Der Bahnbau Biberach-Uttenweiler
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Der Bahnbau Biberach-Uttenweiler Von Hans Willbold, Dürnau berechnung zunächst eine erhebliche Verzinsung des Anlagekapitals nicht erwarten läßt, so dürften Im April 1902 legten die bürgerlichen Kollegien dennoch dringende Gründe volkswirtschaftlicher von Munderkingen eine Denkschrift zum Bau ei- Natur vorliegen, welche auf den Bau der Linie Bi- ner Eisenbahnlinie von Munderkingen nach Biber- berach-Uttenweiler hindrängen. Die Stadt Biber- ach vor. Diese war von Regierungsbaumeister Wal- ach bildet zweifellos für das Gebiet, das durch die lersteiner (Nürnberg) gefertigt worden, der auch Bahn dem Eisenbahnverkehr erschlossen werden schon die Denkschrift für den Bau der Nebenbahn soll, den wirtschaftlichen Mittelpunkt, und es er- Schussenried-Buchau verfaßt hatte. scheint durchaus geboten, den Bewohnern jener In dieser Denkschrift heißt es: "Schon seit einer Gegend die durch die Anlage einer Eisenbahn er- Reihe von Jahren hegen die Anwohner der Do- möglichte Erleichterung des Verkehrs mit der Stadt nautalbahn in der Gegend von Munderkingen und zu verschaffen. Es ist sodann wohl zu erwarten, Ehingen den Wunsch einer Verbindung mit der daß nach Erstellung der Bahn in der bis jetzt na- Südbahn Ulm-Friedrichshafen, ein Wunsch, der hezu ausschließlich Landwirtschaft treibenden Be- insbesonders bei der Stadt Biberach einen lebhaf- völkerung sich die Industrie in einem Maße weiter ten Anklang gefunden hat. Außer der Erschließung entwickelt, die der Bahn im Laufe der Zeit eine bes- des zwischen beiden Bahnen liegenden Gebiets für sere Rente gewährleistet." den Eisenbahnverkehr soll die erstrebte Linie dem In der Denkschrift werden die Baukosten bei Zwecke dienen, für die Bewohner der Ortschaften Normalspur auf 2 100000 Mark geschätzt. Damit zwischen Blaubeuren und Munderkingen wie auch kämen 91 200 Mark auf 1 km Bahnlinie. Die der der anschließenden Albgegend einen kürzeren Denkschrift beigefügte Berechnung der voraus- Weg nach dem Bodensee zu schaffen, d. h. diesen sichtlichen Betriebsergebnisse kommt zu dem Umweg über Ulm oder Herbertingen zu ersparen; Schluß, daß eine Verzinsung des Anlagekapitals andererseits würde diese neue Linie der Gegend bei "vorerst nicht zu erwarten" ist. Unter ganz beson- Biberach eine bessere Verbindung mit dem Do- ders günstigen Voraussetzungen "ergäbe sich eine nauthal und der Alb bieten .... Die Stadt Munder- Verzinsung von 0,37 %". Die Auspizien waren also kingen ist in ihren Bestrebungen mit der Stadtge- von vorneherein nicht sehr günstig. meinde Biberach einig, die ihrerseits ein Projekt Bi- Die Denkschrift der Biberacher und Uttenweiler berach-Uttenweiler vertritt. Bei der von Biberach bürgerlichen Kollegien beschreibt die Bahnlinie nach Munderkingen über Uttenweiler führenden wie folgt: "Die Nebenbahn Biberach-Uttenweiler Linie ist das Absehen in erster Linie nicht auf eine beginnt auf dem westlich vom Empfangsgebäude thunlichst kurze Verbindungsbahn. sondern darauf gelegenen Vorplatze des Bahnhofs Biberach und gerichtet, einer möglichst großen Anzahl von den zieht auf 600 m Länge neben der Hauptbahn nach zwischen den beiden Hauptbahnen liegenden Ort- Süden, in