaften • Hochschule für Nachhaltige Entwicklung Eberswalde • Humboldt Universität zu Berlin, Geographisches Institut • Landesanstalt für Bergbau, Geologie und Rohstoffe Brandenburg • Landeskompetenzzentrum Forst Eberswalde • Landesumweltamt Brandenburg • Leibniz-Institut für Agrartechnik Potsdam-Bornim e.V. • Leibniz-Institut für Gemüse- und Zierpflanzenbau, Großbeeren • Tempelhof-Projekt GmbH • Technische Universität Berlin, Section Building Technology and Design, Working Group „Watergy“ • Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF) e.V., Müncheberg • Leuphana Universität Lüneburg, Professur Biologie und Bodenkunde • Technische Universität Berlin, Fachgebiet Standortkunde und Bodenschutz Wir bedanken uns weiterhin bei Frau Prof. M. Böse, Herrn PD Dr. F. Alaily und Herrn Dr. A. Werner für die einleitenden Texte in diesem Exkursiosführer.

2

Inhaltsverzeichnis

Zur Geomorphologie im Exkursionsgebiet...... 7 Bodengesellschaften Berlins ...... 13 Landwirtschaft in Brandenburg...... 17 G1 Initiale Ökosystementwicklung, Rekultivierung und alternative Landnutzung in der Niederlausitzer Bergbaufolgelandschaft...... 22 G2 Die Binnensalzstellen Brandenburgs im Spannungsfeld zwischen Moorschutz und Prioritärem Lebensraum ...... 28 G4 Auenböden der Elbe als Archiv für die Stoffdynamik im Einzugsgebiet...... 42 G5 CarboZALF – ein interdisziplinäres Landschaftsexperiment zum Kohlenstoffhaushalt von Agrarlandschaften...... 60 G6 Böden und Waldbewirtschaftung in Brandenburg ...... 69 G7 Böden als Archive der Landschaftsgeschichte im Vorfeld des Tagebaus Jänschwalde...... 84 H1 Kurzumtriebsplantagen – Kohlenstoffsenke und Stickstoffdynamik ...... 97 H2 Geothermie Forschungsbohrung in Groß Schönebeck - von der Planung bis zur Stimulation...... 105 H3 Bodenprofile am ehemaligen Mauerstreifen Im Südosten Berlins – Erkundungen mit dem Fahrrad und Bohrstock ...... 113 H4 Problematik und Folgenutzungsstrategien von ehemaligen Rieselfeldern in der Bioenergieregion Ludwigsfelde ...... 121

H5 Geologische CO 2-Speicherung – Pilotstandort Ketzin...... 131 H6 Trümmerschuttböden und Freisetzung von Sulfat...... 135 H7 Böden und Substrate für die intensive gärtnerische Produktion ...... 142 H8 Dachbegrünung am Potsdamer Platz und die Auswirkungen auf ein „Urbanes Gewässer“ ...... 144 H9 „Take off Tempelhof“: Freiflächenentwicklung eines innerstädtischen Flughafens ohne Flugverkehr...... 152

3

Vorwort

Die Tagung der Deutschen Bodenkundlichen Gesellschaft 2011 findet in der Deutschen Hauptstadt Berlin und der Landeshauptstadt Potsdam statt. Berlin ist bis zum 2. Weltkrieg zur drittgrößten Stadt Europas angewachsen und war Weltmetropole der Wissenschaft. Mit dem Exodus eines großen Teils der wissenschaftlichen Elite während der Zeit des Dritten Reiches und mit den Kriegszerstörungen kam es zu starken Einbrüchen in der wissenschaftlichen Produktivität.

Bestreben der Berliner Politik in enger Abstimmung mit dem Land Brandenburg ist es seit der Wiedervereinigung Deutschlands, Berlin mit den umgebenden Brandenburger Wissenschaftsstätten wieder zu einem national und international herausragenden Wissenschaftsstandort auszubauen.

Für die bodenkundliche Forschung sind hier neben den entsprechenden Instituten und Fachgebieten an TU, HU und FU Berlin das Geoforschungszentrum in Potsdam, das Zentrum für Agrar- und Landschaftsforschung (ZALF) in Müncheberg, das Leibnitz-Institut für Agrartechnik Bornim in Potsdam (ATB), das Leibnitz-Institut für Gemüse- und Zierpflanzenbau in Großbeeren, das Leibnitz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei in Berlin und das Helmholtz-Zentrum mit BESSY ebenfalls in Berlin von besonderer Bedeutung.

Berlin ist auch kulturelle Metropole mit seinen etwa 250 Museen, 3 Opernhäusern, zahlreichen Bühnen und Theatern, weltberühmten Orchestern und seiner Attraktivität für junge, kreative Menschen aus aller Welt. Etwa 8 Mill. Menschen besuchten Berlin im Jahr 2010.

Berlin an Spree und Havel mit zahlreichen Kanälen und Seen ist eine grüne Stadt am Wasser, die mehr Brücken als Venedig aufzuweisen hat. Etwa 50% der Stadtfläche sind Wälder, Park- und Grünanlagen sowie Gewässer. Selbst einige Ackerflächen gibt es noch in der Stadt. Bemerkenswert ist auch der große Artenreichtum von Flora und Fauna. Etwa 60% aller Gefäßpflanzen, die es in Deutschland gibt, kommen in Berlin vor. Bei den Brutvögeln sind es sogar

4 mehr als 70%. Selbst gefährdete Arten wie Fischotter, Seeadler und Wachtelkönig sind in der Stadt zu Hause. (Kowarik, 2008, Natürlich Berlin, Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, 256 S. ISBN 978-3-9810058-9-9)

Potsdam ist vom Bahnhof Zoologischer Garten in Berlin mit der Regionalbahn in weniger als 20 Minuten zu erreichen. Berühmt sind die Schlösser und Gärten Potsdams, die als Residenzen der Hohenzollern im Laufe von drei Jahrhunderten geschaffen wurden. Weltoffenheit und internationaler kultureller Austausch der preußischen Herrscher sind noch immer im historischen Holländischen Viertel oder der Russischen Kolonie Alexandrowka sichtbar. International herausragende Leuchttürme des Wissenschaftsstandortes Potsdam sind heute neben der Universität Potsdam und dem bereits genannten ATB, die im Wissenschaftspark Potsdam-Golm angesiedelten Max- Planck- und Fraunhofer-Institute, das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung und das zur Helmholtz-Gemeinschaft gehörende Deutsche Geoforschungszentrum, beide auf dem Telegraphenberg, auf dem der historische Einsteinturm zu besichtigen ist.

Die Deutsche Bodenkundliche Gesellschaft hat entschieden, die Jahrestagung nach nunmehr 30 Jahren wieder in Berlin durchzuführen. Das Motto unserer diesjährigen Tagung lautet „Böden verstehen, Böden nutzen, Böden fit machen“. Im Jahr 1981, als unser verehrtes Ehrenmitglied Herr Prof. Dr. Dr. hc. Hans-Peter Blume die Tagung federführend organisierte, stand die Tagung unter dem Motto: „Bodenkundliche Probleme städtischer Verdichtungsräume“. Die damals durchgeführten Exkursionen, als Europa noch getrennt und der westliche Teil Berlins von einer Mauer umgeben war, waren vor allem den durch menschliche Aktivitäten in Städten hervorgerufenen Boden- veränderungen gewidmet (Straßenrandböden, Böden auf und neben Mülldeponien, Einfluss der Abwasserverrieselung, Grundwasserabsenkung, Eutrophierung und Schadstoffbelastung, Blume, H.-P. (red.) 1981: Exkursionsführer zur Jahrestagung der DGB und eines Internationalen Symposiums über Bodenkundliche Probleme städtischer Verdichtungsräume in Berlin (West). Wir freuen uns nun, nach 30 Jahren mit dem Exkursions- programm hier anknüpfen zu können und die Route von den Berliner Stadtböden über den Berliner Mauerweg hinweg bis in die Regionen

5

Brandenburgs führen zu können. Schwerpunkte der Exkursionen sind Urbane Böden und Ökologie, Großexperimente in der Landschaft, Klimawandel und Auenböden sowie Neuartige Bodennutzungssteme.

Wir Wünschen allen Exkursionsteilnehmern spannende Diskussionen am Profil, weiterführende Kontakte zu unseren Kolleginnen und Kollegen und auch einfach Freude an den schönen Böden und Landschaften, die wir Ihnen zeigen möchten. Gleichzeitig danken wir allen Organisatoren und Helfern, die dieses anspruchsvolle Programm ermöglicht haben und wünschen auch ihnen gewinnbringende Begegnungen bei ihren Exkursionen.

Martin Kaupenjohann und Reinhard F. Hüttl

6

Zur Geomorphologie im Exkursionsgebiet MARGOT BÖSE Freie Universität Berlin, Fachbereich Physische Geographie Malteserstr. 74-100, Haus H – Raum H 127 12249 Berlin Email: [email protected]

Das Exkursionsgebiet in Brandenburg umfasst Rodungen zumindest überprägt worden sein Teile des Altmoränengebietes der Saale- können. Der Fläming weist als Besonderheit vereisung und des Jungmoränengebietes der einen schmalen nordwest-südöstlich aus- Weichselvereisung. Als deutliche Grenze in gerichteten Sand-Lößstreifen auf (Atlas zur der Landschaft ist das Glogau-Baruther Geologie von Brandenburg, 1997,Geologische Urstromtal anzusehen, das als Abflussbahn der Übersichtskarte - Oberflächengeologie), der Schmelzwasser des letztglazialen maximalen durch die heutige agrarische Landnutzung Eisvorstoßes diente (Liedtke 1981). Das nachgezeichnet wird. Die sich südöstlich südlich angrenzende Altmoränengebiet ist anschließende Niederlausitz hat durch den geprägt durch die markante Erhebung des Braunkohleabbau seit Mitte des 19. Jahr- südlichen Landrückens, bestehend aus dem hunderts, vor allem aber seit der Mitte des 20. Fläming und der Niederlausitz einschließlich Jahrhunderts einen intensiven Landschafts- des Muskauer Faltenbogens. Während der wandel durchlaufen und ist durch großräumige Fläming und Teile der Niederlausitz als Rekultivierungsgebiete, aber auch noch aktive Stauchmoränenkomplex dem Warthe-Stadial Tagebaue geprägt. Historischer Kohleabbau der Saalevereiung zuzurechnen sind, ist der wird auch im Muskauer Faltenbogen Muskauer Faltenbogen bereits als Stauchungs- dokumentiert, der heute aufgrund seiner geolo- bereich während der Elstereiszeit angelegt gischen und morphologischen Besonderheiten worden, lediglich die nördlich vorgelagerte ein Geopark ist. In der Stauchmoräne haben die Eisrandlage der Jerischker Moräne wird dem weniger widerstandsfähigen Ablagerungen, Warthe-Stadial zugeschrieben (Kupetz 1996, besonders die Braunkohle, zu einer Relief- 1997). umkehr geführt und strukturparallele Senken gebildet, die z. T. noch durch menschliche Die Stauchmoränenklomplexe weisen Aktivitäten wie Kohle- und Sandabbau für die eindeutige Charakteristika der Altmoräne auf. Glasindustrie verstärkt worden sind Obwohl der Fläming heute fast keine natür- (www.muskauer-faltenbogen.de). lichen Seen hat, gab es offensichtlich in der Eem-Warmzeit Bedingungen für die Bildung Das insgesamt in Brandenburg unreife von limnischen Sedimenten in glazial Gewässernetz zeigt sich bereits beispielhaft am angelegten Hohlformen. Im Weichselglazial Übergang vom Alt- zum Jungmoränengebiet. wurden diese Hohlformen dann durch peri- Die Neiße als Nebenfluss der Oder durchbricht glaziäre Prozesse wie Solifluktion und von Süden kommend den Muskauer äolischen Sandeintrag endgültig verfüllt und Faltenbogen, fließt aber weiter direkt nach das Relief ausgeglichen (Hermsdorf u. Strahl Norden, wobei sie das Glogau-Baruther 2008). Andererseits finden sich im Bereich des Urstromtal quert. Die Spree fließt ebenfalls Flämings zahlreiche Trockentäler, die von Süden kommend durch die Höhenrücken sogenannten Rummeln, die einerseits als der Niederlausitz, folgt dann ein kurzes Stück periglaziale Täler unter Permafrost- dem Urstromtal, in das sie Schwemmkegel bedingungen bei verstärktem Oberflächen- geschüttet hat, bildet im flachen Urstromtal das abfluss entstanden sind, stellenweise aber auch weitverzweigte Gewässernetz des Spreewaldes durch Erosion im Holozän infolge von aus, um dann in nördlicher Richtung durch die Grundmoränenplatten der Weichselvereisung 7

Richtung Berliner Urstromtal zu fließen. beeinflusst haben als das Eis selbst. Dafür Weiter westlich queren die Nuthe und die spricht auch, dass der Eisrand kaum durch Plane ebenfalls das Baruther Urstromtal mit markante Endmoränen nachgezeichnet ist, einer generellen nördlichen Abflussrichtung. vielmehr herrschen Sanderinnenkanten und Das Baruther Urstromtal weist kein gleich- Sanderansätze vor, wie beispielweise am sinniges Gefälle auf und Terrassen sind nur Beelitzer Sander, am Krausnicker Sander oder undeutlich ausgebildet (Juschus 2001, S.70 f). am Taubendorfer Sander. Der durchgehende Abfluss zum Maximalstand Im südlichen Jungmoränengebiet des der Weichselvergletscherung wurde beim Brandenburger Stadiums zeichnen sich immer Rückschmelzen des Eisrandes bald durch wieder präweichselzeitliche Landschafts- lokale nördliche Umfließungsrinnen abgelöst formen ab, die auch heute noch das Relief (Franz 1962). Lokal sind in dem Urstromtal prägen (Lüthgens und Böse 2007, Lüthgens et Dünengebiete erhalten, deren Anlage in die al. 2010a, Lippstreu 1995, Kühner 2003). Dryas-Zeiten des Spätglazials zu stellen sind. Toteis führte andereseits zu zahlreichen Lokal kam es auch durch Rodungen und Kamesbildungen im Raum westlich und Siedlungsaktivitäten in prähistorischer und südlich von Potsdam (Weisse 2001), aber auch historischer Zeit zu Sandumlagerungen, was an der Ostseite der Havel und des durch archäologische Funde und fossile Böden Schwielowsees; die sandigen Schmelzwasser- belegt ist (de Boer 1995). ablagerungen sind Ursache für die An der Nordseite des Glogau-Baruther Bezeichnung der Mark Brandenburg als Urstromtales münden Flächensander und in „Streusandbüchse“. Das Abtauen des Toteises Rinnen angelegte Schlauchsander auf dauerte allerdings mehrere Jahrtausende unterschiedlichen Terrasseniveaus. Der (Lüthgens und Böse, in press), in der Fläche Südrand des Flämings weist keine geschah es, wenn man den Datierungen von weichselzeitlichen glazifluviatilen Unter- Heine et al. (2009) folgt, zwischen 21.2±1.1 schneidungskanten auf, was bedeutet, dass die und 18.8±0.9 ka. Allerdings konservierte Talung bereits in der Saalekaltzeit angelegt und begrabenes Toteis die subglazial angelegten dann durch die weichselzeitlichen Schmelz- Rinnen bis in das Spätglazial, so dass sich erst wässer nur partiell überformt wurde (Juschus dann ein seenreiches Jungmoränengebiet, 2001). häufig mit von den Flüssen genutzten Durch- laufseen wie an der Havel oder am Müggelsee Das Brandenburger Stadium entspricht der entwickelte. In der Regel beginnt die limnische weitesten Ausdehnung des letztglazialen Sedimentation erst mit dem Bölling- Inlandeises. Der hier beschriebene Bereich Interstadial. Neben den Rinnenseen und liegt an der Süd bis Südwestflanke des Seenrinnen, die überwiegend NE-SW Oderlobus, eines weit nach Süden vor- ausgerichtet sind, gibt es vor allem auf den gedrungenen Eisstromes. Dieser Eisvorstoß Grundmoränenplatten wie dem Teltow und entspricht nach neusten geochronologischen dem Barnim noch zahlreiche kleine Untersuchungen (Lüthgens et al. 2010a und b) Toteissenken und –seen, genannt Pfuhle oder nicht dem klassischen LGM, dessen Sölle. Altersabschätzung bisher um 20.000 BP lag. Vielmehr wird davon ausgegangen, dass das Eine Besonderheit stellen Gebiete bei Brandenburger Stadium durch einen raschen, Sperenberg, südlich von Berlin, und Rüders- weitreichenden Gletschervorstoß, möglicher- dorf, westlich von Berlin dar, da dort durch weise lokal bis in das Baruther Urstromtal, mit halokinetische Bewegungen mesozoisische relativ geringer Eismächtigkeit und wenig Schichten bis unmittelbar unter die Oberfläche reliefformender Energie gebildet wurde, der gedrückt wurden. Seit dem Mittelalter hat es sehr bald zu stagnierendem Eis wurde und dort Abbau von Kalksteinen gegeben, der dessen Schmelzwässer die Landschaft stärker Tagebau bei Rüdersdorf, in dem Otto Torrell 8

1875 Glescherschrammen erkannte, was der Tiefenlinien im Relief gebunden sind. Nur Inlandeistheorie zum Durchbruch verhalf, ist vereinzelt treten Dünen auf Sandern auf. auch heute noch aktiv. Auch das Berliner Urstromtal wird nur Die Frankfurter Eisrandlage, nördlich von zwischen dem Eintreten der Spree östlich von Berlin gelegen, (Liedtke 1981) wird bisher als Fürstenwalde und ihrer Einmündung in die ein Rückschmelzhalt von der Brandenburger Havel in Berlin-Spandau von einem Eisrandlage interpretiert. Es gibt Sanderansätze natürlichen Gewässer durchflossen, östlich und vor allem auf der Barnim-Platte, die auf einen westlich davon gibt es keine größeren, stationären Eisrand hindeuten. Allerdings durchgehenden Flussläufe im Urstromtal. Die haben neuere Untersuchungen in Kiesgruben Havel fließt hingegen strikt in südliche und Kartierungen ergeben, dass die sogenannte Richtung, das weiter nördlich gelegene Frankfurter Eisrandlage sich offensichtlich aus Eberswalder und das Berliner Urstromtal unterschiedlich alten Geländeformen zusam- querend. Dabei nutzt sie im Berliner mensetzt und damit das einfache Bild von einer Stadtgebiet eine Seenkette als Durchlaufseen, Ausbildung der Geländeformen als die ihre Fortsetzung im Schwielowsee bis zum Rückzugshalt zunehmend an Gültigkeit ver- Ansatz des Beelitzer Sanders haben, die Havel liert. zweigt aber bei Caputh in Richtung Werder im Das Berliner Urstromtal, das in südost- spitzen Winkel nach Nordwesten ab. nordwest Richtung deutlich südlich der Eine morphologische Auffälligkeit stellt das Frankfurter Eisrandlage verläuft und ihr als Oderbruch dar, dessen Genese als saale- Schmelzwassersammelader der von Norden zeitlichen Ausschürfungswanne gedeutet wird, kommenden Schmelzwässer zugeschrieben die in engem genetischen Zusammenhang mit wird, ist ebenfalls eine Tiefenlinie, die bereits den deutlichen Höhen südlich von Bad präweichselzeitlich angelegt ist (Böse 1989). Freienwalde zu sehen sind, die aus Im Urstromtal sind Terrassen ausgebildet, die augestauchtem tertiären und quartären Schich- auch darauf zurückzuführen sind, dass nicht ten bestehen. Brose et al. (2003) sehen das nur die Schmelzwässer der Frankfurter Oderbruch zwar als saalezeitlichen Anlage an, Eisrandlage hier abgeflossen sind, sondern das Becken wurde aber durch eine „Ur-Oder“ auch über Rinnen Schmelzwässer der jüngeren im Eem-Interglazial mit fluvialen und Pommerschen Eisrandlage dem Urstromtal limnischen Sedimenten verfüllt. Hierfür zugeführt wurden. Das Berliner Urstromtal sprechen z.B. die auf der Wriezener Terrasse weist auf der höheren Terrasse periglaziale aufgefundenen limnischen eemzeitlich Sedi- Dünen in Form von deutlichen Parabeldünen mente (Lüthgens et al. in press). Nach Brose auf, so beispielsweise im Spandauer und im wurde das Oderbruch als Folge der Frohnauer Forst, im Gebiet des Volksparks Schmelzwasseraktivität des Weichselglazials Rehberge und den Friedhöfen entlang der erst proglazial aufgefüllt, dann in jüngeren Seestraße in Berlin, sowie im Gebiet der Phasen ausgeräumt, da es Teil des Thorn- Dahme-Einmündung östlich des Müggelsees. Eberswalder Urstromtals war (Brose et al., Auf die westlich von Berlin gelegene kleinere 2006; Hermsdorf and Strahl, 2008, Lüthgens et Grundmoränenplatte Glien wurden durch al., in press). Liedtke (1996) hingegen geht Westwinde die Dünen des Krämers aufgeweht. von einer Bildung der Wanne als Aber auch im südlich des Urstromtals morphologische Geländeform im Saaleglazial gelegenen Gebiet zwischen den Flüssen aus, die im Weichselglazial mit mächtigen Dahme und Spree gibt es ausgedehnte Toteismassen, dem sogenannten Beckentoteis, Dünengebiete. Generell kann davon aus- verfüllt wurde, die dann zunächst von den gegangen werden, dass die Dünengebiete durch Schmelzwässern überflossen und später Auswehung aus glazifluvialen Rinnen und randlich umflossen wurden. Talungen entstanden sind und damit an breite 9

Das Oderbruch ist ein Teil des Eberswalder ist südlich von Chorin ausgebildet. In dem Urstromtales, das sich heute mit einer Durchbruchstal liegen heute die Ruinen des Geländekante gegen den westlichen Urstrom- Klosters Chorin, südlich schließt sich ein talboden absetzt. Die fluviale Einschneidung Sandergebiet, bestehend aus dem durch die Oder und die tributäre Finow waren Amtswegsander, der Mönchsheide und dem durch den sich spätglazial einstellenden Ab- kleineren, seitlich aufgesetzen Kloster- fluss zum Ostseebecken gesteuert. Im Zuge der brückesander an. Letzterer wurde von holozänen Litorina-Transgression erhöhte sich Lüthgens et al. (submitted) geochronologisch später das Vorfluterniveau. Der heutige Ver- bearbeitet. Beteiligt an der Bildung waren auch lauf der Oder westlich der sogenannten die Schmelzwässer der Parsteiner Staffel – Neuenhagener Oderinsel östlich von Oderberg Brose (1994) gliedert drei Phasen der ist ein künstlicher Durchstich aus dem Jahre Parsteiner Staffel aus, einer ersten deutlichen 1753. Vorher war die Oderinsel eine Halbinsel, Rückzugsstaffel der Pommerschen Eisrand- die westlich umflossen wurde. Die Neuen- lage. Ihre Schmelzwässer mündeten in das hagener Oderinsel wird durch einen Eberswalder Urstromtal und bildeten dort die Stauchendmoränenbogen an ihrer Südseite obere Terrasse aus. geprägt, während im Inneren Beckentone Auch westlich des Gebietes von Chorin sind anzutreffen waren, die zu einer großflächigen der Haupteisrandlage Sander vorgelagert, wie Anlage von Tongruben geführt haben. Heute der Bugsin-Sander, der große Teile der Schorf- ist der Abbau eingestellt (in: Schroeder (Hrsg) heide bildet. An seinem proximalen Bereich 1994). liegt der Aufschluss von Althüttendorf, dessen Das nördliche Ende des Oderbruchs ist nicht Sedimente für die Datierungen der nur auf der Neuenhagener Oderinsel sondern Pommerschen Eisrandlage maßgeblich waren auch weiter westlich geprägt durch die mar- (Lüthgens et al., submitted). Südlich haben die kanten Formen des Nördlichen Landrückens, Schmelzwässer auf ihrem Weg zum dessen Entstehung dem weichselglazialen Eberswalder Urstromtal eine kuppige Pommerschen Eisvorstoss zuzuordnen ist. Grundmoränenplatte umflossen, die älter ist als Dieser wird als ein eigenständiger Eisvorstoss der Pommersche Haupteisvorstoss. Auf dieser aus der Ostseesenke heraus gedeutet, da er Grundmoränenplatte liegt der Schulzensee.. flächenhaft eine eigene Grundmoräne ausge- Das ebenfalls bereits prä-weichselzeitlich bildet hat. Die Ausbildung der Endmoränen ist angelegte Eberswalder Urstromtal (Cepek deutlich, bestehend aus Stauchmoränen und 1994) wird häufig fälschlich als Blockpackungen und geht einher mit einer Schmelzwasserabflussbahn des Pommerschen großen Anzahl an Rinnenseen, die sowohl Eisrandes beschrieben. Der westliche Teil des durch Eisausschurf als auch durch Urstromtales war jedoch zum Pommerschen Schmelzwassererosion subglazial angelegt Maximalstand nicht in Funktion, da die worden sind. Neueste Untersuchungs- Schmelzwässer vom Oderbruch aus über ergebnisse zur Zeitstellung der Pommerschen Rinnen nach SSW zum Berliner Urstromtal Eisrandlage haben ergeben, dass dieser kräftige abflossen. Erst beim Rückschmelzen zur nächst Eisvorstoß offensichtlich dem klimatischen jüngeren Parsteiner Staffel wurde das LGM des MIS 2 entspricht und um 20 ka Urstromtal durchgängig in westliche Richtung stattfand (Lüthgens et al.,submitted).Die genutzt und dabei mehrere Terrassen bisherigen Alterabschätzungen (um 16.000 BP, ausgebildet (Schlaak 2002). Auf den höheren Schlaak 2002) sind demnach wohl als zu jung Terrassen sind, vor allem an der Südseite des anzusehen und die Eisdynamik des Inlandeises Urstromtales, Dünen aufgeweht, deren ist neu zu bewerten. Entstehung in die Älteste Dryas fallen. Eine Eine morphologisch fast klassische glaziale erneute aeolische Überprägung während der Serie im Sinne von Penck und Brückner (1909) 10

Jüngeren Dryas ist durch den fossilen Finow- von Berlin und Brandenburg, No. 2: Bad Boden belegt (Schlaak 1998). Freienwalde – Parsteiner See, S. 26-38, Berlin. De Boer, W. M. 1995: Äolische Prozesse und Das gesamte Jungmoränengebiet unterlag im Landschaftsformen im mittleren Baruther Spätglazial wiederholt periglazialen Prozessen, Urstromtal sei dem Hochglazial der was neben den Dünen auch zur Ausbildung Weichseleiszeit. Berliner Geographische Arbeiten von heutigen Trockentälern führte. Im 84, Berlin. Bodenbereich kam es zu Eis- und Sand- Schroeder, J. H.(Hrsg.) 1994: Führer zur Geologie von keilbildungen, Kryoturbationen und zur Aus- Berlin und Brandenburg, No. 2: Bad Freienwalde – bildung von Geschiebedecksand. Im Holozän Parsteiner See, Berlin. ist das Relief und das Gewässernetz vielfältig Franz, H.-J. 1962: Morphogenese der Jungmoränenlandschaft des westlichen durch die anthropogene Nutzung überprägt Brandenburger Stadiums. Teil 2: Die worden (Böse 2004, Böse und Brande 2000). Schmelzwassserabflüsse und die durch sie geschaffenen Ablagerungen und Formen. Literatur Wissenschaftliche Zeitschrift der pädagogischen Atlas zur Geologie von Brandenburg 1997, Landesamt Hochschule Potsdam, math.-nat. R. 71/2 S 49-60; für Geowissenschaften und Rohstoffe Brandenburg, Potsdam. Kleinmachnow. Heine, K., Reuther, A.U., Thieke, H. U., Schulz, R., Böse, M. 1989: Methodisch-stratigraphische Studien und Schlaak, N., Kubik, P. W. 2009: Timing of paläomorphologische Untersuchungen zum Weichselian ice marginal positions in Brandenburg Pleistozän südlich der Ostsee. Berliner (northeastern Germany) using cosmogenic in situ Geographische Abhandlungen 51, Berlin. 10Be. Zeitschrift für Geomorphologie 53, 4, Böse, M. 2004: Naturraum und Ressourcen: Berlin und S433–454, Berlin, Stuttgart. Brandenburg im Überblick. In: Wieckert, R & Hermsdorf, N., Strahl, J., 2008: Eemian deposits in the Ellger, Chr.: Berlin + Brandenburg zwischen Kiez, Brandenburg area. Brandenburgische Metropole und ländlicher Peripherie, Exkur- Geowissenschaftliche Beiträge 15 (1/2), 23-55. sionsführer 29. Schulgeographentag Berlin 2004, Juschus, O. 2001: Das Jungmoränenland südlich von Teil 1, Allgemeine Darstellungen: 27-43; Berlin. Berlin – Untersuchungen zur jungquartären Böse, M. & Brande, A. 2000: Regional Pattern of Landschaftsentwicklung zwischen Unterspreewald Holocene Sand Transport in the Berlin- und Nuthe. Dissertation HU Berlin. http://edoc.hu- Brandenburg Area. In: Dulias, R. & Pelka- berlin.de/dissertationen/juschus-olaf-2001-05- Gosciniak, J. (Hrsg.): Aeolian Processes in different 04/HTML/ Landscape Zones. – University of Silesia, Faculty Kupetz, M. 1996: Der Muskauer Faltenbogen – ein of Earth Sciences & Association of Polish Geotop von europäischer Bedeutung. Geomorphologists: 51-58; Sosnowiec. Brandenburgische Geowissenschaftliche Beiträge 3, Brose, F. 1994: Eisrückzug im Parsteiner Becken. In: 1, 125-136, Kleinmachnow. Schroeder, J. H.(Hrsg.) 1994: Führer zur Geologie Kupetz, M. 1997: Geologischer Bau und Genese der von Berlin und Brandenburg, No. 2: Bad Stauchendmoräne Muskauer Faltenboge. Freienwalde – Parsteiner See, S. 95-103, Berlin. Brandenburgische Geowissenschaftliche Beiträge 4, Brose, F., Piotrowski, A., Schroeder, J.H., 2003: 2, 1-20, Kleinmachnow. Entwicklung des Oderbruchs: Kühner, R. 2003: Ausbildung und Gliederung des Neue Daten zur Sedimentfüllung der saalezeitlichen Sedimentkomplexes im Bereich der Oderbruchdepression. In: Schroeder, J.H., Hornoer Hochfläche. Brandenburgische Geo- Brose, F. (Hrsg.), Führer zur Geologie von Berlin und wissenschaftliche Beiträge 10, 1/2, S. 111-121, Brandenburg Nr. 9. Oderbruch - Märkische Kleinmachnow. Schweiz - Östlicher Barnim, Berlin, pp. 57- 5. Liedtke, H. 1981: Die nordischen Vereisungen in Brose, F., Luckert, J., Müller, H., Schulz, R., Strahl, J., Mitteleuropa. Forschungen zur deutschen Thieke, H.-U., 2006: Das Eem von Vevais – ein Landeskunde. 2. Aufl., . bedeutendes Geotop in Ostbrandenburg. (The Liedtke, H., 1996. Die eiszeitliche Gestaltung des Eemian of Vevais - an important geotope of the Oderbruchs. Heidelberger Geographische Arbeiten Eastern Brandenburg area). Brandenburgische 104, 327-351. Geowissenschaftliche Beiträge 13 (1/2), 155-164. Lippstreu, L. mit Beiträgen von F. Brose und J. Cepek, A. G. 1994: Stratigraphie und Lithofazies. In: Marcinek 1995: Brandenburg. In: L. Benda (Hrsg.): Schroeder, J. H.(Hrsg.) 1994: Führer zur Geologie Das Quartär Deutschlands, S. 116-147, Stuttgart. 11

Lüthgens, C. & Böse, M. 2007: Neubewertung der Lüthgens, C., Böse, M., Preusser, F., (submitted to geomorphologischen Entwicklung der Umgebung Boreas for publication). The age of the Pomeranian des Rangsdorfer Sees. Eiszeitalter und Gegenwart, ice marginal position in north-eastern Germany Quaternary Science Journal 56/4, S. 256-282; determined by Optically Stimulated Luminescence Hannover. (OSL) dating of glaciofluvial (sandur) sediments. Lüthgens, C., Böse, M. (in press): From Penck, A., Brückner, E., 1909. Die Alpen im Morphostratigraphy to Geochronology – on the Eiszeitalter. Tauchnitz, Leipzig. dating of ice marginal positions. Quaternary Schlaak, N., 1998: Der Finowboden - Zeugnis einer Science Reviews. begrabenen weichsel- spätglazialen Oberfläche in Lüthgens, C., Böse, M., Krbetschek, M.R. (2010a): On den Dünengebieten Nordostbrandenburgs. In: the age of the young morainic morphology in the Baume, O. (Hrsg.): Beiträge zur quartären Relief- area ascribed to the maximum extent of the und Bodenentwicklung. Münchener Geographische Weichselian glaciation in north-eastern Germany. Abhandlungen, Reihe A, Band A49, S.143-148. Quaternary International 222, 72-79. Schlaak, N. 2002: Geologie und Oberflächeformen. In: Lüthgens, C., Böse, M., Lauer, T., Krbetschek, M., Gränitz, F., Grundmann, L. (Hrsg.): Um Strahl, J., Wenske, D. (in press): Timing of the last Eberswalde, Chorin und den Webellinsee. interglacial in Northern Europe derived from Landschafte in Deutschland. Werte der deutschen Optically Stimulated Luminescence (OSL) dating Heimat. Band 64, Köln, Weimar, Wien. of a terrestrial Saalian-Eemian-Weichselian Weiße, R. 2001: In: Führer zur Geologie von Berlin und sedimentary sequence in NE-Germany. Quaternary Brandenburg (Hrsg. J.H. Schroeder), Nr. 4: International. Potsdam und Umgebung, 2. erw. Aufl., Berlin. Lüthgens, C., Krbetschek, M.R., Böse, M., Fuchs, M.C. www.muskauer-faltenbogen.de (2010b): Optically Stimulated Luminescence Dating of fluvioglacial (sandur) sediments from north-eastern Germany. Quaternary Geochronology 5, 237-243.

12

Bodengesellschaften Berlins F. ALAILY Technische Universität Berlin, Institut für Ökologie, Fachgebiet Standortkunde und Bodenschutz Ernst-Reuter-Platz 1, Sekr. BH 8-1, 10587 Berlin Email: [email protected]

Die Bodenkarte von Berlin im Maßstab In tiefer gelegenen Bereichen mit Grund- 1:50000 befindet sich in dem Umweltatlas wasseranschluss sind die Grundmoränenböden Berlins und ist aus dem Internet zu bekommen. mit sandigen Gley-Braunerden vergesel- Für Berlin-West wurde eine Bodenkarte im lschaftet (Blume 1981). Im Norden von Berlin Maßstab 1:75000 von Grenzius (1987) erstellt. (bei Schildow und Lübars) kommen in einer In diesem Kapitel sind die häufigsten und die subglazialen Abflussrinne (Tegeler Fließ) auffallenden Böden und ihre Gesellschaften nährstoffreiche Niedermoore (eutric Histosol) dargestellt. In Kursivschrift sind vor, die mit Kalktuffniedermoor (eutric Bodenbezeichnungen nach der WRB-2006 Histosol (alcalic)) , Kalktuffgleyen (calcic (BGR 2008) angegeben. Ein Überblick über Gleysol (alcalic)), Podsol-Braunerde und das Bodenmuster Berlins ist aus Abb. 1 zu Parabraunerde vergesellschaftet sind (Alaily et bekommen. al. 2000). Die Carbonate des Kalktuffs stammen aus dem Geschiebemergel und sind Im Norden und Süden von Berlin sind auf den an Pflanzenteilen abgelagert. Die Kalktuff- Grundmoränen-Platten Parabraunerde (cutanic Mächtigkeit beträgt mehrere Zentimeter. Im Luvisol) und Fahlerde (cutanic albic Luvisol) Bereich der Pfuhle (Toteis-Seen), die auf der auf Geschiebemergel sowie Podsol-Braunerde Geschiebemergelhochfläche vorkommen, hat (dystric Cambisol) und Bänderparabraunerde sich in Abhängigkeit vom Relief ein (lamellic Luvisol) aus Geschiebesand weit kleinflächiges Muster hydromorpher Böden verbreitet. Alle Oberböden dieser Landschaft entwickelt, deren Morphe-, Wasser- und bestehen aus Geschiebedecksand. Die Bt- Luftdynamik sich im Jahreslauf infolge stark Horizonte der lessivierten Böden sind durch schwankender Wasserstände stark ändert: In Toncutane nachweisbar und sind oft mit nassen Jahren sind die Pfuhle ganzjährig mit sandgefüllten periglaziellen Frostkeilen Wasser gefüllt und in trocknen Jahren können vernetzt. Letztere können auf Luftbildern mit sie völlig austrocknen. Einige Pfuhle sind mittlerem Bildmaßstab von 1:10000 erkannt teilweise oder gänzlich mit Kolluvium erfüllt. werden (Alaily 1980). Die Maschen der Frostkeilnetze haben einen Durchmesser von In der hügeligen Landschaft der sandig- 3-8 m und die Frostkeile erreichen Tiefen von kiesigen Stauchmoränen und Kamesbildungen 1-3 m (Blume 1981). Unter natürlichen des Grunewaldes und Düppeler Forstes sind Bedingungen wirken sie als Dränage-Netz Podsol-Braunerden zu finden. Die Podsolie- (Hoffmann 1976) und erschweren damit die rungintensität nimmt im allgemeinen zum Pseudovergleyung der Böden. Die Hangfuß zu. Die Böden dieser Landschaft sind Entkalkungstiefe der lessivierten Böden liegt meist unter forstwirtschaftlicher Nutzung, sie zwischen 0,8 und 1,0 m. Frostkeile kommen bestehen aus schlecht sortiertem Sand und sind selten bei der Podsol-Braunerde (=Rost- sehr trocken, gut durchlüftet und nährstoffarm. braunerde) und Bänderparabraunerde vor und In den Schmelzwasserrinnen und Toteis- sind schwer zu erkennen. Wegen relativ depressionen haben sich Seen gebildet, die günstiger ökologischer Eigenschaften der großenteils mit oligotrophen und mesotrophen Parabraunerde und Fahlerde werden sie Niedermooren (rheic Histosol) bevorzugt für ackerbauliche Nutzung benutzt.

13

Abb. 1: Bodenregionen Berlins

14 verlandet sind. In terrestrischen Senken, ohne In den Auen der Flussseen führte eine geringe Anschluss zum Grundwasser, sind oft Fließgeschwindigkeit des Fluß- und Grund- Kolluvisole (colluvic Regosols) aus erodierten wassers und relative geringe Spiegel- Oberböden zu finden. schwankungen bei überwiegend grobkörnigen Eine ähnliche Bodengesellschaft wie bei den Flusssanden zu Auenboden-Gley-Übergangs- Stauchmoränen und Kamesbildungen ist in den formen. Hinter Uferwellen sind oft Nieder- Dünen- und höher gelegenen Talsand- moore zu finden (Blume 1981). Landschaften zu finden. Auch hier dominieren Die meisten Berliner Böden sind direkt oder Podsol-Braunerden, die Hang abwärts stärker indirekt anthropogen beeinflusst (Blume et al. podsoliert sind. Diese sind vergesellschaftet 1976). Stärkere Erosionsschäden wurden in mit Gleyen und Mooren in den Senken den Wäldern während der letzten Jahrzehnte (Neumann 1976). An den Moorrändern sind durch Kahlschläge (nach Kriegsende) sowie Gleypodsole (endogleyic Podzol) zu finden, Trittschäden der Bodenvegetation und die im Laufe des Holozän durch Grund- insbesondere durch Militärfahrzeuge (bei wasserschwankungen zu Podsol-Gley Manöveraktivitäten) verursacht. Außerdem (epigleyic Podzol) umgewandelt wurden haben im Bereich der Forsten SO 2-reiche (Alaily 2002, 2004). Letztere bestehen aus O- Niederschläge, sowie Kiefermonokulturen, die Ge-Gh-Hor. Dieser Boden ist frei von Eisen Versauerung der Böden gefördert (Blume und Mangan, sein Gh-Horizont ist stark mit 1981). Parabraunerden unter Ackernutzung Huminstoffen und Aluminium angereichert. (z.B. Rudow, Gatow, Lübars) weisen Mit diesen Eigenschaften repräsentiert der gegenüber ihren äquivalenten Waldböden Podsol-Gley einen durch Grundwasseranstieg mächtigere humose Ap-Horizonte, höhere ertrunkenen Podsol. Heute ist das Grundwasser Nährstoffgehalte und pH-Werte auf, verursacht bei den meisten Mooren gesunken, dadurch durch Pflugarbeit und Düngung. Bei den bekommen die Podsol-Gleye (Feuchtpodsole) Rieselfeldern, die alle auf den Grund- terrestrische Bodendynamik und können dann moränenplatten vorkommen und um die Stadt zu den Humuspodsolen (carbic Podzol) verbreitet sind, sind Podsol-Braunerden und eingeordnet werden. In Vergleich zu Parabraunerden zu Braunerden bzw Pseudo- Geschiebesand, Kamesbildung und Stauch- gley-Parabraunerden umgewandelt (irragric moränen bestehen die Dünen- und Talsande Anthrosols). Ihr pH-Wert ist gestiegen und sie aus sehr gut sortiertem Feinsand. Daher sind wurden stark mit organischen Stoffen, P, die terrestrischen Böden dieser Landschaft Schwermetalle, insbesondere Zn, angereichert, weniger trocken und enthalten etwas mehr wogegen sie an Mn und Fe verarmten. pflanzliche Nährstoffe. Großteile der Rieselfeldböden sind durch Aus Talsandbereichen in tieferen Lagen, z.B. Planierarbeit geköpft oder begraben worden. entlang der Spree sind ausschließlich Außerdem führten Grundwasserentnahmen Grundwasserböden (Gleysols) und (z.B. Grunewald, Spandauer Forst) zu Niedermoore (rheic Histosols) entstanden. Die teilweiser Austrocknung der Böden und zur Bodengesellschaft besteht vorwiegend aus starken Zersetzung und Abbau von Torf. Im sandigen Modergleyen mit mäßigen Nährstoff- locker bebauten Bereich kommen, neben den reserven und vereinzeltem schluffigem Mergel natürlichen Bodengesellschaften, vor allem Mullgleye und Ca-reichen Niedermooren Hortisole (hortic Anthrosols) und Trümmer- (Blume 1981). Im Teufelsbruch des Spandauer schutt-Pararendzinen (urbic Technosol Forstes sind Gley-Braunerden mit höheren (calcaric)) vor (Runger 1975). Hinzu kommen Nährstoffgehalten zu finden und in nassen Böden von Ruderalstandorten im weitesten Senken kommen nährstoffreichere Moore und Sinne sowie Böden von Flächen der an den Ränder Mull-Anmoore vor (Blume Entsorgung (z.B. Mülldeponien). Erwähnens- 1981). wert sind die Methan-Rohböden (garbic 15

Technosol (reductic)) aus Abdeckungsmaterial BGR (2008): World Reference Base for Soil Resources der Mülldeponien (Grenzius 1987). Die Böden 2006, Deutsche Ausgabe.- Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe, Hannover, der Innenstadt sind überwiegend überbaut und 128 S. versiegelt. Dort befinden sich vor allem Blume, H.-P. (1981): Bodenschaften.- in Pararendzinen aus Trümmerschutt und stark Exkursionsführer zur Jahrestagung der DBG: mit Humus angereicherte Gartenböden Mitteilungen der Deutschen Bodenkundlichen (Hortisole). Ungestörte natürliche Böden sind Gesellschaft, 31, 20-23. in diesem Bereich selten zu finden. Grenzius, R. (1987): Die Böden Berlins (West).- Diss., FB 14 Landschaftsentwicklung der TU-Berlin, Literatur 520 S. Alaily, F. (1980): Bedeutung und Fernerkundung von Hoffmann, R. (1976): Genese und Ökologie Frostkeil-Polygonen in Berlin.- Berliner polygenetischer Parabraunerden mit Naturschutzblätter, 71, 613-618. Periglazialerscheinungen im Berliner Raum.- Diss., Alaily, F., A. Brande, M. Facklam und M. Renger FB 14 Landschaftsentwicklung der TU-Berlin,. (2000): Bodengesellschaften und Genese von Neumann, F. (1976): Struktur, Genese und Ökologie Kalktuff im Naturschutzgebiet “Kalktuffgelände am hydromorpher Bodengesellschaften West-Berlins.- Tegeler Fließ“ (Berlin-Blankenfelde).- Sitzungs- FB 14 Landschaftsentwicklung der TU-Berlin,. berichte der Gesellschaft Naturforschender Freunde Runge, M. (1975): West-Berliner Böden anthropogener zu Berlin, Neue Folge, 39, Berlin, 111-125. Litho- und Pedogenese.- Diss., FB 14 Alaily, F. & A. Brande (2004):Soil associations in the Landschaftsentwicklung der TU-Berlin,. surroundings of oligotrophic mires in the Berlin region.- International peat journal, 12, 21-31. Alaily, F. & A. Brande (2002): Bodenentwicklung am Rande oligotropher Moore im Raum Berlin.- Z. Pflanzenernährung und Bodenkunde 165, 305-312.

