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inForMationen Der sPD-LanDesorGanisation Foto: FocKe stranGMann „KIeK NICh IN’t MussLoCK, KIeK IN’e süNN!“ Landesparteitag stellt Weichen für die nächsten beiden Jahre

er Landesparteitag der Bremer SPD in der getroffen. Die gute Arbeit des Ausschusses habe noch in einem begrenzten Umfang. Er unterstrich Vegesacker Strandlust demonstrierte Ge­ das sozialpolitische Profil der Bremer SPD in der die Forderung der Bremer SPD nach einer neuen, D schlossenheit: Mit 95 Prozent Ja­Stimmen Öffentlichkeit geschärft. gerechteren Steuerpolitik auf Bundesebene: „Wir wurde von den Delegierten Der Landesvorstand habe in seiner abgelau­ sind darauf angewiesen, dass die großen Konzerne in seinem Amt als Landesvorsitzender bestätigt. fenen Amtszeit einige wichtige Projekte auf den endlich wieder ordentlich Steuern berappen, dass Auch die weiteren Mitglieder des Landesvor­ Weg gebracht. Zu erwähnen sei etwa die Initiative die Einkommens­ und Vermögensmillionäre end­ standes wurden vom Landesparteitag mit großen für eine (teilweise) Rekommunalisierung der Ener­ lich wieder angemessen zur Kasse gebeten werden Mehrheiten gewählt (siehe auch Vorstellung des gie­ und Wassernetze. Das vom Landesvorstand und dass die Erben von Riesenvermögen endlich neuen Landesvorstandes auf Seite 2). Breite Unter­ vorgeschlagene Landesmindestlohngesetz befinde wieder gerechte Erbschaftssteuern zahlen.“ Nur so stützung fanden auch die vorliegenden Anträge, sich nicht nur in Bremen im Gesetzgebungsverfah­ – mit wachsenden Einnahmen auf Ebene der Län­ unter anderem zur Organisationspolitik, zur sozi­ ren, es entpuppe sich auch als Exportschlager: Die der und Kommunen – lasse sich der Anspruch er­ alen Stadtpolitik und zur Arbeitsmarktpolitik. Initiative sei mittlerweile auch von SPD­Fraktionen füllen, die öffentliche Verschuldung zu bremsen In seiner Rede zog Andreas Bovenschulte zuvor in den Landtagen anderer Bundesländer aufgegrif­ und gleichzeitig der sozialen Verantwortung des eine positive Bilanz der Arbeit des Landesvorstan­ fen worden, jeweils mit deutlichem Bezug auf das Staates gerecht zu werden. des in den zurückliegenden zwei Jahren. Er dankte Bremer Beispiel. Zuversicht und Optimismus fand Andreas Bo­ noch einmal Bürgermeister Jens Böhrnsen und al­ Mit Blick auf die Zukunft betonte der SPD­ venschulte in einem Zitat von Wilhelm Kaisen, des­ len Mitstreiterinnen und Mitstreitern, die zum Landesvorsitzende, dass das Land Bremen vor der sen 125. Geburtstag Bremen dieser Tage feiert: großen Erfolg bei den Wahlen zur Bürgerschaft, zur großen Herausforderung stehe, die Einhaltung der „Kiek nich in’t Musslock, kiek in’e Sünn!“ Das sei die Stadtverordnetenversammlung und zu den Bei­ Schuldenbremse zu gewährleisten und trotzdem Haltung der SPD vor sechzig Jahren gewesen und räten beigetragen haben. weiter politische Schwerpunkte für die Stärkung das sei die Haltung der SPD heute: Aufrecht nach Die Befürchtungen, dass die SPD mit dem Ver­ des sozialen Zusammenhalts und die Förderung vorne schauen und sich nicht im Mauseloch ver­ lust des Sozialressorts auch ihr soziapolitisches eines ökologisch nachhaltigen wirtschaftlichen kriechen! Profil verlieren würde, hätten sich nicht bestätigt, Wachstums in Bremen und zu set­ so der Landesvorsitzende mit Blick auf die Diskussi­ zen. Andreas Bovenschulte machte deutlich, dass Alle Beschlüsse und Wahlergebnisse des on vor der Verabschiedung des Koalitionsvertrages. der Blick dabei unbedingt auch auf die Verbesse­ Landesparteitages sowie die Rede des Mit der Einrichtung des sozialpolitischen Aus­ rung der Einnahmesituation des Landes gerichtet Landesvorsitzenden gibt es im Internet auf schusses habe die SPD eine richtige Entscheidung werden müsse, denn Sparpotenziale gebe es nur www.spd-land-bremen.de 2 bremerforum 06/2012 vorwärts

