Beiträge zu Geschichte und Gegenwart des IX. Bezirks

Kurze Geschichte des Alsergrundes mit Vorstädten

Luftaufnahme Votivkirchen-Viertel mit unfertiger Nationalbank

41.Jahrgang Das Heimatmuseum 159 Mitteilungsblatt des Bezirksmuseums Alsergrund Mai 2000 ISSN oo17-9809 Sehr geehrte Damen und Herren des Museumsvereines!

Dieses erste Heft des Museumsvereines im heurigen Jahr hat etwas länger mit seiner Veröffentlichung zugewartet, als Sie es gewohnt sind. Das hängt mit der immensen Aufgabe zusammen, die sich das Museumsteam im Jahr 1999 gestellt hatte.

Alle Häuser des Alsergrundes wurden im alten Jahrtausend fotografisch erfasst und ihren Adressen nach zugeordnet. Die zugehörige CD-ROM mit dem gesamten Fotoarchiv wird im Juni 2000 erscheinen. Dieses Datum ist umso passender, als in diesem Jahr der Alsergrund seit 150 Jahren zu Wien gehört. Einen besseren Moment für die Herausgabe unserer Jubiläums-CD kann es wohl kaum geben. Auf der CD-ROM, die Ihnen als Vereinsmitglied auf Wunsch unentgeltlich und kostenlos zugeschickt wird, finden Sie auch noch die Geschichte der Verkehrswege und ihrer Namen, einen aktuellen Kulturführer, ein Alsergrund- Lexikon und ausgewählte Spaziergänge durch den Bezirk (Schubert, Doderer, Judentum).

Selbstverständlich erhalten Sie diese Informationen - bis auf die Fotos - auch in gewohnter Form in Gestalt der Museumshefte. Ich danke Ihnen für Ihre Geduld und hoffe, dass Sie dafür ausgiebig entgolten werden.

Ihr Hans Benke, Bezirksvorsteher

Inhalt Worte des Präsidenten 2 Impressum 2

Namensgebung (Mag. B. Trieb) 3 Impressum Römerzeit 3 Mittelalter 3 Neuzeit 4 Museumsverein Alsergrund Bezirkswappen 11 1090, Währingerstraße 43 Jahrhundertwende 14 Präsident: Bezirksvorsteher Hans Benke Vorstädte (Hans Mück) 15 Redaktion: Museumsleiter Alservorstadt 15 Dr. Wilhelm Urbanek Althan 15 Himmelpfortgrund 16 Text: Mag. Barbara Trieb, Kustodin Lichtental 17 Hans Mück, ehemaliger Kustos Michelbeuern 17 des Bezirksmuseums Roßau 18 Siechenals - Thury 18 Layout und Satz: Sabine Artes Nordthury 19 Druck: Universitätsverlag, 1090 Berggasse 2 Kleine GESCHICHTE 1. NAMENSGEBUNG - DIE ALS DES ALSERGRUNDES Der Bezirksname Alsergrund leitet sich von der Als (kelt. alt = kühler Bach; slaw. „Diese Gegend hier lieb‘ ich über olsa = Erle) ab. Sie entspringt im Wiener- alles ... wald westlich von Dornbach und weist Diese Gegend ist für mich immer et- eine Länge von ca. 10 km auf, wovon 2,2 was besonderes gewesen ... km im 9. Bezirk fließen. Nach anderer und Hier mach‘ ich‘s gut, hier seh‘ ich Mög- wahrscheinlicherer Version stammt der lichkeiten, hier ist das Leben, hier möcht‘ Name Als von der volkstümlichen Aus- ich wohnen.“ sprache Alsterbach. Das Wort Alster be- zeichnet aber auch die Elster, weshalb die- ser Vogel auch ins Ortswappen der Alser Vorstadt aufgenommen wurde. Die Geschichte des 9. Bezirks, der sich heute aus den Vorstädten Lichtental, Die Als wird 1044 das erste Mal ur- Roßau, Alservorstadt, Thurygrund, Mi- kundlich erwähnt. chelbeuerngrund, Himmelpfortgrund und Althangrund zusammensetzt, ist bewegt Lauf der Als: Neuwaldegger Str. - Als- und vielschichtig. Im Folgenden soll ein zeile - Richthausenstr. - Rötzerstr. - Jör- kleiner, natürlich nicht vollständiger Über- gerstr. - U-Bahn-Station Alser Str. - La- blick - denn der würde den Rahmen die- zarettstr. - Nebenarm durch Pelikangasse ses Projekts bei Weitem sprengen - gebo- - Spitalg. (Pleychwiesen, Arne-Carlsson- ten werden. Park = St. Johann mit dem Siechenhaus) - Nußdorfer Str. bei Markthalle (Zusam- menfluss mit Währinger Bach) - Donauka- nal bei Friedensbrücke (=Brigittabrücke) - ab 1902: in Hauptsammelkanal geleitet.

2. RÖMERZEIT

Über diese Zeit gibt es nur sehr wenige Aufzeichnungen. Man weiß, dass auf dem Boden des Bezirks alte Siedlungen lagen, worauf auch das Wegnetz hinweist. Es gibt auch nur wenig Funde (z.B. Münzen oder Ringe in römischen Gräbern beim heuti- gen Votivpark).

3. MITTELALTER Die Elster Das Wappentier des Alsergrundes wird bis Die Besiedelung im Mittelalter be- zu 45 cm groß gann zaghaft, der größte Teil des Bezirkes war unverbautes Acker- oder Grünland. 3 Beispielsweise wurde die „Schottenpoint“ die Belagerer aufgrund schlechter Witte- (Donauuferhang östlich der Währinger rungsverhältnisse, Seuche und wegen des Straße) als Weinbaugebiet genutzt, was hartnäckigen Widerstandes der Verteidi- zum Haupterwerb der Bürger zählte. ger von Wien ab.