16

Landwirtschaft in Brandenburg A. WERNER Institut für Landnutzungssysteme Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF) e.V. Eberswalder Str. 84; D-15374 Müncheberg; [email protected]; www.zalf.de

auf weiteren mineralischen Böden sind oft Bewirtschaftungs- und naturschutzfachlich wertvolle Mager- oder Anbausituation in Brandenburg Trockenrasen. Zwei Anbauregionen haben in Brandenburg Mit dem Land Brandenburg wird oft besondere ackerbauliche Tradition und Leis- gedanklich eine Landwirtschaft verbunden, die tungsfähigkeit: das östlich gelegene Oderbruch von san-digen Böden, großen Betrieben und mit schweren Tonböden und die Uckermark sehr großen Feldern geprägt ist. Brandenburg mit ihren Parabraunerden im Nordosten. Beide wird typischerweise auch mit einem Regionen sind für hohe naturale Ertragsleis- Flächenland verbunden, mit hohem Anteil an tungen bekannt. Die Uckermark befindet sich peripheren Gebieten. seit über 4.000 Jahren in landwirtschaftlicher Das Land Brandenburg verfügt über 1,3 Mio. Nutzung, eine für diese Region lange Zeit. In ha (Berlin: 2.250 ha) agrarische Landnutzungs- den übrigen Regionen erfolgt auch durch- fläche, von denen ca. 78% Ackerland sind gehend ackerbauliche Nutzung der Standorte (anonym 2011). Ein wichtiger Anteil der mit durchaus ansehnlichen Ertragsleistungen Ackerflä-che wird mit Wintergetreide bestellt bei eher trockenheitsverträglichen Kultur- (Jahr 2007: 48%, 2011: 44%) mit einem pflanzen (Winterroggen, Wintertriticale, Mais mittleren Er-tragsniveau für deutsche Ver- etc.). hältnisse (z.B.: 2007: 5,8 t • ha-1, D: ca. 5,5 t • -1 Der früher in Brandenburg wichtige Anbau von ha ). Ursächlich für diese ungünstige Kartoffeln ist weitestgehend verschwunden. Ertragssituation in Brandenburg sind die Die leichten Böden lassen zwar prinzipiell eine sandigen bis lehmig-sandigen Böden und die gute Erntbarkeit der Kartoffeln zu, allerdings geringen durchschnittlichen Niederschlags- -1 mindern hoher Steinbesatz und die regel- summen pro Jahr (600 mm • a ). Diese für ein mäßige Vorsommertrockenheit die Anbau- deutsches Bundesland niedrigste jährliche würdigkeit. Zudem sind Absatzmärkte Regenmenge differenziert zudem noch in drei inzwischen an andere Regionen Europas wesentliche Regionen (Jenssen et al. 2007) und verloren gegangen. zwischen den Jahren. So erfährt der östliche Teil von Brandenburg bis zu 100 mm • a -1 Auf sandigen Böden südwestlich von Berlin weniger als der Durchschnitt und in einigen hat Spargelanbau unter Beregnung lange und wenigen der letzten Jahre sind in manchen noch erfolgreiche Tradition. Gemüseanbau Regionen auch nur 330 mm • a -1 gefallen. findet im Oderbruch und Obstbau in westlichen wie östlichen Landesteilen jeweils mit Grünlandflächen finden sich überwiegend auf geringen Anteilen an der Gesamtfläche von BB grundwassernahen Standorten und dabei auf statt. Niedermooren oder Auenstandorten. Große Grünlandgebiete finden sich im Rhin- und Die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe ist Havelluch, in der Region Elbe-Elster sowie im mit 6.704 recht hoch (s. Tabelle 1). Ein großer Odertal. Diese Gebiete wurden in der DDR zur Anteil dieser Betriebe sind viele kleine in-tensiven Milch- und Rindfleischproduktion Betriebe, die oft im Nebenerwerb genutzt, inzwischen dominiert dort eher bewirtschaftet wer-den sowie eine ganze Reihe Mutterkuhhaltung und Rauhfuttergewinnung für Deutschland eher mittelgroße Betriebe für Ergänzungsfütterung. Grünlandvegetation (100-400 ha). Die mittlere Betriebsgröße von 17

200 ha ist in Brandenburg fünfmal so hoch wie Aktuell entwickelt sich der Anbauumfang des die in Deutschland. Eine solche Angabe ist Getreides etwas rückläufig, oft zugunsten des aber wenig aussagekräftig, da in Brandenburg Anbaus von Silomais für Biogasanlagen und ca. 80% der landwirtschaftlichen Fläche be- Futterzwecke. Das Land Brandenburg verfolgt wirtschaftet werden durch nur ca. 20% der seit einigen Jahren politische eine landwirtschaftlichen Betriebe, also großen ‚Biomassestrategie’ (MUGV 2010). Von den Betrieben mit mehreren tausend Hektar ca. 5.000 Anlagen in Deutschland stehen etwa Betriebsfläche bewirtschaftet. 200 in Brandenburg und produzieren ca. 150 MW Energie. Tabelle 1: Strukturdaten der Landwirtschaft von Brandenburg und Land Berlin im Jahr 2007 (aus: anonym 2011) Berlin & Einheit Berlin Brandenburg Brandenburg Landwirtschaftliche Betriebe Anzahl 85 6.704 6.789 …davon Einzelunternehmen Anzahl 63 5.067 5.130 …davon Haupterwerb Anzahl 49 1.756 1.805 Nebenerwerb Anzahl 14 3.311 3.325 Personengesellschaften 1 Anzahl 11 667 678 Juristische Personen Anzahl 11 970 981

Arbeitskräfte Anzahl 460 38.568 39.028 …davon Familienarbeitskräfte 2 Anzahl 117 8.359 8.476 Ständig Beschäftigte Anzahl 233 17.372 17.605 Nicht ständig Beschäftigte Anzahl 110 12.837 12.947

Betriebe mit ökologischem Anbau Anzahl 4 613 617 Hektar 249 133.805 134.054

1 einschließlich Personengemeinschaften 2 einschließliche Betriebsinhaber

Steigerung der Produktion in der Land- und Historischer Exkurs zur Nahrungsmittelwirtschaft. Zugleich sollten die landwirtschaftlichen Lebensbedingun-gen auf dem Land schritt- Landnutzung in Brandenburg weise denen der Stadt angepasst werden. Das dazu genutzte Leitbild waren industriemäßige Mit der politischen Entwicklung in der DDR Produktionsmethoden. Mit diesen Ent- war nach dem zweiten Weltkrieg die wicklungen entstand zudem eine umfangreiche Entstehung von landwirtschaftlichen und wirksame Agrarindustrie. Der Agrarsektor Produktionsgenossenschaften (LPG) verbun- war in der DDR politisch be-sonders gestellt, den. Diese basierten auf der kollektiven erfuhr große Aufmerksamkeit und erwirt- Nutzung von Privateigentum, während die schaftete 1989 das zweithöchste Nettoprodukt zeitgleiche Wiederbelebung der Genossen- aller Wirtschaftsbereiche. schaften in der Bundesrepublik die Mit diesen politisch motivierten strukturellen wirtschaftliche Selbständigkeit als Einzelunter- Veränderungen der Landwirtschaft nach dem nehmer förderte. Die politischen Ziele der zweiten Weltkrieg waren auch besondere DDR zu ihrer Landwirtschaft verfolgten zum Entwicklungen in der Landnutzung verbunden: einen die Verbesserung der Versorgung mit Zusammenlegung von LPGen in mehreren Nahrungsgütern und Rohstoffen durch 18

Phasen zu größeren betrieblichen Einheiten Mit der politisch-ökonomischen Wende wurde und oft zu sehr großen Bewirtschaftungs- ab 1990 der o.a. Schritt einer organisatorischen einheiten (Felder, Herden) sowie eine Trennung (die auch so in Praxis, Lehre und organisatorische Tren-nung von Tier- und Forschung gelebt wurde!) von Tier- und Pflan- Pflanzenproduktion. Sicherlich auch bedingt zenproduktion schnell und weitestgehend durch die besonders schwierigen landwirt- zurückgenommen. In Brandenburg oft durch schaftlichen Produktionsbedingungen in Abschaffung der Tierbestände. Dieser Prozess Brandenburg entstand die erste LPG (Worin) in sowie der hohe Anteil an den teureren dem damaligen Bezirk Frankfurt (Oder). Fremdarbeitskräften in den neuen Betrieben Große Betriebe und große Schläge sind keine und die gelegentlich unzulängliche Besonderheit der Landwirtschaft von Branden- Kapitalausstattung der Betriebe hat die burg in der Zeit von 1952 bis 1989. Schon im Tierbesatzdichte in Brandenburg in den letzten 19 Jahrhundert und Anfang des zwanzigsten 20 Jahren weiter verringert (Abb. 1). Das Land Jahrhunderts waren manche ‚Rittergüter’ in der Brandenburg gehört inzwischen zu den vieh- Hand von ‚Investoren’ bzw. ‚Großgrundbesit- ärmsten Regionen Deutschlands (Rus und zern’ aus den reicheren westlichen Industrie- Brunsch 2007). Damit ist auch das Auf- gebieten des damaligen deutschen Gebieten kommen an organischen Düngern aus der und verfügten über ausgedehnte Ländereien Tierproduktion für die Humusreproduktion der mit großen Feldern. Diese wurden z.B. bei ohnehin sorptionsschwachen Böden eher zu größeren Arbeitsgängen von mehreren gering. Die Leistungsfähigkeit der Tierpro- Gespannen gleichzeitig bewirtschaftet. duktion ist dennoch sehr hoch (Bsp.: Landesdurchschnitt Milchproduktion: 8.331 kg Milch • Kuh • a -1, anonym 2011).

120

100

80 Rinder/100ha 60 Milchkühe/100ha Mutterkühe/100ha 40

20

0

r 9 5 0 ah 995 997 0 007 J 1991 1993 1 1 199 2001 2003 2 2

Abb. 1: Entwicklung der Tierbesatzdichte (Rinder, Milchkühe und Mutterkühe) in Brandenburg (1989- 2009) und der Deutschen Demokratischen Republik (1988). [Daten für 1988 errechnet anhand Abnahmeraten der Tierbestände der Gesamtregion, da unter-schiedliche Regionsgrenzen: Bezirk Frankfurt (Oder): 1988, Land Brandenburg: 1989-2009] (eigene Darstellung: Datenquellen: LVL 2002, MIL 2011, Rus und Brunsch 2007)

19

Abb. 2: Anteile an Fruchtarten 1989 in der Bundesrepublik Deutschland (rechts) bzw. der Deutschen Demokratischen Republik (links). (George 2004) Gleichzeitig werden die Grünlandflächen Feldhamster und Feldhasen sowie Amphibien weniger intensiv bewirtschaftet, das Futter für werden zukünftig die mit Ackerfutterpflanzen Wiederkäuer stammt auch in Grünlandregionen sowie den gelegentlich lückigeren Pflanzen- vorwiegend vom Acker. Extensivierungs- beständen in den anderen Kulturen prämien, Wiedervernässung von Niedermooren verbundenen besonderen Lebensräume fehlen. und Förderung von Mutterkuhhaltung bewirkten in Brandenburg einen weiteren Landschaftliche Besonderheiten Rückgang in der Intensität der Grünland- der Brandenburger nutzung. Für viele Tier- und Pflanzenarten ist Landwirtschaft eine solche Offenhaltung ein Gewinn. Gefahr droht durch gänzliche Auflassung der Fläche Mit einem hohen Anteil an Schutzgebieten für bei unzulänglicher Wirtschaftlichkeit in einer biotische Ziele (zahlreiche Landschaftschutz- reinen Marktsituation. gebiete, mehrere Naturparke, ein Nationalpark Auch der in Brandenburg noch typische und in und drei Biosphärenreservate) weist Branden- hoher Dichte vorkommende Weißstorch ist an burg einen hohen Anteil an Flächen mit sich zeitlich stark verändernde Vegetations- Schutzstatus auf. Die Entwicklung dahin war höhen bei Grünland und (früherem) Feldfutter durchaus mit erheblichen Konflikten in der gebunden, um seine typische Futtergrundlage Landnutzung behaftet und diese ist noch nicht (Mäuse, Regenwürmer, Amphibien) zu gänzlich frei davon. Die mit diesen Schutz- sichern. Sein Rückgang ist aufgrund der in den status verbundenen Auflagen haben eher nur letzten 20 Jahren geänderten wenig Wirkung auf die aktuelle landwirt- Landnutzungsmuster eventuell vorprogram- schaftliche Flächennutzung da fast immer für miert. Andere Arten, wie die Wachtel die aktuelle Landnutzung eine Art Bestandes- profitieren vom Wandel in den Furchtarten schutz gewährt wird. Die Unterschutzstellung (zunehmender Getreide-, insbesondere verunsichert aber Landnutzer hinsichtlich der Weizenanbau, George 2004). Begrenzung von zukünftigen Anpassungs- und Veränderungsmöglichkeiten der Landnutzung. Zudem sind durch inzwischen bessere Gelegentlich sind durch regionale Initiativen Arbeitsqualität der ackerbaulichen Geräte- mit den besonderen Schutzstatus verbundene technik, eine hohe Saatgutqualität und einem Produktions- und Vermarktungsmöglichkeiten wirksameren Pflanzenschutz die Kulturpflan- entstanden. So ist der Flächenanteil des zenbestände in der Vegetationszeit sehr Ökolandbaus in Brandenburg, auch aufgrund homogen und quasi lückenlos dicht. Für die der großen Biosphärenreservate (Schorfheide- erwähnten Feldvögel, aber auch für Chorin, Spreewald, Elbtal) mit 10,7% der 20 größte in Deutschland und dabei deutlich höher Literatur als der bundesweite Durchschnitt (5,6%). In anonym (2011): Basisdaten der Agrarstatistik. Amt für der hohen Flächenausstattung mit Ökolandbau Statistik Berlin-Brandenburg. Internetressource: spiegelt sich aber auch wider, dass landwirt- http://www.statistik-berlin- schaftliche Betriebe auf schwierigen Anbau- brandenburg.de/home.htm (am 20. März 2011) standorten ihre Landnutzung eher zum Öko- George, K. (2004): Veränderungen der ostdeutschen landbau ändern, da die Ertragssituation Agrarlandschaft und ihrer Vogelwelt. Dissertation, ohnehin oft niedrig ist. Die beim Wechsel zu Univ. -Wittenberg. In: Beiträge zur Avifauna Sachsen-Anhalts 12: 138 S. dieser Bewirtschaftungsweise eintre-tenden naturalen Ertragseinbußen sind dann absolut Jenssen, M., Hofmann, G., Pommer, U. (2009): Die natürlichen Vegetationspotentiale Brandenburgs als nicht so hoch. Grund-lage klimaplastischer Zukunftswälder. Aufgrund der eher noch jungen Land- Beiträge zur Gehölzkunde 2007, Hrsg.: schaftsgenese dominieren in den Landschaften Gesellschaft Deutsches Abo-retum e.V, ISBN: 3- 928521-27-5, Hansmann Verlag, Hemmingen, vorwiegend Regionen mit Binnenent- S.17-29. wässerung. Für ältere Landschaften typische Lutze, G., Schultz, A., Wuntke, B., Voss, M., Kiesel, J., Abflusssysteme für (Niederschlags )Wasser Wenkel, K.-O. (2010): Brutvogelausstattung der haben sich nur begrenzt ausgebildet. Dies hat Agrar-landschaften Brandenburgs - zwischen zur Folge, dass in den letzten fünfzig Jahren Artenreichtum und Artenarmut. Waldökologie, umfangreiche Entwässerungssysteme ein- Landschaftsfor-schung und Naturschutz. 9(2010): gerichtet wurden. Deren Unterhalt stößt aber in 79–93 den letzten zwanzig Jahren kontinuierlich auf LVL (2002): Tierzuchtreport 2001, (Kurzfassung). Landesamt für Verbraucherschutz und Probleme. Niederschlagsreiche Jahre führen Landwirtschaft des Landes Brandenburg, Frankfurt deshalb in einigen Regionen immer wieder zu (Oder) ‚Binnenüberflutungen’ mit erheblichen Bewirt- MIL (2010): Tierzuchtreport 2009, Ministerium für schaftungserschwernissen für die Landwirte. Infrastruktur und Landwirtschaft des Landes Die landschaftlichen Besonderheiten aber auch Brandenburg (MIL), Potsdam die speziellen strukturellen Bedingungen der MUGV (2010): Biomassestrategie des Landes Brandenburg. Ministerium für Umwelt, Gesundheit Landnutzung in Brandenburg (geringe ‚Reife’ und Verbrau-cherschutz des Landes Brandenburg. der Landschaften mit den besonderen Stoff- Internetressource: Internetressource: und Wasserflüssen, geringe Besiedlungsdichte, http://www.statistik-berlin- Extremstandorte bei Bodenqualität und Was- brandenburg.de/home.htm (am 20. März 2011) serführung, Grenzstandorte, Landschafts- Rus, Ch., Brunsch, R. (2007): Tierproduktion in neugestaltung nach Tagebau etc.) führen zu Nordostdeutschland. Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, Berlin (42 S.) einer besonders hohen ‚Forscherdichte’ in Brandenburg. Es existiert eine besonders große Zahl an wissenschaftlichen Einrichtungen in Berlin und Brandenburg mit fachlichem Bezug zu Landnutzung, Landschaftsgenese, Klimawandel, Regionalentwicklung, Land- schaftsökologie sowie neuen Entwick- lungskonzepten. Diese finden interessante Forschungsobjekte quasi vor der Haustüre. Aber auch Projekte mit Forschungspartnern aus ganz Deutschland führen zu einem häufigen Kontakt mancher lokaler Akteure mit Forschern und ihren Arbeitsgegenständen.

21

Exkursion G 1 Initiale Ökosystementwicklung, Rekultivierung und alternative Landnutzung in der Niederlausitzer Bergbaufolgelandschaft

(1) (2) (1) (1) (3) W. SCHAAF , W. GERWIN , D. FREESE , CH. BÖHM , J. KRÜMMELBEIN (1) BTU Cottbus, Lehrstuhl für Bodenschutz und Rekultivierung (2) BTU Cottbus, Forschungszentrum Landschaftsentwicklung und Bergbaulandschaften (3) BTU Cottbus, Lehrstuhl für Geopedologie und Landschaftsentwicklung

verschiedene Landnutzungsmöglichkeiten und Einleitung/ Ziel der Exkursion Renaturierungsversuche mit Beteiligung der BTU Cottbus durchgeführt. Neben dem Anbau Das Niederlausitzer Braunkohlerevier ist nach von schnell wachsenden Baumarten zur dem Rheinland das zweitgrößte Abbaugebiet Biomasseproduktion wurde hier mit dem 6 ha Deutschlands. In insgesamt fünf Tagebauen großen künstlichen Wassereinzugsgebiet wird hier Braunkohle durch das Bergbau- „Hühnerwasser“ eine weltweit einmalige unternehmen Vattenfall Europe Mining AG Fläche geschaffen, die für ökosystemare gefördert und vorrangig für die Strom- Forschungsansätze genutzt wird (Abb. 1). erzeugung in den drei in der Region ansässigen Großkraftwerken verwendet. Die Förderung im Tagebauverfahren verursacht einen groß- flächigen Eingriff in die Landschaft, der ent- sprechend dem Berggesetz durch Rekultivie- rungsmaßnahmen wieder ausgeglichen werden muss. Die Bergbaufolgelandschaft bietet für wissen- schaftliche Arbeiten in diesem Zusammenhang vielfältige Möglichkeiten. Neben der prak- tischen Begleitforschung zu weiterentwickelten Rekultivierungsmaßnahmen und der Suche Abb. 1: Lage des Einzugsbiets im Tagebau nach neuartigen Landnutzungssystemen für Welzow-Süd diese neu entstehenden Landschaftsausschnitte, bietet die Bergbaufolgelandschaft Raum für Wassereinzugsgebiet ökologische Grundlagenforschungsvorhaben. „Hühnerwasser“ Der Sonderforschungsbereich/Transregio 38 Exkursionsraum und –route (SFB/TRR 38) von BTU Cottbus, TU Die Exkursion führt in den Tagebau Welzow- München und ETH Zürich nutzt im Tagebau Süd, einen der noch aktiven Bergwerke in der Welzow-Süd ein künstliches Wassereinzugs- Niederlausitz. Der Tagebau wurde in den gebiet als Modellsystem für initiale Öko- 1970er Jahren aufgeschlossen. Die Freilegung systeme. Mittels eines breit angelegten inter- der Braunkohle (2. Lausitzer Flöz) erfolgt mit disziplinären Forschungsprogramms werden der Förderbrückentechnik, die die Umlagerung hier Strukturen und Prozesse der initialen von bis zu 60 m mächtigen Abraummassen in Ökosystemgenese erfasst und analysiert einem Schritt ermöglicht. Im bereits ausge- (SCHAAF et al. 2010b). kohlten Bereich des Tagebaus werden

22

Das dazu genutzte Gelände wurde in von Pyrit und Markasit aus tertiären Sediment- gemeinsamer Vorbereitung von Vattenfall schichten in dem Untersuchungsgelände nicht Europe Mining AG und BTU Cottbus 2004 auftreten wird. Die Planung für das künstliche geplant und bis Mitte 2005 realisiert Dieses Wassereinzugsgebiet schloss dementsprechend Wassereinzugsgebiet „Hühnerwasser“ ist als die Verkippung tertiärer, kohle- und pyrit- Quellgebiet für ein in der Bergbaufolge- haltiger Substrate aus. Das Substrat der landschaft zu rekonstruierendes Fließgewässer Deckschüttung stammt aus saalezeitlichen („Hühnerwasser“) konzipiert und nimmt eine Ablagerungen des Pleistozäns im Bereich des Fläche von rund 6 ha ein (GERWIN et al., Lausitzer Höhenrückens. 2009). Es befindet sich an der Südost- Weiterhin wurden auf dem Untersuchungs- Abdachung einer künstlich geschaffenen gelände abgesehen von Planierungsarbeiten Erhebung mit einer Höhendifferenz über der keinerlei Meliorationsmaßnahmen (wie z.B. umgebenden Bergbaufolgelandschaft von ca. Kalkung, Düngung) oder Ansaaten bzw. 10 m. Das durchschnittliche Gefälle beträgt Bepflanzungen durchgeführt, so dass eine für 2 %. Erbaut wurde das Gelände mit Hilfe der die Region standorttypische ungelenkte Tagebau-Großtechnik. Auf der Förderbrücken- Sukzession ablaufen kann (Abb. 3) kippe wurde mit Absetzertechnik eine Basisschüttung aufgebracht, die im Bereich des Einzugsgebietes mit einer 1 bis 2 m mächtigen Tonschüttung als Vertikalsperre für Sicker- wasser überdeckt wurde. Oberhalb der Tonschicht wurde eine durchschnittlich 2-3 m mächtige Deckschüttung aus vornehmlich sandigen Substraten aufgebracht. Die Fläche wurde nach der Schüttung planiert und oberflächlich geglättet (Abb. 2). Neben einem terrestrischen Teilbereich befindet sich an der tiefsten Stelle des Areals eine Senke, die die Abb. 3: Luftbild und Hauptmerkmale des Entwicklung eines Standgewässers zulässt. Einzugsgebiets Hühnerwasser im Mai Weiterhin ermöglicht die Geländebeschaffen- 2007 heit die Entstehung von periodischen und Nach Abschluss der Bauarbeiten („Punkt Null episodischen, später ggf. auch permanenten der Entwicklung“) im Herbst 2005 wurden (Klein-) Fließgewässern. erste Beobachtungseinrichtungen auf der Fläche installiert, um zum einen den Ausgangszustand der Ökosystementwicklung sowie andererseits die bereits unmittelbar nach dem Nullpunkt der Genese beginnende Strukturentwicklung zu dokumentieren. Im Rahmen des SFB/TRR 38 hat seitdem ein Abb. 2: Schematischer Querschnitt durch das Einzugsbiet umfangreiches Monitoringprogramm die sehr dynamische und rasche Entwicklung der Insgesamt wurde bei der Planung des Geländes Fläche dokumentiert (SCHAAF et al., 2010a). größter Wert darauf gelegt, dass bergbau- Zu dem Monitoringprogramm gehören hydro- spezifische Eigenschaften in dem Gebiet nicht logische, bodenkundliche, botanische, boden- zum Tragen kommen. So wurde darauf zoologische, limnologische und meteoro- geachtet, dass das für zahlreiche Bergbau- logische Untersuchungen (Abb. 4). Regel- standorte gerade in der Lausitz charakte- mäßig werden zudem Befliegungen mit einer ristische Phänomen der starken Boden- und Wasserversauerung aufgrund der Verwitterung 23

Mikrodrohne durchgeführt, um Luftbilder der produktion in der Bergbaufolgelandschaft des Oberflächenstrukturen zu erzeugen (Abb. 5). Lausitzer Braunkohlereviers seit nunmehr 15 Zu Kennzeichnung der Ausgangsbedingungen Jahren untersucht. Bei den schwerpunktmäßig wurden bereits 2005 an rund 130 Raster- untersuchten Landnutzungssystemen handelt es punkten in unterschiedlichen Tiefenbereichen sich einerseits um reine Kurzumtriebs- (0-30, 30-100 cm) Proben des Substrats plantagen (Energiewälder), andererseits entnommen. Der tiefere Untergrund wurde werden auch Agroforstsysteme untersucht. zusätzlich an ausgewählten Raster-punkten in Hierbei werden schnellwachsende Gehölze in den beiden Tiefenstufen 100-200 und Form von Gehölzstreifen angelegt und die 200-300 cm beprobt. Untersuchungen des dazwischen befindlichen Ackerstreifen mit überwiegend sandigen Substrats ergaben, dass Ackerkulturen bestellt. Diese Form der es der Fragestellung des Vorhabens streifenweisen Agroforstwirtschaft wird auch entsprechend einen weitgehend initialen als Alley-Cropping-System bezeichnet. Zustand zu Beginn der Bodenbildung repräsentiert (Tab. 1). Die pH-Werte liegen im neutralen bis schwach alkalischen Bereich und es konnte in allen Proben Carbonat aus den eiszeitlichen Geschiebesubstraten nach- gewiesen werden. Der Tonmineralbestand setzt sich überwiegend aus Illit zusammen, was die noch wenig fortgeschrittene Bodenbildung bestätigt.

Abb. 6: Alley-Cropping-Fläche im Rekul- tivierungsbereich des Tagebaus Welzow-Süd Die Energiewald- und Alley-Cropping-Flächen im Tagebau Welzow-Süd umfassen zusammen eine Fläche von über 50 ha und sind Bestandteil der sogenannten Energielandschaft Welzow. Das Gebiet gehört mit einer mittleren Jahresniederschlagssumme von 570 mm zu den trockensten Gebieten Deutschlands. Der grundwasserferne und bezüglich der Substrat- zusammensetzung sehr heterogene Standort befindet sich im Initialstadium der Boden- Abb. 5: Luftbildmosaik aus der Mikrodrohnen- entwicklung und ist durch ziemlich arme bis Befliegung im Juli 2010 mittlere, quartäre Kipp-Lehmsande und -tone sowie arme, tertiäre, kohleführende Kipp- Energielandschaft Welzow Reinsande gekennzeichnet. Bei den Rekultivierungsflächen des Lausitzer Die Flächen werden in Eigenverantwortung Braunkohlebergbaus handelt es sich größten- von regionalen Landwirtschafts- oder teils um marginale Standorte, die ein hohes Forstunternehmen und in Zusammenarbeit mit Flächenpotential für den Anbau biogener der Vattenfall Europe Mining AG bewirt- Festbrennstoffe darstellen. Am Lehrstuhl für schaftet. Bodenschutz und Rekultivierung der BTU Cottbus wird der Anbau von schnell- wachsenden Gehölzen zur Bioenergie- 24

Tabelle 1: Bodenkundliche Parameter der initialen Böden im Einzugsgebiet Hühnerwasser (Mittelwerte (m) und Standardabweichung (s) der Proben aus der Rasterkartierung; Probenzahl in 0-30 cm: 124, 30-100 cm: 120, 100-150 cm: 29, 150-200 cm: 28, >200 cm: 18)

3

T T T Tiefe pH (H2O) EC [µS/cm] Skelett [%] Sand [%] Schluff [%] Ton [%] C [mg/g] CaCO [%] [mg/g] Corg. [mg/g] N [mg/g] S

0 – 30 cm m 8.05 207.4 14.5 84.8 9.1 6.1 2.7 1.6 0.1 0.2 0.87 s 0.43 293.6 6.6 5.4 3.4 2.1 1.5 1.0 <0.01 0.1 0.66 30 -100 cm m 8.02 187.8 10.7 82.4 10.3 7.3 3.3 2.2 0.1 0.2 0.94 s 0.46 131.8 5.8 5.7 3.5 2.5 1.7 1.2 <0.01 0.2 0.85 100 – 150 cm m 7.82 238.9 7.8 82.2 9.9 7.9 3.4 2.1 0.1 0.2 1.09 s 0.49 99.4 3.4 5.4 2.7 2.5 2.2 1.6 <0.01 0.2 0.85 150 – 200 cm m 7.73 231.8 12.4 82.9 9.6 7.5 3.0 2.0 0.1 0.2 0.89 s 0.66 111.0 3.2 4.8 2.5 2.2 1.6 1.2 <0.01 0.2 0.63 >200 cm m 7.8 257.2 9.3 83.8 8.9 7.3 3.1 1.9 0.1 0.2 1.0 s 0.45 111.0 4.3 4.4 2.0 1.9 1.2 0.9 <0.01 0.1 0.6 Gesamt m 7.87 247.9 12.2 83.4 9.7 6.9 3.1 1.9 0.1 0.2 0.93 s 0.72 12.1 6.0 5.6 3.3 2.4 1.6 1.2 <0.01 0.2 0.67

Im Energiewald wurde bislang ausschließlich bereits einmal beerntet. Andere Bereiche sowie die, wie sich in Vorversuchen zeigte Teile der im Alley-Cropping-System befind- (GRÜNEWALD et al., 2009), auf derartigen lichen Gehölzstreifen sollen im Winter Standorten ertragreichste Baumart Robinie 2010/2011 zum ersten Mal beerntet werden. (Robinia pseudoacacia L .) angebaut. Auf den Ackerstreifen des Alley-Cropping- Systems wurde 2007 ein Luzerne-Gras- Die Alley-Cropping-Flächen umfassen Gemisch ausgebracht, das regelmäßig Varianten mit 12 m und 24 m breiten gemulcht wurde und zur Bodenverbesserung Ackerstreifen und ca. 11 m breiten, sowohl in zunächst 3 Jahre auf der Fläche verblieb. Nord-Süd- als auch in Ost-West-Richtung Leguminosenhaltige Pflanzengemenge werden verlaufenden Gehölzstreifen. Diese bestehen neben Winterroggen und Winterzwischen- aus je 4 Doppelreihen Robinie. Um deren früchten mittelfristig auch weiterhin ein Windschutzfunktion kontinuierlich aufrecht- wichtiger Bestandteil der geplanten Frucht- zuerhalten, sollen jeweils immer nur 2 Reihen folge sein. Auf den Flächen fanden und finden beerntet werden. Die Umtriebszeit wurde zahlreiche Forschungsarbeiten statt. Die sowohl beim Energiewald als auch auf den grundlegenden Untersuchungen umfassen die Alley-Cropping-Flächen auf 3 bis 6 Jahre Charakterisierung der standörtlichen Verhält- festgelegt. Teile des Energiewaldes wurden nisse, Untersuchungen zu Pflanzenernährung 25 und Düngung sowie zum Wachstum und der Weitere Informationen zu den an der BTU Ertragsbildung. Generell sind auf den Cottbus laufenden Projekten zum marginalen Rekultivierungsstandorten nur ge- Agrarholzanbau sind auf folgender ringe Erträge zu erzielen. Nach der ersten Internetseite einsehbar: http://www.tu- Rotation können bei Robinie im Durchschnitt cottbus.de/multiland/de/. 3 tatro ha -1 a -1 erwartet werden (BÖHM et al., 2009). Aufgrund des verstärkten Zuwachses Landwirtschaftliche nach der ersten Beerntung sind mittelfristig Rekultivierung 6 tatro ha -1 a-1 zu erwarten. Die Abbildung 7 zeigt den Wachstumsverlauf vierjähriger Im Rahmen der Exkursion in den Tagebau Robinien im Untersuchungsgebiet. Welzow-Süd werden anhand einer Poster- präsentation Ergebnisse aus einem land- Auf den Alley-Cropping-Flächen werden im wirtschaftlichen Rekultivierungsversuch in Rahmen des Forschungsprojektes Agro- einem anderen Tagebau (Jänschwalde) Forst¬Energie mittels umfangreicher mete- vorgestellt. orologischer, boden- und vegetationskund- licher sowie bewirtschaftungs- und ertrags- Der ebenfalls aktive Tagebau Jänschwalde bezogener Datenerhebungen die Interaktionen (51°47’ N; 14°35’ E) liegt etwa 20 km entfernt zwischen Gehölz- und Ackerstreifen sowohl vom Tagebau Welzow-Süd. Der Betrieb erfolgt aus ökonomischer als auch aus ökologischer grundsätzlich ähnlich wie in Welzow-Süd: das Sicht charakterisiert, quantifiziert und bewertet die Braunkohle überlagernde Deckgebirge von (FREESE et al., 2010). Dieses Projekt eignet einer Mächtigkeit von etwa 50 m wird sich in besonderem Maße zur Untersuchung abgetragen und auf die zu rekultivierende Seite der Bedeutung agroforstlicher Konzepte für die transportiert. Dort wird das Substrat Wiederherstellung der Einkommensfunktion aufgeschüttet und eingeebnet. Hierfür werden marginaler Standorte. Eine zentrale Frage- relativ schwere Raupen benutzt (KOMATSU stellung auf diesem trockenheitsexponierten D65PX-15, Gesamtgewicht 20.77 t, Standort ist, ob der zeitgleiche Anbau von Kontaktflächendruck 32.85 kPa; KOMATSU Gehölzen und Ackerkulturen auf einer Fläche D65EX-15, Gesamtgewicht 19.72 t, infolge einer optimierten Wassernutzung zu Kontaktflächendruck 58.84 kPa; Caterpillar einer höheren Wertschöpfung führt. D8RII, Gesamtgewicht 36.5 t, Kontaktflächendruck 97.09 kPa), die die Baumhöhe 4,5 4,5 Dammartigen Strukturen nivellieren. Die Wurzelhalsdurchmesser 4,0 4,0 Fläche wurde im Winter 2006/2007 hergestellt, 3,5 3,5 was auf relativ hohe Substratwassergehalte 3,0 3,0 2,5 2,5 deutet (Werte liegen nicht vor). 2,0 2,0 Nachdem die Fläche aufgeschüttet und 1,5 1,5

Baumhöhe (m) eingeebnet und bevor auf den insgesamt 6 ha 1,0 1,0 24 Teilflächen eingerichtet wurden, auf denen 0,5 0,5 0,0 0,0 Wurzelhalsdurchmesser (cm) unterschiedliche Fruchtfolgen, unterschiedliche 1 2 3 4 Bodenhilfsstoffe und eine Tiefenlockerungs- Vegetationsperiode maßnahme hinsichtlich ihrer Wirkung auf die Abb. 7: Entwicklung des Wurzelhalsdurch- strukturelle Bodenentwicklung getestet werden messers sowie der Baumhöhe bei sollen, wurde eine Status-quo-Beprobung vierjährigen Robinien einer Kurzu- durchgeführt, die folgende Ergebnisse mtriebsplantage im Rekultivie- erbrachte: Der Gehalt an CaCO 3 im Substrat ist rungsbereich des Tagebaus Welzow- relativ hoch und liegt im Mittel bei 2,3 % bei Süd einem mittleren pH-Wert (0,01n CaCl 2) von 8,4. Die Körnung des Substrates liegt

26

überwiegend im sandigen Bereich, die Literatur Sandgehalte schwanken auf der Fläche Böhm, C., Quinkenstein, A., Freese, D., Hüttl, R. F. zwischen 70 % und 90 %. Die Lagerungsdichte 3 (2009): Wachstumsverlauf von vierjährigen schwankt zwischen 1,35 g/cm und 1,9 g/cm³. Robinien in einer Kurzumtriebsplantage auf Die Vorbelastung schwankt relativ weit Niederlausitzer Rekultivierungsflächen. AFZ – Der zwischen 30 kPa und 70 kPa und ist nicht mit Wald 10, 532-533. der Lagerungsdichte korreliert. Die Vor- Freese, D., Böhm, C., Quinkenstein, A., Schneider, B. belastung übersteigt den in der entsprechenden U., Hüttl, R. F. (2010): Feld und Wald auf einem Schlag (Agroforst – flächenschonende Alternative Tiefe bei 35 Gew.-% Wassergehalt her- für die Energieholzproduktion). Neue rschenden Überlagerungsdruck um das 2- bis Landwirtschaft 9/2010, 76-78. 10-fache. Die Luftleitfähigkeit (bei -60 hPa Gerwin, W., Schaaf, W., Biemelt, D., Fischer, A., Matrixpotential) ist insgesamt sehr gering, die Winter, S., Hüttl, R. F.. (2009): The artificial gesättigte Wasserleitfähigkeit ist sehr catchment „Chicken Creek“ (Lusatia, Germany) – heterogen und schwankt über 5 Zehner- A landscape laboratory for interdisciplinary studies potenzen. In der Posterpräsentation werden die of initial ecosystem devlopment. Ecol. Eng. 35, 1786-1796. Ergebnisse der Status-quo-Beprobung Gerwin, W., Schaaf, W., Biemelt, D., Winter, S., vorgestellt sowie die Entwicklung einzelner Fischer, A., Veste, M., Hüttl, R.F., 2010: Overview Parameter im Zeitverlauf nach Flächen- and first results of ecological monitoring herstellung. at the artificial watershed Chicken Creek (Germany).J. Phys. Chem. Earth (doi: 10.1016/j.pce.2010.11.003). Grünewald, H., Böhm, C., Quinkenstein, A., Grundmann, P., Eberts, J., v. Wühlisch, G. (2009): Robinia pseudoacacia L.: A lesser known tree species for biomass production. BioEnergy Research 2, 123-133. Krümmelbein, J., Horn, R., Bens, O., Raab, T., Hüttl, R.F. (2010): Soil Physical Parameters of A Recently Established Agricultural Recultivation Site after Brown Coal Mining in Eastern Germany. Soil&Tillage Research 111, 19-25. Schaaf, W., Biemelt, D., Hüttl, R.F. (Hrsg., 2010a): Initial development of the artificial catchment “Chicken Creek” – monitoring program and survey 2005-2008. Ecosystem Development, 2, Cottbus. Schaaf, W., Bens, O., Fischer, A., Gerke, H. H., Gerwin, W., Grünewald, U., Holländer, H. M., Kögel- Knabner, I., Mutz, M., Schloter, M., Schulin, R., Veste, M., Winter, S., Hüttl, R. F. (2010b): Patterns and processes of initial terrestrial ecosystem development. J. Plant Nutr. Soil Sci. (doi 10.1002/jpln.201000158))

27

Exkursion G 2 Die Binnensalzstellen Brandenburgs im Spannungsfeld zwischen Moorschutz und Prioritärem Lebensraum (1) (2) (3) (4) A. BAURIEGEL , M. FACKLAM , H. RÖßLING , J. HERING (1) Landesamt für Bergbau, Geologie und Rohstoffe Inselstraße 26, 03048.Cottbus Tel.: +49 (0)355/865-2012 Mail: [email protected] (2) TU-Berlin, Fakultät VI, Institut für Ökologie , Fachgebiet Standortkunde und Bodenschutz Ernst-Reuter-Platz 1, 10587 Berlin Tel.: +49 (0)30/314-73537 Mail: [email protected] (3) Naturschutzfond Brandenburg Zeppelinstraße 136, 14471 Potsdam Tel.: +49 (0)331/971-64 862 Mail: [email protected] (4) Ministerium des Innern Henning-von-Tresckow-Str. 9-13,14467 Potsdam Tel: +49(0)331/866 2106 Mail: [email protected]

nungsfeld soll an drei Exkursionspunkten Einleitung diskutiert werden. Die Standorte repräsentieren sowohl die Versalzungsintensitäten als auch Im Land Brandenburg sind über 100 die verschiedenen Managementstrategien der Binnensalzstellen historisch dokumentiert. Sie Binnensalzstellen insgesamt. Ergänzend und verdanken ihre Entstehung einer geogen indu- durch den Exkursionsraum bedingt sollen zierten Grundwasserversalzung. Im Rahmen Ergebnisse zur Pedogenese der roten Böden des EU LIFE-Natur Projektes „Schutz und (Fuchserden) am Beispiel des Profils Entwicklung der Binnensalzstellen Branden- Teufelssee in den Rauenschen Bergen vor- burgs“ wurden 18 Gebiete über den Zeitraum gestellt werden. 2006 bis 2010 bodenkundlich detailliert untersucht. Die Arbeiten hatten zum Ziel, die pedogenen Eigenschaften sowie die Dynamik Exkursionsraum und -route der Binnensalzstellen zu erfassen und zu Der Exkursionsraum umfasst charakteristische bewerten. Die Ergebnisse waren eine Landschaftseinheiten Mittelbrandenburgs. Die Voraussetzung für die Konzeption von Route führt über den Teltow, als Teil der effektiven Managementstrategien zum Schutz glazigenen Hochflächen der Mittelbranden- dieses prioritären Lebensraumes. burgischen Platten und Niederungen, weiter durch das Berliner Urstromtal bis hin zu dem Ziel der Exkursion präweichselzeitlich angelegten Stauchungs- komplex der Rauenschen Berge. Die vor- Im Fokus der Exkursion steht neben der zustellenden Binnensalzstellen selbst liegen Diskussion der Pedogenese und der saisonalen innerhalb der holozänen Niederungen des Variabilität der Binnensalzstandorte auch die Dahme-Heideseen-Gebietes bei Storkow Frage, inwieweit sich Nutzungs- und (G2/1, G2/2), der Notteniederung bei Zossen Bewirtschaftungsstrategien auf diesem Lebens- (G2/4) sowie der Nuthe-Nieplitz-Niederung bei raumtyp mit den Erfordernissen des Moor- Gröben (G2/5, G2/6). Der Exkursionspunkt schutzes verbinden lassen. Dieses Span- 28

Abb. 1: Exkursionsroute G2/3 befindet sich in der Hochfläche der setzt sich aus Buchen-Kiefern-Beständen im Rauenschen Berge unweit der Domstadt Revier Rauen und Kiefern-Eichen-Beständen Fürstenwalde (Spree). zusammen. Auf den grundwasserbeeinflussten Standorten sind Stieleichen-Hainbuchenwälder Klima und Vegetation und Stiel-eichen-Birkenwälder in Resten erhalten. Die klimatischen Verhältnisse sind subkontinental geprägt (Ostdeutsches Binnen- klima). Die Jahresmitteltemperatur (Potsdam) Geologie liegt bei 8,7 Grad °C, das Temperaturmittel der Die Binnensalzstellen verdanken ihre Existenz Vegetationsperiode (Mai-September) befindet einem Aufstieg von mineralisierten Tiefen- sich bei 15,7 Grad °C. Die Jahresniederschläge wässern und stehen im Zusammenhang mit schwanken zwischen 519 mm (Storkow), Fehlstellen im unteroligozänen Rupelton. Der 527 mm (Gröben, Zossen.) und 531 mm durchschnittlich 80-100m mächtige Rupelton, (Fürstenwalde), in der Vegetationsperiode dichtet die Süßwasserstockwerke gegenüber fallen etwas über 50% der Niederschläge, der den tieferliegenden Salzwässern ab. Halo- Juli ist der niederschlagsreichste Monat kinetische Bewegungen sowie erosive quartäre (TÖLLE 2000). Ausräumungszonen bewirkten Fehlstellen Als potentielle natürliche Vegetation wird auf innerhalb der Sperrschicht des Rupeltons, den Hochflächen ein Kiefern- durch die bei entsprechenden Druckunter- Traubeneichenwald für die sandigen bis schieden ein Salzwasseraufstieg in die lehmunterlagerten Gebiete und ein Winter- jüngeren Grundwasserleiter erfolgt (HERMS- linden-Traubeneichen-Hainbuchenwald für die DORF 2010). Dabei werden die vorhandenen Moränenstandorte angenommen (KRAUSCH Druckdifferenzen abgebaut und das Salzwasser 2000). In Gunstpositionen sind aber auch wird im normalen Grundwasserstrom mit- naturnahe Buchenwälder (Rauen) anzutreffen. geführt. Da das salzhaltige Grundwasser Auf den nährstoffärmeren Hochflächen- und überwiegend an der Basis des Süßwasser- trockenen Talsandstandorten dominieren die komplexes laminar transportiert wird, besteht zwergstrauchreichen Blaubeer-Kiefernwälder. meist eine räumliche Distanz zwischen Die aktuelle Vegetation der Waldstandorte Entstehungs- und Auftrittsort (HANNEMANN

29

& SCHIRRMEISTER 1998; SCHIRR- glazigen gestörten Braunkohlenflöze (Briesker MEISTER 2002). Schichten) wurden ab 1842 bis in die Die vorzustellenden Binnensalzstellen sind, zwanziger Jahre des vorigen Jahrhunderts im wie auch die historisch dokumentierten Tiefbau abgebaut (z. B. Grube Gnadenreich). Standorte insgesamt, ausschließlich innerhalb der vermoorten holozänen Niederungs- bzw. Allgemeine Bodenverbreitung Senkengebiete Brandenburgs anzutreffen Der engere Exkursionsraum wird mit (BAU-RIEGEL ET AL. 2010). Ausnahme des Exkursionspunktes in den Die Rauenschen Berge bilden mit den Rauenschen Bergen (G2/3) von den Pfaffendorfer Höhen einen zusammen- grundwasserbestimmten Niederungsstandorten hängenden Stauchungskomplex, der prä- der Urstromtäler dominiert. Auf den Talsanden weichsel-zeitlichen Ursprungs ist und durch des Berliner Urstromtals und des Dahme- die Scharmützelsee-Rinne in N-S-Richtung Heideseen-Gebietes haben sich, sofern sie zerschnitten wurde. Aufmerksamkeit haben die unter landwirtschaftlicher Nutzung stehen, Rauenschen Berge vor allem wegen ihrer überwiegend Gleye und Gley-Braunerden großen Findlinge, den Markgrafensteinen, entwickelt. Die Grundwasserstände sind erlangt. Der große Markgrafenstein mit einem nutzungsbedingt meist abgesenkt, so dass die ursprünglichen Umfang von 29,5m Vergleyung oft einen reliktischen Charakter (KEILHACK 1921) wurde 1827 in drei Platten besitzt. Die Talsandareale mit einem aufgespalten. Aus dem mittleren Teil wurde tieferliegenden Grundwasseranschluss stehen die große Schale aus porphyritschem Granit überwiegend unter forstlicher Nutzung, meist angefertigt, die heute im Lustgarten vor dem mit einer Kiefernbestockung. In diesen Alten Museum in Berlin aufgestellt ist. Die Arealen, die sehr oft mit Flugsanddecken und Rauenschen Berge besitzen einen kom- Dünen vergesellschaftet sind, haben sich plizierten geologischen Aufbau, der zu großen tiefgründig vergleyte Braunerde-Podsol- Teilen von einer mehrfach glazigen Gesellschaften entwickelt. In den holozänen zerbrochenen Tertiärscholle geprägt wird Flugsanden überschreitet die Podsolierung (LIPPSTREU & ZIERMANN 1969). Die in makromorphologisch oft nicht das Stadium den miozänen Schichten lagernden, stark