Neuer Landesvorstand gewählt

it dem Landesparteitag am 12. Mai 2012 in der Vegesacker Strand­ lust hat die SPD im Land Bremen ihre diesjährigen Organisations­ M wahlen abgeschlossen. Auf dieser Seite stellen wir die 17 Mit­ glieder des neuen Landevorstandes vor. Während es im geschäftsführenden Landesvorstand keine Veränderungen gab, gab es bei den Beisitzerinnen und Beisitzern an fünf Positionen Wechsel. Nicht wieder kandidiert haben die bis­ herigen Vorstandsmitglieder Karin Garling, Aydin Gürlevik, Iris Lauterbach- Wenig, Renate Möbius und Peter Nowack. Der neue Landesvorstand nimmt zü­ gig seine Arbeit auf: Bereits am 8. und 9. Juni 2012 konstituiert er sich und kommt zu einer Klausurtagung in Verden zusammen. Dort stehen neben orga­ Dr. Andreas Bovenschulte Sarah Ryglewski, MdBB nisatorischen Fragen als inhaltliche Schwerpunkte die Finanzentwicklung in Landesvorsitzender Stellvertretende Landesvorsitzende Bund, Ländern und Kommunen sowie die Energiewende auf der Tagesordnung. [email protected] [email protected]

Elias Tsartilidis, MdBB Petra Krümpfer, MdBB Insa Peters-Rehwinkel, MdBB Christian Bücker Stellvertretender Landesvorsitzender Schatzmeisterin Schriftführerin Beisitzer [email protected] [email protected] [email protected] [email protected]

Markus Fabian Wolfgang Grotheer Mustafa Güngör, MdBB Rainer Hamann, MdBB Beisitzer Beisitzer Beisitzer Beisitzer [email protected] [email protected] [email protected] [email protected] Fotos: Patrice Kunte Catharina Hanke Brigitte Lückert Sabine Markmann Rolf Prigge Beisitzerin Beisitzerin Beisitzerin Beisitzer [email protected] [email protected] [email protected] [email protected]

Gisela Schwellach Lena Weber Nicoletta Witt Immer aktuell: Beisitzerin Beisitzerin Beisitzerin spd-land-bremen.de [email protected] [email protected] [email protected] 06/2012 vorwärts bremerforum / Info Bürgerschaftsfraktion 3 Bremer Mindestlohngesetz wird Signalwirkung haben

durch das neue Gesetz betroffen sind, die Gelegenheit zum geplanten Vorhaben Stel- lung zu nehmen. Während Unternehmer- verbände und Handelskammer erklärten, ein Mindestlohn sei schädlich für die Wirt- schaft und würde Arbeitsplätze gefährden, begrüßten Gewerkschaften, Arbeitnehmer- kammer und auch die Wohlfahrtsverbände den Bremer Vorstoß. Letztere thematisier- ten aber vor allem die finanziellen Folgen, die sich für die Träger aus dem Gesetz er- geben. Sie forderten schließlich eine kla- re Regelung, wie mit den entstehenden Mehrkosten umgegangen wird. Aus der Die Tatsache, dass 20 von 27 europä- wir Einfluss haben, dafür sorgen, dass gute Es ist ein wichtiger Schritt Anhörung ergaben sich insgesamt einige ischen Ländern einen gesetzlichen Arbeit auch fair bezahlt wird“, so der Frak- auf dem Weg, die verloren- wichtige Hinweise und Arbeitsaufträge für „Mindestlohn haben, nur Deutschland tionsvorsitzende Björn Tschöpe zu Beginn gegangene Ordnung von den weiteren Gesetzgebungsprozess. Ne- als eine der stärksten Wirtschaftsnationen der Anhörung zum Landesmindestlohnge- Arbeit wieder herzustellen. ben der Kostenfrage wurde beispielsweise der Welt immer noch keine allgemeinver- setz, die die Koalitionsfraktionen Mitte Mai Die Einführung eines Min- auch angemahnt, verbindliche Regelungen bindliche Untergrenze gegen Lohndum- im Haus der Bürgerschaft durchgeführt ha- destlohnes ist Sache des zu schaffen, die eine wirksame Kontrolle ping hat, ist für uns Sozialdemokraten keine ben (s. Bild oben). Gesetzgebers. Arbeitgeber und Einhaltung des Gesetzes garantierten. Zierde, sondern eine Schande. Es ist schlicht und Arbeitnehmer müssen „Stellen Sie sicher, dass es so wenig Aus- eine Frage der Menschenwürde, ob wir es ass die Bremer Initiative für ein Lan- wissen, was Recht ist. Jeder nahmen wie möglich gibt“, gab DGB-Chef weiter zulassen in diesem Land, dass Men- desmindestlohngesetz auch Signal- muss wissen: Unter 8,50 Sommer den Fraktionen am Ende mit auf schen, die den ganzen Tag arbeiten trotzdem Dwirkung über die Grenzen des Stadt- Euro pro Stunde darf nicht den Weg. Die Ergebnisse der Anhörung zum Sozialamt gehen müssen, um sich ihren staates hinaus haben wird, davon zeigte gearbeitet werden.“ werden in den kommenden Wochen aus- Armutslohn durch staatliche Unterstützung sich auch der Vorsitzende des DGB, Michael gewertet und in die weiteren Beratungen aufstocken zu lassen. Wir in Bremen wollen Sommer, der eigens zur Anhörung in die or rund 100 Gästen der Koalition einfließen. Die zweite Lesung jedenfalls nicht solange warten, bis es einen Hansestadt gekommen war, in seiner Rede hatten dann die Ver- und Verabschiedung des Bremer Landes- Regierungswechsel in Berlin gibt. Denn den überzeugt: „Das was hier in Bremen gerade Vtreterinnen und Ver- mindestlohngesetzes soll dann in der letz- braucht es, damit ganz Deutschland einen passiert, geht weit über das hinaus, was in treter verschiedener Insti- ten Bürgerschaftssitzung vor der Sommer- Mindestlohn bekommt. Wir wollen dort, wo anderen Länderparlamenten beraten wird. tutionen und Verbände, die pause im Juli erfolgen. (as) 4 bremerforum 06/2012 vorwärts