Zwischen der Stadtmauer und der Berg- Obwohl der Alsergrund nur ein Ne- gasse lag ein Fischerdörfchen am Do- benkriegsschauplatz war, bewahrt er heu- naukanal, wo regelmäßig Fischmärkte te eine wesentliche Erinnerung an die ers- veranstaltet wurden, da für die vielen Fast- te Türkenbelagerung: das Hochgrab des tage Fische oder Krebse benötigt wurden. Grafen Niclas Salm in der Votivkirche. Fischmeister und Krebsenrichter waren für die Kontrolle zuständig. Der Botaniker Karl Clusius, der vor dem Schottentor ein Haus mit angeschlos- Im Jahr 1211 wurde unter Leopold VI., senem Botanischen Garten bewohnte, be- dem Glorreichen, die „Alsaer Strazze“ schäftigte sich intensiv mit in- und aus- (Gegend vor dem Schottentor) als Sied- ländischen Pflanzen. Als erster in Wien lungsgebiet erwähnt. pflanzte er 1588 den Erdapfel an. Ihm ver- danken die Wiener die Rosskastanie, die Das Maria-Magdalena-Kloster (Zister- er kultivierte. zienserinnen), eines der ältesten Nonnen- kloster Wiens, findet erstmals schriftliche Seit 1547 existierte eine Schießstätte, Erwähnung im Jahr 1239. „bürgerliche zillstatt“, vor dem Schotten- tor (Roßau), die bis zur zweiten Türken- Seit dem 11. Jahrhundert verbreitete sich belagerung Wiens eine bleibende Einrich- der durch die Kreuzzüge eingeschleppte tung war. Aussatz. Die Erkrankten verlegte man in Siechenhäuser an den Ausfallsstraßen der 1629 wurde der „Juden-Freythoff“ in Stadt (z.B. St. Johann an der Siechenals). der Seegasse 9-11 erstmals anlässlich sei- Man glaubte, dem Aussatz durch Hygie- ner Vergrößerung urkundlich erwähnt. ne entgehen zu können - somit entwickelte sich das Badewesen. 1292 wird erstmals Auf kaiserlichen Erlass wurde 1632 das ein Bad vor dem Schottentor „Auf dem Glacis wegen dringlicher Verteidigungs- Mist“ erwähnt. maßnahmen erweitert.

Wasser war auch für viele Handwerks- Zur Zeit der Gegenreformation und des betriebe unerläßlich, z.B. für die Färber. 30-jährigen Krieges wurden neue Orden nach Wien geholt und viele Klöster ge- 4. NEUZEIT gründet wie z.B. die Jesuiten (in der Ge- gend der heutigen Liechtensteinstraße), die Im Jahr 1529 rückten die Türken unter Serviten (aus Italien) oder die Schwarz- Sultan Suleiman II., dem Großen, überra- spanier (Benediktiner aus Spanien, seit schend schnell nach Wien vor. Viele Ge- 1639 in Wien). bäude des heutigen 9. Bezirks gingen in Flammen auf, z.B. das Maria-Magdale- 1633 wurde der Grundstein zum Bau ei- na-Kloster oder das Dorf Siechenals. Die ner Kirche der Schwarzspanier am Schot- Vorstädte wurden geplündert und zerstört. tentor gelegt. Im Oktober des gleichen Jahres zogen 4 Die Schwarzspanierkirche vor dem Schottentor Foto um 1875, Bezirksmuseum Alsergrund

Die Bemühungen der Serviten um ein eigenes Gotteshaus dauerten bis ins Jahr 1670, in dem nach Bauabschluss die Kirchenweihung stattfand.

1646 siedelte sich Johann Thury, ein Ziegeleibesitzer, in der Liechtensteinstraße

Die Thurykapelle, 1713 nach einer Pestepidemie errichtet, fiel 1880 dem Verkehr zum Opfer

5 Am Sobieskiplatz befand sich auch ein Auslaufbrunnen der Kaiser-Ferdinands- Wasserleitung

79 an. Nach ihm ist die Alsergrunder Vor- am Rande des Geschehens. Außerdem wa- stadt „Thurygrund“ benannt. ren hier christliche Truppen stationiert. Ein Jahr lang wütete die Pest in Wien, Dem Entsatzheer unter der Führung die 1678 wieder aufgetreten ist. Im heuti- des Polenkönigs Jan III. Sobieski (eine gen Arne-Carlsson-Park befand sich das Straße und ein Platz im 9. Bezirk sind ihm alte Lazarett (ehem. Siechenhaus). Als gewidmet) gelang es endgültig, die Tür- Wohnung für den Infektionsarzt diente das ken zu besiegen und Richtung Osten zu „Bäckerhäusel“ gegenüber, an der Ecke vertreiben. zur Boltzmanngasse. Der „Kontumazhof“ zwischen Josephinum und Spitalgasse an 1688 wurde die Landschaftsakademie der Währingerstraße diente zu Seuchen- der niederösterreichischen Stände zur Bil- zeiten ebenfalls als Krankenstätte. Die dung der adeligen Söhne eröffnet (heute: Quarantänestation, von Soldaten strengs- Alser Straße 2). tens bewacht, lag 2 km entfernt. 1693 begann unter Leopold I. der Als im Dezember 1679 die Pest erlosch, Bau des „Großarmenhauses“, wo ab 1697 waren im heutigen Bezirk Alsergrund un- Kriegsversehrte bzw. Arme untergebracht gefähr 60.000 Tote zu beklagen. wurden.