Abb. 2: Geologische Übersichtskarte des Landes Brandenburg 1:300 000 (Lippstreu et al., 1997)

30 eines podsoligen Regosols. Die Exkursions- Hangenden zusammen. Im Profilaufbau doku- punkte der Binnensalzstellen selbst befinden mentiert sich damit, dass es sich vormals um sich innerhalb der holozän vermoorten einen sehr nassen Standort mit einem längeren Niederungen. Diese Niedermoor-standorte jahreszeitlichen Wasserüberstau gehandelt unterliegen in Folge ihrer intensiven haben muss. Auf den Luchwiesen bei landwirtschaftlichen (Vor-) Nutzung und damit Philadelphia (G2/2) sind hingegen die mäch- zusammenhängenden Meliorationsmaßnahmen tigen feinporenreichen Kalkmudden bzw. See- starken Degradationserscheinungen. Die Torf- kreiden standortprägend, welche Carbonat- körper sind oft von mächtigen Mudden Gehalte von über 90% aufweisen. Die unterlagert, die auf Grund des Torfabbaus bodenhydrologischen Eigenschaften dieser vielerorts bereits bis in den effektiven Substrate unterscheiden sich stark von denen Wurzelraum reichen. Die dadurch bedingt der benachbarten Marstallwiesen. veränderten bodenphysikalischen und boden- Das Ausmaß der Versalzungs- bzw. chemischen Eigenschaften der Standorte sollen Aussüßungsdynamik ist an den Standorten auch auf der Exkursion diskutiert werden. unterschiedlich stark ausgeprägt und unterliegt Deutlich heterogener ist das Substrat- und starken saisonalen Schwankungen (Abb. 3). Bodenformenspektrum in dem Stauchungs- Die Luchwiesen in Philadelphia zählen mit komplex der Rauenschen Berge. Das Substrat- sehr hohen Leitfähigkeiten (im Boden- Inventar reicht von tertiären, kohleführenden sättigungsextrakt) zu den am stärksten Sanden über Geschiebelehmen bis hin zu ausgeprägten Binnensalzstellen in Branden- Schmelzwassersanden und deluvialen Sanden. burg. Die dominierenden Bodenformen sind Braun- G2/1 G2/2 Max Min Max Min erden, Podsol-Braunerden aus Sand sowie 0 5 10 15 20 25 30 35 0 5 10 15 20 25 30 35

Fahlerde-Braunerden aus Sand über Lehm. Der 10 20 Exkursionspunkt der „Fuchserde“ bildet 30 40 innerhalb dieses Bodenformenspektrums eine 50 60 Ausnahme. (cm) Tiefe 70 80 90 100 Exkursionspunkte G2/1 Storkow und G2/2 Philadelphia Abb. 3: Maximal- und Minimalwerte der elektrischen Leitfähigkeit (ECe) im Die Exkursionspunkte befinden sich in direkter Bodensättigungsextrakt (mS/cm) in 0- Nachbarschaft. Bei den Niedermoorstandorten 10dm Profiltiefe handelt es sich um extensiv genutzte (G2/2, Die Marstallwiese Storkow ist in ihrer Luchwiesen Philadelphia), in Teilbereichen Ausprägung deutlich sensibler, da die ECe- aber auch intensiv genutzte (G1/1, Werte auch innerhalb der Verdunstungsperiode Marstallwiesen Storkow) Grünlandstandorte. bei längeren niederschlagsbedingten Feuchte- Das Ausmaß der Torfdegradation ist innerhalb Perioden unter die Konkurrenzschwelle von dieser Bereiche erheblich. Auf den Luchwiesen 4 mS/cm (LARCHER 2001, MUNNS & unterschreiten die Moormächtigkeiten die TESTER 2008) fallen. Dies erfordert für beide systematische Grenze für Niedermoore (AK Binnensalzstellen standortspezifische Manage- BO¬DENSYSTEMATIK 1998). Auf den mentstrategien. Marstallwiesen ist mit der Sanddeckkultur ein An beiden Standorten sind neben den Chlorid- anthropogenes Zeugnis dokumentiert. Gehalten (G2/1 >1500mg/l, G2/2 >8000mg/l Der Substrataufbau des Exkursionspunktes im Sättigungsextrakt) auch die Sulfat-Gehalte G2/1 setzt sich aus sehr schwach zersetzten relativ hoch (G1/2 >1000mg/l, G2/2 Torfen im Liegenden sowie einer anthro- >2000mg/l). Für die Luchwiesen in pogenen Sandauflage (Sanddeckkultur) im Philadelphia können sie dem limnischen 31

Substrat der Seekreide zugeschrieben werden, geomorphologische Position erklärt werden für die hohe CaSO 4-Gehalte nicht untypisch kann. Bei den Eisenoxiden dominieren die sind. Auf den Marstallwiesen ist hingegen ein stärker kristallisierten dithionitlöslichen Oxide anthropogener Aspekt nicht auszuschließen. (37,6 g/kg) gegenüber den oxalatlöslichen Oxiden (2,3 g/kg). G2/3 Rauensche Berge Auf den komplizierten geologischen Bau der G2/4 Prierowsee Zossen Rauenschen Berge wurde bereits im Punkt 5 Das Gebiet des Prierowsees ist Teil der Nuthe- eingegangen. Die präweichselzeitlichen Stau- Notte-Niederung. Im näheren Umfeld der Stadt chungsvorgänge stehen aber in keinem Zossen sind eine Reihe von Binnensalzstellen direkten Zusammenhang mit der Genese der historisch dokumentiert. Auch dieses „Fuchserden“, da sich diese in periglaziär Niederungsgebiet ist vielen Nutzungs- überprägten Schmelzwassersanden gebildet änderungen und Eingriffen in den Wasser- hat. Wie andernorts fallen diese Böden durch haushalt unterworfen gewesen. Als besonders ihrem inten¬siv rot gefärbten Horizont massive Eingriffe sind der Bau des Nottekanals (Munsell-Hue: 2.5YR und röter) auf. Mitte des 19. Jahrhunderts und die Komplex- Kennzeichnend ist ihr kleinräumiges, aber melioration in den 1980er Jahren zu nennen. nicht seltenes Auftreten. Ihr Verbreitungsraum Diese Maßnahmen hatten zur Folge, dass umfasst das gesamte pleistozän geprägte dieses von MÜLLER-STOLL & GÖTZ (1962) Norddeutsche Tiefland sowie deren noch als „umfangreiches Salzgebiet“ beschrie- angrenzende Gebiete (HERING ET AL. 2004). bene Areal, heute nur noch frag-mentarisch Als rotfärbender Bestandteil wird aufgrund der anzutreffen ist (RÖSSLING ET AL. 2010). Die Färbung Hämatit angenommen, welches auch Auswirkungen des veränderten Wasserhaus- im vorgestellten Profil (G2/3) nachgewiesen haltes zeigen sich auch in dem stark werden konnte (KASTLER & JAHN 2010; degradierten Zustand der Niedermoorstandorte. Abb. 4). Die Torfe sind durch sehr hohe Zersetzungs- grade (H9 nach VON POST) gekennzeichnet. Ein Vergleich von Bohrungsdaten von 1961 und 2009 belegen zudem einen massiven Torfverlust. Typisch für die Niederungs- standorte um Zossen sind die oft weitflächigen Unterlagerungen von z. T. sehr mächtigen Mudden. Am Standort selbst erreicht die Mudde bzw. Seekreide eine Mächtigkeit von 4,5m. Die Intensität der Versalzung ist mit der am Standort Marstallwiesen Storkow vergleichbar. Abb. 4: XRD-Scans der Probe 244/630/5 Die gemessenen Leitfähigkeiten unterschreiten oft auch innerhalb der Verdunstungsperiode Da aufgrund der Lage und der die angenommene Konkurrenzschwelle von 4 Bodenausgangsgesteine eine interstadiale mS/cm (ECe) nach LARCHER (2001) und Bodenbildung für diesen, wie auch für andere, MUNNS & TESTER (2008). Standorte ausgeschlossen werden muss, ist die Frage nach dem genetischen Hintergrund zu G2/5 und G/6 Gröben Kietz diskutieren. Auffällig sind im Weiteren die für Die Binnensalzstelle liegt ca. 15 km südöstlich die betreffenden Bodenausgangsgesteine von Potsdam in der Nuthe-Niederung. Die Alte untypisch hohen Eisengehalte. Es muss daher Nuthe durchfließt das Gebiet von Süd nach von einer allochthonen Eisen-Akkumulation ausgegangen werden, die z. T. durch die 32

Nord, im Westen begrenzt die kanalartig Literatur begradigte Nuthe das Areal. ARBEITSKREIS FÜR BODENSYSTEMATIK DER Die engere Untersuchungsfläche ist durch DEUTSCHEN BODENKUNDLICHEN GESEL- mächtigere Moore gekennzeichnet, die im LSCHAFT (1998): Systematik der Böden und der oberen Profilteil stark zersetzt sind und zum bodenbildenden Substrate Deutschlands, Kurz- Teil von Mudden unterlagert werden. fassung. Mitt. Dt. Bodenkundl. Ges., 86: S. 1-134, Oldenburg.

G2/5 G2/6 BAURIEGEL, A.; M. FACKLAM; J. WALTER (2010): Max Min Max Min Pedogene Eigenschaften und Dynamik der 0 5 10 15 20 25 30 35 0 5 10 15 20 25 30 Binnensalzstellen Brandenburgs; Naturschutz und 10 Landschaftspflege in Brandenburg 19 (1, 2), S. 16- 20 20 30 40 BAURIEGEL, A., FACKLAM, M., HERING, J., 50 60 RÖSSLING, H., LÜCK, E. (2007): Tiefe (cm) Tiefe 70 Bodenkundliche Aspekte auf den Binnensalzstellen 80 90 Brandenburgs. DBG Mitteilungen, Bd. 110, Heft 2, 100 S. 559-560

HANNEMANN, M. & SCHIRRMEISTER, W. (1998): Abb. 5: Maximal- und Minimalwerte der elek- Paläohydrogeologische Grundlagen der Ent- rischen Leitfähigkeit (ECe) im Boden- wicklung der Süß-/Salzwassergrenze und der ättigungsextrakt (mS/cm) in 0-10dm Salzwasseraustritte in Brandenburg. Branden¬burg. Profiltiefe Geowiss. Beitr. 5, 61-72 Die Leitfähigkeiten und damit die Salzgehalte HERING, J; BAURIEGEL, A. UND KAYSER, M. in der Bodenlösung am Standort Gröben sind (2004): Zur Genese ziegelroter Böden in den über den Jahresgang hinweg deutlich höher als quartären Landschaften Brandenburgs, Mitteilgn. am Standort Storkow (G2/1), aber vergleichbar Dtsch. Bodenkundl. Gesellsch. (Bd 103), S. 133- 134. mit den Standort Philadelphia (G2/2). HERMSDORF, A. (2010): Überblick über die Unabhängig vom Witterungsverlauf und der Grundwasserversalzung im Land Brandenburg und Verdunstungsintensität überschreiten die ihre Spezifikation für die Binnensalzstellen; gemessenen Leitfähigkeiten sowohl die Naturschutz und Landschaftspflege in Brandenburg Konkurrenzschwelle von 4mS/cm als auch den 19 (1, 2), S. 9-16 Wert von >15mS/cm, die die Standorte G2/2 IUSS WORKING GROUP WRB (2007): World und G2/5 auch nach der WRB (2006) als Reference Base for Soil Resources 2006, 1 Update, World Soil Resources Report No. 103, FAO, Rome. Solonchack einstufen. Dieser Befund deckt S.128 sich mit dem verstärkten Auftreten von Strand- KASTLER, M. & JAHN, R. (2010): Charakteririerung Dreizack (Triglochin maritimum) an diesem des Eisenmineralbestandes brandenburgischer Punkt. Fuchserden Bericht für das Landesamt für Bergbau, Allerdings werden die Leitfähigkeiten auch in Geologie und Rohstoffe Brandenburg, unveröff. Bericht einem stärkeren Maße durch Sulfat-Anteile in KEILHACK, K. (1921): Erläuterungen zur Geo- der Bodenlösung mitbestimmt. Die Sulfat- logischen Karte, Blatt Fürstenwalde, Preuß.Geol. Konzentrationen liegen z. T. extrem (4g/l) über Landesanstalt, Berlin dem als geogen angenommenen Anteil von bis KRAUSCH, K.D. (2000): Vegetationskundliche zu 150mg/l. Sie können in diesem Ausmaß Übersicht, In: J.H. Schroeder & F. Brose: Führer nicht nur den Prozessen der Torfdegradation zur Geologie von Berlin und Brandenburg, Nr.7 zugeschrieben werden, da sie auch deutlich Frankfurt (Oder) – Eisenhüttenstadt, Selbstverlag über den auf nicht versalzten und Geowissenschaftler in Berlin und Brandenburg e.V., Berlin landwirtschaftlich genutzten Standorten LARCHER, W. (2001): Ökophysiologie der Pflanzen, (SCHWÄRZEL, 1997; BAURIEGEL, 2007) 6. Auflage, UTB Ulmer-Verlag liegen. Ein anthropogener Einfluss ist daher als LIPPSTREU, L. & ZIERMANN, H. (1969): Zur Ursache anzunehmen. glazigenen Dynamik im Stauchmoränenkomplex

33

der Rauenschen Berge südlich Fürstenwalde, SCHIRRMEISTER W. ( 2002): Grundwasserversalzung Geologie, 18 (6), Berlin In: Stackebrandt, W & Manhenke, V.: Atlas zur MUNNS, R. & TESTER, M. (2008): Mechanisms of Geologie von Brandenburg, Landesamt für salinity tolerance, Annu. Rev. Plant Biology Geowiss. und Rohstoffe Brandenburg (LBGR), Kleinmachnow MÜLLER-STOLL, W.R. & GÖTZ, H.G. (1962): Die märkischen Salzstellen und ihre Salzflora in SCHWÄRZEL, K. (1997): Untersuchungen zum Stoff- Vergangenheit und Gegenwart, Wiss. Z. Päd. und Wasserhaushalt von Niedermooren, Dip.- Hochschule Potsdam, Math. Nat. R. 7, 243-296 Arbeit, TU-Berlin, unveröff. RÖßLING, H.; BAURIEGEL, A.; HAARING, C.; TÖLLE, H., (2000): Waldgesellschaften Ostbranden- HERMSDORF, A.; HERMANN, A.; LIST, U. burgs – Das Schlaubegebiet, Digitaler Druck und SONNENBERG, H.; ZAUFT, M. (2010): Verlag GmbH, Bielefeld Regionale Überblicksdarstellungen und Gebiets- steckbriefe; Naturschutz und Landschaftspflege in Brandenburg 19 (1, 2), S. 52-114

34

35

36

37

38

39

40

Exkursion G 3 Die Exkursion G 3 muss aus organisatorischen Gründen leider entfallen.

41

Exkursion G 4 Auenböden der Elbe als Archiv für die Stoffdynamik im Einzugsgebiet 1 1 1 2 2 3 3 B. URBAN , F. KRÜGER , T. WENIGER , J. PRÜTER , T. KEIENBURG , F. LANG , M. GRAF 1 Leuphana Universiät Lüneburg, Institut für Ökologie, Fachgebiet Landschaftswandel, Herbert-Meyer Str. 7, 29556 Suderburg Mail: [email protected] 2 Biosphärenreservatsverwaltung Niedersächsische Elbtalaue, Am Markt 1, 29456 Hitzacker Mail: [email protected] 3 TU-Berlin, Inst. f. Ökologie, Fachgebiet Bodenkunde, Ernst-Reuter-Platz 1, Sekr. BH 10-1, 10587 Berlin Mail: Markus.Graf@tu-berlin

(temporäre) Senke für Nährstoffe, Schadstoffe Einleitung/Ziel der Exkursion und im Einzugsgebiet erodierte organische Substanz und noch immer wichtiger Standort Die Stoffdynamik in rezent überfluteten Flus- für die lokale Landwirtschaft. (Von Haaren et sauen steht seit Jahrzehnten im wissenschaft- al. 2006). Landwirtschaftliche Bewirtschaf- lichen Fokus. Hierbei stellen die durch tung der Flächen wird auch im Zusammen- Hochwasserereignisse beeinflussten Böden ein hang des Hochwasserschutzes als günstig be- Archiv für die Schadstoffbelastung des Flusses wertet. Ohne landwirtschaftliche Nutzung bzw. dessen Einzugsgebietes dar. Neben den würden im Vorland mittelfristig Weidenbü- Schadstoffen aus Flusswasser und Sedimenten sche und Auenwälder aufwachsen, die bei werden jedoch auch große Mengen an konstantem Abflussquerprofil durch ihre Nährstoffen und organischer Substanz in die höhere Rauhigkeit zu einer Verzögerung des aktive Aue eingetragen. Abflusses beitragen können. Die jahrzehntelange Einleitung von ungenü- Vor diesem Hintergrund wird im Elbevorland gend gereinigten Abwässern aus Industrie und derzeit ein aufwendiges Flächennutzungsma- Kommunen in die Elbe und deren Nebenflüsse nagement betrieben (Landwirtschaftskammer hatte zur Folge, dass im Hochwasserfall Niedersachsen 2007), für das auch die Schad- schadstoffbehaftete Partikel zu einer stoffbelastung der Sedimente und Böden nachhaltigen Kontamination der Auenböden berücksichtigt wird. mit Schwermetallen und einer Vielzahl orga- nischer Schadstoffe führten (Miehlich 1983, Im Mittelpunkt der Exkursion steht der Zu- Götz et al. (2007) Krüger & Gröngröft 2003, sammenhang zwischen Sedimentations- und Krüger & Urban 2009, Umlauf et al. 2005, Stoffdynamik in den Vorlandböden der Elbe, Witter et al. 2003). Auch wenn sich in den wobei die Eignung der organischen Substanz letzten zwei Jahrzehnten die Gewässerqualität als Indikator für anthropogene Belastungen wesentlich verbessert hat (laufende Zah- hinterfragt und der Einfluss wasserbaulicher lentafeln der ARGE-Elbe), werden noch heute Maßnahmen auf das Sedimentationsgeschehen die Ökosysteme entlang der Elbe durch im Elbevorland beleuchtet wird. Schadstoffe beeinträchtigt (Heise et al. 2008). Darüber hinaus wird der Einfluss wasserbau- Die aktiven Auenbereiche der mittleren Elbe licher Maßnahmen auf die Sedimentations- haben eine Reihe teils konkurrierender Funk- dynamik und die Speicherung organischer tionen zu erfüllen. Sie sind Lebensraum für Substanz in Auen betrachtet. Hierbei liegt ein selten gewordene Tier- und Pflanzenarten, Fokus auf den unterschiedlichen Stabilisie- 42 rungsmechanismen organischer Substanz in Wege, indem wir auf die Autobahn A24 Böden und ihrer Ausprägung in verschiedenen Richtung HH starten und bei Neustadt-Glewe Auenböden. Es stehen neun Bodenschurfe auf die B 191 Richtung Ludwigslust und weiter (Abb. 2), die auf kleinstem Raum ein- Richtung Dömitz wechseln. Während der Fahrt drucksvoll die große Heterogenität von Se- wird eine Einführung in das Bios- dimentation und Bodenentwicklung in Fluss- phärenreservat Niedersächsische Elbtal-aue auen aufzeigt. Unter anderem wird auch ein gegeben. Das Urstromtal der Elbe errei-chen Beispiel für den Boden des Jahres 2011 (Ve- wir bei Neu-Kaliß, ca. 20 km vor dem ga) gezeigt. Exkursionsziel. Wenige Kilometer vor Weh- ningen passieren wir die „Dorfrepublik Exkursionsraum und –route Rüterberg“, einen Elbeort, der sich zu Zeiten des geteilten Deutschlands, eingezäunt im Die Exkursion führt in die rezent überfluteten Niemandsland befunden hat. Auen der unteren Mittelelbe im Bereich des Biosphärenreservates Niedersächsische Elb- Die anschließende Exkursion auf dem ca. 140 talaue. Das Exkursionsziel ist die Mäander- ha großen Wehninger Werder (Abb. 2) wird ca. schleife „Wehninger Werder“ zwischen den 3 Stunden dauern. Vielleicht werden Gän- Elbe-Stromkilometern 513-515. Die Ortschaft seschwärme und Seeadler die faunistische Wehningen liegt rechtselbisch im Amt Besonderheit des Elbtals belegen. Nach der Neuhaus zum niedersächsischen Landkreis Exkursion besteht die Möglichkeit zur Stär- Lüneburg gehörig (Abb. 1). Wir erreichen das kung mit Kaffee und Kuchen in einer lokalen Untersuchungsgebiet auf schnellstmöglichem Gastwirtschaft

Abb. 1: Topografische Übersicht zur Lage des Untersuchungsgebietes „Wehninger Werder“.

43

4

5

6 9

8 3 7 2

1

Abb. 2: Höhenmodell des Untersuchungsgebietes „Wehninger Werder“ und Lage der Bodenschurfe optionen“ vom PIK (2009) für das Biosphären- Klima reservat Niedersächsische Elbtalaue ermittelt Das Klima des Untersuchungsraumes kann als wurden. Die zentrale Lage des Untersuchungs- warmgemäßigtes humides Übergangsklima gebietes „Wehninger Werder“ im Bios- bezeichnet werden. Das von Südost nach phärenreservat begünstigt die Übertragbarkeit Nordwest verlaufende Urstromtal der Elbe ist der rechnerisch ermittelten Daten. durch den Übergang von subozeanisch geprägtem nordwestdeutschen zum subkonti- nentalen nordostdeutschen Tiefland geprägt. Im östlich 10 km entfernt liegenden Dömitz liegt die mittlere Jahres-Niederschlagsmenge bei 563 mm. Im westlich 10 km entfernt lie- genden Hitzacker beträgt der mittlere Jahres- Niederschlag dagegen 623 mm (Reihe 1961- 1990, DWD 2010). Hier zeigt sich die Wir- kung des am südlichen Ufer der Elbe verlau- fenden saalezeitlichen Höhenzuges „Hoher Drawehn“, der die feuchte atlantische Mee- resluft bei westlichen Winden abfängt. Lee- Abb. 3: Klimadiagramm nach Walter für das seitig des Hohen Drawehns entsteht deshalb Biosphärenreservat Niedersächsische ein relativ trockeneres Lokalklima. Die Be- Elbtalaue (PIK 2010). schreibung der Lufttemperatur erfolgt auf der Für die Niedersächsische Elbtalaue wurden Basis gemittelter Werte, die im Zuge des eine durchschnittliche Jahrestemperatur von Projektes „Schutzgebiete Deutschlands im 8,6 °C und eine mittlere tägliche Temperatur- Klimawandel – Risiken und Handlungs- schwankung von 7,8 °C im Jahresverlauf, 44 ebenso wie 24,97 Sommertage, 3,97 Heiße te gebildet. Im Urstromtal der Elbe finden sich Tage, 81,27 Frosttage und 25,37 Eistage er- holozäne Auenlehme und Auensande, die von mittelt (PIK 2010). Abb. 3 zeigt das Klima- weichselzeitlichen fluviatilen Sanden unter- diagramm für das Biosphärenreservat. lagert sind. Nach Norden schließen sich weichselzeitliche Binnendünen an. Südwestlich Geologie/Geomorphologie von Hitzacker finden sich saalezeitliche Grundmoränen und Schmelzwasserablage- Der Untersuchungsraum befindet sich inner- rungen. Die Auenlehme des Untersuchungs- halb der norddeutschen Zechsteindiaperie, in gebietes sind 0,5 bis 1,8 m mächtig. der sich lokal Salzstöcke ausgebildet haben. In der Umgebung sind die Salzstöcke bei Darüber hinaus werden Bodenbildungen aus Dannenberg, Kaarßen, Lübtheen und Dömitz rezenten Ablagerungen, belastet und reich an bekannt. Die Salzstöcke Lübtheen und Dömitz organischer Substanz Gegenstand der Dis- sind die Ursache für die lokalauftretenden kussion sein. neogenen Deckschichten, die jedoch nur kleinräumig anzutreffen sind. So befindet sich Böden 2 km südöstlich des Untersuchungsgebietes, Der Wehninger Werder umfasst 140 ha, davon bei der Ortschaft Rüterberg, ein pliozänes sind 16 ha Wasserflächen. Relikt in der westlichen Randsenke des Im Untersuchungsgebiet wurden typische Dömitzer Salzstockes. Böden aus Auenlehm und –sand erbohrt, wobei Der jungpliozäne Bergton-Diatomeenerde- insbesondere die Auswertung historischer Komplex und der Silbersand wurden durch die Karten und Querprofilschnitte der Wasser- und Tongrube in Rüterberg erschlossen und bis Schiffahrtsverwaltung (Rommel) sowie die 1968 wirtschaftlich genutzt (Ruchholz 1991). durchgeführte bodenkundliche Kartierung Abgesehen von dem pliozänen Relikt in (Weniger 2010) verdeutlichen, dass eine Rüterberg werden die Deckschichten des Zweigliederung des Untersuchungsgebietes Untersuchungsraumes durch quartäre Sedimen

Abb. 4: Geschätztes Alter verschiedener Bereiche der Aue im „Wehninger Werder“

45 hinsichtlich der Entstehungsgeschichte vor- tationsbedingungen in der Aue gesteuert. Es ist genommen werden muss. Das „Wehninger beispielsweise zu erwarten, dass an Standorten Werder“ lässt sich in einen elbfernen, alten und mit hohem Sedimenteintrag historische einen elbnahen, jungen Teil gliedern (Abb. 4). Belastungen bereits begraben wurden. Die Die Entstehung des jungen Auenabschnittes ist Menge des rezent abgelagerten Sediments durch wasserbauliche Maßnahmen begründet, variiert innerhalb der Aue kleinräumig, daher die dazu geführt haben, dass sich der Lauf der finden wir schadstoffbelastete Sediment- Elbe nach Süden verlagert hat und neue schichten gleichen Alters in unterschiedlichen Auenlehm- und Sandsedimentationsräume Tiefen. Weiterhin spielt die Bioturbation eine entstanden sind. Insbesondere die feinkörnigen wesentliche Rolle: Sie entscheidet neben dem Substrate sind dabei im jungen Auenabschnitt Sedimenteintrag zusätzlich über die Tiefen- durch höhere Anteile an organischer Substanz verteilung partikulär gebundener Schadstoffe, gekennzeichnet. Dieser junge Auenausschnitt wie z. B. Quecksilber oder Dioxine. Aus der ist insgesamt nicht älter als 225 Jahre und Kenntnis der Dioxin-Verteilung eines datierten umfasst 35 ha. Im jungen Auenabschnitt Bodentiefenprofiles (Götz et al. 2007) aus der wurden kartiert: Rambla (2,5 ha), Paternia (0,5 Pevestorfer Elbaue (Abb. 5) und den von uns ha), Gley-Paternia (6,3 ha), Vega (5,5 ha), gemessenen Quecksilberkonzentrationen am Gley-Vega (12,3 ha), Auengley (8,4 ha) und gleichen Standort lässt sich ableiten, dass Sapropel (5,2 ha). Im alten, historischen Schwermetall- und Dioxinkontaminationen in Vorland, das ohne Wasserflächen insgesamt den Böden der Elbauen unabhängig 82,5 ha umfasst, wurden folgende voneinander auftreten. Die höchsten Dioxin- Boden(sub)typen erfasst: Paternia (2,8 ha), gehalte sind in Sedimenten der Elbe in den Vega (11,1 ha), Gley-Vega (21,5 ha), Vega- 1950-1960er Jahren aufgetreten. Dagegen hat Gley (20 ha) und Auengley (27,3 ha). es neben einem Quecksilber Peak zum gleichen Zeitpunkt (1950-60) einen weiteren in der Die Auenböden im jüngeren Auenabschnitt 1980er Jahren gegeben. Mögliche Zusammen- weisen höhere Kohlenstoff- sowie höhere hänge zwischen Quecksilber- und Dioxin- Schadstoffgehalte und Vorräte auf. Sie sind konzentrationen in verschiedenen Boden- entsprechend ihres Alters durch höhere pH- profilen werden im Rahmen der Exkursion Werte und einen größeren Anteil amorpher diskutiert. Die Abhängigkeit vom Eisenoxide gekennzeichnet, denn sie bestehen Sedimentationsgeschehen führt zu der zu großen Anteilen aus jungen Sedimenten, Annahme, dass Auenbereiche, die einen hohen während die Böden im historischen Sedimenteintrag erfahren, möglicherweise in Auenvorland nur oberflächlich von rezenten ihren Oberböden nur geringe Schwermetall- Sedimenten beeinflusst werden. Das Boden- (Quecksilber-)kontaminationen aufweisen. artenspektrum reicht von Reinsanden bis zu Auenbereiche, die dagegen einen schwachen starktonigen Schluffen und mittelschluffigen Sedimenteintrag erfahren, bzw. deren Tonen. Während die Tonanteile nur zwischen 0 Sedimenteintrag durch anthropogene Ursachen, bis 40 % streuen, vari-ieren die Schluffanteile wie z.B. den Bau von Überfahrten oder zwischen 0 bis 70 %. Wehren gehemmt wird, können auch noch im Die mit Hilfe von Kunstrasen-Sedimentfallen Oberboden große Menge an Dioxin enthalten. ermittelten Einträge zwischen 2007 bis 2010 liegen im jungen Vorland zwischen 50 und 2700 g/m 2 (n=11), während in größerer Entfernung zur Elbe lediglich 120-450 g/m 2 (n=6) ermittelt wurden. Die Tiefenverteilung der Schadstoffe in Flussauenböden wird durch die Schadstofffracht im Fluss und die Sedimen- 46

Quecksilber, mg/kg 0 5 10 15 20 25 30

1995, 0-5 cm 173 1986, 5-10 cm 198 1980, 10-15 cm 245 1972, 15-20 cm 293 1964, 20-25 cm 553 1959, 25-30 cm 7680 1952, 30-35 cm 3650

Datierung, Tiefenstufe Datierung, 1946, 35-40 cm 75 Hg < 1946, 40-45 cm PCDD/F 0 1000 2000 3000 4000 5000 6000 7000 8000 9000 PCDD/F, ng WHO-TEQ/kg

Abb. 4: Dioxin- (Götz et al. 2007) und Quecksilbergehalte in einem Auenboden Tiefenprofil bei Pevestorf.

Bodenprofile G4/3: Gley-Vega aus Organofluvilehm über Fluvilehm und tiefem Fluvisand G4/1: Vega aus Fluvilehm über Fluvisand über Auengley aus Fluviton Die Gley Vega ist ebenfalls gekennzeichnet durch einen aoAh Horizont, gefolgt von einem über Fluvilehm. typischen braunen Horizont aus „Auenlehm“. Die deutlich sichtbare Zweigliederung des Dieser trägt aber im Profilbereich unterhalb Profiles ist begründet durch Bodenumlagerung von 70 cm erste deutliche Oxidflecken. im Zuge der Anbindung des Löcknitzkanals an die Elbe im Bereich des Untersuchungs- G4/4: Anmooriger Auengley aus gebietes im Jahr 1973. Organoflu-viton über tiefem Fluvischluff/Sand G4/2: Norm-Vega aus Fluvilehm über Fluvisand Der Auengley befindet sich auf niedrigem Geländeniveau, trotzdem treten reduktive Die Norm-Vega befindet sich in Plateaulage, Merkmale erst ab einer Tiefe von 1 m unter sie wird nur bei mittleren Hochwässern über- Geländeoberfläche (uGOF) auf, ohne dass ein flutet. Typisch und namensgebend ist ihr reiner Gr gefunden wird. Das Substrat ist sehr brauner aM-Horizont, der keine hydromor- feinkörnig. Es liegen sehr hohe Kohlen- phen Merkmale zeigt. Er weist einen relativ stoffgehalte im obersten aGo-oAa Horizont hohen Sandanteil auf, der aber durch einen sehr vor, der allerdings in seiner Mächtigkeit hohen Feinsandanteil gekennzeichnet ist. Der < 1 dm bleibt. Aufgrund der großen Entfernung Belastungszustand ist mäßig. Unter anderem zur Elbe sowie der zusätzlichen Behinderung führt Bioturbation zur Tiefenverlagerung von des Sedimenteintrages durch das Wehr liegt Schwermetallen über den aoAh-Horizont hier ein sehr hohes Belastungsniveau vor. hinaus. Der Oberbodenhorizont ist mit einem „o“ gekennzeichnet, um den Kohlenstoffreich- G4/5: Gley-Vega aus Organofluviton tum des eingetragenen frischen Sedimentes zu über Organofluvischluff und Ton kennzeichnen. Auch die Gley-Vega befindet sich im älteren Auenabschnitt des Untersuchungsgebietes. 47

Auch hier sind die Überflutung und der Sedi- Organofluvilehme sind durch reinsandige menteintrag durch das Wehr behindert. Es liegt Hochflutablagerungen unterbrochen. An ein hohes Belastungsniveau vor. Reduk-tive diesem Standort wird besonders deutlich, dass Merkmale treten erst in Tiefen > 145 cm uGOF ohne Berücksichtigung des sedimentären auf. Ursprungs der Organofluvilehme andersartige Bodenansprachen erfolgen könnten. G4/6: Auengley aus Organofluviton über tiefem Fluvisand. G4/9: Anmooriger Auengley aus Der Auengley befindet sich in der gebiets- Organoflu-vischluff und Ton über trennenden Flutrinne, die von 225 Jahren noch Fluviton und tiefem Fluvisand. Elbe-Flussbett war. Der Standort markiert die Auch dieser anmoorige Auengley befindet sich Grenze des jungen zum alten Auenbereich. In im ehemaligen Elbe-Flussbett. Reduktive der Flutrinne hat es starke Sedimentation Merkmale treten bereits unterhalb der sehr gegeben. Dies ist durch die sehr stark humosen stark humosen Horizonte auf. Auch hier muss Horizonte bis in 45 cm zu erkennen. Trotz der entschieden werden, ob der stark humose tiefen Geländelage ist kein Reduktionshorizont 3. Horizont noch als Ah bzw. als oM anzu- zu erkennen. Die Schwermetallbelastungen sprechen wäre. sind sehr hoch, die höchsten Kontaminationen sind aber nicht mehr in den oberflächennahen Dichtenfraktionierung der Bereichen zu finden. Problematisch ist die organischen Bodensubstanz – Ansprache des zweiten sehr stark humosen Hinweise zum pedogenetischen Horizontes. Die Sedimentation humusreichen Materials begründet humusreiche Horizonte, Konzept die vorübergehend auch den Oberboden Die organische Bodensubstanz wird über darstellten, aber stetig von neuen, jungen verschiedene Prozesse im Boden unterschied- Sedimenten überlagert werden. lich stark gegen mikrobiellen Abbau geschützt G4/7: Gley-Paternia aus Fluvisand und damit stabilisiert. Pools unterschiedlicher Stabilität können über die folgenden Frak- Die Gley-Paternia ist von allen untersuchten tionen unterschieden werden: Profilen der Elbe am nächsten gelegen. Au- • freie, partikuläre organische Bodensubstanz ßerdem markiert sie die höchsten Geländeer- (fPOM): labiler Pool hebungen. Kennzeichnend sind die vielen • begrabenen Horizonte, die Zeugen unter- in Bodenaggregate okkludierte, partikuläre schiedlich langer Humusakkumulation dar- organische Bodensubstanz (oPOM): inter- stellen. Die Bodenbildung wurde und wird mediärer Pool durch Übersandungen unterbrochen. Das • mineraloberflächen-assoziierte, organische Belastungsniveau ist aufgrund der groben Bodensubstanz (MOM): stabiler Pool Textur und der niedrigen Kohlenstoffgehalte Die sequentielle Trennung dieser drei relativ niedrig. Fraktionen erfolgt mittels Dichtefraktionierung G4/8: Gley-Vega aus Organofluvilehm (verändert nach Golchin et al., 1994, Six et al. über Fluvilehm und Fluvisanden. 2002 und Grünewald et al., 2006). Hierbei werden die drei oben genannten Fraktionen aus Die Gley-Vega befindet sich an einem fluss- luftgetrochneten und gesiebten (<2 mm) nahen Standort des jüngeren Auenbereiches, Bodenproben auf der Basis der unterschied- der trotz seiner etwas erhöhten Exposition lichen physikalischen Dichte von partikulärer durch höchste Sedimentationsraten gekenn- organischer Bodensubstanz ( ρ <1.6 g/cm 3, in zeichnet ist. Der Standort ist bis in 65 cm Tiefe fPOM und oPOM-Fraktion) und mineral- sehr stark humos. Hier treten die größ-ten gebundener organischer Substanz ( ρ >1.6 Kohlenstoff- und Schadstoffvorräte auf. Die 48 g/cm 3, MOM-Fraktion) in einer Dichtelösung entfernt wurde, werden die Aggregate mittels (Natriumpolywolframat-Lösung) fraktioniert. Ultraschall disaggregiert und die dadurch Die Trennung von fPOM und oPOM ist freigesetzt oPOM-Fraktion kann entfernt möglich, da das oPOM Material zunächst in werden. Zurück bleibt der mineralische Rest Aggregate gebunden ist, welche durch ihre mit der auf Mineraloberflächen assoziierten mineralischen Bestandteile eine Dichte > 1.6 organischen Substanz mit einer Dichte g/cm 3 aufweisen. Nachdem die fPOM Fraktion > 1.6 g/cm 3.

Abb.6: Ergebnisse der Dichtefraktionierung von fPOM, oPOM und MOM ausgewählter Horizonte (*) Helle Bänder, (**) Dunkle Bänder

Ausgewählte Horizonte aus den Profilen G4/2, und G4/4 ist die Menge an Gesamt OC sowie G4/4, G4/7 und G4/8 wurden mit dieser des OC aus der fPOM und der oPOM Fraktion Methode fraktioniert, um den Einfluss im aoAh bzw aGo-oAa Horizont (Oberboden) pedogener Prozesse in mineralischen wesentlich größer als in den Unter- Auenböden auf die Stabilisierungsprozesse bodenhorizonten aM bzw. aM-aGo des organischer Bodensubstanz darzustellen. jeweiligen Profils. Im Gegensatz dazu unterscheiden sich die Unterböden der Profile Hierbei zeigt sich, dass die in den einzelnen G4/7 und G4/8 sowohl bzgl. des gesamt OC als Fraktionen gefundene Menge an organischen auch bzgl. des. OC Gehalts in den einzelnen Kohlenstoff unabhängig vom Gesamt OC Fraktionen nur sehr gering von den jeweiligen Gehalt der untersuchten Böden in der Werten der Oberböden. Reihenfolge MOM >> oPOM > fPOM abnimmt (Abbildung 6). In den Profilen G4/2

49

Dies ließe sich mittels des pedogenetischen gebundene Schadstoffe im Elbeeinzugsgebiet. Konzeptes der Auenböden und den folglich zu Erstellt im Auftrag der Hamburg Port Authority (HPA) und cofinanziert durch die FGG-Elbe. erwartenden Unterschieden zwischen M und 349 S., Hamburg. rAh Horizonten erklären: KRÜGER, F. & GRÖNGRÖFT, A. (2003): The difficult Für M-Horizonte (Unterbodenhorizonten der assessment of heavy metal contamination of soils Profile G4/2 und G4/4) nimmt man an, dass es and plants in Elbe River floodplains. Acta sich um sedimentiertes Material handelt hydrochim. hydrobiol. 31 4-5; 436-443. welches zu keiner Zeit oder nur sehr kurz vor KRÜGER, F. & URBAN, B. (2009): Erfassung Ort den Oberboden des jeweiligen Profils partikulärer (Schad)Stoffeinträge in Auen/Überflu- tungsflächen der Elbe. In: Chemisches Kolloquium. darstellte. Durch den folglich nur geringen 16./17.06.2009. Koblenz. Streueintrag ist hier wenig organischer LANDWIRTSCHAFTSKAMMER NIE- Kohlenstoff in der fPOM-Fraktion zu finden. DERSACHSEN (2007): Merkblatt zur Bewirt- Da Bodenaggregate insbesondere durch schaftung der Elbaußendeichsflächen. biologische Aktivität gebildet werden ist auch MIEHLICH, G. (1983): Schwermetallanreicherung in der Anteil des aggregatgebundenen Kohlen- Böden und Pflanzen der Pevestorfer Elbaue. Abh. stoffs gering. Reliktische Ah Horizonte (aus Naturwiss. Verein Hamburg 25, 75-89. G4/7) sind hingegen begrabene Oberböden, SIX, J., CALLEWAERT, P., LENDERS, S., DE GRYZE, S., MORRIS, S.J., GREGORICH, E.G., deren Eigenschaften und damit auch deren PAUL, E.A., PAUSTIAN, K. (2002). Measuring Bodenaggregate sich vor Ort unter den and Unterstanding Carbon Storage in Afforested gleichen Bedingungen wie beim entsprech- Soils by Physical Fractionation. Soil Science enden rezenten Oberboden entwickelt haben. Society of America Journal, 66, pp 1981-1987. Unsere Ergebnisse deuten jedoch darauf hin, UMLAUF, G., BIDOGLIO, G., CHRISTOPH, EH., dass es sich bei den als aM klassifizierten KAMPHEUS, J., KRÜGER, F., LAND-MANN, D., SCHULZ, AJ., SCHWARTZ, R., SEVERIN, Horizonten aus dem Profil G4/8 ebenfalls um K., STACHEL, B., STEHR, D. (2005): The reliktische Ah-Horizonte handelt. situation of PCDD/Fs and dioxin like PCBs after the flooding of River Elbe and Mulde in 2002. Acta Literatur hydrochim. hydrobiol. 33, 5, 543-554. GOLCHIN, A., OADES, J.M., SKJEMSTAD, J.O., VON HAAREN, J., STREUN, M., URBAN, B., CLARKE, P. (1994). Study Of Free And Occluded EVERS, M., BROCK, J., RUBACH, H. (2006): Particulate Organic-Matter In Soil By Solid-State Auswirkungen anorganischer Stoffeinträge auf die C-13 Cp/Mas NMR-Spectroscope And Scanning landwirtschaftliche Nutzung in den Hochwasser Electron-Microscopy. Australian Journal Of Soil beeinflussten Auenbereichen der niedersächsischen Research, 32, pp. 285-309. Elbe. Technical report EU-Project FLOWS, Uelzen GRÜNEWALD, G., KAISER, K., JAHN, R., und Suderburg. GUGGENBERGER, G. (2006). Organic matter WENIGER, T. (2010): Untersuchungen zur stabilization in young calcareous soils as revealed Auenbodenentwicklung und zu ausge-wählten by density fractionation and analysis of lignin- Standorteigenschaften in der Mäanderschleife derived constituents. Organic Geochemistry, 37, pp Wehningen – Ein Beitrag zur zukunftsfähigen 1573-1589. Gestaltung der Kulturlandschaft an der unteren GÖTZ R., BAUER O.-H., FRIESEL P., HERR-MANN, Mittelelbe. Diplomarbeit. LEUPHANA Universität T., JANTZEN, E., KUTZKE, M., LAUER, R., Lüneburg, 99 Seiten. PAEPKE, O., ROCH, K., ROH-WEDER, U., WITTER, B., WINKLER, M., FRIESE, K. (2003): SCHWARTZ, R., SIEVERS, S., STACHEL, B. Depth distribution of chlorinated and polycyclic (2007): Vertical profile of PCDD/Fs, dioxin-like aromatic hydrocarbons in floodplain soils of the PCBs, other PCBs, PAHs, chlorobenzenes, DDX, River Elbe. Acta hydrochim. hydrobiol. 31, 4–5, pp HCHs, organotin compunds and chlorinated ethers 411–422. in dated sediment/soil cores from floodplains of the river Elbe, Germany. Che-mosphere 67B (3): 592- 603. HEISE, S., KRÜGER, F., FÖRSTNER, U., BA- BOROWSKI, M., GÖTZ, R., STACHEL, B. (2008): Bewertung von Risiken durch feststoff- 50

51

52

53

54

55

56

57

58

59

Exkursion G 5 CarboZALF – ein interdisziplinäres Landschaftsexperiment zum Kohlenstoffhaushalt von Agrarlandschaften J. AUGUSTIN , W. HIEROLD , M. SOMMER (ZALF MÜNCHEBERG ) MIT BEITRÄGEN VON : D. DEUMLICH , H. H. GERKE , S. KOSZINSKI , B. SCHRÖDER , J. HUFNAGEL , G. VERCH , S. WIRTH , H. JOCHHEIM , C. NENDEL , G. LISCHEID , U. SCHINDLER (ZALF), J. SIEMENS (U NI BONN ), F. LANG , M. KAUPENJOHANN (TU BERLIN ), G. KIRCHNER (B UNDESAMT F . STRAHLENSCHUTZ , BERLIN ), M. SCHWANK (GFZ POTSDAM ) Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung e.V. Eberswalder Str. 84, 15374 Müncheberg Tel.: +49 (0)33432/82-436 Mail: [email protected]

tation zu einer CO2-Quellen- oder CO2- Einleitung und Ziele der Senkenfunktion der Böden führt. Exkursion Vorgestellt wird auf der 6 ha großen Experimentalfläche bei Holzendorf u. a.: Nach einem Überblick über die Jung- moränenlandschaft der Uckermark (UM), die • Versuchsanlage und Messkonzept sowie sich auf der Anfahrt inkl. einer kleinen Aspekte des Energiepflanzenanbaus Rundtour westlich von Prenzlau ergibt, wird • Verfahren und Ergebnisse einer Struktur- der ZALF-Forschungsansatz zur Analyse des analyse von Bodenlandschaften (nicht- Kohlenstoff-(C-)Haushaltes von Agrarland- invasive Methoden, Bohrungen), inkl. eines schaften vorgestellt. CarboZALF (Etablierung Regionalisierungsansatzes auf Landschafts- 2009) ist ein interdisziplinäres Projekt mit skala einer Laufzeit von mindestens 10 Jahren, das • Manipulationsexperiment zu Erosion und zusammen mit mehreren Partnereinrichtungen Deposition bearbeitet wird. Ziel der Untersuchungen ist • Messkonzept und erste Ergebnisse zu den eine Verbesserung des Verständnisses von C-Flüssen und der C-Dynamik, wie zur Prozessen, Steuergrößen und Mechanismen der mikrobiellen Aktivität CO2-Quellen- und Senkenfunktion von Agrar- landschaften vor dem Hintergrund eines pro- • C-N-Modellierung gnostizierten globalen Klimawandels. Erläutert Ergänzend wird die TERENO-Initiative der wird ein Konzept zur möglichst vollständigen Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher For- C-Bilanz von prozessrelevanten Arealen in schungszentren (HGF) zum Monitoring von einer jungglazialen Bodenlandschaft. Umweltprozessen am Lysimeter der For- Der systemische Ansatz basiert auf der Kop- schungsstation Dedelow des ZALF vorgestellt. plung von Experiment (Prozessstudien, Fakten zum Exkursionsraum Monitoring) und Modellierung mit Fokus auf Wechselwirkungen von Böden und Bewirt- Die Experimentalfläche CarboZALF-D liegt in schaftung auf Landschaftsebene. Ein inhalt- einem hierarchisch gegliederten Untersuch- licher Schwerpunkt von CarboZALF resultiert ungsraum des ZALF im NO-deutschen Tiefl- aus der - für globale Bilanzen - bedeutenden and, nahe der ZALF-Außenstelle Dedelow Frage, ob und inwieweit Erosion/Sedimen- (Prenzlau).

