Aspekte Der Nachrichten- Dienstlichen Sicherheitsarchitektur
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1 Schriftenreihe des Fachbereichs Öffentliche Sicherheit Guido Korte (Hrsg.) Aspekte der nachrichten- dienstlichen Sicherheitsarchitektur 2 Brühl / Rheinland 2005 3 Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar. ISBN 3-938407-05-0 ISSN 0946-5782 Druck: Statistisches Bundesamt Zweigstelle Bonn Herausgeber: Fachhochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung Fachbereich Öffentliche Sicherheit Redaktion: Uta Gräfin Dohna, Guido Korte Layout: Werner Grünewald Umschlag: Jörg Fandrey www.fhbund.de 4 Inhaltsverzeichnis Vorwort 5 „Out of area“ Einsätze der Bundeswehr und des MAD 11 Auslandsaufklärung als Risikoperzeption Konkurrenzverhältnis Bundeswehr – BND? 25 Entspricht die Organisationsstruktur der Behörden für Verfassungsschutz extremismustheoretischen Kategorisierungssystemen? 69 Terroristische Netzwerke. Bekämpfung mit Netzwerken. 111 Terrorismus als Ausdruck eines mangelhaften politischen Systems? Fallbeispiele und Präventionsmöglichkeiten. 209 5 Vorwort Die Anschläge islamistischer Terroristen vom 11. September 2001 in New York und vom 11. März 2004 in Madrid haben eine verstärkte Diskussion über die Neugestaltung und Neubewertung der Sicher- heitsarchitektur der Bundesrepublik Deutschland ausgelöst. Es geht dabei vorrangig um die Frage, ob die mit der Terrorismusbekämpfung beauftragten Sicherheitsbehörden – insbesondere die Nachrichten- dienste – richtig aufgestellt sind.1 In diesem Zusammenhang sind einige rechtliche, organisatorische und inhaltliche Aspekte der nachrichtendienstlichen (nd.) Sicher- heitsarchitektur nur am Rand der Diskussion erörtert worden. Diese speziellen Problemfelder der Nachrichtendienste werden mit der Ver- öffentlichung angesprochen. Die Lösungsvorschläge sollen eine brei- te Diskussion – nicht nur in den Nachrichtendiensten – in Gang brin- gen. Die anwachsende Forderung nach Auslandseinsätzen bewaffneter Streitkräfte der Bundeswehr aufgrund völkerrechtlicher Verpflich- tungen im Rahmen der Vereinten Nationen (UN) aber auch der Nato hat schlagartig die Frage nach den rechtlichen Voraussetzungen ei- nes Einsatzes des Militärischen Abschirmdienstes (MAD) im Aus- land als Teil der bewaffneten Streitkräfte der Bundeswehr – nicht der Bundeswehrverwaltung – hervorgerufen. Das im März 2004 in dem Bundestag eingebrachte sogenannte „Entsendungsgesetz“ für die bewaffneten Streitkräfte der Bundes- 1 Vgl. Bundesinnenminister Otto Schily bei der Eröffnung der Spezial- und Analyseeinheit „Internationaler Terrorismus“ am 14.12.2004 in Berlin; Generalbundesanwalt beim BGH Kay Nehm: „Das nach- richtendienstliche Trennungsgebot und die neue Sicherheitsarchi- tektur“, in NJW, 46, 2004 S. 3269 ff, der zu einer Neubewertung des nd. Trennungsgebotes auffordert. 6 wehr verstärkt die Notwendigkeit, sich mit dem damit verbundenen Einsatz des MAD auseinanderzusetzen. Bei der Planung und Durchführung von Einsätzen bewaffneter Streit- kräfte der Bundeswehr in Krisengebieten sind die Mitarbeiter des MAD vorrangig tangiert, da sie für die innere Sicherheit der Truppen wesentliche Hilfestellung leisten. Die Tätigkeit des MAD im Ausland (Bosnien, Afghanistan) in den letzten Jahren ist dabei stets in Abstimmung mit den Aufnahme- bzw. Gast-Staaten oder in Absprache mit den alliierten Partnern er- folgt, mit denen die Bundesrepublik Deutschland völkerrechtliche Vereinbarungen abgeschlossen hat. Insoweit ist die Legitimität eines MAD-Einsatzes bisher rechtlich nicht in Frage gestellt worden. Al- lerdings nur bei einer sehr weitgehenden rechtlichen Auslegung konnte man die Ausweitung des Bundeswehreinsatzes im Ausland auf den MAD unter in Kaufnahme einer stillschweigenden Umgehung der gesetzlichen Vorgaben für den MAD (§ 1 MADG) hinnehmen. Bei dieser bis 2004 unklaren Rechtslage (Verabschiedung des 1. MAD Änderungsgesetzes) will der erste Beitrag der Veröffentlichung zu einer Klarstellung beitragen und die Frage nach den rechtlichen Grundlagen für die Sammlung wichtiger sicherheitsrelevanter Infor- mationen durch den MAD im Ausland beantworten. In dem zweiten Beitrag wird ein weiteres Problem erörtert, das sich zwangsläufig bei einem Auslandseinsatz des MAD ergibt. Die militä- rische Aufklärung mit nachrichtendienstlichen (nd.) Mitteln wird bei der Bundeswehr durch den MAD wahrgenommen. Auf der anderen Seite ist aber auch der Bundesnachrichtendienst (BND) u.a. für die Auslandsaufklärung in den militärischen Bereichen zuständig. Diese Aufgabenstellung führt zu einer Kompetenzüberschneidung zwischen MAD und BND bei der militärischen Aufklärung im Ausland. Die be- waffneten Streitkräfte der Bundeswehr benötigen bei ihren Aus- landseinsätzen in Krisengebieten (z.B. Afghanistan) einen steigen- den Bedarf an zuverlässigen sicherheitsrelevanten Informationen, die gleichermaßen zeitnah als auch operativ realisierbar sein müssen. Während der MAD schwerpunktmäßig die militärische Abschirmung der Bundeswehr gegenüber Gefahren von innen, d.h. u.a. Verhinde- rung von terroristischen Anschlägen gegen die Bundeswehr, Vermei- dung von Ausspähung fremder Geheimdienste (Spionage) sowie der 7 Infiltration durch Extremisten und neuerdings der Aktivitäten der or- ganisierten Kriminalität (OK) zur Aufgabenstellung hat, ist der BND als Auslandsaufklärungsdienst für die Absicherung der Streitkräfte der Bundeswehr nach außen zuständig. Die neue Sicherheitslage bei diesen Auslandseinsätzen erfordert zwangsläufig eine Verschie- bung und Ausweitung der externen Ebene der Abwehr gegenüber der internen Ebene der Abwehr insbesondere der Abschirmung vor den obengenannten Gefahren. Da der MAD gesetzlich seinen „Geschäftsbereich“ und vor allem sei- nen „Geltungsbereich“ eindeutig im Inland hat (§ 1 MADG), kann die militärische Aufklärung des MAD im Ausland nur unter bestimmten völkerrechtlichen und gesetzlichen Vorgaben legitim erscheinen. Der zweite Beitrag untersucht insoweit Lösungsmöglichkeiten für die Kompetenzfrage bei der militärischen Aufklärung im Rahmen der Auslandseinsätze der Bundeswehr. Da der BND aufgrund der ge- setzlichen Regelungen kein Monopol für die Auslandsaufklärung be- sitzt, bieten sich Lösungen an, die eine Interessenkollision bei der militärischen Aufklärung vermeiden helfen. Nach den Anschlägen vom 11. September 2001 und vom 11. März 2004 – aber auch dem Auftreten der rechtsextremen NPD im säch- sischen Landtag zur Jahreswende 2004/2005 – ist der Ruf nach ei- ner organisatorischen Veränderung der nachrichtendienstlichen Si- cherheitsarchitektur größer geworden. Sowohl die einschlägigen gesetzlichen Regelungen (z.B. Versamm- lungsgesetz) als auch die Aufgaben der Sicherheitsbehörden insge- samt – hier insbesondere die Nachrichtendienste – müssen hinsicht- lich ihrer Wirksamkeit überprüft und entsprechend der globalen Be- drohung durch den internationalen Terrorismus (Islamismus) aber auch dem verstärkten Auftreten von nationalen Extremisten (Rechts- extremisten) modifiziert werden. Der Anschlag von Madrid verdeutlichte schmerzlich die Wissenslü- cke der Sicherheitsbehörden aufgrund mangelnder Kooperation und fehlenden kontinuierlichen Informationsaustausches. Insoweit will der dritte Beitrag zur Diskussion stellen, ob eine organi- satorische Straffung bei den Verfassungsschutzbehörden des Bun- 8 des und der Länder zu einer verbesserten Zusammenarbeit der Be- hörden untereinander aber auch zu den nationalen bzw. internationa- len Polizeibehörden führen kann, ohne dass die gesetzlich gebotene organisatorische Trennung von Polizei und Nachrichtendiensten auf- gegeben wird. Insbesondere wird die grundsätzliche Frage angeschnitten, inwieweit die bestehende Organisation der VS-Behörden den in der politischen Wissenschaft entwickelten theoretischen Kategorisierungssystemen bzw. Ebenen für Extremismusbereiche/Terrorismus entspricht. Für die praktische Arbeit der VS-Behörden bietet sich die Chance, ihr Analyse- und Politikberatungspotential zu steigern. Der vierte Beitrag „Terroristische Netzwerke“ setzt sich im Rahmen der neu zu gestaltenden Sicherheitsarchitektur mit dem institutionel- len Aufbau der mit der Bekämpfung des Terrorismus betrauten Be- hörden auseinander. Im Mittelpunkt der Analyse stehen naturgemäß die VS-Behörden von Bund und Länder. Ausgangspunkt der organi- satorischen Überlegungen ist die Tatsache, dass die durch „Al Qai- da“ verkörperte gegenwärtige terroristische Bedrohung als ein trans- nationales Netzwerk organisiert ist. Diese Netzwerkstruktur wird in den Mittelpunkt der Überlegungen zum neuen institutionellen organisatorischen Design der Sicher- heitsbehörden gerückt. Eine an diesem Netzwerk entwickelte Sicherheitsstruktur müsste in Deutschland unmittelbar zur Bekämpfung des islamistischen terro- ristischen Netzwerkes beitragen können. Mit dem fünften Beitrag der Veröffentlichung „Terrorismus als Aus- druck eines mangelhaften politischen Systems?“ wird ein inhaltli- ches Problem angeschnitten, das nicht nur die deutschen Nachrich- tendienste beschäftigen sollte. Die Bedrohung westlicher demo- kratischer Staaten durch den internationalen Terrorismus führt dazu, sich neben der Bekämpfung grundsätzlich auch mit den Ursachen des Phänomens „Terrorismus“ auseinanderzusetzen. Die Ursachenforschung zur Entstehung terroristischer Organisatio- nen ist als interdisziplinäre Herausforderung zu verstehen, die u.a. 9 Psychologen, Soziologen, Politologen, Historiker, Juristen und Kri- minologen herausfordert. Bisherige Untersuchungen zum „Erklärungsansatz“