Drei Jahre nach der großen Pestepide- Ab 1750 diente das „Kleinarmenhaus“ mie kam die nächste harte Probe auf den am unteren Alseck (Lazarettg. 2-4) der Un- Alsergrund zu. 1683 belagerten die Tür- terbringung von armen alten Menschen. ken nach 154 Jahren zum zweiten Mal Wien, wovon auch der Straßenname „Tür- Innerhalb von nur 3 Monaten wurde kenstraße“ noch heute zeugt. Das Servi- zum Schutz vor Ungarn und Türken unter tenkloster ist ausgebrannt, ansonsten be- Kaiser Leopold I. 1704 der Linienwall um fand sich der Alsergrund aber wieder eher die Vorstädte herum erbaut. Die Vorstädte 6 Naive Darstellung des Bräuhauses im Lichtental konnten erblühen, z.B. entstand 1694 das öffentlicht waren. Sie befanden sich über Bräuhaus bei der heutigen Reznicekgas- der Haustür bzw. an einer Hausecke. Kei- se, wo wöchentlich ca. 30.000 Liter bay- nes der Zeichen kam doppelt vor. Sehr be- risches Bier gebraut wurden, oder teure liebt waren Kreuze, Hirschen, Löwen oder Wohnungen, Palais und Parks (Beispiel - Rössel in jeder erdenklichen Farbe, wobei Palais Liechtenstein: Palais von Bernhard sich die Farbe Gold besonderer Beliebtheit Fischer von Erlach und Garten von Jean erfreute. Trehet geplant, der auch den Schönbrunner Park entwarf. Oder: 1693 Palais Althan Auf Grund der Beziehungen von Kaiser am Gelände des heutigen Franz-Josephs- Karl VI. zu Spanien kamen Spanier nach Bahnhofs). Wien, für die der Kaiser ein eigenes Spital, das Spanische Spital, errichten ließ. Die Da die Wohnungen in der Stadt sehr heutige Boltzmanngasse hieß früher des- teuer waren, zogen viele Menschen in eine wegen Spanische Spitalsberggasse bzw. der 34 Vorstädte. Somit stieg der Grund- Carlsgasse. stückspreis an und die Baugründe wur- den enger parzelliert. Das erste gemauer- Unter Karl VI. wurde auch die zwei- te Haus baute der Schuhmacher Johann türmige Liechtentaler Kirche im Stil des Riess in der Salzergasse 4. Hochbarock erbaut und die Servitenkirche renoviert. Früher gab es noch keine Hausnum- mern. Man orientierte sich an den Hauszei- Maria Theresia, Tochter und Nachfol- chen, die im „Häuserschematismus“ ver- gerin von Karl VI., ließ die Lichtentaler 7 Kirche erweitern (1769 - 1773), weil sie Er ließ viele öffentliche Bauwerke er- die stark steigende Bevölkerungszahl des richten: Lichtentals nicht mehr fassen konnte. - Alserkaserne - Gewehrfabrik (Währinger Str. 11-13), 1744 hat Maria Theresia die Porzellan- 1852 ins neu errichtete Arsenal fabrik von Du Paquier gekauft und sehr übersiedelt stark gefördert so wie andere Fabriksbe- - Garnisonsspital: Van-Swieten-Gasse triebe auch. - Josephinum: 1783 - Pfarrkirchen: Geld von Klosteraufhe Nach Beendigung des bayrischen Erb- bungen (15 Mill. Gulden) dafür folgekrieges explodierte 1779 der Pulver- verwendet (=Religionsfonds) turm, vermutlich wegen Unachtsamkeit, - „Allgemeines Krankenspital“: 1784, mit so einer Gewalt und Wucht, dass kein Baumeister Josef Gerl Haus der Alser Vorstädte unbeschädigt - Findelhaus: 1788, Alserstr. 23 blieb. Heute erinnert die Pulverturmgasse - Waisenhaus: Boltzmanng. 9 noch an dieses Ereignis. Als Vorbild für das AKH diente das Joseph II., Maria Theresias ältester Pariser Zentralspital Hotel Dieu, das Jo- Sohn, regierte von 1780 bis 1790. Er setz- seph II. 1777 bei seiner Frankreich-Reise te viele humanitäre Taten, z.B. Verbot besichtigte. Am 16. 8. 1784 wurde das der Todesstrafe (Hinrichtungsstätte in der AKH als modernstes Spital Europas er- Roßau: Rabenstein - heutiger Schlickplatz) öffnet. Es bot Platz für 2000 Patienten, und des Bäckerschupfens. 111 Zimmer standen zur Verfügung (61 für Männer, 50 für Frauen).

Die von Joseph II 1784 gegründete Medizinisch-chirurgische Militärakademie beherbergt heute das Institut für die Geschichte der Medizin 8 Vogelschau des Armen- und Invalidenhauses in der Alser Straße um 1770 Ausschnitt aus der Stadtansicht Wiens von Josef Daniel Huber

Es beherbergte 5 verschiedene Abtei- nach Geschlecht getrennt, tägl. lungen: 30 Kreuzer; - Allgemeines Krankenspital - 3. Klasse: beiderlei Geschlecht, Be - Gebärhaus handlung von Stiftung bezahlt; - Tollhaus (Narrenturm), - 4. Klasse: unentgeltlich für jene Kran „Kaiser Josephs Guglhupf“ ken, deren Armut von einem Pfar - Siechenhäuser rer oder Richter bezeugt werden - Findelhaus kann.

Die Patienten waren übrigens auch da- Von den Napoleonischen Feldzügen mals schon in Klassen eingeteilt: war auch Wien betroffen. 1805 marschier- - 1. Klase: Einzelzimmer, eigene Bedie te Napoleon das erste Mal ein und 1809, nung, wöchentliche „Vorhinzah nach der Schlacht bei Aspern und Eßling, lung“ von 1 Gulden/Tag; sprang das Servitenkloster als Kranken- - 2. Klasse: mehrere in einem Raum, und Verwundetenherberge ein, um den 9 Seuchen Einhalt zu gebieten. 1814 übri- Die Roßau avancierte zum Zentrum des gens schrieb Franz Schubert im Haus sei- Wagenbaus und der Sattler. nes Vaters in der Säulengasse 3 die Messe in F-Dur. In der Alservorstadt florierte der Buch- druck, wovon der Verlag Georg Ueber- Die Porzellanfabrik konnte aus dem reuter (damals im Haus „Zum Pelikan“, Tief jener Zeit wieder herausfinden und Alser Straße 24 angesiedelt) heute noch erlangte zur Zeit des Wiener Kongresses zeugt. sogar eine Höchstblüte. Am 13. März 1848 kam in Wien die Die Zeit zwischen dem Wiener Kon- Revolution zum Ausbruch, getragen von gress 1815 und der Revolution 1848 wird Bürgern, Studenten und Arbeitern, die ge- Biedermeier genannt. Viele erst später zu gen die vorherrschende schlechte Lebens- großen Ehren gekommene Menschen be- situation auftreten wollten. Im Oktober wohnten damals den Alsergrund. Ludwig flammte die Revolution ein zweites Mal van Beethoven lebte in Wien (wohnhaft auf und wiederum wurden die Aufständi- in der Alserstraße 30, gestorben in der schen durch königliche Truppen niederge- Schwarzspanierstr. 15) genau so wie Franz worfen. Schubert (geboren in der Nußdorfer Str. 54, später wohnhaft in der Grünentorgas- Im Dezember 1848 trat Franz Joseph se 11 gewohnt), Johann Strauß Vater und die Nachfolge seines Onkels Kaiser Ferdi- Lanner. nand I. an.