60

Klima: Die UM wird dem Übergangsklima die Tschernoseme weitgehend und werden zwischen atlantisch und kontinental geprägtem durch Parabraunerden (teils pseudovergleyt) gemäßigtem Klima zugerechnet, wobei die abgelöst. Als Degradationsformen kommen Kontinentalität nach Osten deutlich zunimmt Pararendzinen und Kolluvisole vor. (Abnahme der Jahresniederschlagssumme um ~150mm auf <500mm von Feldberg bis Prenzlau auf ca. 30km Entfernung).

Klimadiagramm Dedelow

100 25,0

90

80 20,0

70

60 15,0

50

40 10,0 Temperatur in °C in Temperatur Niederschlag in mm in Niederschlag 30

20 5,0

10

0 0,0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 101112 Monat Abb.1: Kimadiagramm Dedelow (UM) Die Jahresmitteltemperatur (1985-2005) beträgt 8,4°C, die mittlere Jahresnieder- schlagssumme 486mm (Abb.1). Für die Abb. 2: Exkursionsraum Landwirtschaft kritisch sind Frühsommer- Im SW des Exkursionsraumes werden trockenheiten und Kahlfröste im Winter, d. h. morphografisch die Endmoränen der starke Fröste ohne Schneedecke. Gerswalder Staffel (W2G) und des Geomorphologie/Böden Uckergletschers (Uckerseebecken, W2U) sichtbar (Standort 1: Weinberg). Auf der Anfahrt (Abb.2) werden noch im Stadtgebiet das Berliner Urstromtal, In der Kiesgrube Parmen (Standort 2) sind Schmelzwasserbahn der Frankfurter Staffel der Sander und Endmoräne (W2G) angeschnitten Weichselkaltzeit (W1F), und der Barnim und werden besichtigt. Braunerden aus Sand (Moränenplatte zu W1F) gequert, bevor dominieren; diese sind ackerbaulich, teilweise entlang der A11 nach dem Eberswalder auch forstlich genutzt. Urstromtal (bei Finowfurt) die Uckermark als Holozäne Substrate und deren Böden treten in Grundmoränenlandschaft (W2) erreicht wird. der UM in Schmelzwasserrinnen (Uckertal) Die Querung der Haupteisrandlage sowie geschlossenen Senken als Nieder- („Pommersche“ W2P) erfolgt bei Joachims- moortorfe, Mudden, Kolluvien, Wiesenkalke thal. Bis Prenzlau dominieren im oder Fluvisande auf. Biosphärenreservat Schorfheide-Chorin kup- Ausführlichere oder weiterführende Dar- pige Lehmplatten; die ausgedehnten Sander der stellungen siehe im Exkursionsführer 2003 Schorfheide bleiben westlich liegen. Nach (Mitt. DBG, Bd.100): DALCHOW & Dominanz von Buchenwäldern erschließt sich SCHMIDT (2003), SCHMIDT (2003) und erst kurz vor Abfahrt von der A11 bei speziell zur Uckermark DEUMLICH u. a. Hohengüstow die UM als Ackerlandschaft. Die (2003). Grundmoräne ist hier hügelig mit vermoorten Historische und aktuelle Landnutzung: Auch und vernässten Senken und dominiert durch zur historischen und aktuellen Landnutzung Lessivés und tschernosemenartige Böden. gibt es an gleicher Stelle ausführlichere Gegen W, jenseits der Ucker (Prenzlau) fehlen Beiträge (BORK & DALCHOW 2003), 61

(HABERSTOCK, ROTH & BACHINGER können Industriepflanzen (i.d.R. Raps) 2003). angebaut sein. Einige Kulturen variieren Für die UM bleibt bzgl. anthropogener marktabhängig stärker, so WW (Zunahme Einflüsse auf die Bodendecke festzuhalten, gegen 30%), andere wie Winterroggen sind dass es erst nach der deutschen Ostexpansion fast verschwunden (<5%). Einkommens- (Askanier) mit weitgehender Rodung ab Mitte relevant, aber mit Quoten geregelt wird des 13.Jh. und durch Witterungsextreme im Zuckerrübe auf 3% der LN angebaut 14.Jh. zu ersten gravierenden Erosions- (HIEROLD u. a. 2009). ereignissen kam. Langfristige Folge war die CarboZALF-Experimentalfläche Verdopplung der anfangs stark gerodeten (Standort 3) Waldflächen auf heutiges Niveau durch Nutzungsaufgabe und Sukzession. Eine weitere Ziel des Experiments „CarboZALF-D“ ist die Phase verstärkter Erosion trat mit der Zunahme „Aufklärung und Modellierung des Einflusses der Bewirtschaftungsintensivierung ab ca.1960 des Energiepflanzenanbaus und von Erosion ein. Großtechnik führte auf empfindlichen und Sedimentation auf den Gasaustausch, die Böden vielfach zu Krumenbasisverdichtung. C-Dynamik, die Bodenfunktionen und die Teilweise überzogene Flurbereinigungs- Klimawirkung von Ackerflächen“. verfahren (Komplexmeliorationen) hatten den Um eine umfassende C-Bilanz erstellen zu Verlust Erosion mindernder Landschafts- können, wird versucht alle relevanten C-Flüsse elemente zur Folge. Mit Landschaftsstruk- zu erfassen: turierung, Fruchtfolgeregeln und angepassten • Gasaustausch (CO2, CH4, Hauben- Produktionsverfahren versuchte man messungen), gegenzusteuern; die Wirkungen waren regional • C-Einträge (Niederschläge, Stäube, differenziert. Heute wird Bodenschutz vor organische Düngung) und allem durch Marktmechanismen (zunehmende • Monokultur, Investitionszurückhaltung der C-Austräge über Ernte (Entzug) und Betriebe), aber auch durch schwere Sickerwassertransport. Maschinensysteme beschränkt. Auf der 6ha großen Versuchsfläche wurden 14 Sichtbare Belege der Erosionsgeschichte auf Parzellen (je 1500m²) eingerichtet, darin 9 der CarboZALF-Fläche sind neben den Bodenmessplätze angelegt und auf 9 Plots (ab gekappten Profilen die Gley-Kolluvisole der 2011 auf 12) Gasmessplätze in Betrieb Senke (G5/4) mit 1,40m mächtiger genommen (Abb.3). Das Landschafts- mineralischer Auflage über Moor. Eine experiment wurde auf der bis 2008 langjährig dendrochronologische Datierung stellt einen einheitlich bewirtschafteten Praxisfläche so Holzfund an der Basis des Kolluviums in die angelegt, dass es unterschiedliche Prozess- zweite Hälfte des 13. Jh. (HEUßNER 2009). areale erfasst. In Varietäten treten drei für die Untersuchungsregion repräsentative Standort- Heute ist die UM mit ihren lehmigen Böden typen auf: (AZ 40-60) nach wie vor wichtigster • Agrarraum Brandenburgs. Die Agrarwirtschaft Hochflächen mit Norm-Parabraunerde wird durch Marktfrucht-betriebe (je >1000ha) aus s/l (1,2,3,4) = Referenzstandorte bestimmt, die im Mittel Schläge von 20-30ha, („steady states“) für die Fragestellung vereinzelt über 100ha Größe bewirtschaften. Erosion & CO2 Nach ZALF-Erhebungen (1999-2005) sind • flachere Hänge mit erodierter Para- Winterweizen (WW) (23-30%), Winterraps braunerde (l/el) (11,12) und steilere (12-18%), Wintergerste (5-9%), Silomais (ca. Hänge mit Hanggley-Pararendzina (el) 7%) und Triticale (ca. 6%) die Hauptkulturen. (7) = Abtragstandorte mit unterschied- Grünland nimmt 9% sowie Brache/ Stilllegung lichem Erosionsgrad im Mittel 12% der LN ein. Auf Stilllegung 62

• abflusslose Hohlform/ Senke mit Gley- Bodensubstanz mit Hilfe der manuellen Kolluvisol (u-s) (9,10) = Akkumula- Gashaubenmethode nach Drösler und tionsstandorte mit unterschiedlichem automatisierten Großhubküvetten (Augus- Vernässungsgrad (Eh – Gradient). tin, Hagemann, Pohl)

• Separation des CO 2-Effluxes aus dem Boden von erodierten und sedimentierten Plots in unterschiedlichen Bodentiefen mithilfe diffusionsbasierter Bodengas- lanzen und eines Isotopen-CO 2-Analy- sators (Wirth, Jochheim, Kayler) • Einfluss der Erosion auf mikrobielle Aktivitäten im Boden (Wirth) Kooperation mit HGF-TERENO (Standort 4) Abb. 3: CarboZALF Experimentalfläche Im Rahmen des HGF-Projekts TERENO Bodenkartierung und (TERrestrial ENvironmental Observatoria) erfolgte 2010 gemeinsam mit dem Geo- Regionalisierung forschungszentrum Potsdam (GFZ) die Umfangreiche Arbeiten werden methodisch Einrichtung eines Lysimeter-Hexagons zum (nichtinvasive Verfahren, Peilungen, statis- Langfristmonitoring des Wasser- und Stoff- tischer Ansatz zur Regionalisierung) und im haushaltes von Böden (SoilCan). Drei der Ergebnis (Bodenvarietäten und Verge- sechs installierten Lysimeter entstammen dabei sellschaftung) in Handouts während der der CarboZALF-Experimentalfläche (Para- Exkursion zur Diskussion gestellt. 2010 braunerde). Die Fruchtfolge und Bewirt- wurden zwei Plots technogen als Erosions- schaftung der Lysimeter sowie der umlie- (11) bzw. Sedimentationsareal (10) genden Versuchsfläche ist mit der manipuliert. CarboZALF-Fläche identisch. An dem Lysimeter-Hexagon wird das Konzept des Wasserfluss und Stofftransport Geoforschungszentrums Potsdam zu TERENO in Böden kurz vorgestellt. In drei Tiefenzonen sind Temperatur-, TDR- Sonden, Tensiometer, Saugkerzen und Eh- Sonden installiert: direkt unterhalb des Ap (0,4m), an der Solum-/Durchwurzelungsgrenze (variabel) und im Geschiebemergel (2m). Es werden Methoden und erste Ergebnisse zur Modellierung des Wasserflusses sowie zu DOC- und DIC-Austrägen aus den Standorten zur Diskussion gestellt. Untersuchungen zu Spurengasaustausch und C- Haushalt: Es werden Methoden, Geräte und Ergebnisse zu folgenden Aspekten vorgestellt: • Ermittlung des Einflusses von Erosion und Anbau von Energiepflanzen bzw. Gär- restapplikation auf den Netto-CO2-, CH4- und N2O-Austausch bzw. die Verände- rungen im Vorrat an organischer 63

Literatur FRIELINGHAUS, M., C. DALCHOW & H. SCHÄFER (Hrsg.) (2003): Bodenlandschaften im Jung- und http://www.zalf.de/home_zalf/projekte/projekte/carbozal Altmoränengebiet. Exkursionsführer. Mitt. DBG, f/index.htm Bd.100. http://zalf1/data_oa/data_access/wetterdatenbank.aspx HABERSTOCK, W., R. ROTH & J. BACHINGER (Wetter-DB des ZALF) (2003): Agrarische Landnutzung. Mitt. DBG 100, BORK, H.-R. & C. DALCHOW (2003): 31-33. Land¬schaftsgeschichte. Mitt. DBG 100, 28-29. HÄUßNER (2009): Dendrochronologisches Gutachten. DALCHOW, C. & R. SCHMIDT (2003): Geologie und Dt. Archäol. Inst., Berlin. Geomorphologie. Mitt. DBG 100, 8-11. HIEROLD, W. (Hrsg.) (2009): Ökologische DEUMLICH u.a. (2003): G3: Skalenbetrachtung zu Langzeitbeobachtungen im Landschaftsmaßstab. Bodenprozessen in Landschaften a. B. der Region LTER-Gebiet Uckermark. Exkursionsführer. Uckermark. Mitt. DBG 100, 118-128. LTER, ZALF (unveröffentlicht). SCHMIDT, R. (2003): Böden. Mitt. DBG 100, 22-27.

64

65

66

67

68

Exkursion G 6 Böden und Waldbewirtschaftung in Brandenburg (1) (2) (2) D. KÜHN , W. RIEK , A. RUSS (1) Landesamt für Bergbau, Geologie und Rohstoffe Brandenburg, Inselstr. 26, 03046 Cottbus Mail: [email protected] (2) Hochschule für nachhaltige Entwicklung (FH) und Landeskompetenzzenrum Forst Eberswalde, Alfred-Möller-Str.1, 16225 Eberswalde Mail: [email protected] Mail: [email protected]

führen. Neben dem Aspekt der Infor- Einleitung mationsübertragung vom Punkt auf die Fläche wird der Zusammenhang zur Nutzung in In Brandenburg wurden in den letzten Jahren vergangenen Zeiten bis in die Zukunft be- eine Reihe von Waldböden untersucht, so dass leuchtet. Welche Rahmenbedingungen hatten sich die Gelegenheit bietet, anhand einer Aus- zu den verschiedenen Zeiten primären Einfluss wahl unterschiedlich aufgebauter Böden einer- auf die Standortnutzung? Entsprechende seits die Bodenvarianz im Land Brandenburg Faktoren waren und sind die Standortqualität zu demonstrieren und andererseits damit die (v.a. Wasser- und Nährstoffverhältnisse), die Fragen der Waldbewirtschaftung auf stand- Klimabedingungen und das Nutzungsziel bzw. örtlicher Grundlage zu erläutern. Es wird bei die Ökonomie der Bewirtschaftung. der Vorstellung Bezug auf geologische und bodenkundliche Übersichtskarten genommen anhand derer die Repräsentativität der Exkursionsraum und -route vorgestellten Böden erläutert wird. Insbe- Der Exkursionsraum umfasst folgende natur- sondere spielt dabei das Boden- räumliche Einheiten: Mecklenburg-Branden- gesellschaftsprinzip eine Rolle, um die Hetero- burgisches Platten- und Hügelland (speziell das genität der Böden in Übersichtskarten Nordbrandenburgische Platten- und Hügelland darzustellen. Es wird eine Brücke von der und das Luchland) und die Ostbranden- geologischen Kartierung über die Forstliche burgische Platte (speziell der Barnim). Der Standortkartierung bis hin zu aktuellen Weg der Exkursion führt aus Berlin hinaus Bodenkartierung entsprechend der Boden- über die B96 bis nach Nassenheide, wo kundlichen Kartieranleitung, 5. Auflage, zwischen Rhinluch im Westen und Hannover 2005 geschlagen. Die waldbauliche Eberswalder Urstromtal im Osten der erste Nutzung sowie Nutzungspotenziale und Exkursionspunkt liegt. Von dort führt die Aspekte des Waldumbaus werden auf den Route weiter nach Norden in die Nordbranden- demonstrierten Standorten unter Einbeziehung burgische Platten- und Hügellandschaft. Im von Befunden aus der Bodenzustands- Speziellen führt der weitere Weg auf die Platte erhebung (BZE II) diskutiert. zwischen den Tälern von Rhin im Westen und Havel im Osten. Der zweite Profilpunkt liegt in Ziel der Exkursion der Griebener Heide westlich Löwenberg auf einem Sander des Frankfurter Stadiums der Es sollen begleitend landschaftliche Zusam- Weichselkaltzeit, welcher der Granseer Platte menhänge erläutert werden, die zur Extra- im Südwesten vorgelagert ist. Weiter führt der polation von Geländeaufnahmen genutzt Weg zurück über die B96 nach Meseberg, werden und damit zu entsprechenden vorbei am Schloss Meseberg, dem Gästehaus Karteninhalten bzw. zu einer Legendenbildung

69

Abb. 1: Landschaftsgenese (Quelle: Atlas zur Geologie Brandenburgs, Kleinmachnow 2002) der Bundesregierung in die Baumgartener führt der Weg wieder zurück nach Berlin über Heide im Randbereich der Gransee Platte, die die A11, B2 und B1 bis zum Ausgangspunkt in die Baumgartener Heide im Randbereich der der Exkursion. Gransee Platte, die sich östlich mit Moränenstandorten anschließt. Klimatische Verhältnisse Weiter führt der Weg zurück über die B96 bis Das Exkursionsgebiet liegt in der Agrar- und Löwenberg, dann über die B167 über Lieben- Bodenklimaregionen IIb/2 und IIb/4, welche walde in Richtung Zerpenschleuse. Kurz vor im Wesentlichen das Mecklenburg-Branden- Zerpenschleuse führt ein Waldweg zum 4. Pro- burgische Platten- und Hügelland und die filpunkt in die südwestlichsten Ausläufer des Mecklenburger Seeplatte sowie die Ostbran- Sanders der Schorfheide. Durch die Nähe zum denburgische Platte (Barnim) umfassten. Die Eberswalder Urstromtal im Süden ist der südli- folgenden Klimabedingungen werden aufgrund che Teil des Sanders der Schorfheide nur der Klimadaten der Zeitreihe 1961-90 (Quelle wenig höher als das Urstromtalniveau und DWD) beschrieben. stärker durch Tälchen gegliedert. Von diesem Aufgrund der Größe des Exkursionsgebietes Punkt führt der Weg nach Groß Schönebeck gibt es nur geringfügige Unterschiede bei den und weiter über Zerpenschleuse und den einzelnen Klimaparametern. Trotzdem gibt es Finowkanal im Eberswalder Urstromtal über dabei einen generellen Trend von Süd nach Ruhlsdorf nach Biesenthal bis nach Grüntal. Nord. Dies korreliert mit den geographischen Hier befindet sich das 5. Profil auf dem Barnim Bedingungen. So wirkt sich einerseits in (Ostbrandenburgische Platte), der vorwiegend Richtung Nord die abnehmende Kontinentalität durch Grundmorä-nen geprägt ist. Von hier

70

Abb. 2: Bodengesellschaften und Profilstandorte im Exkursionsgebiet wegen der größeren Meeresnähe und anderer- mitteltemperaturen schwanken im seits die zunehmende Höhenlage in gleicher Exkursionsgebiet von ca. 8,0 bis 8,5 °C. Die Richtung aus, auch wenn die Höhenzunahme mittleren Sommertemperaturen liegen im gesamtdeutschen Vergleich gering ist. zwischen ca. 14,0 und 14,5 °C und die Bezogen auf die Landschaftseinheiten bedeutet entsprechenden Temperaturen für das dies, dass die Bereiche des südlicheren Winterhalbjahr zwischen 2,0 und 2,5 °C. Die Urstromtales ein milderes und trockeneres mittleren Jahresniederschlagssummen schwan- Klima aufweisen als die nördlicher gelegenen ken für das Gebiet von rund 500 bis 600 mm Platten- und Hügelländer. Der Barnim besitzt pro Jahr. Hier spielt ebenfalls der Grad der aufgrund seiner östlicheren Lage und trotz der Kontinentalität eine Rolle. Trotzdem wirkt sich Plattenhöhe ein ebenfalls milderes aber die Höhenlage stärker in der Nieder- geringfügig feuchteres Klima. Die Jahres- schlagsverterlung aus, so dass die Nord- 71 brandenburgischen Platten und der Barnim im auf das längere Wirken periglaziärer Osten etwa gleiche Niederschlagssummen Bedingungen im älteren Jungmoränengebiet erhalten (ca. 550-600mm/a). Die Halbjahres- zurück zu führen sind. Demgegenüber weist niederschläge sind adäquat verteilt. Sie das jüngere Jungmoränengebiet (i. W. die schwanken im Exkursionsgebiet für den Som- Uckermark) höhere Reliefenergien und mehr mer zwischen rund 275-350mm und für den abflusslose Senken auf. Letztere sind nach dem Winter zischen rund 250-275mm. Eisrückzug aufgrund der kürzeren Wirkungs- Für die einzelnen Exkursionspunkte lassen sich zeit für Prozesse des Reliefausgleichs noch die mittleren jährlichen Niederschlagssummen nicht an die Vorfluter vollständig angebunden der Messreihen benachbarter Klimastationen worden. Als jüngeres Jungmoränengebiet wie folgt zuordnen: werden die Areale hinter der Pommerschen Eisrandlage in der Uckermark außerhalb des G6/1 548,1 mm/a (Kremmen) Exkursionsgebietes im Nordosten G6/2 533,6 mm/a (Löwenberg/Mark) Brandenburgs beeichnet. Die Maximalaus- G6/3 581,0 mm/a (Lindow/Mark) dehnung des weichselzeitlichen Inlandeises G6/4 591,6 mm/a (Liebenwalde) wird mit der Brandenburger Eisrandlage in G6/5 567,5 mm/a (Eberswalde) Verbindung gebracht, die sich südlich und Gegenüber den allgemeinen Niederschlags- westlich des Exkursionsraumes befindet. und Temperaturverteilungskarten des DWD Zwischen der äußersten, der Brandenburger zeigen die Messreihen benachbarter Klima- Eisrandlage und der Pommerschen Eisrandlage stationen scheinbare Widersprüche in Ver- gibt es weitere Rückzugsstadien des ehe- bindung zu den Standorten der Bodenprofile. maligen Inlandeises. Die meisten werden als Dies liegt einerseits an einer gewissen Ent- Staffeln mit lokalen Ortsbezeichnungen fernung und damit verbundenen natur- geführt. Bedeutendere Randlagen des Eis- räumlichen Änderung gegenüber dem eigent- rückzuges werden wie die Frankfurter als lichen Standort. So liegt die nächstgelegene Eisrandlage bezeichnet. Letztere durchzieht Messstation Eberswalde zum Punkt G6/5 nicht das Exkursionsgebiet von Südsüdost nach auf dem Barnim sondern im Eberswalder Westnordwest (s. Abb. 1). Urstromtal. Der Barnim wird gewissermaßen durch diese Randlage geteilt, der Exkursionspunkt G6/5 Landschaftsentwicklung befindet sich auf der dazugehörigen Grund- (Geologie und Geomorphologie) moräne hinter dieser Randlage. Auch der Punkt G6/4 im Südwesten der Schorfheide liegt Das Exkursionsgebiet liegt im hinter dieser Randlage. Er ist wegen seiner Nordostdeutschen Tiefland im Bereich der Lage dem Sander der Pommerschen Eisrand- Ablagerungen der letzten Kaltzeit (Weichsel- lage zuzuordnen. Alle anderen drei Standorte kaltzeit). Deshalb sind im Land Brandenburg befinden sich vor bzw. in der Nähe der in teilweise typischer Ausprägung die Frankfurter Eisrandlage. Im Allgemeinen sind Abfolgen und Formen der glazialen Serie er- die Weichselmoränen eher sandiger mit halten geblieben. Allgemein wird aber im Bodenarten im Unterboden von Sl2 bis Ls4. Jungmoränengebiet zwischen einem älteren Die Geschiebedecksande im Hangenden der und jüngeren Verbreitungsgebiet unterschie- Moräne, sofern nicht erodiert, haben i. d. R. die den. Auf topographischen Karten hebt sich das Bodenarten Su2 und z. T. Ss. Demgegenüber Jungmoränengebiet vom Altmoränengebiet sind abgesehen von Mooren im Exkursionsge- weiter im Süden Brandenburgs durch seine biet vorwiegend Sande der holozänen Niede- Seenanzahl deutlich hervor. Zwischen dem rungsbereiche, der Urstromtäler und Schmelz- älteren und jüngeren Jungmoränengebiet fallen wasserbildungen zu finden. Schluffig-tonige Unterschiede in der Reliefgestaltung auf, die

72

Beckenbildungen sind im betrachteten Bereich stromtales sind von den Mooren Übergänge zu kaum bekannt. den Gleyen vorhanden, wobei anteilig die Nach dem Ende der Eiszeit haben sich die Vor- Gleye auf Flusssanden dominieren, bei denen flutverhältnisse weiter entwickelt. Dies führte auch eine Grundwasserabsenkung statt-gefun- dazu, dass sich die holozänen Gewässer den hat, wie sie am Profilpunkt G6/1 zunächst in die pleistozänen Sedimente ein- nachgewiesen wurde. schnitten und sie mit dem Einstellen der heu- Die grundwasserferneren Talsande in den ge- tigen Grundwasserverhältnisse diese Ver- nannten Niederungen haben i. d. R. eine tiefungen zum Teil wieder auffüllten. So weist schwache Verbraunung in einem Decksand. insbesondere das Eberswalder Urstromtal auf Typisch sind in diesen Gebieten podsolige und seinen Talsandterrassen größere Grund-wasser- vergleyte Braunerden bis podsolige Gley- flurabstände auf. Im westlicheren Teil geht das Braunerden. Dünen in diesen Talsandgebieten Urstromtal vor seiner Vereinigung mit dem sind meist podsolige Regosole bis Gley- Berliner Urstromtal in das Luchgebiet des Podsole (vergleichbar Profilpunkt G6/4). Rhinluches über, in dem hohe Grund- In den Hochflächen gibt es ebenfalls Moore, wasserstände zu einer verbreiteten Moor- die an die eingeschnittenen Schmelzwasser- bildung führten. rinnen gebunden sind und z. T. durch Für das Exkursionsgebiet sind die beiden vom Verlandung von Seen entstanden. Dies ist im Urstromtal nach Norden führenden Talungen Umfeld des Profilpunktes G6/3 der Fall. des Rhin und der Havel bedeutsam. Diese Die trockenen Schmelzwassersande als Bildun- beiden Vorfluter nutzen ebenfalls im gen vor ehemaligen Eisrandlagen zeichnen sich Pleistozän angelegte Täler, die im Gegensatz durch podsolige Braunerden aus Decksand zu den erwähnten Urstromtälern eine Nord- über Schmelzwassersand aus, die auch in Süd-Ausrichtung haben. Derartige Talungen Podsol-Braunerden übergehen können. Bei entstanden beim Rückzug des Eises, wenn die großen zusammenhängenden Sandern kommen Schmelzwässer über längere Zeit versuchten wie in der Schorfheide auch Flugsande die Urstromtäler weiterhin zu erreichen. flächenhaft vor. Auf ihnen haben sich meist Besonders typisch aausgeprägt ist dies im Podsol-Braunerden und Braunerde-Podsole Bereich der weiter südlich gelegenen entwickelt. Diese Dünen sind meist älter und Mittelbrandenburgischen Platten und Nieder- besitzen ebenfalls einen periglaziären Deck- ungen. Dieser Bereich ist zwischen dem Ber- sand, der zur Verbraunung neigt. Da ältere liner und Baruther Urstromtal besonders Flugsande, auch wegen der ererbten Eigen- intensiv zerschnitten worden. schaften vom Schmelzwassersand und durch die erneute Sortierung, schneller zur Ver- Allgemeine Bodenverbreitung sauerung neigen, sind in der Schorfheide öfter (s. Abb. 2) Podsole aus Flugsand zu finden. Die Verteilung der Böden und ihre Hetero- Auf den Moränenstandorten des Gebietes sind genität sind im Exkursionsgebiet stark von der meist Fahlerde-Braunerden und Braunerde- Verbreitung von Substraten und dem Einfluss Fahlerden aus Lehmsand bis Sand (aus des Grundwassers abhängig. Geschiebedecksand) über Lehm bis Lehmsand (aus Geschiebemergel) verbreitet. Diese Böden In den breiten Niederungen des Exkursionsge- werden wie auf der Granseer Platte oder dem bietes orientieren sich die Böden vorrangig Barnim durch lessivierte Braunerden und nach dem Grundwasserstand. Bei sehr hohen Braunerden unterbrochen, wenn die Moräne Ständen haben sich Moore gebildet. Sie treten ausdünnt. In Senken können neben Gleyen, im Kremmener Luch und entlang der Havel Pseudogleye und Kolluvien vorkommen. Bei auf. In dem Bereich der holozänen Sedimente entsprechender Neigung auf Ackerflächen der Havelniederung und des Eberswalder Ur- führt die Erosion zum Abtrag des 73

Geschiebedecksandes. Die verbleibenden schaften zu können. Auf den Hochflächen ist diagnostischen Horizonte führen dann oft zur zwischen den reinen Sandstandorten und den Einstufung als Parabraunerde. Geht die Erosion Moränenstandorten zu unterscheiden. Erstere weiter und die Ackerkrume erreicht die kalk- werden meist forstwirtschaftlich genutzt und haltige Moräne, können Pararendzinen ent- letztere ackerbaulich. Dies war jedoch nicht stehen. Pseudovergleyung im Untersuchungs- immer so. Bevor im ehemaligen Preußen damit gebiet bedarf einer dicht gelagerten Lehm- begonnen wurde, in den Niederungen das fließerde im Unterboden und eine ent- Grundwasser durch Grabenentwässerung abzu- prechende Reliefposition mit Zusatzwasser (s. senken, waren diese Standorte nicht nutzbar Profilpunkt G6/3). und bewaldet. Danach wurden die entwässerten Die Heterogenität der Böden ist in den Niede- Standorte der Niederungen stärker landwirt- rungen und auf den Sandern relativ gering. schaftlich genutzt, wodurch man die armen Demgegenüber steigt sie meist aufgrund der Sande nicht in jedem Fall mehr land- Substratheterogenität in der Nähe und hinter wirtschaftlich nutzen musste. Sie wurden meist der ehemaligen Frankfurter Eisrandlage. wieder bewaldet. Auf etlichen dieser Standorte lassen sich heute in den Bodenprofilen noch Vegetation und Landnutzung die Spuren der ehemaligen Beackerung im Oberboden sehen. Hingegen wurden die Morä- Die heutige Verteilung von Wald-, Grünland- nenstandorte wegen ihrer gegenüber den und Ackerflächen orientiert sich vorwiegend trockenen Sandstandorten besseren Boden- an der Verteilung der Substrate und Böden. fruchtbarkeit bevorzugt ackerbaulich genutzt. Vorherrschend sind Sandstandorte, die in den Dies geschah auch bei unterschiedlicher Mäch- Niederungen auch mit Mooren vergesel- tigkeit der Sandbedeckung, wenn sich diese lschaftet sind. Moore und Böden mit hohem nicht zu nachteilig für die Wasserversorgung Grundwasserstand werden bevorzugt als Grün- der Ackerpflanzen auswirkte. Insofern stellt landstandorte genutzt. Kleinflächig sind aber das Profil G6/5 mit seiner Forstnutzung eine auch zahlreiche Forstflächen zu finden. Ausnahme dar. Solche von der Regel Innerhalb der Wuchsbezirke, denen die abweichenden Nutzungsvarianten können Exkursionspunkte zuzuordnen sind, macht der durch historische Besitzverhältnisse oder durch heutige Waldanteil 36% aus. Es handelt sich einen zu kleinräumigen Wechsel der um 25% Laubholz- und 75% Nadel- Standortbedingungen entstanden sein. Letz- holzbestände. Die Baumart Kiefer dominiert in teres trifft auf die beiden Standorte G6/5 und allen Wuchsbezirken mit einem Anteil von G6/3 zu. Wobei bei Letzteren die Heterogenität 67% (Eiche: 10%, Buche: 3%, sonstige zusätzlich durch die Nähe zur ehemaligen Laubbaumarten 12%, sonstige Nadelhölzer: Eisrandlage erklärt werden kann. 8%). Als natürliche Vegetation treten indes entsprechend der Klima- und standörtlichen Exkursionspunkte Nährkraftbedingungen überwiegend Buchen- wälder sowie Traubeneichen-Buchenwald- Die Exkursionspunkte liegen im forstlichen gesellschaften in Erscheinung. Natürliche Wuchsgebiet Ostmecklenburg-Nordbranden- Kiefernvorkommen beschränken sich auf burger Jungmoränenland. Bei den Wuchsbezir- einzelne Dünenfelder. In den feuchten Nie- ken handelt es sich im Einzelnen um den Ora- derungen bilden auf organischen Standorten nienburger Talsand (G6/1), den Rüthnicker Erlen- und Erlen-Eschenwälder und auf den San-der (G6/2), die Granseer Platte (G6/3), die mineralischen Standorten Stieleichen-Hain- Eich-horster Platte (G6/4) und die Wandlitzer buchenwälder die natürliche Vegetation. Platte (G6/5) (Gauer & Aldinger et al. 2005). Im Folgenden werden die landschaftliche und In der Vergangenheit wurden Grundwasser- forstökologische Einordnung, die Profilent- standorte trocken gelegt, um sie besser bewirt- stehung und besondere chemische und physi- 74 kalische Eigenschaften für die Standorte im erung festzustellen, die durch die Kiefern- Überblick vorgestellt. nutzung begünstigt wird. Zur Beurteilung werden neben den gemessenen Der Standort weist aufgrund seiner hohen Ba- und berechneten Werten in den Tabellen auch sensättigung und den trotz Absenkung recht abgeleitete und beschriebene Eigenschaften hohen Grundwasserstand gute Wuchs- (FIS Bodengeologie, Datenspeicher Wald) bedingungen auf. herangezogen. G6/2 Exkursionspunkt Grieben G6/1 Exkursionspunkt Nassenheide Dieser Standort befindet sich auf einem ausge- Der Standort befindet sich westlich der dehnten Sanderareal, das der Frankfurter Eis- Siedlung Nassenheide in einem ca. 1 km randlage vorgelagert ist. Das Profil besitzt für entfernten Waldstück unweit der Mündung des Schmelzwassersandstandorte eine typische Ruppiner Kanals (Rhin) in die Havel bei Substratabfolge. Das oberste Substrat stellt die Oranienburg. Der Standort liegt in einem so genannte Hauptlage dar, den regelmäßig grundwassernahen Teil der westlichen Ver- auftauenden Tiefenbereich eines Dauer- längerung des Eberswalder Urstromtales auf frostbodens, der auch als Decksand bezeichnet holozänen Sanden, die in südöstlicher Richtung wird. Er weist i. d. R. einen gegenüber dem in spätpleistozäne (Tal-)Sande übergehen. In Untergrund geringfügig höheren Schluff- westlicher und nördlicher Richtung kommen und/oder Tonanteil auf. Dies ist auf die auch Moore in diesem äußerst ebenen stärkere kryoklastische Verwitterung wie auch Niederungsteil vor. Ob im Ansprachebereich auf einen kleineren äolischen Eintrag während des Profils die holozänen Sande in ältere des Periglazials zurückzuführen. Dadurch ist spätpleistozäne Talsande übergehen, ist auch gegenüber dem Liegenden die Verbrau- aufgrund der feinkörnig werdenden Sande ab nung begünstigt. Im Bereich der Untergrenze 7,5 dm unwahrscheinlich. des Bv-Horizontes findet man, sofern Das Profil, ein Gley-Reliktgley aus Flusssand, überhaupt Grobbodenanteile im Decksand zeichnet sich im Oberboden durch eine vorhanden sind, meist eine Häufung von ehemalige Pflugbearbeitung aus. Es ist sogar Kiesen und manchmal auch Geröllen, die nur zu vermuten, dass vor der Grund- selten als Steinsohle ausgeprägt bzw. erken- wasserabsenkung der Humusgehalt höher war nbar sind. Darunter folgt ein kryoturbater als heute. Auch die Oxidationsmerkmale, die Bereich des Schmelzwassersandes ohne im Profilbild erst zwischen 4,5 und 7,5 dm Schichtung, der auf ein sporadisches aber schwach zu erkennen sind, lassen darauf wesentlich selteneres Auftauen dieses schließen, dass der ursprüngliche Grund- Tiefenbereichs hinweist (Basislage). Er wasserschwankungsbereich im Oberboden lag. unterscheidet sich vom Liegenden und i. d. R. als geschichtet zu erkennenden Untergrund in Im Bereich der Niederung finden sich überwie- der Korngrößenzusammensetzung kaum und gend mittlere bis kräftige Standorte mit Bestän- wenn, ist dies sedimentationsbedingt. Im den sehr hoher Bonität. Die Basensättigung ist Bereich der Profilwand ist eine deutliche am Exkursionspunkt im Oberboden hoch und Vertiefung der Untergrenze des Bv-Horizontes darunter sehr hoch, was auf die Grundwasser- bis über 1 m unter Flur vorhanden. Dies kann zusammensetzung in der Niederung zurück- auch aufgrund geringer Humusanteile bis in die zuführen sein dürfte. Da die Auflagehorizonte Tiefe der Tasche auf einen so genannten ehe- nur schwach entwickelt sind (Humusform F- maligen Wurzeltopf zurückgeführt werden. Mull), handelt es sich offensichtlich um eine Deshalb wurde die Profilbeschreibung auch an junge Forstnutzung auf diesem Standort. Die einer der Seitenwände durchgeführt, weil dort aktuelle Bestockung bildet ein Kiefern- die Mächtigkeitsverhältnisse den normalen auf stangenholz. Im Oberboden ist mit einem pH- dieser Fläche eher entsprechen, obwohl in der Wert von 4 bereits eine beginnende Versau- 75

Regel die Bv-Untergrenze bis ca. 5-6 dm einer periglaziären Überprägung, die aber zu reicht. Für derartige Standorte ist die begin- keiner Homogenisierung der beteiligten nende Podsolierung typisch, die hier bereits zu Materialien Geschiebedecksand und Ge- einer geringmächtigen Podsol-Horizontabfolge schiebemergel geführt hat. Es liegen Lehmsand geführt hat. Entsprechend niedrig sind die pH- (Su2) und Sandlehm (Sl4) nebeneinander vor. Werte bis in den Bv-Horizont hinein. Die Ba- An dieser Bodenartenverteilung orientieren sensättigung ist nur in den Auflagen und dem sich auch die pedogenetischen Erscheinungen sehr stark humosen Aeh-Horizont mittel bis der Tonverlagerung im Profil. Die Laborer- hoch. Darunter ist der Boden basenarm und gebnisse entstammen einer Mischprobe. nur im Untergrund im reinen C-Horizont Diese periglaziäre Überprägung reicht bis 14 mittelbasisch. dm (Basislage), weshalb auch noch ein Teil des Entsprechend der ziemlich armen Nährkraft- anstehenden Geschiebemergels bis 18 dm unter verhältnisse setzt sich die potenzielle Flur entkalkt ist. natürliche Vegetation im Bereich der Gegenüber den Sandprofilen besitzt dieses Sanderflächen überwiegend aus Trauben- einen deutlich anderen Chemismus. Lediglich eichen-Buchenwäldern mit Kiefer zusammen. im tonverarmten und verbraunten Geschiebe- Deren Bonität ist gering. Die aktuelle decksand ist die Basensättigung arm bis mittel. Bestockung am Exkursionspunkt bildet ein Schon in den heterogenen Substraten, die im Kiefernbestand im Baumholzstadium. Liegenden folgen, ist die Basensättigung G6/3 Exkursionspunkt Meseberg deutlich höher und steigt mit der Tiefe im Grundmoränenkalklehmsand bis auf 100%. Dieser Standort befindet sich in unmittelbarer Der schwache Humusgehalt bis in eine Tiefe Nähe zur Eisrandlage des Frankfurter Stadiums von 25 cm erlaubt die Spekulation, ob dieser der Weichselkaltzeit. Das Relief ist sehr Standort in historischen Zeiten mal beackert bewegt und weist kleinere Rinnenstrukturen in wurde. Ein Indiz wie eine scharfe Untergrenze der Umgebung auf, die oft vermoort sind. Es ist allerdings nicht oder nicht mehr vorhanden. gibt insbesondere in östlicher und damit in Die Nährkraft der Moränenstandorte reicht je Richtung der ehemaligen Eisrandlage einen nach Basenvorrat von mittlerer bis kräftiger verstärkten Wechsel von Schmelzwasser- Trophie. Dementsprechend variiert die Produk- sanden mit Geschiebemergel. Das Profil tivität auf diesen Standorten. Am Exkursions- befindet sich offensichtlich inmitten von punkt stockt ein Kiefernbestand im Schmelzwassersanden auf einer Geschiebe- Baumholzstadium. mergelscholle oder -durchragung. Aufgrund der dichten Materiallagerung kommt es auch in G6/4 Exkursionspunkt Zerpenschleuse Verbindung mit der Reliefsituation, die einen Das Profil befindet sich im Südwesten des San- lateralen Wasserzuschuss ermöglicht, zur ders der Schorfheide. Dieser Bereich ist in der Bildung von Staunässe. Aufgrund des Sub- Höhenlage etwas niedriger als die restliche strataufbaus des Bodens setzt die Staunässe Schorfheide. Integrierte Senken sind deshalb erst unterhalb von 4 dm ein. Typisch für auch vermoort. Aber auch in diesem Bereich Moränenstandorte ist das oberste Substrat, das sind flächenhaft verbreitete Dünen typisch. Das dem Geschiebedecksand entspricht (Haupt- Profil befindet sich auf einer solchen Düne, die lage). Die Ausprägung hier ist schwach Kies in eine vermoorte Senke ragt. Zeitweise kann führend und als Lehmsand (Su2) ausgebildet. deshalb der Grundwasserstand im Profil Dies ist auch ein Grund, weshalb trotz der deutlich ansteigen. Dies führt bei diesem und Kiefernbestockung die beginnende Podsolie- vergleichbaren Standorten zu einer inten- rung nicht so weit fortgeschritten ist, wie es im siveren Verlage-rung von Sesquioxiden durch vorherigen Standort zu finden war. Das die Podsolierung als auf trockeneren folgende Substrat zeigt deutliche Anzeichen Dünenstandorten. Die Grundfeuchte erleichtert 76 die Mobilisierung. Das Substrat Flugsand ist genutzt. Ein Indiz für diesen engräumigen im gesamten Ansprachebereich relativ einheit- Wechsel bildet am Standort der geringmäch- lich. Die Basensättigung ist bis auf den ersten tige, periglaziär überprägte und deshalb auch Mineralbodenhorizont mittel. Die ehemalige entkalkte Geschiebemergel, der im Profil von Beackerung ist gut erkennbar. Aufgrund der einem Vorschüttsand unterlagert wird. relativ guten Wasserversorgung ist der Die Substrate haben für solche Moränenrestflä- Humusgehalt der ehemaligen Krume weit- chen eine charakteristische Abfolge. Dem gehend erhalten geblieben. Die Podsolierung überwiegend schwach schluffigen Geschiebe- ist aber nicht auf die Sesquioxide beschränkt, decksand (Hauptlage) folgt eine Lehmfließerde sondern umfasst auch die Humusverbindungen. aus dem ehemaligen Geschiebe-mergelrest Bei den Flugsanden dürfte es sich überwiegend (Basislage), der seinerseits von einem vor- um umgelagerte Schmelzwassersande handeln, geschütteten Schmelzwassersand unterlagert die gewissermaßen die Eigenschaften dieser wird. In den Randbereichen solcher geerbt haben. Dies lässt sich auch an den pH- Moränenreste dünnt die Fließerde aus und geht Werten ablesen. Jedoch bringt die äolische in lessivierte Braunerden über, die durch Verlagerung bzw. Bildung des Substrates charakteristische Lessivierungsbänder im Flugsand mit sich, dass geringe Anteile Unterboden gekennzeichnet sind. organischer Substanz im gesamten Profil Nach diesen 3 in der Abfolge auftretenden Bo- vorhanden sind und für die vorhandene bessere denausgangsgesteinen (Geschiebedecksand/- Basensättigung mit verantwortlich sind. Geschiebemergel/Schmelzwassersand) orien- Die Dünenstandorte sind hinsichtlich ihrer tieren sich auch die bodendiagnostischen Nährkraftverhältnisse als ziemlich arm bis arm Horizonte des Profils. Im Bereich der einzustufen. Die potenzielle natürliche Vege- periglaziären Hauptlage, die den Geschiebe- tation wird überwiegend von Traubeneichen- decksand umfasst, finden wir eine Ton- Buchenwäldern gebildet. Eine Verbesserung verarmung (fahle Farbe des Ael-Horizontes), kann bei Grund- und Schichtenwassereinfluss eine Verbraunung (Farbe des Bv-Horizontes) erfolgen. Aktuell ist der Exkursionsstandort und eine beginnende Podsoligkeit (Merkmale mit Pappeln und Birken bestockt. eines Aeh-Horizontes). Man kann sich G9/5 Exkursionspunkt Grüntal vorstellen, dass die genannte Auszählung auch zeitlich eine Abfolge bildet, da für die Das Profil befindet sich östlich dem so genann- Ausprägung der betreffenden Horizont- ten Biesenthaler Becken auf einer Grundmorä- merkmale auch eine zunehmende pH- nenfläche der Weichselkaltzeit auf der Barnim Wertabnahme Voraussetzung ist. Vom Platte. In diesem nördlichen Randbereich des obersten bearbeiteten Mineralbodenhorizont Barnim orientiert sich die Vorflut in Richtung abgesehen ist eine generell pH-Wertzunahme des nördlich gelegenen Eberswalder mit der Tiefe festzustellen. Dem entspricht Urstromtals. Die im Schnitt nur wenige Meter auch die allgemeine Zunahme der mächtige weichselzeitliche Moräne ist Basensättigung mit der Tiefe, lässt man die von teilweise durchschnitten und die unter- Auflagebestandteilen charakterisierten Oberbo- lagernden Schmelzwassersande, auch als denhorizonte außer Acht. Vorschüttsande bezeichnet, bilden das Ein häufiges Phänomen derartiger Böden ist Bodenausgangsgestein. Dies ist im betrach- aufgrund der höheren Lagerungsdichte der teten nördlichen Bereich des Barnim verstärkt Lehmfließerde eine zeitweilige bzw. der Fall, so dass ein engräumiger Wechsel von witterungsabhängige Stauvernässung, die sich Moränenresten und Schmelzwassersanden im Profil mit relativ geringen Eisen-Mangan- besteht. Größere zusammenhängende Schmelz- Konkretionen und Rostflecken ausdrückt. wassersandareale und zum Urstromtalrand im Diese Merkmale sind jedoch nicht so Norden hin befindliche Dünen werden forstlich profilprägend, dass man die systematische 77

Einstufung Pseudogley im Subtyp erwähnen Geologische Spezialkarte 1: 25000, Blätter 3044, 3144, sollte. 3145, 3147, 3248. LIPPSTREU, L.; HERMSDORF, N. & A. SONNTAG Überwiegend werden derartige Standorte land- (1997): Geologische Übersichtskarte des Landes wirtschaftlich genutzt und nur in Ausnahmefäl- Brandenburg 1 : 300 000. - Landesamt für len wie diesem forstlich. Meistens sind dann Geowissenschaften und Rohstoffe Brandenburg in bei kräftiger Trophie und hoher Produktivität Zusammenarbeit mit dem Landesvermessungsamt Misch- oder Laubwaldbestockungen zu finden. Brandenburg, Kleinmachnow/Potsdam Am Exkursionspunkt bildet ein Kiefern- Fachinformationssystem Bodengeologie. - Landesamt stangenholz den aktuellen Bestand. für Bergbau, Geologie und Rohstoffe Brandenburg, Cottbus. Literatur SCHULZKE, D. & KAULE , G. (2000): Eine ag- rarökologische Gebietsgliederung für Deutschland AG BODEN (2005): Bodenkundliche Kartieran-leitung.- und Ableitung von Schutz- und Nutzungszielen für 5. Auflage, Hannover (KA5). die Landwirtschaft In: Mitteilungen aus der Amtliche Liegenschaftskarte (ALK), Folie 42 Biologischen Bundesanstalt für Land- u. Bodenschätzung. Forstwirtschaft Heft 371 BAURIEGEL, A.; KÜHN, D.; SCHMIDT, R.; HE- DWD: Klimaatlas der Bundesrepublik Deutsch-land RING, J.; HANNEMANN, J. (2001): Bodenüber- (Zeitraum 1961-90). sichtskarte des Landes Brandenburg 1 : 300 000.- DWD: Klimadaten – Langjährige Mittelwerte an Landesamt für Geowissenschaften und Rohstoffe Stationen 1961-90. Brandenburg in Zusammenarbeit mit dem Landesvermessungsamt Brandenburg, Klein- STACKEBRANDT, W. et al. (2010): Atlas zur Geologie machnow/Potsdam 2001. von Brandenburg. 157 Seiten, Landesamt für Bergbau, Geologie und Rohstoffe, Cottbus; ISBN GAUER, J., ALDINGER, E. et al. (2005): Wald- 978-3-9808157-4-1. ökologische Naturräume Deutschlands – Forstliche Wuchsgebiete und Wuchsbezirke. Mitt. d. Vereins für Forstliche Standortskunde und Forstpflanzen- züchtung. Bd.43.