„AfA-Themen haben Ein Denkmal für Konjunktur“ Wilhelm Kaisen Vier Fragen an Wolfgang Jägers Von Karen Schuster

gelegt worden. Das Mindestlohngesetz Endlich war es soweit: am 22. Mai 2012, anlässlich seines 125. baut darauf auf. Der Mindestlohn von Geburtstags, wurde das Denkmal für Bremens langjährigen 8,50 Euro, sichert die Existenz und be­ R Bürgermeister und Senatspräsidenten Wilhelm Kaisen ent­ wahrt einige davor, „zum Amt“ zu gehen hüllt. Standort des bronzenen Denkmals ist das Kastanienwäldchen an und staatliche Hilfe in Anspruch neh­ der Ecke Wall/Herdentor in der Bremer Innenstadt. men zu müssen. Die AfA will Mindest­ Wilhelm Kaisen, der 1887 in geboren wurde, fühlte sich löhne, die auch dafür sorgen, dass exis­ schon früh mit der SPD verbunden. Bereits im Alter von 18 Jahren trat tenzsichernde Renten erworben werden. er der Partei bei und stieg innerhalb weniger Jahre zum Mitglied des Solche Löhne liegen oberhalb von 8,50 Hauptvorstands der Hamburger SPD auf. Nach dem Ersten Weltkrieg Euro. Folgerichtig hat die AfA auf dem verschlug es Kaisen dann nach Bremen, wo er zum Chefredakteur der Bundeskongress die Forderung nach SPD-Zeitung „Bremer Volksblatt“ aufstieg und 1920 in die Bremische ­einem Mindestlohn von 10 Euro be­ Bürgerschaft einzog. Von 1928 bis 1933 diente er der Stadt als Senator