10 Prozent der Gesamtzahl von Häu- Als Folge der Revolution gelang es, die sern im Alsergrund waren Gasthäuser, Grundherrschaft aufzuheben und Wien zu von denen jedes einen spezifischen Beina- kommunalisieren. men besaß (z.B. Narrendattel, Zur golde- nen Kanne, Zum Auge Gottes etc.). 1850 trat die provisorische Gemeinde- ordnung in Kraft, in der die Eingemein- Zwischen der Lazarettgasse 14 und 20 dung aller 34 Vorstädte geplant war. Erst entstand das Brünnlbad, eine Erholungs- 1860 fand die Eingemeindung und somit stätte mit Heilquellen. die Entstehung des Bezirkes Alsergrund de facto statt. 1837 gründete Maria Anna, die Frau von Kaiser Ferdinand I., das St.-Anna-Kin- Mit der Eingemeindung der Vorstädte derspital. beschloss man auch eine neue Numme- rierung der Straßen und zwar gassenwei- Kaiser Ferdinand selbst trieb den Bau se beginnend mit Nr. 1 links, Nr. 2 rechts einer Wasserleitung voran, die 1841 in usw. Als man 1861 Margareten (heute 5. Teilbetrieb ging und bis zur 1. Wiener Bezirk) von Wieden abtrennte, wurde der Hochquellenleitung (ca. 1880) fast ganz Alsergrund vom 8. auf den 9. Bezirk um- Wien versorgte. benannt.

Die Herren Winzler, Moser und Der heutige 9. Bezirk setzt sich aus fol- Pfendler machten erste Versuche mit genden Vorstädten zusammen: Gasbeleuchtungseinrichtungen. - Alservorstadt 10 gel verwendete. Jenes von der Alservor- stadt setzte er in die Mitte des Wappens, die restlichen gruppierte er kreisförmig um die Elster. Das linke, obere Feld, Mi- chelbeuern, wurde 1991 aus Gründen der heraldischen Sauberkeit verändert. Vorher war auch in diesem Feld eine Elster.

Von 1856 bis 1872 (Silberne Hochzeit vom Kaiserpaar fiel mit der Einweihung zusammen) dauerte der Bau der Votivkir- che. Der Architekt Heinrich Ferstel plan- te sie im neugotischen Stil mit 2 Türmen. „Votiv“ bedeutet Geschenk und zwar da- für, dass 1853 der Attentatsversuch von dem Ungarn Johann Libenyi auf den Kai- ser fehlgeschlagen ist. Die Stadt Wien fi- nanzierte die beiden Türme.

Das heutige Bezirkswappen 1861 fand die Eröffnung des provisori- wurde zuletzt 1991 geändert schen (bis 1884) Abgeordnetenhaus statt, auch „Schmerlingtheater“ genannt. - Michelbeuern - Himmelpfortgrund 1865 begann man mit dem Bau der - Thurygrund „Defensions-Caserne“ (heutige Roßauer - Roßau Kaserne), ein Stützpunkt für militärische - Althangrund Aktionen. Damit sollten die Wiener von - Lichtental weiteren Revolutionen abgehalten wer- den. Hugo Gerald Ströhl schuf 1904 das Be- zirkswappen , in dem er die Vorstadtsie- 1871 wurde das Magistratische Bezirks-

1861 fand die Eröffnung des provisorischen (bis 1884) Abgeordnetenhauses statt, auch „Schmerlingtheater“ genannt

11 amt nach Plänen des Städtischen Bauam- kerungswachstum) tes erbaut (Währingerstraße 43). • Kindergärten Die meisten Häuser des Bezirks stam- • „Suppen- und Theeanstalten“ men aus der Gründerzeit: Palais, gutbür- • Versorgungshaus für Arme gerliche Miethäuser oder Bassenahäuser, (am Alserbach) und für Bürger von denen bis heute glücklicherweise noch (Währinger Str. 45 für Frauen bis viele erhalten geblieben sind. Spitalg. = Trakt für Männer) Folgende öffentliche und soziale Ei- • Waisenhäuser: bis zum 14. Lebens- richtungen gehen auf die Gründerzeit zu- jahr rück: • katholischer Gesellenverein ab 1890: • Medizinische Versorgung: billige Wohnungen, Erfahrungs- - Universität, Klinik: 2. Med. Schule austausch - Errichtung eines pathologisch-anato- • Wirtschaft mischen Instituts - Wagenbauer in der Roßau - Allgemeine Poliklinik: Architekt An- - Holzlagerplätze an der Lände dreas Streit; kostenlose Behand- - Wäschermädel: selbstbewusst, keck, lung für Arme durch Studenten lustig und Jungärzte - metallverarbeitende Betriebe: Sigl‘ - Karolinen-Kinderspital: gestiftet von sche Maschinenfabrik der Witwe Karoline Riedl (Währin ger Str. 59); 1873 Börse - Sanatorium Loew: 1859 gegründet, krach - wird zu Technologischem privat Gewerbe museum (gegr.1884 von - Wohltätigkeitspflege: Sorge um Kin- Wilhelm Exner) der, Alte, Kranke (großes Bevöl- - Chirurgische Apparate und sanitäre