78

79

80

81

82

83

Exkursion G 7 Böden als Archive der Landschaftsgeschichte im Vorfeld des Tagebaus Jänschwalde 1 2 2 1 3 3 A. RAAB , T. RAAB , M. TAKLA , A. NICOLAY , E. BÖNISCH UND H. RÖSLER (1) Forschungszentrum Landschaftsentwicklung und Bergbaulandschaften (FZLB), Brandenburgische Technische Universität Cottbus (BTU). E-Mail:: [email protected], [email protected] (2) Lehrstuhl für Geopedologie & Landschaftsentwicklung, Brandenburgische Technische Universität Cottbus (BTU). E-Mail: [email protected], [email protected] (3) Brandenburgisches Landesamt für Denkmalpflege und Archäologisches Landesmuseum (BLDAM), Referat Braunkohle. E-Mail: [email protected], eberhard.boenisch@bldam- brandenburg.de

rch Rodungen während der historischen Nutz- Einleitung/Ziel der Exkursion ungsphasen ausgegangen werden. Zeugen äolischer Verlagerungen sind flächenhaft vor- Mit dem Ziel die (prä-)historische Land- handene Decksande, die in einer Mächtigkeit schafts- und Landnutzungsgeschichte im Vor- von stellenweise über einem Meter Meiler- feld des Braunkohlentagebaus Jänschwalde grundrisse sowie Ackerbodenhorizonte be- (Vattenfall Europe Mining & Generation AG) graben. in der Niederlausitz zu rekonstruieren, führen das Brandenburgische Landesamt für Denk- Im Exkursionsgebiet werden interdisziplinäre malpflege und Archäologisches Landesmuse- Untersuchungen an bis zu 200 m langen und um (BLDAM) und die Brandenburgische 1,5 m tiefen Sondageschnitten durchgeführt, Technische Universität Cottbus (BTU) seit Ap- die einen einzigartigen Einblick in die Land- ril 2010 gemeinsame archäologische, pedolo- schaft sowie in die Verbreitung von Böden und gische und geomorphologische Untersuchun- Sedimenten ermöglichen. Im Verlauf der Ex- gen durch. Die langjährigen archäologischen kursion werden je nach Aufschlusslage – es Prospektionen und systematischen Ausgrabun- handelt sich um einen laufenden Tagebaube- gen haben eine Vielzahl an vor- und frühge- trieb – aktuelle archäologische und boden- schichtlichen bis neuzeitlichen Funden und Be- kundlich interessante Standorte im Tagebau- funden erbracht und liefern sowohl Erkennt- vorfeld Jänschwalde und in dessen Umfeld an- nisse über die Besiedlungsgeschichte der Re- gefahren. gion als auch über den anthropogenen Einfluss auf die Landschaft. Exkursionsraum Im Rahmen der Untersuchungen des BLDAM Naturraum wurden im ehemaligen Königlichen Tauben- Der Tagebau Jänschwalde (Abb. 1) liegt ca. dorfer Forst (Lkr. Spree-Neisse) bisher mehr 15 km nordöstlich von Cottbus (Brandenburg, als 500 Meilerstellen archäologisch dokumen- Niederlausitz). Naturräumlich befindet sich das tiert und damit eines der größten Meilerareale Gebiet im Nordostdeutschen Tiefland. Gemäß Europas entdeckt. Die Größe sowie die Anzahl der naturräumlichen Gliederung Brandenburgs der Meiler deuten auf eine industrielle Holz- von SCHOLZ (1962) ist das Areal des kohleproduktion hin, die vermutlich in Zu- Tagebaus Jänschwalde dem Ostbranden- sammenhang mit dem ehemaligen Eisenhüt- burgischen Heide- und Seengebiet zuzuordnen. tenwerk in Peitz steht, in dem seit 1567 Rasen- eisenerz verarbeitet wurde. Aufgrund der Di- Klimatisch betrachtet liegt der Exkursionsraum mensionen der Köhlerei muss von nach SCHOLZ (1962) im Bereich des ostdeut- umfangreichen Landschaftsveränderungen du- schen Binnenklimas. KOPP (2003) ordnet das

84

Klima im Untersuchungsgebiet dem Mittel- • auf den Sandböden der Sanderflächen ein märkisch-Anhaltinischen Planarklima zu. Die Kiefernwald, durchschnittliche Jahresmitteltemperatur liegt • in den Niederungsbereichen der Neiße, bei 8,9°C und die durchschnittliche Nieder- Spree und Malxe ein Traubenkirschen- schlagssumme beträgt 565 mm/a, gemessen bei Eschenwald und auenwaldartiger Nie- Peitz (PIK 2009). derungswald. Entsprechend der physiogeographischen Tatsächlich wurde das Areal des Tagebaus Standorteigenschaften wäre im Exkursionsge- Jänschwalde vor dem Abbau teils forstwirt- biet nach HOFMANN & POMMER (2005) schaftlich (Kiefernforste) genutzt, teils wurde folgende potentielle natürliche Vegetation zu auf den Fluren innerhalb der Gemarkungsgren- erwarten: zen der Ortschaften Jänschwalde, Horno und • auf den lehmbeeinflussten Sandstandorten Grießen Ackerbau betrieben. der Hornoer/Grießener Hochfläche ein Kiefern-Traubeneichenwald,

Abb. 1: Übersichtskarte zum Exkursionsgebiet Tagebau Jänschwalde

85

• Geologie, Geomorphologie und Böden holozäne Niederungen der Spree-, Malxe-, und Neißeniederung (Aue-lehm, Torfe, Das Braunkohlenfeld Jänschwalde liegt im Sande). Norden des Lausitzer Braunkohlenreviers Während der Weichseleiszeit wurden die eis- (Abb. 2), welches regionalgeologisch der ost- zeitlichen Sedimente periglaziär überprägt brandenburgischen Kreidesenke zuzuordnen ist (LIPPSTREU et al. 1994). (KLOCEK 2009). Von den vier, in der Lausitz Morphologisch stellt das Gebiet ein flachwel- vorhandenen, miozänen Flözen, ist das zweite liges Hochflächenareal dar, das im Osten von abbauwürdig. Es erreicht durchschnittliche der Niederterrasse der Neiße begrenzt wird. Mächtigkeiten von 8-14 m und liegt etwa 40- Die Hornoer/Grießener Hochfläche ist ein pe- 100 m unter der Oberfläche (LANDESAMT riglaziär überformter Rest saalekaltzeitlicher FÜR BERGBAU, GEOLOGIE UND Grundmoränenablagerungen des Lausitz- ROHSTOFFE BRANDENBURG 2010). Das Glazials (S III) (CEPEK et al. 1994). Die Hangende bilden mächtige, tertiäre schluffige Hochfläche wird von der schwach geneigten und feinsandige Ablagerungen der Brieske- weichselzeitlichen Sanderschüttung des Tau- Formation sowie darüber folgende reliktisch bendorfer Sanders nahezu vollständig um- auftretende Schluffe der Rauno-Formation. Sie schlossen. Durch eine markante Gelände-stufe bilden den Abschluss der Tertiären setzt sich der Sander im Westen von den Schichtenfolge im Tagebau Jänschwalde Talsand-Ablagerungen und Terrassen des (KLOCEK 2009). Glogau-Baruther Urstromtales ab (Abb. 4). Im westli-chen Bereich der Sanderschüttungen sind fla-che, von NEE nach SWW, verlaufende (Kerb-) Täler vorhanden, die am Fuße Schwemmfächer aufweisen. Die Entstehung der Erosions- und Akkumulationsformen kann auf die erste menschliche Besiedlung und Nutzung der Landschaft während der Bronzezeit zurückgeführt werden (WOITHE 2003).

Abb. 2: Das Lausitzer Braunkohlenrevier Am Fuße des Sanders liegen äolische Deckse- (LBGR 2011). dimente, die flächenhaft verbreitet sind und Die Landschaft im Untersuchungsgebiet wurde Mächtigkeiten von wenigen Dezimetern besit- im Wesentlichen von den quartären Eiszeiten zen. Nur vereinzelt sind diese Decksedimente geprägt. Das Exkursionsgebiet liegt im Über- morphologisch als Dünenkörper erkennbar. gangsbereich vom Jung- zum Altmoränenge- Typische Böden im Untersuchungsgebiet sind biet. Nach CEPEK et al. (1994) hat das Exkur- Podsol-Braunerden bzw. podsolige Braunerden sionsgebiet Anteil an vier quartärgeomorpho- aus glazi-fluvialen Sanden. Schwach ent- logischen Einheiten (Abb. 3): wickelte Podsol-Regosole sind im Bereich der • glaziale Hochflächen im Bereich des holozänen Flugsanddecken im Osten des Lausitzer Grenzwalls (S III, Schmelz- Tagebaus vorhanden. Sie überdecken die in wassersande, fluviatile Kiessande aus dem den Talsanden entwickelten und ackerbaulich Saale-Komplex) – Ortslage Grießen, genutzten Braunerden (Abb. 10 und Profil Flugsandfeld/BP1). Exemplarisch sind typische • weichselzeitliche Sanderschüttungen Böden für die Standortsituationen Tau- (Taubendorfer Sander), bendorfer Sander und Grießener Hochfläche • Ablagerungen der Urstromtäler und dargestellt. periglaziäre Schwemmkegel,

86

1 - holozäne Niederungen, 2 – Binnendünen, 3 – glaziale Hochflächen des Brandenburger Stadiums der Weichseleiszeit, 4 – glaziale Hochflächen des Niederlausitzer Grenzwalls (Lausitz-Kaltzeit, S III), 5 – tertiäre und älter saalezeitliche Hochflächen, 6 – morphologische Beckengebiete, spätsaalezeitlich (SIII) erosiv angelegt und weichselzeitlich periglazial überdeckt, 7 – Endmoränen, 8 – Maximalausdehnung des Inlandeises in der Weichsel-Kaltzeit, 9 – Maximalausdehnung des Inlandeises während der Lausitz-Kaltzeit (S III), 10 – Sander, 11 – markante Unterschneidungen im weichselzeitlichen Sandergebiet, 12 – Ablagerungen und Terrassen in den Urstromtälern sowie Flussterrassen und periglaziäre Schwemmkegel, 13 – Wallberg, 14 – Braunkohlentagebaue, 15 – Außenhalden. Rechteck markiert das Exkursionsgebiet Abb. 3: Geologisch-geomorphologische Übersichtskarte (Cepek et al. 1994 ).

Holzkohlemeiler 448 (Abb. 6 und 9) Sondageschnitt 1 (Abb. 10)

Abb. 4: W-E Geländeschnitt von Jänschwalde nach Grießen durch das Exkursionsgebiet mit Darstellung der typischen Böden und der Bodensubstrate

87

Vor- und Frühgeschichte im Anfang 2008 gruben Archäologen am Tagbau Exkursionsgebiet Jänschwalde ein germanisches Dorf des 3. und 4. Jahrhunderts aus. Die dabei freigelegten Obwohl die Tagebaue zwangsläufig mit einer Hausgrundrisse, Brunnen, eine Getreidemühle totalen Vernichtung von Kulturlandschaften und vieles mehr vervollständigten das Bild von und der Überbaggerung von Ortschaften ver- der Lebensweise der Germanen in der bunden sind, bieten sie doch für die Archäolo- Niederlausitz. Besonders in-teressant war die gie auch die Chance einer umfassenden Land- Entdeckung einer Schmiede zur Schmuck- schafts- und Besiedlungsaufnahme und damit herstellung innerhalb dieser Sied-lung. Hier eine Loslösung von einer partiellen Dokumen- wurden auch Fibeln hergestellt, die zur Tracht tation von einzelnen Befunden und Fundplät- der auf dem benachbarten Friedhof beige- zen (BÖNISCH, E. 2001). Immerhin wird setzten Toten gehörten (SCHULZ 2008). allein im Tagebau Jänschwalde jährlich etwa Außerdem stand in den Jahren 2004 und 2005 eine Fläche von ca. 200 ha beansprucht. Die die Ortsuntersuchung von Horno im Vorder- Länge des Tagebaus Jänschwalde beträgt etwa grund. Neben der Boden- und Baudenkmaldo- 4 km, abgebaggert wird ein Streifen von ca. kumentation waren hier wissenschaftliche Dis- 500 m, der bergmännisch Jahresscheibe ziplinen wie Histographie, Ethnologie, Geolo- genannt wird. gie und Botanik eingeschlossen und lieferten Die archäologische Arbeit läuft in der Regel in ein umfassendes Bild von der Ortsgenese drei übergreifenden Schritten ab. Nach der (GROß 2005, BÖNISCH 2005). Die Aufarbeitung der Archivalien und der Prospek- Auswertungen dazu sind noch nicht tion sollen Sondagen Aufschluss über den Er- abgeschlossen (siehe hierzu DFG-Projekt „Der haltungszustand und Aussagewert der Fund- hochmittelalterliche Landesausbau und die plätze liefern. Danach werden Flächengrabun- Entwicklung der Siedlungsstrukturen in gen ausgewählt. Brandenburg. Ländliche Siedlung und kultu- Die systematischen Ausgrabungen im Tagebau relle Transformation. Hoch- und spätmittel- Jänschwalde brachten in den letzten Jahren alterliche Landschaftsgestaltung (12. Jh. bis vielfältige Ergebnisse. Sie waren in erster Li- 14./15. Jh.) im Spiegel von Gra- nie auf die Erfassung der gesamten Kultur- bungsgroßprojekten in Brandenburg“). landschaft ausgerichtet. Dabei sind besonders Da der Tagebau seit 2009 hauptsächlich in den die zahlreich ausgegrabenen mittelsteinzeitli- Bereich der Hornoer Höhe einschneidet, kon- chen Schlagplätze und neolithischen und früh- zentrieren sich dort seither die archäologischen bronzezeitlichen Bestattungsplätze mit Si- Arbeiten. Ziel bleibt aber weiterhin die ganz- lexpfeilspitzen und- dolchen als Grabbeigaben heitliche Erfassung des betroffenen Siedlungs- hervorzuheben (RÖSLER 2001). Außerdem gebietes. Bei der Exkursion im Tagebauvorfeld konnten auf der Hornoer Höhe bronzezeitliche sollen vorzugsweise steinzeitliche und bronze- Pfostenbauten (Gehöfte, etwa 3000 Jahre alt) zeitliche Siedlungskomplexe und ein mittelal- mit Speicherplätzen für Getreide, Brunnen, die terlich bis neuzeitliches Holzkohlemeilerareal die Wasserversorgung in der Höhenlage si- vorgestellt werden. cherten, und Gräber nachgewiesen werden (BÖNISCH 2004).

88

A Tagebau Jänschwalde - Aussichtspunkt Exkursionsroute und -standorte bei Heinersbrück Einen Überblick über die Exkursionsroute bie- B Tagebauvorfeld Jänschwalde tet Abb. 5. Es werden die nachfolgenden vier C Wölbäcker und Kerbtälchen am Rand Standorte angefahren: der Hornoer Höhe D Dorf Grießen.

Abb. 5: Lage der Exkursionsstandorte im Bereiche des Tagebauvorfeldes Jänschwalde.

89

Standorte Station 2: Köhler über der Kohle A Tagebau Jänschwalde - Im Tagebauvorfeld sind bisher mehr als 500 Aussichtspunkt bei Heinersbrück Meilerstellen registriert worden. Es handelt sich dabei ausschließlich um Standstellen von Der bei Heinersbrück im Westen des Tagebaus Rundmeilern. Im meist hellgelben märkischen Jänschwalde gelegene Aussichtspunkt bietet Sand heben sie sich besonders gut als schwarze einen Blick in den aktiven Braunkohlentage- Ringverfärbung ab. Zum Abdecken und Ab- bau. Zu sehen ist die Förderbrücke F60 sowie dichten des aufgeschichteten Holzes für den ein Einblick in die Geologie des Tagebaus mit- Inkohlungsprozeß wurde in der Regel umlie- tels der ca. 4 km langen W-E verlaufenden gendes Erdmaterial verwendet. Dabei entstand Vorschnittkante. ein ringförmiger Graben, der sich beim Ausei- B Tagebauvorfeld nanderziehen des Meilers mittels Schürhaken teilweise mit Holzkohleresten verfüllte Station 1: Bronzezeitliche Gehöfte auf der (RÖSLER 2008). Die Meilerringe haben einen Hornoer Höhe Innendurchmesser von 5 bis über 20 Meter. Die Besiedlung einer pleistozänen Höhenflä- Die Meiler mit den größeren Durchmessern che wie der Hornoer Höhe galt wegen der liefern sicher einen Hinweis auf die industrielle Wasserferne für die Zeit vor dem Mittelalter Verwertung der gewonnen Holzkohle. Der bislang als unwahrscheinlich. Durch die Gra- größte Teil der hier hergestellten Holzkohle bungen im Tagebau Jänschwalde wurde aller- wird deshalb direkt zur Belieferung des dings eine phasenweise Nutzung der Hochflä- benachbarten Peitzer Hüttenwerkes gedient chen verbunden mit günstigen Klimabedin- haben. Bei den kleineren Meilern ist dagegen gungen nachgewiesen. Dazu gehören Gehöft- sicher von einer individuellen Verwendung im siedlungen aus der jüngeren Bronzezeit, ca. Haushandwerk oder in kleineren Handwerks- 1000 v. Chr., die jeweils nur in einem begrenz- betrieben auszu-gehen. Es ist davon auszu- ten Zeitraum genutzt wurden. Beispielhaft sei gehen, dass die Meiler seit dem späten die Grabung eines bronzezeitlichen Gehöftes Mittelalter bis in die frühe Neuzeit betrieben (Grießen, Fundplatz 6), welches westlich von wurden. Ein von Dünensand überdeckter Grießen aufgefunden wurde, genannt. Aufge- Meiler wurde dendrochronologisch in das Jahr deckt wurde ein Grundriss eines zweischiffigen 1850 datiert. Für die weiteren untersuchten Pfostenhauses von etwa 25 m Länge und 5 m Meiler sind Holzbestimmungen und dendro- Breite. Das Haus hatte einen Anbau und zwei chronologische Untersuchungen vorgesehen. Feuerstellen. Besonders hervorzuheben ist die Sie werden eine genauere Einord-nung der Erhaltung zweier paralleler Wandgräbchen mit Meiler ermöglichen. Die nachgewie-senen Resten des Lehmbewurfes. Südlich vor dem „überdünten“ Meilerstandorte weisen aber Haus befanden sich Vorratsgruben. Ein schon jetzt auf die enge Wechselwirkung von Brunnen wie auf anderen Gehöften nach- „großer Köhlerei“ und Umweltveränderungen gewiesen, ist hier in Richtung des Neißetales hin. zu vermuten, konnte jedoch auf Grund der be- Exemplarisch wurde der Holzkohlemeiler nachbart liegenden Entwässerungstrassen noch (HKM) 448 sowohl archäologisch als auch bo- nicht belegt werden. An Funden sind Scherben denkundlich untersucht. Der Holzkohlemeiler mit der für die Jungbronzezeit typischen Ril- HKM 448, mit einem Durchmesser von ca. 18 lenverzierung und einige durchlochte Kera- m liegt im Bereich des Taubendorfer Sanders mikteile von Siebgefäßen hervorzuheben. am Beginn eines kleinen Kerbtales. Der Profil- querschnitt (Abb. 6 und 9) zeigt, dass derselbe Standort zwei Mal genutzt wurde. Mittels laboranalytischer Methoden soll der Einfluss der Köhlerei, d.h. der Hitzeeinwirkung auf die 90

Böden und die Folgen für die Bodengüte und C Wölbäcker und Kerbtälchen am nachfolgende Nutzung untersucht werden. Rand der Hornoer Höhe Nördlich von Grießen sind im Wald Relikte mittelalterlicher Ackerfluren noch oberflächig deutlich sichtbar (Abb. 7 und 8). Es handelt sich um sogenannte Wölbäcker, die auch als Hochäcker oder Hochbeete bezeichnet werden. Der Name beschreibt die typische Ausprägung dieser Felder. Sie entstanden beim Pflügen mit einem Beetpflug, der die Grundlage der mittel- alterlichen Flurbearbeitung darstellt.

Abb. 6: Planum und Schnitt durch den Holzkohlemeiler 448 (Foto: Nicolay 2010). Standort 3: Ausgewählte Sondageschnitte Als weitere Beispiele für anthropogen indu- zierte Landschaftsveränderungen werden aus- gewählte Sondageschnitte vorgestellt. Profil- schnitt 1 (Projekt 52) ist ein etwa 120 m langes und bis zu 2 m tiefes W-E-Querprofil (Abb. 10), das sich im westlichen Areal des Tage- bauvorfeldes befindet (Abb. 4). Das Profil Abb. 8: Schnitt durch die Wölbäcker nördlich von Grießen. Erkennbar ist der unter zeigt einen fossilen Ackerbodenhorizont, der den Wölbungen liegende Rest eines nahezu über die gesamte Länge des Aufschlus- fossilen Bodens. Die Ackerfahren ses verfolgt werden kann. Der fAp-Horizont ist bleiben als "Gräben" im Boden sichtbar überdeckt mit äolischen Sanden, die bis zu (Foto: Piskorski 2009). 1,50 m mächtig sind und die Reaktivierung äo- Der Acker wurde von der Mitte her gepflügt, lischer Dynamik durch Rodung und ackerbau- aber die Schollen konnten nur in eine Richtung liche Nutzung belegen. umgeworfen werden. Dadurch entstand in der Mitte eine Wölbung und an den Ackergrenzen eine Furche. Für die Niederlausitz hat Fritz Bönisch diese Wirtschaftsweise und damit in Zusammenhang stehende Flureinteilungen an verschiedenen Stellen ausführlich behandelt (u.a. BÖNISCH, F. 2001). Der Vorteil bei der Anlage von Wölbäckern besteht darin, dass unabhängig von klimatischen Einflüssen ausgeglichene Ernten erzielt werden konnten. In niederschlagsreichen Jahren war eine Abb. 7: Luftbild mit Blick auf das bessere Ernte auf den Wölbungen zu erzielen. Strassenangerdorf Grießen. Im In trockenen Jahren hingegen war der tiefer Hintergrund die Neißeaue gelegene Randbereich der Felder ertragreicher. (Foto: Rösler 2009) Die alten Feldstrukturen wurden in den letzten Jahren auf Grabungen im Tagebauvorfeld viel- fach angetroffen und dokumentiert. In der Re-

91 gel zeigen sie sich als streifenförmige Verfär- D Grießen – Dorf und Flur aus dem bungen als „Nebenprodukt“ der archäologi- Mittelalter schen Grabungsschnitte. Im Tagebau Cottbus- Grießen ist ebenso wie das Nachbardorf Horno Nord sind durch Grabungen gezielt solche in der Zeit des hochmittelalterlichen deutschen Ackerfluren unter Dünenbedeckungen unter- Landesausbaus im 13. Jh. überwiegend von sucht worden. Im Ergebnis dieser Untersu- slawischen Bauern angelegt worden. Horno chungen wurden mehrere Wölbäckergruppen, wurde nach ausgegrabenen, dendrochronolo- die als Gewanne bezeichnet werden, unter- gisch datierten Brunnen 1229/30 gegründet. sucht und dabei der Zusammenhang zwischen Die Lage auf der bis dahin von trockenen ei- der Anlage der Felder und deren nachfolgender chenreichen Wäldern (z.B. Flurstück „Die Überdünung dokumentiert (WOITHE & RÖS- Eichberge“) eingenommenen Moränenplatte, LER 2001). die planmäßige Anlage als mittelgroßes Stra- Im Bereich der hier gezeigten Wölbäcker im ßenangerdorf (Abb. 7) an der alten Straße Grießener Wald wurden im Jahre 2009 erste Cottbus-Heinersbrück-Guben sowie eine re- Sondageschnitte im Zusammenhang mit Bohr- gelmäßige Gewannflur sind typische Merkma- punkten im Tagebauvorfeld angelegt. Die ar- le einer solchen Neugründung. In der Ortsflur chäologischen Schnitte, die quer zu den sind überall die mittelalterlichen Wölbäcker Äckern aufgezogen wurden, lieferten fossile entweder noch an der Oberfläche sichtbar oder Böden unter den Ackerwölbungen und weisen sie werden durch Ausgrabungen freigelegt. auf eine zeitlich begrenzte Nutzung der Felder Dem Ortsnamen Grießen liegt mittelhoch- (Abb. 8) hin. deutsch „Grieß Sand“ zugrunde, was auf Sand- In unmittelbarer Nähe zu den Wölbäckern ha- und Kiesbänke im Neißetal zurückgeführt ben sich am Osthang der Hornoer/Grießener wird. Das älteste Gebäude ist die Kirche aus Hochfläche tief eingegrabene Kerbtäler her- dem 15. Jahrhundert. ausgebildet, die im Gelände deutlich erkennbar sind. Eine Möglichkeit der Erfassung der Wölbäcker und Kerbtäler bieten auch die von Vattenfall gefertigten Airborne Laserscanning- karten. Soweit die Wölbäcker sich noch ober- flächig abzeichnen, liefern die Karten ein um- fassendes Bild der Feldstrukturen und damit sind eingehende Untersuchungen zu mittelal- terlichen Ackerstrukturen möglich. Ziel der archäologischen Grabungen ist es, die- se Angaben zu vervollständigen und Details zu dem jeweiligen Feldaufbau zu liefern. Bisher konzentrierten sich die Untersuchungen auf die Kerbtäler am südlichen und westlichen Hang der Hornoer Höhe. Dabei konnten die „gravierendsten Eingriffe in den Landschafts- wasser- und Stoffhaushalt für die Römische Kaiserzeit und das späte Hoch- bis Spätmittel- alter rekonstruiert werden“ (WOITHE 2003). Das passt auch in das neu entwickelte Bild für die Landschaftsentwicklung im gesamten mit- teleuropäischen Raum (BORK et al. 1998).

92

Abb. 9: Querschnitt durch den Holzkohlemeiler 448. Die zwei Meilergräben belegen die 2-fache Nutzung des Meilerplatzes (Sondageschnitt 40, Projekt 52, HKM 448).

Abb. 10: 120 m langer Sondageschnitt im Bereich des Flugsandfeldes (Sondageschnitt 1, Projekt 52.). Der fossile Ackerbodenhorizont ist mit ca.1,5 m mächtigen Sanden überdünt (Sondageschnitt 1, Projekt 52).. 93 93

Literatur KOPP, D. (2003): Die Böden des nordostdeutschen Tieflandes und ihr Zusammenwirken mit Relief, BÖNISCH, E. (2001a): Die archäologische Klima und Vegetation. Hannover: Bundesanstalt für Abbauscheibe 2000. - Ausgrabungen im Geowissenschaften und Rohstoffe. Niederlausitzer Braunkohlenrevier: 9-20. LANDESAMT FÜR BERGBAU, GEOLOGIE UND BÖNISCH, E. (2004): Häuser, Speicherplätze und ROHSTOFFE BRANDENBURG (Hrsg., 2010): Siedlungsmuster. Neues zu Siedlungen der Atlas zur Geologie von Brandenburg. Cottbus. Lausitzer Kultur links der Neiße. - Biblioteka LIPPSTREU, L., HERMSDORF, N., SONNTAG, A. & Archeologii Srodkowego Nadodrza, 2: 91-120. H.U. THIEKE (1994): Zur Gliederung der BÖNISCH, E. (2005): 8 Jahrhunderte Horno quartären Sedimentabfolgen im Niederlausitzer dokumentieren, erforschen und bewahren. - Was Braunkohlentagebau Jänschwalde und in seinem bewahren die Forscher von Horno. Ein Dorf im Umfeld - Ein Beitrag zur Gliederung der Saale- Niederlausitzer Braunkohlenrevier wird Kaltzeit in Brandenburg. - Brandenburgische dokumentiert: 7-13. Geowissenschaftliche Beiträge 1/1:15–35. BÖNISCH, F. (2001b): Wölbäcker als Kennzeichen PIK POSTDAM – INSTITUT FÜR früherer Gewannfluren. - Ausgrabungen im Nieder- KLIMAFOLGENFORSCHUNG (Hrsg., 2009): lausitzer Braunkohlenrevier 2000: 203-212. Walterdiagramm Peitzer Teiche (FFH 4152-302). BORK, H.-R., DALCHOW, C., FAUST, B., PIORR, H.- Online: http://www.pik-potsdam.de/~wrobel/sg- P., SCHATZ, T. (1998): Landschaftsentwicklung in klima-3/landk/walter/ref/walter_1009_ref.png, Mitteleuropa. Gotha. Abruf: 13.01.2011. CEPEK, A., HELLWIG, D. & W. NOWEL (1994): Zur RÖSLER, H. (2001): Gräber der Schnurkeramik an der Gliederung des Saale-Komplexes im Niederlausit- Hornoer Hochfläche. In: Ausgrabungen im Nie- zer Braunkohlenrevier. - Brandenburgische derlausitzer Braunkohlenrevier 2000, S. 111-119. Geowissenschaftliche Beiträge 1/1: 43–83. RÖSLER, H. (2008): Köhlerei für das Eisenhüttenwerk GROß, W. (2005): Planung und Ausführung der Peitz in Brandenburg. - Archäologie in Deutschland Dokumentation von Horno. - Was bewahren die 2008/3: 36–37. Forscher von Horno. Ein Dorf im Niederlausitzer SCHOLZ, E. (1962): Die naturräumliche Gliederung Braunkohlenrevier wird dokumentiert: 225-227. Brandenburgs. Potsdam: Pädagogisches Bezirks- HOFMANN, G. & U. POMMER (2005): Potentielle kabinett Potsdam. natürliche Vegetation von Brandenburg und Berlin SCHULZ, D. (2008):Verbrannt und zugeweht. mit Karte im Maßstab 1:200 000. - Eberswalder Germanische Gräber bei Jänschwalde. – Aus- forstliche Schriftenreihe, 24. grabungen im Niederlausitzer Braunkohlenrevier KLOCEK, G. (2009): Abbau mit kontinuierlichem 2007: 177-187. Direktversturz am Beispiel des Tagebaus WOITHE, F. & H. RÖSLER (2001): Bodenkundliche Jänschwal-de. In: STOLL, R.D., NIEMANN- Untersuchung überdünter Wölbäcker in den Fluren DELIUS, C., DREBENSTEDT, C. & K. von Merzdorf und Dissenchen, Tagebauvorfeld MÜLLENSIEFEN (2009): Der Braunkohlen- Cottbus-Nord. - Ausgrabungen im Niederlausitzer tagebau. Bedeutung, Planung, Betrieb, Technik, Braunkohlenrevier 2000 (Calau 2001): 197-202 Umwelt. Springer. Berlin, : 150-163. WOITHE, F. (2003): Untersuchungen zur postglazialen Landschaftsentwicklung in der Niederlausitz. Dissertation, Universität Kiel.

94

95

96

Exkursion H 1 Kurzumtriebsplantagen – Kohlenstoffsenke und Stickstoffdynamik J. KERN , H. DOMSCH , R. GEBBERS Leibniz-Institut für Agrartechnik Potsdam-Bornim e.V. (ATB) Max-Eyth-Allee 100, 14469 Potsdam Tel.: +49/(0)331/5699-123, Email: [email protected]

Verbindung zwischen den Städten Berlin und Einleitung Potsdam. Die Brücke war etwa drei Jahrzehnte ein für die Öffentlichkeit gesperrter Übergang Mit dem Anbau von nachwachsenden zwischen den beiden deutschen Staaten. Rohstoffen konnte in den letzten Jahren vor Mehrfach erwähnt wurde sie in dieser Zeit allem in Deutschland ein wichtiger Beitrag zur durch den auf ihr stattfindenden Agenten- Substitution fossiler Rohstoffe geleistet austausch zwischen Ost und West. (Abb. 1). werden. Auf einem Versuchsfeld des Leibniz- Instituts für Agrartechnik PotsdamBornim e.V. Hier überqueren wir ein nacheiszeitliches (ATB) werden seit 1994 einjährige Schmelzwassertal, in dem heute das Flussbett Pflanzenarten sowie mehrjährige Arten wie der Havel verläuft. Die Weiterfahrt im Pappeln und Weiden angebaut, die im 2- und Potsdamer Stadtgebiet ermöglicht einen Blick 4-jährigen Turnus geerntet werden. Die auf den 13 m tiefen Heiligen See, einem praxisnahen Feldversuche zeigen, dass es in gestreckten Gletscherzungenbecken, wo die Abhängigkeit der mineralischen Düngung zu subglaziale Hauptrinne ansetzt. Der See ist von ganz unterschiedlichen Ergebnissen hinsicht- der Havel isoliert und wird heute von lich des Biomasseertrages, aber auch Grundwasser gespeist, was sich in einer guten hinsichtlich der Umweltwirkungen kommen Gewässerqualität widerspiegelt. Vorbei am kann. Neuen Garten mit dem Schloss Cecilienhof erreichen wir den Pfingstberg, eine Vor diesem Hintergrund wird seit 2008 im Stauchendmoräne. Diese Anhöhe bietet eine Rahmen eines durch die Fachagentur für gute Aussicht auf den Potsdamer Raum. Daher Nachwachsende Rohstoffe (FNR) geförderten wurde hier zwischen 1849 und 1863 das Projektes die Kohlenstoff- und Stickstoff- Belvedere im Stile der römischen Villa Medici dynamik (N-Auswaschung, N2O-Boden- nach einer Bauidee von Friedrich Wilhelm IV emissionen) des Bodens einer Kurzumtriebs- erbaut (Architekten: L.F. Hesse, F.L. Persius plantage untersucht. Das Ziel dabei ist, die und F.A. Stüler). Der umgebende Garten energetische Effizienz, die Umweltbeeinflus- wurde durch Peter Joseph Lenné (1789-1866) sung und die technischen Erfordernisse beim geplant. Er war einer der bedeutendsten Anbau von Pappel und Weide unter praxis- deutschen Gartenkünstler und Landschafts- nahen Bedingungen auf den für das Land gestalter des 19. Jahrhunderts. Seine Parks und Brandenburg typischen, sandigen Böden zu Gärten prägen an vielen Stellen noch heute das ermitteln. Bild der Städte Berlin und Potsdam. Die Route Gestaltung der Havelseenlandschaft zwischen beiden Städten, in der er unter dem Motto der Die Fahrt zum ca. 30 km von Berlin entfernten "Landschaftsverschönerung" Nützlichkeit und Potsdamer Exkursionspunkt, dem ATB, führt Schönheit zu verbinden versuchte, ist ein uns über die Glienicker Brücke, einer eindrucks-volles, weit über seine Zeit hinaus

97 wirkendes, frühes Beispiel für die Die Grundmoräne mit den Versuchsfeldern Landschaftsgestaltung in Deutschland. Dies ist liegt gemäß der KTBL-Nomenklatur im mit ein Grund dafür, dass heute große Teile Klimagebiet 8, welches durch ein relativ Potsdams in die UNESCO-Liste der ausgeglichenes Klima und durch eine hohe „Unvergänglichen Kultur- und Naturerbe der Anzahl von verfügbaren Feldarbeitstagen Welt“ aufgenommen sind. Von Lenné wurde gekennzeichnet ist (KTBL-Taschenbuch 1994). auch die Bornstedter und Bornimer Feldflur Das Niederschlagsmittel der Jahre 2000-2009 gestaltet, in der unser Exkursionsziel liegt, und betrug 632 mm a -1 und die Jahresmittel- die vom Pfingstberg aus gut betrachtet werden temperatur 9,9 °C (DWD 2010). kann. Diese Feldflur wurde in den 1970 und 80er Jahren obstbaulich genutzt Sie hat aber Exkursionsraum inzwischen ihre einstigen landwirtschaftlichen Geschichte des Leibniz-Instituts für Strukturen mit geraden, baumbestandenen Agrartechnik Potsdam-Bornim e.V. Feldwegen zurück erhalten. Nach Verlassen des Pfingstbergs passieren wir typische (ATB) Abschnitte der Lennéschen Feldflur, bevor wir Die Gründung des Gutes Bornim durch den nach 7 km das Exkursionsziel, das ATB Ritter von Bornheim im Nordwesten von erreichen. Potsdam geht auf das 12.-13. Jahrhundert n.Chr. zurück. In der zweiten Hälfte des 17. Klima, Geologie und Jahrhunderts wurde im Auftrag des Kurfürsten Geomorphologie Friedrich Wilhelm ein Schloss im holländi- schen Stil mit Lehr- und Modellgärten für Die Gesteinsverhältnisse und die Oberflächen- Obst-, Wein- und Gemüsebau angelegt. 1756- struktur, wie wir sie heute im Land 1760 ließ Friedrich der Große das Brandenburg antreffen, wurden in den zwischenzeitlich verfallene Schloss abreißen vergangenen 400.000 Jahren während der und an dessen Stelle ein Gutshaus zur letzten drei Eiszeiten geprägt. Gletscher, die Bewirtschaftung der umliegenden Güter große Teile Brandenburgs überzogen, errichten. Der preußische Hofarchitekt hinterließen charakteristische Ablagerungen Friedrich Ludwig Persius (1803-1845) und Reliefformen (Dalchow et al. 1998). errichtete ein Jahrhundert später ein neues Zentrale Teile Brandenburgs, wie der Gutshaus im Stil einer italienischen Villa, von Potsdamer Raum gehören zum Jung- der heute noch der Glockenturm erhalten ist. moränengebiet, das durch die letzte Weichsel- Um 1844 wurden auf der 525 ha großen eiszeit mit ihrem Höhepunkt im Zeitraum Domäne bereits Vorschläge von Albrecht 20.000 bis 14.000 Jahre vor heute gestaltet Daniel Thaer (1752-1828) umgesetzt, d.h. die wurde. Neben Seen treten ausgedehnte Niede- Ackernutzung auf den leichten, ertragsarmen rungen, ebene bis wellige Platten sowie Berge Böden an die unterschiedliche Bodengüte und Rücken unterschiedlicher Ausmaße und angepasst. Mit der Anlage von Laubholz- Höhen auf. Außerdem fallen engräumige hecken versuchte man schon zu dieser Zeit der Vegetationswechsel auf. Im Nordwesten von Erosion zu begegnen. Im Jahr 1927 wurde das Potsdam erstreckt sich in 40-50 m ü. NN die Gut Bornim durch das Institut für Betriebslehre ca. 20 km² große Bornstedter Grundmoräne. und Arbeitswirtschaft der landwirtschaftlichen Sie hat eine Höhe von 40-50 m ü. NN, ist frei Hochschule Berlin als Versuchsstation für von Fließgewässern mit einem Grundwasser- Landarbeit übernommen. stand von etwa 10-15 m unter Flur (Schroeder 2001). Sie wird von ockerfarbenen fein- bis mittelsandig-schluffigen Geschiebemergeln bedeckt.