der Richtung gegen Friedrichshafen. Mit schaften die Wohlthaten des Eisenbahnverkehrs der Hauptbahn überschreitet die Linie alsbald die zuzuwenden; insbesonders soll durch diese Linie Riß auf einer Brücke mit drei Öffnungen von je 10 der nahezu 1300 Einwohner zählende Markt- m Weite und sodann zum zweitenmale denselben flecken Uttenweiler in die Bahnverbindung einbe- Fluß auf einer solchen von 22 m Weite; von km 0,6 zogen werden, obgleich derselbe ziemlich weit von ab wendet sich die Linie gegen Westen und über- der geraden Verbindungslinie Munderkingen-Bi- schreitet bei km 1,2 die Staatsstraße Biber- berach abliegt und hierdurch die Länge der Verbin- ach-Waldsee; an diesem Uebergang ist ein Halte- dungsbahn nicht unerheblich vergrößert wird. punkt Biberach-Stadt angenommen. Die Linie Wenn aber eine Nebenbahn ihre Aufgabe, als Zu- wendet sich nun unter südlicher Umgehung der bringer des Verkehrs der Hauptbahnen zu dienen, Stadt dem Wolfenthaie zu, das sie mit einer Stei- in richtiger Weise erfüllen soll. so darf sie nicht auf gung 1:45 erreicht und an dessen rechtem Hange dem kürzesten Weg das eisenbahnlose Gebiet sie bis gegen Reute emporsteigt, wo bei km 5,3 eine durchschneiden, sondern sie muß diejenigen Ort- Haltestelle nördlich vom Dorfe geplant ist. Nach schaften berühren, welche der Bahn einen reichli- dem Verlassen der Haltestelle verbleibt die Bahn chen Personen- und Güterverkehr zuführen wer- zunächst im Thal des Zellerbachs und steigt dann den." mit 1:40 gegen Mittelbiberach empor, um bei km Die bürgerlichen Kollegien von Biberach und Ut- 7,8 die Haltestelle Mittelbiberach-Oberdorf zu er- tenweiler hatten ebenfalls im April 1902 eine reichen. Vom Ende dieser Haltestelle ab senkt sich Denkschrift in dieser Sache eingereicht, welche ge- die Bahn mit 1:80 in das Thai des Rothbaches, und nauso auf den Arbeiten Wallersteiners beruhte. In steigt hierauf gegen Stafflangen empor, wo bei km der Einleitung wird u. a. der lebhafte Wunsch Ut- 11,7 eine Haltestelle gedacht ist. tenweilers hervorgehoben, mit Biberach durch Nach einer vorliegenden und in der angeschlos- eine Eisenbahn verbunden zu werden. Im senen Übersichtskarte angedeuteten Variante Schlußwort wird gesagt: "Wenn auch die Ertrags- würde die Bahn schon bei km 1,9 von der bearbei- 11 teten Linie abzweigen, das Wolfenthai überschrei- genden Ortschaften entsprechenden, in Munder- ten und mit einer Steigung 1:40 die Höhe bei Mit- kingen einmündenden Nebenbahn zur Verabschie- telbiberach erreichen, wo nunmehr die Haltestelle dung vorzulegen und die Herstellung einer Verbin- nördlich an statt südlich vom Dorf angelegt würde. dungsbahn Ehingen-Laupheim für später im Auge Bei km 9,2 vereinigt sich die um rund 2,2 km kür- zu behalten." zere Variante mit der bearbeiteten Linie. Die Erste Kammer des Landtags beschloß darauf- Von Stafflangen ab zieht die Bahn in nordwestli- hin am 10. August 1907, die NI. 3 in Übereinstim- cher Richtung gegen Schammach. wo bei km 16,3 mung mit dem anderen Hause zu streichen und der eine Haltestelle sich befindet. In westlicher Rich- Resolution in der Form beizutreten, die K. Staatsre- tung wendet sich sodann die Bahn gegen Ahlen gierung zu ersuchen, den Ständen in einem der und zwar