Markthalle in der Nußdorfer Straße

12 Ehemaliger Franz-Josephs-Bahnhof

Geräte: Josef Leiter, Josef Odel- Bösendorfer (Türkenstr. 9) ga, H. Reiner, Heinrich Esterlus - graphische Industrie: G. Davis&Co., - Kupferschmiedbetrieb Firma Löblich: Elbemühl, Vernay Geschirr - Schreibmaschine: von Peter - Metallgießerei: Ignaz Haut (Alser- Mitterhofer (Südtiroler) erfunden bachstr. 10) (Liechtensteinstr. 82) - Gusseisendepot: Dietrichstein (Liech- - Märkte: Tandelmarkt: vor Roßauer- tensteinstr. 37) kaserne, 200 Verkaufsläden - Möbelfabrik: Mannheimer Roßauer Jahr- und Wochenmärk- (Serviteng. 19) te: Lände - Schlachtvieh - Kunstschlosser: Alexander Nehr Servitenplatz - Geschirr (Althanstr. 49) - Schöpfer des Markthalle 1880 Rathausmannes - Verkehr: Radialstraße von neuer Ring- - Steinmetz: Eduard Hauser, Anton straße weg Wasserburger (Liechtensteinstr. 1871 Brigittabrücke 20) 1873 Augartenbrücke - Bekleidung: Johann Nepomuk Reit- 1. Pferdetramway: 1865 von Fa. hoffer, verwendete erstmals Kau- Carl Schaeck-Jaquet + Co., 4 km tschuk von Schottentor durch Alser Str. - Musikinstumente: K.K. Hof- und nach Hernals, 36 Plätze, 2 Pfer- Kammerklavierverfertiger Ignaz de (ab 1879 auf 1 Pferd rationali- 13 siert wegen geringer Frequenz) ab 1892: Dampfmaschine 1901 wurde die Stadtbahn eröffnet und ab 1898: Elektifizierung die Straßenbahn ab 1902 unter Bürger- 1893: Linienwall abgetragen - meister Karl Lueger elektrifiziert. Stadtbahn errichtet, 1898 eröff- net (Otto Wagner, erbaute auch 1904 wurde der Grundstein für das Johannes Nepomuk-Kapelle am neue Allgemeine Krankenhaus gelegt. Währinger Gürtel) Franz-Josephs-Bahn: 1866 Bau- Im Jahr 1910 wurde die Strudlhofstiege, beginn Fürst Schwarzenberg u. bekannt durch Heimito von Doderers welt- Konsortium, von Wien nach Eger; bekanntem gleichnamigen Roman, fertig- Bahn von Wien nach gestellt. Gmünd, 1870 in Betrieb 1872 Bahnhofsgebäude am „Althan Die allgemein historischen Fakten der platz“ statt Palais Althan - Zeit von 1914 bis zum Ende des 2. Welt- Pouthon. krieges werden hier nicht behandelt.

•Kunst: Nach dem 2. Weltkrieg, in dem 560 von - Anton Bruckner (OÖ): Währinger 1000 Häusern beschädigt wurden, muss- Str. 41 te ein rascher Wiederaufbau von öffent- - Harmonietheater in Wasag. 33, von lichen und privaten Gebäuden in Angriff Baronin Amalia Pasqualati gegr., genommen werden. Vorangetrieben wur- 900 Sitze, 20 Logen, 450 Stehpl. den die Bautätigkeiten, die sich bis in - Volksoper: Anlass - 50-jähriges die sechziger Jahre ausdehnten, durch das Regierungsjubiläum des Kaisers im Jahr 1954 beschlossene Wohnbauför- (1898), 1840 Besucher, Arch. derungsgesetz und Erleichterungen beim Franz Krauß und Alexander Bau von Genossenschafts- und Eigentums- Graf wohnungen. - Unterhaltungslokale: Gasthäuser Colosseum, Auge Gottes Mag. Barbara Trieb