98

Abb. 1: Vereinfachte glazialgeomorphologische Karte des Potsdamer Stadtgebietes nach Schroeder (2001) Ein Jahr später entstand in unmittelbarer Nähe angelegten Bornimer Feldflur, und wird im das erste Schlepperprüffeld in Deutschland. Südwesten von der für den Kraftfahrzeug- Nach Ende des 2. Weltkrieges erfolgte 1952 verkehr gesperrten Lindenallee begrenzt (Abb. ein Neubeginn mit dem „Institut für 2). Mit einer Gesamtfläche von 3 ha ist das Landtechnik“, einer Forschungs- und Prüf- Versuchsfeld Teil eines 36 ha großen Schlages, station für Schlepper und Landmaschinen. In dem ehemaligen „Königsfeld“, das bereits vor Folge der deutschen Wiedervereinigung kam 80 Jahren bodenkundlich analysiert und es 1992 zur Neugründung des Instituts für beschrieben wurde (Pfuhl 1929). Ein Vergleich Agrartechnik Potsdam-Bornim e.V., das der mit dem Bodenzustand der 1990er Jahre zeigte, Leibniz-Gemeinschaft angehört. Die For- dass es in der Zwischenzeit zu einer Humus- -1 schungsarbeiten erfolgen heute in 4 For- anreicherung von 7,9 auf 15,5 g kg schungsprogrammen, die auf das überge- gekommen war (Scholz 1999). Für den ordnete Ziel einer nachhaltigen Bewirt- überdurchschnittlich hohen organischen Gehalt schaftung landwirtschaftlicher Ressourcen im Vergleich zu anderen Brandenburger ausgerichtet sind. Sandböden gibt es eine Reihe von Erklärungen. Nach jahrzehntelanger konventioneller acker- Energieplantage auf dem „Königsfeld“ baulicher Nutzung fand 1975 ein Wechsel zum des ATB Apfelanbau statt. Bevor die Obstkultur Im Jahr 1994 wurde nördlich angrenzend an angelegt wurde, wurde Seeschlamm und das Institutsgelände des ATB ein Versuchsfeld Schweinegülle ausgebracht und tiefgründig, bis angelegt, auf dem seither einjährige und zu 1 m Tiefe eingearbeitet. Weitere Düngungs- mehrjährige Energiepflanzen angebaut und auf maßnahmen erfolgten später mit der Aus- ihre Ertragsleistung sowie auf ihre Umwelt- bringung von Stalldung. Mit der politischen wirkung untersucht werden. Das Feld befindet Wende im Jahr 1989 wurde der Obstanbau sich in der im 19. Jahrhundert von Lenné eingestellt. Die Bäume wurden gerodet, ober- 99 und unterirdische Holzteile vor Ort Äpfel produziert, allerdings dürfte die geschreddert und teilweise verbrannt. Die Bodenbearbeitung im Vergleich zur zerkleinerte Biomasse und Asche verblieb auf Energieplantage auf dem Königsfeld nicht der Fläche, führte aber zu einer ganz so tiefgründig gewesen sein, wie an einer ungleichmäßigen Verteilung der Biomasse. klaren Profilgrenze zwischen dem Ap- und Bevor auf den Flächen wieder konventionell dem Bv-Horizont in 40 cm Tiefe zu erkennen gedüngtes Getreide angebaut wurde, erfolgte ist (Abb. 3). 1990 die Ausbringung von 25-30 t Klär- Seit 2008 werden auf dieser Fläche im Rahmen schlamm pro Hektar. eines FNR-Projekts die Umwelteinflüsse der Die Untersuchungen der letzten Jahre haben Stickstoffdüngung beim Anbau der gezeigt, dass sich die mehrjährigen Kurzumtriebsgehölze Pappel und Weide unter- Gehölzkulturen Pappel und Weide im sucht. In einer randomisierten zweifaktoriellen, Vergleich zu einjährigen Kulturen durch eine 1800 m² großen Blockanlage (Faktoren: besonders günstige CO 2-Bilanz auszeichnen Düngung, Unkrautbehandlung) mit jeweils 4 (Kern et al. 2010). Die Gründe dafür liegen in Wiederholungen erfolgen mineralische Dünge- einem geringen Bedarf an Stickstoff- mittelgaben von 0, 25, 50 und 75 kg N ha -1 a -1 düngemitteln, die ihrerseits nur mit hohem (Abb. 4). Der Verbleib von Stickstoff wird in Energieaufwand herzustellen sind, und deren den Kompartimenten Boden, Sickerwasser und Einsatz maßgeblich die Emission des Luft untersucht, wobei insbesondere die Treibhausgases N 2O steuert. Außerdem gibt es umweltrelevanten Prozesse wie bodenbürtige Hinweise dafür, dass Pappeln und Weiden den N2O-Emissionen sowie die Nitratauswaschung Corg -Gehalt im Boden jährlich um etwa 1 t pro in regelmäßiger Folge erfasst werden. Hektar erhöhen und somit zu einer CO 2-Senke Neben der artspezifischen Ertragsbildung der im Boden beitragen (Kahle und Boelcke 2004; Gehölze werden die Parameter, die den Strähle 2007). Stickstoffmetabolismus im Boden maßgeblich steuern, Temperatur, Bodenfeuchte, Nährstoffangebot, mikrobiologische Prozesse (Denitrifikation) und Wurzelmykorrhizierung bestimmt. Der in zweijähriger Rotation ermittelte oberirdische Biomasseertrag wird in

Weide Beziehung zu den umweltrelevanten Prozessen Pappel (N 2O-Emission, Nitratauswaschung) gesetzt. Raps Rape/Rye Roggen Auf die Weise wird eine Gesamtbewertung der Biomasseproduktion von schnellwachsenden 0 75 Baumarten ermöglicht und eine optimierte 150 75 kg N ha -1 -1 Düngungsstrategie erarbeitet. kg N ha Abb. 2: Energieplantage des ATB auf dem „Königsfeld“ Kurzumtriebsplantage auf dem „Heimfeld“ am ATB Vor dem Hintergrund einer zunehmenden Diskussion über die Umweltverträglichkeit der Produktion und Nutzung von nachwachsenden Rohstoffen wurde südlich des Königsfeldes ein weiteres Versuchsfeld auf dem sogenannten Heimfeld angelegt. Wie auf dem Königsfeld wurden hier in den 1970er und 80er Jahren 100

54m =5*9m+6m+3m 51m =5*9 m+2*3m 54m =5*9m+3m+6m

Düngen Düngen ProLoc

O4 O8 O12 O16 O20 W4 W8 W12 W16W 16 W20 P4 P8 P12 P16P 16 P20 O 4 O 8 O 12 O 16 O 20 W 4 W 8 W 12 Unkrautfrei W 20 P 4 P 8 P 12 Unkrautfrei P 20 Hybride 275 Max 1 AF 2 Tordis Inger W 25.4 W 75.4 W 50.4 W* 50.4 W 0.4 P 25.4 P 75.4 P 50.4 P* 50.4 P 0.4 2.4 1.4 3.4 5.4 4.4

W 7 O7 O11 O15 O19 W3 W7 W11 W15 W19 P 7 P11 O3O 3 O 7 O 11 O 15 O 19 W 3 Unkrautfrei W 11 W 15 W 19 P3P 3 P7 P 11 P15P 15 P19P 19 Unkrautfrei AF 2 Tordis Inger Max 1 Hybride 275 W 50.3 W* 50.3 W 0.3 W 75.3 W 25.3 P 50.3 P* 50.3 P 0.3 P 75.3 P 25.3 3.3 5.3 4.3 1.3 2.3

W2 W6 W10 W14 W18W 18 P 18 O2 O6 O10 O14 O18 P2 P6 P10 P14P 14 P18 O 2 O 6 O 10 O 14 O 18 =4*10m+2*10m 60m W 2 W 6 W 10 W 14 Unkraitfrei P 2 P 6 P 10 Unkrautfrei Tordis Hybride 275 Max 1 Inger AF 2 W 75.2 W 0.2 W 25.2 W 50.2 W* 50.2 P 75.2 P 0.2 P 25.2 P 50.2 P* 50.2 5.2 2.2 1.2 4.2 3.2

O1 O5 O9O13 O17 W1 W5 WW9 9 W13 W17 P1 P5 PP9 9 P13 P17 O 1 O 5 O 9 O 13 O 17 W 1 W 5 Unkrautfrei W 13 W 17 P 1 P 5 Unkrautfrei P 13 P 17 Max 1 Inger Hybride 275 AF 2 Tordis W 0.1 W 50.1 W* 50.1 W 25.1 W 75.1 P 0.1 P 50.1 P* 50.1 P 25.1 P 75.1 1.1 4.1 2.1 3.1 5.1

Weide 2008 Pappel 2008 Pappel + Weide 2008

Harz-Box + N O-Ring 2 Abb. 3: Kurzumtriebsplantage mit vier Stickstoff-Düngungsstufen auf dem „Heimfeld“

Böden Profilbeschreibung Anhand eines Bodenschürfes, der auf einem der Versuchsfelder, dem Heimfeld, ausgehoben wurde, lässt sich die Entwicklung der pseudovergleyten Braunerde veranschaulichen (Abb. 4). Auffällig ist der organisch und mit Nährstoffen angereicherte, relativ feinkörnige Ap2-Horizont, der taschenförmig in den Ap1- Horizont hineinragt. Hier spiegelt sich die in den letzten zwei Jahrzehnten praktizierte pfluglose Bodenbearbeitung wider, die auf die obersten 20 cm begrenzt war. Die Standort- und Profilbeschreibung mit den 6 Horizonten ist in Tab. 1 zusammengestellt. Physikalische und chemische Analysen Der Standort der Kurzumtriebsplantage wurde anhand einer Karte der scheinbaren Abb. 4 Bodenprofil an der Kurzumtriebs- elektrischen Leitfähigkeit (ECa in mS m -1) des plantage Bodens ausgewählt. Dazu erfolgte eine Kartierung der Fläche mit dem geoelektrischen Auswaschung von Nährstoffen Bodensensor EM38. ECa-Karten sind Aufgrund des hohen Sandgehalts auf der Indikatoren der räumlichen Bodenvariabilität Versuchsfläche besteht ein geringer Rückhalt und zeigen insbesondere Änderungen der und damit eine hohe Auswaschungsgefährdung Textur und des Wassergehaltes an. Der von Nährstoffen. Das betrifft in besonderer Standort der Kurzumtriebsplantage wurde so Weise das düngerbürtige Nitrat-Ion, das im gewählt, dass er in einem Areal mit relativ Boden sehr mobil ist. Während der ersten 2 gleichmäßiger ECa liegt. Jahre der Laufzeit des unter 4.3 beschriebenen Projekts zeigte sich, dass im Sommerhalbjahr unter beiden Gehölzarten mit Selbst-

101

Integrierenden Akkumulatoren nach Bischoff Literatur (2007) nur geringe Mengen Nitrat Bischoff, W.-A. (2007) Entwicklung & Anwendung der ausgewaschen wurden, da hier die Selbst-Integrierenden Akkumulatoren: Eine Sickerwassermenge den Transport limitiert. Im Methode zur Erfassung der Sickerfrachten Winterhalbjahr erfolgte dagegen mit bis zu 60 umweltrelevanter Stoffe. Dissertation, TU Berlin, kg N ha -1 eine nennenswerte Nitratverlagerung. Berlin, 172 pp. Für beide Gehölze unterscheidet sich die Dalchow, C., Bork, H.-R., Neumann, K. (1998) Genese, Nitratauswaschung der beiden niedrigen Struktur und Regionalgeschichte der Landschaften Brandenburgs. In: Klemm, V., Darkow, G., Bork, Düngevarianten nicht, da bis zu einer Düngung -1 H.-R. (eds.) Geschichte der Landwirtschaft in von 50 kg N ha die zugegebenen Düngemittel Brandenburg. Verlag Mez őgaszda, Budapest, p. von den Pflanzen vollständig aufgenommen 1-7. bzw. mikrobiell umgesetzt worden sein DWD (2010) Daten des Deutschen Wetterdienstes dürften. Lediglich auf den Flächen der Hellebrand, H.J., Scholz, V., Kern, J. (2008) Fertiliser Düngestufe 75 kg N ha -1 hat das Stickstoff- induced nitrous oxide emissions during energy crop angebot zu Auswaschungsverlusten geführt. Im cultivation on loamy sand soils. Atmospheric Zeitraum 2009/2010 passierten durchschnitt- Environment 42, 8403-8411. lich 45% des applizierten Stickstoffs den Kahle, P., Boelcke, B. (2004) Auswirkungen des Anbaus schnellwachsender Baumarten im Kurzumtrieb auf Hauptwurzelraum. ausgewählte Bodeneigenschaften. In: Energieholz- Lachgasemissionen produktion in der Landwirtschaft. Bornimer Agrartechnische Berichte 35, 99-108. Weitere bedeutende Verlustpfade von Kern, J., Hellebrand, H.J., Scholz, V., Linke, B. (2010)

Stickstoff, die dessen Düngungseffizienz Assessment of nitrogen fertilization for the CO 2 maßgeblich beeinflussen, sind mikrobio- balance during the production of poplar and rye. logische Prozesse wie die Nitrifikation und die Renewable and Sustainable Energy Reviews 14, 1453-1460. Denitrifikation. Dabei wird neben molekula- KTBL-Taschenbuch Landwirtschaft 1994/95 (1994). rem Stickstoff auch Lachgas (N O) als 2 Kuratorium für Technik und Bauwesen in der gasförmiges Endprodukt freigesetzt. Bei der Landwirtschaft, Darmstadt. Beurteilung der Umweltverträglichkeit von Pfuhl, E. (1929) Die bodenkundliche Bewertung des nachwachsenden Rohstoffen kommt der N 2O- Versuchsgutes Bornim bei Potsdam. Dissertation, Freisetzung aus dem Boden besondere Landwirtschaftliche Hochschule Berlin, 47 pp. Bedeutung zu. Aufgrund des hohen Treib- Scholz, V. (1999) Umwelt- und technologiegerechter Anbau von Energiepflanzen. ATB hausgaspotenzials von N 2O (N 2O:CO 2 = 298:1) Forschungsbericht 1999/1, Potsdam, 96 pp. vermindert sich der CO 2-Einspareffekt mit der CO -Fixierung beim Biomasseaufbau. Die Schroeder, J.H. (2001) Geologie von Berlin und 2 Brandenburg. Nr. 4 Potsdam und Umgebung. bisherigen Ergebnisse zeigen, dass die Selbstverlag Geowissenschaftler in Berlin und Düngungsintensität mit der Höhe der N 2O- Brandenburg e.V., Berlin, 277 pp. Emissionen auf den vorgestellten Strähle, M. (2007) Soil carbon sequestration rates after Energieplantagen korreliert. Die düngungs- the afforestation of arable land with short-rotation induzierten N 2O-Emissionen in Pappel- und poplar and willow. Diplomarbeit, TU Berlin, 63 pp. Weidenkulturen liegen im langjährigen Mittel bei 0,5% des applizierten Stickstoffs und damit deutlich unter denen von einjährigen Ackerkulturen (Hellebrand et al. 2008; Kern et al. 2010).

102

103

104

Exkursion H 2 Geothermie Forschungsbohrung in Groß Schönebeck - von der Planung bis zur Stimulation PD DR. GÜNTER ZIMMERMANN , DR. INGA MOECK GeoForschungsZentrum Potsdam, Telegrafenberg, D-14473 Potsdam Email: [email protected], [email protected]

Einleitung In situ Geothermielabor Groß Das Ziel einer breiteren Nutzung tiefer Schönebeck Geothermieressourcen zur Bereitstellung von Fluviatile Sandsteine des Unteren Perm Grundlaststrom erfordert technologische (Rotliegend, ca. 280 Mio Jahre), abgelagert an Weiterentwicklungen auf allen Stufen des der Südflanke des südlichen Permbeckens, Gesamtsystems. In der Geothermienutzung stellen potentielle Speichergesteine im kommen Komponenten zum Einsatz, die für gesamten zentral-europäischen Raum dar. viele Anwendungsbereiche etabliert sind, für Diese siliziklastischen Gesteine werden als die spezifischen Randbedingungen und das Gasreservoire exploriert, aber sie enthalten Zusammenwirken in geothermischen Anlagen außerdem heißes Wasser und stellen somit jedoch noch ein erhebliches Verbesserungs- geothermale Reservoire dar, die zur potential in Bezug auf Effizienz und Energiegewinnung genutzt werden können. Nachhaltigkeit aufweisen. Hier liegt ein großes Diese 4-5 km tiefen Aquifere repräsentieren Potential, um von der vorwettbewerblichen jedoch Niedrigtemperatur Reservoire (Gering- Demonstration zu einer breiteren Enthalpie Reservoire) mit Formations- Marktdurchdringung zu gelangen. temperaturen von ca. 150 °C. Unsere Unter diesem ganzheitlichen Ansatz werden im Explorationsstrategien umfassen eine Kombi- In situ Geothermielabor Groß Schönebeck alle nation aus neuentwickelten geophysikalischen Stufen des Gesamtprozesses – von der Messmethoden und Nutzung von Altdaten aus Erkundung über Erschließung des Reservoirs der Erdgasexploration mit anschließender 3D bis zur Energiewandlung im Kraftwerk - Modellierung zur Interpretation von möglichen untersucht. geothermalen Reservoiren. Des Weiteren Ein Kommunikationsexperiment liefert umfassen sie den Aufschluss der Lagerstätte Aussagen über die Nachhaltigkeit des durch neuentwickelte Bohrungsstrategien Reservoirs. Eine Korrosionsteststrecke er- sowie die Stimulationsmaßnahmen zur möglicht, Systemkomponenten geother- Produktivitätssteigerung. mischer Anlagen in einem betriebsnahen Daher wurde das In situ Geothermie- Umfeld zu testen und für den Langzeiteinsatz Tiefenlabor in Groß Schönebeck eingerichtet zu qualifizieren. Mit dem am Standort (Abb. 1). geplanten Forschungskraftwerk werden systematische Untersuchungen energie- und verfahrenstechnischer Fragestellungen durch- geführt.

105

Abb. 1: 3D geologisches Modell der Lokation des in situ Geothermie-Tiefenlabor in Groß Schönebeck inklusive der zwei Bohrungen. Die erste Bohrung (EGrSk 3/90) wurde 1990 von > 150 °C, die in weiten Regionen des als Erdgassuchbohrung abgeteuft und ab 2001 Norddeutschen Sedimentbeckens in Tiefen als Forschungsbohrung genutzt. In dieser 4300 zwischen 4000 und 5000 Metern zu finden m tiefen Bohrung, die sowohl das sedimentäre sind, sowie die stabile Förderung großer als auch das vulkanitische Rotliegend Mengen von Thermalwasser (KÖHLER & aufschließt, wurden zwischen 2002 und 2004 SAADAT 2003). In diesen Tiefen ist die verschiedene Stimulationsmaßnahmen durch- natürliche Permeabilität (Durchlässigkeit) der geführt. Gesteine nicht ausreichend für eine Um das Reservoir zu charakterisieren wurden wirtschaftliche Nutzung. Daher müssen verschiedene Bohrlochmessungen durchgeführt verlässliche Stimulationstechnologien ent- (Kalibermessungen, Spektrales Gamma-Ray, wickelt werden, um die Produktivität der Widerstandslog, Sonic, bildgebende Verfahren geothermischen Reservoire zu erhöhen. Die (BHTV, FMI)) (HOLL et al. 2005). Das Forschungsbohrungen in Groß Schönebeck Reservoir und der gesamte geologische dienen als Hauptexperimentierfeld, um diese Untergrund wurden abgebildet, in dem Technologien zu entwickeln. ergänzend dazu Altdaten aus der Gas- Ziel der Stimulationsmaßnahmen in der Exploration reprozessiert, neu bewertet und zur Bohrung GtGrSk4/05 ist eine deutliche 3D Modellierung verwendet wurden. Produktivitätserhöhung der Zielhorizonte als Die wirtschaftliche Wandlung von Erdwärme Voraussetzung für die Nutzbarmachung des in elektrischen Strom erfordert Temperaturen Rotliegend als Enhanced Geothermal System 106

(EGS). Zielhorizonte sind sowohl poröse (Top Eldena 7 in der Dethlingen Formation) Sandsteine des Oberen Rotliegend (Dethlingen Formation/Untere Elbe Subgruppe), als auch Vulkanite des Unteren Rotliegend. In den als Andesit ausgebildeten Vulkaniten ist die Permeabilität durch vernetzte Klüfte begründet. Dieses Kluftwasserleitersystem soll zusätzlich aufgeschlossen werden, um die Gesamtproduktivität zu optimieren. Die Sandsteine stellen mit einer Nutzporosität von 8-10% und einer Durchlässigkeit (Perme- abilität) von 10-100 mD einen guten effektiven Speicherhorizont dar (TRAUTWEIN & HUENGES 2005). Der Elbe-Basissandstein als unterer Teil der Dethlingen Formation liegt in NE Brandenburg als reiner gut sortierter mittelfeiner bis feiner Sandstein vor, der in fluviatilem Milieu abgelagert wurde. Die effektive Speichermächtigkeit beträgt 80 m, durch den geneigten Bohrverlauf konnten Abb. 2: Anordnung der Dublette einschließlich 150 m scheinbare Speichermächtigkeit aufge- der Frac-Behandlung (modifiziert nach schlossen werden. In diesem Sandsteinpacket Zimmermann et al., 2008). wurden zwei Gel-Stützmittel Fracs und H6 (Top Vulkanite des Unteren durchgeführt. Die Anordnung des Dubletten- Rotliegend) und (III) Identifikation des systems mit den geplanten Fracs ist in Abb. 2 Störungsmusters im Rotliegend bestehend aus dargestellt. Der Bohrpfad der abgelenkten Haupt- und Sekundär-Störungen. Bohrung GtGrSk4/05 hat eine Inklination von 37 bis 49° in den Reservoirgesteinen und eine In Kombination mit den Bohrungsdaten wurde Orientierung von 288 bis 296°N, die entlang das 3D geologische Strukturmodell mit Hilfe der minimalen horizontalen Hauptspannung der Software earthVision (DGI) entwickelt. verläuft (HOLL et al. 2004; MOECK et al. TerraData reprozessierte die seismischen 2007). Die Fracs verlaufen parallel zur Profile, Geophysik GGD Leipzig führte die maximalen horizontalen Hauptspannung Korrelation und Interpretation durch. Darüber (18°N) und sind somit senkrecht zum Bohrpfad hinaus wurden Magnetotellurische und ausgerichtet. seismologische Messmethoden erfolgreich erprobt, die es erlauben, Eigenschaften des Geologische 3D Model-lierung Untergrundes näher zu bestimmen (Bauer et al. 2010, Munoz et al. 2010). Die Analyse der Die Altdaten aus der Gas-Exploration Bohrungsdaten zeigte Bohrlochrandausbrüche umfassen 2D seismische Profile von insgesamt in 4100 m im Oberen Rotliegend, die zur 135 km Profillänge und Daten aus 15 Berechnung des in-situ Spannungsfeldes umliegenden Tiefbohrungen. Das Hauptziel herangezogen wurden. Da für die neue der Reprozessierung der Altdaten sind: (I) neue Bohrung vorgesehen war, durch Reduktion des Korrelationen des reflektionsseismischen Spülungsdrucks beim Aufschließen des Horizonts Z1 (Top Basalanhydrit im Staßfurt) Reservoirs die Speicherschädigung zu mini- (II) Korrelation der Rotliegend Reflektoren R1 mieren, wurde eine rissmechanische Studie (Basis Mellin in der Hannover Formation), R2 durchgeführt, die Bohrlochrandausbruch- Analyse, Bohrkern-Untersuchungen und nume- rische Modellierungen beinhalten, um 107

Aussagen über die Bohrlochstabilität zu Basis Sandstein mit einer effektiven vertikalen erhalten (MOECK & BACKERS, 2007). Mächtigkeit von ca. 80 m (Moeck et al. 2009). Die Korrelation zwischen beiden Bohrungen Bohrungsstrategien EGrSk3/90 und GtGrSk4/05 zeigt keine Durch thermisch-hydraulische FE-Model- signifikanten Änderungen in Mächtigkeit und lierung wurde eine optimale Bohrpfad- Schichtlagerung (Abb. 4). geometrie für die zweite Bohrung erstellt, Die Bohrungsinklination von 45° bedingt eine basierend auf der Datenbasis der ersten effektive aufgeschlossene Mächtigkeit von ca. Bohrung (ZIMMERMANN et al., 2007). Der 150 m im Elbe Basis Sandstein. Der realisierte Bohrpfad wurde so konzipiert, dass eine Bohrpfad mit einem Abstand zwischen beiden Ablenkung im Speicherhorizont in Richtung Bohrungen von 475 m entspricht den der minimalen horizontalen Hauptspannung im Planungen, so dass die Voraussetzungen für Rotliegend erfolgt und damit potentielle die Durchführung der Stimulationsarbeiten senkrecht dazu ausgerichtete natürliche gegeben waren. Der generelle strukturelle hydraulisch aktive Risse angeschlossen geologische Bau in diesem Gebiet wird werden. Weiterhin wurde der Mindestabstand dominiert durch stark wechselnde der Bohrungen im Speicher durch die Mächtigkeiten des Zechsteinsalzes und der FE-Modellierung definiert. Die geplanten Ausbildung von Salzrücken und Diapiren hydraulischen Fracs orientieren sich in (Abb. 3 B-C, Diapire von Zehdenick und Richtung der maximalen horizontalen Haupt- Grüneberg; in der Abbildung nicht zu sehen). spannung. Durch dieses spezielle Design wird Das Störungsmuster im Unteren Perm besteht ein thermischer Kurzschluss über die geplante aus Nord-West Süd-Ost orientierten Laufzeit des Thermalwasserkreislaufs von ca. Hauptstörungen und Nord-Süd bis Nord-Ost- 30 Jahren verhindert. Die speziellen Süd-West verlaufenden Sekundärstörungen, Anforderungen für geothermischen Bohrungen die vermutlich im Laufe der gerichteten umfassen (I) ein großer Bohrungsdurchmesser Scherdeformation (wrench tectonics) in der zum Platzieren der Tiefenwasserpumpe (II) post-orogenen Phase der Varisziden gebildet abgelenktes Bohren, um die oben genannten wurden (BALTRUSCH & KLARNER, 1993). Voraussetzungen für die Nachhaltigkeit des Die Analyse der geologischen Modelle ergibt, Thermalwasserkreislaufs zu erfüllen (III) dass die Ablagerungszentren des Elbe Basis Spülungskonzept zum speicherschonenden Sandsteins an paläomorphologische Struktur- Aufschluss. hochs, die als Liefergebiete dienten, gebunden Nach einigen geologisch-technisch bedingten sind. Somit könnten weitere geothermische Problemen konnte die Bohrung mit Aufschluss Standorte definiert werden. Darüber hinaus der Unteren Rotliegend Vulkanite planungs- wird das geologische Modell als Basis für eine gemäß mit einer Bohrpfadlänge von 4400 m Reservoirmodellierung weiter entwickelt. beendet werden. Die Rotliegend Sedimente erreichen eine Mächtigkeit von 340 m. Das im Stimulations- und Testarbeiten in Vorfeld erstellte 3D geologische Modell zeigt, der Bohrung Gt GrSk 4/05 dass das Feld Groß Schönebeck an einer In der komplettierten Bohrung Gt GrSk4/05 Flanke eines strukturellen Hochs in den wurden drei Stimulationsmaßnahmen Sandsteinen liegt (Abb. 3). Der Sandstein im durchgeführt. Ein erster Leak-Off-Test in den Reservoirbereich erreicht eine Permeabilität Vulkaniten (unterer offener Bereich von 40 m von bis zu 100 mD (aus dem PND log in der Bohrung) diente zur Bestimmung des errechnet, basierend auf der Kalibrierung mit Frac Gradienten. Ausgehend von den Hilfe von Bohrkernen aus der Nachbarbohrung gewonnenen Daten wurden die Vulkanite mit EGrSk3/90) und liegt im Bereich des Elbe

108

Abb. 3: (A) Das geothermale Reservoir am Forschungsstandort Groß Schönebeck ist in der Barnim Senke gelegen, die von 1970-1990 Zielgebiet der Gasexploration war. Die abgebildeten 2D Seismiklinien und Bohrungen wurden genutzt, um aus Altdaten ein geologisches Modell zu entwickeln. (B) Das neue 3D geologischen Modell für das Umfeld Groß Schönebeck. Die Altbohrung EGrSk3/90 ist an einem strukturellen Hoch innerhalb der Barnimsenke gelegen. (C) Das neue 3D geologische Modell der Tuchener Senke am SE Rand der Barnim Senke (aus Moeck et al., 2008). Hilfe eines massiven Wasserfracs hydraulisch angebrachte Seismometer dienten zur stimuliert. Nachdem der stimulierte Bereich Kontrolle und Identifizierung seismischer durch Setzen eines ersten Bridge Plugs Ereignisse an der Oberfläche (KWIATEK et al. hydraulisch isoliert wurde, wurde der darüber 2008). liegende untere Sandsteinhorizont perforiert und getestet (Injektionstest). Anschließend Interpretation der Ergebnisse wurde dieser Bereich mit Hilfe eines Gel- Die Vorgehensweise zur Erschließung von Stützmittel Frac stimuliert. Nachdem auch geothermischen Reservoiren beinhaltet die dieser Bereich durch Setzen eines zweiten Integration von bestehenden Daten aus der Bridge Plug isoliert wurde, wurde der obere existierenden Gas Exploration im Sandsteinhorizont perforiert und anschließend Norddeutschen Becken mit Hilfe von Daten- mit Hilfe eines weiteren Gel-Stützmittel Frac Reprozessierung und Modellierungen, neue stimuliert. Abschließend wurden die Bridge Bohrungen, und Reservoir Stimulationen. Plugs überbohrt und ein Leistungstest (Lifttest) Trotz seiner Unsicherheit stellt das 3-D des gesamten Reservoirs durchgeführt. Die geologische Modell des Umfelds von Groß Stimulationsarbeiten wurden durch ein Schönebeck zur Zeit die detailliertesten passives, mikroseismisches Monitoring in der Informationen dar, bis weitere ergänzende Bohrung EGrSk3/90 begleitet. Dazu wurde in Daten in dieses Model integriert werden. Eine etwa 3800m Tiefe ein seismischer Sensor ergänzende geophysikalische Exploration ist angebracht, der zur Kontrolle und Ortung der notwendig, um klüftige Bereiche und beim Hydrofrac entstehenden Risse diente. In wasserführende Störungszonen zu detektieren der Umgebung der Bohrung zusätzlich und abzubilden. Daher werden neu 109 entwickelte magnetotellurische und 2D Betriebsdauer eines Geothermiekraftwerkes seismische Experimente im Umfeld von Groß setzt eine nachhaltige Thermalwasserförderung Schönebeck durchgeführt. Die Ergebnisse voraus. Ca. 1 Jahr werden Förder- und dieser Explorationsmethoden sind vielver- Injektionsarbeiten und ein wissenschaftliches sprechend hinsichtlich der Festlegung möglich- Beobachtungsprogramm die Basis für die er geothermischer Felder (MUNOZ et al. Verifizierung des reservoirmechanischen 2008). Simulationsmodells und das am Standort Es wurden in diesem Projekt technische und geplante Forschungskraftwerk liefern. Lei- wissenschaftliche Herausforderungen erfolg- stungskriterien wie Produktivität und reich verknüpft, die in zukünftige Strategien Injektivität, Druck- und Temperaturverhältnis- zur Exploration und Erschließung für tiefe se im Reservoir, Chemie des Thermalwassers, sedimentäre geothermische Systeme eingehen die Ausdehnung des Reservoirs sowie können, insbesondere im Bereich des Zentralen verfahrenstechnische Fragen werden unter- Europäischen Becken. sucht. Während der Vulkanit-Stimulation wurde Langzeitkorrosionsunter-suchungen und insgesamt ein Volumen von 13000 m³ injiziert, Materialforschung aufgeteilt in 4 Zyklen mit Fließraten von 9 Die hohe Salinität geothermaler Fluide kann in m³/min und einer abschließenden Phase mit verstärktem Maße zur Korrosion von einer Fließrate von 5 m³/min. Die Zielstellung Materialien in geothermischen Anlagen und der Stimulation in den Vulkaniten war der damit zu massiven Beeinträchtigungen des Anschluss über die gering durchlässige Betriebes führen. Um einen Standort geeignete Havelfolge an die Sandsteine des Unteren und kostengünstige Werkstoffauswahl treffen Dethlingen, um diese zu drainieren. Während zu können, werden in Groß Schönebeck der 4 Zyklen mit Fließraten von 9 m³/min Untersuchungen zur Materialqualifizierung wurden insgesamt 24 to Sand (20/40 mesh) in durchgeführt. Die dafür konzipierte Korro- den Riss verpresst. Das Ziel war es, das sionsteststrecke besteht aus einem System von Offenhalten des Risses über den eigenen Rohrleitungen, die vom Hauptstrang des Scherversatz hinaus (self propping) zu unter- obertägigen Thermalwasserkreislaufes abge- stützen. Das Ergebnis des abschließenden zweigt werden. In diesen soll die Leistungstests in Verbindung mit einem Korrosionsbeständigkeit metallischer Werk- Flowmeter-Logging zeigt, dass durch den stoffe unter in situ Bedingungen anhand Anschluss der Vulkanite an die Sandsteine des elektrochemischer Messungen getestet werden. Unteren Dethlingen ein beachtlicher Anteil am An diversen Anschlüssen werden Modell- Gesamtfluss zu erzielen war (ca. 30 %). komponenten (Rohrleitungen), Materialcou- Weiterhin wurden zwei Gel-Stützmittel Fracs pons, Sensoren und auch ein Wärmetauscher in den Sandsteinen des Unteren und Oberen mit unterschiedlichen Plattenmaterialien Dethlingen durchgeführt, die die permeablen installiert, die zeitabhängige Informationen Sandsteine nachhaltig an die Bohrung über den Korrosionsprozess liefern. angeschlossen haben. Forschungskraftwerk Ausblick 2010/2011 Das Forschungskraftwerk basiert auf dem Kommunikationsexperiment zum Organic Rankine Cycle (ORC). Die Wärme Nachweis der Nachhaltigkeit des Thermalwassers wird dabei auf ein anderes Arbeitsmittel übertragen, welches schon bei Im Rahmen eines Langzeitzirkulations- geringen Temperaturen verdampft. Der experimentes zwischen den beiden Bohrungen entstehende Dampf treibt eine Turbine und den wird die Nachhaltigkeit der Lagerstätte angekoppelten Generator an. Obwohl die getestet, denn die über 20-30 Jahre angestrebte ORC-Technik in vielen Bereichen etabliert ist, 110 zeigt sich aus den Erfahrungen geothermischer Engineering, Stanford University, Stanford, Kraftwerke, dass bei der Auslegung und beim California, January 28-30, SGP-TR-184 Betrieb der Anlagen noch vielseitige LEGARTH, B., HUENGES, E. & G. ZIMMERMANN Herausforderungen bestehen. (2005): Hydraulic Fracturing in Sedimentary Geothermal Reservoirs. International Journal of Das Forschungskraftwerk dient daher der Rock Mechanics and Mining Sciences, Vol. 42, 7- systematischen Untersuchung verschiedener 8, 1028-1041. technischer Fragestellungen und Lösungs- MOECK, I., BACKERS, T. & H. SCHANDELMEIER ansätze. Es demonstriert eine effiziente Strom- (2007): Assessment of mechanical wellbore erzeugung, bietet aber auch die Möglichkeit assessment by numerical analysis of fracture growth. EAGE 69th Conference and Exhibition, 11- unterschiedliche Komponenten und Arbeits- 14 June 2007, extended abstracts volume, D047, mittel im Betrieb zu testen und verschiedene London, UK. Standortbedingungen zu simulieren. Neben der MOECK I., BRANDT, W., BLÖCHER, G., HOLL, H.- Leistungsfähigkeit und Verlässlichkeit einzel- G., ZIMMERMANN, G., HUENGES, E., ner Komponenten stellen der Planungsprozess SAADAT, A. & T. BACKERS (2008): From gas to und die Fahrweise der Gesamtanlage wichtige geothermal exploration: A case study from the NE- German Basin. EAGE 70th Conference and Aspekte der Untersuchungen dar. Exhibition, 09-12 June 2008, extended abstracts Literatur volume, Rome, . MOECK I., SCHANDELMEIER, H., and HOLL, H.G., BALTRUSCH S & S. KLARNER (1993): Rotliegend- 2009, The stress regime in Rotliegend reservoir of Gräben in NE-Brandenburg. Z. dt. geol. Ges., 144, the Northeast German Basin. Int. J. Earth. Sci. 173-186 (Geol. Rundsch.), 98/7, 1643-1654. BAUER, K., MOECK, I., NORDEN, B., SCHULZE, A., MUNOZ, G., RITTER, O., MOECK, I., 2010. A target- WEBER, M., WIRTH, H., 2010. Tomographic P- oriented magnetotelluric inversion approach for wave velocity and vertical gradient structure across characterizing the low enthalpy Groß Schönebeck the geothermal site Groß Schönebeck (NE German geothermal reservoir. Geophysical Journal Basin): Relationship to lithology, tectonics, and International, 183/3, 1199-1215. thermal regime. Journal of Geophysical Research, TRAUTWEIN, U. & E. HUENGES (2005): Poroelastic 115, B08312. behaviour of physical properties in Rotliegend HOLL, H.-G., MOECK, I. & H. SCHANDELMEIER sandstones under uniaxial strain. International (2004): Geothermal well Groß Schönebeck 3/90: A Journal of Rock Mechanics and Mining Sciences, low enthalpy reservoir (Rotliegend, NE Germany). Vol. 42, 7-8, 924-932. Proceedings 66th EAGE Conference & Exhibition, ZIMMERMANN, G., MOECK, I. & G. BLÖCHER F032, Paris. (2010): Cyclic waterfrac stimulation to develop an HOLL, H.-G., MOECK, I. & H. SCHANDELMEIER Enhanced Geothermal System (EGS) – Conceptual (2005): Characterisation of the tectono-sedimentary design and experimental results, Geothermics, 39, evolution of a geothermal reservoir - implications 59-69. for exploitation (Southern Permian Basin, NE ZIMMERMANN, G., REINICKE, A., BLÖCHER, G., Germany). Proceedings World Geothermal MILSCH, H., GEHRKE, D., HOLL, H.-G., Congress 2005, Antalya, Turkey, 24–29 April 2005, MOECK, I., BRANDT, W., SAADAT, A. & E. 1–5. HUENGES (2007): Well path design and KÖHLER, S. & A. SAADAT (2003): Thermodynamic stimulation treatments at the geothermal research Modeling of Binary Cycles – Looking for Best well GT GRSK 4/05 in Groß Schönebeck. Proc. Case Scenarios. Proceedings of the International 32nd Workshop on Geothermal Reservoir Geothermal Conference, IGC-2003 Reykjavik, Engineering, Stanford University, Stanford, Multiple integrated uses of geothermal resources, Calif/USA S01, Paper061, 14-19. ZIMMERMANN, G. & A. REINICKE (2010): KWIATEK, G., BOHNHOFF, M., DRESEN, G., Hydraulic stimulation of a deep sandstone reservoir SCHULZE, A., SCHULTE, T., ZIMMERMANN, to develop an Enhanced Geothermal System: G. & E. HUENGES (2008): Microseismic Event Laboratory and field experiments. Geothermics, 39, Analysis in Conjunction with Stimulation 70-77. Treatments at the Geothermal Research Well GtGrSk4/05 in Groß Schönebeck/Germany. Proc. Thirty-Third Workshop on Geothermal Reservoir

111

Abb. 4: Korrelation der Gamma Logs zwischen der neuen Bohrung GtGrSk4/05 und der vorherigen Bohrung EGrSk3/90. Das Reservoirgestein besteht aus fein bis mittel körnigem gut sortiertem Sandstein des Elbe Basis Sandsteins in der Unteren Dethlingen Formation.

112

Exkursion H 3 Bodenprofile am ehemaligen Mauerstreifen Im Südosten Berlins – Erkundungen mit dem Fahrrad und Bohrstock 1 1 2 M. MAKKI ; N. FRANCK , M. FRIELINGHAUS (1) Humbolt Universität zu Berlin, Geographisches Inistitut Unter den Linden 6, 10099 Berlin Mail: [email protected] (2) Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung e.V. Eberswalder Str. 84, 15374 Müncheberg Mail:[email protected]

Schlämmen ist typisch für Stadtlandschaften. Einleitung Für das Verständnis der Bodengenese in der Stadt muss der Blick in einen engen Maßstab Der Boden des Jahres 2010 waren die Stadt- gelenkt und geschult werden. böden oder Technosole. Stadtböden sind ebenso wie die Böden auf Äckern, Wiesen und Ziel der Exkursion ist die Demonstration dieser in Wäldern Teil der Bodendecke, der dünnen Vielfalt von Stadtböden, ihre Einordnung in und empfindlichen Haut unserer Erde. Unter die Stadtlandschaft und eine Diskussion dem Begriff Stadtböden werden die darüber, wie sich so viele verschiedene Böden vielfältigen Böden städtisch-industrieller auf relativ kleinem Raum nebeneinander Räume zusammengefasst. Die Faktoren, die zu entwickeln können. ihrer Entstehung beigetragen haben wie Ausgangsgestein, Relief, Klima, Wasser- Exkursionsraum und –route führung, Flora und Fauna, sind hier durch den Die Exkursion folgt dem Radweg entlang der Menschen sehr stark beeinflusst worden; so ehemaligen Berliner Mauer von Adlershof bis stark, dass sich Stadtböden von denen des nach Baumschulenweg. Auf dem Weg liegen Umlandes erheblich unterscheiden. der Teltowkanal (erbaut 1906), der Britzer Viele der bodenbildenden Prozesse sind in der Zweigkanal, die Berliner Stadtautobahn 113, städitsche Umfeld stark, wie die Entkalkung, verschiedene Kleingartenanlagen und die beschleunigt Hinzu kommt auch die starke Späth’sche Baumschule, die seit 1720 existiert. Beanspruchnahme der Bodenfunktionen in Die unterschiedliche Stadtbodenentwicklung urbanen Räumen. wird auf der Exkursionsroute eindrucksvoll Nutzungen wie Gewerbe, Industrie, Straßen, demonstriert. Die verschiedenartigen Nutzung- Wohnen, Gärten, Grünanlagen oder Brache en, der Bau des Teltowkanals und die Sperrung beeinflussen die Stadtbodenentwicklung in des Gebietes zu DDR-Zeiten haben großen sehr charakteristischer Weise: Böden in Gärten Einfluss auf die Bodenentwicklung und lassen und Parkanlagen zeigen oft einen natur- uns heute eine Vielzahl an an verschiedenen ähnlichen Aufbau mit einem Humushorizont und sehr interessanten Bodentypen vorfinden. an der Oberfläche, dagegen sind Böden unter Dazu zählen u.a. Braunerden, Podsole, Straßen technisch stark verändert und durch Pararendzinen, Gleye (z.T. reliktisch), eine Fahrbahndecke oben versiegelt. Dieses Hortisole, Kalkniedermoorgleye, Mosaik aus Böden mit natürlicher Ent- Lockersyroseme und Regosole. wicklung, solchen aus umgelagerten Bestandteilen und welchen aus Bau- oder Trümmerschutt, Müll, Schlacken und

113

Abb.1: Exkursionsroute Das Leitprofil 1 repräsentiert den (Acker-) rottete Ernterückstände sind ungleichmäßig im Reliktgley-Kolluvisol (v.rGG-YK: o-(v)es/s) jM-jAp-Horizont verteilt. Deutlich ist die der Bodeneinheit 3 und den Bereich, in dem zweite Horizontgrenze bzw. die Schichtgrenze die direkten anthropogenen Eingriffe bis in aufgrund der üblichen 4 dm Pflugtiefe sichtbar. 7 dm Tiefe reichen. Am Tag der Aufnahme Um die Genese des Bodens zu verdeutlichen, waren die Witterungsverhältnisse regnerisch wird bei der Angabe des Bodenausgangs- mit nicht sehr starken Niederschlägen gesteins dieser Horizonte aufgrund der innerhalb der letzten 24 Stunden. Das Profil Information der geologischen Karte von 1937 wurde im April 2008 11 dm tief angelegt. Der (DIETZ 1937), die hier Niedermoore (Hn) Oberboden des Quartiers lag 2 dm tief zeigt, noch die Substratgenese og-Hn mit gelockert vor und neigte bei Betreten stark zur angegeben,. Da das ursprüngliche Ausgangs- Verdichtung. Die Festsubstanz lag im material nicht erkannt werden kann, sind die Subpolyeder- und Bröckelgefüge vor. entsprechenden Horizonte als Horizonte aus Schlacke, Ziegelreste, Porzellan- und Glas- natürlichem Bodenmaterial (Yj) anthropogener scherben liegen an der Oberfläche. Der Bildungen gekennzeichnet. Flächenanteil ist zwischen 2 und 5 %. Die Ab 4 dm Tiefe beginnen die periglaziär- grünlich-schwarzen, stark humosen ersten zwei fluviatilen hellen Flusssande. Bis in 5,5 dm Horizonte sind vermischt mit grusgroßen (2 - Tiefe sind in dem IIAh-rGo-Horizont < 63 mm) Porzellanscherben und Ziegelresten, rostfarbene Flecken, besonders an den mit daneben sind Kalkkonkretionen (< 5 mm) in OBS verfüllten Wurzelbahnen, in den hellen der Bodenmatrix sehr gering verteilt. Mittels Sanden sichtbar 10%iger HCl wurde der Carbonatgehalt im Mit zunehmender Tiefe sind die Grundwasser- Gelände als „carbonathaltig“ eingestuft, und absenkungen durch zwei rostfarbene, ca. 15 cm ein leicht fauliger Geruch breitete sich aus. breite Bänder als Relikt sehr gut zu erkennen. Schalenreste wurden nicht gefunden. Der Aufgrund der regelmäßigen Bodenbearbeitung Grobbodenanteil der Horizonte wurde wurde der jM-jAp-Horizont zusammen mit zusammen auf 3 Vol.-% geschätzt. Unver- dem folgenden beprobt. Der rGr-Go2-Horizont 114 ist mit dem rGr-Go-Horizont zusammengefasst worden. Die Trockenrohdichte des 4 dm tief frisch gepflügten Bodens ist mit 1,3 g/cm 3 gering, die des Unterbodens ist mit 1,6 g/cm 3 als mittel bis hoch einzustufen. Der Schluffanteil ist bis in 4 dm Tiefe zusammen mit dem Feinsandanteil etwas über 80 Vol.-%. Die abgeleitete nutzbare Feldkapazität (nFK) des frisch gelockerten Feinbodens, die generell von dem Anteil an Mittelporen und engen Grobporen abhängt, beträgt insgesamt 124 mm. Wird der geschätzte Grobbodenanteil von etwa 3 Vol.-% berücksichtigt, ist die nFK niedriger (121 mm). Zusammen mit den folgenden Horizonten ist die nFK des gesamten Boden- profils bis in 10 dm Tiefe dann um die 170 mm und wird insgesamt als mittel eingestuft, wobei die obersten 4 dm eine mittlere und der sandige Untergrund eine sehr geringe nFK hat. Der für den Lufthaushalt wichtige Grobporenanteil im frisch gepflügten Oberboden ist über 13 Vol.- % und wird nach der KA5 als hoch eingestuft. Das Gesamtporen- volumen sinkt in den liegenden Horizonten ab, der Anteil an Grobporen nimmt zu. Der Carbonatgehalt des Feinbodens der obersten 4 dm ist mit 1,7 M.-% als carbonatarm einzustufen. Die folgenden Horizonte sind carbonatfrei. Im Gelände wurde der Gehalt, bedingt durch die in der Bodenmatrix fein verteilten Kalkkon- kretionen, höher bestimmt (c3.2., schwach Abb.2: Leitprofil 1 carbonathaltig). In den oberen zwei Horizonten Im IIAh-rGo-Horizont ist der Basen- ist der Anteil der vermuffelten Bodensubstanz sättigungsgrad mit 99 % am niedrigsten. Der mit 5 M.-% stark humos. Die Bodenreaktion Kationenbelag besteht im gesamten Profil aus (pH(CaCl2)) des gesamten Bodenprofils ist Ca 2+ -Kationen. Nur 1 % ist der Anteil der neutral, daher ist die potenzielle Kationenaus- Magnesium- und Kaliumionen am Kationen- tauschkapazität gleich der effektiven KAK. Sie belag im Oberboden und in allen weiteren ist in den obersten zwei Horizonten mit 17 Horizonten noch < 0,2 %. Die Abweichung der cmol(c)/kg aufgrund des hohen Humusgehaltes Gesamt-acidität zu den gemessenen pH(H 2O)- und der Bodenreaktion hoch und in den tiefer Werten beträgt im gesamten Profil eine folgenden Sanden gering. Dem pH-Wert Einheit. Die elektrische Leitfähigkeit (EC) entsprechend sind die Sorptionskomplexe der sinkt ab 4 dm Tiefe von 113,5 [ S*cm -1] in den einzelnen Horizonte mit basischen Kationen folgenden Horizonten abrupt. gesättigt.