mit Gefällen 1:40 und 1:150 und erreicht nächsten Eisenbahnbaugesetzentwürfe den Bau ei- die Haltestelle des genannten Dorfes bei km 19,5. ner Stichbahn Biberach-Uttenweiler als Teilstrecke Von Ahlen ab muß die Bahn nach einer längeren einer nach Munderkingen fortzusetzenden Neben- Horizontalen wieder eine Steigung 1:40 anneh- bahn zur Verabschiedung vorzulegen und die Her- men, um in der Folge mit 1:66,6 und 1:100 zum stellung einer Verbindungsbahn Ehingen-Laup- Bahnhof Uttenweiler bei km 23,0 abzufallen. heim für später im Auge zu behalten. Die größte vorkommende Steigung ist 1:40; von Daraufhin wurde von der Eisenbahnverwaltung der Bahn liegen ein dieser Anregung entsprechender allgemeiner in der Horizontalen 36 % der ganzen Länge Entwurf für eine normalspurige Nebenbahn von in Steigungen 44 % der ganzen Länge Biberach nach Uttenweiler unter Berücksichtigung in Gefällen 20 % der ganzen Länge einer späteren Fortsetzung nach Munderkingen be- Wegen der ungünstigen Terrainverhältnisse arbeitet. Am 5. November 1907 meldete das Bahn- konnten verlorene Steigungen nicht vermieden bautechnische Bureau in Stuttgart, daß es "höhe- werden. rem Auftrag zufolge in den letzten Tagen mit den Der kleinste Krümmungshalbmesser ist 100 m. allgemeinen Vorarbeiten für eine Nebenbahn von Von der Gesamtlänge der Bahn liegen Biberach nach Munderkingen begonnen hat. in Geraden 11434 m = rund 50 % Kgl. Oberamt wird daher ergebenst ersucht, in Bögen 11 416 m = rund 50 % durch geeignete Bekanntmachung gefl. dahin wir- Der tiefste Punkt der Bahn liegt in der Horizon- ken zu wollen, daß den mit diesen Arbeiten beauf- talen des Bahnhofes Biberach in der Meereshöhe tragten Beamten keine Hindernisse in den Weg ge- 531,20 m; der höchste Punkt in der Horizontalen legt werden." der Haltestelle Schamrnach in der Meereshöhe Dem zu realisierenden Entwurf lagen im allge- 626,50 m." meinen die von der württembergischen Eisenbahn- Diese Beschreibung der Bahnlinie war die gesellschaft und von Regierungsbaumeister Waller- Grundlage der Bemühungen von Reute, auch nach steiner im Jahre 1902 aufgestellten Projekte zu- der amtlichen Streckenänderung von 1909, welche grunde. Diese waren jedoch nach Vornahme neuer Reute nicht mehr berücksichtigte, doch noch ange- Feldaufnahmen und weiterer Erhebungen wesent- schlossen zu werden. lich geändert und verbessert worden. Im Februar 1907 schoben die bürgerlichen Kol- Einzelheiten dieses neuen Projekts, entnommen legien von Biberach eine erweiterte Denkschrift dem "Entwurf eines Gesetzes betreffend die Be- nach, die den Bau einer Verbindungsbahn von der schaffung von Geldmitteln für den Eisenbahnbau Südbahn zur Donautalbahn zum Ziele hatte. und für außerordentliche Bedürfnisse der Ver- Diese Denkschrift sah zwischen Uttenweiler und kehrsanstaltenverwaltung in der Finanzperiode Munderkingen dieselbe Streckenführung vor, wie 1909110": sie auch schon 1902 von Munderkingen vorge- schlagen worden war, nämlich von Uttenweiler ,,1.) Spurweite, allgemeine Lage der Bahn nach Nordosten über Sauggart. Grundsheim und und Stationsanlagen Rettighofen nach Unterstadion und von dort in Die neue Linie muß, schon weil sie möglicher- nordwestlicher Richtung weiter über Bettighofen weise das erste