Literatur: Jahrhundertwende Alsergrund Album 1860 -1930, hrsg. von H. See- mann und C. Lunzer, Wien 1993 Die Canisiuskirche wurde von 1899 bis Beiträge zur Heimatkunde des IX. Wiener Ge- 1903 im neoromanischen Stil erbaut. meindebezirks, Band 4: Sagen, Haus- und Geschäftszeichen vom Alsergrund 1905 kamen Teile des 17., 18., und 19. von A. Wolf, Wien 1969 Bezirks an den Alsergrund. Czeike, Felix: Historisches Lexikon Wien Band1, Kremayr & Scheriau 1992 Um 1900 wurden viele repräsentative Pemmer, Hans: Die Währingerstraße, Wien Wohnhäuser im Jugendstil errichtet, eben- 1968 so wie neue Hochschulbauten, z.B. das Wolf, Alfred: Alsergrund - Bezirk der Dichter pharmakologische und physiologische In- und Denker, Mohl Verlag 1993 stitut. Viele Neubauten kamen in der Nähe Wolf, Alfred: Alsergrund - Chronik, Wien des Donaukanals dazu, z.B. die k.k. 1981 Telephonzentrale. Diverse Ausgaben der Museumsvereinshefte 14 Die Vorstädte derem erwähnt: der Neuburgerhof (1292), in der Neuburgerstraße gelegen (1314 ur- Der 9. Bezirk (Alsergrund) entstand kundlich erwähnt); der Stadl, so den aus den Vorstädten Alservorstadt, Althan, Schottnern gehörig; das Maria Magdale- Himmelpfortgrund, Lichtental, Michel- nen-Kloster; die Schottenpoint, welche je- beuern, Roßau und Thury. Mit Gesetz vom doch außerhalb der Umwallung lag und 7. September 1848 wurden die Grundherr- mit Reben bepflanzt war; der Pettelbühel schaften in Österreich aufgehoben. Am 6. (Boltzmanngasse). Die erste schriftliche März 1850 wurden 34 Vorstädte mit der Erwähnung des Maria Magdalenen-Klos- Stadt vereinigt und in acht Bezirke einge- ters geschieht 1231, als die Nonnen ein teilt. Als 1861 vom 4. Bezirk der südliche Lehen samt Wiese zu Harras (bei Mistel- Teil als eigener 5. Bezirk abgeteilt wurde, bach) kauften. Beim Herannahen des tür- verschob sich die Nummerierung der Be- kischen Heeres im Jahre 1529 flüchteten zirke 5 bis 8, die nunmehr die Ziffern 6 die Nonnen in die Stadt, während das bis 9 bekamen. verlassene Kloster mit der ganzen Vor- stadt in Flammen aufging. Nach jeder Tür- Die Vorstädte erstreckten sich zwischen kenbelagerung wurde die Bautätigkeit vor Glacis und Linienwall. der Stadtmauer eingeschränkt, das Glacis dehnte sich immer mehr aus und reichte Alservorstadt schließlich bis zum Beginn der heutigen Alser Straße, zur Schwarzspanierstraße Wappen: Elster, auf einem Baum sit- (Alservorstädter Glacis) und Berggasse. zend. Um 1700 setzte in der heutigen Alser Stra- ße auf den sogenannten Schottenäckern Die älteste vorstädtische Ansiedlung die Verbauung ein, 1835 reichte die dama- an der Als schmiegte sich zu beiden Seiten lige Alservorstadt von der heutigen Liech- des Schottentors unmittelbar an die Stadt- tensteinstraße bis zur Florianigasse. - Im mauer. Diese Ansiedlung war nach außen Jahre 1862 kamen von der Alservorstadt gleichfalls mit einem, wenn auch schwä- 136 Häuser zum 8. Bezirk. cheren Wall umgeben und erscheint daher auf dem Meldemanschen Plan als die vor- Althan stat zwischen die zweyen mauren. Vom Schottentor weg verliefen zwei Straßen, Wappen: Nach links schreitender die Alser Straße, die durch das innere Hirsch, zwischen dem Geweih ein Kreuz. und äußere Alser Tor und durch den Al- ser Turm führte, und die Neuburgerstra- Die Vorstadt führt ihren Namen nach ße, welche die äußere Umwallung beim dem großen Grundbesitz, den Christoph Neuburger Tor durchbrach. Die Bedeu- Johann Graf Althan, Obriststallmeister tung dieser Ansiedlung geht schon aus und Landjägermeister, seit 1685 hier be- dem Umstand hervor, daß sie feste Mau- saß (Althanischer Grund). Das Geschlecht ern hatte, während alle übrigen unmittel- derer von Althan gehörte ältestem schwä- bar an die Stadt anschließenden alten Vor- bischem Uradel an und führte seine Ab- städte nur mit Zäunen und tiefen Gräben kunft bis auf Eberhardus de Tann (um umfriedet waren. 1170) zurück. Dietmar von Than, der Alt Than genannt, rettete Herzog Leopold Außer den beiden genannten Straßen VI. dem Glorreichen während des vierten der ältesten Alservorstadt werden unter an- Kreuzzuges das Leben. Auf die Funktion 15 Christoph Johannes Graf Althan deutet sie am 31. März 1845 ihrem Onkel Karl auch der Hubertushirsch als Wappentier verkaufte; dieser war nun Alleinbesitzer. hin. Karl Frh. von Pouthon starb am 25. Mal 1863, sein Sohn Rudolf erbte den Besitz, Um 1700 wird ein Schloss erbaut, 1706 der 1869 abgerissen wurde und einer neu- stirbt Christoph Johann Althan und hin- en Ära weichen musste. Bereits am 23. terlässt seinen Besitz seinem Sohn Gund- Juni 1870 wurde die Strecke Wien - Eg- acker. Am 30. Juni 1713 verkauft Gund- genburg der Franz Josefs-Bahn in Betrieb acker Ludwig Joseph (geb. 1665, gest. genommen. Der provisorische ebenerdige 1747), kais. Hofkriegsrat, General der Ka- Bahnhof stand bis 4. Juni 1872 in Verwen- vallerie und General-Hofbaudirektor, sei- dung, an diesem Tage wurde der Franz- nen Besitz an den Wiener Magistrat. Die Josefs-Bahnhof eröffnet (erbaut nach dem ungesunde Lage des Palastes, der überdies Entwurf der Prager Architekten Adalbert immer wieder den Überschwemmungen Ullmann und Anton Barvitius 1871/72). der Donau und Als ausgesetzt war, veran- 1811 wurde der große Simon Denk-Hof lasste Gundacker, diesen zu veräußern. Es (Simon-Denk-Gasse) parzelliert, verbaut war nicht leicht, einen Käufer oder Mieter und die Vorstadt Althan um 21 Häuser be- zu finden. Fünf Jahre stand das Palais leer, reichert. 1718 mietete die Fürstin Thurn und Ta- xis, geborene Herzogin von Sagan, Haus Zur Vorstadt Althan gehört auch die - und Garten für die Sommermonate um Spittelau. 400 fl, 1719 ein Graf Methode, 1720 nahm der „schwedische Minister“ daselbst Quar- Himmelpfortgrund tier. (oder Sporkenbühel)