115

Der Gehalt an Schwermetallen ist in den stark Horizont, ein ehemaliger Pflughorizont, endet humosen Horizonten bis 4 dm Tiefe am in 2,8 dm Tiefe mit einer horizontal höchsten, insbesondere Zink (Zn), Blei (Pb) verlaufenden Grenze. Hier ist der Schluff- und und Kupfer (Cu) sind im Oberboden Feinsandanteil innerhalb des gesamten Profils angereichert. Der gesamte Schwermetallgehalt am höchsten. Die zweite Horizontgrenze ist nimmt im rAh+rGo-Horizont wie in den deutlich wellig. Im Unterboden ist der folgenden liegenden Horizonten stark ab. Der Mittelsandanteil 50 Vol.-%, der Grobsandanteil Gehalt an Blei, Zink und Chrom nimmt in den nimmt im Liegenden zu. Die OBS des reliktischen G-Horizonten leicht zu. Die schwarzen Oberbodens, dem jAp-Horizont, ist Schwermetalle Molybdän und Thallium sind um etwa ein M.-% niedriger als im darunter im Boden nicht vorhanden. Die Prüfwerte für liegenden Horizont. Der folgende 35 cm den Wirkungspfad Boden – Mensch werden im mächtige schwarze (rGo)-jM-Horizont hat mit gesamten Profil nicht überschritten 7,3 M.-% den höchsten Gehalt an OBS und (BBODSCHV 1998). wird als sehr stark humos eingestuft. Der Leitprofil 2 befindet sich auf dem Oberboden ist carbonatarm, hat jedoch mit 1,3 Baumschulgelände, direkt an dem angren- M.-% CaCO 3 den höchsten Gehalt im zenden Mauerstreifen. Die Bodenform ist gesamten Profil. Auch hier wurde der Gehalt vergleyter (Acker-)Reliktgley-Kolluvisol aus im Gelände mit c3.2 höher eingestuft. Der schwach Reingrus führenden Mischschluff- Gehalt an CaCO 3 des folgenden Horizonts ist sanden (natürliches Boden-material) über mit nur 0,2 M.-% sehr gering. Die tiefer periglaziär-fluviatilen Reinsanden (Flusssand): folgenden Horizonte, der hellgelbe IIrGr- g.v.rGG-YK: om-(zz2)us(Yj), (og-Hn) // fp- Horizont folgt in 7 dm Tiefe, sind carbonatfrei. ss(Sf). Dieses Profil repräsentiert – wie das Die Bodenreaktion (pH(CaCl2)) der oberen Leitprofil 1 – die Einheit v.rGG-YK: o-(v)es//s, drei Horizonte ist neutral. Der nach 8 dm jedoch den Bereich, in dem die anthropogenen folgende hellgraue Gro-Horizont liegt im Eingriffe ≥ 7 dm tief reichen. Es wurde im reduzierenden Milieu. Die Bodenreaktion ist Januar 2008 angelegt, innerhalb der letzten 24 sehr schwach alkalisch. Stunden vor der Aufnahme fielen keine Die Kationenaustauschkapazität ist im Niederschläge. Oberboden mit fast 21 [cmol(c)*kg -1] wie im Die Durchwurzelungsintensität der Grob- (rGo)-jM-Horizont sehr hoch. Die KAK der wurzeln in den oberen zwei fast schwarzen mit der Tiefe folgenden Horizonte ist aufgrund Horizonten ist sehr schwach, nur der der niedrigen Humus- und Tongehalte mit < 8 Oberboden ist mit Feinwurzeln stark [cmol(c)*kg -1] gering, dann sehr gering. Im durchwurzelt. Porzellanscherben und Ziegel- jAp-, (rGo)-jM- und IIGr-Horizont sind die reste (<1 cm), zu geschätzten 3 Vol.-%, sind in Bodenaustauscher vollständig mit Basen den oberen 7 dm verteilt. Der Oberboden und gesättigt, wobei Ca 2+ -Ionen fast alleine den der Umlagerungshorizont zeigen ein Kationenbelag bilden. Im Gro-Horizont ist der Subpolyedergefüge, die mit der Tiefe Anteil der sauer wirkenden Kationen, z. B. Al- folgenden grundwasserbeeinflussten Horizonte und Fe-Kationen, mit nur 3 % am höchsten. ein Einzelkorngefüge. Die elektrische Leitfähigkeit ist mit über 100 Der Grundwasserstand in 10 dm Tiefe wird [S*cm -1] in den oberen zwei Horizonten am jahreszeitbedingt als der mittlere Grundwasser- höchsten und nimmt mit zunehmender Tiefe hochstand (MHGW), der die Obergrenze des ab. Der Oberboden ist mit Schwermetallen Go-Horizonts ist, eingeschätzt. Merkmale eines kontaminiert. Neben der Anreicherung von rGo-Horizonts sind in dem fast schwarzen jM- Kupfer, Blei und Zink ist der Arsen-Gehalt mit Horizont nicht zu erkennen, theoretisch jedoch 33,7 mg/kg Trockensubstanz Boden auffällig. vorhanden, daher ist das Horizontsymbol in Klammern mit angegeben (rGo-) jM). Der jAp- 116

Bodenaufbau generell in den obersten 4 dm gestört, und Horizonte, die bodenbildende Prozesse abzeichnen, fehlen. Das Material wird gelockert, gewendet und zerkleinert, dabei wird das Gefüge angegriffen. Von anthropogen umgelagerten, zersetzten und humifizierten ehemaligen Niedermoortorfen, die zusammen mit unbekannten Mengen an Stallmist, Düngemitteln, Baggergut, Klärschlamm, Aschen sowie Schlacken und Siedlungs- bauschutt vermischt sind, wird ausgegangen. Die Horizontgrenzen zu den liegenden periglaziär-fluviatilen Flussanden sind in beiden Horizonten anthropogen verursacht. Die Karte Anthropogener Auftrag (z. T. mit natürlichem Ausgangssubstart vermischt) zeigt, wie mächtig die Aufträge sind bzw. wie tief die anthropogenen Eingriffe reichen. Die Bezeichnung der humosen Auftragsböden (Bodeneinheit 3) als Typ Kolluvisol wurde auch deshalb verwendet, weil Aufträge, wie das durch den Bau der Kanäle anfallende Baggergut und der Siedlungsschutt lagebedingt vorhanden sind. Der humose Auftrag ist häufig mächtiger als nutzungsbedingt bei Garten- böden üblich. Auch ist der Oberboden nicht durch biologische Aktivitäten vertieft worden. Aus diesem Grund sind diese gartenbaulich genutzten Böden nicht dem typischen Gartenboden Hortisol zugeordnet worden. Die Zusammensetzung der dunkelbraunen bis schwarzen humosen Auftragsböden der Baumschule war im Gelände nicht zu identifizieren. Abb.3: Leitprofil 2 Dies ist für urbane Böden durchaus typisch Im (rGo)-jM-Horizont sinkt der Gehalt aller (HILLER & MEUSER 1998). Die Materialien SM, wie mit zunehmender Tiefe in jedem werden z. T. flüssig aufgebracht und durch die weiteren Horizont, ab. Eine Ausnahme ist der relativ tiefe mechanische Bodenbearbeitung im Gro-Horizont erhöhte Arsengehalt mit 36 (bis zu 8 dm) vermischt. Der leicht faulige mg/kg Trockensubstanz Boden. Die Prüfwerte Geruch des Bodens in Reaktion mit 10%iger für den Wirkungspfad Boden – Mensch werden HCL ist typisch für Klärschlamm (HILLER & im gesamten Profil ansonsten nicht MEUSER 1998). Der bassische pH-Wert ist überschritten (BBODSCHV 1998). ein Kennzeichen für die Alkalisierung, die mit aufgebrachten Substraten wie z. B. Aschen Diskussion der anthropogen oder Siedlungsschutt einhergeht (BLUME beeinflussten Bodenentwicklung 1996; MEKIFFER 2008). Der hohe Der Boden ist degradiert. Durch die Schluffanteil im bearbeiteten Horizont kann nutzungsbedingte Bodenbearbeitung ist der durch mechanische Zerstörung von Aggre- 117 gaten, eingearbeiteten Flussschluff und/oder müdigkeit betroffen. Der Boden ist erschöpft schluffige anthropogene Aufträge bedingt sein. und wird z. T. nicht mehr bewirtschaftet. Die Abschätzung des Carbonatgehalts der Generell sind Böden von Baumschulen humosen Auftragsböden mittels 10%iger HCl gefährdet, da weitestgehend Sonder- und ergab während der Geländearbeiten häufig Monokulturen gepflegt werden. Der höhere Werte, als im Labor im Feinboden bodenbildende Prozess ist die Entkalkung, für bestimmt wurden, oft c3.2 oder c3.3 (schwach weitere natürliche bodenbildende Prozesse ist bis mittel carbonathaltig). Dies geht auf einen das Milieu zu basisch. Auch lassen die zwar geringen, aber carbonathaltigen Anteil an mechanischen Eingriffe keine ungestörte Grobboden (z. T. Konkretionen als Reste von Entwicklung zu (SCHEFFER & Düngemitteln) in dem beprobten Boden- SCHACHTSCHABEL 2002; HINTER- material zurück. Aus diesem Grund wurden die MAIERERHARD & ZECH 1997). entsprechenden Substratklassen mit einem e Die natürliche Entwicklung der Böden ist für Carbonatgehalt > 2 M.-% gekennzeichnet. durch die Störung der Horizontierung, die Generell werden die natürlichen Gegeben- Verdichtung, die Schadstoffbelastung, durch heiten im Unterboden sehr dezent und die Alkalisierung und auch Eutrophierung sowie nutzungsbedingten direkten Eingriffe in den durch das Absenken des Grundwassers Bodenaufbau stark widergespiegelt. Ein anthropogen stark verändert. Dies ist für Böden Beispiel ist der (Acker) Kolluvisole über in urbanen Räumen typisch (BLUME 1996). Reliktkalkgley (v.YK/rGGc, Legendennummer Die in dieser Nutzungseinheit vorgefundene 13 bis 15). In dem ungestörten natürlichen Vielfältigkeit der Eingriffe ist jedoch so Unterboden ist ab 85 cm Tiefe Wiesenmergel komplex, dass sich hier Schadstoffquellen und im Kapillarsaum ausgefallen. Eine Verla- direkte Eingriffe auf den Stoffhaushalt und den gerung mit dem Sickerwasser wurde aufgrund Bodenaufbau überlagern und die Boden- carbonatfreier Horizonte über 8 dm Tiefe entwicklung durch diese Kombination intensiv ausgeschlossen. Sie kennzeichnen den Bereich, verändert ist. in dem die geologische Karte von 1937 (DIETZ, Hrsg. PREUßISCHE GEOLO- Literatur GISCHE LANDES-ANSTALT 1937) flachen Die in diesem Text zitierte Literatur wird im Torf mit zum Teil Wiesenkalk über Kalk Rahmen der Exkursion auf Wunsch zur angibt, und den Bereich, der als angrenzendes Verfügung gestellt. Durchströmungs-moor beschrieben wird. Der Gehalt an Schwermetallen in den humosen oberen Horizonten ist durch den anliegenden Straßenverkehr und das Aufbringen von Klärschlamm und Pestiziden gegeben. Die Kontamination der liegenden Sande (LP2) wird auf kontaminiertes Grundwasser zurück- geführt. Eine Verlagerung mit dem Sicker- wasser ist theoretisch ausgeschlossen, da die Bodenreaktion in allen beprobten Horizonten der Profile 1und 2 weit basischer ist als der entsprechende Grenz-pH-Wert (< pH 4). Auch die erhöhte elektrische Leitfähigkeit der oberen Horizonte wird auf anthropogen eingebrachte Salze zurückgeführt. Die Böden, welche westlich an die Fläche unter Folie angrenzen, sind von der sogenannten Boden- 118

119

120

Exkursion H 4 Problematik und Folgenutzungsstrategien von ehemaligen Rieselfeldern in der Bioenergieregion Ludwigsfelde 1 2 A. WAGNER UND A. BAURIEGEL (1) Technische Universität Berlin, Fachgebiet Bodenkunde, Ernst-Reuter-Platz 1, 10587 Berlin Telefon: +49 (0)30/314-73521, Fax: +49 (0)30/314-73548 Mail: [email protected] (2) Landesamt für Bergbau, Geologie und Rohstoffe Brandenburg, Dezernat Bodengeologie, Inselstraße 26,03046 Cottbus Telefon: +49 (0)355/865 2012 Mail: [email protected]

Landschaft soll bei der Entwicklung der Einleitung/ Ziel der Exkursion Flächen Rechnung getragen werden. Die landwirtschaftliche Bioenergie- und Unsere Exkursion hat drei Schwerpunkte: (1) Rohstoffproduktion hat weltweit den Druck auf Technik- und Kulturgeschichte der Riesel- die verfügbaren Flächen verstärkt (Lal 2010). wirtschaft, (2) Folgen der Abwasserver- Neben Ertragsteigerungen ist daher auch die rieselung für Böden und Ökologie und (3) Wiedernutzbarmachung degradierter und Integration der Rieselfelder in das Konzept belasteter Flächen dringend notwenig. „Bioenergieregion Ludwigsfelde“. Die Bioenergieregion Ludwigsfelde ist eine der Zu unserem ersten Exkursionsschwerpunkt hat 25 vom BMELV für den Ausbau der der Landschaftspflegeverein Mittelbranden- Bioenergie geförderten Regionen. Sie hat sich burg e.V. im Exkursionsgebiet einen zum Ziel gesetzt mit möglichst effizienten eindrucksvollen kulturhistorischen Lehrpfad Systemen und unter vorrangiger Ausnutzung geschaffen, den wir im Rahmen der Exkursion von Rest- und Abfallstoffen die Bioenergie in begehen werden (ca. 2 km Fußweg). Wir ihrer Region umweltverträglich und ohne führen Sie von den ersten Ideen Wirchow´s zur Teller Tank Konflikte auszubauen. Große sanitären Situation in der aufstrebenden Stadt Areale der Region sind durch die ehemalige Berlin über die technische Realisierung der Verrieselung des Abwassers aus Berlin Abwasserentsorgung für die Millionenstadt hin schadstoffbelastet und daher nicht für den zu der heutigen Landschaftspark ähnlichen Anbau von Pflanzen für die Nahrungs- Gestaltung des Geländes als attraktiven mittelproduktion geeignet. Diese Flächen Erlebnis- und Erholungsraum. Im September liegen zum Teil heute noch brach und könnten sind die alten Zwetschgen- und Pflaumensorten für die Gewinnung von Bioenergie verfügbar reif, die die Stadtgüter zur allgemeinen gemacht werden ohne in Nutzungskonkurrenz Verfügung auf die Wälle der Rieseltafeln zur Nahrungsmittelproduktion zu treten. gepflanzt haben. Schadstoffanalysen an den Aufgrund der vorherrschenden Belastung muss Früchten zeigen, dass die Früchte bedenkenlos bei der Bewirtschaftung der Flächen allerdings genossen werden können. darauf geachtet werden, dass es nicht zu einer Die Folgen der Abwasserverrieselung für die starken Mineralisierung der organischen Böden demonstrieren wir Ihnen an vier Schadstoffsorbenten kommt und dass Bodenprofilen. Einen Schwerpunkt dieses Verwehungen kontaminierter Böden ver- Exkursionsteils stellt die Schadstoffverteilung mieden werden. Auch der Erholungsnutzung in den Bodenprofilen und auf den und dem kulturhistorischen Wert der Rieselflächen dar. 121

Abschließend stellen wir das Konzept beschickt als weniger geeignete Flächen. Die „Bioenergieregion Ludwigsfelde“ vor und höchsten Beaufschlagungsmengen wurden in diskutieren mit Ihnen energetische Nutzungs- den 70er Jahren, mit mehr als 20 Mio. m³ pro strategien für die ehemaligen Rieselfelder. Jahr erreicht. Eine Intensivverrieselung, wie sie Dabei werden auch Techniken zur Festlegung häufig auf den Rieselfeldern nördlich von bzw. Eliminierung von Schadstoffen, wie die Berlin vorgenommen wurde, erfolgte in Einbringung von Fe-Oxiden und Biokohle und Großbeeren nicht (Knopf & Mohn 2003). Der die Phytoextraktion vorgestellt, die wir auf den ca. 50 ha große nordöstliche Bereich des Rieselfeldern untersuchen. ehemaligen Rieselfeldareals mit Standrohr, Absetzbecken und den ersten Rieseltafeln steht Geschichte der Berliner seit 1999 unter Denkmalschutz. Auf den gut Rieselfelder erhaltenen Anlagen wurde außerdem ein Lehrpfad errichtet, der die Geschichte der Mit der Industrialisierung Ende des 19. Abwasserverrieselung und ihre Folgen darstellt Jahrhunderts stieg die Einwohnerzahl von (Kulla, 2006). Berlin sprunghaft an. Damit einhergehend verschlechterten sich die hygienischen Exkursionsroute Bedingungen und es kam häufig zu Epidemien. Nach Plänen von Hobrecht begann 1873 der Die Fahrt dauert etwa 40 min und führt über Bau einer Kanalisation, die die häuslichen die A 115 in südlicher Richtung bis zur Abwässer der Stadt über ein Radialsystem in Ausfahrt Potsdam-. Von dort geht das Berliner Umland leitete. Dort wurden die es über die L 40 in östlicher Richtung vorbei Abwässer auf den sogenannten Rieselfeldern an ehemaligen, teilweise noch erhaltenen zur Bewässerung landwirtschaftlicher Flächen Rieselfeldstrukturen, bis nach Großbeeren. Auf eingesetzt (Hoffmann 2002). Im Zuge der dem Rieselfeldareal werden wir drei Profile zu voranschreitenden Industrialisierung stieg der Fuß ablaufen (ca. 2km Fußweg). Es wird ein Anteil industrieller Abwässer, wodurch neben Profil im Einleiterbereich, ein Profil auf einem Nährstoffen auch große Mengen an Zwischenwall und ein Profil am Ende der Schadstoffen, vor allem Schwermetalle und Rieselgalerie gezeigt werden, um die auch organische Schadstoffe auf die Flächen Heterogenität der Belastungen aufzuzeigen. gelangten (ebd.). Mit der Einrichtung von Kläranlagen wurde die Rieselwirtschaft nach Lage und nach eingestellt und die Flächen teilweise Das Exkursionsgebiet liegt auf der Hochfläche umgestaltet und saniert oder sie liegen brach des Teltow im Landkreis Teltow-Fläming rund und unterliegen Sicherungsmaßnahmen, denn 10 km südlich der Berliner Stadtgrenze, sie gelten heute als Altlastenverdachtsflächen. südwestlich von Großbeeren (Abb. 1). Der Das Exkursionsgebiet gehört zum Rieselfeld- Teltow wird im Osten und Norden durch das komplex der Gemeinde Großbeeren, eine der Spreetal, im Westen durch die Havelseen und ältesten Rieselanlagen Berlins, die von 1890 das Niederungsgebiet der Nuthe und im Süden bis 1994 (Ritschel & Kratz 2000) durchgängig durch das Baruther Urstromtal begrenzt (LUA mit Abwasser beschickt wurde. Bis in die 80er 1997). Mit einer mittleren Höhe von 45 m über Jahre betrug die Ausdehnung der Rieselfelder NN erhebt er sich ca. 10 bis 15 m über die der Administration Großbeeren 746 ha (LUA angrenzenden Niederungsgebiete (ebd.). 1997). Mit dem Ausbau der Kläranlagen wurden die Flächen nach und nach stillgelegt. Die verrieselten Abwassermengen schwankten allerdings deutlich. Flächen nah an den Standrohren und mit günstigen Versickerungs- eigenschaften wurden deutlich häufiger 122

Klima Die vom DWD angegebenen mittleren Jahresniederschläge der nächstgelegenen Station Berlin-Lichtenrade betragen im langjährigen Mittel (1961-1990) 540 mm. Die mittlere Temperatur liegt bei 8,9°C. Die klimatische Wasserbilanz im Exkursionsgebiet ist negativ (Asbrand 1996, in: Kratz 1996).

Hydrologie Abb. 1: Das Exkursionsgebiet (Quelle: Landesbetrieb für Grundwasser Landvermessung und Geobasisdaten) Die Teltower Platte wird hauptsächlich durch bis zu 300 m mächtige Schichten des Quartärs Geologie/Geomorphologie geprägt. Insgesamt ergeben sich durch den Der Teltow ist eine im Brandenburger Stadium Wechsel grundwasserstauender und grund- des Weichelsglazials entstandene Grund- wasserleitender Schichten vier quartäre moränenhochfläche, die periglazialen und Grundwasserleiter, die aufgrund einer holozänen Überprägungen unterworfen war Fensterung der stauenden Schichten lokal in (Hermsdorf 1994). Die weichselzeitlichen Kontakt stehen. Das oberste Ablagerungen bestehen hauptsächlich aus Grundwasserstockwerk ist zwischen 6 und Geschiebemergel bzw. -sanden, wobei die 12 m mächtig und in der Regel unbedeckt. Der dominierenden Substrate lehmige Sande und zweite und dritte Grundwasserleiter werden sandige Lehme sind (LUA 1997). Der durch Geschiebemergel lückenhaft abgedeckt Geschiebemergel bzw. -lehm wird von und erreichen Mächtigkeiten zwischen 20 und schwach schluffigen bis schwach lehmigen 50 m (Scheytt et al. 2000). Decksanden überlagert (Abb. 2). Durch eine Aufwölbung des Grundwassers liegen die Grundwasserstände im Bereich der Rieselfelder zwischen 38 und 43 m über NN und damit zwischen 2 und 7 m unter der Geländeoberkante. Diese Grundwasserauf- wölbung wurde durch die Berieselung zwar verstärkt, sie ist aber vor allem der hier im Vergleich zur Umgebung deutlich geringeren hydraulischen Durchlässigkeit des Grund- wasserleiters und dem mächtigen unterlagernden Geschiebmergelpaket geschul- det (Scheytt et al. 2000). Mit der Einstellung der Berieselung sank der künstlich erhöhte Abb.2: Geologische Karte des Grundwasserspiegel rasch um 2 bis 4 m ab. Exkursionsgebietes (Quelle: Behrendt, Bereits wenige Jahre später hatten sich wieder G. & Laufer, E. (1882): Preußische geognostisch-agronomische Karte stationäre Verhältnisse eingestellt, die den 1:25 000, Blatt 3645 Großbeeren, typischen jahreszeitlichen Schwankungen Berlin) folgen (LUA 1997). Die natürliche Grundwasserneubildung liegt im Unter- suchungsgebiet im Mittel zwischen 85 und 110 mm/a (Göritz 1995, in: Scheytt et al. 2000). 123

Oberflächengewässer Hauptkontaminanten sind vor allem Schwer- metalle, besonders Cadmium, Kupfer, Blei und Das Rieselfeldareal ist von einem Zink. Belastungsschwerpunkte weisen aber ausgedehnten künstlichen Grabennetz und in auch stark erhöhte Werte organischer Teilbereichen auch mit einem Dränagesystem Schadstoffe auf (Grunewald 1994). Besonders durchzogen, das bei der Einrichtung der Absetzbecken und Schlammtrockenplätze Rieselfelder angelegt wurde. Die Entwässerung sowie Wälle und Gräben stellen solche des Areals erfolgte in südwestlicher Richtung Belastungsschwerpunkte dar. Die Riesel- über den Knipplingsgraben in den Nuthegraben feldtafeln weisen ein sehr heterogenes und von dort weiter über die Nuthe, die Havel Belastungsmuster auf. Dies ist zum einen und die Elbe in die Nordsee. Die Gräben sind darauf zurückzuführen, dass die verschiedenen heute verschüttet oder weitestgehend zu- Tafeln je nach Lage und Versickerungs- gewachsen (Kulla 1996). eigenschaften unterschiedlich häufig beschickt Böden wurden. Meist findet man auf den Feldern nahe am Absetzbecken höhere Gehalte an Im Untersuchungsgebiet dominieren auf den Schwermetallen, während die Konzentrationen Hochflächen Fahlerden und Braunerden aus zum Ende der Rieselgalerie hin abnehmen lehmigen sandigen Substraten. Sie werden im (siehe Abb. 4). Süden im Bereich des Nuthe-Grabens von Zum Anderen wird vermutlich ein großer Teil Niedermooren und in der Genshagener Heide der Kontamination auf einen partikulären auch von Flugsand Arealen eingefasst. Im Eintrag mit der organischen Substanz südwestlichen Bereich entstanden durch zurückzuführen sein, denn die Gehalte an Bodenab- und -aufträge während der organischer Bodensubstanz zeigen ein Einrichtung der Flächen und während des schwemmfächerartiges, konzentrisches Aus- Betriebs der Rieselfelder überprägte Fahlerden, breitungsmuster vom Einlass- zum Auslass- Regosole und Kolluvisole (Abb.3). Durch die bereich (LUA 1997) und korrelieren stark mit ständige Berieselung wurde die sonst in den den Schwermetallgehalten. Die Belastungen Brandenburger Böden sehr geringe Ton- der Unterböden sind weitaus weniger verlagerung verstärkt. Dadurch sind Horizonte heterogen (Grunewald 1995). mit wasserstauenden Merkmalen entstanden. Die potenzielle Gefährdung des Schutzgutes Inwieweit diese Merkmale rezenten oder Grundwasser ist mit der Aufgabe der reliktschen Charakter haben steht zur Abwasserverrieselung jedoch nicht abge- Diskussion. wendet. Das Fehlen basischer Einträge mit dem Abwasser lässt die pH-Werte der Böden rasch sinken. Außerdem wird die im Laufe der Zeit angereicherte organische Bodensubstanz nun mineralisiert, so dass auch daran ge- bundene Schadstoffe frei gesetzt werden. Deshalb werden heute Maßnahmen zur Sanierung oder Sicherung der Standorte immer wichtiger.

Abb.3: Bodenkarte des Exkursionsgebietes (Quelle: Bauriegel, A.; Kühn, D. & Hannemann, J (1997): Bodengeologische Karte des Landes Brandenburg, Blatt Potsdam) 124

Literatur Kratz, W. Hrsg.(1996): Rieselfelder in Berlin und Brandenburg. Tagungsband. FB Umwelt und Grunewald K. (1994): Großräumige Gesellschaft der TU Berlin. Bodenuntersuchungen auf Rieselfeldern südlich Kulla, D. (2006): Pedologische Untersuchungen am Berlin. Zeitschrift für Pflanzenernährung und „Technikdenkmal und Freiluftmuseum Rieselfeld Bodenkunde 157, s. 125-130 Großbeeren“ und Konzeption eines Grunewald K. (1995): Böden im Rieselfeldgebiet Bodenlehrpfades. Diplomarbeit, Geographisches südlich Berlin Umweltwissenschaften und Institut, Humboldt-Universität zu Berlin Schadstoff-Forschung, 1995, 7, 164-167 Lal, R. (2010): Managing soils for a warming earth in a Hermsdorf, N. (1994): Stratifizierung der erbohrten food-insecure and energy-starved world Journal of Schichtenfolge im Projekt „Rieselfelder Berlin Plant Nutrition and Soil Science, 2010, 173, 4-15 Süd“. Landesamt für Geowissenschaften und LUA – LANDESUMWELTAMT BRANDENBURG Rohstoffe Brandenburg. Kleinmachnow. Hrsg. (1997): Rieselfelder südlich Berlins –Altlast, Hoffmann, C. (2002): Schwermetallmobilität und Grundwasser, Oberflächengewässer. Studien und Risikopotentiale der Rieselfeldböden Berlin Buch. Tagungsberichte. Band13/14. Potsdam. Institut für Ökologie der TU Berlin, Heft 35 der Scheytt, T., S. Grams und M. Asbrand (2000): Reihe Bodenökologie und Bodengenese. Grundwasserströmung und –beschaffenheit unter Knopf, M. & M. Mohn (2003): Rieselfeld Großbeeren – dem Einfluss 100-jähriger Rieselfeldwirtschaft. Situation und Perspektiven. Hauptstudienprojekt. Wasser und Boden 52/9 S. 15-22 Fak. VII Architektur Umwelt Gesellschaft. Institut für Landschafts- und Umweltplanung. TU Berlin.

125 126

Abb. 4: Schematischer Schnitt durch das Exkursionsgebiet (Quelle: Kulla 2006) 126

127

128

129

130

Exkursion H 5

Geologische CO 2-Speicherung – Pilotstandort Ketzin SONJA MARTENS , AXEL LIEBSCHER , FABIAN MÖLLER

Zentrum für CO 2-Speicherung Helmholtz-Zentrum Potsdam, Deutsches GeoForschungsZentrum GFZ Telegrafenberg, 14473 Potsdam URL: http://www.gfz-potsdam.de Tel.: +49 (0)331/288-1965; -1553; -1556 Mail: [email protected]; [email protected]; [email protected]

Einleitung und Ziel der Exkursion Der steigende Gehalt des Treibhausgases Kohlenstoffdioxid (CO 2) in der Atmosphäre hat Wissenschaftler veranlasst, nach Wegen zu suchen, die Emission dieses Gases zu reduzieren. Am Pilotstandort Ketzin wird seit Juni 2008 erstmals auf dem europäischen Festland CO 2 in unterirdische Gesteins- schichten gepumpt und so dauerhaft sicher gespeichert. Im Rahmen nationaler und europäischer Pro- Abb. 1: Lage des Pilotstandorts Ketzin jekte werden seit 2004 unter der Koordination des Deutschen GeoForschungsZentrums GFZ das wissenschaftliche Verständnis der geologischen Speicherung von CO 2 weiter- entwickelt und die im Untergrund ablaufenden Prozesse der CO 2-Injektion und -Ausbreitung erforscht. Ziel der Exkursion und eines geführten Rundganges am Standort ist es, einen Über- blick über die laufenden Forschungsarbeiten, den Injektionsbetrieb sowie die Überwa- chungsmethodik zu gewinnen.

Der Pilotstandort Ketzin

Die unterirdische Speicherung von CO 2 wird Abb. 2: Arbeitsbereich am Projektstandort nahe der Stadt Ketzin, 30 km westlich von Nach der Vorerkundung und der Bereitstellung Berlin, erforscht. Die Arbeiten in Ketzin der notwendigen Infrastruktur wurde mit dem umfassen alle Bereiche, die für die Abteufen dreier Bohrungen 2007 die Vor- Entwicklung und den Betrieb eines CO - 2 aussetzung für die Injektion des CO geschaf- Speichers notwendig sind. 2 fen. Parallel dazu fanden und finden Labor- versuche und die permanente und periodische Reservoirüberwachung statt. Für ein besseres

131

Verständnis der während der Injektion ablau- Der Sandstein der Stuttgart-Formation besteht fenden Prozesse werden numerische Model- überwiegend aus Quarz, Feldspat und lierungen durchgeführt. Gesteinsbruchstücken. Der Sandstein ist fein- Öffentliche Akzeptanz ist für ein solches bis mittelkörnig und gut sortiert, meist Vorhaben von zentraler Bedeutung. Von allerdings nur schwach zementiert. Zemente Beginn an wurde das Forschungsprojekt durch sind Silikate und Ton sowie gelegentlich eine offene und transparente Information der Anhydrit. Die Sandsteine weisen eine Porosität Öffentlichkeit begleitet, die sich in großer von 13 bis 26% auf. Permeabilitäten von 50 bis medialer Resonanz im In- und Ausland wider- 100°mD wurden in hydraulischen Tests nach- spiegelt. Wichtigste Anlaufstelle für die gewiesen; Untersuchungen der Bohrkerne Öffentlichkeit ist das Informationszentrum vor ergaben Permeabilitäten von etwa 500 bis Ort. 1000°mD.

Geologie Geschichte des Standortes

Die geologischen Zielhorizonte für die CO 2- Bis 2004 wurde am Pilotstandort ein saisona- Speicherung am Standort Ketzin sind poröse ler Untergrundspeicher für Erdgas in einer Sandstein-Schichten der Stuttgart-Formation. flachen Sandstein-Formation in etwa 280 m Diese ist im gesamten Norddeutschen Becken Tiefe betrieben. Daher ist die Ketzin- weit verbreitet und wurde im Zeitalter der Antiklinale gut untersucht: Zahlreiche seis- Oberen Trias vor rund 225 Millionen Jahren mische Profile und Bohrungen aus der voran abgelagert. gegangenen Erkundung geben Aufschluss über die geologischen Lagerungsverhältnisse und Der Standort Ketzin liegt oberhalb einer geo- die Eigenschaften der verschiedenen logischen Aufwölbungsstruktur (Antiklinale). geologischen Formationen. Im Zentralteil dieser Antiklinale liegt die Stuttgart-Formation in ca. 550 m Tiefe und taucht von dort aus in alle Richtungen ab. Die Vorarbeiten und Injektion des CO 2 erfolgt an der Südflanke der Injektionsbetrieb Antiklinale in etwa 630 bis 650 m Tiefe. Basierend auf diesen Vorkenntnissen sowie ergänzend durchgeführten Erkundungsunter- suchungen wurden für die CO 2-Speicherung drei neue Bohrungen bis in eine Tiefe von jeweils ca. 750 m abgeteuft. Eine dieser Boh- rungen (Ktzi 201) dient zur Injektion und Beobachtung des CO 2, die beiden anderen Bohrungen (Ktzi 200 und Ktzi 202) werden zusätzlich zur Beobachtung der Injektion und der CO 2-Ausbreitung genutzt. Seit Juni 2008 wird am Standort Ketzin le- bensmittelreines CO 2 über die Injektionsboh- rung in den Untergrund eingespeist; bis Mitte Abb. 3: Schematisches Abbild der Geologie des Nordostdeutschen Beckens März 2011 insgesamt ca. 46.500 Tonnen. Die Speichersandsteine in Ketzin werden von rund 240 m mächtigen abdichtenden Tonstei- nen überlagert. Diese Abdichtung der Spei- chergesteine zusammen mit der Antiklinal- struktur sichern eine kontrollierte und be- grenzte Ausbreitung des CO 2. 132

wie Geoelektrik, Seismik, Temperatur- und Drucküberwachung sowie Fluid- und Gasproben, sondern auch die Kombination von unterschiedlichen zeitlichen und räumlichen Auflösungsvermögen innerhalb der einzelnen Methoden.

Abb. 4: Luftaufnahme des Pilotstandortes Ketzin

Abb. 5: Schematischer Profilschnitt am Standort Ketzin mit Darstellung der Bohrungen zur Injektion des CO 2 (Ktzi 201) und zur Beobachtung der CO 2-Ausbreitung (Ktzi 200 und Ktzi 202). Wissenschaftliches Monitoring

Die wissenschaftliche Begleitung der CO 2- Speicherung umfasst • geophysikalische, geochemische und mik- robiologische Messungen in Injektionsboh- Abb. 6: Mittels geophysikalischer Messungen rung und Beobachtungsbohrungen lässt sich die CO 2-Ausbreitung im Untergrund abbilden. Wiederholte • Untersuchung der CO -Ausbreitung mittels 2 seismische Messungen (Abb. oben) seismischer und geoelektrischer Methoden zeigen Veränderungen der elastischen • Abschätzung der unterirdischen Ausbrei- Eigenschaften des Gesteins, die durch tung des CO und Beurteilung der den Eintrag von Kohlenstoff-dioxid 2 entstehen. Wiederholte geoelek-trische Dichtigkeit und Sicherheit des Reservoirs Messungen zeigen Veränderungen des mit Hilfe theoretischer Vorhersagemodelle elektrischen Widerstandes des Gesteins • Analysen von Gesteinsproben, Gasen und auf Grund der CO 2-Injektion (Abb. unten). Beide Verfahren erlauben eine Flüssigkeiten aus dem Untergrund. langfristige Beo-bachtung des Die wissenschaftlichen Erfahrungen am Kohlendioxids in der Injektions-phase Standort Ketzin beruhen insbesondere auf und nach Ende der Injektion einem geochemischen und geophysikalischen Insbesondere die Ergebnisse der seismischen Überwachungsprogramm, das im internatio- und geoelektrischen Messungen erlauben eine nalen Vergleich zu den modernsten und um- Beobachtung der CO 2-Ausbreitung im fangreichsten zählt. Zentral hierbei ist nicht nur Untergrund. Diese Arbeiten werden durch die Kombination der verschiedenen Methoden numerische Modellierungen der Reservoir-

133 prozesse ergänzt. Dabei gilt es, mit dynami- gehende Aktivität von Mikroorganismen und schen Modellierungen die Vorgänge in der der Wurzelatmung der Pflanzen zurückgeführt Stuttgart-Formation und den abdeckenden werden können. Schichten mit Hilfe von Modellkopplungen unter Berücksichtigung der Einzelprozesse der Projektpartner Hydro- und Thermodynamik, Hydro(geo)- Zu den Projektpartnern des GFZ zählen nati- chemie und Geomechanik zu erfassen und zu onale und internationale Universitäten, For- prognostizieren. schungseinrichtungen, Industriekonzerne und Im Bereich der Ketzin-Antiklinale werden mittelständische Unternehmen. Zudem unter- monatlich die natürlichen CO 2-Oberflächen- stützt die Stadtgemeinde Ketzin das Vorha- flussraten und Boden-Kohlenwasserstoff- ben, und die Genehmigungsbehörden sind von konzentrationen an 20 Messpunkten bestimmt. Anfang an in die Projektentwicklung Diese Messungen liefern Basisdaten und eingebunden. Vergleichswerte für Messungen in der Betriebs- und späteren Nachbetriebsphase des Literatur CO 2-Speichers. Förster, A., Norden, B., Zinck-Jørgensen, K., Frykman, P., Kulenkampff, J., Spangenberg, E., Erzinger, J., Zimmer, M., Kopp, J., Borm, G., Juhlin, C., Cosma, C.-G. & Hurter, S. (2006): Baseline

characterization of the CO 2SINK geological storage site at Ketzin, Germany. Environmental Geosciences 13, 145-161. Förster, A., Schöner, R., Förster, H.-J., Norden, B., Blaschke, A.-W., Luckert, J., Beutler, G., Gaupp, R., Rhede, D. (2010): The Upper Triassic Stuttgart Formation (Middle Keuper) at Ketzin: The

reservoir for pilot CO 2 storage in the Northeast German Basin. Marine and Petro-leum Geology, 27, 2156-2172. Martens, S., Liebscher, A., Möller, F. Würdemann, H., Schilling, F., Kühn, K. and Ketzin Group (2010): Progress Report on the First European on-shore CO2 Storage Site at Ketzin (Germany) – Second Year of Injection, Energy Procedia, submitted. Schilling, F.R., Borm, G., Würdemann, H., Möller, F.,

Kühn, M. & CO 2SINK Group (2009): Status Report on the First European on-shore CO 2 Storage Site at Ketzin (Germany). Energy Procedia, Volume 1, Issue 1, 2029-2035. Abb. 7: Saisonale Schwankungen des CO 2- Bodenflusses (grün) und der Temperatur (rot) Seit Beginn der Messungen im Januar 2005 wurden keinerlei signifikante Änderungen im Grundwasser oder den Boden-Kohlen- wasserstoffen detektiert. Die Boden- Kohlenwasserstoffkonzentrationen in den Messstellen stimmen weitgehend mit der natürlichen atmosphärischen Konzentration überein. Der CO 2-Bodenfluss zeigt starke saisonale Varia-tionen, die hauptsächlich auf die Bodentemperatur und damit einher-

134

Exkursion H 6 Trümmerschuttböden und Freisetzung von Sulfat G. WESSOLEK , B. MEKIFFER UND M. FACKLAM Technische Universität Berlin Fachgebiet standortkunde und Bodenschutz Ernst-Reuter-Platz 1, 10587 Berlin Tel.: +49 (0)30/314-73536 Mmail: [email protected]

Einleitung Historie In Deutschland fielen durch die Kriegsschäden Zu Zeiten des Nationalsozialismus sollte an des zweiten Weltkriegs ca. 400 Mio. m³ dieser Stelle ursprünglich die Wehrtechnische Trümmerschutt an, der überwiegend aus der Fakultät errichtet werden. Das bis zum Rohbau Zerstörung von Wohn- und Industriegebäuden entwickelte Gebäude sollte im Rahmen des stammt (Blaum, 1946). So waren in Berlin nationalsozialistischen „Germania“ Projektes 30% der Wohngebäude völlig und 45% zu- der „Welt- und Reichshauptstadt“ eingeweiht mindest teilweise zerstört (Arndt, 1947); dar- werden. Nach Ende des Zweiten Weltkriegs aus resultierten allein in dieser Stadt eine wurde der Rohbau gesprengt und das Areal Trümmerschuttmenge von ca. 75 Mio. m³. zunächst zu einer Schutt-Deponie verwandelt. Als Folgenutzung war ein waldgeprägtes Frei- zeitgelände mit Skihang und Rodelbahn ge- plant, aber nicht weiter verfolgt worden, da die Amerikaner auf dem Trümmerschuttberg eine Abhörstation in den Osten einrichteten. Diese war anfangs noch mobil, wurde aber schnell durch eine feste Installation mit fünf Radarkuppeln abgelöst. So erhielt der Teufelsberg sein bis heute charakteristisches Erscheinungsbild. Nach dem Fall der Berliner Mauer wurde die

Station von den Amerikanern geräumnt und die Abb. 1: Teufelsberg Berlin elektronischen Einrichtungen entfernt; die Der nicht wieder verwertbare Teil des Trüm- Radaranlagen wurden noch eine Zeit lang zur merschutts wurde nach Kriegsende im Stadt- zivilen Luftüberwachung genutzt. In den 90er gebiet sowohl punktuell (z.B. in Bombentrich- Jahren wurde die ehemalige Abhörstati-on an tern) als auch flächenhaft (z.B. in Parks) ver- einen privaten Investor verkauft. Die hoch- kippt und danach mit Oberboden bedeckt. Be- gesteckten Planungen für eine exklusive kannte Park- oder Erholungsflächen in Berlin, Wohnanlage, ein Museum sowie ein Hotel- die Trümmerschutt im Untergrund aufweisen, und Tagungszentrum scheiterten allerdings, sind der Volkspark Prenzlauer Berg, der weil der Generalunternehmer mit den Einlagen Schlosspark Charlottenburg und der Hum- der Investorengruppe das Weite suchte.... boldthain. Die bekannteste Trümmerschutt- Heute wird der Teufelsberg vor allem von deponie ist der 115 m hohe Teufelsberg, der Erholungssuchenden, Spaziergängern, Joggern aus ca. 25 Mio. m³ Schutt besteht (Abb. 1). und Mountainbikern intensiv genutzt. Im Win- ter ist der kleine Skihang gut besucht und auch eine Langlauf-Loipe lädt zum Wintersport ein. 135

Im Jahre 1986 fand sogar anlässlich der 750- SO 4 BSE: 50-180 mg/l (gering) Jahr-Feier Berlin ein Weltcup-Slalom auf dem Unterboden (>40 cm) Skihang statt. Bodenentwicklungen auf Bodenart: mS-mSfS Trümmerschutt Steingehalt:15-30% Karbonatgehalt: 2-12% Abb. 2 zeigt beispielhaft ein Bodenprofil am Humusgehalt: <1% Unterhang des Teufelbergs. pH: 7,0 – 7,2 KAKeff : gering TRD: mittel, teilweise locker

SO 4: BSE: bis 2800 mg/l (extrem hoch) (BSE: Bodensättigungsextrakt)

Das Profil besteht im Oberboden aus einer 20 cm starken Aufschüttung aus schwach schluf- figem Sand, der anlässlich der Skiweltmeister- schaften zur 1986 Geländemodellierung auf- gebracht worden ist. Darunter befindet sich die ursprüngliche Überdeckung aus schluffigen Sanden mit einer Mächtigkeit von ca. 10 cm; sie liegt auf dem Trümmerschuttkörper mit wechselnden Lagen unterschiedlicher techno- gener Substrate und Beimengungen schwach humoser Bodenmaterialien.

Trümmerschutt als Ausgangs- substrat der Bodenbildung Die sich aus Trümmerschutt entwickelnden Böden sind in der Regel Pararendzinen, da das Abb. 2: Bodenentwicklung auf Trümmerschutt, Bodenausgangsmaterial zumeist kalkhaltige Exkursionsprofil am Unterhang Beimengungen aufweist (Abbildung 3). Profilkennwerte Die Auswertung von mehr als 200 Profildaten Wasserleitfähigkeit (kf): >100 cm/d zeigt für Trümmerschuttböden eine in den nFKwe: 40-150 mm (flach-, tiefgründig) meisten Fällen schwach alkalische bis alkali- sche Bodenreaktion und teilweise eine erhöhte KAKeff : gering bis mittel elektrische Leitfähigkeit (s. Abb. 4). Trümmer- Oberboden (0-20 cm) schuttböden enthalten in der Regel hohe Men- Bodenart: Su2 gen an technogenen Komponenten, wobei Art Steingehalt:<5% und Menge stark wechseln können (s. Abb. 3 Karbonatgehalt: <2% und Tabelle) Humusgehalt: 1,5-3% pH: 6,5-6,8 KAKeff : mittel TRD: mittel 136

Technogene Anteil [Vol%] Komponenten Ziegel 2 – 60 Mörtel 2 – 50 Schlacke 2 – 30 Asche 2 – 50 Glas 2 – 10

Teer 5 – 10 Holzkohle bis 5 Beton 5 – 10 Abb. 3: Skelettgehalte und technogene Komponenten von Trümmerschutt Ruß bis 2 (Mekiffer, 2008)

Abb. 4: pH-Werte und elektr. Leitfähigkeit von Feinboden und Trümmerschutt (Mekiffer, 2008)

Abb. 5: Verteilung von N, C, und S (links) sowie BaP-Gehalte (Mekiffer, 2008)

137

Die technogenen Komponenten, die im Trüm- merschutt dominieren, sind i.d.R. stark schwe- felhaltig. Die Gesamtschwefelgehalte liegen im

Mittel mit 720 mg/kg TS um das Dreifache über dem natürlicher Böden (Abb. 5). Dabei Tabelle 1: pH-Wert, SM- Gesamtgehalte und BaP in Trümmerschutt zeigt sich, dass neben Putz, der häufig Gips (Mekiffer, 2008) enthält, auch Mörtel und Ziegel hohe Schwe- fel-Gehalte aufweisen können. Weitere S- pH Blei Cd Cu Zn BaP Lieferanten sind Aschen (in Zwischendecken Mittelwert 7,96 366 0,7 261 479 1,1 von Gebäuden als Isoliermaterial eingebaut), [mg/kg] Kohle sowie Schlacken. Der überwiegende < 25%Perzentil 0,00 Anteil des Schwefels ist anorganisch und oxi- 7,42 44,3 NW 10,8 65,2 [mg/kg] 5 disch gebunden; organische und sulfidische G Schwefelverbindungen sind im Trümmerschutt 75%Perzentil 8,3 330 0,63 68 590 0,5 in eher von unter-geordneter Bedeutung. [mg/kg] 90%Perzentil 100 129 Während der mikrobielle Stoffumsatz im Ober- 8,9 1,3 138 1,5 boden vergleichbar ist mit dem von extensiv [mg/kg] 0 7 Maximalwert 717 250 410 bewirtschafteten Grassland, wurde anhand von 11,4 17,2 69 Respirationsmessungen in den mit Trüm- [mg/kg] 0 0 0 merschutt angereicherten Horizonten eine In- VW-Werte hibierung mikrobiologischer Prozesse festge- für Sand mit - 40 0,4 20 60 0,3 Humus < 8% stellt. Maßnahmewe 100 50 k.A. k.A. k.A. Da in Trümmerschuttböden alkalische Bedin- rte (Park) 0 gungen vorherrschen, ist nicht mit Sulfatad- sorption in größerem Ausmaß zu rechnen.

Schwermetalle sind im Trümmerschutt teilwei- se in sehr hohen Mengen enthalten (Tabelle 1); die Spannweiten von Pb, Cu und Zn reichen Tabelle 2: Nährelementgehalte technogener über mehrere Zehnerpotenzen. Die Vorsorge- Komponenten in Trümmerschutt- werte lt. BBodSchG (1999) für die Bodenart böden (RFA-Analyse) Sand werden für diese drei Schwermetalle z.T. Nährelemente Gehalte [%] erheblich überschritten. MgO 0,3 – 3,4 Die Gesamtgehalte an Magnesium, Kalium, K2O 0,6 – 2,7 Natrium und Phosphor sind in den technoge- Na 2O 0,08 – 0,7 nen Komponenten in weit höheren Mengen als P2O5 0,03 – 0,14 in den sandigen Oberböden Berlins vorhanden (Tabelle 2); ihre Verfügbarkeit für Pflanzen ist jedoch aufgrund der hohen pH-Werte, der fes- ten Bindung im Gestein sowie geringen Was- serlöslichkeit und Zugänglichkeit häufig nur eingeschränkt.