Foto: Patrice Kunte schlossen. für das Wohlfahrtswesen. Nachdem Kaisen die Nazi-Diktatur und den Der Bürgerschaftsabgeordnete Wolfgang Unser Landesmindestlohngesetz funkti­ 2. Weltkrieg als Siedler und Landwirt in der Borgfelder Flur überstan­ Jägers ist seit 2002 AfA-Landesvorsitzender. oniert nur, wenn es Kontrollen gibt. Un­ den hatte, wurde er am 1. August 1945 von der amerikanischen Besat­ ser Vorschlag: Kontrollstellen schaffen! zungsmacht zum Bürgermeister und Präsidenten des Senats ernannt. Du bist auf der AfA-Bundeskonferenz im Eine Übertragbarkeit auf andere Länder Am 13. Oktober 1946 wurde Wilhelm Kaisen bei den ersten freien April zum stellvertretenden AfA-Bundes- ist möglich, ersetzt aber nicht einen bun­ Bürgerschaftswahlen nach dem 2. Weltkrieg in seinen Ämtern bestä­ vorsitzenden gewählt worden. Was sind desweiten Mindestlohn. tigt und wirkte im Jahr 1949 maßgeblich am Grundgesetz der Bundes­ die wichtigsten Themen, auf die Du in republik Deutschlands mit. In der Folgezeit gelang es Kaisen, der in Deiner Arbeit besonderen Wert legen In den Tarifverhandlungen wollen die Bremen längst als Landesvater galt, tiefgreifende Veränderungen in der willst? Arbeitnehmer nach jahrelanger Zurück- Stadt durchzusetzen. Die Arbeit in der AfA macht viel Spaß, haltung nun kräftig am Aufschwung In den fünfziger Jahren entstanden mit der Gartenstadt Vahr und das soll sie auch. Das war nicht immer so, teilhaben. In der Metallindustrie ist ge- der Neuen Vahr Quartiere, die einen Meilenstein in der Geschichte des siehe Agenda 2010. Die AfA hat sich kri­ rade ein Abschluss von 4,3 Prozent erzielt sozialen Wohnungsbaus der Nachkriegszeit darstellten und Wohn­ tisch mit dieser Politik auseinanderge­ worden. Hat das Signalwirkung für wei- raum für 40.000 Menschen boten. Nachdem die SPD bei der Bürger­ setzt und die Position der gewerkschaft­ tere Branchen? schaftswahl 1959 über 50 Prozent der Stimmen erreichte, widmete sich lich orientierten Mitglieder in der SPD Tarifverträge haben immer Signalwir­ Kaisen in den sechziger Jahren verstärkt der Hafenpolitik, wobei er gehalten. Das hat sich als richtig erwie­ kung. Nur starken Gewerkschaften mit Wert auf einen zügigen, aber strukturierten Ausbau der Häfen legte. sen. Jüngste Wahlerfolge zeigen, dass vielen Mitgliedern gelingt es, die Arbeit­ Kurz vor Ende seiner Karriere als aktiver Politiker fasste der Senat die AfA-Themen „Existenzsichernde nehmer am Erfolg ihrer Arbeit zu betei­ noch den Beschluss zum Bau der Bremer Universität, einer weiteren ­Renten“, „Verteilungsgerechtigkeit“ und ligen. Das Signal an die Beschäftigten: Entscheidung, die die Entwicklung Bremens nachhaltig geprägt hat, „Praktische Arbeit in den Betrieben“ (z. B. Organisiert euch, rein in die Gewerk­ bevor er sich am 17. Juli 1965 aus der aktiven Politik verabschiedete. Arbeitsschutz) Konjunktur haben. Dies schaft. Freiwillige Leistungen der Arbeit­ Nach seiner 20-jährigen Amtszeit zog es ihn dann zurück nach Borg­ sind auch meine Themen. geber sind selten, holt euch euren Anteil, feld. Dort starb Wilhelm Kaisen am 19. Dezember 1979. ■ ihr habt es verdient. Die Bremer SPD hat ein Landesmindest- lohngesetz initiiert, das für die öffent­ Du bist Regionalleiter der IG BAU und liche Hand und Empfänger von Zuwen- Bürgerschaftsabgeordneter. Wie wichtig dungen gelten soll. Ein Modell auch für ist aus Deiner Sicht die Zusammenarbeit andere Länder? von Gewerkschaften und SPD? Das erste Tariftreuegesetz, das die Zah­ Wir haben in Deutschland das System lung von Tariflöhnen bei öffentlichen der Einheitsgewerkschaften. Wir sind al­ Aufträgen vorsah, ist von der Arbeitneh­ so als Gewerkschaft unabhängig zu Par­ merkammer und der IG BAU 1999 vor­ teien. Es gibt aber eine Partei, deren Poli­ tik (nicht immer) größere Nähe zur Ge­ werkschaft hat, dies ist die SPD. Damit ist sie die Partei, die unterstützt wird, wenn Impressum die Politik stimmt. Die SPD hat erfahren: Ohne arbeitnehmernahe Politik, verliert Herausgeber: SPD-Landesorganisation Bremen sie ihre Mehrheitsfähigkeit. Es wäre gut, Obernstraße 39 – 43, 28195 Bremen wenn die SPD mehr Arbeitnehmer in Tel.: 0421/350 18-0 Funktionen bringt. Arbeiter, Handwer­ Fax: 0421/350 18-37 ker, kleine und mittlere Angestellte zur [email protected] Kandidatur für Mandate zu bewegen, ist Redaktion: aus Sicht der AfA eine wichtige Aufgabe. Roland Pahl (V.i.S.d.P.), Tim Cordßen as Zacharias Namentlich gezeichnete Beiträge werden In der Bremer SPD spüren wir, dass die k von den Autoren verantwortet. AfA wieder ernst genommen wird. Wir

Seite 3: SPD-Bürgerschaftsfraktion haben einen guten Draht zum Landes­ Foto: Lu Bremen, André Städler (V.i.S.d.P.), vorsitzenden und „seinen Leuten“ und Wachtstraße 27/29, 28195 Bremen Bürgermeister Jens Böhrnsen und Ilse Kaisen (vorne sitzend im Rollstuhl), versprechen weiter kritische und ­loyale Tochter von Wilhelm Kaisen, enthüllten das Denkmal für den langjährigen Begleitung. ■ Bürgermeister in der Bremer Innenstadt.