Erst 1754 findet der Magistrat im Han- Wappen: Lamm mit Kreuzfahne delsmann Johann Georg Schuller einen Käufer, der in den Nebengebäuden des Schon 1254 wird diese Gegend Spor- Schlosses eine Kattunfabrik einrichtete. kenbühel genannt (1254 ist Heinrich von 1776 ist es seine Witwe und 1777 deren Liechtenstein Besitzer der großen Wiese Sohn aus erster Ehe, der privilegierte unter dem dürren Sporkenbiihe120; mit Großhändler Johann Baptist Pouthon (auch der großen Wiese, der Talwiese, ist Lich- Puthon), die als Eigentümer der ehem. tental gemeint). Die Felder und Weingär- Althanischen Realitäten aufscheinen. Der ten auf dem Sporkenbühel gehörten der Besitz wurde um einige Wirtschaftsge- Besitzerin der Herrschaft Pötzleinsdorf, bäude vergrößert, in denen Werkstätten Jakobine Pestalutz, geborene von Landts- und Wollsortierungsanlagen untergebracht perger, wiederverehelichte Schönkirchen. waren, in einem neu erbauten Haus wur- Sie vermachte in ihrem Testament vom den Spinnmaschinen produziert. Das Bad 10. Juli 1638 das Gebiet dem Himmel- „Zum goldenen Floß“ wurde aufgelassen pfortkloster, dem es am 2. Mai 1639 (1793). Der Palast selbst diente ausschließ- eingeantwortet wurde. Der Sporkenbühel lich Wohnzwecken. - Am 26. März 1816 oder Sperkenberg reichte von Währing starb Puthon und hinterließ das Palais sei- bis zum Steilrand zwischen der Nußdorfer nen Söhnen Johann Baptist und Karl. Jo- und Liechtensteinstraße und vom Währin- hann Baptist Frh. von Puthon starb am ger Bach bis zum Wolfsgraben bei der spä- 22. August 1839, seine Hälfte erbte seine teren Nußdorfer Linie. 1704 wurde mit der Tochter, Julie Freiin von Widmann, die Errichtung des Linienwalls ein Teil des 16 Herrschaftsgebiets abgetrennt: der Him- nicekgasse und Althanstraße). Um diese melpfortgrund. Zeit war die Gegend ein pur lautere Wie- sen, auf welcher sich die wiener zum öf- teren ergötzet und in die also genante Lichtental Spirckenbichlische Gstätten (Abhang zwi- schen Nußdorfer- und Liechtensteinstra- Wappen: Rechts und links je ein Berg ße) die Stuck (= Kanonen) von denen mit Haus, zwischen den Bergen ein tal- Kriegsbegiehrigen probiret worden, also artiger Einschnitt, in den die Sonne ihre ein Tummelplatz für die Wiener und eine Strahlen sendet. Art Militärschießstätte. 1699 wurden auf dem Grund Straßen und Parzellen abge- Ursprünglich besaßen die Landesfürs- steckt und ein Platz der neuen Kirche ge- ten dieses Gebiet. Markgraf Leopold III. widmet. Den Baulustigen bewilligte man schenkte es dem Kloster zu Nivenburg eine zehnjährige Steuerfreiheit, so daß (Klosterneuburg), das er 1108 gegründet hier innerhalb kurzer Zeit eine neue Vor- hatte. Die Urschrift dieser Schenkung ging stadt entstand. 1701 setzte der Grundherr beim Brand des Neuburger Hofes 1529 zu- einen Verwalter und einen Richter ein. Bei grunde, doch aus den Bestätigungsbrie- der Grundsteinlegung der Kirche durch fen, die das Stift von Herzog Rudolf III. Kaiser Karl Vl. am 20. November 1712 am 13. Juli 1306, dann von den Herzögen gab der Fürst der neuen Vorstadt den Na- Albrecht II. und Otto dem Fröhlichen am men Karlstadt, der sich aber nicht durch- 20. August 1330 erhielt, ist die Schenkung setzen konnte. 1730Karlstadt; 1738 Karl- erwiesen. Vor der Erteilung der Bestäti- stadt; 1832 Lichtenthal, Lichtenthal blieb gungsbriefe wurden dem Stift einige Ge- bis 1848 im Besitz der Liechtensteiner. biete streitig gemacht. Schon Papst Inno- zenz IV. forderte in einer Bulle am 11. Juli 1253 Heinrich von Liechtenstein unter Michelbeuern Androhung des Kirchenbannes auf, jene Güter, die er um die Mitte des 12. Jahrhun- Wappen: Elster auf einem an einem derts Klosterneuburg entrissen habe, dem Gewässer stehenden Baum. Stift zu ersetzen. 1254 wird Heinrich von Michelbeuern gehörte zu den Gütern Liechtenstein als Besitzer der großen Wie- des 1072 durch den Patriarchen Sieghard se unter dem dürren Sporkenbühel (Spor- von Aquileja erneuerten und zur Abtei er- kenbühelgasse) erwähnt. Das Gebiet war hobenen Stiftes des hl. Michael in Beu- ein Werd zwischen einem Donauarm und ern (ahd. Buriom, mhd. Bluren, von bur der Als und hieß 1280 Alt-Lichtenwörd. = Wohnsitz, Gebäude, Haus). Das Be- Später kam es in den Besitz des Grafen nediktinerstift Michelbeuern besteht bis Auersperg. Noch Ende des 17. Jahrhun- zum heutigen Tag, es liegt im nordwest- derts befand sich hier eine große Wiese lichen Salzburg etwa sechs Gehstunden Thalwiese oder Auf der Wiessen genannt). von der Landeshauptstadt entfernt am Ab- Von Johann Weickhard Fürst zu Auers- hange des Haunsbergs. Bereits im Resti- perg kam der Grund 1678 an Carl Eusebi- tutionsbrief des Patriarchen ist der Hof zu us Fürst Liechtenstein, von diesem 1684 Waring mit Weingärten, Wiesen und Wal- an Johann Adam Fürst Liechtenstein, wel- dungen erwähnt. In einer anderen Urkunde cher 1694 bis 1698 ein großes Brauhaus (Ende des 12. Jahrhunderts) wird das Stift mit einem Amtshaus errichten ließ (ge- Michaheli Buren genannt. Bei der Errich- legen zwischen Liechtensteinstraße, Rez- tung des Linienwalls wurden die Rieden 17 Gozlosberg (beim Bahnhof Michelbeu- Jahrhundert schon Fischervorstadt, auch ern), in der Goldpoint (beim Brünnlbad), Fischerau genannt) mit dem Kirchlein St. im Pleygarten (vom Brünnlbad bis zur Johannes in der Au. 1529 (Türkenbela- Hernalser Linie; nach den Besitzerin, den gerung) wurde das Fischerdorf zerstört. salzburgischen Gaugrafen von Plaien, auch Wiederaufgebaut fiel es den 1632, 1662, Playn, benannt) und auf der Siechenals 1663 und 1664 angeordneten Verbreite- (Abhang gegen die heutige Spitalgasse) rungen