138

Siebert (1956) kam in den 50iger Jahren noch Mechanismen der zu dem Ergebnis, dass die riesigen, ab 1949/50 Sulfatfreisetzung angefahrenen Trümmerschuttmassen im Be- reich des Teufelsberges im Grunewald keinen Die rezenten anthropogenen Sulfateinträge Einfluss auf die Grundwasserbeschaffenheit über den Boden sowie über Zuflüsse der Spree hatten. Eine direkt im westlichen Abstrom des in das Grundwasserregime sind hoch und viel- Teufelsberges gelegene Grundwassermessstel- fältiger Natur (Hausbrand, Immissionen, saurer le wies damals einen Sulfatgehalt im Bereich Regen, Abwasser, Pyritauslaugung aus der von lediglich 50 mg/l auf. Im Rahmen des Lausitz). In Brandenburg gelten Sulfatkonzent- hydrogeologischen Strukturmodells für das rationen im Grundwasser bis etwa 150 mg/l als Wasserwerk Tiefwerder (GCI & AKS, 1998) Hintergrundgehalte (Schleyer & Kerndorff, hingegen wird bereits darauf verwiesen, dass 1992). Kunkel et al. 2003 geben Gehalte bis zu an der gleichen Messstelle im Jahr 1998 der 200 mg/l an und Kabelitz (1990) beschreibt Sulfatgehalt auf über 400 mg/l angestiegen sogar Spitzenkonzentrationen bis zu 1200 mg/l war. in den jungpleistozänen Grundwasserleitern Nach Monitoringuntersuchungen des Senats Berlins. Sickerwasseranalysen unter einem finden sich Sulfatgehalte im Grundwasser un- versauerten Kiefernbestand im Grunewald von terhalb von 100 mg/l im Stadtgebiet nur mit Renger et al. 1989 ergaben für den Zeitraum Ausnahme kleiner bewaldeter Areale im 1986 bis 1989 hingegen nur Sulfatwerte von Nordwesten, im Südosten Berlins dagegen bis 100 mg/l. An anderen Stellen Berlins wur- nicht mehr. Auch südlich und westlich der den in jüngerer Vergangenheit unter Stadt liegen die Sulfatwerte in Brandenburg Waldstandorten bereits Gehalte im Grundwas- zumeist oberhalb von 100 mg/l SenStadtUm ser bis in die Größenordnung des aus der (1993). Innerhalb des gesamten Innenstadtbe- TrinkwV abgeleiteten Schwellenwertes als reiches liegen die Sulfatwerte inzwischen o- typisch gefunden (240 mg/l). berhalb von 180 mg/l; kleinräumige Ausnah- Neben der Sulfatfracht über die Spree, die aus men finden sich hier nur entlang der innerstäd- der Pyritoxidation von Tagebausedimenten tischen Spree (z. B. mit einem mittleren Sul- rührt, wird angenommen, dass eine weitere fatwert von 114 mg/l). Räumliche Bezüge zu wichtige Ursache für die deutlich erhöhten Bauschuttdeponien sind an vielen Stellen er- Sulfatkonzentrationen im Berliner Grundwas- kennbar (Wilhelmsruh, Spandau, Teufelsberg). ser der großflächig über die Stadt verteilte Die höchsten Sulfatgehalte (> 360 mg/l) finden Bau- und Trümmerschutt des 2. Weltkrieges sich flächenhaft in den dicht bebauten Innen- (SenStadtUm, 1993) darstellt. Der Einfluss stadtgebieten; betroffen ist z. B. ein ca. 30 km² häuslicher Abwässer wird dagegen als ver- großes Gebiet beiderseits des Unterlaufes der nachlässigbar gering eingestuft (Wurl 1995). Panke nach Osten bis hin nach Friedrichshain. Charakteristisch für die meist gipshaltigen Die Sulfatgehalte reichen hier punktuell bis Komponenten des Trümmerschutts ist, dass sie oberhalb von 800 mg/l; Abb. 6 zeigt die Belas- mehr oder weniger diffus über das gesamte tung der oberflächennahen Grundwasserleiter Stadtgebiet verteilt sind. Aus diesem Grund Berlins im Vergleich zu anderen Bundeslän- können die Bauschuttdeponien Berlins an der dern. Nahtstelle zwischen diffuser und punk-tueller Eintragsquelle eingeordnet werden. In jüngerer Vergangenheit wurden aber auch sehr viele kleine natürliche und auch künstliche Senken dazu verwendet, den in großen Mengen anfallenden Bauschutt abzulagern.

139

Feinerde deutlich (Abb. 7). Der mit Gips ange- reicherte Feinboden setzt konstant Sulfat nahe der Löslichkeitsgrenze von Gips frei, während der mit Schlacke angereicherte Boden trotz eines hohes S-Gehaltes von ca. 7.000 mg/kg TS nur zu Beginn der Perkolation Sulfat frei- setzt, der sehr schnell und kontinuierlich bis zum Versuchende abnimmt.

Abb. 6: Belastung der oberflächennahen Grundwasserleiter Berlins im Vergleich zu anderen Bundesländern, erweitert nach Hannapel et al. 2007 Unter der Annahme, dass der gesamte Schwe- felvorrat im Trümmerschutt vorwiegend als

Gips vorliegt und ideale Lösungsbedingungen Abb. 7: Sulfatfreisetzung aus verschiede-nen vorherrschen, kann von diesem Schwefel-Pool Trümmerschuttmischungen in den vergangenen 60 Jahren lediglich 25% gelöst und in das Grundwasser abtransportiert Zusammenfassung und Fazit worden sein. Vor diesem Hintergrund entwi- ckelt sich für einige Wassereinzugsgebiete In Berlin wurde Trümmerschutt nach dem 2. Berlins mittelfristig ein bisher nicht kalkulier- Weltkrieg in großen Mengen flächenhaft, teil- bares Risiko für die Grundwasserqualität. weise aber auch punktuell aufgetragen; seit- dem ist er Bestandteil der Boden bildenden Im Teufelsberg (25 Mio. m 3) errechnet sich ein Prozesse. Trümmerschutt ist gekennzeichnet Vorrat von mindestens 26.000 t leicht wasser- durch (i) einen hohen Skelettanteil mit vielfäl- löslichen Sulfats; was ungefähr einer Menge tigen technogenen Beimengungen wie Schla- reinen Schwefels von 9000 t entspricht, d.h. es cke, Putz/ Mörtel und Ziegel, (ii) hohe pH- muss davon ausgegangen werden, dass in den Werte durch trümmerschuttbürtige Karbonate, nächsten Jahrzehnten weiterhin Sulfat aus dem (iii) hohe Schwermetallgehalte und hohe S- Trümmerschutt mobilisiert und ins Grundwas- Gehalte. Der Schwefel stammt aus den techno- ser verlagert wird. genen Komponenten und ist überwiegend an- Durch Batchversuche im Rahmen eines DFG- organisch oxidisch gebunden. Die Schwefel- Projektes konnte gezeigt werden, dass bis zu konzentration im Trümmerschutt liegt im 750 mg/kg Sulfat gelöst werden können. Die Durchschnitt dreifach über dem natürlicher tatsächliche Höhe und die Kinetik der Sulfat- Böden. Die Kinetik und Höhe der Sulfatfrei- auswaschung wurde dagegen durch Perkolati- setzung aus Trümmerschutt wird stark durch onsversuche charakterisiert. Dafür wurden die Art der technogenen Komponente beein- Säulen mit Feinerde und unterschiedlichen flusst. Es muss davon ausgegangen werden, technogenen Komponenten in wechselnden dass Trümmerschutt in erheblichem Maße zu Mengenanteilen eingesetzt. Die Perko- einer langfristigen Sulfatbelastung des oberflä- lationsversuche zeigen, dass in Abhängigkeit chennahen Grundwassers beiträgt. von der Art der technogenen Komponente die Kinetik und Höhe der Sulfatfreisetzung sehr stark variieren kann. Dies wird beispielhaft an der Gegenüberstellung der Sulfatfreisetzung aus Schlacke- bzw. mit Gips angereicherter 140

Mekiffer, B. (2008): „Eigenschaften urbaner Böden Danksagung Berlins – statistische Auswertung von Gutachtendaten und Fallbeispiele“. Dissertation, Wir bedanken uns herzlich bei Herrn Dr. Alb- TU-Berlin, FG Standortkunde und Boden-schutz. recht Bauriegel vom LBGR für seine wertvolle Renger, M. et al. (1989): Wasser-, Nähr- und Hilfe bei der Geländeaufnahme und Diskussi- Schadstoffdynamik immissionsbelasteter Wald- on der Befunde. böden. - In: Abschlussbericht "Ballungsraumnahe Waldökosysteme" im Auftrag der Senatsverwaltung Literatur für Stadtentwicklung und Umweltschutz und des Umweltbundesamtes, Berlin. Arndt, M. (1947): „Wiederaufbau und Bau-wirtschaft. Wiederaufbau zerstörter Städte, Heft V. Schleyer, R. & H. Kerndorff (1992): Die Frankfurt/M: H. Cobet. Grundwasserqualität westdeutscher Trinkwas- serressourcen. VCH Verlagsgesellschaft, BBodSchG (1999): Bundes-Bodenschutz- und Altlast- Weinheim. verordnung. Bundesministerium für Justiz. SenStadtUm (1993): Qualität des oberflächen-nahen Blaum, Kurt (1946): Wiederaufbau zerstörter Städte: Grundwassers Karte 02.04 des Umweltatlas Berlin, Trümmerbeseitigung, Trümmerverwertung in Hrsg.: Senatsverwaltung für Stadt-entwicklung und Frankfurt am Main, H. Cobet, 35 S.. Umweltschutz, Berlin. GCI & AKS (1998): Hydrogeologisches Struk-turmodell Siebert (1956): Geologische und hydrogeologische für das Wasserwerk Tiefwerder. - Gutachten im Untersuchungen im Bereich des Wasserwerkes Auftrag der Berliner Wasserbetriebe und der Grunewald.- Berliner Wasserwerke (unveröff. Senatsverwaltung für Stadtent-wicklung, Königs Bericht). Wusterhausen & Frankfurt/O. (unveröff. Bericht). Wurl, J. (1995): Die geologischen, hydrauli-schen und Hannappel, S., Hermsdorf, A., Pohl, S., Rietz, C., & R. hydrochemischen Verhältnisse in den süd- Koseck (2007): Aufbau von Sonder-messnetzen zur westlichen Stadtbezirken von Berlin. - Berliner geogenen Grundwasserversal-zung in Brandenburg. Geowiss. Abh. 172: 164S.; Berlin. Brandenburger Geo. Beitr. 14, 1-10. Kabelitz, T. (1990): Hydrogeologische Unter-suchungen in Berlin-Wilmersdorf (Hydroche-mie, Hydraulik, Druck- und Fließverhältnisse).- Dipl.-Arbeit FU Berlin, 123 S. (unve-röff.). Kunkel, R., Hannappel, S., Voigt, H.-J. & F. Wendland (2003): Die natürliche Grundwas-serbeschaffenheit in Deutschland. - Bericht an die Länder- arbeitsgemeinschaft Wasser im Rahmen des Länderfinanzierungsprogramms "Wasser und Boden" der LAWA (unveröff.).

141

Exkursion H 7 Böden und Substrate für die intensive gärtnerische Produktion R. SCHMIDT Leibniz-Institut für Gemüse- und Zierpflanzenbau Großbeeren/ e.V. Theodor-Echtermeyer-Weg 1,14979 Großbeeren Tel.: +49 (0)33701 78411 Mail: [email protected]

Einleitung/ Ziel der Exkursion Exkursionsraum und –route Auf den „Moorversuchsfeldern Großbeeren“ Die Exkursion findet unmittelbar auf dem begannen 1925 die wissenschaftlichen Gelände des Institutes statt. Der Ort Arbeiten zur Nutzung von Niedermooren für Großbeeren liegt südlich von Berlin, etwa 7 km den Gartenbau. Aus wirtschaftlicher Sicht von der Stadtgrenze entfernt, an der wurden diese Untersuchungen nach kurzer Zeit Bundesstrasse 101. eingestellt. Es entwickelte sich jedoch aus diesen Anfängen eine der größten Klima und Forschungsanstalten zum Gartenbau in Geologie/Geomorphologie Deutschland. Der Standort Großbeeren befindet sich unter Eine Grundlage der heutigen Arbeiten sind dem Einfluss eines „kontinentalen Keils“ Dauerversuche, welche die Wirkung (relativ hohe Sommertemperaturen) und der unterschiedlicher Düngestrategien sowohl auf Lage im „Regenschatten“ von Berlin (relativ ausgewählte Pflanzenmerkmale als auch auf niedrige Niederschlagsmengen im Vegetati- Böden unterschiedlicher Herkunft sowie Be- onszeitraum). Im Jahr werden durchschnittlich handlung untersuchen. Der Blick unter die 1710 Sonnenscheinstunden gemessen. Im Bodenoberfläche gelingt mittels eines digitalen Jahresdurchschnitt fallen etwa 535 mm soil mapping systems - dem „Geophilus Niederschlag. Das Gebiet gehört zum elektricus“. Geophysikalische Messmethoden nördlichen Teil der „Mittelbrandenburgischen erlauben indirekt, Informationen für teilflä- Platten und Niederungen“. Es ist geprägt von chenspezifische Bedingungen zu liefern, um den Talsanden des Berliner Urstromtales eine effiziente Landbewirtschaftung zu (Gleyic cambisol nach FAO). ermöglichen. Gärtnerische Substrate sind eine wesentliche Dauerversuche Voraussetzung für die Produktion im Kastenparzellenversuch (Beginn 1973) Gartenbau. Da sie nach wie vor hauptsächlich aus Torf bestehen, wird aus ökologischer Sicht Langfristige Wirkung differenzierter orga- nach Alternativen gesucht. Im geschützten nischer und mineralischer N-Düngung auf das Anbau werden deshalb verstärkt hydroponische Ertrags- und Nährstoffaufnahmepotential von Systeme genutzt, die mit minimiertem Gemüsepflanzen sowie auf die Effizienz des Substratbedarf auskommen. Ziel der Exkursion eingesetzten N und C bei drei Böden. ist, den Teilnehmern einen Eindruck von der Statischer Dauerversuch „Organische und Vielgestaltigkeit der Fragestellungen bei der mineralische Düngung" (Beginn 1989) Nutzung von Böden und Substraten im Langfristige Wirkung der Kombinationen von gärtnerischen Pflanzenbau zu vermitteln. Stallmist- und mineralischer N-Düngung auf

142 das Ertrags- und Nährstoffaufnahmepotential wissenschaften der Universität Potsdam – steht von Gemüsepflanzen sowie auf die Effizienz nun ein leistungsfähiges Messsystem zur Ver- des eingesetzten N und C auf Sandboden. fügung, bei dem rollende Elektroden eine „Prüfung des langfristigen Einflusses der kontinuierliche Messung während der Fahrt Zufuhr von Gesteinsmehl auf die ermöglichen. physikalischen, chemischen und biologischen Eigenschaften von marginalem Gärtnerische Substrate Sandboden.“ (Beginn 2007) Im Gartenbau werden für die verschiedensten Verwendungszwecke (Jungpflanzenanzucht, Geophysikalische Meßmethoden Topf- oder Containerkultur u.v.m.) erhebliche Im Allgemeinen ist der Blick bei der Mengen an speziellen Substraten benötigt. Betrachtung des Bodens auf die Bo- Auch in der gärtnerischen Produktion im denoberfläche beschränkt. Um jedoch Nutz- Gewächshaus finden Substrate Anwendung, pflanzen effizient mit Nährstoffen und Wasser ebenso in einigen europäischen Ländern im versorgen zu können, sind Informationen über biologischen Anbau. verschiedene Bodenmerkmale für den Nach wie vor ist Torf Hauptbestandteil bei gesamten durchwurzelten Bodenraum erfor- vielen Substraten (7,3 Mio m³ jährlich). Aus derlich, der sich bei verschiedenen Nutzpflan- ökologischer Sicht wird nach gleichwertigem zenarten bis in zwei Meter Tiefe und mehr Ersatz gesucht. Alternativen sind organische erstrecken kann. Bereits vor 75 Jahren wurden Materialien (Komposte, Rindenhumus, Ko- im Rahmen der so genannten Reichs- kosfasern oder Reisspelzen). Es werden auch bodenschätzung (Gesetz über Schätzung des inerte Substrate eingesetzt (Steinwolle, Kulturbodens von 1934) grundlegende Tongranulate, vulkanische Gesteine, Vliese räumliche Informationen für verschiedene u.a.) Bodenmerkmale erhoben. In diesem Zuge Die Exkursion gibt einen Überblick über wurde eine flächendeckende Bewertung Probleme der Bodennutzung im landwirtschaftlich nutzbarer Flächen in Feldgemüsebau (hohe Intensität) und über Deutschland durchgeführt – Raster der verschiedene Aspekte der Substratnutzung im Bodenprobenentnahme 50 x 50 Meter, bis ein gärtnerischen Unterglasanbau. Meter Tiefe. Aus heutiger Sicht wird eine standortgerechte Landbewirtschaftung immer mehr damit verbunden, die flächenhafte Variabilität von Bodenmerkmalen auch innerhalb des einzelnen Feldes (z.B. Bemessung der Düngung und der Bewässerung, Bearbeitungstiefe, Aussaat- menge und -tiefe) zu berücksichtigen. Dazu sind jedoch hoch aufgelöste Bodeninfor- mationen erforderlich, die nicht wie bisher ausschließlich auf der Basis mittels Bohrstock gewonnener Bodenproben basieren können. Als innovative Erkundungsmethoden, die sich durch eine hohe Flächenleistung in Verbindung mit vergleichsweise geringen Kosten auszeichnen, bieten sich geophysikalische Messprinzipien an. Mit dem „Geophilus elektricus“ – einer gemeinsamen Entwicklung von IGZ und dem Institut für Geo- 143

Exkursion H 8 Dachbegrünung am Potsdamer Platz und die Auswirkungen auf ein „Urbanes Gewässer“ M. SCHMIDT & G. HAUBER TU Berlin, Sekr. A 59, Section Building Technology and Design, Working Group „Watergy“ Mail: [email protected]

Potsdamer Platz aber auch qualitative Faktoren Zusammenfassung eine Rolle. Vor allem Stickstoffverbindungen und Phosphate als die wichtigsten Parameter In der Planungsphase für das DaimlerChrysler einer hohen Beeinflussung der Wasserqualität Areal am Potsdamer Platz in Berlin, gab es im „Urbanen Gewässer“ wurden untersucht. hohe Anforderungen an die Nachhaltigkeit des Nachdem nun das System über 7 Jahre in Gesamtprojektes. Im Bereich der Regen- Betrieb ist, kann aufgrund langjähriger wasserbilanz bedeutete dies den Gesamtabfluss limnologischer Untersuchungen am „Urbanen so zu reduzieren, dass er nach der Bebauung in Gewässer“ ein Rückschluss über die Aus- etwa dem des unbebauten Grundstückes wirkungen des Gründaches auf das Gewässer entspricht. Diese ehrgeizige Vorgabe wurde gezogen werden. durch die Kombination von verschiedenen Maßnahmen erreicht: Einführung • Extensive und intensive Dachbegrünung Das 1998 fertig gestellte Urbane Gewässer am • Regenwassernutzung zur Toilettenspülung Potsdamer Platz war von Anfang mehr als nur und Bewässerung ein großzügiges und architektonisch reizvolles • Integration eines „Urbanen Gewässers“ Wasserbecken. Der Anspruch vom Auftrag- Die Dachbegrünung ist hier zentraler geber, der heutigen DaimlerChrysler AG, war Bestandteil eines Gesamtsystems und musste es, ein nachhaltiges, aber auch kosteneffektives deshalb vielen Anforderungen genügen, die Projekt zu entwickeln. Die Idee des über jene eines normalen Gründaches Wasserbeckens wurde 1992 von Renzo Piano hinausgehen. eingebracht, der einen privaten Investoren- Wichtige Schlagworte hier sind: Abschätzung wettbewerb für das DaimlerChrysler Areal für des Begrünungserfolges bei vollständigem sich entscheiden konnte und als zentrales Frei- Verzicht auf Düngung, Regenwasserrückhalt raumelement das so genannte Urbane Gewäs- bei Starkregenereignissen und reduzierter ser enthielt. Zur technischen und gestal- Nährstoffaustrag. 1997 wurde deshalb eine terischen Umsetzung dieses künstlichen, Versuchsanlage entwickelt, die sich mit innerurbanen Gewässers wurden 1994 wir vom verschiedenen Substraten im Hinblick auf Atelier Dreiseitl beauftragt. deren Fähigkeit, Niederschlagswasser zurück- Sehr bald lagen auch die Anforderungen der zuhalten und zum anderen, möglichst wenig Stadt an das Projekt im Hinblick auf das Nährstoffe an das Ablaufwasser abzugeben. Regenwassermanagement auf dem Tisch und Die Ergebnisse dieses Versuchsaufbaus sind in es war deutlich, dass diese sehr ehrgeizig den Bau des Gründaches eingeflossen. Im waren. Der Abfluss aus dem Gebiet nach der Zusammenhang mit vielen anderen Projekten Bebauung sollte dem Abfluss einer natürlich werden aktuelle Ergebnisse der Forschung zum bewachsenen Fläche entsprechen, also etwa 3,2 Abflussverhalten dargestellt. Neben den l/sek/ha (Atelier Dreiseitl 1996). quantitativen Untersuchungen spielten am

144

des Regenwasserkonzeptesist jedoch zum dritten die Begrünung großer Teile der etwa 40.000 m² Dachflächen. Allein dadurch konnte der Regenwasserabfluss erheblich reduziert werden.

Abb. 1: Schema Regenwassermanagement am Potsdamer Platz Für das Regenwassermanagement unverzicht-

bar mussten allerdings bei der Realisierung die Foto 1: Dachbegrünung am Potsdamer Platz, DCI Auswirkungen auf das Urbane Gewässer im Auge behalten werden. Um eine hohe Wasserqualität ohne den Einsatz von chemischen Hilfsmitteln gewährleisten zu können, wurde von uns in Zusammenarbeit mit verschiedensten Spezialisten ein ausgeklügel- tes Reinigungskonzept erarbeitet. Im wesent- lichen basiert es auf einer Kombination von natürlichen Reinigungsprozessen im Reini- gungsbiotop und technischen Filtern, hier vor allem das Mikrosieb, welches Schwebstoffe bis zu einer Größe von 15 Mikrometer herausfiltern kann. Grundvoraussetzung dieser Foto 2: Urbanes Gewässer am Potsdamer Platz Filterprozesse ist eine permanente Umwälzung, in Berlin jedenfalls in den wachstumsaktiven Monaten. Dies konnte nur mit einem Paket an viel- Das System ist so ausgelegt, dass im seitigen Maßnahmen erreicht werden (s. Extremfall das gesamte Wasservolumen inner- Abb. 1). Zum einen wurde von Anfang an die halb von 24 h umgewälzt werden könnte. Regenwassernutzung in die Rechnung mit Dieses sensible Reinigungskonzept ist einbezogen. Teilweise als Betriebswasser für natürlich entscheidend davon abhängig, was in die Toilettenspülung und teilweise zur das Gewässer an Nährstoffen eingetragen wird. Bewässerung der Gärten. Darüber hinaus kann In urbanen Gebieten ist das Regenwasser mit zum zweiten die gesamte Oberfläche des Nährstoffen in einem nicht unerheblichen Gewässers bis zu max. 30 cm eingestaut wer- Anteil belastet. Ein weiterer Eintrag von den. 15 cm davon sind ständig vor-gehaltenes Nährstoffen erfolgt durch die Staubdeposition. Retentionsvolumen von etwa 1.500 m³ für Diese Trockendeposition wird ebenfalls über Starkregenereignisse. Wichtigster Bestandteil den Pfad Regenwasser eingetragen.

145

Durch die Dachbegrünung wurde die im dreijährigen Mittel nach dem Versuchs- Zielsetzung verfolgt, die eingetragenen Nähr- aufbau. Abbildung 3 stellt die Zunahme des stoffe im Dachsubstrat zu speichern und über Phosphatrückhalts mit Eta-blierung der die Begrünung dauerhaft den Nährstoffaustrag Vegetation dar. Der Austrag orientiert sich zu minimieren. Gleichzeitig war aber auch zum einen an der erfolgreichen Etablierung der Zielsetzung, den Pflanzen genügend Vegetation, zum anderen am Depot, das mit Wachstumsbasis zu bieten, um eine dauerhafte dem Substrat auf das Dach gebracht wird. Je Begrünung zu gewährleisten. Dies war die nach Herkunft des Substrats und Anteil an Ausgangssituation für die vorbereitenden organischem Material kann insbesondere in der Untersuchungen, welche von der TU Berlin Anfangsphase ein erhöhter Stoffaustrag zu durchgeführt wurden (vgl. Schmidt, Teschner beobachten sein (vgl. Köhler, Schmidt 1999). 2000).

3. Voruntersuchungen zur Dachbegrünung Ende der 80er Jahre durchgeführte Unter- suchungen von Köhler und Schmidt zeigten, welches Potential beim Nährstoff-rückhalt durch Dachbegrünungen besteht. Dies ist insbesondere für Gebiete mit Trenn- Abb. 3: Entwicklung des Phosphatrückhalts kanalisation interessant, die direkt in die nach der Begrünungsmaßnahme Oberflächengewässer entwässern. Voraus- (Rückhalt in Prozent vom Eintrag) setzung für den Nährstoffrückhalt ist in jedem In Orientierung an den damaligen Fall der vollständige Verzicht auf Untersuchungen wurden für das Projekt am Düngergaben und die Verwendung humus- Potsdamer Platz drei erfolgversprechende armer mineralischer Substrate. Auch Dachbegrünungssubstrate auf ihre Fähigkeit Recyclingmaterialien schließen sich zumeist zum Stoffrückhalt untersucht. Zuvor wurde im aus. Abbildung 2 zeigt die Bilanz des Labor eine erste Auswahl über ein Screening Nährstoffund Schwermetallrückhalts in mit vereinfachten Methoden über eine Vielzahl Prozent vom Eintrag, gemessen an Versuchs- an auf dem Markt befindlichen Substraten als parzellen der TU Berlin in Charlottenburg Entscheidungshilfe durchgeführt. Beispiels- (Versuch Englische Straße). weise wurden Substrate mit einer definierten Menge an destilliertem Wasser beaufschlagt und die Leitfähigkeit des Perkolats bestimmt. In Absprache mit dem Landschaftsarchitekten Daniel Roehr wurde nach den ersten Ergebnissen ein lavabasiertes Substrat (Zeoflor 4/8), ein Blähschiefer (Ulopor 1/11) und ein Sand/ Lava/ Bimsgemisch (Terramineral „Z“) in die engere Wahl gezogen. Die Substrate wurden auf bereits seit Anfang der 80er Jahre Abb. 2: Stoffrückhalt extensiv begrünter Dächer bestehenden Versuchsparzellen auf dem (Rückhalt in Prozent vom Eintrag im dreijährigen Mittel nach der Institutsgelände der TU Berlin mit jeweils 2 m² Begrünungsmaßnahme) Größe aufgebracht. Im Folgenden wurde das Niederschlags-/ Ablaufverhalten und der Stoff- Als Substrat wurde ein anlehmiger Sand rückhalt im Percolat im Vergleich mit einem verwendet. Der dargestellte Stoffrückhalt ist Ergebnis von jeweils 36 monatlichen Analysen 146 unbegrünten Dach und älteren Dachparzellen Die Messung der elektrischen Leitfähigkeit untersucht. ergab im Vergleich zur Leitfähigkeit des im Untersuchungszeitraum gefallenden Nieder- schlags, dass alle Abläufe einen Anstieg aufzeigten, dass also Stoffe, primär Salze, aus allen Substraten ausgetragen werden (Abb. 4). Die Leitfähigkeitswerte liegen bei Zeoflor und Ulopor zwischen 200 und 250 S/cm und bei Terramineral „Z“ bei 320 S/cm. Im Verlauf des Untersuchungszeitraums zeigt sich eine erwartete Reduzierung der Leitfähigkeitswerte im Ablauf (Abb. 5).

Foto 3: Aufbringung der Substrate auf Versuchsparzellen der TU Berlin, Fertigstellungspflege mit Regenwasser aus einer benachbarten Versuchsanlage

Terramineral Z Zeoflor Ulopor Korngröße Muster Muster Dachprobe Muster Dachprobe [Gew. %] (4/8) (1/11) (3/11) >6,3 mm 21,39 28,37 31,34 34,98 35,13 > 4mm 33,08 29,23 51,18 35,45 30,68 >2 mm 11,89 15,18 17,17 25,95 33,94 >0,63 mm 22,49 22,97 0,12 3,31 0,21 <0,63 mm 11,15 4,25 0,19 0,31 0,04 ∑ 100,00 100,00 100,00 100,00 100,00 FK [Vol. 33,8 25,6 22,3 %] Dichte 0,93 0,94 0,68 [t/m 3]

Abb. 4: Leitfähigkeit (Mittel) des Ablaufs der Abb. 5: Verlauf der Leitfähigkeit des Ablaufs Untersuchungsvarianten im Mittel der 3 Varianten

Auch beim pH-Wert ergab sich eine erwartete Wert zu den sehr weichen, wenig gepufferten deutliche Veränderung gegenüber dem Eintrag (aggressiven) Wässern. Der pH-Wert des (s. Abb. 6). Niederschlagswasser gehört wegen Niederschlags liegt durchweg im leicht sauren seiner geringen Gesamthärte und geringem pH- Bereich. Die Abläufe des versiegelten Daches 147 weisen darüber hinaus noch deutlich niedrigere in den Substraten kann dieser Prozess pH-Werte von teilweise bis zu pH 3,2 auf. Im allerdings so lange dauern, bis die Organik zu Hinblick auf das Puffervermögen (insbe- einem Anteil von 2-3 Gew-% mineralisiert sondere bei länger anhaltenden Nieder- wurde. Dies entspricht auch dem Prozess auf schlägen) zeigen sich Zeoflor und Terramineral landwirtschaftlich genutzten Flächen und ist „Z“ geeigneter als Ulopor. Bei länger als natürlicher Verlauf zu charakterisieren. Bei anhaltenden Niederschlagsereignissen ist bei der Auswahl der Substrate wurde in diesem allen Abläufen aufgrund der sinkenden Projekt daher konsequenterweise vollständig Verweilzeiten eine Abnahme der pH-Werte auf einen organischen Anteil verzichtet. festzustellen.

Abb. 7: Trübung des Ablaufs der Abb. 6: pH-Wert (Mittel) des Ablaufs der Untersuchungsvarianten vom 7.8.97- Substratvarianten vom 7.8.97-21.1.98 21.1.98 Die Trübung des Ablaufwassers erlaubt Rückschlüsse auf den Grad der jeweiligen Auswaschungen. Sie wurde als Extinktion an einem Photometer der Firma Perkin Elmer für die Wellenlängen 245, 420 und 530 nm bestimmt. Durch eine besonders geringe Trübung zeichnet sich der Blähschiefer aus (Abb. 7). Insbesondere zu Beginn der Abb. 8: Verlauf der Trübung des Ablaufs aller Untersuchung wurde der Unterschied in Substratvarianten vom 7.8.97- 21.1.98 Färbung und Trübung im Gegensatz zu den Der Eintrag von Stickstoffverbindungen anderen beiden Substraten sichtbar. Die insbesondere in die in diesem Projekt zu Trübung bei Terramineral ist aufgrund des betrachtenden urbanen Gebiete erfolgt über Bimsanteils im Substrat vergleichsweise sehr zwei Wege, über die Trockendeposition von hoch. Die Trübung wird für die nachfolgenden Stäuben sowie über die im Niederschlag Nutzungen Toilettenspülung und urbanes gelösten Verbindungen. Nitrat und Ammonium Gewässer als nachteilig gesehen.Die stärkste machen ca. 1/6 des Feinstaubs in Berlin aus Trübung ist jedoch am Ablauf vom ebenfalls (SenStadt 1995), die vor allem aus den gerade erst errichteten Bitumendach zu Verbrennungsmotoren der Kraftfahrzeuge und verzeichnen. Dies ist interessant, da weitläufig aus Feuerungsanlagen stammen. Ammonium Dachbegrünungen infolge der Trübung des wird in der Atmosphäre aus Ammoniak Dachablaufs als Problem für Regen- gebildet, der aus den in der Landwirtschaft wassernutzungen gesehen werden, Bitumen- eingesetzten Düngemitteln und der Tierhaltung dächer aber zu Beginn eine sogar stärkere stammt. Trübung zeigen können. Der Eintrag von Nitrat im Niederschlag auf Die Trübung der Dachabläufe nimmt nach der den Versuchsparzellen lag mit 1,98 mg/m² pro Begrünungsmaßnahme bereits innerhalb der Tag deutlich unter den Werten von 7,4 mg/m² ersten 6 Monate stark ab (Abb. 8). Bei der für Innenstadtbereiche wie dem Potsdamer Verwendung eines hohen organischen Anteils Platz (10). Auch der Ammoniumeintrag von

148

1,19 mg/m²d im Untersuchungszeitraum liegt Eintrag von den in unmittelbarer Nähe unter den vom TÜV ermittelten 2,4 mg/m²d. gelegenen landwirtschaftlichen Versuchs- Die Abbildungen zum Stickstoffaustrag (Abb. flächen der TU Berlin sowie der Humboldt- 9 und 10) beziehen sich auf die Summe an Universität zurückzuführen (s. Abb. 11). Ein elementarem Stickstoff (N) aus NO3-N und Rückhalt von Phosphat isterst nach NH4-N. Da Ammonium auf den Flächen im erfolgreicher Etablierung der Vegetation zu Zuge der Nitrifikation in Nitrat umgewandelt erwarten. Dies zeigen insbesondere die wird, ist eine zusammenfassende Darstellung Vergleichsmessungen zu den bereits ca. 1980 beider Stickstoffverbindungen angemessen. begrünten Versuchsparzellen (D5 und D12), deren Austrag mit 5-10 mg/m² um ein In der Stickstoffbilanz zeigen Zeoflor und Vielfaches unter denen der noch weitgehend Ulopor einen guten Rückhalt. Terramineral unbegrünten Substratvarianten lag. weist eine ebenfalls gute Bindung von Nährstoffen auf, jedoch in einem deutlich geringeren Umfang. Dies ist auf einen Nährstoffanteil des im Substrat vorhandenen Bims zurückzuführen, der auf ehemalig landwirtschaftlich genutzten Flächen gewonnen wurde.

Abb. 11: Ein- und Austrag o-PO4-P vom 7.8.- 3.11.97 sowie 8.1.-21.1.98 Ergebnisse und Bewertung Begrünte Dächer können durch einen gezielten Nährstoffrückhalt deutlich zum Schutz der Abb. 9: Ein- und Austrag von Oberflächengewässer beitragen. Dies ist insbe- Stickstoffverbindungen(N) vom 7.8.- sondere für Begrünungen in Gebieten mit 3.11.97 sowie 8.1.-21.1.98 (Summe Trennkanalisation relevant. Auch in Kombi- NO3-N und NH4-N) nation mit Maßnahmen wie der Regenwassernutzungund künstlicher Gewässer können Synergien durch die Begrünung erzielt werden, sofern einige Kriterien bei der Substratwahl Berücksichtigung finden. Die Höhe des Nährstoffrückhalts und der Trübung des Dachablaufs ist abhängig von der Schichtdicke, den Substratbestandteilen und

der Art des Bewuchses. Je nach Substrat und Abb. 10: Verlauf des Nährstoffaustrags im Mittel der 3 Untersuchungsvarianten Art der Fertigstellungspflege kann dagegen (SummeNO3-N und NH4-N) auch ein deutlich erhöhter Austrag von Phosphat stammt wie Ammonium größtenteils Nährstoffen entstehen. aus dem Düngemitteleinsatz in der Für die Dächer am Potsdamer Platz wurde eine Landwirtschaft und gelangt durch einen spezielle Begrünung ausgeführt, die den Ferntransport von Schwebstaub in das Berliner Dachablauf bei Starkregen reduzieren soll und Stadtgebiet (TÜV 1988). Die verhältnismäßig gleichzeitig den Stoffaustrag minimiert bzw. hohen Ablaufkonzentrationen der Substrat- den Nährstoffrückhalt optimiert. Auf dächer mit im Schnitt 1,9 mg/l Orthophosphat- Düngergaben sowie einen organischen Anteil Phosphor (o-PO4-P) sind auf den hohen im Substrat wurde vollständig verzichtet.

149

Die Voruntersuchungen ergaben, dass der allen Varianten eine zu erwartende verzögerte Bimsanteil im Substrat Terramineral einen Entwicklung der Vegetation festzustellen. erhöhten Stoffaustrag verursachte (vgl. Tabelle Als Ergebnis der Begrünungsmaßnahmen am 2). Das Substrat Zeoflor führte aufgrund der Potsdamer Platz hat sich im Lauf der Jahre eine eingeschränkten Korngrößenzusammensetzung ausgezeichnete Wasserqualität eingestellt. (4/8) zu erhöhten Abflussintensitäten bei Regelmäßige Untersuchungen des Instituts für Starkniederschlagsereignissen. In der Aggre- angewandte Gewässerökologie in Seddin gierung aller Kriterien ergab sich für alle zeigen, dass das Gewässer mit im Schnitt 29 Substratvarianten ein vergleichbares g/l Nitrat und 13 g/l Gesamt-Phosphor im Bewertungsergebnis, obwohl im Detail der oligotrophen Bereich anzusiedeln ist. Die Substrateigenschaften deutliche Unterschiede Wassergüte ist mit den besten Seen in zu erkennen sind. Aufgrund der beschriebenen Brandenburg vergleichbar. Dies ist durch Ergebnisse wurde am Potsdamer Platz eine kontinuierliche Wasseranalysen über die Zweischichtbegrünung aus Terramineral und letzten 7 Jahre belegt (J. Meisel 2005). Im Ulopor durchgeführt, um die positiven Eigen- Vergleich mit Messungen, die den Zisternen schaften der Substrate bezüglich Wasser- und genommen wurden, wird aber deutlich, dass Nährstoffrückhalt zu kombinieren. Der über den Dachablauf, der von den zu 50% Begrünungserfolg bei Terramineral entwickelte unbegrünten Dächern kommt, erhebliche sich am günstigsten. Im Gegensatz zu Stickstoff- und Phosphatmengen anfallen. Ein Substraten mit hohen anfänglichen organischen Teil dieser Nährstoffe wird bereits in den Anteilen und gezielten Düngergaben war bei Zisternen zurückgehalten.

Tabelle 2: Vergleichende Bewertung der beprobten Dachsubstrate

Zeoflor Ulopor Terramineral Z Stoffaustrag N ++ O - Stoffaustrag P + O - Trübung des Ablaufs + ++ - Eigengewicht wg. pot. Winderosion + - + Korngrößenverteilung - + ++ pH-Puffer + + ++ Feldkapazität, Wasserrückhalt O O ++ Abflussverzögerung - ++ + Begründungserfolg O O O bis + Wertung in Punkte 13 14 14,5 ++ = 3; + = 2; O = 1

150

Entsprechend der Prozesse, die an weiteren Literatur Regenwassernutzungsanlagen beobachtet wur- Atelier Dreiseitl 1996: Bemessung der den und die ansonsten in den Oberflächen- Starkregenspeicher im Planungsgebiet Potsdamer gewässern stattfinden, werden diese Nährstoff- Platz mengen als Schlamm abgesetzt. Der Anteil, der Berlin. Gutachten, 46 S. dennoch von den Zisternen in das Gewässer Köhler, M. und M. Schmidt 1999: gelangt, wird über ein sogenanntes Reinigungs- Langzeituntersuchungen an begrünten Dächern in biotop bewirtschaftet Berlin – III Stoffrückhalt. In: Dach + Grün 4/99, S. 9-14. In Anlehnung an Pflanzenkläranlagen wurde ein bepflanzter Kiesfilter entwickelt, durch den Meisel, J. 2005: Überwachung der Gewässergüte des Urbanen Gewässers am Potsdamer Platz, die Wassermengen im urbanen Gewässer Berlin. Unveröffentlichte Analysen. Institut für zirkuliert werden. Hierbei werden die im angewandte Gewässerökologie, Seddin. Wasservorhandenen Nährstoffe in Biomasse Schmidt, M. und Teschner, K. 2000: Kombination von umgesetzt. Um einen optimalen Nährstoff- Regenwasserbewirtschaftungsmaßnahmen: rückhalt auch im Reinigungsbiotop zu erzielen, Ergebnisse der Voruntersuchungen für das Projekt wurden parallel zu den Untersuchungen von Potsdamer Platz - Teil 1: Stoffrückhalt Dachbegrünungssubstraten auch Substrate für extensiver Dachbegrünung. In: gwf 10/2000, S. 670-675. das bepflanzte Reinigungsbiotop untersucht SenStadt 1995 – Senatsverwaltung für Stadtentwicklung (Teschner, Schmidt 2000). und Umweltschutz (Hrsg.): Umweltatlas Trotz dieser guten Wasserqualität trübt die Berlin. Berlin (1995). Algenblüte im Frühjahr und Spätsommer die Teschner, K. und Schmidt, M. 2000: Kombination von ansonsten hohe Akzeptanz des Gewässers. Es Regenwasserbewirtschaftungsmaßnahmen: ist vielen Menschen nur schwer vermittelbar, Ergebnisse der Voruntersuchungen für das Projekt Potsdamer Platz - Teil 2: Regenwasserreinigung dass dies ein natürlicher Prozess ist und nicht über ein Reinigungsbiotop. In: gwf 11/2000, S. 773-779. direkt mit der Qualität des Wassers gleich- TÜV – Technischer Überwachungs-Verein: Messungen zusetzen ist. der Luftqualität in Berlin (West) 1988. Die Idee des Reinigungsbiotops für Regen- Technischer Bericht Nr. D-89/185, Berlin wasser wurde auch an kleineren Projekten weiterentwickelt und ist beispielsweise an der Universität Potsdam als innovative Lösung für einen Feuerlöschteich zu besichtigen.

151

Exkursion H 9 „Take off Tempelhof“: Freiflächenentwicklung eines innerstädtischen Flughafens ohne Flugverkehr (1) (2) (2) M. PALLGEN , G. WESSOLEK , A. TOLAND (1) Tempelhof-Projekt GmbH, Columbiadamm 10 D2, 12101 Berlin, [email protected] (2) TU Berlin, Institut für Ökologie, Fachgebiet Standortkunde und Bodenschutz Ernst-Reuter-Platz 1, 10587 Berlin Tel.: +49 (0)30/314-73536 Mail: [email protected]

Ausgleichsfunktionen für die dicht bebaute Allgemeine Beschreibung: Berliner Innenstadt erfüllen. Die bereits im Mai 2010 erfolgte Öffnung der Freifläche ist Die Exkursion lädt ein, um die derzeitigen ein erster Schritt zu einer sukzessiven Freiflächennutzungen und Gebäude des Parkentwicklung, an der die Besucher durch früheren Flughafen Tempelhofs zu entdecken. ihre aktive Nutzung direkt teilhaben können. Der Flughafen Berlin-Tempelhof war einer der Ein 24 Hektar großes Gebiet im Südosten ersten Verkehrsflughäfen Deutschlands und bleibt abgesperrt, um Vögel zu schützen. Die nahm 1923 den Linienverkehr auf. Er war bis nördlichen Teile sollen vor allem für Sport Ende Oktober 2008 neben Berlin-Tegel und genutzt werden. Inzwischen wurden zwei Berlin-Schönefeld einer von drei Verkehrs- Grillplätze ausgewiesen, temporäre Garten- flughäfen im Großraum Berlin. Im Jahr 2007 nutzungen vereinbart und für Jogger und wurden dort mehr als 350.000 Fluggäste Skater ein knapp sechs Kilometer langer abgefertigt. Gemessen an den Passagierzahlen Rundparcours hergerichtet. Hundehalter dürfen lag der Flughafen 2007 damit an 22. Stelle in ihre Tiere auf drei Auslaufflächen von der Deutschland. Leine lassen; die Grün Berlin GmbH als Mit der Aufgabe des Flugbetriebs im Gestalterin des Geländes will mit Symbolen ehemaligen Flughafen Tempelhof erhielt ein störungsfreies Miteinander von Skatern, Berlin eine 355 Hektar große Freifläche in Läufern und Radfahrern erreichen. Ein zentraler Lage zurück – eine Entwicklungs- Vogelsymbol soll auf Schutzgebiete hinweisen. chance, wie sie sich in keiner anderen Der Senat lässt sich die Oase inmitten der Stadt vergleichbaren Metropole bietet. Die Über- darüber hinaus jährlich 4,7 Millionen Euro legungen für die Nachnutzung des Flughafens kosten. Fast die Hälfte davon entfällt auf die Tempelhof begannen bereits in den 1990er Straßenreinigung; Müll, Grünpflege, Park- Jahren, aus denen ein dynamisch konzipierter dienst, Wachschutz und Steuern verursachen Masterplan entstand. Er sieht fünf städte- zudem Kosten. bauliche Projekte für das Gesamtareal, sowie Treffpunkt: 13.00 Uhr am Haupteingang „Platz die Entwicklung eines Parks im Zentrum der der Luftbrücke“, Anreise mit der U-Bahn Linie Fläche vor. Aufgabe der Grün Berlin GmbH ist 6 bis U-Bahnhof „Platz der Luftbrücke“, die langfristige Entwicklung und Realisierung Dauer ca. 3 Stunden. der zukünftigen Parklandschaft, u.a. durch internationale Wettbewerbe und Umsetzung nachhaltiger Konzepte. Die Parklandschaft enthält Angebote für Erholung, Freizeit, Kunst, Sport, Spiel und wohnungsnahes Grün. Darüber hinaus soll das ehemalige Flugfeld dringend benötigte klimatisch-ökologische 152