des Glacis zum Opfer, das nun von vom Stiftsgrund abgetrennt. Dieser Teil der Stadtmauer bis zur heutigen Berggasse wurde nun zuerst jenseits am Alsterbach, reichte. jenseits des Wassergrabens, wel- dann Am Alserbach, später, um Verwechs- cher zur Regenzeit das vom Schottenberg lungen mit der Alservorstadt zu vermei- kommende Wasser (die Gegend der oberen den, Michelbeuerngrund genannt (auch Berggasse) der Donau zuführte, hatte sich Michaelbayrischer oder Michlbayrischer aus der spärlich besiedelten Roßau eine Grund). Unter Kaiser Joseph II wurde der Vorstadt, mit dem Kloster (1646-1678) Abt von Michelbeuern mittels Hofresu- und der Kirche (1651-1677) der Serviten lution aufgefordert, seine Grundherrlich- als Mittelpunkt, entwickelt. Den Namen keit über die zwischen der Als und dem Roßau - nachweisbar seit 1538 als Roßau - Währinger Bach gelegene zwölf Unterta- leitet man von der großen Pferdeweide ab, nenhäuser dem Wiener Magistrat gegen auf der die Pferde bereitstanden, welche die Entgelt abzutreten. Der Abt remonstrierte Schiffe stromaufwärts zogen. Die Grund- nicht, sondern gab seinem Hofmeister den herren der Roßau waren von 1605-1688 Auftrag, zunächst 11.300 fl zu begehren, das Bürgerspital, vor- und nachher die Ge- sich notfalls aber mit 10.000 fl zufrieden- meinde Wien, an die sie am 2. Juni 1688 zugeben. Bei 10.000 fl einigte man sich, das in Schulden geratene Bürgerspital wie- denen allerdings 1.000 fl als Beitrag zur der abtreten musste. Eindämmung der Als abgezogen wurden. Die Riede wurden der Stadt Wien am 19. August 1786 verkauft; die Stadt war be- Siechenals — Thury strebt, die Freigründe und herrschaftli- chen Güter auf ihrem Burgfriedensgebiet Wappen: Johannes der Täufer, auf der von Adeligen und Klöstern einzulösen. rechten Hand eine Kirche mit Turm, in Michelbeuern wurde anfangs zur Alser- der linken Hand ein Kreuzpanier haltend, vorstadt gerechnet, selbständige Vorstadt zu seinen Füßen ein Lamm. wurde es erst nach der Häusernummerie- rung von 1794. Die Gegend an der Als im Thury (an der heutigen Alserbachstraße) hieß 1353 auf dem Griez; 1359 in dem Griez, „Griez“ Roßau = sandige Uferstelle, Ufer überhaupt. Das Dorf Siechenals war größer als die späte- Wappen: Wiese mit Weiden. re Vorstadt Thury. 1529 wurde es zerstört. In den damaligen „geverlichen leuffen“ Ursprünglich bestand diese Gegend aus (gefährliche Zeiten) erfolgte die Besied- Weideplätzen mit einzelnen Fischerhütten lung nur zögernd. Erst 1646 entschloss und hieß Oberer Werd (im Gegensatz zum sich Johann Thury, bei seinen Ziegelöfen Unteren Werd, der heutigen Leopoldstadt); ein Haus zu erbauen. Nach einem merk- mhd. wert, werd = Insel. Vor der Stadt- würdigen Traum nannte er es „Zum flie- mauer lag das Fischerdörfchen (im 15. genden Haus“ (heute Liechtensteinstraße 18 79) und versah es mit folgender Inschrift: Himmelpforte“ (B), dem kaiserlichen Hof- spital (C) und der k. k. Herrschaft Tulln, Vor Alters allhie ein Dorf stand, als Rechtsnachfolgerin des aufgelösten Welches Siechenals genannt, Jungfrauenklosters „Zum hl. Kreuz“ in Als man zelt 1529 Jar, Tulln (D), d. 1. der sogenannte Pulver- Von Türken zerstöhret war. turmgrund. Die Gründe A, B und C kauf- Anjezzo, als man 1646 sagt, te der Ziegelbrenner Joseph Kühtreiber (A Johann Thury dieses Hauß erbauet hat. 1787, B 1782, C 1789); den Pulverturm- grund (D) kaufte 1808 Johann Anton Ebes- Bald ließen sich auch andere Leute nie- seder, von diesem 1810 der Ziegelbrenner der und der Grund erhielt zu Ehren des Franz Kühtreiber. Durch Magistratsver- ersten Ansiedlers den Namen Thury. 1683 ordnung vom 15. August 1815 wurde die wurde die Vorstadt neuerlich zerstört, je- Auflassung und Teilung der Kühtreiber- doch wieder aufgebaut. Seit 1721 grund- schen Ziegelofengründe bewilligt. bürgerlich nachweisbar als „Freygrundt Thury“, d. h. jeder konnte sich hier an- Hans Mück siedeln. Bei der Erweiterung der Thury- kapelle (1794) fand man zwei Ziegel, von Nachdruck mit freundlicher Genehmi- denen der eine den Namen „Johann Turi“, gung des Vereins für Geschichte der Stadt der andere die Jahreszahl „1647“ trug. Das Wien. Diese Bezirksgeschichte ist Teil ei- Stift St. Dorothea - die Grundherrschaft - ner CD-ROM, die das ein Fotoarchiv des wurde 1782 mit dem Stift Klosterneuburg gesamten Alsergrundes beinhaltet und im vereinigt, 1786 aufgehoben und an den Juni 2000 erscheint. Wiener Magistrat verkauft. Propst Flori- dus (als Administrator des Stiftes Kloster- neuburg für St. Dorothea) verkaufte an den Wiener Magistrat die Dorf- und Grund- herrlichkeit über das Freigut Thury am Alserbach sowie die Gerichtsbarkeit über vier neuerbaute Häuser und die Domini- calmühle zu Gumpendorf um 36.747 fl 55 kr.

Nordthury (von Leopold Donatin so benannt)

Hier besaß Thury einen Ziegelofen, fünf Joch Acker und - vor der späteren Nußdorfer Linie - ein Haus mit Back- und Weinschankrecht. Diesen Besitz schenkte er im Jahre 1656 dem Servitenkloster in der Roßau.

Das Gebiet zwischen dem Linienwall und der späteren Nußdorfer Straße gehör- te dem Barnabitenkollegium (A), dem löb- lichen Stift- und Jungfrauenkloster „Zur 19 WERDEN SIE MITGLIED DES MUSEUMSVEREINES ALSERGRUND Sie unterstützen damit eine Institution, die es sich zur Aufgabe gesetzt hat, Altes wiederzuentdecken und zu bewahren, Neues zu dokumentieren und zu sammeln. Als Mitglied erhalten Sie kostenlos mindestens viermal jährlich das Mitteilungsblatt des Museumsvereines. Außerdem stehen wir Ihnen in allen Fragen zur Geschichte des Bezirkes mit Rat und Tat zur Verfügung.

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